Titel:
Architektenvertrag, Beschaffenheitsvereinbarung, Budgetvorgabe, Kostenobergrenze, Kostenrahmen, Zielkonflikt, anfängliche Unmöglichkeit der Leistung, Kündigung, Rücktritt, Vergütung, Wertersatz
Normenketten:
BGB § 275
BGB § 326
Leitsatz:
Zur Auswirkung eines Zielkonflikts zwischen vorgegebenem Kostenrahmen und anderen Beschaffenheiten des Bauvorhabens auf das Architektenhonorar.
Schlagworte:
Architektenvertrag, Beschaffenheitsvereinbarung, Budgetvorgabe, Kostenobergrenze, Kostenrahmen, Zielkonflikt, anfängliche Unmöglichkeit der Leistung, Kündigung, Rücktritt, Vergütung, Wertersatz
Vorinstanz:
LG Bamberg, Endurteil vom 30.08.2024 – 2 O 569/16
Rechtsmittelinstanz:
BGH vom -- – VII ZR 166/25
Fundstelle:
BeckRS 2025, 30959
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird – unter Zurückweisung der Berufung der Beklagten im Übrigen – das Urteil des Landgerichts Bamberg vom 30.08.2024, Az. 2 O 569/16, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
a) Die Klage wird abgewiesen.
b) Die Drittwiderbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte 81.946,55 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 03.03.2017 zu bezahlen. Im Übrigen wird die Drittwiderklage abgewiesen.
2. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 2/3 und die Drittwiderbeklagte 1/3.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin und die Drittwiderbeklagte können die Vollstreckung der Beklagten jeweils durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Entscheidungsgründe
1
Die Parteien streiten über Architektenhonorar aus einem vorzeitig beendeten Architektenvertrag für das Vorhaben „Sanierung X-Bad D. Land“ der Beklagten. Die Klägerin macht aus abgetretenem Recht (Abtretungsvereinbarung, Anlage K1) restliches Honorar geltend; die Beklagte verlangt im Wege der Drittwiderklage Rückzahlung einer geleisteten Abschlagszahlung.
2
1. Die Drittwiderbeklagte ist eine Architekten-Partnerschaftsgesellschaft, deren Partnerin die Klägerin ist. Die Beklagte betreibt ein Freibad, das saniert werden und durch eine Verbindung mit dem benachbarten Hallenbad des Landkreises E. zu einem attraktiven Kombibad umgestaltet werden sollte.
3
Zu diesem Zweck lobte die Beklagte im Jahre 2013 im Rahmen des nicht offenen Wettbewerbs „Kombibad D. Land“ als 1. Preis für den Wettbewerbsgewinner 16.800 € aus (Anlage B10, dort S. 18). An diesem Wettbewerb beteiligte sich die Drittwiderbeklagte.
4
In den Auslobungsbedingungen (Anlage B10, dort Seite 7) heißt es bereits unter Punkt A. 2.:
„Für das Projekt wurde ein Kostenrahmen für die Neukonzeption eines Kombibades (ohne Sanierung Hallenbad) von ca. 4,2 Mio € (brutto) KG 300-700 festgelegt.“
5
Als Beurteilungskriterium findet sich in den Auslobungsbedingungen (Anlage B10, dort Seite 16) zudem folgendes Kriterium: „Einhaltung der Kostenobergrenze bei Errichtung“
6
Die Beschreibung der Wettbewerbsaufgabe unter Punkt B. 3.2 „Allgemeine Aufgabenbeschreibung“ (Anlage B10, dort S. 32) enthält sodann folgende Formulierung:
„Für das Projekt wurde ein Kostenrahmen für die Generalsanierung des Freibades und Zubauten im Bereich des Hallenbades von 4,2 Mio. € (brutto) KG 300-700 festgelegt. Darin nicht enthalten sind die Sanierungsmaßnahmen des Hallenbades, die nicht Bestandteil des Wettbewerbs sind.” Unter 3.4 der Wettbewerbsaufgabe (Anlage B10, dort ab S. 34) findet sich ein Raumprogramm. Grundlage der Budgetvorgabe der Wettbewerbsauslobung war unter anderem eine im Auftrag der Beklagten erstellte Machbarkeitsstudie des Ingenieurbüros G. (Anlage 3.1 zur Anlage K16), die jedoch nicht vollständig mit der Wettbewerbsaufgabe übereinstimmte. In der Berufungsinstanz ist unstreitig, dass bereits die Vorgaben dieses Raumprogramms innerhalb des in den Auslobungsbedingungen genannten Kostenrahmens von circa 4,2 Mio. € brutto nicht zu realisieren waren.
7
Im Kolloquiumstermin zum Wettbewerb vom 12.02.2014 (Protokoll vorgelegt als Anlage K15) wurde nach einer Kostenobergrenze gefragt, wobei als Antwort Folgendes ausgeführt wurde:
„Die Wirtschaftlichkeit wird im Sinne eines Verhältnisses zwischen Aufwand und Ertrag, Angemessenheit der vorgeschlagenen Maßnahmen zum Ergebnis, durch das Preisgericht beurteilt. Auf die Leistung der Kostenschätzung wurde verzichtet, da die Angaben erfahrungsgemäß schwer vergleichbar sind. Die Teilnehmer sollen sich jedoch bewusst sein, dass es für die Realisierung ein begrenztes Budget gibt.“ (Hervorhebung durch den Senat)
Die Drittwiderbeklagte hat – in einer Arbeitsgemeinschaft mit einem Landschaftsarchitekten – den ersten Preis dieses Wettbewerbs gewonnen (vgl. Protokoll der Preisgerichtssitzung vom 20.05.2014, Anlage K75, dort S. 6).
Am 10.07.2014 fand eine Besprechung statt, an der für die Beklagtenseite der damalige Bürgermeister der Beklagten teilnahm. In dieser Besprechung äußerte er den Wunsch, die „tatsächlichen Kosten“, die für die Generalsanierung anfallen würden, zu ermitteln, wobei zwischen den Parteien streitig ist, wie dieser Wunsch aufzufassen war.
Diese Kostenermittlung geschah jedoch vor Abschluss des Architektenvertrages am 04. /07.08.2014 (Anlage K3) nicht mehr. Gegenstand dieses Vertrages waren Architektenleistungen für folgendes Bauvorhaben (Ziff. 1.1.1 des Vertrages):
- „Sanierung Freibad und Teilbereiche des Hallenbades, Neubau des Eingangsbereichs des Kombibades auf Grundlage des Wettbewerbsbeitrags zum ‚X-Bad D. Land‘ mit Umbau des Hallenbades, Eingangsgebäude, Tor und Umkleiden, neue Wasserbecken
- Lamellenscreen als Zaun bis zur östl. Einfahrt u. Verkleidung Bestandsgebäude, weiterhin Pergolen mit verfahrbarem Sonnenschutz;
- Solaranlagen integriert in Dächer Eingangsgebäude, Bestand Ost und Umkleide
- Wasserfeature als Identifikation stiftendes Alleinstellungsmerkmal“
8
Weiterhin (Ziff. 1.1.2 des Vertrages) sollten neue Edelstahlbecken in die Bestandskorpusse der Schwimm- und Spielbecken eingesetzt werden.
9
Ziff. 1.1.3 des Vertrages lautete:
„Planung gemäß Wettbewerbsauslobung und Wettbewerbsbeitrag, […]“
Die Vertragsziele waren in Ziff. 1.2 des Vertrages näher definiert. Unter Ziff. 1.4 hieß es zudem:
„Im Rahmen seiner vertraglichen Aufgaben hat der Architekt gegenüber dem Bauherrn eine Unterrichtungspflicht. Wenn erkennbar wird, dass die ermittelten Baukosten oder der vom Bauherrn bekanntgegebene wirtschaftliche Rahmen überschritten werden, ist der Architekt verpflichtet, den Bauherrn unverzüglich zu informieren. Gleichzeitig kann der Architekt dem Bauherrn eine angemessene Frist (10 Werktage) zur schriftlichen Erklärung setzten, ob die neu ermittelten Kosten Grundlage der weiteren Leistungen des Architekten sein sollen.“ (Hervorhebung durch den Senat)
10
In § 10 des Architektenvertrages war geregelt:
„Der Vertrag ist für den Bauherrn jederzeit, für den Architekten zum Ende der jeweiligen Leistungsphase kündbar. Die Kündigung bedarf der Schriftform. Hat der Architekt die Kündigung zu vertreten, so hat er nur Anspruch auf Vergütung der bis dahin erbrachten Leistungen, wenn die Leistungen brauchbar sind und einen selbstständigen Wert besitzen. In allen anderen Fällen steht dem Architekten trotz Kündigung das vertraglich vereinbarte Honorar zu; er muss sich jedoch dasjenige anrechnen lassen, was er in Folge der Aufhebung des Vertrages an Aufwendungen erspart oder durch anderweitige Verwendung seiner Arbeitskraft erwirbt oder zu erwerben böswillig unterlässt.” (Hervorhebung durch den Senat)
11
Nach dem Wettbewerb zeigte sich, dass es bauliche Probleme wegen des Baugrundes (Moorgebiet) gab, was weitere Bestands- und Bodenuntersuchungen auslöste. Die mit den Untersuchungen beauftragten Sachverständigen haben einen Sanierungs- und Gründungsbedarf ermittelt und den hieraus resultierenden Bauaufwand aufgezeigt, der in diesem Umfang im Rahmen der Wettbewerbsauslobung noch nicht bekannt war.
12
Im weiteren Verlauf wurde zusätzlich zur Wettbewerbsaufgabe ein Erweiterungsbaukörper im Westen des Hallenbades vorgesehen, in dem das Kinderplanschbecken, die Badeaufsicht, der Erste-Hilfe Raum und die Umkleiden des Hallenbades Platz finden sollten. Dieser Erweiterungsbaukörper wurde schlussendlich jedoch nicht realisiert. Weiter wurde in Abweichung zur Wettbewerbsaufgabe zwischen den Architekten, dem Fachplaner und der Beklagten über eine Unterkellerung für die Unterbringung der technischen Ausrüstung unterhalb des Beckens gesprochen, die im Ergebnis aber ebenfalls nicht realisiert wurde.
13
Unter dem 19.10.2014 stellte die Drittwiderbeklagte eine Abschlagsrechnung über 81.946,55 € (Anlage B2), die die Beklagte vollständig beglich.
14
Die Gesamtkosten wurden entsprechend dem Wunsch des Bürgermeisters der Beklagten ermittelt und am 20.10.2014 im Rahmen eines Besprechungstermins vollständig vorgestellt. Die ermittelten Gesamtinvestitionskosten beliefen sich zu diesem Zeitpunkt auf 13.486.894 € (vgl. Gesprächsnotiz, Anlage K4, dort unter 2.1.1). In der vorgenannten Gesprächsnotiz heißt es zudem unter Ziff. 3: „Die Gemeinde kann maximal 3 Mio. € selbst tragen.“ Im Übrigen strebte die Beklagte eine Klärung mit weiteren Förderverantwortlichen an.
