Titel:
Verfassungsbeschwerde, Klageerzwingungsverfahren, Arbeitsbescheinigung, Betrugsvorwurf, Untreue, Urkundenunterdrückung, Rechtliches Gehör
Leitsatz:
Mangels hinreichender Substanziierung unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen eine strafgerichtliche Entscheidung in einem Klageerzwingungsverfahren.
Schlagworte:
Verfassungsbeschwerde, Klageerzwingungsverfahren, Arbeitsbescheinigung, Betrugsvorwurf, Untreue, Urkundenunterdrückung, Rechtliches Gehör
Vorinstanz:
OLG Nürnberg, Beschluss vom 27.02.2024 – Ws 170/24
Fundstelle:
BeckRS 2025, 31305
Tenor
1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Dem Beschwerdeführer wird eine Gebühr von 750 € auferlegt.
Entscheidungsgründe
1
Mit seiner Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 27. Februar 2024 Az. Ws 170/24, mit dem sein Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 172 Abs. 2 Satz 1 StPO (Klageerzwingungsantrag) als unzulässig verworfen wurde.
Dem beim Oberlandesgericht geführten Verfahren vorangegangen waren eine Verfügung der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vom 13. November 2023 Az. 213 Js 39289/23, mit der ein auf die Strafanzeige des Beschwerdeführers hin eingeleitetes Ermittlungsverfahren wegen Betrugs gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt wurde, sowie ein Bescheid des Generalstaatsanwalts in Nürnberg vom 18. Januar 2024 Az. 6 Zs 1137/23, mit dem die dagegen erhobene Beschwerde zurückgewiesen wurde. Der Verfassungsbeschwerde liegt nach den Angaben des Beschwerdeführers und – teilweise – unter Heranziehung der Verfahrensakten folgender Sachverhalt zugrunde:
2
1. Der Beschwerdeführer erstattete mit E-Mail vom 1. November 2023 Strafanzeige gegen die Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg und mehrere Mitarbeiter dieser Behörde sowie der Agentur für Arbeit Karlsruhe wegen Rechtsbeugung, Betrugs, Untreue und Urkundenfälschung. Der Beschwerdeführer schilderte in seiner Anzeige zwei von ihm geführte Rechtsstreitigkeiten (Kündigungsschutzklagen) vor dem Arbeitsgericht Karlsruhe Az. 8 Ca 290/22 und 1 Ca 77/23 über die Wirksamkeit mehrerer Kündigungen seines Arbeitsverhältnisses durch seinen Arbeitgeber. Demnach hatte er gegen die zunächst ausgesprochenen beiden Kündigungen in erster Instanz mit Urteil vom 10. März 2023 Erfolg. Eine nach diesem Urteil geschuldete Weiterbeschäftigung bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens habe der Arbeitgeber jedoch unter erneuter Kündigung und Einlegung der Berufung gegen das erstinstanzliche Urteil zum Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg abgelehnt. Die Agentur für Arbeit habe den Beschwerdeführer – aus seiner Sicht zu Unrecht – aufgefordert, eine Arbeitsbescheinigung über die Dauer der Weiterbeschäftigung einzureichen, um das Arbeitslosengeld für die Zukunft berechnen zu können. Nachdem der Arbeitgeber den Beschwerdeführer tatsächlich weder beschäftigt noch fortbezahlt und entsprechend auch keine Arbeitsbescheinigung für den Zeitraum ausgestellt habe, warf der Beschwerdeführer der Agentur für Arbeit vor, trotz seiner diesbezüglichen Erklärung den Arbeitgeber nicht aufgefordert zu haben, eine der erstinstanzlichen Entscheidung des Arbeitsgerichts über die Weiterbeschäftigung entsprechende Arbeitsbescheinigung auszustellen. Stattdessen soll die Agentur für Arbeit unter Verweis auf die fehlende Arbeitsbescheinigung durch den Arbeitgeber die Berechnung des dem Beschwerdeführer seiner Ansicht nach über den 31. März 2024 hinaus zustehenden Arbeitslosengelds zu Unrecht verweigert haben.
