Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 20.11.2025 – 102 AR 119/25 e
Titel:

Wohnungseigentümergemeinschaft, Nutzungsverhältnis, Räumungsklage, Dachfläche, Aufzugsanlage, Rückbau, Zuständigkeitsbestimmung

Schlagworte:
Wohnungseigentümergemeinschaft, Nutzungsverhältnis, Räumungsklage, Dachfläche, Aufzugsanlage, Rückbau, Zuständigkeitsbestimmung
Vorinstanz:
AG München vom -- – 1294 C 11271/25 WEG
Fundstelle:
BeckRS 2025, 31588

Tenor

Als für den Rechtsstreit gemeinsam zuständiges Gericht wird das Amtsgericht München bestimmt.

Gründe

I.
1
Die Antragstellerin (im Folgenden auch „Klägerin“) ist eine Wohnungseigentümergemeinschaft im Bezirk des Amtsgerichts München. Sie begehrt von den beiden Antragsgegnern (im Folgenden auch „Beklagte“) Räumung und Herausgabe eines näher bezeichneten Dachflächenbereichs des Gebäudes […] und die Duldung der Beseitigung einer Aufzugsanlage, die die fragliche Dachfläche mit der darunter liegenden Wohnung […] verbindet. Für diese Klage beantragt sie die Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO. Der Antragsgegner zu 1) ist der Sohn des Antragsgegners zu 2) und seit Ende 2016 Mitglied der Antragstellerin sowie Eigentümer dieser Wohnung. Davor war der Antragsgegner zu 2) Eigentümer der Wohnung […], an der er nunmehr ein Nießbrauchsrecht hat und die er nach dem Vortrag der Antragstellerin bewohnt.
2
Hintergrund der Streitigkeit ist folgender Sachverhalt:
3
Die Antragstellerin und der Antragsgegner zu 2) als damaliges Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft schlossen am 20. Juni 1995 beim Amtsgericht München einen gerichtlichen Vergleich, mit dem sie zwei dort anhängige wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeiten beendeten. In Ziffer I. des Vergleichs ist geregelt, dass dem Antragsgegner zu 2) das Recht eingeräumt wird, die im Haus […] über der Wohnung […] des 6. Obergeschosses gelegene, mittels eines Lageplans näher gekennzeichnete Dachfläche zu nutzen. Als Abgeltung für die eingeräumte Benutzung verpflichtete sich der Antragsgegner zu 2) zur Zahlung eines jährlichen Betrags von 2.160,00 DM (= 1.104,39 €) auf das Betriebskonto der Wohnungseigentümergemeinschaft.
4
Im September 2022 beschloss die Eigentümerversammlung wegen Undichtigkeiten der Dachfläche eine Sanierung des Dachs und entsprechende Auftragsvergabe auch bezogen auf die an den Antragsgegner zu 2) überlassene Dachfläche sowie die Kündigung des durch den Vergleich begründeten Nutzungsverhältnisses. Der daraufhin ausgesprochenen Kündigung widersprach der Antragsgegner zu 2). Dem gegenüber dem Antragsgegner zu 2) klageweise geltend gemachten Antrag der Antragstellerin, die Beendigung des fraglichen Nutzungsverhältnisses festzustellen, gab das Amtsgericht München mit Urteil vom […] statt. Die Berufung des Antragsgegners zu 2) und dortigen Beklagten gegen das amtsgerichtliche Urteil wies das Landgericht München I mit Urteil vom […] zurück. Die hiergegen eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde verwarf der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom […] mit der Begründung als unzulässig, die gemäß § 544 Abs. 2 Nr. 1 ZPO erforderliche Beschwer sei nicht erreicht. Diese belaufe sich auf der Grundlage des von den Parteien vereinbarten jährlichen Nutzungsentgelts entsprechend § 9 ZPO lediglich auf (3,5 x 1.104,39 € =) 3.865,37 €. Als Streitwert wurde für das Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren das vereinbarte jährliche Nutzungsentgelt von 1.104 € festgesetzt.
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Mit Klageschrift vom 8. August 2025, beim Amtsgericht München eingegangen am 11. August 2025, reichte die Antragstellerin gegen beide Antragsgegner Klage ein und kündigte folgende Anträge an:
I.Die Beklagten werden verurteilt, an die Klägerin die über der Wohnung […] des 6. Obergeschosses gelegene Dachfläche des Gebäudes […], die in dem als Anlage SNP 9 rot umrandet ist, geräumt herauszugeben.
II. Die Beklagten werden verurteilt, den Rückbau des durch den Beklagten zu 2) rechtswidrig errichteten Aufzugs mit einer Konstruktion zur Aufnahme des Aufzugs auf der über der Wohnung […] des 6. Obergeschosses gelegenen Dachfläche des Gebäudes […] zu dulden.
