Inhalt

VG Regensburg, Beschluss v. 30.10.2025 – RN 3 E 25.1809
Titel:

katholische Kirche, Religionsgemeinschaft, Priester, Diözese, Justizgewähranspruch, staatlicher Rechtsweg, kirchlicher Rechtsweg, staatliche Gerichte, kirchliche Gerichte, Ausschöpfen des kirchlichen Rechtswegs, Subsidiarität des staatlichen Rechtswegs, kirchliches Selbstbestimmungsrecht, innerkirchliche Angelegenheiten, Unterlassung von Äußerungen, Rechtsschutzbedürfnis, einstweilige Anordnung

Normenketten:
GG Art. 140
WRV Art. 137 Abs. 3
GG Art. 4
GG Art. 20 Abs. 2
GG Art. 19 Abs. 4
VwGO § 40
GVG § 13
GVG § 17a
VwGO § 123
Schlagworte:
katholische Kirche, Religionsgemeinschaft, Priester, Diözese, Justizgewähranspruch, staatlicher Rechtsweg, kirchlicher Rechtsweg, staatliche Gerichte, kirchliche Gerichte, Ausschöpfen des kirchlichen Rechtswegs, Subsidiarität des staatlichen Rechtswegs, kirchliches Selbstbestimmungsrecht, innerkirchliche Angelegenheiten, Unterlassung von Äußerungen, Rechtsschutzbedürfnis, einstweilige Anordnung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 30208

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 10.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

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I. Der Antragsteller begehrt im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Unterlassung von Äußerungen.
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Der Antragsteller ist seit seiner Priesterweihe im Jahr 2009 inkardinierter Priester in der Diözese X. …, der Antragsgegnerin. Seit September 2022 war er Pfarrer des Pfarrverbandes Y. … Seit Sommer 2023 sieht sich der Antragsteller in seiner Pfarrei Vorwürfen von Fehlverhalten in der Jugendarbeit ausgesetzt, die von jedenfalls dem Antragsteller nicht bekannten Personen erhoben und zwischenzeitlich auch über anonyme Accounts in sozialen Medien verbreitet werden. Der Antragsteller weist die Vorwürfe, die u.a. auch exzessiven Alkoholkonsum bzw. die Verleitung Jugendlicher zum Alkoholkonsum zum Gegenstand haben, zurück. Die Vorwürfe sind bis dato nicht abschließend geklärt.
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Im Rahmen eines Gottesdienstes in seiner Pfarrei am 10 September 2023 äußerte sich der Antragsteller zu den gegen ihn erhobenen Vorwürfen übermäßigen Alkoholkonsums, wies diese zurück und gab an, zu seiner Entlastung seine Leberwerte im bischöflichen Ordinariat der Antragsgegnerin vorzulegen. In der Folgezeit kam es wohl innerhalb der Pfarrei zu Anschuldigungen gegenüber einer Familie, diese habe den Antragsteller gegenüber dem Bischof des übermäßigen Alkoholkonsums beschuldigt. Im Nachgang zu einer Visitation des Bischofs der Antragsgegnerin in der Pfarrei des Antragstellers fand am 12. November 2024 eine Anhörung des Antragstellers durch Bischof … statt, in deren Rahmen auch die Vorwürfe gegen den Antragsteller thematisiert wurden. Der Antragsteller und Bischof … kamen überein, dass sich der Antragsteller im Rahmen einer Messe oder im Pfarrbrief bei der Familie sowie beim bischöflichen Ordinariat entschuldigen werde. Dies tat der Antragsteller schließlich in der Silvesterpredigt 2024. Einen Entwurf der Predigt, auf den wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird, hatte der Antragsteller am 12. Dezember 2024 vorab zur Abstimmung übersandt.
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Ende Januar 2025 fand ein Gespräch zwischen den Beteiligten statt, wie die im Raum stehenden Vorwürfe aufgeklärt werden könnten und welche Konsequenzen dies für den Antragsteller – unabhängig von der Frage, inwieweit die Vorwürfe zuträfen – haben könnte. Im Anschluss an das Gespräch übermittelte die damalige Bevollmächtigte des Antragstellers, Frau Rechtsanwältin K. …, die mit dem Antragsteller an dem Gespräch teilgenommen hatte, der Antragsgegnerin den Entwurf einer Erklärung des Antragstellers zur aktuellen Situation in seiner
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Pfarrei. Nach interner Abstimmung der Antragsgegnerin zu dem Entwurf fand am 6. März 2025 ein weiteres Gespräch statt, an dem seitens der Antragsgegnerin Herr Bischof …, Herr Generalvikar …, Herr Rechtsanwalt W. … und Frau M. …, Kanzlerin des Ordinariats der Antragsgegnerin und Interventionsbeauftragte bei Fällen sexualisierter Gewalt, teilnahmen. Im Anschluss an dieses Gespräch übermittelte die damalige Bevollmächtigte des Antragstellers einen überarbeiteten Entwurf der Erklärung des Antragstellers. Auf den Entwurf wird Bezug genommen. Zur Veröffentlichung einer entsprechenden Erklärung kam es nicht.
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Am 19. März 2025 kontaktierte Bischof … telefonisch den Antragsteller, teilte ihm mit, dass aufgrund einer Presseanfrage, die neben der Antragsgegnerin auch an den Antragsteller gerichtet war, nach seiner Auffassung zügiges Handeln geboten sei, und bat ihn, noch am selben Tag zu einer Besprechung nach X. … zu kommen, um einen nach seiner Auffassung vom Antragsteller am 6. März 2025 angebotenen Rücktritt zu unterschreiben. Aufgrund kurzfristig aufgetretener gesundheitlicher Probleme des Antragstellers kam diese Besprechung nicht zustande. Hierüber wurde das bischöfliche Ordinariat von der Gemeindereferentin des Antragstellers telefonisch informiert. Im Rahmen dieses Telefonats teilte der Bischof der Gemeindereferentin des Antragstellers mit, dass im Hinblick auf die Presseanfrage eine Pressemitteilung erstellt werden solle. Weiteren telefonischen Kontakt zwischen Bischof … und dem Antragsteller gab es am 19. März 2025 nicht mehr. Am Folgetag, dem 20. März 2025, kontaktierte Bischof … den Antragsteller erneut und kündigte an, ihm den Text einer gemeinsamen Erklärung zu übersenden, die als Pressemitteilung veröffentlicht und auch zur Beantwortung der Presseanfrage verwendet werden solle. Etwa 20 bis 30 Minuten später fand ein weiteres Telefonat statt, in dem der Antragsteller jedenfalls bat, das in dem Textentwurf verwendete Wort „Missbrauch“ zu ersetzen. Auf Vorschlag des Bischofs wurde der Begriff in „Manipulation“ geändert.
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Im Laufe des 20. März 2025 veröffentlichte die Antragsgegnerin u.a. auf ihrer Homepage folgende Pressemitteilung:
Z. … zieht sich als Dekan und Pfarrer aus dem Pfarrverband Y. … zurück. Er hat seine Resignation auf den Pfarrverband und das Amt des Dekans mündlich erklärt und Bischof … wird diese mit Wirkung zum Montag, 24. März 2025, annehmen.