15
Mit E-Mail vom 28.10.2014 (Anlage K60) teilte der Bürgermeister der Beklagten der Drittwiderbeklagten u. a. mit, dass eine Umsetzung der vorgestellten Planung auch bei einer Kostenreduktion um rund 2 Mio. € finanziell nicht möglich sei. Spätestens am 18.11.2014 wurden die Architekten gebeten, ihre Leistung zunächst ruhen zu lassen. Am 09.12.2014 fand ein weiterer Termin vor Ort statt, in dem zwischen den Beteiligten Varianten und Einsparpotenziale erörtert wurden, was eine Kostenreduktion auf rund 9 Mio. € ergab (Ziff. 6.1 der Gesprächsnotiz, Anlage K6).
16
Im Nachgang dazu bemühte sich die Beklagte unter Einbeziehung des Landratsamtes darum, die Fördermöglichkeiten zu eruieren und doch noch die Finanzierung für die reduzierte Planung (Kosten: 9 Mio. €) zu ermöglichen, was jedoch nicht gelang.
17
Am 05.03.2015 kündigte die Beklagte den Architektenvertrag mit sofortiger Wirkung, wobei in der Kündigung (Anlage K6a) ausgeführt wurde:
„In der Besprechung aller fachlich beteiligten Planer am 09.12.2014 wurde vom Auftraggeber unmissverständlich zum Ausdruck gebracht, dass für die ermittelten Kosten in Höhe von ca. 13,5 Mio. Euro keine Finanzierung der Stadt D. möglich ist.
Von der Stadt wurde bei diesem Vorhaben ein Gesamtkostenvolumen gem. der Auslobung des Architektenwettbewerbs von ungefähr 4,2 Mio. Euro angesetzt.
Erneute Vorsprachen der Stadt D. bei den möglichen Zuwendungsgebern führten zum Ergebnis, dass eine Erhöhung der Fördermittel nicht möglich ist und somit auch die bei der Besprechung am 09.12.2014 reduzierten Kosten von 9 Mio. Euro weiterhin nicht finanzierbar sind.“
18
Mit Schreiben vom 17.03.2015 stellte die Drittwiderbeklagte ihre Teilschlussrechnung (Anlagenkonvolut K9) für die Leistungsphasen 1 bis 3, aus der sich für die erbrachten Leistungen der Leistungsphasen 1 und 2 ein offenes Resthonorar von 30.001,34 € sowie ein Honorar für die nicht erbrachten Leistungen der Leistungsphase 3 von 148.730,52 €, mithin ein Gesamtbetrag von 178.731,86 €, ergab. Eine Zahlung hierauf erfolgte zunächst nicht.
19
Die Beklagte realisierte das Vorhaben – in geringerem Umfang – mit einem anderen Architekten. Dabei wurde u. a. das Schwimmerbecken in das Nichtschwimmerbecken integriert, wie es auch die Klägerin zur Kostenreduzierung vorgeschlagen hatte, was die Beklagte damals jedoch abgelehnt hatte.
20
Die Klägerin und die Drittwiderbeklagte haben erstinstanzlich behauptet, der räumliche Planungsumfang sei im Vergleich zur Wettbewerbsaufgabe erweitert worden. Sowohl das Ingenieurbüro G. als auch die Beklagte selbst hätten gewusst, dass sämtliche Wünsche der Beklagten („nice to have“) mit dem Budget von rund 4,2 Mio. € nicht machbar gewesen seien. Es sei aber erklärtes Ziel des (damaligen) Bürgermeisters gewesen, alle möglichen Maßnahmen und Kosten zusammenzutragen, um die höchstmöglichen Förderbeträge auszuloten.
21
Im Vertrag habe es keine feste Budgetvorgabe gegeben. Das in der Wettbewerbsaufgabe genannte „ca.“-Budget sei keinesfalls als feste Obergrenze zu verstehen gewesen. Vielmehr habe der damalige Bürgermeister der Beklagten die tatsächlichen Kosten wissen wollen, weil diese vorher nicht von Relevanz gewesen seien („Papier ist geduldig.“). Es sei nur maßgeblich gewesen, dass anhand der Planung eine gute Kosten-/Nutzen-Relation zu erwarten sei.
22
Der erhöhte Aufwand, aus dem sich die Honorarforderung ergebe, sei zusätzlich erst im Verlauf der Planung bekannt geworden. Dies sei verschiedenen Umständen geschuldet gewesen, beispielsweise der Gründungsproblematik und des erhöhten Sanierungsaufwands für den Bestand inklusive technischer Anlagen.
23
Die Beklagte sei über die Kostenentwicklung immer zeitnah auf dem Laufenden gehalten worden. Vorgeschlagene Einsparpotenziale seien aber durch die Beklagte immer wieder abgelehnt worden. Nichtsdestoweniger hätte die Beklagte dann ein Vorhaben unter Rückgriff auf die Planunterlagen der Drittwiderbeklagten realisiert (Zusammenlegung von Nichtschwimmer- und Schwimmerbecken).
24
Die Klägerin und Drittwiderbeklagte sind übereinstimmend der Auffassung, dass die Drittwiderbeklagte keine Pflichtverletzung begangen habe, die zur Versagung des Honoraranspruchs führe. Auch das erhaltene Preisgeld müsse die Drittwiderbeklagte bei der Honorarermittlung nicht als Abzugsposten berücksichtigen.
25
Die Klägerin hat zunächst mit ihrer Klage Zahlung des offenen Rechnungsbetrages der Teilschlussrechnung (178.731,86 €) verlangt. Im Laufe des erstinstanzlichen Rechtsstreits hat die Beklagte am 02.10.2018 einen weiteren Betrag von 45.000,00 € an die Klägerin bezahlt, den diese schlussendlich auf die bis dahin geltend gemachte Hauptforderung von 178.731,86 € verrechnet und in dieser Höhe den Rechtsstreit für erledigt erklärt hat. Die Beklagte hat dieser teilweisen Erledigungserklärung widersprochen.
26
Die Klägerin hat deshalb in der ersten Instanz zuletzt beantragt,
(1) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 133.731,86 zuzüglich Zinsen i. H. v. 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz – aus EUR 178.731,86 vom 20.04.2015 bis 02.10.2018 und – aus EUR 133.731,86 ab dem 03.10.2018 zu bezahlen.
(2) Die Beklagte wird weiter verurteilt, EUR 3.395,00 an vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
27
Die Beklagte hat beantragt,
(2) Die Drittwiderbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte € 81.946,55 zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.
28
Die Drittwiderbeklagte hat beantragt,
die Drittwiderklage abzuweisen.
29
Die Beklagte hat behauptet,
der Kostenrahmen von 4,2 Mio. € sei als verbindliche Kostenobergrenze vorgegeben worden.
30
Dies gehe aus den Wettbewerbsunterlagen zweifelsfrei hervor. Sofern hierüber Zweifel bestanden hätten, wäre es die Pflicht der Drittwiderbeklagten gewesen, aktiv die Kostenobergrenze zu erfragen.
31
Es habe gegenüber der Machbarkeitsstudie eines renommierten Ingenieurbüros keine wesentlichen Planänderungen oder unvorhergesehenen Ereignisse gegeben, die die erhebliche Überschreitung des Kostenrahmens hätten rechtfertigen können. Es sei nur eine zusätzliche Option zu prüfen gewesen und zwar ein neues Kinderplanschbecken im Hallenbad, wofür Kosten von 150.000,00 € durch das Landratsamt veranschlagt worden seien. Die Planung der Drittwiderbeklagten sei jedoch vollständig an der Wettbewerbsaufgabe vorbeigegangen, worauf die Beklagte aber – trotz vertraglicher Verpflichtung – nicht hingewiesen worden sei. Sie sei vielmehr erst drei bis vier Tage vor der Vorstellung der Gesamtkosten überhaupt informiert worden, dass das Budget von 4,2 Mio. € nicht gehalten werden könne.
32
Nach Kündigung sei die Wettbewerbsaufgabe mit einem anderen Planer innerhalb des Budgetrahmens umgesetzt worden. Auf die Planungsleistungen der Drittwiderbeklagten sei dabei nicht zurückgegriffen worden. Diese seien für die Beklagte vollständig unbrauchbar gewesen, sodass der Klägerin auch keinerlei Vergütungsanspruch zustehe.
33
Die Drittwiderklage wurde der Drittwiderbeklagten am 02.03.2017 zugestellt.
34
Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Vorbringens wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.
35
2. Das Landgericht hat mehrfach mündlich zur Sache verhandelt und die Parteien informatorisch angehört. Es hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen H. (geb. J.) und K.. Weiterhin hat es Gutachten des Sachverständigen Dipl.-Ing. L. eingeholt (schriftliche Sachverständigengutachten vom 25.05.2020 nebst Ergänzungsgutachten vom 07.02.2023, Sonderband „Sachverständigengutachten“).
36
Es hat sodann mit Endurteil vom 30.08.2024 festgestellt, dass sich die Hauptsache im Umfang von 45.000 € erledigt habe, und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin weitere 81.062,17 € zzgl. Rechtshängigkeitszinsen ab 10.01.2017 zu bezahlen. Eine Klageabweisung ist hinsichtlich der Klage im Übrigen und hinsichtlich der Drittwiderklage erfolgt.
37
Seine Entscheidung hat das Landgericht im Wesentlichen wie folgt begründet:
38
a) Die Klägerin habe Anspruch auf restliche Kündigungsvergütung aus – wirksam (S. 12 d. LGU.) – abgetretenem Recht. Die Kündigung der Beklagten sei mangels Nacherfüllungsfristsetzung und zeitnaher Kündigungserklärung keine außerordentliche, sondern eine freie Kündigung gewesen, sodass nach § 648 Satz 2 BGB abzurechnen sei (S. 10 f. d. LGU.).
39
b) Die Höhe der Kündigungsvergütung sei aus einem Gesamtinvestitionsvolumen von rund 6,89 Mio. € zu ermitteln.
40
Auch wenn die Kostenermittlung der Drittwiderbeklagten (Anlage K25) in Teilen nicht auf der DIN 276 beruhe, könne diese der Honorarermittlung zugrunde gelegt werden. Denn die Beklagte habe eine möglichst genaue, vorgezogene vertiefte Kostenschätzung haben wollen; diese habe nach dem Parteiwillen die Grundlage der Honorarberechnung werden sollen.
41
Das Gesamtinvestitionsvolumen sei wie folgt zu ermitteln:
- Im Ausgangspunkt sei eine Kostenobergrenze von 4,2 Mio. € wirksam vereinbart worden (Beschaffenheitsvereinbarung). Diese sei zumindest ungefähr einzuhalten gewesen („ca.“). Nichts anderes ergebe sich daraus, dass der Bürgermeister – unstreitig – die tatsächlichen Kosten habe wissen wollen. Damit seien – was sich aus der Aussage H. ergebe – die Kosten gemäß der Wettbewerbsaufgabe zuzüglich der (unstreitigen) Änderungen und Ergänzungen gemeint gewesen, nicht die Kosten für Maximalwünsche; es hätten Überraschungen durch unerwartete Kostensteigerungen vermieden werden sollen (S. 12 ff. d. LGU.).