6
Zur Begründung der Klage trägt die Klägerin vor, es sei Räumungsklage geboten; trotz der gerichtlichen Entscheidungen, mit denen festgestellt worden sei, dass das durch den gerichtlichen Vergleich vom 20. Juni 1995 begründete Nutzungsverhältnis wirksam durch Kündigung beendet worden sei, würden die Beklagten die fragliche Dachfläche nicht räumen und an die Klägerin zurückgeben. Zudem hätten die Beklagten ohne erforderlichen gestattenden Beschluss der Wohnungseigentümer oder eine Zustimmung der Klägerin eine bauliche Veränderung im Sinne des § 20 Abs. 1 WEG vorgenommen, indem sie auf der über der Wohnung […] gelegenen Dachfläche eine eingedichtete Lichtkuppel entfernt, die Öffnung leicht verbreitert und dann „von unten“ einen Aufzug eingebaut hätten. Sie hätten eine ca. 2,8 Meter hohe, aufgemauerte und mit Metall sowie Glas verkleidete Konstruktion des Aufzugs auf der streitgegenständlichen Dachfläche errichtet und offenbar neu alles eingedichtet. Hierdurch werde das Dach übermäßig belastet und hinsichtlich der Durchdringungen geschwächt, so dass ein Rückbau erforderlich sei, den die Beklagten zu dulden hätten. Die streitgegenständliche Dachfläche stehe als konstruktives Gebäudeteil im gemeinschaftlichen Eigentum, so dass die Klägerin gemäß § 985 BGB einen Räumungs- bzw. Herausgabeanspruch habe. Ein Recht zum Besitz könnten die Beklagten nicht darlegen und beweisen. Durch die rechtswidrige Errichtung eines Aufzugs habe die Klägerin gegen den Beklagten zu 1) als Eigentümer und mittelbarer Störer und gegen den Beklagten zu 2) als Errichter und Nutzer des Aufzugs, mithin als unmittelbarer Störer, einen Anspruch auf Duldung des Rückbaus gemäß § 1004 Abs. 1 BGB. Gegen den Beklagten zu 1) als Eigentümer und Mitglied der Klägerin ergebe sich der Anspruch zusätzlich aus § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG, zumal die Traglast der Dachfläche für die Aufzugskonstruktion nicht ausreichend sei und das Risiko von Wasserschäden massiv gestiegen sei, mithin das Gemeinschaftseigentum erheblich beeinträchtigt sei. Den Streitwert des Verfahrens bezifferte die Klägerin mit 10.000,00 € (5.000,00 € „Auffangstreitwert“ für jeden Antrag).
7
Im Hinblick auf den 5.000,00 € übersteigenden Streitwert hat die Klägerin in der Klageschrift den Antrag gestellt, vorab gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO durch das Bayerische Oberste Landesgericht ein gemeinsam zuständiges Gericht für den Rechtsstreit bestimmen zu lassen, da für den Beklagten zu 1) das Amtsgericht München als Wohnungseigentumsgericht ausschließlich sachlich zuständig sei und für den Beklagten zu 2) gemäß § 23 Nr. 1, § 71 Abs. 1 GVG das Landgericht München I.
8
Nach Anforderung eines Gerichtskostenvorschusses aus einem vorläufigen Streitwert von 10.000,00 € hat das Amtsgericht die Akten zur Entscheidung über den klägerischen Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung dem Bayerischen Obersten Landesgericht vorgelegt.
9
Mit Verfügung vom 26. August 2025 hat der Senatsvorsitzende zur Frage des Streitwerts der Klage darauf hingewiesen, dass für einen Rückgriff auf einen „Auffangstreitwert“ von 5.000,00 € für jeden Antrag kein Raum sein dürfte. Die Ansprüche, die die Klägerin geltend mache, seien vermögensrechtlicher Art. Damit sei der Streitwert nach § 3 ZPO nach freiem Ermessen zu bestimmen, wobei maßgeblich das wirtschaftliche Interesse der Klägerin an der Herausgabe der Dachfläche und dem Rückbau der Aufzugsanlage sei. Die Klagepartei ist aufgefordert worden, ergänzend zur Höhe des Streitwerts vorzutragen.
10
Die Klagepartei hat daraufhin geltend gemacht, für den Klageantrag I. sei nicht nur der gesetzliche Mindestwert (im Jahr 1995 vereinbartes jährliches Nutzungsentgelt von 1.104,00 €), sondern entsprechend der heutigen Marktlage mindestens ein Betrag von 10.000,00 € anzusetzen. Außerdem sei wegen der objektiven Klagehäufung der doppelte Streitwert zugrunde zu legen. Hinsichtlich des Klageantrags II. sei auf die voraussichtlichen Kosten für den Rückbau und die Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands abzustellen, die mindestens in einer Größenordnung von 10.000,00 € lägen. Dabei sei in Bezug auf das Ausmaß der Rückbauarbeiten und die Berechtigung des Anspruchs allein auf den klägerischen Sachvortrag abzustellen.