Als Grund nannte der Pfarrer einen tiefen Riss, der durch die Gemeinde gehe, und für den auch er selbst zu seinem großen Bedauern Mitverantwortung trage. Seit einiger Zeit gebe es Verdächtigungen gegen seine Person, die ihm schwerwiegendes Fehlverhalten in der Jugendarbeit unterstellen. Der Umgang mit Alkohol stehe hier im Fokus. Zudem werde er seit einigen Monaten auch der geistlichen Manipulation verdächtigt.
Im September 2023 hatte sich der bei vielen Gläubigen beliebte Pfarrer gegen den Vorwurf gewehrt, selbst zu viel Alkohol zu konsumieren. Er hatte in einem öffentlichen Gottesdienst erklärt, dieses Gerücht im Bischöflichen Ordinariat aufklären zu wollen. Dazu stellte er die falsche Behauptung in den Raum, er sei vom Ordinariat aufgefordert worden, seine Leberwerte zur Überprüfung einzuschicken und zudem müsse er sich überlegen, ob er in Y. … am richtigen Ort sei, wenn über ihn derartige Gerüchte an die Bistumsleitung getragen werden.
Nach diesem Gottesdienst sahen sich einige Gemeindemitglieder dem Vorwurf ausgesetzt, den beliebten Pfarrer beim Bistum „angeschwärzt“ zu haben. Diese Situation habe sich derart verschärft, so dass sich diese Pfarreiangehörigen einer „Hetzjagd“ ausgesetzt sahen und eine Mobbing-Situation für diese betroffenen Personen entstanden sei. Der Pfarrer kam unter Verdacht dieses Mobbing initiiert und befeuert zu haben. In der Folge wurden weitere Vorwürfe und Anschuldigungen gegen den Pfarrer an das Bischöfliche Ordinariat herangetragen, die seitens des Bischofs und Generalvikars entsprechend ihrer Verantwortung kirchenrechtlich geprüft und durch entsprechende Dekrete mit konkreten Auflagen geahndet wurden.
Bei der im vergangenen Jahr durchgeführten Visitation kam Bischof … persönlich in den Pfarrverband. Bei seinen vielen Gesprächen mit einzelnen Personen und in Gruppen mit engagierten Gläubigen hat sich ihm ein sehr positives Bild des kirchlichen Lebens gezeigt. Der Bischof hat die ihm bekannte Konfliktsituation im Rahmen der Visitation mehrfach angesprochen, jedoch so gut wie keine Resonanz darauf erhalten. Am Ende der Visitation bat der Bischof im Gottesdienst bei entstandenen Konflikten mit der Haltung des gegenseitigen Wohlwollens aufeinander zuzugehen.
Die Gesamtsituation vor Ort ist so angespannt und komplex, dass sie weiteres Potential für Verletzung birgt. Daher bittet der Bischof nach Möglichkeit alle Beteiligten besonnen zu agieren und weitere Verletzungen zu vermeiden.
Ungeachtet dessen zeigt sich heute, dass eine Befriedung der Situation aus eigenen Kräften nicht möglich war und letztlich nur durch eine externe Klärung und Unterstützung erfolgen kann. Daher wurde seitens des Bistums eine kirchenrechtliche Prüfung in Rom eingeleitet.
In der Zwischenzeit wurde dem Bistum ein umfassender Bericht über die Situation in Y. … übermittelt, der Anlass gab, eine externe Anwaltskanzlei hinzuzuziehen. Die Gründe dafür: aus Sicht des Bistums werden Sachverhalte unrichtig dargestellt und widerlegbare Behauptungen aufgestellt sowie Persönlichkeitsrechte Dritter verletzt.
Nachdem dem Bistum Anfang dieser Woche neue, bislang nicht bekannte Vorwürfe übermittelt wurden, wird der Sachverhalt nunmehr zur transparenten Aufklärung den staatlichen Ermittlungsbehörden vorgelegt.
Pfarrer Z. … erklärt somit seinen Rückzug. Gegenüber der Bistumsleitung hat er erklärt, die eigenen Fehler, die letztlich für die entstandene Eskalation ursächlich waren, zu bedauern. Ausdrücklich entschuldigen möchte sich Bischof … bei den Personen, die Verletzungen erlitten haben, die auch aus dem Eindruck entstanden sind, die Bistumsleitung würde nicht zügig genug gehandelt haben. In jedem Fall, so der Bischof, werde eine externe Aufarbeitung in der Pfarrei Y. … beauftragt und zügig versucht, eine Nachfolgelösung für die Besetzung des Pfarrverbandes zu finden.
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Die Pressemitteilung ist zwischenzeitlich auf der Homepage der Antragsgegnerin nicht mehr aufrufbar. Laut Schreiben der Bevollmächtigten der Antragsgegnerin vom 13. Oktober 2025 sei die Löschung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, gleichwohl dauerhaft und endgültig, erfolgt, nachdem der Antragsteller am 26. September 2025 um seine Entlassung aus dem Klerikerstand nachgesucht habe und ein neuer Pfarrer eingesetzt worden sei.
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Unter dem 21. März 2025 erließ der Bischof der Antragsgegnerin ein Dekret, in dem dargelegt wird, dass der Antragsteller im Rahmen der Besprechung am 6. März 2025 seine Resignation vom Amt des Dekans und als Pfarrer des Pfarrverbandes Y. … angeboten und zugesagt habe und der Bischof diesem Amtsverzicht zugestimmt habe, sodass „zweifelsfrei fest[stehe], dass [der] Verzicht [des Antragstellers] gem. can. 538 § 1 CIC auf das Amt der Pfarreien Y. … -St. …, … und Y. …, die den Pfarrverband Y. … bilden, rechtskräftig“ und der Antragsteller ab dem 24. März 2025 nicht mehr Dekan und Pfarrer im Pfarrverband Y. … sei. Außerdem wurde dem Antragsteller in dem Dekret mit Wirkung bis zum 24. März 2025 bis auf Widerruf verboten, in der Öffentlichkeit das eucharistische Messopfer und andere Sakramente zu feiern, den Dienst als Seelsorger auszuüben und im Pfarrverband Y. … öffentlich als Priester aufzutreten. Das römische Dikasterium für die Glaubenslehre stellte am 10. Juli 2025 fest, dass ein vom Antragsteller gegen das Dekret erhobener Rekurs unzulässig sei.
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Mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 16. April 2025 ließ der Antragsteller die Antragsgegnerin auffordern, sieben Äußerungen aus der Pressemitteilung vom 20. März 2025 sowie sechs weitere Äußerungen aus zwei weiteren Pressemitteilungen der Antragsgegnerin zu löschen und diesbezüglich eine Unterlassungsverpflichtungserklärung abzugeben. Diese Ansprüche ließ die Antragsgegnerin mit Schreiben ihrer Bevollmächtigten vom 21. April 2025 zurückweisen.