- Budgeterhöhend seien folgende Umstände zu berücksichtigen:
o Machbarkeit der Wettbewerbsaufgabe innerhalb des Budgets (S. 15 ff. d. LGU.):
42
Wenn die Wettbewerbsaufgabe aufgrund einer fehlerhaften Machbarkeitsstudie schon nicht innerhalb des festgelegten Budgets zu erfüllen sei, lasse die Budgetüberschreitung den Honoraranspruch nicht entfallen (keine Pflichtverletzung des Architekten). Nach dem Gutachten L. stehe fest, dass die Machbarkeitsstudie teils – auch hinsichtlich der Budgetvorgabe – nicht nachvollziehbar sei, so dass folgende „Ansätze aus der Wettbewerbsauslobung überschritten werden bzw. zusätzlich hinzukommen“ hätten dürfen (nicht aber Kinderplanschbecken und optionales Wasserelement, Küche und Versorgungsbereich, Außenanlagen, Rückbaumaßnahmen):
▪ Kasse/Bistro-Ausgabe/Kiosk (S. 17 d. LGU.)
▪ Kollektorfläche (S. 18 d. LGU.)
▪ KG 300 und KG 400: Die Ansätze für die beiden Kostengruppen in der Machbarkeitsstudie seien nicht nachvollziehbar (S. 19 f. d. LGU.).
▪ Herrichten (S. 20 d. LGU.)
o Änderungen gegenüber der Wettbewerbsauslobung:
43
Abweichungen, Ergänzungen und Erweiterungen des Planungsauftrages, die zu einer Kostensteigerung führten, seien von der Kostenobergrenze nicht erfasst. Folgende Änderungen seien teils budgeterhöhend zu berücksichtigen:
▪ Gründungsprobleme: Diese hätten sich erst nach der Machbarkeitsstudie und dem Wettbewerb herausgestellt. Die von der Klägerin insofern veranschlagten Kosten von 1,154 Mio. € seien nach sachverständiger Prüfung plausibel (S. 20 f. d. LGU.).
▪ Schwimmerbecken: Die weiteren Kosten von 413.600 € für zusätzlichen Gründungsaufwand seien nicht ansatzfähig. Die Kosten seien nicht nachvollziehbar und deshalb nicht zu berücksichtigen (S. 21 f. d. LGU.).
▪ Kinderbecken: Die Kosten für die Gründung (120.400 €) habe der Sachverständige zwar als plausibel eingestuft. Allerdings seien diese bereits im Gesamtkostenaufwand für die Gründung (s. o.) enthalten und könnten deshalb nicht erneut berücksichtigt werden (S. 22 d. LGU.).
▪ Unterkellerung neuer Eingangsbau (zur Vermeidung einer Doppelberücksichtigung jedoch ohne Gründungskosten, S. 22 ff. d. LGU.).
▪ Erweiterungsbaukörper: Diese Kosten seien von der Wettbewerbsaufgabe unstreitig nicht erfasst gewesen. Nach der Aussage des Zeugen K. stehe fest, dass der Beklagten klar gewesen sei, dass es den Erweiterungsbau nicht umsonst gebe. Es wäre deshalb an der Beklagten gewesen, die Kostenauswirkungen bei dem Architekten zu erfragen oder insofern Vorgaben zu machen, was nicht geschehen sei. Die von der Klägerin veranschlagten Kosten von 394.832,39 € für die KG 300 seien – nach Prüfung des Sachverständigen – nachvollziehbar. Nicht nachvollziehbar seien die Kosten der KG 400 (991.265 €), die die Klägerin auch im Rechtsstreit nicht näher dargelegt habe. Diese könnten nicht berücksichtigt werden (S. 25 f.).
o Mehrkosten, die auf Fachplaner zurückgehen:
44
Die von den Fachplanern in Höhe von 715.612 € ermittelten zusätzlichen Kosten für die technische Ausrüstung der Becken seien ergänzend in die Gesamtinvestitionskosten einzustellen gewesen. Von dieser Kostenmehrung habe die Klägerin keine Kenntnis haben müssen. Nicht hinzuzusetzen seien allerdings die Kosten des Fachplaners M. (Landschaftsarchitekt). Die Freianlagenplanung sei von untergeordneter Bedeutung gewesen. Insofern hätten die Architekten den Landschaftsarchitekten darauf hinweisen müssen, dass für die Freianlagen keine 1,61 Mio. € zur Verfügung stünden (S. 26 f. d. LGU.).
o Beschränkungen im Hinblick auf nachvollziehbare Kostenansätze und angemessene Kostenkennwerte (S. 27 ff. d. LGU.):
45
Die Klägerin dürfe nur die Kostenkennwerte derjenigen Kostenansätze in die Honorarberechnung einstellen, die nachvollziehbar und angemessen seien, wofür sie auch die Beweislast trage. Den erforderlichen Nachweis habe sie nur teilweise erbracht. Nach den sachverständigen Feststellungen sei die Kostenkalkulation grundsätzlich nicht nachvollziehbar. Auch sei die Kostengruppengliederung nach DIN 276 teilweise nicht eingehalten. Jedenfalls die Einzelkostenansätze „35E: Weitere Maßnahmen Wasserhaltung“, „3E4: Weitere Kosten für die Sanierung Schwimmbecken“, „3312: Betonstahl“, „3325: Betonsockel Betonstahl“, „36A: fahrbarer Sonnenschutz“, „3726E: Fettabscheider“, „3726F: Lagerflächen“ und „379: Baukonstruktive Einbauten“ seien nicht nachvollziehbar und deshalb unberücksichtigt zu lassen. Auch die Kostenkennwerte seien zu hoch und zu kürzen (Bauwerk – Baukonstruktionen [KG 300, dort KG 43A; S. 29 f. d. LGU.]; Regionalfaktor und Indexzuschlag [S. 30 d. LGU.]).
46
c) Das Honorar sei nach alledem aus anrechenbaren Kosten von 4.784.076,40 € zu berechnen. Daraus ergebe sich eine berechtigte Gesamthonorarforderung von 208.008,72 € (Rechenweg gemäß Anlage K26). Zu den Einzelheiten der Honorarberechnung wird auf S. 32 ff. d. LGU. Bezug genommen. Der Honoraranspruch von 208.008,72 € sei durch Zahlungen von 81.946,55 € (brutto), freigegeben am 28.10.2014, und während des Rechtsstreits am 02.10.2018 von weiteren 45.000,00 € erloschen. Der Restanspruch belaufe sich damit auf 81.062,17 € (S. 35 d. LGU.). Im Hinblick auf die während des Rechtsstreits geleistete Zahlung sei Erledigung eingetreten (S. 37 d. LGU.).
47
Zu einzelnen Positionen der Honorarberechnung führt das Landgericht aus:
48
Für die vertiefte Kostenberechnung sei kein Honorar anzusetzen. Diese sei nicht nachvollziehbar gewesen. Eine nur partiell nachvollziehbare Berechnung, die nicht die erforderliche Tiefe aufweise, könne in der Leistungsphase 2 keine weiteren Kosten auslösen. Vielmehr gehe diese in der Kostenermittlung der Leistungsphase 3 auf.
49
Die Klägerin habe zu ihren ersparten Aufwendungen und ihrem anderweitigen Erwerb ausreichend Vortrag gehalten (keine ersparten Aufwendungen). Sie habe sich kulanzhalber 10% des Honorars anrechnen lassen und auch zu einzelnen Kostenfaktoren vorgetragen. Hiergegen habe die Beklagte nichts Substantielles vorgebracht (S. 35 d. LGU.).
50
Eine weitere Anrechnung des Preisgeldes – teilweise habe sich die Klägerin dieses ohnehin anrechnen lassen – finde nach den Vertragsbedingungen (unveränderte Umsetzung des Wettbewerbsentwurfs) nicht statt (S. 36 d. LGU.).
51
d) Ein Anspruch auf Ersatz vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten bestehe nicht. Es habe kein Verzug vorgelegen. Denn die Zahlungsaufforderung (Teilschlussrechnung vom 17.03.2015, Anlage K9) sei erheblich überhöht gewesen und habe deshalb nicht verzugsbegründend wirken können. Die Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung einer überhöhten Forderung sei auch nicht erforderlich gewesen (S. 36 d. LGU.). Die Klägerin könne aus diesem Grund auch erst ab Rechtshängigkeit Verzugszinsen verlangen (S. 37 d. LGU.).
52
e) Die Drittwiderklage sei abzuweisen, da der Beklagten kein Schadensersatzanspruch gegen die Drittwiderbeklagte zustehe. Gelinge es dem Architekten nicht, das Baukostenbudget einzuhalten, hafte er nur, wenn ihm eine Pflichtverletzung vorzuwerfen sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Überschreitung der Gesamtinvestitionskosten sei maßgeblich auf Änderungswünsche und eine unzureichende Budgetvorgabe wegen einer defizitären Machbarkeitsstudie zurückzuführen, wofür die Drittwiderbeklagte nicht die Verantwortung trage. Außerdem hätte die Drittwiderbeklagte zur Nachbesserung aufgefordert werden müssen, was nicht geschehen sei.
53
3. Hiergegen richten sich die Berufung der Beklagten vom 02.10.2024 (taggleicher Eingang) und die Anschlussberufung der Klägerin vom 18.12.2024 (taggleicher Eingang), die sie innerhalb der für sie bis 19.12.2024 verlängerten Berufungserwiderungsfrist erhoben hat. Die Klägerin und die Beklagte verfolgen mit ihren Berufungen ihre erstinstanzlichen Anträge unvermindert weiter.
54
Beide Parteien greifen dabei die Einordnung des Landgerichts, dass lediglich eine ordentliche Kündigung vorliege, nicht an.
a) Berufung der Beklagten
55
Die Beklagte bringt mit ihrer Berufungsbegründung vom 21.10.2024 (taggleicher Eingang) im Wesentlichen vor, dass der Klägerin – schon wegen anfänglicher Unmöglichkeit der Leistung – kein Honoraranspruch zustehe, sondern vielmehr der Beklagten gegen die Drittwiderbeklagte ein Rückzahlungsanspruch aufgrund Überzahlung.