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Die Antragsgegner sind der Auffassung, der Antrag auf Zuständigkeitsbestimmung sei unzulässig, da das Amtsgericht München für die Klage sowohl im Hinblick auf den Beklagten zu 1) als auch den Beklagten zu 2) örtlich und sachlich zuständig sei. Warum der Streitwert der Klage über 5.000,00 € liege, erschließe sich nicht. Wie das Landgericht München I […] festgestellt habe, seien die streitgegenständlichen Dachflächen anderweitig kaum wirtschaftlich nutzbar und hätten auch nicht separat vermietet werden können. Der Bundesgerichtshof sei von einem Streitwert für die Nichtzulassungsbeschwerde von 1.104,00 € ausgegangen. Zudem sei das Ausmaß der – keineswegs unbefugt durchgeführten – baulichen Veränderung gering. Das Interesse am Rückbau sei keinesfalls mit mehr als 1.000,00 € zu beziffern. Eine Zuständigkeitsbestimmung komme damit nicht in Betracht, da das Amtsgericht München ohnehin zuständig sei. Ergänzend werde mitgeteilt, dass die Beklagten im Hinblick auf den Rechtsstreit über die Beendigung des Nutzungsverhältnisses Verfassungsbeschwerde beim Bundesverfassungsgericht erhoben hätten.
II.
12
Der Senat bestimmt auf Antrag der Antragstellerin das Amtsgericht München als das für den Rechtsstreit sachlich zuständige Gericht.
13
1. Das Bayerische Oberste Landesgericht ist nach § 36 Abs. 2 ZPO i. V. m. § 9 EGZPO für die Entscheidung über den Antrag auf Bestimmung des sachlich zuständigen Gerichts zuständig.
14
a) Der Bestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO unterliegt ‒ zumindest in entsprechender Anwendung dieser Vorschrift ‒ auch die sachliche Zuständigkeit (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Februar 1984, I ARZ 395/83, BGHZ 90, 155 [juris Rn. 4 ff.]; BayObLG, Beschluss vom 27. November 2024, 101 AR 144/24 e, juris Rn. 8; Beschluss vom 24. August 2023, 102 AR 123/23 e, juris Rn. 17 m. w. N.). Dass für einen oder mehrere Streitgenossen eine ausschließliche Zuständigkeit besteht, hindert die gerichtliche Zuständigkeitsbestimmung im Grundsatz nicht. Auch in dieser Fallkonstellation kann das übergeordnete Gericht im Rahmen der Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO unter den verschiedenen als zuständig in Betracht kommenden Gerichten eine Auswahl treffen (BGHZ 90, 155 [juris Rn. 9]). Dass auf diese Weise ein Gericht zur Entscheidung für eine Klage berufen wird, das nach dem GVG, WEG oder anderen Zuständigkeitsnormen für einen Teil der Klage nicht zuständig wäre, liegt in der Natur der Sache. Für wohnungseigentumsrechtliche Streitigkeiten nach § 43 Abs. 2 WEG gelten insoweit keine Besonderheiten, auch dort ist eine Zuständigkeitsbestimmung nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO möglich, wenn dessen Voraussetzungen erfüllt sind. Das Gesetz zur Förderung der Elektromobilität und zur Modernisierung des Wohnungseigentumsgesetzes und zur Änderung von kosten- und grundbuchrechtlichen Vorschriften vom 16. Oktober 2020 (Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetz – WEMoG), durch das das Verfahren in Wohnungseigentumssachen noch stärker an die Grundsätze des Zivilprozesses angeglichen worden ist, hat hieran nichts geändert (BayObLG, Beschluss vom 24. August 2023, 102 AR 123/23 e, juris Rn. 17 m. w. N.).
15
b) Die Bestimmungsentscheidung obliegt dem Bayerischen Obersten Landesgericht.
16
Auf der Grundlage des Vorbringens der Antragstellerin ist für die Klage gegen den Antragsgegner zu 1) das Amtsgericht nach § 23 Nr. 2 Buchst. c) GVG, § 43 Abs. 2 Nr. 2 WEG sachlich zuständig. Für die Anträge gegen den Antragsgegner zu 2), der kein Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft mehr ist, steht dagegen gemäß § 71 Abs. 1, § 23 Nr. 1 GVG eine Zuständigkeit des Landgerichts im Raum, wenn der Streitwert 5.000,00 € übersteigt, wie die Antragstellerin geltend macht. Bei dieser Ausgangslage ist das im Instanzenzug nächsthöhere gemeinschaftliche Gericht in der vorliegenden bürgerlichen Rechtsstreitigkeit der Bundesgerichtshof. An dessen Stelle entscheidet das Bayerische Oberste Landesgericht, weil ein bayerisches Gericht zuerst mit der Sache befasst worden ist (vgl. BGH, Beschluss vom 21. August 2008, X ARZ 105/08, NJW 2008, 3789 Rn. 10; BayObLG, Beschluss vom 23. Juni 2025, 102 AR 55/25 e, juris Rn. 28 m. w. N.).
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2. Die Voraussetzungen für eine Bestimmung der sachlichen Zuständigkeit sind gegeben.
18
a) Das nach § 37 Abs. 1 ZPO erforderliche Gesuch der Antragstellerin um Bestimmung des gemeinsam zuständigen Gerichts liegt vor.