3
2. Mit der Verfügung vom 13. November 2023 Az. 213 Js 39289/23 stellte die Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth das Ermittlungsverfahren wegen Betrugs gegen die Beschuldigten gemäß § 170 Abs. 2 StPO mit der Begründung ein, es gebe keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte für Straftaten (§ 152 Abs. 2 StPO).
4
3. Gegen diese Einstellungsverfügung legte der Beschwerdeführer mit E-Mail vom 21. November 2023 Beschwerde ein. Nach § 312 Abs. 1 SGB III bestehe unbestreitbar ein Rechtsanspruch auf eine aktuelle Arbeitsbescheinigung für die bis zum 31. Oktober 2023 bestandene Beschäftigung. Der Arbeitgeber verweigere diese aber. Die Beschuldigten hätten die Pflicht, diese Arbeitsbescheinigung anzufordern, zumal sie über die Möglichkeit einer Erzwingung der Erklärungsabgabe durch Bußgeldverhängung gegenüber dem Arbeitgeber verfügten. Die Staatsanwaltschaft half der Beschwerde mit Verfügung vom 11. Januar 2024 nicht ab.
5
4. Mit dem Bescheid vom 18. Januar 2024 Az. 6 Zs 1137/23 gab der Generalstaatsanwalt in Nürnberg der Beschwerde keine Folge.
6
5. Mit Schriftsatz seines Bevollmächtigen im Ausgangsverfahren vom 23. Februar 2024 stellte der Beschwerdeführer beim Oberlandesgericht Nürnberg Antrag auf gerichtliche Entscheidung mit dem Ziel, die Erhebung der öffentlichen Klage wegen Betrugs u. a. gegen die Beschuldigten anzuordnen. Bei der Arbeitsbescheinigung handle es sich um eine Urkunde, die der Agentur für Arbeit zur Bestimmung des Arbeitslosengelds und der Dauer des Anspruchs darauf diene. Eine korrekte Arbeitsbescheinigung sei dem Beschwerdeführer vorenthalten worden, sodass eine Urkundenunterdrückung vorliege (§ 274 StGB). Mit derselben Argumentation lasse sich auch ein dringender Tatverdacht hinsichtlich einer Untreue der Beschuldigten gegenüber dem Beschwerdeführer begründen. Dieser müsse aufgrund der unrichtigen und nicht neu angeforderten Arbeitsbescheinigung mit einer verkürzten „Arbeitslosenzeit“ rechnen. Bei genauerer Betrachtung seien die Beschuldigten auch eines Betrugs dringend tatverdächtig, weil durch „das Unterlassen der Abforderung einer ordnungsgemäßen Arbeitsbescheinigung zum 31.10.2023“ zulasten des Beschwerdeführers eine Vermögensverfügung der Agentur für Arbeit vorliege, die zu einer Vermögensminderung beim Beschwerdeführer führe. Der Vorsatz ergebe sich aus der beharrlichen Verweigerung der Beschuldigten.
