Inhalt

OLG Bamberg, Hinweisbeschluss v. 20.10.2025 – 12 U 49/25 e
Titel:

Online-Glücksspiel, Passivlegitimation, Vertragsübernahme, Einzahlungen, Auszahlungen, Schadensberechnung, Auslandsspielteilnahmen

Schlagworte:
Online-Glücksspiel, Passivlegitimation, Vertragsübernahme, Einzahlungen, Auszahlungen, Schadensberechnung, Auslandsspielteilnahmen
Vorinstanz:
LG Coburg, Endurteil vom 27.03.2025 – 22 O 72/24
Fundstelle:
BeckRS 2025, 31123

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Coburg vom 27.03.2025, Az. 22 O 72/24, gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
2. Der Senat beabsichtigt weiterhin, den Streitwert auf 28.845 € festzusetzen und die Kosten des Berufungsverfahrens dem Kläger aufzuerlegen.
3. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis 12.11.2025.

Entscheidungsgründe

I.
1
Der Kläger macht gegen die Beklagte Ansprüche im Zusammenhang mit der Teilnahme an On-line-Glücksspielen geltend.
2
1. Die Beklagte ist ein Online-Glücksspiel-Anbieter, der in Malta ansässig ist. Sie betrieb u. a. die Online-Casino-Seite und verfügte über eine Glücksspiellizenz der Glücksspielbehörde von Malta. Über eine entsprechende Glücksspiellizenz für virtuelle Automatenspiele, Online-Poker und Online-Casinospiele in Deutschland oder für das Bundesland Bayern verfügte die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum der Spieleinsätze nicht. Das Angebot auf ist in Deutschland mittlerweile nicht mehr verfügbar.
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Der Kläger nahm im Zeitraum vom 02.02.2014 bis 15.01.2023 an Online-Glücksspielen auf der genannten Internetseite teil. Das Spielerkonto war mit der E-Mail-Adresse registriert; der Spielername des Klägers lautete Zudem spielte der Kläger auf der Seite Diese Internetseite übernahm die Beklagte spätestens im Jahre 2016 und schloss sie; auch dieses Angebot ist in Deutschland mittlerweile nicht mehr verfügbar. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte schon vor 2016 die Plattform übernommen hat.
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Der Kläger hat erstinstanzlich vorgetragen,
er habe im Zeitraum vom 02.02.2014 bis 15.01.2023 34.247,99 € an die Beklagte gezahlt und Auszahlungen in Höhe von 183,31 € erhalten. Er habe somit mindestens 28.845,33 € verspielt. In US-Dollar gerechnet läge die Forderung bei 37.906,28 $. Die Einzahlungen bei beliefen sich auf 38.013,28 €, die Auszahlungen auf 107 $, die Einzahlungen bei auf 749,70 €, die Auszahlungen auf 0 €. Er verweist hierzu auf eine Transaktionsübersicht, von der er behauptet hat, dass diese die Beklagte selbst erstellt und der Klagepartei zur Verfügung gestellt habe. Sodann habe er sich zur Berechnung seiner Verluste eines spezialisierten Dienstleisters bedient. Weitere Gewinne oder Gewinngutschriften als die in der Transaktionsübersicht ausgewiesenen habe der Kläger von der Beklagten nicht erhalten.
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Der Kläger hat die Ansicht vertreten,
die Beklagte sei bezüglich der Forderungen im Zusammenhang mit Glücksspielen auf der Seite seit 2012 jedenfalls durch Übernahme des Rahmenvertrags passivlegitimiert
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Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 28.845,33 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 30.01.2024 zu zahlen.
Hilfsweise:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klagepartei 37.906,28 $ und 749,70 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 30.01.2024 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, die Klagepartei von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.046,61 freizustellen.
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Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
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Die Beklagte hat die Einrede der Verjährung erhoben und vorgetragen,
der Kläger habe auch aus dem Ausland an Glücksspielen auf der Plattform teilgenommen. Die Beklagte hat zudem bestritten, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum Verluste in Höhe von 28.845,33 € erlitten, Einzahlung von 34.247,99 € geleistet und Auszahlung von 183,31 € erhalten habe. Der Kläger habe zwar Einzahlungen in Euro getätigt und auch nur Beträge in Euro ausgezahlt bekommen, zum Spielen seien die Beträge jedoch in US-Dollar umgerechnet worden. Der vom Kläger verwendete Umrechnungskurs sei unzutreffend.
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Seit März 2023 besitze die Internetseite eine Erlaubnis der gemeinsamen Glücksspielbehörde der Länder.
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Sie habe die Internetseite erst 2016 übernommen.
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Sie hat die Ansicht vertreten, dass sie deshalb für die angeblichen Verluste auf der Internetseite zum großen Teil nicht passivlegitimiert sei.
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Ohnehin stünden dem Kläger aber keine Rückzahlungsansprüche zu:
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Die Verträge seien schon nicht nichtig; das Online-Glücksspielverbot aus § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 sei nämlich unionsrechtswidrig. Auch scheide eine Nichtigkeit nach § 134 BGB i. V. m. § 284 StGB aus, da deutsches Strafrecht vorliegend nicht anwendbar sei. Überdies sei der geltend gemachte Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB nach § 762 Abs. 1 Satz 2, § 817 Satz 2 BGB sowie nach § 814 Alt. 1 BGB und nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB ausgeschlossen. Im Vorgriff auf die spätere Erlaubniserteilung könne das fragliche Online-Glücksspiel-Angebot nicht als „unerlaubt“ im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 GlüStV 2021 eingestuft werden. Ihre zwischenzeitlich erhaltene Glücksspielerlaubnis zeige zudem, dass sie sich bemüht habe, die deutschen Regelungen einzuhalten. Unabhängig hiervon gelte der Glücksspielstaatsvertrag nicht für Spielvorgänge aus dem Ausland. Für Ansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB fehle es an der Verletzung eines Schutzgesetzes und dem Vorliegen eines kausalen Schadens. Auch die Voraussetzungen einer vorsätzlichen sittenwidrigen Schädigung i. S. d. § 826 BGB seien nicht erfüllt.