56
Lege man die Sichtweise der Klägerin und des Sachverständigen zugrunde, sei von einer anfänglichen Unmöglichkeit der Architektenleistung auszugehen, da die Wettbewerbsaufgabe im vorgegebenen Kostenrahmen von rund 4,2 Mio. € (Beschaffenheitsvereinbarung durch unwidersprochen gebliebene Kostenvorstellung) nicht umsetzbar gewesen sei, was auch für die Drittwiderbeklagte von Anfang an erkennbar gewesen sei. Die Kostenobergrenze sei zu keinem Zeitpunkt aufgehoben worden; sie sei insbesondere in den Architektenvertrag aufgenommen gewesen, da eine „Planung gemäß Wettbewerbsauslobung“ vereinbart gewesen sei. Auch im Besprechungstermin vom 10.07.2014 sei sie so kommuniziert worden (S. 4 ff. d. Berufungsreplik vom 11.02.2025, im Folgenden: BR.). Die Beklagte habe auch keine Pflicht – jedenfalls nicht schuldhaft – verletzt, indem sie eine unmögliche Planungsaufgabe gestellt habe (S. 8 d. BR.). Aufgrund der Unmöglichkeit habe die Drittwiderbeklagte nicht leisten müssen (§ 275 Abs. 1 BGB); ihr Honoraranspruch sei deshalb nach § 326 Abs. 1 Satz 1 BGB entfallen (S. 10 d. BR.). Zudem stehe der Beklagten aber ein Schadensersatzanspruch aus § 311a BGB (Inhalt: Befreiung von Honoraransprüchen und Anspruch auf Rückzahlung des bisher gezahlten Honorars) zu, es sei denn, die Drittwiderbeklagte habe bei Vertragsschluss das Leistungshindernis schuldlos nicht gekannt. Den Entlastungsbeweis habe die Klägerin zu führen, wobei ihr eine solche Entlastung schon nach dem eigenen Vortrag nicht gelingen könne. Dies habe das Landgericht verkannt (S. 3 ff. d. Berufungsbegründung vom 21.10.2024, im Folgenden: BB.). Die Drittwiderbeklagte habe das Problem dadurch lösen können, dass sie eine Anpassung der Aufgabenstellung angeregt hätte, wozu sie spätestens in der Leistungsphase 1 auch verpflichtet gewesen sei; der Zielkonflikt zwischen Planungsaufgabe und Budgetvorgabe sei aufgrund des Wettbewerbs bereits vor Auftragsvergabe erkennbar gewesen (S. 6 d. BB).
57
Selbst wenn man keine Unmöglichkeit annehmen würde, wäre die Leistung der Drittwiderbeklagten jedenfalls wegen der Budgetüberschreitung mangelhaft gewesen (S. 9 d. BR.). Außerdem sei die Honorarermittlung des Landgerichts für diesen Fall fehlerhaft. So könne die nicht vollständig nachvollziehbare Kostenschätzung nicht Grundlage für die Honorarermittlung sein. Auch von der unterbliebenen Klärung der Aufgabenstellung (s. o.) dürfe die Drittwiderbeklagte nicht profitieren. Schließlich überdehne das Landgericht die Anforderungen an das Wissen eines nicht fachkundigen Bestellers zu Gunsten der Hinweispflichten des Architekten; die Kostenüberschreitung sei für die Beklagte nicht absehbar gewesen; sie habe davon erst bei Vorlage der Kostenschätzung vom 21.10.2014 erfahren. Demgegenüber habe die Drittwiderbeklagte – entgegen der Ansicht des Landgerichts – gerade bei eventuell nicht nachvollziehbaren Ansätzen der Machbarkeitsstudie (z. B. bei KG 300) diese hinterfragen und ggf. hierauf hinweisen müssen; nicht nachvollziehbare Vorgaben entbänden den insofern schuldhaft handelnden Architekten jedenfalls nicht von der Einhaltung der Kostenobergrenze (S. 7 ff. d. BB.).
58
Auch bei den „Abweichungen, Ergänzungen und Erweiterungen des Planungsauftrages“ und deren Auswirkungen auf die Kostenobergrenze weise das Urteil erhebliche Fehler auf. Insbesondere müsse der Architekt in der Leistungsphase 2 die Leistungen der Fachplaner koordinieren und integrieren, so dass eine Abstimmung zu den Teilbudgets für KG 300 und KG 400 hätte erfolgen müssen (dazu auch S. 12 d. BR.). Die zusätzlichen Kosten der Fachplaner könnten daher nicht einfach budgeterhöhend angesetzt werden.
59
Insgesamt sei nicht nachzuvollziehen, wie das Landgericht auf anrechenbare Kosten von 4.784.076,40 € gekommen sei und wie sich dieser Betrag zum „Gesamtinvestitionsvolumen“ von 6,89 Mio. € (S. 12 d. LGU.) verhalte (S. 12 d. BB.). Richtig wäre es gewesen, allein die Baukostenobergrenze zur Honorarberechnung heranzuziehen. Bei deren Überschreitung hätte die Drittwiderbeklagte hierauf hinweisen müssen, was nicht geschehen sei. Bei einer solchen Honorarberechnung ergebe sich eine Überzahlung der Beklagten von 25.619,81 € (S. 13 d. BB.) bzw. bei Anrechnung des Preisgeldes (16.800 € netto/19.992 € brutto) von 45.611,82 € (S. 17 d. BR.).
60
Die Beklagte beantragt,
- 1.
-
Das Endurteil des Landgerichts Bamberg vom 30.08.2024, Az. 2 O 569/16, wird in Ziffer 2 insoweit aufgehoben, als die Beklagte zur Zahlung von € 81.062,17 nebst Zinsen verurteilt worden ist.
- 2.
-
Das Endurteil des Landgerichts Bamberg vom 30.08.2024, Az. 2 O 569/16, wird in den Ziffern 1, 3 und 4 aufgehoben.
- 3.
-
Die Klage wird insgesamt abgewiesen.
- 4.
-
Die Drittwiderbeklagte wird verurteilt, an die Beklagte € 81.946,55 nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über Basiszins seit 22.02.2017 zu bezahlen.
61
Die Klägerin und Drittwiderbeklagte beantragen,
Die Berufung wird zurückgewiesen.
62
Die Berufungsbeklagten verteidigen die erstinstanzliche Entscheidung. Eine anfängliche Unmöglichkeit liege nicht vor, da das Schwimmbad grundsätzlich habe errichtet werden können; auf den Preis oder die wertbildenden Faktoren komme es für die Unmöglichkeitsbeurteilung nicht an (S. 2 f. d. Berufungserwiderung/Anschlussberufungsbegründung vom 18.12.2024, im Folgenden: BE., und S. 1 des ergänzenden Schriftsatzes vom 19.12.2024). Ein solches Ergebnis wäre auch absurd, da der Architekt – nachdem die konkreten Kosten erst in der Leistungsphase 2 oder 3 bekannt würden – regelmäßig kein Honorar erhielte; es komme allenfalls eine Teilunmöglichkeit in Betracht (S. 2 ff. d. Berufungsduplik vom 10.09.2025, im Folgenden: BD.). Im Übrigen fehle es an einer Beschaffenheitsvereinbarung (Baukostengarantie oder Baukostenobergrenze von „ca.“ 4,2 Mio. €), da sich der benannte „Kostenrahmen“ auch aus zahlreichen Leistungen anderer Planer (KG 400 bis 700), die der Architekt nicht beeinflussen könne, zusammensetze (S. 5 ff. d. BD.) und zu unbestimmt sei (S. 10 d. BD.). Jedenfalls wären vom Architekten nicht beeinflussbare Mehrkosten (z. B. wegen des Baugrunds oder allgemeiner Kostensteigerungen) bei der Baukostenobergrenze nicht zu berücksichtigen, sondern es wäre mit Durchschnittskosten zu rechnen (S. 18 f. d. BD.); außerdem sei dem Architekten ein Spielraum von mindestens 20 Prozent (tatsächliche Obergrenze also: 5.040.000 €) zuzugestehen (S. 19 f. d. BD.). Die Passage zum Kostenrahmen in den Wettbewerbsbedingungen (Auslobung nach RPW 2013) halte auch einer AGB-Kontrolle wegen eines Verstoßes gegen das Transparenzgebot und wegen eines Verstoßes gegen § 305c Abs. 1 BGB nicht stand (S. 7 ff. d. BD.). Die Einhaltung einer Kostenobergrenze sei zudem gerade nicht Teil der Wettbewerbsleistung (nur: Wirtschaftlichkeitsfrage) gewesen; es habe keine Budgetvorgabe gegeben (Verweis auf Anlage K15, S. 3 d. BE.). Eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung sei auch nicht durch einen Hinweis auf das Budget der Beklagten zustande gekommen, da sich die Drittwiderbeklagte hiermit nicht einverstanden erklärt habe (S. 10 f. d. BD.). Auch nach Vertragsschluss sei kein Kostenrahmen – trotz Nachfrage nach einem „betragsmäßig eindeutig fixierten Kostenrahmen“ – vereinbart worden („Papier ist geduldig.“; S. 12 f. d. BD.), jedenfalls sei eine Kostenobergrenze für die Leistungsphasen 1 bis 3 wieder aufgegeben worden, weshalb sich die Beklagte dann auch um Bereitstellung eines Budgets von immerhin 9 Mio. € bemüht habe (S. 15 d. BD.). Außerdem sei die Wettbewerbsaufgabe mit der späteren Planungsaufgabe nicht identisch gewesen, sondern der spätere Auftrag viel weitergehend (z. B. Unterkellerung des Schwimmbads), so dass eine evtl. Obergrenze, die im Architektenvertrag (Anlage K2) auch gar nicht genannt gewesen sei, überholt gewesen oder konkludent aufgehoben worden sei; denn es sei damit – auch ohne insofern nicht erforderlichen Hinweis – klar gewesen, dass das Vorhaben innerhalb der knapp bemessenen Kostenobergrenze nicht realisierbar wäre (S. 16 f. d. BD.). Es sei zudem die Kostengruppe 400 (Haustechnik) betroffen gewesen, auf die die Berufungsbeklagten keinen Einfluss hätten. Das Erfordernis der statischen Ertüchtigung des Bodens sei außerdem zunächst nicht bekannt gewesen (S. 4 d. BE.).
63
Folge einer Unmöglichkeit wäre auch nicht der Entfall eines Vergütungsanspruchs, da der Umstand, der zur Nichterreichbarkeit der Leistungsziele führe, von der Beklagten zu vertreten sei (§ 645 BGB i. V. m. § 326 Abs. 2 BGB). Die Drittwiderbeklagte habe sich auf die Richtigkeit der Machbarkeitsstudie ohne eigene Prüfung verlassen dürfen. Vor der Kostenschätzung in Leistungsphase 2 habe für die Drittwiderbeklagte keinerlei Chance bestanden zu erkennen, dass die Kostenvorgaben nicht einhaltbar seien. Deshalb bestehe auch kein Schadensersatzanspruch aus § 311a Abs. 2 BGB oder §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB (S. 21 ff. d. BD.).