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Mit am 20. April 2025 dort eingegangenem Schreiben seines Bevollmächtigten vom selben Tag hat der Antragsteller beim Landgericht X. … einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung stellen lassen, mit denen er sein bereits vorgerichtlich geltend gemachtes Unterlassungsbegehren hinsichtlich vier Äußerungen aus der Pressemitteilung vom 20. März 2025 – nämlich die Aussagen, der Antragsteller habe seine Resignation erklärt, der Antragsteller habe als Grund hierfür genannt, dass ein tiefer Riss durch die Gemeinde gehe, für den er auch selbst Mitverantwortung trage, der Antragsteller habe die falsche Behauptung in den Raum gestellt, er sei vom Ordinariat aufgefordert worden, seine Leberwerte zur Überprüfung einzuschicken, und der Antragsteller habe im Zuge seines Rücktritts gegenüber der Bistumsleitung erklärt, die eigenen Fehler, die letztlich für die entstandene Eskalation ursächlich gewesen seien, zu bedauern – gerichtlich weiterverfolgt. Die Antragsgegnerin hat schriftsätzlich die Unzuständigkeit des angerufenen Landgerichts X. … gerügt und geltend gemacht, dass eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit vorliege, für die der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten und nicht der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet sei.
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Mit Beschluss vom 26. Mai 2025 hat das Landgericht X. … den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückgewiesen und seine Entscheidung im Wesentlichen damit begründet, dass kein Verfügungsgrund gegeben sei, da es aufgrund Selbstwiderlegung des Antragstellers an der Dringlichkeit und Notwendigkeit einer einstweiligen Anordnung fehle. Gegen den Beschluss hat der Antragsteller Beschwerde erhoben. Im Beschwerdeverfahren hat das Oberlandesgericht … – einem zuvor ergangenen Hinweisbeschluss vom 30. Juni 2025 folgend – mit Beschluss vom 10. Juli 2025 den ordentlichen Rechtsweg für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Bayerische Verwaltungsgericht Regensburg verwiesen, wo die Akten am 29. Juli 2025 eingegangen sind.
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Der Antragsteller macht im Rahmen seiner Antragsbegründung geltend, es handle sich bei dem verfahrensgegenständlichen Sachverhalt nicht um eine rein innerkirchengemeinschaftliche Angelegenheit, bei der eine Überprüfung durch staatliche Gerichte ausscheiden könnte. Staatliche Gerichte dürften dann eingreifen, wenn allgemeine Gesetze verletzt würden, Grundrechte Betroffener berührt seien oder Maßnahmen erkennbar über den innerkirchlichen Bereich hinauswirkten. Alle drei Fälle seien vorliegend einschlägig. Die streitgegenständlichen Äußerungen verblieben nicht im innerkirchlichen Raum und seien auch nicht ausschließlich innerhalb kirchlicher Strukturen ausgetauscht worden. Vielmehr habe die Antragsgegnerin den kirchlichen Binnenbereich bewusst verlassen, indem sie eine Pressemitteilung verfasst und an die Öffentlichkeit herausgegeben habe. Zudem seien die Grundrechte des Antragstellers massiv betroffen und verletzt. Etwaige innergemeinschaftliche Regelungen oder kircheninterne Streitigkeiten seien für die rechtliche Würdigung des Streitgegenstandes nicht einmal präjudiziell von Relevanz. Es gebe auch keine innergerichtlichen Vorfragen zu klären. Auch wenn der Rücktritt eines Pfarrers kirchenintern sei, werde durch die Veröffentlichung einer Pressemeldung mit ehrenrührigem Inhalt in den außerhalb der Kirche liegenden Schutzbereich des Pfarrers eingegriffen, was die Frage gerichtlich überprüfbar mache. Ein etwaiger innerkirchlicher Rechtsweg wäre in Bezug auf den Streitgegenstand weder statthaft noch geeignet, effektiven Rechtsschutz zu gewähren. Der hierarchische Rekurs nach can. 1732 ff. CIC betreffe nur singuläre Verwaltungsakte. Eine Pressemitteilung stelle keinen Verwaltungsakt dar, sondern externe Öffentlichkeitsarbeit. Gegen eine rufschädigende Äußerung gebe es zwar einen materiellrechtlichen Unterlassungsanspruch aus can. 220 CIC, wonach niemand den guten Ruf einer anderen Person rechtswidrig schädigen dürfe. Diesbezüglich käme zwar eine reguläre (Unterlassungs) Klage in Betracht, es existiere aber kein gerichtlicher Rechtsbehelf, der einer einstweiligen Anordnung oder einstweiligen Verfügung mit sofortiger Vollstreckbarkeit im staatlichen Recht entsprechen würde und einem Geschädigten innerhalb kurzer Frist die Herbeiführung und Vollstreckung einer – wenn auch nur vorläufigen – gerichtlichen Entscheidung ermöglichen würde. Bei einer Klage gegen die Diözese X. … ergäbe sich hier eine Zuständigkeit des zuständigen Berufungsgerichts, d.h. des kirchlichen Gerichts der Erzdiözese … gemäß can. 1419 § 2 CIC. Für ein derartiges Verfahren sehe das Gesetz in der ersten Instanz eine Dauer von maximal einem Jahr, in der zweiten Instanz von maximal sechs Monaten vor (can. 1453 CIC). In der Praxis würden diese Fristen aber regelmäßig, teilweise sehr deutlich, überschritten. Spezielle Normen im Hinblick auf eilbedürftige Verfahren existierten nicht. Erstinstanzliche Urteile könnten auch nicht vorläufig vollstreckt werden, da die Berufung immer die Vollstreckung hemme (can. 1638 CIC). Soweit sich die Klage gegen den Bischof selbst richten würde, läge eine ausschließliche Zuständigkeit des Gerichts der Römischen Rota vor (can. 1405 § 3 n 1 CIC). Die hier einschlägige Lex propria verweise auf die Regelungen des CIC, soweit die Lex propria nicht spezielle Vorschriften enthalte. Zu Verfahrenslaufzeiten kenne die Lex propria keine eignen Vorgaben, sodass auch hier nicht mit einer raschen Beendigung von Verfahren zu rechnen sei. Auch in der Lex propria fänden sich außerdem keine Regelungen zu einem einstweiligen Rechtsschutz und es gelte die Regelung, dass die Berufung eine die Vollstreckung hemmende Wirkung habe. Ohne durchsetzbaren Titel fehle es auch an einem effektiven Schutz bei laufenden Persönlichkeitsrechtsverletzungen. Kirchliche Rechtswege seien auf Binnenstreitigkeiten zugeschnitten. Für externe deliktsrechtliche Konstellationen fehle es aber an einem unabhängigen, mit Vollstreckungsgewalt ausgestatteten Forum. Selbst wenn innerkirchliche Verfahren theoretisch eröffnet sein sollten, seien sie für den notwendigen schnellen Rechtsschutz ungeeignet. Dauer, Statthaftigkeit und fehlende Vollstreckungsmöglichkeiten machten sie dem Antragsteller unzumutbar.