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Die Klage sei unschlüssig, da die Anspruchshöhe nicht ausreichend dargetan sei und Berechnungsfehler vorlägen. Die Verlusthöhe sei unzutreffend, da die Schadensberechnung ausschließlich durch Abzug der Auszahlung von den getätigten Einzahlungen und eben nicht nach den einzelnen Spieleinnahmen und den jeweiligen Ergebnissen der Spiele erfolge. Auch eine Differenzierung zwischen den beiden Plattformen habe der Kläger nicht vorgenommen.
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz wird Bezug genommen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils.
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2. Das Landgericht hat die Klage als zulässig angesehen, jedoch mit Endurteil vom 27.03.2025 vollständig als unbegründet abgewiesen. Seine Entscheidung hat es im Wesentlichen auf folgende Gesichtspunkte gestützt:
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a) Der Sachverhalt sei unschlüssig vorgetragen. In der Klageschrift sei der Anspruch, wie er sich aus dem Klageantrag ergebe, geltend gemacht worden, ohne überhaupt auf die Plattform Bezug zu nehmen. Dies sei erst in der Replik geschehen, jedoch ohne Ausführungen dazu zu machen, von wann bis wann der Kläger unter welchem Anmeldeaccount bei gespielt habe (S. 5 d. LGU.).
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b) Auch der Vortrag zur Höhe der Forderung sei unschlüssig. So erschließe sich schon nicht, wie der Kläger bei vorgebrachten Einzahlungen von 34.247,99 € und erhaltenen Auszahlungen von 181,31 € zu einer Forderung „von mehr als 28.845,33 €“ gelange. Die vom Kläger gemachten Abschläge seien nicht dargelegt worden. Auch die Beklagte habe gerügt, dass die Forderung nicht nachvollzogen werden könne (S. 6 d. LGU.). Der Kläger habe zu keiner Zeit schlüssig dargelegt, welche Einzahlungen er auf welcher Plattform getätigt, welche Verluste er auf welcher Plattform erlitten habe und welche Forderungen er bezüglich welcher Plattform erhebe (S. 6 d. LGU.). Die Zusammensetzung der Forderung lasse sich auch nicht aus den vorgelegten Anlagen entnehmen. Insbesondere seien Zahlungen, die auf der Transaktionsliste K11 enthalten seien, nicht auch auf der angeblich zur Anspruchsberechnung herangezogenen Liste der Anlage K1 zu finden (S. 6 d. LGU.).
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c) Teilweise fehle außerdem die Passivlegitimation der Beklagten. Der Kläger habe nicht hinreichend dargelegt, dass die Beklagte für die vor dem Jahre 2016 erlittenen Verluste auf der Plattform passivlegitimiert sei. Aus der Übernahme des Rahmenvertrages der vorherigen Betreiberin könne nicht abgeleitet werden, dass die Beklagte neben vertraglichen Forderungen auch Forderungen aus ungerechtfertigter Bereicherung oder aus deliktischen Ansprüchen übernommen haben (S. 6 f. d. LGU.)
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d) Auch der Hilfsantrag sei aus den vorgenannten Gründen unbegründet. Insbesondere sei das Wechseln zwischen US-Dollar und Euro nicht nachvollziehbar (S. 7 d. LGU.).
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Hinsichtlich der weiteren Urteilsbegründung wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
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3. Gegen dieses, der Klägervertreterin am 31.03.2025 zugestellte Urteil wendet sich der Kläger mit seiner Berufung vom 29.04.2025, die er mit Schriftsatz vom 28.05.2025 im Wesentlichen wie folgt begründet hat:
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Das Landgericht hätte einen Hinweis erteilen müssen, dass es den Vortrag als nicht ausreichend schlüssig und substantiiert ansehe; es liege eine Überraschungsentscheidung vor.
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Die Verluste der Klagepartei seien anhand der von der Beklagten erstellten Transaktionsübersicht (Anlage K1, besser lesbar vorgelegt als Anlage K8) substantiiert dargelegt worden. Die Anlage K1 betreffe nur Aus der Anlage K9 ergäben sich die Transaktionen bei und die von der Klagepartei vorgenommenen Umrechnungen von US-Dollar zu Euro (Umrechnungskurs in Spalte 9). Die Anlage K11 enthalte die Transaktionsliste zu den Vorgängen bei die die Beklagte selbst übermittelt habe. Die Anlage K10 betreffe die Transaktionen bei (Umrechnungskurs in Spalte 7, umgerechneter Betrag in Spalte 10). Eine ausreichende Aufschlüsselung nach Plattformen sei mithin erfolgt.