7
6. Mit dem angegriffenen Beschluss vom 27. Februar 2024 Az. Ws 170/24 verwarf das Oberlandesgericht Nürnberg diesen Antrag des Beschwerdeführers auf gerichtliche Entscheidung im Klageerzwingungsverfahren als unzulässig. Seine Entscheidung stützte es im Wesentlichen auf folgende Erwägungen: Der statthafte Antrag auf gerichtliche Entscheidung werde den Anforderungen des § 172 Abs. 3 StPO nicht gerecht. Danach müsse der Antrag die Tatsachen und Beweismittel angeben, welche die Erhebung der öffentlichen Klage begründen sollten. Erforderlich sei eine aus sich selbst heraus verständliche und geschlossene Schilderung eines Sachverhalts, der bei Unterstellung des hinreichenden Tatverdachts die Erhebung der öffentlichen Klage in materieller und formeller Hinsicht rechtfertige. Aus der gebotenen Sachdarstellung müsse sich deshalb wenigstens in groben Zügen auch der Gang des Ermittlungsverfahrens ergeben. Hierzu zählten neben dem Inhalt der angegriffenen Bescheide auch Angaben, die es dem Gericht ermöglichten, die Einhaltung der Beschwerdefrist des § 172 Abs. 1 StPO und der Antragsfrist des § 172 Abs. 2 StPO zu überprüfen. Das Gericht solle durch die Erfüllung dieser Anforderungen in die Lage versetzt werden, allein aufgrund des Antragsvorbringens und ohne Rückgriff auf die Ermittlungsakten eine Zulässigkeitsprüfung sowie eine Prüfung der Schlüssigkeit hinsichtlich jedes einzelnen Tatbestandsmerkmals der in Betracht kommenden Strafvorschriften in objektiver und subjektiver Hinsicht vorzunehmen. Die hierfür erforderliche Sachverhaltsschilderung könne daher weder ganz noch teilweise durch eine Bezugnahme auf den Akteninhalt oder Anlagen ersetzt werden. Der Antragsschrift fehle es an einer solchen geschlossenen und widerspruchsfreien Sachdarstellung. Dort werde ausgeführt, dass zwei arbeitsgerichtliche Kündigungsschutzklagen des Beschwerdeführers gegen die beklagte Arbeitgeberin noch nicht abgeschlossen seien. Die eine befinde sich am Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg in der Berufung. Die andere, bei dem Arbeitsgericht Karlsruhe anhängige Klage sei bis zur Entscheidung des Landesarbeitsgerichts in anderer Sache ausgesetzt. Der Antragsschrift sei deshalb zu entnehmen, dass bislang rechtlich nicht geklärt sei, ob der Beschwerdeführer weiterhin in einem Arbeitsverhältnis stehe oder wann dieses beendet worden sei. Den von ihm Beschuldigten werfe er vor, sich dadurch strafbar gemacht zu haben, dass diese es unterlassen hätten, eine Arbeitsbescheinigung vom Arbeitgeber anzufordern, weshalb es zu einem finanziellen Schaden gekommen sei. Sie hätten nicht nur die Berechnung des Arbeitslosengelds verhindert, sondern auch die Nachzahlung der Gehälter für den Zeitraum vom August 2022 bis zum September 2023. Nach seiner Ansicht hätten sie den Arbeitgeber dazu zwingen müssen, damit seine Arbeitslosigkeit zum 1. November 2023 begonnen hätte und er dann einen Arbeitslosengeldanspruch für 24 Monate habe. Die Frage, ob und wann die Arbeitslosigkeit einträte, sei aber gerade noch Gegenstand arbeitsgerichtlicher Verfahren. Eine strafrechtliche Relevanz des geschilderten Verhaltens der beschuldigten Mitarbeiter sei nicht zu erkennen, weshalb der Beschwerdeführer auch von den Ermittlungsbehörden zu Recht auf die Durchführung eines sozialgerichtlichen Verfahrens hingewiesen worden sei. Mit diesem Argument habe sich der Antragsteller nicht auseinandergesetzt. Eine Heilung der genannten Mängel sei wegen Fristablaufs nicht möglich.
8
7. Mit Beschluss vom 25. März 2024 Az. Ws 170/24, formlos herausgegeben an den Beschwerdeführer und dessen Bevollmächtigten am 2. April 2024, verwarf das Oberlandesgericht Nürnberg den Antrag des Beschwerdeführers vom 24. März 2024 auf Nachholung des rechtlichen Gehörs gemäß § 33 a StPO als unbegründet und wies die damit verbundene Gegenvorstellung zurück. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör komme in Betracht, wenn das Gericht zum Nachteil des Beschwerdeführers entscheidungsrelevante Tatsachen oder Beweisergebnisse verwertet habe, zu denen dieser nicht gehört worden sei, oder wenn es zu berücksichtigendes Vorbringen übergangen habe. Dies sei hier weder dargetan noch sonst ersichtlich. Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichte das Gericht nicht dazu, den Rechtsansichten eines Beteiligten zu folgen.
