Inhalt

VG Würzburg, Beschluss v. 09.09.2025 – W 7 E 25.1468
Titel:

Einstellung und Unterlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen, keine rechtliche Unmöglichkeit einer Abschiebung, syrischer Staatsangehöriger, keine Reiseunfähigkeit, Anforderungen an ein qualifiziertes ärztliches Attest

Normenketten:
VwGO analog § 80 Abs. 7
VwGO § 123
AufenthG § 60a Abs. 2 S. 1
AufenthG § 60a Abs. 2c
Schlagworte:
Einstellung und Unterlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen, keine rechtliche Unmöglichkeit einer Abschiebung, syrischer Staatsangehöriger, keine Reiseunfähigkeit, Anforderungen an ein qualifiziertes ärztliches Attest
Fundstelle:
BeckRS 2025, 31805

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 1.250,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt die Einstellung und Unterlassung aufenthaltsbeendender Maßnahmen bis zum Abschluss des Klageverfahrens.
2
1. Der am … … … geborene Antragsteller ist syrischer Staatsangehöriger. Der Antragsteller hat einen Schutzstatus in Rumänien. Er reiste am 30. Juni 2021 erstmals ins Bundesgebiet ein und stellte hier einen Asylantrag, der bestandskräftig abgelehnt wurde. Nach Abschiebung nach Rumänien am 13. September 2022 und Wiedereinreise nach Deutschland am 5. Juli 2023 stellte er erneut erfolglos einen Asylfolgeantrag. Am 3. Februar 2025 stellte er einen zweiten Asylfolgeantrag, der mit Bescheid vom 18. Juni 2025 als unzulässig abgelehnt wurde. Ein Antrag auf Eilrechtsschutz hiergegen wurde vom Verwaltungsgericht Würzburg mit Beschluss vom 4. Juli 2025 (Az. W 2 S 25.32834) abgelehnt. Die entsprechende Klage in der Hauptsache ist derzeit noch anhängig (Az. W 2 K 25.32833).
3
2. Nach Ingewahrsamnahme des Antragstellers am 3. September 2025 ordnete das Amtsgericht Hof mit Beschluss vom 3. September 2025 bis zu seiner Abschiebung aus der Bundesrepublik Deutschland, längstens jedoch bis 12. September 2025, die Haft zur Sicherung der Abschiebung an (Az. 21 XIV 796/25 B). Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wurde ebenfalls angeordnet. Der Antragsteller wurde in die Abschiebehafteinrichtung Hof verbracht.
4
Es ist seitens der zuständigen Zentralen Ausländerbehörde beabsichtigt, den Aufenthalt des Antragstellers als vollziehbar ausreisepflichtige Person am 10. September 2025 mittels Abschiebung in einem unbegleiteten Linienflug nach Rumänien zu beenden.
5
3. Am 3. September 2025 ließ der Antragsteller Klage erheben (Az. W 7 K 25.1467) sowie beantragen,
Der Beklagte und Antragsgegner wird verpflichtet, dem Kläger und Antragsteller eine Duldung zu erteilen.
6
Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, bis zum Abschluss des vorliegenden Verfahrens jegliche aufenthaltsbeendende Maßnahme gegen den Antragsteller einzustellen und zu unterlassen.
7
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, dass ein Anordnungsgrund bestehe, weil aufenthaltsbeendende Maßnahmen bereits eingeleitet worden seien. Am Morgen des 3. Septembers 2025 sei der Antragsteller von Polizeibeamten bei einem Pflichttermin beim Sozialamt festgenommen und in Abschiebehaft genommen worden. Es bestehe die konkrete Gefahr einer unmittelbar bevorstehenden Abschiebung, was mit einem endgültigen Rechtsverlust verbunden wäre.