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Der von der Klagepartei eingezahlte Euro-Betrag sei tatsächlich höher als der eingeforderte Betrag. Dies beruhe darauf, dass die Klagepartei eine konservative Währungsumrechnung verwende und nicht sämtliche Verluste aus dem gesamten streitgegenständlichen Zeitraum einfordere. Auch Umrechnungsgebühren, deren Höhe dem Kläger nicht bekannt seien und die die Beklagte auch nicht offengelegt habe, würden nicht zurückverlangt. Der umgerechnete Betrag von 28.845,33 € sei mit Einzahlung am 18.07.2022 erreicht gewesen. Weitere Einzahlungen nach diesem Datum würden nicht gefordert. Der Verlust der Klagepartei bis zum 18.07.2022 belaufe sich auf 749,70 € und 32.591,40 $ (Die Verluste bei beliefen sich auf mindestens 459,89 € (Einzahlungen 561,40 $ ./. Auszahlungen 67 $ bzw. Einzahlungen 521,72 € ./. 61,83 €), wobei jedoch dem Klageantrag fälschlicherweise zu Gunsten der Beklagten eine Reduzierung um 41,54 € zugrunde gelegen habe. Die Klage werde im Hilfsantrag zurückgenommen, soweit die dortige Forderung 32.591,40 $ übersteige.
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Soweit das Landgericht weitere Darlegungen für erforderlich erachte, überspanne dies die zu stellenden Anforderungen. Es gelte § 287 ZPO.
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Das Landgericht habe gegen seine Hinweispflicht verstoßen. Ein Hinweis wäre trotz Vortrags der Beklagten zu erteilen gewesen. Sodann hätte die Klägerin ihre Berechnungsmethode genauer erläutert. Ein widersprüchlicher Wechsel zwischen den Währungen liege nicht vor. Die Entscheidung des Landgerichts stelle sich deshalb auch als unzulässige Überraschungsentscheidung dar.
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Die Beklagte hafte sowohl für die Einzahlungen bei „als auch für diejenigen bei
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Der Kläger beantragt,
unter Abänderung des am 27.03.2025 vom Landgericht Coburg – Az. 22 O 72/24 – verkündeten Urteils wird die Beklagte verurteilt, an die Klagepartei 28.845,33 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 30.01.2024 zu zahlen sowie die Klagepartei von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.046,61 € freizustellen,
hilfsweise, soweit das Gericht einen Anspruch auf Rückzahlung der eingezahlten Euro-Beträge ablehnt, unter Abänderung des am 27.03.2025 vom Landgericht Coburg – Az. 22 O 72/24 – verkündeten Urteils die Beklagte zu verurteilen, an die Klagepartei 32.591,40 € und 749,70 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 30.01.2024 zu zahlen sowie die Klagepartei von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.046,61 € freizustellen.
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Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.
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Ergänzend wird auf die im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätze Bezug genommen. Sie habe erst ab dem Jahre 2016 die Plattform betrieben; für davor liegende Zeiträume sie sie nicht passivlegitimiert. Auch eine Haftung nach § 25 HGB (analog) komme nicht in Betracht (S. 4 d. BE.).
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Die Verlustsumme des Klägers sei unschlüssig dargelegt, wie das Erstgericht rechtsfehlerfrei erkannt habe. Die geltend gemachte Forderung ergebe sich nicht aus den vorgelegten Anlagen. Der Kläger hätte konkret zu allen einzelnen Einzahlungen vortragen müssen, welchen Betrag in Euro die Beklagte erlangt habe (S. 5 f. d. BE.). Durch die doppelte Umrechnung von Euro in US-Dollar und zurück in Euro fehle eine taugliche Darlegung der in Euro getätigten Höhe der Ein- und Auszahlungen, die dem Kläger aber zumutbar sei (S. 9 d. BE.). Auch der Hilfsantrag sei unschlüssig. Eine Rückforderung der vollständig in Euro eingezahlten Beträge teilweise in US-Dollar scheide von vornherein aus (S. 6 ff. d. BE.). Insgesamt werde die Verlustberechnung nochmals bestritten (S. 10 d. BE.).
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Auch zu Auslandsspielteilnahmen habe der Kläger nicht ausreichend vorgetragen. Dies sei aber Voraussetzung für die Schlüssigkeit der Klage. Es komme dabei nicht auf die im Ausland erfolgten Ein- oder Auszahlungen an, sondern darauf, welche Beträge im Ausland eingesetzt und verspielt worden seien (S. 10 f. d. BE.). Die Anlage B9 belege, dass sich der Kläger u. a. an mehreren Tagen in Tschechien aufgehalten habe. Dort sei zu bestreiten, dass dort keine Spielteilnahme erfolgt sei; eine solche sei auch möglich.
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Hinsichtlich des weiteren Vorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die Berufungsbegründung und -erwiderung Bezug genommen.
II.
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Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Endurteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht, noch die zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 522 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1, 513 Abs. 1, 529, 546 ZPO).
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Das Landgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen. Hinsichtlich der Spielteilnahmen vor dem Jahr 2016 über die Plattform ist die Beklagte nicht richtige Klagegegnerin. Die weiteren Spielverluste des Klägers ab dem Jahr 2016 sind nicht schlüssig vorgetragen.
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1. Für die vor dem Jahr 2016 auf der Plattform möglicherweise erlittenen Verluste haftet die Beklagte schon mangels Passivlegitimation nicht. Die vom Kläger behauptete Vertragsübernahme zwischen Kläger, Beklagter und der früheren Betreiberin der Plattform hat nicht zur Folge, dass die Beklagte für außervertragliche Ansprüche bereits abgeschlossener Glücksspiele (abgewickelter Einzelspielverträge) gegen die vorherige Betreiberin einzustehen hätte.