Die Gegenvorstellung sei unstatthaft und deshalb unzulässig. Der Beschluss des Senats sei unanfechtbar und könne grundsätzlich auch nicht nachträglich aufgehoben oder abgeändert werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts sei eine Gegenvorstellung nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn ansonsten ein Verfahrens- und Verfassungsverstoß mit der Verfassungsbeschwerde geltend gemacht werden müsse. Danach obliege es zunächst den Fachgerichten, eine derartige Verletzung eines Verfahrensgrundrechts zu beseitigen. Die Verletzung eines solchen Rechts sei vorliegend nicht ersichtlich und werde vom Beschwerdeführer auch nicht behauptet.
9
1. Mit seiner zunächst in elektronischer Form übersandten Verfassungsbeschwerde vom 27. März 2024, schriftlich eingegangen am 2. April 2024 unter Beifügung einer elektronischen Speichereinheit („Stick der VerfassBeschw“), und weiteren Schreiben ab 24. Juni 2024, zuletzt vom 10. März 2025, rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seiner verfassungsmäßigen Rechte, „insbesondere von Art. 100, Art. 103 Abs. I und Art. 118 Abs. I der Bayerischen Verfassung“. Es gebe unstreitig rechtssicher eine Kündigung des Arbeitsvertrags des Beschwerdeführers durch dessen ehemaligen Arbeitgeber zum 31. Oktober 2023. Er habe sich arbeitslos melden müssen, um seinen über Jahrzehnte erarbeiteten Anspruch auf Arbeitslosengeld zu erhalten. Wenn das Oberlandesgericht Nürnberg nun feststelle, dass nicht klar vorgetragen sei, ob und wann er gekündigt worden sei, sei dem entgegenzuhalten, dass dies im Antrag auf gerichtliche Entscheidung sehr wohl erklärt worden sei. Es bestehe nach dem Sozialgesetzbuch unbestreitbar für ihn ein Rechtsanspruch auf eine aktuelle Arbeitsbescheinigung für die Beschäftigung, die bis zum 31. Oktober 2023 bestanden habe. Der Arbeitgeber verweigere diese jedoch. Die von ihm Beschuldigten hätten diese Arbeitsbescheinigung vom Arbeitgeber einfordern können, zumal sie über die Möglichkeit der Verhängung eines Bußgelds gegen diesen nach dem Sozialgesetzbuch verfügten. Die Arbeitsbescheinigung sei eine Urkunde, zu deren Ausstellung der Arbeitgeber auf Verlangen des Arbeitnehmers oder der Agentur für Arbeit verpflichtet sei. Dies treffe auch dann zu, wenn noch ein Arbeitsgerichtsverfahren anhängig sei. Diese Bescheinigung sei dem Arbeitnehmer gegenüber auszuhändigen oder auf elektronischem Weg an die Agentur für Arbeit zu übermitteln. Durch die „willentlich-bewusste Arbeits-Bescheinigung-Forderungs-Verweigerung bzw. Rechts-Beugung“ bestehe Betrug und Untreue durch die Beschuldigten. Dies sei der „Nukleus“ der Rechtsbeugung und der weiteren Straftaten durch diese. Auch würden „weniger Renten-Punkte eingezahlt“. Durch dieses Verhalten werde die Nachzahlung des Arbeitgebers an den Beschwerdeführer