19
b) Unschädlich ist, dass die Antragstellerin bereits Klage beim Amtsgericht München eingereicht hat. Die Bestimmung des Gerichtsstands nach § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO kommt über den Wortlaut der Vorschrift („… verklagt werden sollen …“) hinaus auch noch in Betracht, wenn gegen alle Beklagten bereits eine Klage vor demselben Gericht erhoben worden ist (st. Rspr., vgl. BGH, Beschluss vom 6. Mai 2025, X ARZ 38/25, ZIP 2025, 1350 Rn. 15 m. w. N.). Nichts anderes gilt, wenn die Klage, wie im vorliegenden Fall, bislang nur anhängig ist. Das Amtsgericht hat das Verfahren noch vor Zustellung der Klageschrift dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Zuständigkeitsbestimmung vorgelegt; zweifelsfrei ist damit der Verfahrensstand auch noch nicht so weit fortgeschritten, dass dem bestimmenden Gericht eine echte Auswahl unter den grundsätzlich bestimmbaren Gerichten aus Gründen der Prozesswirtschaftlichkeit nicht mehr möglich wäre (vgl. BGH, Beschluss vom 27. Oktober 1983, I ARZ 334/83, BGHZ 88, 331 [juris Rn. 9]; BayObLG, Beschluss vom 14. April 2025, 102 AR 20/25 e, juris Rn. 21 m. w. N.).
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c) Die Antragsgegner sind nach dem im Bestimmungsverfahren insoweit allein maßgeblichen Vortrag der Antragstellerin hinsichtlich der geltend gemachten Ansprüche Streitgenossen im Sinne der §§ 59, 60 ZPO.
21
Streitgenossenschaft nach § 60 ZPO setzt voraus, dass gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden. Der Anwendungsbereich der grundsätzlich weit auszulegenden Vorschrift ist bereits dann eröffnet, wenn die Ansprüche nach dem Vortrag des Antragstellers in einem inneren sachlichen Zusammenhang stehen, der sie ihrem Wesen nach als gleichartig erscheinen lässt (BGH, Beschluss vom 6. Juni 2018, X ARZ 303/18, NJW 2018, 2200 Rn. 12). Auf die Zulässigkeit (vgl. BayObLG, Beschluss vom 19. Dezember 2019, 1 AR 110/19, juris Rn. 12 m. w. N.) oder Schlüssigkeit der Klage im Übrigen kommt es nicht an (vgl. BayObLG, Beschluss vom 12. September 2022, 101 AR 105/22, juris Rn. 20).
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Streitgenossenschaft ist hier auf der Grundlage des Vorbringens der Antragstellerin anzunehmen. Die gegen die Antragsgegner zu 1) und 2) gerichteten Ansprüche werden aus demselben tatsächlichen Geschehen hergeleitet, nämlich aus der – nach Vortrag der Antragstellerin unzulässigen – (Weiter) Nutzung der zum Gemeinschaftseigentum zählenden Dachfläche des Anwesens […] und des – nach Vortrag der Antragstellerin nicht gestatteten – Einbaus einer Aufzuganlage zwischen der Wohnung […] und der streitgegenständlichen Dachfläche. Auch in rechtlicher Hinsicht sind die Anspruchsgründe im Wesentlichen gleichartig. Die Antragstellerin leitet aus dem Umstand, dass die Antragsgegner keine Befugnis (mehr) zur Nutzung der Dachfläche hätten und der Einbau des Aufzugs unbefugt erfolgt sei, einen Räumungs- und Herausgabeanspruch bezüglich der Dachfläche und einen Duldungsanspruch bezüglich des Rückbaus der Aufzugsanlage gegen beide Antragsgegner her. Dass sich die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner zu 1) auch auf § 14 Abs. 1 Nr. 2 WEG stützt, gegenüber dem Antragsgegner zu 2) hingegen (nur) auf § 1004 Abs. 1 BGB beruft, ist insoweit ohne Bedeutung (vgl. BGH, Urt. v. 25. Oktober 2019, V ZR 271/18, NJW 2020, 921 Rn. 14 ff.).
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d) Für den Rechtsstreit besteht kein für beide Beklagte gemeinsam sachlich zuständiges Gericht.
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aa) Für die Klage gegen den Antragsgegner zu 1) ist das Amtsgericht streitwertunabhängig gemäß § 23 Nr. 2 Buchst. c) GVG, § 43 Abs. 2 WEG sachlich zuständig. Dieser soll gerade in seiner Eigenschaft als Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft in einer Streitigkeit über die Rechte und Pflichten aus dem Gemeinschaftsverhältnis in Anspruch genommen werden.
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bb) Dagegen ist für die gegen den Antragsgegner zu 2) geltend gemachten Klageanträge das Landgericht sachlich zuständig.
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(1) Entgegen der Ansicht des Antragsgegnervertreters übersteigt der Streitwert der Klage gegen den Antragsgegner zu 2) 5.000,00 €.