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Konkreter Inhalt und Umfang einer Vertrags- oder Schuldübernahme hängen von der Auslegung der dreiseitigen Vereinbarung ab (Heinig, in: BeckOGK-BGB [Stand: 01.06.2025], § 414 Rn. 164).
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Zum Inhalt dieser Vereinbarung hat der Kläger nicht näher vorgetragen. Er hat lediglich auf die Endnutzerlizenzvereinbarung auf der Internetseite „mit Stand vom 22.11.2014 (Anlage K12) Bezug genommen. Dort heißt es:
„ behält sich das Recht vor, diese Vereinbarung vollständig oder teilweise zu jeder Zeit ohne Bekanntgabe zu übertragen. Der Nutzer ist nicht berech tigt seine Rechte oder Pflichten aus dieser Vereinbarung zu übertragen.“
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Weiterhin hat der Kläger auf die Regelung zur Zusammenlegung der Nutzerkonten der Plattform und der (Stand: 2014) Bezug genommen (Anlage K13). Dort heißt es, dass die “ Eigentümer und Betreiber der Sites von und sei.
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Abgesehen davon, dass nicht eine „Beklagte im vorliegenden Rechtsstreit ist und der Kläger selbst keine Identität von Beklagter und sondern eine Vertragsübernahme behauptet, ergibt sich aus den vorgelegten Auszügen nicht, dass Verpflichtungen des früheren Betreibers der Website auf die Beklagte übergegangen wären. Ein derartiger Inhalt, dass von der Vertrags- oder Schuldübernahme bereits abgeschlossene Vorgänge und insbesondere sich hieraus ergebende bereits fällige Schadensersatzansprüche umfasst sein sollten, kann auch durch Auslegung den wiedergegebenen Internetauszüge nicht beigemessen werden. Dies ist schon im Hinblick auf fällige vertragliche Schadensersatzansprüche (Sekundäransprüche) nämlich regelmäßig nur dann möglich, wenn hierfür konkrete Anhaltspunkte vorliegen (Heinig, in: BeckOGK-BGB [Stand: 01.06.2025], § 414 Rn. 164). Nichts anderes kann für gesetzliche Ersatzansprüche gelten, zumal dann, wenn diese auf einer nichtigen vertraglichen Verbindung beruhen, wie sie der Kläger im Rechtsstreit behauptet. In diesem Fall ginge eine Vertragsoder Schuldübernahme schon mangels bestehender vertraglicher Verpflichtung ins Leere. Eine Schuldübernahme kommt in diesem Fall deshalb nur dann in Betracht, wenn die Parteien eben gerade die Übernahme auch evtl. bestehender gesetzlicher Ansprüche herbeiführen wollten. Bei der Annahme eines solchen Inhalts einer Vertrags- oder Schuldübernahme bedarf es jedoch – wie bei einem Erlass – besonderer Zurückhaltung. Sie erfordert, dass der Wille des Gläubigers, den bisherigen Schuldner aus seiner Schuld zu entlassen, eindeutig feststellbar ist (Rieble, in: Staudinger, BGB [2022], § 414 Rn. 50; zum Erlasswillen: BGH, Urteil vom 20.10.1982 = NJW 1983, 678; BGH, Urteil vom 21.03.1996 – IX ZR 195/95 = DtZ 1996, 211 zur befreienden Schuldübernahme).
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Ein derartiger Wille, der von der Beklagten bestritten ist, ist vorliegend weder vorgetragen noch sonstwie ersichtlich. Die bereicherungsrechtlichen und deliktischen Rückforderungsansprüche des Klägers sind damit nicht auf die Beklagte übergegangen. Eine evtl. erfolgte Vertragsübernahme des Rahmenvertrages stellt ebenso wenig wie die bloße Fortsetzung der Kontenführung bei Übernahme des kontenführenden Unternehmens eine Schuldübernahme dar (Heinemeyer, in: MüKo-BGB [2022], § 414 Rn. 3 unter Verweis auf RG JW 1934, 353 Nr. 8).
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Soweit der Kläger hinsichtlich des Umfangs der Vertrags- oder Schuldübernahme die Beklagte in einer sekundären Darlegungslast sieht, hat die Beklagte ihre bestehende sekundäre Darlegungslast aber auch erfüllt. Sie hat vorgetragen, dass sie erst ab 2016 in die Verpflichtungen aus dem Betrieb der Website eingetreten ist und sie nicht für die zeitlich früher begründeten Verbindlichkeiten der einstigen Betreiberin hafte. Da sich zudem die Verantwortlichkeiten in den beteiligten Gesellschaften aus entsprechenden Gesellschaftsregistern entnehmen lassen, hätte der Kläger insofern Beweis für seine gegenteilige Behauptung anbieten können. Ein bloßer gegensätzlicher Vortrag oder ein Bestreiten ohne Beweisantritt genügte zur Erfüllung der Darlegungsund Beweislast des Klägers nicht.
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Ein Anspruch des Klägers folgt insofern auch nicht aus § 25 HGB (OLG Stuttgart, Urteil vom 28.06.2024 – 3 U 187/22 [Rn. 59 f.; juris]). Hierzu hat ohnehin nur die Beklagte, nicht aber der Kläger vorgetragen.
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Letztlich kommt es aber hierauf aus den nachfolgenden Gründen nicht entscheidend an.