8
Ein Anordnungsanspruch ergebe sich aus § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG. Die Abschiebung des Antragstellers sei derzeit rechtlich unmöglich, da ihm ein Anspruch auf Erteilung einer Duldung zustehe. Dieser ergebe sich aus der ärztlich attestierten schweren Depression mit einem Suizidversuch im Frühjahr 2024, bei dem der Antragsteller versucht habe, sich mit einem Messer die Pulsadern zu öffnen, sowie aus einer posttraumatischen Belastungsstörung mit wiederkehrenden schweren Episoden. Es bestehe die ernstzunehmende Befürchtung, dass eine Abschiebung als erheblicher psychischer Ausnahmezustand eine massive Reaktion auslösen könnte, die den Antragsteller in eine erhebliche gesundheitliche Gefährdungssituation bringen würde. Zudem dokumentiere das jüngste ärztliche Attest vom Jahreswechsel 2024/2025, dass er unter akustischen Halluzinationen leide, in deren Rahmen er Stimmen höre, die ihn zum Suizid auffordern würden. Eine Abschiebung nach Rumänen würde voraussichtlich zu einer Unterbrechung der derzeitigen psychiatrischen medikamentösen Behandlung führen. Dadurch sei zu befürchten, dass sich die aktuell durch Psychopharmaka stabilisierte Symptomatik erneut deutlich verschlechtere und der Antragsteller einen Suizidversuch mit tödlichem Ausgang unternehme. Dem Antragsteller sei jedenfalls so lange eine Duldung zu erteilen bis der Beklagte eine belastbare und konkrete Auskunft über die medizinische Anschlussversorgung in Rumänien vorgelegt habe, aus der hervorgehe, dass eine nahtlose Fortsetzung der Behandlung sichergestellt sei und diese für den Antragsteller tatsächlich barrierefrei zugänglich wäre. Nur so könne das Risiko einer gesundheitlichen Verschlechterung bis hin zu einem möglichen Suizid wirksam minimiert werden. Die Erkrankungen seien auch im Sinne des § 60a Abs. 2c AufenthG ordnungsgemäß ärztlich bescheinigt.
9
Es wurde ein vorläufiger Entlassbericht vom 30. August 2024 nach stationärem Aufenthalt vom 25. Juli bis 30. August 2024 im Krankenhaus für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatische Medizin Schloss ... mit den Diagnosen schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (F32.2) und V.a. posttraumatische Belastungsstörung (F43.1) vorgelegt. Weiter wurden vier von fünf Seiten eines vorläufigen Entlassberichts vom 9. Januar 2025 nach stationärem Aufenthalt vom 23. Dezember 2024 bis 10. Januar 2025 im selben Krankenhaus mit den Diagnosen schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome (F32.2) und posttraumatische Belastungsstörung (F43.1) vorgelegt. Ein endgültiger Entlassbrief vom 30. Januar 2025 zu diesem Aufenthalt mit selben Diagnosen sowie ein weiterer vorläufiger Entlassbericht vom 29. Januar 2025 nach stationärem Aufenthalt vom 28. bis 31. Januar 2025 mit selben Diagnosen wurden nachgereicht.
10
4. Der Antragsgegner beantragte die Antragsabweisung.
11
Für die Begründung wird auf die Antragserwiderung vom 8. September 2025 verwiesen.
12
5. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, auch im Verfahren W 7 K 25.1467, sowie die beigezogene Behördenakte verwiesen.
II.
13
Der zulässige Antrag ist unbegründet.
14
Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht auf Antrag, auch schon vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige Anordnung auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, zur Abwendung wesentlicher Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint. Voraussetzung hierfür ist, dass aufgrund der vom Antragsteller gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. §§ 920 Abs. 2, 294 ZPO glaubhaft gemachten Tatsachen das Vorliegen des aus dem streitigen Rechtsverhältnis abgeleiteten Anspruchs, dessen Sicherung die begehrte Anordnung dient, hinreichend wahrscheinlich ist (Anordnungsanspruch) und es dem Antragsteller aufgrund der drohenden Vereitelung oder Erschwerung dieses Anspruchs schlechthin unzumutbar ist, das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens abzuwarten (Anordnungsgrund). Maßgebend sind dabei die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung.
15
1. Der erforderliche Anordnungsgrund liegt vor.
16
Der Antragsteller wurde vorliegend bereits in Abschiebungshaft genommen, eine Luftabschiebung nach Rumänien ist für den 10. September 2025 vorgesehen.
17
2. Der Antragsteller hat jedoch keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
18
Er hat keinen Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung nach § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG. Nach dieser Norm ist die Abschiebung auszusetzen, solange sie aus tatsächlichen oder rechtlichen Gründen unmöglich ist und keine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
19
a) Eine rechtliche Unmöglichkeit in Form einer Reiseunfähigkeit wurde nicht glaubhaft gemacht.