27
Der Zuständigkeitsstreitwert wird durch den Streitgegenstand bestimmt, der gleich demjenigen ist, was die Partei begehrt und mit ihrem Angriff erreichen will. Diesen Streitgegenstand oder prozessualen Anspruch legen Klageantrag und Klagebegründung fest (Herget in Zöller, ZPO, 36. Aufl. 10/2025, § 3 Rn. 2). Maßgeblich ist das Interesse des Klägers, ohne dass es auf die Erfolgsaussichten oder die Realisierbarkeit des Klageanspruchs ankäme (vgl. auch BGH, Beschluss vom 11. März 2025, X ZR 114/22, MDR 2025, 687 [juris Rn. 14]). Mehrere in einer Klage geltend gemachte Ansprüche werden gemäß § 5 ZPO zusammengerechnet, sofern eine wirtschaftliche Werthäufung entsteht und nicht ein wirtschaftlich identisches Interesse betroffen ist (vgl. zum Gegenstandswert: BGH, Beschluss vom 5. Februar 2024, IV ZR 253/22, FamRZ 2024, 802 [juris Rn. 5]). Nicht nach § 5 ZPO zu addieren sind allerdings Ansprüche, für die unabhängig vom Wert eine ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts besteht (Wöstmann in Münchener Kommentar zur ZPO, 7. Aufl. 2025, § 5 Rn. 30; Loyal in Stein, Kommentar zur Zivilprozessordnung, 24. Aufl. 2024, § 5 Rn. 26; Herget in Zöller, § 5 Rn. 1). Bei der Ermittlung des mit der Klage verfolgten wirtschaftlichen Interesses kommt den Wertangaben der Parteien, insbesondere des Klägers, erhebliches Gewicht zu, sofern die Angaben nicht offensichtlich unzutreffend sind; für das Gericht bindend sind sie nicht (BGH, Beschluss vom 8. Oktober 2012, X ZR 110/11, GRUR 2012, 1288 Rn. 4; BayObLG, Beschluss vom 27. November 2024, 101 AR 144/24 e, juris Rn. 22).
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(a) Mit dem Klageantrag I. begehrt die Antragstellerin die Räumung und Herausgabe der – nach ihrem Vortrag unbefugt – genutzten Dachfläche, wobei die Antragsgegner, wie sie in ihrer Stellungnahme gegenüber dem Senat deutlich gemacht haben, trotz der zwischenzeitlich ergangenen gerichtlichen Entscheidungen eine wirksame Beendigung des durch den gerichtlichen Vergleich begründeten Nutzungsverhältnisses in Abrede stellen.
29
Ist – wie im vorliegenden Fall – das Ende eines streitigen Miet- oder Pachtverhältnisses weder bestimmt noch sonst näher bestimmbar, so ist im Rahmen der Wertbemessung gemäß § 8 ZPO die in § 9 ZPO festgelegte Höchstgrenze des dreieinhalbfachen Jahresbetrages entsprechend anzuwenden. Dies gilt nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dann, wenn der Kläger einer Herausgabeklage diese allein oder in erster Linie auf einen dinglichen Anspruch wie denjenigen aus § 985 BGB stützt und sich der Beklagte demgegenüber mit einem angeblichen Miet- oder Pachtverhältnis verteidigt (BGH, Beschluss vom 28. September 2023, III ZB 93/22, NJW-RR 2024, 75 Rn. 6 m. w. N.).
30
Stichhaltige Gründe, diese Grundsätze vorliegend nicht bei der Bemessung des Zuständigkeitsstreitwerts heranzuziehen, sind nicht ersichtlich. Es kommt somit weder darauf an, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe aktuell ein Nutzungsentgelt für die fragliche Dachfläche erzielt werden könnte, noch ist Raum für einen Rückgriff auf den ausschließlich für den Gebührenstreitwert maßgeblichen § 41 Abs. 2 GKG (einjähriges Nutzungsentgelt) oder einen pauschalen „Auffangstreitwert“, wie von Antragstellerseite in der Klageschrift angenommen.
31
Für den Klageantrag I. ist vielmehr in Bezug auf den Antragsgegner zu 2) von einem Streitwert in Höhe von 3.865,37 € auszugehen.
32
(b) Der Klageantrag II. ist auf ein von Klageantrag I. abweichendes Interesse gerichtet, nämlich auf die Duldung des Rückbaus der vorhandenen Aufzugsanlage. Die Anlage ist nach dem Vortrag der Antragstellerin vom Antragsgegner zu 2) unbefugt errichtet worden und verbindet die streitgegenständliche Dachfläche mit der im 6. Obergeschoss des Anwesens gelegenen Wohnung […].
33
Wie in der Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 26. August 2025 dargelegt, macht die Antragstellerin auch hier einen Anspruch geltend, der vermögensrechtlicher Art ist, denn der Klageantrag II. dient im Wesentlichen der Wahrung wirtschaftlicher Belange.
34
Ganz allgemein gilt, dass das Interesse eines Grundstückseigentümers an der Beseitigung einer Störung seines Grundstücks grundsätzlich nach dem Wertverlust zu bestimmen ist, den dieses durch die Störung erleidet (vgl. BGH, Beschluss vom 26. September 2013, V ZR 262/12, juris Rn. 5; BayObLG, Beschluss vom 19. September 2022, 102 AR 5/22, juris Rn. 41). Zum Interesse einer Wohnungseigentümergemeinschaft an einem Rückbau einer baulichen Veränderung hat der Bundesgerichtshof unter anderem entschieden, dass dieses anhand der Umstände des Einzelfalls, insbesondere der Größe der Wohnungseigentumsanlage, des Ausmaßes der baulichen Veränderung und deren störender Wirkung zu bemessen ist (BGH, Beschluss vom 22. Mai 2025, V ZR 163/24, NJW-RR 2025, 906 Rn. 8).