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2. Der Kläger hat mit seiner Klage Ersatz für Glücksspielverluste, die er im Zeitraum vom 02.02.2014 bis 15.01.2023 erlitten haben will, verlangt. In der Berufungsinstanz hat er ergänzend vorgetragen, die mit Haupt- und reduziertem Hilfsantrag geltend gemachten Verluste (28.845,33 € bzw. 32.591,40 € und 749,70 €) seien bereits am 18.07.2022 erreicht gewesen. Er habe zudem nicht aus dem Ausland an Spielen teilgenommen.
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Dieser Vortrag genügt in mehrerlei Hinsicht nicht für eine schlüssige Darstellung des vom Kläger erlittenen Schadens.
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a) Schlüssig ist der Vortrag des Klägers, wenn er Tatsachen behauptet, die in Verbindung mit einem Rechtssatz geeignet sind, das geltend gemacht Recht als in seiner Person entstanden erscheinen zu lassen (BGH BeckRS 2025, 3289 [Rn. 10]). Zwar ist die Angabe näherer Einzelheiten nicht erforderlich. Führt aber ein ausreichendes Bestreiten des Gegners dazu, dass die Einlassung unklar wird und nicht mehr den Schluss auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts zulässt, muss die darlegungs- und beweisbelastete Partei ihren Vortrag näher konkretisieren (BGH NJW-RR 2014, 830 [Rn. 7]). In der Regel genügt gegenüber einer Tatsachenbehauptung des darlegungspflichtigen Klägers das einfache Bestreiten des Beklagten. Ob und inwieweit die nicht darlegungsbelastete Partei ihren Sachvortrag substanziieren muss, lässt sich nur aus dem Wechselspiel von Vortrag und Gegenvortrag bestimmen, wobei die Ergänzung und Aufgliederung des Sachvortrags bei hinreichendem Gegenvortrag immer zunächst Sache der darlegungs- und beweispflichtigen Partei ist (BGH, Urteil vom 08.03.2021 – VI ZR 505/19 = NJW 2021, 1669 [Rn. 26]). Tut sie dies nicht, wird ihr eigener Vortrag unschlüssig, lässt also nicht mehr den Schluss auf die Entstehung des geltend gemachten Rechts im Rahmen der Subsumtion zu.
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b) Die Beklagte hat bereits erstinstanzlich die vom Kläger dargestellten Ein- und Auszahlungen bestritten und ausgeführt, dass die Berechnung des streitgegenständlichen Verlusts nicht nachvollzogen werden könne (S. 8 d. KE.). Die geltend gemachten Verluste ergäben sich nicht aus den Anlagen K1, K8, K9 und K10 (S. 4. d. Duplik). Die Beklagte ließ auf S. 5 ihres Duplikschriftsatzes wie folgt ausführen:
„Schließlich weisen wir erneut darauf hin, dass die Schadensberechnung seitens der Klagepartei weiterhin offenkundig ausschließlich durch Abzug der angeblichen Auszahlungen von den angeblichen Einzahlungen erfolgt und eben nicht nach den einzelnen Spielteilnahmen und den jeweiligen Ergebnissen der Spiele. Wie bereits im letzten Schriftsatz verdeutlicht, können schon denklogisch nur die entsprechenden Spiel- bzw. Wettteilnahmen zu Gewinnen oder Verlusten führen.
Der einseitige Blick lediglich auf die Ein- und Auszahlungen ergibt noch keine Spielverluste!“
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Diesem Vorbringen der Beklagten tritt der Senat bei.
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aa) Eine schlüssige Darlegung des Klageanspruchs kann auch durch einen Verweis auf der Klageschrift oder weiteren Schriftsätzen beigefügten Anlagen erfolgen. Allerdings muss sich aus diesen Anlagen eine Konkretisierung der erhobenen Ansprüche ergeben, ohne dass das Gericht dazu gezwungen wäre, umfangreiche und ungeordnete Anlagenkonvolute von sich aus durchzuarbeiten, um die erhobenen Ansprüche zu ermitteln; hierzu ist es nämlich nicht verpflichtet (BGH, Urteil vom 17.07.2003 – I ZR 295/00 = NJW-RR 2004, 639 [640]).
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Die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche ergeben sich in ihrer Gesamtheit – sei es aus § 812 ff. BGB, sei es aus § 823 BGB – aus jeder einzelnen Teilnahme an illegalen Online-Angeboten der Klägerin (OLG Stuttgart, Urteil vom 07.10.2024 – 5 U 59/24 = NJW-RR 2025, 278 [Rn. 51]. Es wäre damit grundsätzlich Sache des Klägers, die einzelnen Spiele und die hieraus erzielten Gewinne und Verluste darzustellen. Dem ist der Kläger nicht nachgekommen. Er hat lediglich zu geleisteten Ein- und erfolgten Auszahlungen vorgetragen. Dies mag grundsätzlich für einen schlüssigen Vortrag unter bestimmten Bedingungen genügen (dazu unter bb)). Allerdings erfordert ein derartiger Vortrag unter Bezugnahme auf Anlagen dann zumindest eine nähere Darstellung, aus welchen Beträgen der Kläger seinen geltend gemachten Schaden ermittelt.
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Derartiges lässt sich den erstinstanzlich vorgelegten Anlagen jedoch nicht entnehmen. Diese betreffen nicht nur einen teils nicht streitgegenständlichen Zeitraum, sondern enthalten keinerlei Summen oder Salden, aus denen sich der klägerische Gesamtanspruch ersehen ließe. Das Landgericht war insofern nicht gezwungen, diese Summenbildung aus irgendwelchen Einzelwerten selbst vorzunehmen. Es wäre vielmehr darzustellen gewesen, aus welchen konkreten Werten der Kläger welche Summe ermittelt, von der er wiederum nur einen Teilbetrag geltend macht.