20
aa) Ein Anspruch auf Aussetzung der Abschiebung wegen rechtlicher Unmöglichkeit der Abschiebung gemäß § 60a Abs. 2 Satz 1 AufenthG ist u.a. dann gegeben, wenn die konkrete Gefahr besteht, dass sich der Gesundheitszustand des Ausländers durch die Abschiebung wesentlich oder gar lebensbedrohlich verschlechtert, und wenn diese Gefahr nicht durch bestimmte Vorkehrungen ausgeschlossen oder gemindert werden kann. Diese Voraussetzungen können nicht nur erfüllt sein, wenn und solange der Ausländer ohne Gefährdung seiner Gesundheit nicht transportfähig ist (Reiseunfähigkeit im engeren Sinn), sondern auch, wenn die Abschiebung als solche – außerhalb des Transportvorgangs – eine erhebliche konkrete Gesundheitsgefahr für den Ausländer bewirkt (Reiseunfähigkeit im weiteren Sinn; vgl. BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 732/14 – BeckRS 2014, 56943).
21
Das dabei in den Blick zu nehmende Geschehen beginnt regelmäßig bereits mit der Mitteilung einer beabsichtigten Abschiebung gegenüber dem Ausländer. Besondere Bedeutung kommt sodann denjenigen Verfahrensabschnitten zu, in denen der Ausländer dem tatsächlichen Zugriff und damit auch der Obhut staatlicher deutscher Stellen unterliegt. Hierzu gehören das Aufsuchen und Abholen in der Wohnung, das Verbringen zum Abschiebeort sowie eine etwaige Abschiebungshaft ebenso wie der Zeitraum nach Ankunft am Zielort bis zur Übergabe des Ausländers an die Behörden des Zielstaats. In dem genannten Zeitraum haben die zuständigen deutschen Behörden von Amts wegen in jedem Stadium der Abschiebung etwaige Gesundheitsgefahren zu beachten. Diese Gefahren müssen sie entweder durch ein (vorübergehendes) Absehen von der Abschiebung mittels einer Duldung oder aber durch eine entsprechende tatsächliche Gestaltung des Vollstreckungsverfahrens mittels der notwendigen Vorkehrungen abwehren (BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 939/14 – BeckRS 2014, 56943; BayVGH, B.v. 20.2.2023 – 19 CE 22.2220 – BeckRS 2023, 2756 Rn. 9).
22
Selbst bei Annahme einer nicht völlig auszuschließenden Suizidgefahr liegt nicht zwangsläufig ein krankheitsbedingtes Abschiebungshindernis vor; vielmehr handelt es sich bei einer behaupteten Reiseunfähigkeit und einer möglicherweise aus den besonderen Belastungen einer Abschiebung resultierenden Suizidgefahr um Umstände, die eine Abschiebung regelmäßig nur vorübergehend hindern (BVerfG, B.v. 26.2.1998 – 2 BvR 185/98 – juris Rn. 3). Die Abschiebung ist von der Ausländerbehörde dann so zu gestalten, dass einer Suizidgefahr wirksam begegnet werden kann (BVerfG, B.v. 16.4.2002 – 2 BvR 553/02 – juris; BayVGH, B.v. 23.8.2016 – 10 CE 15.2784 – juris Rn. 16). Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 939/14 – juris Rn. 14) kann es in Einzelfällen geboten sein, dass die deutschen Behörden mit den im Zielstaat zuständigen Behörden Kontakt aufnehmen, um gegebenenfalls zum Schutz des Ausländers Vorkehrungen zu treffen. Insbesondere besteht eine Verpflichtung der mit dem Vollzug betrauten Stelle, von Amts wegen aus dem Gesundheitszustand eines Ausländers folgende Gefährdungen in jedem Stadium der Durchführung der Abschiebung zu beachten und durch entsprechende tatsächliche Gestaltung der Abschiebung die notwendigen präventiven Vorkehrungen zu treffen (BVerfG, B.v. 17.9.2014 – 2 BvR 939/14 – juris Rn. 13; BayVGH, B.v. 20.2.2023 – 19 CE 22.2220 – BeckRS 2023, 2756 Rn. 10; B.v. 9.5.2017 – 10 CE 17.750).