indirekt blockiert, was die Existenz des Beschwerdeführers mehr als bedrohe. Mit der Anerkennung der Arbeitsbescheinigung vom 8. August 2023 mit Beschäftigungsende am 26. Juli 2022 werde auch eine Urkundenfälschung akzeptiert und dadurch auch noch begangen. Weil eine Urkundenfälschung ein Offizialdelikt sei, hätte die Beschuldigte als Körperschaft des öffentlichen Rechts gegen den Arbeitgeber eine Strafanzeige erstatten müssen. Es seien auch geminderte Rentenversicherungseinzahlungen erzwungen worden, und zwar durch die Tolerierung von Vorenthaltung sowie Veruntreuung von Arbeitsentgelt. Weil keine Arbeitsbescheinigung vom Arbeitgeber gefordert worden sei, beginne die Arbeitslosigkeit des Beschwerdeführers nicht zum 1. November 2023 bei der Bundesagentur für Arbeit. Da er aber nun schon 58 Jahre alt sei, bestehe ein Arbeitslosengeldanspruch von 24 statt 18 Monaten. Somit seien sechs Monate zu je 1.941,90 € nicht gewährt worden. Dadurch verliere der Beschwerdeführer in Summe 11.651,40 €. Wegen der willentlich-bewussten Schikane, des Betrugs, der Untreue und des Rechtsbruchs sei ein Notverkauf eines Grundstücks erfolgt, da vom Staat kein Arbeitslosengeld und keine Krankenversicherung bezahlt werde.
10
Mit Schreiben vom 24. Juni 2024 hat der Beschwerdeführer klargestellt, dass sich die Verfassungsbeschwerde nur gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 27. Februar 2024 richtet.
11
2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz erachtet die Verfassungsbeschwerde in seiner Stellungnahme vom 16. Oktober 2024 als unzulässig. Der Beschwerdeführer habe innerhalb der zweimonatigen Verfassungsbeschwerdefrist eine Verletzung von spezifischem Verfassungsrecht nicht hinreichend dargelegt. Die Schreiben des Beschwerdeführers entbehrten einer hinreichenden Auseinandersetzung mit den angegriffenen Entscheidungen im Hinblick auf die Verletzung subjektiver Rechte der Bayerischen Verfassung.
12
Die Verfassungsbeschwerde sei auch unbegründet. Eine Verletzung verfassungsmäßiger Rechte durch die Entscheidung des Oberlandesgerichts Nürnberg liege nicht vor. Es seien keine zureichenden tatsächlichen Anhaltspunkte ersichtlich, dass sich die beschuldigten Verantwortungsträger der (Bundes-)Agentur für Arbeit strafbar gemacht hätten. Eine Klärung der Rechtslage könne durch Anrufen der Sozialgerichte erreicht werden. Eine Grundlage für eine strafrechtliche Verfolgung biete sich jedoch nicht.
13
Die Verfassungsbeschwerde greift wegen des Gebots der Rechtwegerschöpfung zutreffend die letztinstanzliche Entscheidung, den Beschluss des Oberlandesgerichts Nürnberg vom 27. Februar 2024, als maßgeblichen Beschwerdegegenstand an. Sie genügt aber nicht den Substanziierungsanforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG und ist daher unzulässig.