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Der Antragsteller ist der Auffassung, er habe einen Unterlassungsanspruch aus §§ 823, 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG, da ihn die angegriffenen Äußerungen in seinem Persönlichkeitsrecht verletzten, weil es sich dabei um ehrenrührige, unwahre Tatsachenbehauptungen handle, die unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Schutz erlangen könnten. Die Beweislast für den Wahrheitsgehalt der Aussagen liege bei der Antragsgegnerin, die jedoch weder hinreichend schlüssig noch nachvollziehbar dargelegt habe, dass die Äußerungen der Wahrheit entsprächen, noch, dass sie in Wahrnehmung berechtigter Interessen gehandelt habe. Der Antragsteller habe weder der Veröffentlichung der Pressemitteilung zugestimmt noch den Äußerungen entsprechende Erklärungen abgegeben und insbesondere nicht seinen Rücktritt erklärt. Die von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen enthielten keine unmittelbaren tatsächlichen Anhaltspunkte, dass er derartige Erklärungen abgegeben habe. Auch hinreichende mittelbare tatsächliche Anhaltspunkte ließen sich den Unterlagen nicht entnehmen. Aus den vorgelegten Unterlagen gehe lediglich mittelbar hervor, dass es Diskussionen über den Umgang mit den Vorwürfen gegeben habe. Die Vorwürfe seien zum Zeitpunkt der Pressemitteilung weder aufgeklärt gewesen noch hätten abgestimmte Entscheidungen oder verbindliche Ergebnisse vorgelegen. Dass keine wirksame und endgültige Amtsniederlegung erfolgt sei, zeige sich auch daran, dass nicht ersichtlich sei, aus welchem Grund bei einer wirksamen Amtsniederlegung der Antragsteller am 19. März 2025 noch persönlich bei der Antragsgegnerin vorsprechen hätte sollen und warum dann am 20. März 2025 noch eine Abstimmung der Pressemitteilung versucht worden sei. Außerdem zeige sich dadurch auch, dass es – auch auf Grundlage der Entwürfe von Erklärungen des Antragstellers – noch keine final abgestimmte Presseerklärung gegeben habe. Wäre eine Resignation tatsächlich erfolgt, hätte es außerdem auch keines mit bischöflichem Dekret vom 21. März 2025 verfügten Auftrittsverbots mehr bedurft, da Amtsbefugnisse mit der Amtsaufgabe automatisch endeten und der Amtsverlust ipso jure zur Folge hätte, dass der Antragsteller keine öffentlichen Auftritte in Amtsfunktion mehr ausüben dürfe. Die ausgesprochenen Verbote seien auch nicht erlassen worden, um zu klären, ob eine wirksame Resignation vorliege, sondern ausdrücklich „zur Vermeidung von öffentlichen Irritationen und einer Vertiefung der bestehenden Spaltung im Pfarrverband“ sowie als „Maßnahme zum Schutz der Gläubigen“. Inhalt des Dekrets seien außerdem allein die auf Seite 2 verfügten weiteren Maßnahmen und Verbote. Diese Maßnahmen seien rechtsgestaltend und hätten mit dem Rekurs angefochten werden können. Die Feststellungen zur Resignation seien aber lediglich deklaratorischer Natur und enthielten keine konstitutive Verfügung, sondern schilderten lediglich die Motivlage des Bischofs für den Erlass der Maßnahmen. Ob eine wirksame Resignation vorliege, sei eine eigenständige Rechtsfrage, die nicht durch einen bloßen Hinweis in einem Dekret deklaratorisch erledigt werden könne. Eine bloße Feststellung ersetze nicht das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen. Ein Dekret ersetze kein konstitutives Verfahren zur Amtsbeendigung.
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Zur Glaubhaftmachung legte die Antragstellerseite eidesstattliche Versicherungen des Antragstellers vom 20. April 2025 und seiner Gemeindereferentin im Pfarrverband Y. … vom 4. Mai 2025 vor. Der Antragsteller legt in seiner eidesstaatlichen Versicherung u.a. dar, dass die Aufforderung im Telefonat am 19. März 2025, ins Ordinariat zu kommen und seine Resignation zu unterschreiben, eine plötzliche Entwicklung gewesen sei, die so niemals zuvor besprochen worden sei und die ihn zutiefst getroffen habe, weshalb er nervlich zusammengebrochen sei. Als er dann am folgenden Tag einen Anruf des Bischofs erhalten habe, sei er psychisch in einer Ausnahmesituation gewesen. Er habe mehrfach erfolglos versucht, seine Anwältin zu erreichen, wodurch schon viel Zeit verstrichen sei. Bis zum erneuten Anruf des Bischofs habe er den übermittelten Textentwurf nur teilweise überfliegen können und sei am Wort „Missbrauch“ hängengeblieben. Es sei ihm in der kurzen Zeit aber nicht möglich gewesen, den Text richtig durchzugehen. Die Situation habe ihn völlig überfordert. Im zweiten Telefonat habe er dem Bischof auch gesagt, dass er den Text nicht vollständig lesen, sondern nur überfliegen habe können, aber auf gar keinen Fall das Wort „Missbrauch“ vorkommen solle. Zudem habe er dem Bischof gesagt, dass er seine Anwältin nicht erreicht habe, ohne Rücksprache mit ihr aber keine vollendeten Tatsachen schaffen wolle. Dem Bischof sei das aber seinem Eindruck nach egal gewesen. Sie hätten sich nur darauf verständigt, dass das Wort „Missbrauch“ schon einmal aus dem Text herausgenommen werde. Er habe in der Kürze der Zeit nicht alles richtig erfassen können und nach seinem Eindruck auch zum Ausdruck gebracht, dass das alles nicht in Ordnung sei, viel zu schnell gehe und er seine Anwältin erreichen wolle. Er habe die Pressemitteilung, die dann kurz nach dem Telefonat ohne seine ausdrückliche Zustimmung veröffentlicht worden sei, auch erst nach dem Telefonat überhaupt richtig gelesen. Auch die Behauptung des Bistums, er habe öffentlich in einem Gottesdienst erklärt, dass das Bistum ihn aufgefordert habe, seine Leberwerte vorzulegen, entspreche nicht der Wahrheit. Er sei weder vom Bistum aufgefordert worden noch habe er das behauptet. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eidesstattlichen Versicherungen Bezug genommen.
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Der Antragsteller ist außerdem der Auffassung, auch die von der Antragsgegnerin zwischenzeitlich vorgenommene Löschung der Pressemitteilung von der Homepage vermöge die Eilbedürftigkeit des Erlasses einer einstweiligen Anordnung nicht entfallen zu lassen. Es komme allein darauf an, ob die rechtswidrige Äußerung fortwirke oder eine Wiederholungsgefahr fortbestehe. Davon abgesehen, dass die Antragsgegnerin die Löschung, jedenfalls aber die technische oder inhaltliche Unmöglichkeit der Wiederherstellung, nicht nachgewiesen habe, sei aber die bloße Mitteilung, man habe die Veröffentlichung entfernt, rechtlich unbeachtlich, solange eine solche Erklärung nicht verbindlich und rechtlich überprüfbar sei. Die Antragsgegnerin habe erklärt, die Pressemitteilung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht gelöscht zu haben, und damit sogar ausdrücklich an ihrer bisherigen Rechtsauffassung festgehalten. Eine rechtlich durchsetzbare Unterlassungserklärung sei nicht abgegeben worden, weshalb die Gefahr einer Wiederveröffentlichung bestehe. Zudem wirke die streitgegenständliche Mitteilung fort, da sie Grundlage fortdauernder medialer Berichterstattung sei und weiterhin das öffentliche Bild des Antragstellers präge, weshalb nicht nur Wiederholungsgefahr, sondern auch der gegenwärtige Eingriffscharakter ungebrochen gegeben sei. Die ursprüngliche Pressemitteilung sei Quelle inhaltlich übernommener und weiterverbreiteter Falschdarstellungen in Medienberichten.