23
Nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG wird gesetzlich vermutet, dass der Abschiebung gesundheitliche Gründe nicht entgegenstehen, wenn nicht der Ausländer eine im Rahmen der Abschiebung beachtliche Erkrankung durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft macht. Diese ärztliche Bescheinigung soll insbesondere die tatsächlichen Umstände, auf deren Grundlage eine fachliche Beurteilung erfolgt ist, die Methode der Tatsachenerhebung, die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbilds (Diagnose), den Schweregrad der Erkrankung sowie die Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, enthalten. Legt der Ausländer ärztliche Fachberichte vor, sind diese zum Beweis für ein Abschiebungshindernis nur geeignet, wenn sie nachvollziehbar die Befundtatsachen angeben, gegebenenfalls die Methode der Tatsachenerhebung benennen und nachvollziehbar die fachlich-medizinische Beurteilung des Krankheitsbilds sowie die Folgen darlegen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich in Zukunft ergeben, wobei sich Umfang und Genauigkeit der erforderlichen Darlegung jeweils nach den Umständen des Einzelfalls richten. Insbesondere ist es dem Arzt, der ein Attest ausstellt, untersagt, etwaige rechtliche Folgen seiner fachlich begründeten Feststellungen und Folgerungen darzulegen oder sich mit einer rechtlichen Frage auseinanderzusetzen (BayVGH, B.v. 20.2.2023 – 19 CE 22.2220 – BeckRS 2023, 2756 Rn. 11; B.v. 18.10.2013 – 10 CE 13.1890 – juris Rn. 21; VGH BW, B.v. 10.7.2003 – 11 S 2262/02 – juris Rn. 12). Ein Attest, dem nicht zu entnehmen ist, wie es zu den prognostizierten Folgerungen kommt und welche Tatsachen dieser Einschätzung zugrunde liegen, ist nicht geeignet, das Vorliegen eines Abschiebungsverbots wegen Reiseunfähigkeit zu begründen (BayVGH, B.v. 20.2.2023 – 19 CE 22.2220 – BeckRS 2023, 2756 Rn. 11; B.v. 11.4.2017 – 10 CE 17.349 – juris Rn. 19; B.v. 5.1.2017 – 10 CE 17.30 – juris Rn. 7). Eine ärztliche Bescheinigung ist mithin nur dann i.S.v. § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG als qualifiziert anzusehen und zur Glaubhaftmachung geeignet, wenn sie von der Ausländerbehörde in groben Zügen nachvollzogen werden kann. Erschließen sich die Gründe für die Reiseunfähigkeit des Ausländers nicht schon aus der Diagnose oder sonstigen Feststellungen in der ärztlichen Bescheinigung von selbst, muss das zur Glaubhaftmachung hierzu vorgelegte ärztliche Attest eine nachvollziehbare Begründung enthalten. Dies gilt vor allem bei diagnostizierten psychischen Erkrankungen oder Störungen, wenn das ärztliche Attest die Reiseunfähigkeit nur behauptet, aber nicht begründet, da die Reisefähigkeit in der Regel durch begleitende Maßnahmen (Verabreichung von Medikamenten, polizeiliche oder ärztliche Begleitung des gesamten Abschiebevorgangs, Übergabe an medizinisches Personal im Herkunftsland) sichergestellt werden kann (BayVGH, B.v. 20.2.2023 – 19 CE 22.2220 – BeckRS 2023, 2756 Rn. 11; SächsOVG, B.v. 22.8.2019 – 3 B 394/18 – juris Rn. 12 f.).
24
Wenngleich die Einschätzung einer Erkrankung oder deren Beeinträchtigung durch den Abschiebungsvorgang nach dem Willen des Gesetzgebers der fachlichen Beurteilung von approbierten Ärzten vorbehalten sein soll, obliegt die Entscheidung über die Unmöglichkeit einer Abschiebung wegen Reiseunfähigkeit den Ausländerbehörden und Gerichten.
25
bb) Ausgehend davon liegt keine rechtliche Unmöglichkeit der Abschiebung aufgrund einer Reiseunfähigkeit des Antragstellers aus gesundheitlichen Gründen vor.
26
Unabhängig von der Frage, ob die vorgelegten Entlassberichte die Anforderungen, die § 60a Abs. 2c AufenthG an eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung stellt, erfüllen, würde sich aus ihnen schon inhaltlich keine Reiseunfähigkeit des Antragstellers ergeben. Zum einen mangelt es an Aktualität der Berichte. Das jüngste Attest ist auf den 30. Januar 2025 datiert, aktuellster Beurteilungszeitraum ist der Aufenthalt vom 28. bis 31. Januar 2025. Zum anderen vermögen die Berichte auch schon zum damaligen Ausstellungszeitpunkt eine Suizidgefahr des Antragstellers nicht glaubhaft zu machen. So sei der Antragsteller laut Entlassbericht vom 30. August 2024 von Suizidgedanken und -intentionen zum damaligen Zeitpunkt distanziert. Auch der Entlassbericht vom 9. Januar 2025 schildert, der Antragsteller könne sich von den Stimmen, die ihm sagen würden, er solle sein Leben beenden, distanzieren und er wolle sich nichts antun. Der Antragsteller sei bei Aufnahme klar und eindeutig von akuter Suizidalität distanziert gewesen. Im Übrigen äußern die Atteste sich nicht zu Gründen für eine mögliche Reiseunfähigkeit.