14
1. Nach dieser Bestimmung sind in der Verfassungsbeschwerde die Handlung oder Unterlassung der Behörde, gegen die sich der Beschwerdeführer wendet, und das verfassungsmäßige Recht, dessen Verletzung der Beschwerdeführer geltend macht, zu bezeichnen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs gehört dazu auch der Vortrag des wesentlichen Sachverhalts, aus dem die Rechtsverletzung hergeleitet wird. Die Verfassungsbeschwerde muss aus sich heraus verständlich sein (VerfGH vom 2.2.1966 VerfGHE 19, 14/15; vom 10.2.2014 – Vf. 53-VI-12 – juris Rn. 17; vom 15.11.2018 – Vf. 10-VI-17 – juris Rn. 14). Der die behauptete Grundrechtsverletzung enthaltende Vorgang muss vollständig und nachvollziehbar derart dargelegt werden, dass der Verfassungsgerichtshof in die Lage versetzt wird, ohne Rückgriff auf die Akten des Ausgangsverfahrens zu prüfen, ob der geltend gemachte Verfassungsverstoß nach dem Vortrag des Beschwerdeführers zumindest möglich erscheint (VerfGH vom 10.2.2014 – Vf. 53-VI-12 – juris Rn. 17; vom 15.11.2018 – Vf. 10-VI-17 – juris Rn. 14; vom 13.2.2020 – Vf. 23-VI-18 – juris Rn. 19). Es muss – jedenfalls in groben Umrissen – erkennbar sein, inwiefern durch eine Maßnahme oder Entscheidung das verfassungsmäßige Recht, dessen Verletzung der Beschwerdeführer rügt, verletzt sein soll. Auf der Grundlage des Vortrags in der Verfassungsbeschwerde muss die behauptete Grundrechtsverletzung zumindest möglich erscheinen. Die bloße Behauptung, eine gerichtliche oder behördliche Entscheidung sei unrichtig oder fehlerhaft, genügt nicht den Anforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 16.8.2017 – Vf. 8-VI-16 – juris Rn. 23; vom 23.1.2024 – Vf. 18-VI-23 – juris Rn. 15, jeweils m. w. N.). Darüber hinaus setzt eine aus sich heraus verständliche und nachvollziehbare Darlegung eines Grundrechtsverstoßes voraus, dass sich der Beschwerdeführer mit dem Inhalt der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzt (vgl. VerfGH vom 24.10.2017 – Vf. 9-VI-17 – juris Rn. 40; vom 20.3.2018 BayVBl 2019, 207 Rn. 14 m. w. N.). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung (VerfGH vom 10.12.2019 – Vf. 50-VI-18 – juris Rn. 22; vom 16.11.2021 – Vf. 51-VI-20 – juris Rn. 33; vom 6.6.2024 – Vf. 24-VI-23 – juris Rn. 35 m. w. N.; BVerfG vom 10.11.2015 NJW 2016, 1505 Rn. 9; vom 28.3.2019 – 2 BvR 2432/18 – juris).
15
Den dargestellten Substanziierungspflichten muss der Beschwerdeführer innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG genügen. Nach Ablauf dieser Frist kann er die Beschwerdebegründung zwar noch in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ergänzen; er kann aber nicht mehr fehlende notwendige Bestandteile der Verfassungsbeschwerde nachschieben (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 9.8.2021 – Vf. 111-VI-20 – juris Rn. 41; vom 6.6.2024 – Vf. 24-VI-23 – juris Rn. 35, jeweils m. w. N.). Insbesondere kann der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde nicht mit einem neuen selbstständigen Sachvortrag begründen (VerfGH vom 21.2.2018 – Vf. 54-VI-16 – juris Rn. 37).
16
2. Diesen Substanziierungsanforderungen genügt die Verfassungsbeschwerde nicht. Dem am 2. April 2024 eingegangenen Schreiben des Beschwerdeführers waren die Verfügung der Staatsanwaltschaft Nürnberg-Fürth vom 13. November 2023 und der Bescheid des Generalstaatsanwalts in Nürnberg vom 18. Januar 2024 entgegen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 VfGHG nicht in Papierform beigelegt. Dies erfolgte – trotz des ausdrücklichen Hinweises eines Referenten des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs mit Schreiben vom 4. April 2024, dass Dokumente, die sich möglicherweise auf dem elektronischen Datenträger befänden, nicht berücksichtigt werden könnten – auch nicht später während der zweimonatigen Verfassungsbeschwerdefrist gemäß Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG. Eine entsprechende Vorlage durch den Beschwerdeführer wäre aber erforderlich gewesen. Das Oberlandesgericht Nürnberg begründet seine Entscheidung auch damit, dass in der Antragsschrift bei Wiedergabe der beanstandeten staatsanwaltschaftlichen Verfügung ein augenscheinlich unvollständiger Satz („Das bereits deswegen vorliegende, da das ordnungsgemäße Verfahren eingehalten wurde“) nahelege, dass der Inhalt des angegriffenen Bescheids nicht vollständig geschildert werde und dass dieser weitere Ausführungen enthalte. Da der Beschwerdeführer die staatsanwaltliche Verfügung nicht in Papierform vorlegte, lässt sich nicht ohne Rückgriff auf die Akten des Ausgangsverfahrens klären, inwieweit dies der Fall ist. Dies wäre jedoch zur umfassenden Prüfung einer etwaigen Grundrechtsverletzung erforderlich.