64
Es sei der Wunsch der Beklagten gewesen, die Kosten für ihre maximalen Planungswünsche ermitteln zu lassen, um sich von der Förderstelle möglichst viel genehmigen zu lassen; hierfür habe es folglich keine Kostenvorgabe gegeben („Papier ist geduldig.“). Eine Pflichtverletzung der Drittwiderbeklagten liege deshalb nicht vor; vielmehr habe sie auf die Kostensteigerung hingewiesen, die Beklagte aber trotzdem die Fertigstellung der Kostenschätzung gewünscht. Zudem sei eine Kostenobergrenze nicht zwingend eine Beschaffenheitsvereinbarung (S. 4 f. d. BE. und S. 2 des Schriftsatzes vom 19.12.2024). Im Übrigen habe die Beklagte selbst ihre Pflichten (aus dem VGV bzw. der VOB/A; § 97 GWB, S. 23 d. BD.) verletzt, indem sie für die Bauaufgabe im Zuge der Ausschreibung des Wettbewerbs eine unmögliche Leistung gefordert habe; sie müsse sich die falschen Kostenangaben aus der Studie G. zurechnen lassen (S. 6 d. BE.). Es könnten auch nicht bereits im Rahmen der Leistungsphase 1 (Klärung der Aufgabenstellung) die Kosten ermittelt werden, da Architekten bekanntlich keine Hellseher seien, insbesondere nicht wissen könnten, welche Anforderungen sich aus den Bestandsuntersuchungen ergäben. Dieses Wissen bestehe erst in der Leistungsphase 2 (S. 6 f. d. BE.).
b) Anschlussberufung der Klägerin
65
Die Klägerin begründet ihre Anschlussberufung mit Schriftsatz vom 18.12.2024 im Wesentlichen wie folgt:
„Das Landgericht hätte Zinsen bereits ab Fälligkeit der Rechnung (30 Tage nach Rechnungsstellung, d. h. ab 20.04.2015) zusprechen müssen. Eine „erhebliche Zuvielforderung“ liege nicht vor, da das Landgericht 71% des Rechnungsbetrages als berechtigt angesehen habe, führe aber ohnehin trotzdem zur Fälligkeit; ein Ausnahmefall einer unverhältnismäßig hohen Zuvielforderung liege nicht vor. Die Beklagte habe die berechtigte Forderung mit ihrer eigenen Bauabteilung auch ermitteln können (S. 24 d. BD.). Aus diesem Grund seien auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu erstatten (S. 8 f. d. BE.).“
66
Da keine Kostenobergrenze vereinbart gewesen sei (s. o.) und die Beklagte zunächst sämtliche Kosten für all ihre Wünsche habe ermittelt haben wollen, sei das Landgericht unzutreffend als Ausgangspunkt für die Honorarberechnung von einem Budget von 4,2 Mio. € ausgegangen; der Beklagten sei auch klar gewesen, dass für die letztliche Planungsaufgabe dieses Budget nicht ausreiche. Deshalb sei die Honorarermittlung gemäß Teilschlussrechnung der Drittwiderbeklagten richtig gewesen (S. 10 d. BE.). Jedenfalls seien die Kürzungen der anrechenbaren Kosten durch das Landgericht unzutreffend, zumal die Kosten erst nach entsprechenden Planungen feststehen würden. Die Beklagte habe eine Anpassung der Planung erst gewünscht, nachdem alle Varianten und Wünsche geplant und mit Kosten bepreist gewesen seien. Die Berechnung der „Budgeterhöhung“ durch das Landgericht sei unzutreffend (S. 11 ff. d. BE.). Das Landgericht gehe bei einzelnen Kostenansätzen zu Unrecht von einer fehlenden Nachvollziehbarkeit aus (S. 14 ff. d. BE. mit weiteren Einzelheiten).
67
Bei der Ermittlung des zutreffenden Honorars sei auch die vertiefte Kostenschätzung zu berücksichtigen. Das Wettbewerbshonorar sei nicht abzuziehen (S. 19 d. BE.).
68
Die Klägerin beantragt im Wege der Anschlussberufung:
1. Unter Abänderung des Endurteils des Landgerichts Bamberg vom 30.08.2024, Az. 2 O 2569/16, in Ziff. 2. wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger weitere EUR 52.669,69 zuzüglich Zinsen in Höhe von 9 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 20.04.2015 zu bezahlen.
2. Weiterhin wird die Beklagte unter Abänderung des Endurteils des Landgerichts Bamberg vom 30.08.2024, Az. 2 O 2569/16, in Ziff. 2. verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 3.395,00 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basissatz seit 10.01.2017 zu bezahlen.
69
Die Beklagte beantragt,
Die Anschlussberufung wird zurückgewiesen.
70
Die Beklagte sieht den weitergehenden Zinsanspruch der Klägerin wie das Landgericht wegen der erheblichen Zuvielforderung als unbegründet an, zumal die Beklagte den tatsächlich geschuldeten Betrag nicht ohne weiteres habe berechnen können.
71
Selbst wenn es kein vorgegebenes Budget gegeben hätte, hätte sich die Klägerin nach den zur Verfügung stehenden Mitteln erkundigen müssen. Soweit die Klägerin von Einsparmaßnahmen spreche, seien die Kostenauswirkungen nicht mitgeteilt worden (S. 14 d. BR).
72
Dass die Freianlagenplaner das ihnen zur Verfügung stehende Budget ebenfalls überschritten hätten, sei ohne Belang, da die Klägerin selbst bereits das vorgegeben Budget weit überschritten habe (S. 15 d. BR.). Soweit die Klägerin zusätzliche Ansätze bei der Budgetermittlung erstrebe, seien diese nicht berechtigt. Das Wettbewerbshonorar sei in jedem Fall – entgegen der Ansicht des Landgerichts – abzuziehen. Dies ergebe sich aus Ziff. 13.1 des Architektenvertrages (Anlage K2).
73
c) Hinsichtlich des weiteren Berufungsvorbringens wird auf die in zweiter Instanz gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
74
Der Senat hat mündlich verhandelt. Beweis wurde im Berufungsrechtszug nicht erhoben.
75
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Klägerin vom 26.09.2025 lag dem Senat bei Abfassung des Urteils vor.
76
Die zulässige Berufung der Beklagten ist nahezu vollständig begründet. Die zulässige Anschlussberufung der Klägerin ist unbegründet.
77
1. Der Klägerin steht wegen anfänglicher Unmöglichkeit kein (weiterer) Vergütungsanspruch aus abgetretenem Recht der Drittwiderbeklagten gemäß §§ 631 Abs. 1, 632 BGB i. V. m. den Regelungen der HOAI 2013 zu. Vielmehr ist die Drittwiderbeklagte zur Rückzahlung des den Gegenstand der Drittwiderklage bildenden Betrages von 81.946,55 € aus § 326 Abs. 5 BGB i. V. m. §§ 323, 346 BGB verpflichtet.
78
a) Die von der Drittwiderbeklagten geschuldete Leistung war von Anfang an unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB). Denn es war nicht möglich, den Vertragsgegenstand „Planung gemäß Wettbewerbsauslobung und Wettbewerbsbeitrag“ innerhalb des von der Beklagten gewünschten Kostenrahmens zu erreichen. Die Drittwiderbeklagte brauchte die beauftragte Planungsleistung (Grundlagenermittlung, Vorplanung, Entwurfsplanung) deshalb nicht zu erbringen.
79
aa) Bei dem vorgegebenen Kostenrahmen von „ca. 4,2 Mio. €“ handelt es sich um eine Beschaffenheitsvereinbarung i. S. d. § 633 Abs. 2 Satz 1 BGB.
80
So heißt es in der Auslobung wörtlich, dass für das Projekt ein „Kostenrahmen für die Neukonzeption eines Kombibades (ohne Sanierung Hallenbad) von ca. 4,2 Mio. € (Brutto) KG 300-700 festgelegt“ sei. Der Vertrag (Anlage K1) greift diese Vorgabe auf. Dort heißt es unter Ziff. 1.1.3:
„Planung gemäß Wettbewerbsauslobung und Wettbewerbsbeitrag, […].“
81
Nichts anderes ergibt sich aus den Aussagen im Kolloquiumstermin (Anlage K15). Dort war lediglich erneut ausgeführt worden, dass auf eine Kostenschätzung verzichtet werde, dass aber nur ein „begrenztes Budget“ bestehe.
82
Verbindliche, einseitige Kostenvorstellungen des Bauherrn, denen der Architekt nicht widerspricht, sind auch dann im Sinne einer Beschaffenheitsvereinbarung beachtlich, wenn sie nicht eine genaue Bausummenobergrenze enthalten, sondern nur Angaben zur ungefähren Bausumme im Sinne einer Circa-Vorgabe (BGH, Urteil vom 06.10.2016 – VII ZR 185/13 = BauR 2017, 134 = NJW 2017, 386; Koeble, in: KKJS, Kompendium des Baurechts [2025], Rn. 11‘935 ff.; BGH, Urteil vom 21.03.2013 – VII ZR 230/11 – BGHZ 197, 93 = BauR 2013, 1143). Nach dieser Rechtsprechung ist – entgegen der Ansicht der Klägerin – eine ausdrückliche zweiseitige Einigung nicht erforderlich. Vielmehr genügt es, dass der Architekt der Kostenvorstellung des Bauherrn nicht widerspricht. Ein solcher Widerspruch der Drittwiderbeklagten ist auch nicht vorgetragen.
83
Bedenken gegen eine Unwirksamkeit dieser Vereinbarung aufgrund AGBrechtlicher Vorschriften bestehen nicht. Es handelt sich um eine Bestimmung einer Hauptleistungspflicht, die der AGB-Kontrolle entzogen ist (BGH, Urteil vom 11.07.2019 – VII ZR 266/17 = NJW 2019, 2997 [Rn. 18 ff.]; Koeble, in: KKJS, Kompendium des Baurechts [2025], Rn. 11‘937; Zahn, BauR 2019, 1513 [1516]). Die Regelung ist auch ausreichend bestimmt und nicht intransparent, weil sie hinsichtlich der Baukosten ausdrücklich auf die Kostengruppen 300 bis 700 Bezug nimmt (BGH, a. a. O. [Rn. 38]).
84
Ob beide Parteien bei Änderungswünschen einvernehmlich davon ausgehen, dass diese hinsichtlich der Kosten noch von der Kostenobergrenze erfasst sind, ist Auslegungsfrage, wird aber im Regelfall zu verneinen sein (Koeble, in: KKJS, Kompendium des Baurechts [2025], Rn. 11‘941). Damit dürfte es zwar möglicherweise für die geänderten oder ergänzten Leistungen keine explizite Kostenvorgabe im Sinne einer Beschaffenheitsvereinbarung mehr gegeben haben. Damit steht im Einklang, dass der Zeuge K. hinsichtlich des Erweiterungsbaukörpers berichtet hat, dass klar gewesen sei, dass es diesen „nicht umsonst gibt“ (Protokoll vom 05.04.2018). Allerdings ändert dies nichts daran, dass für die – vertraglich vereinbarte – Wettbewerbsleistung, also für die basale Planungsleistung der Beklagten, der dort genannte Kostenrahmen eingehalten werden musste.
85
bb) Die Beklagte hat diesen Kostenrahmen – anders als die Klägerin meint – nicht aufgegeben.
86
Eine Aufhebung des Kostenrahmens für die Grundkonzeption (ohne Änderungs- und Ergänzungswünsche) hätte eine vertragsändernde Erklärung der Beklagten erfordert. Die Darlegungs- und Beweislast für eine solche Vertragsänderung trifft – nach allgemeinen Grundsätzen – die Klägerin. Eine solche Vertragsänderung ist weder ausreichend dargelegt noch nachgewiesen.