35
Nicht entscheidend sind damit die (strittigen) voraussichtlichen Kosten des Rückbaus der Aufzugsanlage, wie die Antragstellerin meint, da es sich bei diesen Kosten nicht um den finanziellen Nachteil handelt, den das Eigentum der Antragstellerin bzw. der Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft dadurch erleidet, dass die Aufzugsanlage existiert, sondern um den Betrag, der aufzuwenden sein wird, wenn die Klage Erfolg hat. Allerdings hat die Antragstellerin in der Klageschrift ausgeführt, dass die Traglast der Dachfläche für die streitgegenständliche Aufzugskonstruktion nicht ausreichend und das Risiko von Wasserschäden massiv gestiegen sei, mithin das Gemeinschaftseigentum erheblich durch die Aufzugsanlage beeinträchtigt werde. Wie dargelegt, kommt es in diesem Zusammenhang nicht darauf an, ob der Antragsgegner zu 2) diese nachteiligen Folgen der baulichen Veränderung bestreitet. Vor dem Hintergrund dieser behaupteten Beeinträchtigungen des Gemeinschaftseigentums übersteigt das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an der Duldung des Rückbaus der Aufzugsanlage zweifelsfrei einen Betrag von 1.135,00 €.
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(c) In der Summe liegt der wirtschaftliche Wert der beiden Klageanträge somit über dem für die sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts nach § 23 Nr. 1 GVG maßgeblichen Betrag von 5.000,00 €.
37
(2) Eine der Addition nach § 5 ZPO entgegenstehende streitwertunabhängige sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts nach § 23 Nr. 2 Buchst. c) GVG, § 43 Abs. 2 Nr. 2 WEG ist in Bezug auf den Antragsgegner zu 2) weder für den Klageantrag 1) noch für den Klageantrag 2) anzunehmen.
38
(a) Erfasst werden von § 43 Abs. 2 Nr. 2 WEG Streitigkeiten über die Rechte und Pflichten zwischen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und Wohnungseigentümern (vgl. auch die vor Inkrafttreten des WEMoG geltende, wortgleiche Regelung des § 43 Nr. 2 WEG a. F.).
39
§ 43 WEG ist nach der Rechtsprechung weit auszulegen. Für die Normanwendung kommt es nicht entscheidend auf die Rechtsgrundlage an, aus der der Anspruch abgeleitet wird. Maßgeblich ist allein der Umstand, ob das in Anspruch genommene Recht oder die den Wohnungseigentümer treffende Pflicht in einem inneren Zusammenhang mit einer Angelegenheit steht, die aus dem Gemeinschaftsverhältnis der Wohnungseigentümer erwachsen ist (BGH, Urt. v. 22. September 2023, V ZR 254/22, NJW-RR 2023, 1502 Rn. 10; Urt. v. 13. Dezember 2019, V ZR 313/16, juris Rn. 6; Beschluss vom 17. November 2016, V ZB 73/16, NJW-RR 2017, 525 Rn. 7; Urt. v. 10. Juli 2015, V ZR 194/14, NJW 2015, 2968 Rn. 6; Urt. v. 23. April 1991, VI ZR 222/90, NJW-RR 1991, 907 [juris Rn. 7]; Göbel in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, 16. Aufl. 2025, § 43 Rn. 48). Nimmt etwa ein Wohnungseigentümer einen anderen aus einer unerlaubten Handlung auf Schadensersatz in Anspruch, ist nur erforderlich, dass der Anspruch auf ein Verhalten gestützt wird, das sich als Verletzung seiner aus dem Gemeinschaftsverhältnis ergebenden Pflichten gegenüber dem Schadensersatz verlangenden Berechtigten darstellt (BGH NJW-RR 1991, 907 [juris Rn. 8]). Erfasst werden insbesondere Streitigkeiten der Wohnungseigentümergemeinschaft mit einem Mitglied über den zulässigen Gebrauch des Sondereigentums und des Gemeinschaftseigentums (§ 14 Abs. 1 Nr. 1 WEG) oder die Zulässigkeit einer baulichen Veränderung nach § 20 WEG (Suilmann in Jennißen, WEG, 8. Aufl. 2024, § 43 Rn. 58 f.). Hingegen ist § 43 WEG nicht einschlägig, wenn der Beklagte zwar zum Kreis der Wohnungseigentümer gehört, aber nicht in dieser Eigenschaft in Anspruch genommen wird, sondern das Klagebegehren sich gegen ihn als Eigentümer des Nachbargrundstücks richtet (BGH, Urt. v. 21. Juni 1974, V ZR 164/72, NJW 1974, 1552 [juris Rn. 3]; BayObLG, Beschluss vom 14. Juni 2023, 102 AR 21/23, NJW-RR 2023, 1057 Rn. 33; Suilmann in Jennißen, WEG, § 43 Rn. 65a; Göbel in Bärmann, Wohnungseigentumsgesetz, § 43 Rn. 38 und Rn. 52). Besteht zwischen den Parteien eine Sonderverbindung, aufgrund derer sie sich gleichsam wie Dritte gegenüberstehen, stellt ein hieraus resultierender Streit ebenfalls keine Wohnungseigentumssache dar. So liegt es beispielsweise, wenn Rechte aus zwischen den Parteien bestehenden Miet-, Dienst- oder Werkverträgen hergeleitet werden (BGH NJW-RR 2023, 1502 Rn. 12). Ob die Verträge nur deshalb zustande gekommen sind, weil sich die Vertragsparteien wegen der gemeinsamen Zugehörigkeit zu einer Wohnungseigentümergemeinschaft kennen, ist unerheblich. In einem derartigen Fall geht es nicht um die Rechte und Pflichten eines der Wohnungseigentümer, der sich aus dem Gemeinschaftsverhältnis ergibt. Auch Streitigkeiten zwischen Wohnungseigentümern über die Zulässigkeit von Äußerungen können außerhalb des Anwendungsbereichs des § 43 WEG liegen, etwa wenn es um Äußerungen außerhalb einer Eigentümerversammlung oder Beiratssitzung geht (BGH NJW-RR 2023, 1502, Rn. 15).