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Dies ist auch in der Berufungsinstanz nicht erfolgt.
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bb) Unabhängig davon begegnet der Vortrag des Klägers weiteren Schlüssigkeitsbedenken.
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Der klägerische Vortrag, welcher die Ein- und Auszahlungen im streitgegenständlichen Zeitraum auf seinem Spielerkonto gegenüberstellt, ist grundsätzlich dann schlüssig, wenn der Kläger als Spieler über sein Spielerkonto bei der Beklagten ausschließlich gesetzlich verbotene Spielangebote wahrnehmen konnte, wenn bei Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums kein negativer Kontostand auf dem Spielerkonto bestanden hat und wenn auf dem Spielerkonto am Ende des Berechnungszeitraums kein Guthaben mehr vorhanden war. Denn in diesem Fall entspricht die Summe der Gesamteinzahlungen abzüglich der Auszahlungen grundsätzlich dem Gesamtverlust der gesetzeswidrigen Einzelspiele (ähnlich OLG Stuttgart, Urteil vom 23.05.2025 – 5 U 201/24 [Rn. 103; juris]).
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Schon an einem diesbezüglichen Klägervortrag fehlte es in erster Instanz und fehlt es nach wie vor. Weder hat der Kläger dargestellt, welchen Kontostand sein Spielerkonto am 02.02.2014 (Beginn des streitgegenständlichen Zeitraums) aufwies, noch hat er dazu ausgeführt, welchen Kontostand sein Konto am Ende des streitgegenständlichen Zeitraums, also am 18.07.2022 oder 15.01.2023 aufgewiesen hat. Ein Schaden ist aber nur dann schlüssig dargestellt, wenn unter Saldierung von Ein- und Auszahlungen der geltend gemachte Schadensersatzbetrag errechnet werden kann. Eine solche Berechnung ist aber von vornherein nicht möglich, wenn weder Anfangs- noch Endstand des Kontos zu den jeweiligen Berechnungsstichtagen dargestellt sind. Insofern ist das Vorbringen der Beklagten zutreffend, dass sich allein aus Ein- und Auszahlungen kein Schaden des Klägers ermitteln lässt.
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Dass das Spielerkonto des Klägers auch nicht etwa am 15.01.2023 unter Auszahlung eines eventuellen positiven Saldos aufgelöst worden war, ergibt sich aus der informatorischen Anhörung des Klägers vor dem Landgericht. Dort hatte er am 13.02.2025 angegeben, dass er bis ins Jahr 2024 gespielt habe und sein Spielerkonto erst aufgrund der vorliegenden Klage, die vom 01.02.2024 stammt, gesperrt worden sei.
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Ein Rückschluss auf einen dem Kläger entstandenen Mindestschaden lässt sich auch nicht aus den in den Anlagen dargestellten Zahlungsflüssen ableiten. Ein allgemeiner Erfahrungssatz, dass jede einzelne Einzahlungen auf ein Spielerkonto vollständig durch illegale Glücksspiele verspielt worden ist, bevor die nächste Einzahlung erfolgt, existiert nicht. Ebenso wenig entspricht es allgemeiner Lebenserfahrung, dass jeglicher Gewinn sofort nach dessen Erzielung verspielt oder ausgezahlt wird. Die bloße Darstellung von Ein- und Auszahlungen lässt damit keinen gesicherten Schluss auf einen vom Kläger erlittenen Schaden zu. Hierfür hätte der Kläger vielmehr zu seinem konkreten Spiel- und Einzahlungsverhalten näheren Vortrag halten müssen, was er nicht getan hat. Er hat jedoch – ohne Bezug zu seinem eigenen Spielverhalten – lediglich (im Zusammenhang mit Auslandsspieleinsätzen) allgemeingültig vorgetragen, dass Einzahlungen auf das Spielerkonto „regelmäßig“ nur vorgenommen werden, wenn dort keine Restbeträge mehr vorhanden sind. Woraus der Kläger diese allgemeine Behauptung ableitet, von der es schon nach seiner eigenen Darstellung („regelmäßig“) Ausnahmen gibt, hat er nicht näher dargestellt. Er hat insbesondere nicht dazu vorgetragen, dass auch er dies immer so gehandhabt hat.
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c) Die Beklagte hat außerdem unter Vorlage der Anlage B9 vorgetragen, der Kläger habe auch außerhalb Deutschlands am Glücksspielangebot der Beklagten teilgenommen. Der Umfang dieser Teilnahmen sei unbekannt, der Kläger trage insofern aber die volle Darlegungs- und Beweislast (S. 9 d. KE.).
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Auch diesem Vorbringen pflichtet der Senat bei. Der Kläger ist seiner Darlegungslast insofern nicht nachgekommen. Dies führt wiederum zu einer unschlüssigen Darstellung des vom Kläger behaupteten Schadens.
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aa) Der Glücksspielstaatsvertrag findet auf Spielteilnahmen aus dem Ausland keine Anwendung. Er will und soll allein das Angebot von (Online-)Glücksspiel im Gebiet der vertragsschließenden Länder untersagen und knüpft hierfür in § 3 Abs. 4 an den Ort des Spielangebots in dem Sinne an, „wo dem Spieler die Möglichkeit zur Teilnahme eröffnet wird“. Das Verbot sollte schon nicht im ganzen Bundesgebiet gelten und kann daher keinesfalls als internationalprivatrechtliche Eingriffsnorm im Sinne des Art. 9 Abs. 1 Rom-I-Verordnung 593/2008 verstanden werden (OLG Brandenburg, Urteil vom 13.01.2025 – 2 U 27/24 = BeckRS 2025, 1193 [Rn. 40]).