87
(1) Bereits das Landgericht hat auf S. 13 seines Urteils herausgearbeitet, dass die von der Klägerin immer wieder bemühte Forderung des damaligen Bürgermeisters der Beklagten nach einer Kostenermittlung („Papier ist geduldig“) nicht eine Aufgabe des Kostenrahmens belegt. Diese Forderung sei vielmehr erfolgt, um erstmalig die genauen Kosten des Vorhabens (zzgl. der Änderungen) zu erfahren. Damit war der Kostenrahmen für den ursprünglichen Umfang aber nicht aufgegeben worden. Es mag sein, dass für zusätzliche Maßnahmen Zusatzkosten von der Gemeinde hätten gestemmt werden können; dies allerdings freilich unter der Prämisse, dass die ursprüngliche Planung den gesteckten Kostenrahmen einhält. Die Aussage des Bürgermeisters, Papier sei geduldig, ist ohne Weiteres in diesem Sinne zu verstehen. Bislang lag nämlich keine Kostenschätzung oder Kostenberechnung vor. Vielmehr ergab sich für die Beklagte allein aus der Teilnahme der Drittwiderbeklagten am Wettbewerb die unkonkretisierte Aussage, der Entwurf der Drittwiderbeklagten sei innerhalb des gesteckten Kostenrahmens von 4,2 Mio. € realisierbar. Eben diese bislang nur vage und indirekte Aussage sollte durch eine vertiefte Kostenberechnung untermauert werden.
88
Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang ausführt, es wäre ein Leichtes gewesen, den Kostenrahmen zu bekräftigen, verkennt sie ihre Darlegungs- und Beweislast. Nicht die Beklagte hat die Änderung des Kostenrahmens darzulegen, sondern die Klägerin.
89
(2) Soweit die Klägerin zudem die Aufhebung des Kostenrahmens darauf gründen möchte, dass die Beklagte versucht habe, zumindest ein Budget von 9 Mio. € bereitzustellen, übersieht sie, dass auch hiermit keine rechtsgeschäftliche Änderung des Kostenrahmens verbunden war. Ein entsprechender Rechtsbindungswillen der Beklagten kann nicht festgestellt werden. Vielmehr dienten die Versuche der Beklagten, eine Erhöhung der Fördermittel zu erreichen, allenfalls dazu, möglicherweise zu einem späteren Zeitpunkt – nämlich bei Gelingen der ergänzenden Verhandlungen – den ursprünglich vereinbarten Kostenrahmen zu erweitern.
90
Dies zeigt auch die Aussage des Bürgermeisters der Beklagten im Termin vom 08.02.2018 (Protokoll, S. 3), wonach nach Abschluss des Wettbewerbs – wenn auch vor Vertragsschluss am 10.07.2014 – kommuniziert worden sei, dass das Gesamtbudget von 4,2 Mio. € zwingend einzuhalten sei.
91
In der Gesprächsnotiz vom 20.10.2014 (Anlage K4) hieß es dann erneut, dass die Gemeinde maximal 3 Mio. € an Baukosten selbst tragen könne. Im Protokoll zum Besprechungstermin vom 09.12.2014 (Anlage B6), welches von der Beklagtenseite stammt, findet sich die Aussage, dass bei allen Terminen vor Vertragsschluss ein „Kostenrahmen von brutto 3 Millionen Euro (max. 4 Millionen) für das Projekt Kombi Bad mit der beschriebenen Aufgabenstellung“ genannt worden sei. Auch bei Umsetzung von Einsparmöglichkeiten, sei bei einer „Größenordnung von jetzt möglich erscheinenden 6 – 7 Millionen Euro ein[e] Finanzierbarkeit und damit Umsetzung der Maßnahme nicht gesichert, bzw. nur dann möglich […], wenn Fördermittelgeber die Mehrkosten abdecken“.
92
Eine vollständige Aufhebung des Kostenrahmens, also auch im Hinblick auf diejenigen Bauleistungen, die Gegenstand des Wettbewerbs waren, lag nach alledem nicht vor. Andernfalls wäre die Anweisung des Bürgermeisters der Beklagten, die Planung einzustellen, auch nicht nachvollziehbar.
93
cc) Die Verwirklichung der im Wettbewerb bezeichneten Baumaßnahmen mit dem dort vorgegebenen Budget war jedoch von Anfang an unmöglich (§ 275 Abs. 1 BGB).
94
(1) Dies ist in der Berufungsinstanz unstreitig. Die Beklagte hat sich ausdrücklich den entsprechenden Sachvortrag der Klägerin in erster Instanz zu eigen gemacht. Dort hatte die Klägerin u. a. in ihrer Replik vom 07.05.2017 (dort S. 10) Folgendes vorgetragen:
„Die später erstellte Wettbewerbsauslobung überschritt dieses damals ermittelte, bereits bauherrnseits verworfene Raumprogramm erheblich. Dieser Betrag von EUR ca. 4,2 Mio. ist somit fälschlicherweise in der Wettbewerbsauslobung genannt worden, […].“ (Hervorhebung durch den Senat)
95
Ergänzend hat sie mit Schriftsatz vom 04.09.2017 (dort S. 3) vorgetragen:
„Die Wettbewerbsaufgabe war somit erheblich umfangreicher als die Studie des Büros G.. Trotzdem wurden die Kostenangaben aus dieser viel geringeren Studie entnommen, wobei der Beklagtenseite von Anfang an bewusst war, dass diese Kosten nicht richtig waren und für den gewünschten Leistungsumfang keinesfalls ausreichen konnten.“
96
Ähnliches Vorbringen findet sich im Schriftsatz der Klägerin vom 28.03.2018, dort auf S. 5 und S. 11 f., vom 30.04.2019, dort auf S. 3, und ausdrücklich im Schriftsatz vom 11.04.2023, dort auf S. 1 und S. 8.
97
Das Vorbringen der Klägerin deckt sich auch mit den Feststellungen des Gerichtssachverständigen. So führte der Sachverständige L. in seinem Ergänzungsgutachten auf S. 31 unter 3.14 aus, dass die Budgetvorgabe von 4,2 Mio. € nicht mit den textlichen Vorgaben (z. B. Raumprogramm) aus der Auslobung machbar sei, sondern zu gering vorgegeben gewesen sei. Diese Aussage traf er auch bereits im Ausgangsgutachten (dort S. 78 unter Ziff. 4.1).
98
Dieser Zielkonflikt, nämlich dass auch bei einer wirtschaftlichen, den Wettbewerbsbedingungen der Auslobung entsprechenden Planung (Ziel 1) der dort vorgegebene Kostenrahmen (Ziel 2) nicht einzuhalten war, führt zu einer Unmöglichkeit der an die Drittwiderbeklagte beauftragten Leistung. Ist dieser Zielkonflikt – wie vorliegend – bereits im Vertrag angelegt, liegt anfängliche Unmöglichkeit i. S. d. § 275 Abs. 1 BGB vor (Fuchs, IBR 2018, 633; Zahn, BauR 2019, 1513 [1518]).
99
Soweit die Klägerin demgegenüber ausführen lässt, dass es für die Unmöglichkeitsbeurteilung lediglich darauf ankomme, ob – unabhängig vom vorgegebenen Kostenrahmen – die Baumaßnahmen technisch umsetzbar seien, beachtet sie nicht, dass die Planungsaufgabe nur dann erfüllt ist, wenn alle verbindlich vereinbarten Planungsziele erreicht werden. Die Umsetzung der Planungsaufgabe ist folglich nur dann möglich, wenn sich technische Realisierbarkeit und einzuhaltender Kostenrahmen miteinander in Einklang bringen lassen, es sei denn, es kann festgestellt werden, dass der technischen Realisierbarkeit der Vorrang gegeben werden sollte (Werner, in: Werner/Pastor, Der Bauprozess [2023], Rn. 2273). Letzteres war jedoch nicht der Fall. Vielmehr war bereits in der Wettbewerbsaufgabe das Budget der Beklagten verbindlich benannt; der Wettbewerbsbeitrag hatte diese Vorgabe zwingend einzuhalten. Für die Verbindlichkeit der Budgetvorgabe spricht nicht zuletzt die Tatsache, dass es sich bei der Beklagten um eine öffentliche Auftraggeberin handelt. Die Beklagte unterliegt als Stadt bereits aus kommunalrechtlichen Gründen einem besonderen Wirtschaftlichkeitsgebot. Sie war zudem – was der Drittwiderbeklagten unstreitig bekannt war – für die Durchführung der zu planenden Maßnahmen auf Fördermittel angewiesen. Für einen Architekten ergibt sich daraus nicht nur die Pflicht, bei seiner Planung übermäßigen, unnötigen Aufwand zu vermeiden (BGH, Urteil vom 09.07.2009 – VII ZR 130/07 = NZBau 2009, 722 [Rn. 7]); er muss vielmehr in besonderem Maße die Finanzierbarkeit der zu planenden Maßnahmen für seine Auftraggeberin im Blick behalten (OLG Brandenburg, Urteil vom 14.01.2015 – 4 U 27/13 = IBRRS 2015, 0231). Der Budgetvorgabe kam damit maßgebliches Gewicht im Sinne einer verbindlichen Vorgabe zu. Die Klägerin kann in diesem Zusammenhang auch nicht damit gehört werden, sie habe vor Abschluss der Leistungsphase 2 die Baukosten überhaupt nicht kennen können. Denn bereits bei Vorlage ihres Wettbewerbsbeitrages hätte sie ermitteln müssen, ob ihr Beitrag innerhalb des vorgegebenen Budgets realisiert werden kann, was offensichtlich nicht geschehen war.
100
(2) Anders als die Klägerin meint, führen diese Umstände nicht lediglich zu einer Teilunmöglichkeit. Denn dadurch, dass bereits die Basisplanung im Sinne der Auslobung den vorgegebenen Kostenrahmen nicht einhalten konnte, war die Planung auch der Zusatzwünsche der Beklagten und der möglicherweise nicht vorhersehbaren erforderlichen Zusatzmaßnahmen unter Zugrundelegung des vorgegebenen Budgets nicht möglich. Die Architektenleistung ist nicht teilbar. Denn die gesamte Baumaßnahme gründete auf dem nicht einhaltbaren Kostenrahmen des Wettbewerbs, so dass eine Realisierung des Projekts insgesamt nicht innerhalb des gesteckten – wenn auch ggf. durch die Zusatzmaßnahmen – erhöhten Preisrahmens möglich war (gegen eine Teilunmöglichkeit auch Zahn, BauR 2019, 1513 [1518]).
101
b) Soweit die Drittwiderbeklagte ihre Leistung unstreitig nicht erbracht hat, mithin die Leistungen der Leistungsphase 3, erlischt ihr Gegenleistungsanspruch nach § 326 Abs. 1 BGB. Ihr steht deshalb hierfür kein Vergütungsanspruch zu.
102
Ihr Vergütungsanspruch bleibt nicht ausnahmsweise gemäß § 326 Abs. 2 BGB aufrechterhalten.
103
Ein von § 326 Abs. 2 BGB erfasster Fall ist von der insofern darlegungs- und beweisbelasteten (Herresthal, in: BeckOGK-BGB [Stand: 01.03.2025], § 326 Rn. 374) Klägerin nicht nachgewiesen worden.
104
Der Senat verkennt dabei nicht, dass die Unmöglichkeit der Vertragserfüllung (auch) auf die nicht im Kostenrahmen umsetzbare Auslobungsbeschreibung der Beklagten zurückzuführen war, die wiederum auf der Machbarkeitsstudie des Ingenieurbüros G. beruhte. Diese Problematik hätte die Drittwiderbeklagte jedoch – anders als die Klägerin insbesondere in ihrem nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 26.09.2025 meint – bereits vor Abschluss des Architektenvertrages erkennen können und müssen. Denn im Rahmen des Wettbewerbs hätte sie – wie bereits oben ausgeführt – ermitteln müssen, ob das von ihr geplante Konzept innerhalb des gesteckten Kostenrahmens realisierbar ist. Dies war zwingende Vorgabe der Auslobung. Bei einer entsprechenden Prüfung hätte sie festgestellt, dass die Auslobung innerhalb des gesteckten Kostenrahmens wegen fehlerhafter Angaben im Raumprogramm nicht umsetzbar war.