40
Für den Anwendungsbereich des § 43 WEG ist nicht zwingend, dass ein Beklagter zum Zeitpunkt der Klageerhebung (noch) Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft ist; war er vormals Wohnungseigentümer und ist Grundlage der Auseinandersetzung das Gemeinschaftsverhältnis, hat der Bundesgerichtshof eine ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts gemäß § 43 WEG (a. F.) angenommen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. März 2016, V ZR 185/15, NJW-RR 2016, 587 Rn. 6; Beschluss vom 10. Mai 2012, V ZR 228/11, juris Rn. 3; Beschluss vom 26. September 2002, V ZB 24/02, BGHZ 152, 136 [juris Rn. 13 ff.]; Göbel in Bärmann, WEG, § 43 Rn. 20).
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(b) Der Antragsgegner zu 2) ist aktuell (nur) Nießbrauchsberechtigter der im Sondereigentum des Antragsgegners zu 1) stehenden Wohnung […]. Grundsätzlich fallen Klagen gegen Fremdnutzer von Sondereigentum nicht unter § 43 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 WEG, weil diese als Dritte weder zur Wohnungseigentümergemeinschaft noch zu den Sondereigentümern in einer Rechtsbeziehung stehen, die den notwendigen gemeinschaftsbezogenen Gehalt aufweist (BGH NJW 2015, 2968 Rn. 7; BayObLG, Beschluss vom 27. November 2024, 101 AR 144/24 e, juris Rn. 20 m. w. N.). Dies gilt nicht nur für Mieter oder Pächter von Sondereigentum, sondern auch für Nießbrauchsberechtigte (BGH, a. a. O., Rn. 8).
42
Allerdings war der Antragsgegner zu 2) bis Ende 2016 Mitglied der Antragstellerin. Fraglich ist damit, ob Grundlage der Auseinandersetzung das Gemeinschaftsverhältnis ist.
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In Bezug auf die Räumung und Herausgabe der Dachterrasse ist festzustellen, dass die Nutzung dieses Teils des Gemeinschaftseigentums durch den Antragsgegner zu 2) auf den im Jahr 1995 geschlossenen gerichtlichen Vergleich zurückgeht. Zwar wurde die Vereinbarung zwischen den Parteien zur Beilegung der damals beim Amtsgericht anhängigen wohnungseigentumsrechtlichen Streitigkeiten geschlossen, doch allein dies genügt nicht für die Bejahung eines die ausschließliche Zuständigkeit des Amtsgerichts begründenden Bezugs zum Gemeinschaftsverhältnis. In der Sache haben die Parteien im Jahr 1995 eine Nutzungsvereinbarung für eine näher bezeichnete Dachfläche des Anwesens […] geschlossen und die wechselseitigen Rechte und Pflichten darin eigenständig geregelt. Dem Antragsgegner zu 2) wurde das Recht zur Nutzung der fraglichen Fläche gegen Zahlung eines festgelegten jährlichen Entgelts eingeräumt. In Ziffer II. der Vereinbarung wurde ausdrücklich klargestellt, dass der Antragsgegner zu 2) damit kein Sondernutzungsrecht erhält und sich das Benutzungsrecht nur auf ihn und diejenigen Personen erstreckt, denen er den Besitz an seiner Wohnung oder den Zutritt zu ihr überlässt. Weiter wurde vereinbart, dass das Nutzungsrecht mit Ausnahme der Erbfolge nicht auf einen Rechtsnachfolger im Sondereigentum an der Wohnung des Antragsgegners zu 2) übergeht. Die Parteien haben damit bewusst eine vom Gemeinschaftsverhältnis unabhängige Sonderverbindung begründet, bei der sie sich gleichsam wie Dritte gegenüberstehen. Hinzu kommt, dass die (strittige) Kündigung des Nutzungsverhältnisses erst im Jahr 2022 erfolgt und somit der geltend gemachte Anspruch auf Räumung bzw. Herausgabe der Dachterrasse erst zu einem Zeitpunkt entstanden ist, zu dem der Antragsgegner zu 2) nicht mehr Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft war. Der Rechtsstreit hat damit nicht die Erfüllung oder Verletzung etwaiger Pflichten des Antragsgegners zu 2) zum Gegenstand, die ihre Grundlage in seiner vormaligen Stellung als Wohnungseigentümer haben. Es fehlt im vorliegenden konkreten Einzelfall an dem notwendigen gemeinschaftsbezogenen Gehalt mit der Folge, dass eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts für den Klageantrag zu 1) nicht gegeben ist.