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Der Antragsteller lässt beantragen,
Der Antragsgegnerin wird bei Meidung eines Ordnungsgeldes in Höhe von bis zu 250.000 Euro, ersatzweise Ordnungshaft, oder Ordnungshaft bis zu sechs Monaten, teilweise zu vollziehen am Generalvikar, auferlegt,
es zu unterlassen,
die nachfolgenden Äußerungen in Bezug auf den Antragsteller wörtlich oder sinngemäß zu behaupten oder zu verbreiten und/oder behaupten oder verbreiten zu lassen (soweit unterstrichen):
a) Pfarrer Z. … zieht sich als Dekan und Pfarrer aus dem Pfarrverband Y. … zurück. Er hat seine Resignation auf den Pfarrverband und das Amt des Dekans mündlich erklärt und Bischof … wird diese mit Wirkung zum Montag, 24. März 2025, annehmen.
b) Als Grund nannte der Pfarrer einen tiefen Riss, der durch die Gemeinde gehe, und für den auch er selbst zu seinem großen Bedauern Mitverantwortung trage.
c) Im September 2023 hatte sich der bei vielen Gläubigen beliebte Pfarrer gegen den Vorwurf gewehrt, selbst zu viel Alkohol zu konsumieren. Er hatte in einem öffentlichen Gottesdienst erklärt, dieses Gerücht im Bischöflichen Ordinariat aufklären zu wollen. Dazu stellte er die falsche Behauptung in den Raum, er sei vom Ordinariat aufgefordert worden, seine Leberwerte zur Überprüfung einzuschicken und zudem müsse er sich überlegen, ob er in Y. … am richtigen Ort sei, wenn über ihn derartige Gerüchte an die Bistumsleitung getragen werden.
d) Pfarrer Z. … erklärt somit seinen Rückzug. Gegenüber der Bistumsleitung hat er erklärt, die eigenen Fehler, die letztlich für die entstandene Eskalation ursächlich waren, zu bedauern.
so wie geschehen unter https://www.bistum-X. …de/ … seit dem 20.03.2025.
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Die Antragsgegnerin beantragt,
„den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurückzuweisen.“
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In der Antragserwiderung führt die Antragsgegnerin aus, der Antragsteller stehe in einem (beamtenähnlichen) öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis, das in besonderer Weise durch den Auftrag und die Verfasstheit der katholischen Kirche geprägt sei. Die Äußerungen, deren Unterlassung der Antragsteller begehre, stünden hiermit in einem unmittelbaren funktionalen Zusammenhang bzw. wurzelten hierin. Sie beträfen die Beendigung dieses Dienstes und das Verhalten des Antragstellers in Ausübung seines Dienstes und damit den Kernbereich kirchlichen Wirkens bzw. den Kernbereich der Tätigkeit und Zuständigkeit der Antragsgegnerin als „Dienstherrin“. Hinsichtlich des Streitgegenstandes bestehe deshalb ein innerkirchlicher Rechtsweg, der vom Antragsteller nicht ausgeschöpft worden sei. Hinsichtlich des bischöflichen Dekrets vom 21. März 2025 stehe der kirchliche Rechtsweg gemäß can. 1732 ff. CIC offen. Diesen Rechtsweg habe der Antragsteller gemäß can. 1734 § 1 CIC zunächst am 24. März 2025 mit einer Remonstratio eingeschlagen, ihn aber in der Folge nicht ausgeschöpft. Spätestens seit Ablauf der dreißigtägigen Nutzfrist für den Bischof gemäß can. 1735 CIC nach Erhebung der Remonstratio sei dem Antragsteller bekannt gewesen, dass am Dekret vollumfänglich festgehalten werde. Es habe damit am Antragsteller gelegen, fristgerecht den innerkirchlichen Rechtsweg weiter zu beschreiten, was indes nicht erfolgt sei. Erst knapp einen Monat nach Fristablauf sei am 6. Juni 2025 behauptet worden, der Rekursweg sei fristgerecht verfolgt worden. Nachweise für eine fristgerechte Einlegung eines Rekurses seien jedoch nicht vorgelegt worden. In der Folge habe das Dikasterium am 10. Juli 2025 die Unzulässigkeit des Rekurses festgestellt. Der Antragsteller habe also den innerkirchlichen Rechtsweg eröffnet, dann aber nicht konsequent und fristgerecht verfolgt oder gar ausgeschöpft. Unzutreffend sei auch die Ansicht, dass im Kirchenrecht kein adäquater Rechtsschutz bestünde und Eilmittel nicht zur Verfügung stünden. Soweit die Antragstellerseite versuche, den innerkirchlichen Rechtsweg als langwierig und beschwerlich darzustellen, beziehe sie sich auf den innerkirchlichen Rechtsweg und verkenne, dass in Bezug auf das Dekret der verwaltungsrechtliche Rekursweg zu beschreiten sei. Can. 1736 CIC benenne in diesem Rahmen ausdrücklich Maßnahmen, um die Rechte eines Rekurrenten zeitnah und weit vor der endgültigen Entscheidung über einen Rekurs zu schützen. Bereits am 4. April 2025 hätte der Antragsteller gemäß can. 1736 § 2 CIC in Rom beantragen könnten, die verhängten Maßnahmen gegen ihn auszusetzen und bis zur endgültigen Entscheidung über den innerkirchlichen Rekurs weiter als Pfarrer in Y. … arbeiten zu dürfen. Damit habe auf innerkirchlichem Rechtsweg ein tauglicher, zumutbarer und effektiver Rechtsschutz tatsächlich zur Verfügung gestanden, den der Antragsteller aber nicht in Anspruch genommen habe. Die Möglichkeit des innerkirchlichen Rechtsschutzes habe außerdem auch hinsichtlich der streitgegenständlichen Äußerungen in der Pressemitteilung vom 20. März 2025 bestanden. Soweit der Antragsteller in den in Rede stehenden Äußerungen eine im Hinblick auf can. 220 CIC rechtswidrige Rufschädigung sehe, hätte es ihm freigestanden, gemäß can. 221 § 1 CIC seine Rechte geltend zu machen. Hierfür benenne can. 1400 § 2 CIC den Rechtsweg und weise solche Streitigkeiten einem oberen Gericht oder einem kirchlichen Verwaltungsgericht zu. Ohne Relevanz sei, ob dieses Verfahren „Eilrechtsschutz“ gewähre oder nicht. Maßgeblich für die Frage der Zuständigkeit sei vielmehr, inwieweit die streitgegenständlichen Maßnahmen bzw. der Streitgegenstand einen Bezug zum kirchlichen Selbstbestimmungsrecht aufwiesen und daher zunächst der insoweit insgesamt vorrangige innerkirchliche Rechtsweg auszuschöpfen gewesen wäre. Diesen innerkirchlichen Rechtsweg habe der Antragsteller nicht beschritten.