105
So führte der Sachverständige L. bereits in seinem Ausgangsgutachten auf S. 15 f. zum Kinderplanschbecken aus:
„Gemäß tabellarischer Aufstellung der Wettbewerbsaufgabe (Raumprogramm) ist das Kinderplanschbecken als Option mit 20 m² Fläche abgebildet. Mit diesen 20 m² soll eine Wasserfläche, ein Kinderplanschbecken mit Bereichen für die unterschiedlich alten Kleinkinder mit Strand, Kurzrutsche, Wasserpilz, Schiffskanal und Wasserfall geschaffen werden. Hinzu soll genügend Aufenthaltsfläche für Eltern sowie ein angemessener Beckenumgang geschaffen werden.
Dazu kann aus sachverständiger Sicht festgestellt werden, dass diese Fläche mit 20 m² als unzureichend bezeichnet werden kann, wenn die notwendigen Verkehrsflächen berücksichtigt werden. Die in der textlichen Ausführung der Wettbewerbsauslobung genannten Funktionen lassen sich nicht insgesamt auf 20 m² Fläche unterbringen. Der […] Planauszug aus dem klägerseitigen Vorentwurf zeigt, dass mit einer Fläche von 20 m² das Wettbewerbsprogramm nur unvollständig erreicht werden könnte. Die hier klägerseitig geplante Lösung liegt flächenmäßig deutlich über den Angaben aus der Wettbewerbsauslobung. […] Da die 20 m² Fläche bei der Bildung des Budgets mit 4,2 Mio.€ berücksichtigt wurden, ist festzuhalten, dass diesbezüglich bereits aufgrund der Wettbewerbsaufgabe eine Überschreitung des Budgets absehbar war. […]” (Hervorhebung durch den Senat)
106
Gleichermaßen führt der Sachverständige zum Bereich „Kasse/Bistro-Ausgabe/Kiosk“ auf S. 16 f. seines Ausgangsgutachtens aus:
„Dieser Bereich ist im Raumprogramm zur Wettbewerbsaufgabe mit einer Fläche von 20 m² ausgewiesen. Gemäß den textlichen Hinweisen soll damit ein zentraler Multifunktionsraum zwischen Eingangshalle und Freibad geschaffen werden, der gleichzeitig als Freibadkasse, Hallenbadkasse, Ausgangstresen für Getränke, kleine Speisen und sonstige Kioskartikel (in die Eingangshalle sowie ins Freibad mit direkter Anbindung an die Küche) funktionieren soll. Darüber hinaus soll disponiert werden, dass gewisse Ausstellungen, Zeitungsständer usw. in die Eingangshalle geschoben werden können (offenes Konzept). Der Raum sollte nach Ladenschluss abschließbar sein.
Dazu kann aus sachverständiger Sicht festgestellt werden, dass die Flächenangabe mit 20 m² für eine solche Nutzung zu klein ist. In der Vorentwurfszeichnung des Klägers ist diese Fläche deutlich größer dargestellt […]. Da die 20 m² Eingang in die Kostenermittlung (Budgetvorgabe in Höhe von 4,2 Mio.€) gefunden haben, ist festzuhalten, dass diesbezüglich bereits aufgrund der Wettbewerbsaufgabe eine Überschreitung des Budgets absehbar war.” (Hervorhebung durch den Senat)
107
Die im Architektenvertrag, der nach Beendigung des Wettbewerbs abgeschlossen wurde, angelegte Unmöglichkeit der Leistung der Drittwiderbeklagten war damit zum einen nicht auf eine alleinige oder überwiegende Verantwortlichkeit der Beklagten zurückzuführen, sondern auch auf die – unter Kostengesichtspunkten – unzureichende Bearbeitung der Wettbewerbsaufgabe durch die Drittwiderbeklagte. Es kommt daher nicht darauf an, welche Kostenerhöhungen sich bei Leistungen einzelner Kostengruppen, die von Sonderplanern geplant worden waren, oder aus Zusatzwünschen oder unbekannten kostenerhöhenden Problemen ergaben. Denn die Kostenüberschreitung war schon ungeachtet all dieser Umstände aufgrund der Wettbewerbsaufgabe vorherzusehen.
108
Zum anderen beruhte die Auslobung mit einem fehlerhaft zu niedrigem Budget auch nicht auf einem eigenen Verschulden der Beklagten, sondern ergab sich letztlich aus der Machbarkeitsstudie des Ingenieurbüros G.. Von der dieser zugrunde liegenden Kostenermittlung hatte die Beklagte keine detaillierte Kenntnis, was sich aus der als Anlage K64 vorgelegten E-Mail der Beklagten an die Drittwiderbeklagte vom 21.11.2014 ergibt, mit der die Beklagte die Anfrage der Drittwiderbeklagten nach der Kostenermittlung, die zu der Budgetvorgabe von 4,3 Mio. € geführt hatte, wie folgt beantwortete:
„Die Kostenermittlung wurde von H. T., G., im Rahmen der Machbarkeitsstudie festgelegt. Eine detaillierte Berechnung liegt uns hier nicht vor, da auch in der Machbarkeitsstudie nur eine Komplettsumme genannt wurde. Diese Kostenermittlung müsste eigentlich das Büro G. in ihren Unterlagen haben.“
109
Ein evtl. Fremdverschulden des Büros G. ist aber der Beklagten im Rahmen des § 326 Abs. 2 BGB nicht über § 278 BGB zuzurechnen. Für die Anwendung des § 326 Abs. 2 BGB kommt es vielmehr darauf an, ob die Beklagte – zumindest konkludent – das Unmöglichkeitsrisiko übernommen hat (BGH, Urteil vom 18.10.2001 – III ZR 265/00 = NJW 2002, 595). Das ist jedoch nicht der Fall, weil es gerade der Auftrag der Drittwiderbeklagten war, eine Planungsleistung zu erbringen, die sich im Kostenrahmen halten würde. Dass eben dies die Vorgabe der Beklagten war, zeigt auch der nach Durchführung des Wettbewerbs und noch vor Abschluss des Architektenvertrages geäußerte Wunsch des damaligen Bürgermeisters der Beklagten, die konkreten Kosten für die geplante Baumaßnahme zu erfahren. Die Beklagte wollte mithin nicht unabhängig von einer Realisierbarkeit des Vorhabens innerhalb des gesteckten Kostenrahmens die Vergütungspflicht auf sich nehmen und auch für Fehler der Ersteller der Machbarkeitsstudie einstehen. Deswegen hat sie im Architektenvertrag unter Ziffer 1.4 auch geregelt, dass der Architekt verpflichtet ist, den Bauherren unverzüglich zu informieren, wenn der vom Bauherrn bekanntgegebene wirtschaftliche Rahmen überschritten wird. Der Architekt sollte dem Bauherrn dann eine Frist zur Erklärung setzen können, ob die neu ermittelten Kosten Grundlage der weiteren Leistungen des Architekten sein sollen.
110
Nur der Vollständigkeit halber sei angemerkt, dass nach alledem eine schuldhafte Pflicht- oder auch nur Obliegenheitsverletzung der Beklagten bei der Ausschreibung, die die Beklagte unkonkretisiert aus den Vorschriften der VGV, VOB/A und § 97 GWB ableiten will, nicht ersichtlich ist. Anders als die Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 26.09.2025, S. 10, ausführt, war die Beklagte auch nicht bösgläubig, denn ihr waren, wie die Klägerin ebenfalls vorträgt, die Hintergründe der im Wettbewerb genannten Kosten nicht bekannt (Schriftsatz vom 26.09.2025, S. 24).
111
c) Soweit die Drittwiderbeklagte teilweise geleistet hat, nämlich unstreitig die Leistungen der Leistungsphasen 1 und 2 erbracht hat, sind diese Leistungen nicht vertragsgemäß, sondern aufgrund der Verletzung der Beschaffenheitsvereinbarung (Baukostenrahmen) mangelhaft. Insoweit besteht für diese Leistungen der Vergütungsanspruch der Drittwiderbeklagten zwar grundsätzlich nach § 326 Abs. 1 Satz 2 BGB fort; er ist jedoch durch die als Rücktrittserklärung auszulegende Kündigungserklärung erloschen.
112
aa) Aufgrund der mangelhaft erbrachten Leistung stand der Beklagten ein Rücktrittsrecht nach § 326 Abs. 5 BGB i. V. m. § 323 BGB ohne Fristsetzungserfordernis zu (Rechtsgrundverweisung).
113
Nach einer Schlechtleistung erfordert ein Rücktritt vom Vertrag gemäß § 326 Abs. 5 BGB, dass die Pflichtverletzung nicht unerheblich ist. Eine derartige Unerheblichkeit lag schon aufgrund der deutlichen Überschreitung der Budgetvorgabe und der Nichtrealisierbarkeit des Projekts aus finanziellen Gründen nicht vor.
114
bb) Dass die Klägerin keinen Rücktritt vom Vertrag erklärt, sondern eine (unwirksame) außerordentliche Kündigung mit Schreiben vom 05.03.2015 (Anlage K6a) ausgesprochen hat, ist unerheblich.
115
Denn die – unstreitig als außerordentliche Kündigung keine Wirkung entfaltende – Kündigungserklärung ist in eine Rücktrittserklärung umzudeuten. Dies ist möglich, wenn der Auftraggeber bei Kündigung zum Ausdruck bringt, dass die bis zum Zeitpunkt der Erklärung erbrachten Leistungen für ihn ohne Wert sind (OLG Düsseldorf, Urteil vom 14.04.2015 – 21 U 181/14 = BeckRS 2016, 2840).
116
Dies war der Fall. In der Kündigungserklärung vom 05.03.2015 (Anlage K6a) heißt es ausdrücklich, dass die Sanierung auch innerhalb des reduzierten Kostenrahmens von 9 Mio. € nicht finanzierbar, ein Budget von ungefähr 4,2 Mio. € angesetzt gewesen und die Finanzierung der Planung der Beklagten von 13,5 Mio. € nicht möglich sei. Damit hat die Beklagte – wie bereits zuvor in Besprechungen (vgl. z. B. Gesprächsnotiz vom 20.10.2014, Anlage K4, dort unter Ziff. 3, und Protokoll zur Besprechung am 09.12.2014, Anlage B6 und K24: „Aufgabe verfehlt“; selbst die Klägerin schreibt in ihrer E-Mail vom 27.10.2014, Anlage K49, an das Büro G., der Bauherr sei wegen der Baukostensteigerung „sehr schockiert“) – zum Ausdruck gebracht, dass sie mit der Planung der Drittwiderbeklagten nichts anfangen kann, deshalb die Planung einstellen und den Vertrag mit der Drittwiderbeklagten auch nicht mit den bisherigen Planungszielen fortsetzen will.