17
3. Darüber hinaus ist die Verfassungsbeschwerde deswegen unsubstanziiert, weil auch unabhängig von den nicht vorgelegten Unterlagen die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung nicht ausreichend aufgezeigt wird.
18
a) Der Verfassungsgerichtshof überprüft gerichtliche Entscheidungen nur in engen Grenzen. Er ist kein Rechtsmittelgericht; es ist nicht seine Aufgabe, fachgerichtliche Entscheidungen dahingehend zu kontrollieren, ob die tatsächlichen Feststellungen zutreffen oder ob die Gesetze richtig ausgelegt und angewandt wurden. Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde beschränkt sich die Prüfung vielmehr auf die Frage, ob die Gerichte gegen Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen haben, die ein subjektives Recht des Beschwerdeführers verbürgen. Gegenüber der Anwendung von Bundesrecht (wie hier von Normen der Strafprozessordnung und des Strafgesetzbuchs), das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 26.1.1990 VerfGHE 43, 12/17 f.; vom 5.10.2017 BayVBl 2018, 164 Rn. 18; vom 24.8.2022 – Vf. 9-VI-21 – juris Rn. 49). In verfahrensrechtlicher Hinsicht überprüft der Verfassungsgerichtshof Entscheidungen, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, bei entsprechender Rüge auch daraufhin, ob ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt wurde, das, wie z. B. das Recht auf den gesetzlichen Richter (Art. 86 Abs. 1 Satz 2 BV) oder der Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV), mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 21.3.1997 VerfGHE 50, 60/62; vom 24.8.2022 – Vf. 9-VI-21 – juris Rn. 49; vom 4.1.2023 BayVBl 2023, 192 Rn. 28; vom 6.6.2024 – Vf. 24-VI-23 – juris Rn. 33).
19
b) Selbst abgesehen davon, dass die bloße, unspezifische Bezeichnung von Art. 118 Abs. 1 BV nicht ohne Weiteres als Willkürrüge angesehen werden kann, weil diese Norm primär den allgemeinen Gleichheitssatz beinhaltet (vgl. hierzu VerfGH vom 31.8.2010 – Vf. 55-VI-09 – juris Rn. 45; vom 7.7.2020 – Vf. 68-VI-19 - juris Rn. 56; vom 24.8.2022 – Vf. 9-VI-21 – juris Rn. 53 ff. m. w. N.; vgl. auch Rüfner in Bonner Kommentar, GG, Art. 3 Abs. 1 Rn. 19), hat der Beschwerdeführer jedenfalls die Voraussetzungen von Willkür nicht dargelegt. Ein Verstoß gegen das Willkürverbot setzt voraus, dass sich das Gericht mit der beanstandeten Entscheidung außerhalb jeder Rechtsanwendung gestellt und somit in Wahrheit gar kein Bundesrecht zugrunde gelegt hat. Die gerichtliche Entscheidung dürfte unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar sein, sie müsste schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig bzw. eindeutig unangemessen sein. Eine fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts begründet allein noch keinen Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV (ständige Rechtsprechung, vgl. VerfGH vom 19.10.2010 NJW-RR 2011, 215; vom 16.11.2023 – Vf. 48-VI-22 – juris Rn. 27; vom 6.6.2024 – Vf. 24-VI-23 – juris Rn. 40; Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 120 Rn. 63).