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Die Antragsgegnerin macht geltend, der Veröffentlichung der Pressemitteilung vom 20. März 2025 sei ein längerer Abstimmungsprozess vorausgegangen, in den der Antragsteller und seine damalige Bevollmächtigte, Frau Rechtsanwältin K. …, durchgehend eingebunden gewesen seien, und nennt hier insbesondere die Gespräche Ende Januar 2025 und am 6. März 2025. Im Gespräch am 6. März 2025 habe der Antragsteller von sich aus und unaufgefordert seine Resignation aus dem Pfarrverband angeboten. Er habe sich aber auserbeten, sich zunächst für einige Zeit krankzumelden und in dieser Zeit zu entscheiden, wann die Resignation bekanntgegeben werden solle. Außerdem hätten sich die Beteiligten in dem Gespräch geeinigt, dass der Antragsteller dem Antragsgegner bis 14. März 2025 eine angepasste Version der gemeinsamen Erklärung zukommen lasse und in diesem Zuge auch mitteile, wann er in zeitlicher Hinsicht seinen Rückzug erkläre. Bischof … habe den Antragsteller dann am 19. März 2025 kontaktiert und darum gebeten, nachmittags nach X. … zu kommen, um die Resignation zu unterschreiben, die er einige Tage vorher angeboten habe. Er habe dem Antragsteller gesagt, sie „sollten bzw. müssten nun das vollziehen, was (…) in anderen vorherigen Gesprächen schon vorbereitend besprochen“ worden sei. Denn es sei klar gewesen, dass sich der Antragsteller aus Y. … zurückziehe. Offen gewesen sei nur noch die Frage der Art und Weise und der Kommunikation. Der Antragsteller habe seine Resignation schon am 6. März 2025 erklärt, nur angenommen habe er als Bischof sie bis zum 19. März 2025 noch nicht. Am 19. März 2025 sei diese für ihn aber dann unausweichlich gewesen. Dies habe der Antragsteller nach seiner Wahrnehmung auch ohne irgendein Zögern verstanden und dem geplanten Vorgehen zu keiner Zeit widersprochen. Beim ersten Telefonat am 20. März 2025 gegen 9:00 Uhr sei der der Antragsteller klar bei Sinnen und gut ansprechbar gewesen. Bischof … habe deshalb angekündigt, dem Antragsteller den aus Sicht der Antragsgegnerin vorabgestimmten Text der gemeinsamen Erklärung zu übermitteln. Im weiteren Telefonat etwa 20 bis 30 Minuten später habe der Antragsteller erklärt, den Text gelesen zu haben und, auch wenn er seine Anwältin nicht erreicht habe, dem Vorgehen und dem Textvorschlag zuzustimmen, soweit der Begriff „Missbrauch“ durch „Manipulation“ ersetzt werde. Dass der Antragsteller geäußert habe, nicht ohne seine Anwältin zu entscheiden, werde bestritten. Bischof … habe sich im Telefonat auch nach dem Befinden des Antragstellers erkundigt und zu keinem Zeitpunkt den Eindruck gehabt, dass der Antragsteller den Text nicht gelesen habe oder emotional nicht in der Lage gewesen sei, den Inhalt zu verstehen. Er erinnere sich auch nicht, dass der Antragsteller erklärt habe, den Text nicht vollständig gelesen zu haben, oder zum Ausdruck gebracht habe, das Vorgehen nicht in Ordnung zu finden. Zur Glaubhaftmachung dieser Gesprächsinhalte legte die Antragsgegnerin Gedächtnisprotokolle von Herrn Rechtsanwalt W. … (erstellt laut Protokoll am 6. März 2025, 18:45 Uhr und ergänzt am 18. März 2025, 17:30 Uhr) und von Frau M. … (datiert auf den 1. April 2025) sowie jeweils auf den 30. April 2025 datierte eidesstattliche Versicherungen von Herrn Rechtsanwalt W. …, von Frau M. …, von Herrn Generalvikar … und von Herrn Bischof … vor, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird.
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Die Antragsgegnerin verweist außerdem auf das bischöfliche Dekret vom 21. März 2025. Mit diesem sei ein wirksamer Amtsverzicht festgestellt worden. Mit dem Dekret habe Herr Bischof … die durch den Antragsteller erklärte Resignation rechtswirksam angenommen und festgestellt, dass sein Amtsverzicht auf die Pfarreien des Pfarrverbandes Y. … gemäß can. 538 § 1 CIC mit Wirkung zum 24. März 2025 gültig zustandegekommen sei. Der Amtsverzicht sei daher nicht nur deklaratorischer Regelungsinhalt des Dekrets. Die entsprechenden Ausführungen im Dekret beschrieben nicht nur „eine Motivlage des Bischofs“ und formulierten auch nicht nur eine Begründung für die Zelebrationsverbote im zweiten Teil des Dekretes. Vielmehr würden damit die Genese und die materiellen Voraussetzungen des rechtswirksamen Amtsverzichts des Antragstellers – die Resignation vor Zeugen am 6. März 2025, die Bedenkzeit des Bischofs, die bischöfliche Annahme des Amtsverzichts am 19. März 2025 und die Feststellung der Wirksamkeit der beidseitigen Willenserklärungen, womit seitens des Bischofs über den Eintritt der Rechtsfolgen (auf Seiten des Antragstellers: Verlust aller Rechte und Pflichten als Pfarrer, auf Seiten der kirchlichen Öffentlichkeit: Vakanz des Pfarrverbands zum 24. März 2025, auf Seiten des Bischofs: Option zur Neubesetzung des Amts des Pfarrers) entschieden werde – Schritt für Schritt gemäß den Anforderungen von can. 187, 189 und 539 § 1 CIC dargestellt und abschließend die Rechtsfolgen benannt. Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der zuvor erfolgte Austausch der Willenserklärungen zwischen dem Antragsteller und dem Bischof seitens des Antragstellers am 20. März 2025 unerwartet wieder in Abrede gestellt worden sei, habe sich Bischof … dazu veranlasst gesehen, mittels Dekret das mündlich erfolgte, rechtserhebliche Geschehen schriftlich zu dokumentieren und damit zu entscheiden, dass die Rechtsfolgen eingetreten seien. Damit greife das Dekret – gerade auch im Hinblick auf den Amtsverzicht des Antragstellers – gestaltend in die rechtliche Stellung des Adressaten ein und genüge somit den Anforderungen der can. 48 bis 52 CIC. Entgegen der Auffassung der Antragstellerseite könnten aus dem im Dekret als zweiter Regelungsinhalt ebenfalls enthaltenen Verbot, Eucharistie zu feiern, Sakramente zu spenden und im Pfarrverband als Priester aufzutreten, keine Rückschlüsse auf die Gültigkeit bzw. Ungültigkeit des Amtsverzichts gezogen werden. Das Dekret umfasse zwei Regelungstatbestände. Zum einen sei ein korrekt erfolgter Amtsverzicht festgestellt worden. Da zugleich Verdachtsmomente für verschiedene Dienstvergehen im Raum gestanden hätten, hätten aufgrund der kirchlichen Interventionsordnung völlig unabhängig vom Amtsverzicht die Verbote und weiteren Maßnahmen ausgesprochen werden müssen. Denn durch den Amtsverzicht sei der Antragsteller nur seiner amtlichen Vollmachten als Pfarrer