117
cc) Durch die Rücktrittserklärung hat sich der zwischen den Parteien bestehende Architektenvertrag in ein Rückgewährschuldverhältnis umgewandelt (§ 346 BGB), die beiderseitigen Erfüllungsansprüche sind erloschen (BGH, Urteil vom 22.05.2025 – VII ZR 129/24 = NJW 2025, 2401 [Rn. 26]; Grüneberg, in: Grüneberg, BGB [2025], Vor § 346 Rn. 3).
118
Der Klägerin steht mithin kein weiterer Zahlungsanspruch gegen die Beklagte zu, sodass ihre Klage insgesamt abzuweisen war. Ihre Anschlussberufung hat deshalb keinen Erfolg, während die Berufung der Beklagten, soweit sie sich gegen die Verurteilung der Beklagten zu einer weiteren Zahlung an die Klägerin richtet, Erfolg hat.
119
d) Der Beklagten steht darüber hinaus aus § 346 Abs. 1 BGB ein Anspruch auf Rückzahlung der Abschlagszahlung von 81.946,55 € zu.
120
Denn im Rahmen des Rückgewährschuldverhältnisses sind auch die empfangenen Leistungen zurückzugewähren (§ 346 Abs. 1 BGB). Dies bedeutet, dass die Beklagte von der Drittwiderbeklagten die als Abschlagszahlung bezahlten Beträge zurückfordern kann.
121
aa) Zwar schuldet die Beklagte im Rahmen des Rückgewährschuldverhältnisses auch die Rückgabe der empfangenen Planungsleistungen der Drittwiderbeklagten, wobei die wechselseitigen Rückgewährpflichten gemäß § 348 BGB Zug um Zug zu erfüllen sind. Eine Zug-um-Zug-Verurteilung hatte jedoch nicht zu erfolgen, da die Drittwiderbeklagte ihren Rückgewähranspruch nicht geltend gemacht hat, was jedoch erforderlich gewesen wäre (BGH, Urteil vom 12.10.2017 – IX ZR 288/14 = NJW-RR 2018, 48 [Rn. 45]).
122
bb) Dem Rückgewähranspruch der Beklagten steht auch kein Wertersatzanspruch gegenüber. Ein solcher wurde ebenfalls nicht geltend gemacht. Er bestünde aber auch dem Grunde nach nicht (dazu unter (1)), würde aber jedenfalls die Höhe des im Rechtsstreit verfolgten Rückzahlungsanspruchs der Beklagten gegen die Drittwiderbeklagte weder ganz noch teilweise tangieren (dazu unter (2)).
123
(1) Der Bundesgerichtshof führt in seinem Urteil vom 23.11.2006 – VII ZR 110/05 (NJW-RR 2007, 378 [Rn. 28]), aus:
„Nach der Feststellung des LG, auf welche das BerGer. verweist, hat die Bekl. der Kl. die von ihr erhaltenen Planungsunterlagen zurückgegeben. Ob damit alle empfangenen Leistungen zurückgewährt worden sind, hängt davon ab, ob die Bekl. die Unterlagen verwertet hat. Soweit eine Verwertung nicht stattgefunden hat, muss es mit der Rückgabe der Unterlagen sein Bewenden haben. Insoweit dagegen die Bekl. Unterlagen verwertet hat, ist eine Rückgewähr der empfangenen Leistung ausgeschlossen, weil sie nicht möglich ist. Lediglich in diesem Rahmen kommt anstelle der Rückgewähr ein Wertersatz für die erbrachte und verwendete Teilleistung in Betracht.“
124
Eine Verwertung der Planung der Drittwiderbeklagten durch die Beklagte ist weder substantiiert dargelegt noch ersichtlich. Die Beklagte hat vorgetragen, die Planungsleistungen seien für das durch einen dritten Architekten betreute geänderte Sanierungsprojekt nicht verwendet worden. Die Realisierung einer „Ein-Becken-Planung“ gehe nicht auf Vorschläge der Drittwiderbeklagten zurück, sondern beruhe auf einer früheren Planung eines Dritten aus dem Jahre 2013. Diese Planung habe sie zwar eigentlich nicht ausführen wollen, es aber nun notgedrungen doch getan. Diesem Vorbringen ist die – für ihren Wertersatzanspruch darlegungs- und beweisbelastete – Drittwiderbeklagte nicht substantiiert entgegengetreten. Ihr Vorbringen erschöpft sich vielmehr in der bloßen Behauptung, ihre „Planungsleistungen“ seien auch bei der geänderten Sanierung durch Dritte berücksichtigt worden. Es ist aber nicht ersichtlich, welche Erkenntnisse aus der Planung der Drittwiderbeklagten für ein Bauvorhaben, das weit außerhalb der Budgetvorstellungen der Beklagten lag, verwertbar gewesen sein sollen. Etwas anderes ergäbe sich auch nicht, wenn die Planung der Drittwiderbeklagten – worauf die Klägerin im Schriftsatz vom 26.09.2025 abstellen will – bei Verhandlungen der Beklagten über weitere Fördermittel herangezogen worden wäre. Denn diese Verhandlungen blieben ohne Erfolg. Die Planung der Drittwiderbeklagten war für die Beklagte wirtschaftlich nutzlos. Sie musste von neuem – nunmehr unter Zugrundelegung des richtigen Kostenrahmens – begonnen werden.
125
(2) Nähme man an, dass die Beklagte Erkenntnisse aus der Grundlagenermittlung der Drittwiderbeklagten verwertet hätte, ergäbe sich für diese Leistungen der Leistungsphase 1 selbst auf der Grundlage der von der Klägerin veranschlagten anrechenbaren Kosten von (höchstens) 7.225.988,84 €, dem Ansatz aller weiteren, in der Teilschlussrechnung ausgewiesenen Kosten der Drittwiderbeklagten und ohne Abzug des Wettbewerbshonorars (vgl. Anlage K26) – lediglich ein Honorar-/Wertersatzbetrag von 27.418,98 €, der sich wie folgt errechnen würde:
|
Honorar Lph 1 netto
|
17.084,75 €
|
|
Besondere Leistung (vertiefte Berechnung)
|
1.320,19 €
|
|
Besondere Leistung nach h 6 h a 100,- €/Std.
|
600,00 €
|
|
Besondere Leistung nach h 12 h a 75,- €/Std.
|
900,00 €
|
|
Reisekosten, 580 km a 0,4 €/km
|
232,00 €
|
|
Tagespauschale B., J.
|
1.600,00 €
|
|
Zwischensumme Lph 1 netto
|
21.736,94 €
|
|
6% Nebenkosten aus Nettohonorar (§ 3.8)
|
1.304,22 €
|
|
Gesamthonorar Lph 1 netto
|
23.041,16 €
|
|
zzgl. 19% USt.
|
4.377,82 €
|
|
Gesamthonorar Lph 1 brutto
|
27.418,98 €
|
126
Dieser Betrag liegt deutlich unter den 45.000 €, die die Beklagte im Laufe des Rechtsstreits auf das Honorar der Drittwiderbeklagten gezahlt hat und die sie nicht zurückverlangt.
127
2. Aber auch wenn man die Kündigungserklärung der Beklagten nicht als Rücktrittserklärung auffassen wollte, stünde der Drittwiderbeklagten aufgrund der Regelung in § 10 des Architektenvertrages (Anlage K1) keine Vergütung für die von ihr erbrachten Leistungen zu.
128
Die Beklagte hat, wie es § 10 verlangt, schriftlich gekündigt (Anlage K6a).
129
Die Drittwiderbeklagte hat die Kündigung zu vertreten. Denn sie hat eine Planung vorgelegt, die sich schon, was den Rahmen der Wettbewerbsleistungen betrifft, nicht innerhalb des ausgeschriebenen Budgets bewegt hat. Sie hat zudem ihre Pflichten aus der Leistungsphase 1 verletzt. Denn dort trifft den Architekten die Pflicht, die wirtschaftlichen Möglichkeiten des Bauherrn festzustellen und sich nach dessen Finanzierungsmöglichkeiten zu erkundigen. Beginnt der Architekt ohne verlässliche Kenntnis von den wirtschaftlichen Möglichkeiten des Bauherrn mit der Planung, verletzt er regelmäßig seine Vertragspflichten (BGH, Urt. v. 21.03.2013 – VII ZR 230/11 – BGHZ 197, 93 = BauR 2013, 1143 = NJW 2013, 1593 = NZBau 2013, 386; Löffelmann / Keldungs / Baldringer, Architektenrecht, 8. Auflage 2024, C. Baukostenobergrenze, Rn. 8), gerade bei öffentlichen Auftraggebern (OLG Brandenburg, Urteil vom 14.01.2015 – 4 U 27/13 = IBRRS 2015, 0231). Diese schuldhafte Pflichtverletzung der Drittwiderbeklagten bedingte die Kündigung der Beklagten.
130
Die Leistung der Drittwiderbeklagten war für die Beklagte auch nicht brauchbar; vielmehr überschritt sie deutlich das Budget der Beklagten. Die Beklagte hat die Leistung der Drittwiderbeklagten – wie bereits ausgeführt – auch nicht verwertet.
131
Da jedenfalls eine der Drittwiderbeklagten möglicherweise zustehende Vergütung für die Leistungen der Leistungsphase 1 unterhalb des der Drittwiderbeklagten auch in Anbetracht des Erfolgs der Drittwiderklage verbleibenden Betrages liegt (s. o.), steht ihr auch aus § 10 des Architektenvertrages kein weiterer Vergütungsanspruch zu. Vielmehr ist sie aufgrund des Vertrages (BGH, Urteil vom 30.09.2004 – VII ZR 187/03 = NJW-RR 2005, 129) zur Rückzahlung der Überzahlung an die Beklagte in der geforderten Höhe verpflichtet.
132
3. Zu den geltend gemachten Nebenforderungen sind lediglich folgende Bemerkungen veranlasst:
133
Aufgrund der vollständigen Klageabweisung hat die Klägerin keinen Anspruch auf Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten oder Zinsen. Es kommt deshalb nicht darauf an, ob die Drittwiderbeklagte die Beklagte wirksam in Verzug setzen konnte oder nicht.
134
Die Drittwiderbeklagte schuldet der Beklagten jedoch die Zahlung von Zinsen für den geltend gemachten Rückzahlungsbetrag in der beantragten Höhe (§§ 288 Abs. 1, 291 BGB). Zinsen stehen der Beklagten aber erst ab Zustellung der Drittwiderklage zu. Die Zustellung der Drittwiderklage erfolgte am 02.03.2017 (zu Bl. 37 Rs.). Soweit die Beklagte in der Berufung darüber hinaus – schon ab 22.02.2017 – Zinsen verlangt, war ihre insofern zweitinstanzlich erweiterte Klage abzuweisen und die Berufung zurückzuweisen.
135
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO.
136
Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
137
Die Revision war nicht zuzulassen. Die Entscheidung steht nicht im Widerspruch zu Entscheidungen anderer Oberlandesgerichte. Die Entscheidung beruht auf den konkreten Umständen des Einzelfalls, so dass der Rechtsstreit auch keine grundsätzliche Bedeutung hat.