27
Nach alledem lässt sich eine aktuelle Reiseunfähigkeit nicht herleiten.
28
Weitere originäre Duldungsgründe wurden weder vorgetragen, noch sind solche ersichtlich.
29
b) Es kann vorliegend offen bleiben, ob der Antragsteller aus Gründen des effektiven Rechtsschutzes wegen der unmittelbar bevorstehenden Abschiebung auch gegenüber dem Antragsgegner zielstaatsbezogenen Vortrag zur Behandlungssituation in Rumänien geltend machen kann (in diese Richtung: EuGH, U.v. 17.10.2024 – C-156/23 Ararat). Denn auch in diesem Fall wäre er nur mit solchem Vorbringen gerichtlich zu hören, wie es im Rahmen eines Eilverfahrens gemäß § 80 Abs. 7 VwGO gegenüber dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) statthaft wäre. Voraussetzung ist nämlich, dass der Antragsteller sich tatsächlich auf geänderte Umstände berufen kann (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 15.4.2019 – 10 CE 19.650 – juris Rn. 17 m.w.N.).
30
Zunächst ist festzuhalten, dass es den vorgelegten Attesten bereits an einer hinreichenden Aktualität mangelt (s.o.). Auf die Ausführungen des Verwaltungsgerichts Würzburg im Beschluss vom 4. Juli 2025 im Verfahren W 2 S 25.32834 zu den Angaben des Antragstellers im Anhörungstermin vom 25. März 2025, es lägen keine aktuellen gesundheitlichen Beeinträchtigungen vor und er wolle arbeiten, sowie die daran anknüpfende Verneinung einer aktuellen Vulnerabilität wird Bezug genommen. Da sich die nunmehr vorgelegten Atteste auf einen Zeitraum vor dem 25. März 2025 beziehen, sind sie zur Glaubhaftmachung geänderter Umstände schon grundsätzlich nicht geeignet.
31
Des Weiteren sind die vorlegten Atteste auch angesichts ihres Ausstellungsdatums nicht geeignet, geänderte Umstände zu begründen. Es ist davon auszugehen, dass der Antragsteller die Atteste im Verfahren W 2 S 25.32834 hätte vorlegen können. Der Entlassbericht vom 30. August 2024 lag dem Beschluss vom 4. Juli 2025 (Az. W 2 S 25.32834) auch tatsächlich zugrunde.
32
Darüber hinaus erfüllen sämtliche vorgelegte Atteste nicht die Anforderungen des § 60a Abs. 2c Satz 2 AufenthG. Hinsichtlich des Entlassberichts vom 30. August 2024 wird insoweit auf den Beschluss vom 4. Juli 2025 (Az. W 2 S 25.32834) Bezug genommen. Der vorläufige Entlassbericht vom 9. Januar 2025 wurde dem Gericht trotz Anforderung schon nicht vollumfänglich vorgelegt. Auch im endgültigen Entlassbericht vom 30. Januar 2025 zum Aufenthalt vom 23. Dezember 2024 bis 10. Januar 2025 steht, dass die Kommunikation insgesamt erschwert sei und immer wieder Verständnisschwierigkeiten aufgrund der Sprachbarriere bestünden. Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation voraussichtlich ergeben, sind im Bericht nicht enthalten. Der vorläufige Entlassbericht vom 29. Januar 2025 zum Aufenthalt vom 28. bis 31. Januar 2025 äußert sich ebenfalls weder hierzu noch zu den tatsächlichen Umständen, auf deren Grundlage die fachliche Beurteilung erfolgt ist. Vielmehr verweist der Bericht lediglich darauf, dass der Patient bereits bekannt ist.
33
Im Übrigen wird auf die Ausführungen im Beschluss vom 4. Juli 2025 (Az. W 2 S 25.32834) zu den Behandlungsmöglichkeiten in Rumänien Bezug genommen, die sich die Kammer ausdrücklich zu eigen macht.
34
3. Der Antrag ist demnach mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 1 und 63 Abs. 2 GKG. Das Gericht orientiert sich dabei an den Nrn. 8.2.3 und 1.5 des Streitwertkatalogs 2025 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.