verlustig gegangen, nicht aber seiner Weihevollmachten als Priester. Auch nach einem Amtsverzicht bleibe einem Priester gemäß can. 904 CIC die tägliche Feier der Eucharistie eindringlich empfohlen und außerdem stehe es Gläubigen gemäß can. 212 § 3 und 213 CIC grundsätzlich frei, mit der Bitte um Spendung von Sakramenten und Sakramentalien an einen Priester heranzutreten, auch ohne dass dieser das Amt eines Pfarrers innehabe. Diese Möglichkeiten hätten durch Verhängung von dienstrechtlichen Maßnahmen ausgeschlossen werden müssen. Die Zelebrationsverbote erstreckten sich außerdem auch auf das ganze Bistumsgebiet und nicht nur auf den Pfarrverband Y. … Hinsichtlich der Äußerungen des Antragstellers im Gottesdienst am 10. September 2023 legt die Antragsgegnerin ein mit „Ansage im Gottesdienst“ überschriebenes, undatiertes und nicht unterschriebenes Schreiben unbekannter Urheberschaft vor, in dem vom Antragsteller getroffene Aussagen, u.a. dazu, dass er seine Leberwerte „in X. … abgebe“, dargestellt sein sollen, sowie eine E-Mail eines Gottesdienstbesuchers an das bischöfliche Ordinariat vom 14. November 2023 vor, in welcher u.a. über die Stellungnahme des Antragstellers zu gegen ihn erhobenen Vorwürfen im Gottesdienst am 10. September 2023 berichtet wird und der Verfasser sein Unverständnis über die Anschuldigungen zum Ausdruck bringt und angibt, dass er nachvollziehen könne, dass die notwendig gewordene Rechtfertigung gegenüber seinen Vorgesetzten für den Antragsteller sehr belastend sei. Angaben zum Verfasser der E-Mail sowie einzelne Abschnitte wurden vor Vorlage von der Antragsgegnerin geschwärzt. Die Antragsgegnerin macht geltend, daraus ergebe sich einerseits, dass der Antragsteller in dem Gottdienst die Gemeinde darüber unterrichtet habe, seine Leberwerte in X. … abzugeben. Andererseits zeige sich, dass die Aussage so aufgefasst worden sei, dass der Antragsteller dies nicht freiwillig getan habe. Dies habe der Antragsteller auch selbst im Entwurf seiner Silvesterpredigt so eingeräumt.
22
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, ein Unterlassungsanspruch stehe dem Antragsteller nicht zu, weil die beanstandeten Äußerungen in tatsächlicher Hinsicht zutreffend und in rechtlicher Hinsicht zulässig seien. Insbesondere seien die angegriffenen Äußerungen auch jeweils von einem überwiegenden öffentlichen Informationsinteresse getragen, weil dem Antragsteller als Pfarrer von Y. … eine hervorgehobene Stellung zukomme und die im Raum stehenden Vorwürfe schwerwiegend seien. Die in Rede stehenden Vorwürfe seien außerdem bereits vor der Veröffentlichung öffentlich bekannt gewesen, nicht zuletzt auch deshalb, weil der Antragsteller selbst eine öffentliche Auseinandersetzung gesucht habe. Die Aussage, dass der Antragsteller seine Resignation erklärt und der Bischof diese angenommen habe, sei zutreffend, weil der Antragsteller im Gespräch am 6. März 2025 im Beisein mehrerer Personen eine entsprechende Erklärung abgegeben habe. Im Telefonat mit dem Bischof am 20. März 2025 habe der Antragsteller ebenfalls nochmals seinen Rückzug erklärt, worauf es aber eigentlich gar nicht ankomme, weil die Pressemitteilung nicht ausführe, wann die Erklärung erfolgt sei. Dass der Antragsteller seine Entscheidung zu einem späteren Zeitpunkt, möglicherweise im Zusammenhang mit der Beauftragung seines neuen Bevollmächtigten, bereut habe, ändere nichts an der Wahrheit der Aussage im Zeitpunkt der Veröffentlichung. Auch die zweite Äußerung, wonach der Antragsteller als Grund für seine Resignation einen tiefen Riss genannt habe, der durch die Gemeinde gehe und für den auch er selbst zu seinem großen Bedauern Mitverantwortung trage, sei nicht zu beanstanden. Hiermit fasse die Pressemeldung die Hintergründe des Rücktritts des Antragstellers zutreffend zusammen. Es sei unklar, worin sich diese zusammenfassende, wertende Äußerung, die der Antragsteller beanstande, von seiner eigenen Erklärung gemäß dem von ihm am 13. März 2025 an die Antragsgegnerin übermittelten Entwurf unterscheide. Im Übrigen habe der Antragsteller auch bei weiteren Gelegenheiten, etwa im Entwurf der Silvesterpredigt, angeführt, er habe durch unüberlegte Aussagen dazu beigetragen, dass eine Familie der Denunziation beschuldigt werde, wofür er sich entschuldige. Auch in einem Beitrag der „X. … Neuen Presse“, auf den der Antragsteller in seiner Antragsschrift verweise, heiße es, dass der Antragsteller sich in einer öffentlichen Pfarrgemeinderatssitzung Anfang Januar 2024 deutlich dafür entschuldigt habe, dass er mit seinen Aussagen bei einem Gottesdienst Ärger und Enttäuschung bei bestimmten Personen ausgelöst habe, er dies nicht beabsichtigt habe und ihm dies auch nicht bewusst gewesen sei. Zulässig sei auch die Äußerung, dass der Antragsteller die falsche Behauptung in den Raum gestellt habe, er sei vom Ordinariat aufgefordert worden, seine Leberwerte zur Überprüfung einzuschicken. Dies habe der Antragsteller im Entwurf seiner Silvesterpredigt selbst eingeräumt. Dass der Antragsteller eine derartige Aussage nicht beabsichtigt bzw. sich missverständlich ausgedrückt habe, möge zutreffen. Hierzu verhalte sich die beanstandete Äußerung aber nicht, sondern lege lediglich dar, dass es zu einer entsprechenden, womöglich missverstandenen und damit falschen Aussage gekommen sei und die Aussage in diesem Sinne falsch aufgefasst worden sei. Dass die Äußerung so aufgefasst worden sei, zeige sich auch an der E-Mail eines Gottesdienstbesuchers an das Ordinariat, in welcher der Gottesdienstbesucher kritisiere, dass sich der Antragsteller zu dieser „Rechtfertigung“ gezwungen gesehen habe. Die beanstandete Äußerung, der Antragsteller habe seinen Rückzug erklärt und gegenüber der Bistumsleitung erklärt, die eigenen Fehler, die letztlich für die entstandene Eskalation ursächlich gewesen seien, zu bedauern, sei ebenfalls rechtmäßig. Sie fasse die eigene Erklärung des Antragstellers in dem von ihm erstellten und zur Veröffentlichung freigegebenen Entwurf einer Erklärung zutreffend zusammen. Außerdem habe der Antragsteller der entsprechenden Darstellung in der Pressemitteilung zugestimmt. Mit den in Rede stehenden Äußerungen behaupte die Antragsgegnerin auch gerade nicht, dass der Antragsteller die im Raum stehenden Vorwürfe an sich eingeräumt habe. Die Äußerungen bezögen sich nur auf die entstandene „Eskalation“ bzw. „Spaltung“ in der Pfarrgemeinde.