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bb) Die Beklagte hat erstinstanzlich mit Nichtwissen bestritten, dass der Kläger sämtliche Spielvorgänge im Geltungsbereich des GlüStV vorgenommen hat. Dieses Bestreiten war zulässig, da die gegenteilige Behauptung des Klägers sich außerhalb des Wahrnehmungsbereichs der Beklagten zugetragen hat (OLG Oldenburg, Hinweisbeschluss vom 29.02.2024 – 14 U 157/23, Anlage B18). Die Beklagte hat insofern unwidersprochen vorgetragen, dass ihr keine gesicherten Erkenntnisse über die Spielorte des Klägers vorlägen, insbesondere deshalb, da bei Nutzung eines VPN-Clients durch den Kläger bei den Spielvorgängen vom tatsächlichen Aufenthaltsort abweichen könne und dies für die Klägerin nicht nachprüfbar sei (Klageerwiderung, dort S. 21).
65
Der Kläger hat dies pauschal verneint. In seiner informatorischen Anhörung hat er angegeben, dass er in Tschechien gewesen sei, nachdem er sich zuvor für den Zeitraum seines Aufenthaltes bei einem Pokerturnier angemeldet gehabt habe, sich dort auch eingeloggt habe, aber nicht habe spielen können. Dieses Vorbringen genügt nicht für einen ausreichenden Vortrag dazu, dass der Kläger sämtliche Spiele, für die er nun Ersatz verlangt, im Geltungsbereich des GlüStV durchgeführt hat.
66
Hierfür ist der Kläger darlegungspflichtig. Der Kläger selbst hat den streitgegenständlichen Zeitraum in seiner Klage vorgegeben und ist gehalten, insoweit auch substanziiert vorzutragen. Gelingt ihm dies nicht, liegt dies in seinem Prozessrisiko (OLG München, Beschluss vom 03.04.2025 – 24 U 3358/24 = BeckRS 2025, 9384 [Rn. 23]). Ausreichenden Vortrag hat er hierzu nicht gehalten. Er hat trotz der durch die Beklagte vorgelegten Liste (Anlage B9), aus der sich Login-Vorgänge aus dem Ausland ergeben, nicht näher dazu vorgetragen, wozu diese Logins gedient haben. Die wiederholten Login-Vorgänge sprechen jedenfalls indiziell dafür, dass auch aus dem Ausland eine Spielteilnahme möglich gewesen und erfolgt ist. Die bloße verneinende Aussage des Klägers im Verhandlungstermin vor dem Landgericht genügt nicht, um eine solche Auslandsteilnahme auszuschließen. Vielmehr wäre es am Kläger gewesen, nunmehr jedenfalls für die betreffenden Zeiträume dazu vorzutragen, wann er zu diesen Zeitpunkten an Glücksspielen teilgenommen hat und wann nicht.
67
Eine sekundäre Darlegungslast traf die Beklagte insofern nicht. Grundsätzlich ist keine Partei verpflichtet, dem Prozessgegner die für den Prozesserfolg erforderlichen Informationen zu verschaffen. Die Auferlegung einer sekundären Beweislast zu Vorgängen, die außerhalb des Wahrnehmungsbereichs der anderen Partei liegen, kommt erst in Betracht, wenn die darlegungs- und beweisbelastete Partei greifbare Anhaltspunkte für die Richtigkeit der von ihr aufgestellten Behauptung liefert. Eine sekundäre Darlegungslast trifft den Prozessgegner zudem nur dann, wenn der Geschädigte keine nähere Kenntnis der maßgeblichen Umstände und auch keine Möglichkeit zur weiteren Sachaufklärung hat, während der Prozessgegner alle wesentlichen Tatsachen kennt und es ihm unschwer möglich und zumutbar ist, nähere Angaben zu machen (OLG Dresden, Urteil vom 19.12.2024 – 10 U 436/24 = BeckRS 2024, 46592 [Rn. 28]).
68
Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor. Die Beklagte kann bereits nicht wissen, bei welchen Spielteilnahmen sich der Kläger im Geltungsbereich des Glücksspielvertrages befunden hat. Zwar erhält sie beim Einloggen auf ihrer Website Kenntnis von der IP-Adresse des Klägers. Diese lässt allerdings aufgrund des möglichen Einsatzes von VPN-Diensten nur eingeschränkte Rückschlüsse auf den Aufenthaltsort des Klägers zu. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger tatsächlich derartige VPN-Dienste benutzt hat. Denn es genügt zur Beweisführung nicht, dass er lediglich dieses Detail widerlegt. Im Übrigen dient das Institut der sekundären Darlegungslast nicht dazu, dem Prozessführer, der es versäumt hat, die für die Darlegung seiner Ansprüche erforderlichen Tatsachengrundlagen zu dokumentieren oder zu recherchieren, von diesem Versäumnis zu entlasten, nur weil möglicherweise seinem Prozessgegner diese Informationen noch vorliegen. Etwas anderes lässt sich nicht aus den besonderen Umständen des Falles (Fritsche, in: MüKoZPO [2025], § 138 Rn. 24) ableiten, insbesondere daraus, dass die Beklagte im streitgegenständlichen Zeitraum keine Erlaubnis für die von ihr angebotenen Glücksspiele in Deutschland hatte. Allein dies rechtfertigt nicht eine gesteigerte Vortragslast der Beklagten. Denn die Beklagte hat nicht betrügerisch zum Nachteil der Spieler gehandelt; vielmehr wussten die Spieler, dass sie an Glücksspielen teilnehmen und dabei gewinnen, aber auch verlieren können. Wenn sie nun nachträglich ihre Verluste vom Betreiber der Plattform ausgeglichen haben wollen, liegt es allein bei ihnen, die maßgeblichen anspruchsbegründenden Tatsachen vorzutragen und zu beweisen.