20
Der Beschwerdeführer legt das Vorliegen dieser Voraussetzungen nicht annähernd dar. Sein Vortrag beschränkt sich darauf, seine eigene rechtliche Würdigung des Sachverhalts an die Stelle der Entscheidung des Oberlandesgerichts sowie der vorangegangenen Entscheidungen des Generalstaatsanwalts und der Staatsanwaltschaft zu stellen sowie die von diesen Stellen vorgenommene rechtliche Bewertung als falsch zu bezeichnen. Nicht ansatzweise wird vom Beschwerdeführer aufgezeigt, dass die in den Gründen des Beschlusses vom 27. Februar 2024 dargestellte Rechtsauffassung willkürlich im oben dargestellten Sinn wäre.
Das Oberlandesgericht stützt seine Entscheidung maßgeblich darauf, dass rechtlich nicht geklärt sei, ob der Beschwerdeführer in einem Arbeitsverhältnis stehe. Dem gegenüber führt der Beschwerdeführer lediglich aus, dass „unstreitig rechtssicher eine Kündigung … vom 30. März 2023 zum 31. Oktober 2023“ erfolgt sei. Damit wird aber nicht dargelegt, dass der rechtliche Ansatz des Oberlandesgerichts schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig bzw. eindeutig unangemessen wäre. Das Gericht hat vielmehr auf die noch nicht abgeschlossenen arbeitsgerichtlichen Verfahren abgestellt, die in der Antragsschrift des Beschwerdeführers vom 23. Februar 2024 auf gerichtliche Entscheidung gegen den Bescheid des Generalstaatsanwalts in Nürnberg geschildert wurden. Prüfungsmaßstab für das Oberlandesgericht war, ob sich aus dem vom Beschwerdeführer geschilderten Sachverhalt sowie den genannten Beweismitteln ergab, dass die Beschuldigten der Begehung eines Offizialdelikts hinreichend verdächtig waren. Die Ausführungen des Beschwerdeführers ergeben an keiner Stelle, dass das Oberlandesgericht zu einer anderen rechtlichen Bewertung hätte gelangen müssen. So geht der Beschwerdeführer etwa nicht darauf ein, dass der Tatbestand der Urkundenunterdrückung gemäß § 274 StGB das Vorhandensein einer Urkunde, der Untreuetatbestand gemäß § 266 StGB eine Vermögensbetreuungspflicht und derjenige des Betrugs gemäß § 263 StGB Vorsatz und eine Bereicherungsabsicht der Beschuldigten voraussetzt, womit nur die offensichtlichsten Merkmale einer Strafbarkeit angesprochen sind, die fernliegend erscheinen und vom Beschwerdeführer nicht erörtert werden. Ebenso wenig setzt sich der Beschwerdeführer damit auseinander, dass das Oberlandesgericht auch bemängelte, dass in der Antragsschrift eine Auseinandersetzung mit dem Hinweis der Ermittlungsbehörden auf die „Einschlägigkeit eines sozialgerichtlichen Verfahrens“ fehle.
21
c) Die weiteren Rügen einer Verletzung von Art. 103 Abs. 1 BV (Eigentumsrecht) und Art. 100 BV (Schutz der Menschenwürde) führen ebenfalls nicht zur Zulässigkeit. Ohne die erfolgreiche Rüge einer Verletzung des Willkürverbots (Art. 118 Abs. 1 BV) kann eine Verletzung weiterer materieller Grundrechte der Bayerischen Verfassung durch den auf Bundesrecht beruhenden Beschluss des Oberlandesgerichts von vornherein nicht geltend gemacht werden (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 8.3.2004 VerfGHE 57, 16/20; vom 25.8.2015 BayVBl 2016, 15 Rn. 16; vom 21.12.2020 – Vf. 20-VI-18 – juris Rn. 23; vom 23.01.2024 – Vf. 70-VI-22 – juris Rn. 37).
22
Es ist angemessen, dem Beschwerdeführer eine Gebühr von 750 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).