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Hinsichtlich der Duldung des Rückbaus der Aufzugsanlage macht die Antragstellerin zwar geltend, dass die Erstellung ohne die erforderliche Gestattung bzw. Zustimmung der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß § 20 Abs. 1 WEG erfolgt sei, wobei festzustellen ist, dass diese Norm erst seit 1. Dezember 2020 die (Un-)Zulässigkeit baulicher Veränderungen regelt. Wurde die bauliche Maßnahme vor diesem Zeitpunkt abgeschlossen, ist auf § 22 WEG in der bis zum 30. November 2020 geltenden Fassung zurückzugreifen, da entscheidend ist, welches Rechtsregime bei Vornahme der baulichen Veränderung gilt (BGH, Beschluss vom 18. Juli 2025, V ZR 29/24, juris Rn. 10). Daraus lässt sich aber nicht der Schluss ziehen, die Klage habe den für die Begründung einer ausschließlichen Zuständigkeit des Amtsgerichts notwendigen Bezug zu der Stellung des Antragsgegners zu 2) als vormaliger Miteigentümer. Es kann den Akten schon nicht entnommen werden, wann die Aufzugsanlage errichtet wurde und ob der Antragsgegner zu 2) damals noch Mitglied der Antragstellerin war. Darüber hinaus ist auch hier der von Antragstellerseite vorgelegte Vergleich in den Blick zu nehmen, der Grundlage des Nutzungsverhältnisses zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner zu 2) war. Der Vergleich enthält in Ziffer III. eine Regelung zur Vornahme baulicher Veränderungen durch den Antragsgegner zu 2), wobei die Antragstellerin in der Klageschrift ausführt, aus dem Vergleich ergebe sich keine Befugnis zur eigenmächtigen Errichtung eines Aufzugs und zur Schwächung der Dachhaut. Anhand des Akteninhalts kann damit nicht festgestellt werden, dass der Anspruch auf Duldung des Rückbaus des Aufzugs, den die Antragstellerin gegenüber dem Antragsgegner zu 2) geltend macht, in einem hinreichenden Zusammenhang damit stünde, dass dieser bis zum Jahr 2016 Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft war. Vielmehr geht es auch in Bezug auf diesen Klageantrag um eine Auseinandersetzung über Rechte und Pflichten aus der zwischen der Antragstellerin und dem Antragsgegner zu 2) durch Vergleich begründeten Sonderverbindung. Die sachliche Zuständigkeit für den Klageantrag 2) richtet sich damit ebenfalls nicht nach § 23 Nr. 2 Buchst. c) GVG, § 43 Abs. 2 Nr. 2 WEG, sondern nach § 71 Abs. 1, § 23 Nr. 1 GVG.
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3. Der Senat bestimmt das Amtsgericht München als das für den Rechtsstreit sachlich zuständige Gericht.
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Die Auswahl erfolgt nach Gesichtspunkten der Zweckmäßigkeit (Sachdienlichkeit) und unter Berücksichtigung des Grundsatzes der Prozesswirtschaftlichkeit, wobei das bestimmende Gericht ein Auswahlermessen hat (vgl. BVerfG, Beschluss vom 12. November 2008, 1 BvR 2788/08, NJW 2009, 907 [juris Rn. 12 m. w. N.]; BayObLG, Beschluss vom 27. November 2024, 101 AR 144/24 e, juris Rn. 24; Beschluss vom 12. September 2022, 101 AR 105/22, juris Rn. 39; Schultzky in Zöller, ZPO, § 36 Rn. 29 m. w. N).
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Für die Wahl des Amtsgerichts spricht, dass für den Antragsgegner zu 1) dort eine ausschließliche sachliche Zuständigkeit besteht. Die Bestimmung des für einen oder mehrere Streitgenossen ausschließlich zuständigen Gerichts auch für das Verfahren gegen den oder die anderen Streitgenossen ist meist sachgerecht, weil damit dem Gesichtspunkt der Spezialisierung gerade dieses Gerichts Rechnung getragen wird (BayObLG, Beschluss vom 27. November 2024, 101 AR 144/24 e, juris Rn. 25; Beschluss vom 18. Juni 2024, 101 AR 80/24 e, juris Rn. 27; Beschluss vom 24. April 2024, 101 AR 15/24 e, juris Rn. 37; Beschluss vom 24. August 2023, 102 AR 123/23 e, juris Rn. 30; Beschluss vom 24. August 2023, 102 AR 154/23 e, juris Rn. 34). Darüber hinaus geht der Antragsgegner zu 2) selbst von einer Zuständigkeit des Amtsgerichts aus und hat keinerlei Einwände gegen eine gemeinsame Verhandlung und Entscheidung des Rechtsstreits vor diesem Gericht vorgebracht.
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