69
d) Den maßgeblichen Darlegungsanforderungen ist der Kläger bis heute nicht nachgekommen.
70
Eine weitere Hinweiserteilung hierzu war weder durch das Landgericht noch durch den Senat veranlasst. Eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aufgrund eines nicht erteilten Hinweises oder einer unzulässigen Überraschungsentscheidung ergibt sich nicht.
71
aa) Eine Überraschungsentscheidung (die aufgrund unterlassener gebotener Hinweise oder Erörterungen auch Art. 103 GG verletzt) liegt vor, wenn das Gericht einen Sachverhalt oder das Vorbringen einer Partei in einer Weise würdigt, mit der ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem vorherigen Verfahrensverlauf nicht rechnen konnte (BVerfG NJW 2020, 2730). Die Hinweis- und Erörterungspflicht betrifft demnach rechtliche Aspekte einschließlich verfahrensrechtlicher Fragen, also z. B. unsubstantiierten Vortrag (insbesondere wenn zuvor auf Grund des Vortrags Beweis erhoben wurde), unschlüssiges Vorbringen, abwegige Rechtsansichten oder divergierende Rechtsauffassungen, insbesondere wenn das Gericht von einer den Parteien zuvor mitgeteilten Rechtsansicht abweichen möchte (Stadler, in: Musielak/Voit, ZPO (2024) § 139 Rn. 19). Eine Hinweispflicht besteht jedoch dann nicht, wenn die betroffene Partei durch eingehenden und von ihr erfassten Vortrag der Gegenpartei zutreffend über die Sach- und Rechtslage unterrichtet war (Greger, in: Zöller, ZPO [2025], § 139 Rn. 7). Bei einer zwischen den Parteien streitigen Frage muss das Gericht auch nicht kundtun, welcher Partei es in der Beurteilung zu folgen gedenkt (Greger, a. a. O., § 139 Rn. 8).
72
bb) Unter Anwendung dieser allgemeinen Rechtsgrundsätze ist ein Verfahrensfehler des Landgerichts zu verneinen:
73
Zwischen den Parteien stand von Anfang an im Streit, ob der Kläger seinen erlittenen Schaden ausreichend dargelegt hat. Dabei hat die Beklagte in ihrem Duplikschriftsatz ausdrücklich darauf hingewiesen, dass die bloße Saldierung von Ein- und Auszahlungen für die Darlegung eines Schadens nicht genügen. Hierauf hat der Kläger mit Schriftsatz vom 10.02.2025, dort unter Ziff. II, lediglich unter Bezugnahme auf die bereits vorgelegten Anlagen erwidert. Weitere Hinweise hatte das Landgericht nicht zu erteilen. Denn weitergehende Anleitungen durch das Gericht liefen der Arbeitsteilung zwischen den Rechtspflegeorganen und der richterlichen Neutralität zuwider. Sie können – anders als die Klagepartei meint – auch nicht durch die vorsorgliche Bitte des Rechtsanwalts um richterlichen Hinweis für den Fall unzureichenden Sachvortrags erwirkt werden (Greger, a. a. O., § 139 Rn. 12a).
74
Gleiches gilt für die Spielteilnahmen im Ausland. Die Beklagte hat insofern wiederholt darauf hingewiesen, dass es der klägerischen Vortragslast unterfalle, zu möglichen Spielteilnahmen aus dem Ausland substantiiert vorzutragen. Damit hätte die Klagepartei jedenfalls zu Ein- und Auszahlungen und durchgeführten Online-Glücksspielen rund um die in der Anlage B9 dargelegten Zeiträume mit Login-Vorgängen im Ausland substantiiert vortragen müssen. Sie hätte insofern Vortrag halten können, ob Einzahlungen von Deutschland oder im Ausland geleistet wurden und an welchen Spielen unmittelbar vor, ggf. während und nach dem Auslandsaufenthalt teilgenommen worden war, welche Verluste hierbei erlitten worden sind und wie sich dies auf den Stand des Spielerkontos ausgewirkt hat. Auch insofern waren weitere Hinweise durch das Gericht aufgrund des klaren Vortrages durch die Beklagte nicht veranlasst.
III.
75
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Die Fortbildung des Rechts und die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht (§ 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO). Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten, weil auszuschließen ist, dass in einer mündlichen Verhandlung neue, im Berufungsverfahren zuzulassende Erkenntnisse gewonnen werden können, die zu einer anderen Beurteilung führen.
76
Die beabsichtigte Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.
77
Die angekündigte Festsetzung des Streitwerts entspricht dem Betrag der weiterverfolgten Klageforderung ohne die Nebenforderungen.
IV.
78
Der Senat regt daher – unbeschadet der Möglichkeit zur Stellungnahme – die kostengünstigere Rücknahme des aussichtslosen Rechtsmittels an.
79
Auf die bei Berufungsrücknahme in Betracht kommende Gerichtsgebührenermäßigung von 4,0 auf 2,0 (vgl. KV Nr. 1220, 1222) wird vorsorglich hingewiesen.