23
Mit den von der Antragsgegnerin vorgelegten Unterlagen setzt sich der Antragsteller im Rahmen seiner Replik im Detail auseinander. Im Hinblick auf den Entwurf eines überarbeiteten Statements des Antragstellers vom 13. März 2025 und die frühere, nach Gesprächen Ende Januar 2025 erstellte Version des Entwurfs macht der Antragsteller u.a. geltend, dass es sich dabei nur um Entwürfe handle, die zu keinem Zeitpunkt endgültig zur Veröffentlichung freigegeben worden seien und sich ohnehin nicht mit dem Sachverhalt deckten, der Gegenstand der Pressemitteilung vom 20. März 2025 sei. Auch das Schreiben der damaligen Bevollmächtigten des Antragstellers vom 13. März 2025 verdeutliche, dass man sich zu diesem Zeitpunkt noch in einem Abstimmungsprozess befunden habe und mit dem Schreiben nur ein überarbeiteter Entwurf zur weiteren Prüfung übersandt worden sei, aber noch keine autorisierte oder veröffentlichungsreife Fassung. Aus den Entwürfen ergebe sich auch inhaltlich weder eine formale Amtsniederlegung noch eine mündliche Rücktrittserklärung, sondern es werde lediglich ein „Rückzug für einige Zeit“ angedeutet, im Vorentwurf für die Dauer von einem Jahr im Rahmen eines geplanten Versöhnungs- und Mediationsprozesses. Außerdem sei in dem Statement nur die Rede davon, dass die Beteiligten zu der Auffassung gelangt seien, dass nur durch einen Rückzug für eine gewisse Zeit Ruhe einkehren werde. Eine Verantwortungsübernahme oder ein Einräumen von Fehlern sei damit nicht verbunden. Es werde außerdem klargestellt, dass die Vorlage der Leberwerte nicht seitens der Diözese angeordnet, sondern allein vom Antragsteller veranlasst worden sei. Es ergebe sich daraus auch nicht, dass er früher oder zuvor eine Behauptung aufgestellt habe, er sei vom Ordinariat aufgefordert worden, seine Leberwerte einzuschicken, die daher klarzustellen oder zu relativieren gewesen sei. Auch das Anhörungsprotokoll vom 12. November 2024, der nachfolgende E-Mail-Verkehr mit dem Ordinariat und die Silvesterpredigt 2024 enthielten keine Anhaltspunkte, dass er seinen Rücktritt erklärt habe. In der Silvesterpredigt bringe er zwar Bedauern über eine missverständliche Äußerung im Zusammenhang mit der freiwilligen Vorlage seiner Leberwerte zum Ausdruck und entschuldige sich für ein daraus resultierendes Missverständnis. Diese Entschuldigung beziehe sich jedoch ausschließlich auf die Fehlwahrnehmung, die Einreichung sei vom Bischof selbst angeordnet worden. Eine allgemeine Erklärung für die Eskalation oder gar die Erklärung eines Rücktritts erfolge nicht. In der Silvesterpredigt habe er außerdem unmissverständlich klargestellt, dass es sich bei der Einreichung der Leberwerte nicht um eine durch das Ordinariat angeordnete Maßnahme gehandelt habe. Die Gedächtnisprotokolle von Herrn Rechtsanwalt W. … und Frau M. … seien einseitig verfasst und vom Antragsteller weder freigegeben noch inhaltlich bestätigt worden. Die Protokolle seien daher nicht geeignet, eine tragfähige Grundlage für die streitgegenständlichen Behauptungen zu bilden. Das Gespräch habe außerdem um 16:30 Uhr begonnen. Das Protokoll von Herrn W. … sei laut Angabe im Protokoll um 18:45 Uhr erstellt worden. Allein der Zeitrahmen lasse erkennen, dass es sich um ein umfangreiches und komplexes Gespräch gehandelt habe, dessen Inhalte in dem verhältnismäßig geringen Umfang der Protokolle nicht vollständig und schon gar nicht wortlautgetreu abgebildet werden könnten. Es handle sich daher um verkürzte, selektive und subjektiv geprägte Zusammenfassungen. Frau M. … nehme außerdem eine institutionell gebundene Position ein und ihr Protokoll sei daher nicht neutral. Den Protokollen fehle daher auch inhaltlich die nötige Objektivität und Vollständigkeit. Aus den Protokollen gehe außerdem hervor, dass ein Rücktritt nicht endgültig erklärt, sondern nur angedacht worden sei. Auch dass vereinbart worden sei, dass eine konsensuale Erklärung im gemeinsamen Einvernehmen erarbeitet werden solle, stehe im Widerspruch zur Darstellung der Antragsgegnerin, wonach ein Rücktritt bereits festgestanden oder stattgefunden habe. Auch aus den eidesstattlichen Versicherungen gehe hervor, dass kein Rücktritt erklärt worden sei, sondern der Antragsteller nur einen entsprechenden Gedankengang geäußert habe. Die handschriftlichen Notizen, die von der Antragsgegnerin vorgelegt worden seien und laut dieser von Herrn Rechtsanwalt W. … stammten, seien ebenfalls nicht geeignet, einen substantiellen oder glaubhaften Beitrag zur Stützung des Vortrags der Antragsgegnerin zu leisten, da sie unbekannter Herkunft und weder unterzeichnet noch als offizielles Dokument, Gedächtnisvermerk oder eidesstattliche Versicherung erkennbar seien. Die Notizen seien auch inhaltlich weder nachvollziehbar noch auswertbar. Bei dem mit „Ansage im Gottesdienst“ überschriebenen Dokument sei völlig unklar, ob es sich hierbei um wörtliche Äußerungen oder eine Zusammenfassung handle, um welchen Gottesdienst es gehe und wer überhaupt zitiert werde. Unabhängig davon ergebe sich inhaltlich aber gerade nicht, dass der Antragsteller durch die Antragsgegnerin zur Übersendung oder Vorlage seiner Leberwerte aufgefordert worden sei, sondern dass dies aus eigener Entscheidung geschehen sei. Auch in der E-Mail des Gottesdienstbesuchers werde deutlich gemacht, dass dies die eigene, proaktive Entscheidung des Antragstellers gewesen sei, der sich hierzu gezwungen gesehen habe, um gegen ihn erhobene Vorwürfe zu entkräften. Unabhängig davon sei die E-Mail aufgrund der Schwärzungen für eine ordnungsgemäße Glaubhaftmachung nicht geeignet.
24
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte Bezug genommen.
25
II. Der Antrag, über den aufgrund gemäß § 17a Abs. 2 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz bindender Verweisung des Rechtsstreits durch das Oberlandesgericht … im Verwaltungsrechtsweg zu entschieden ist, erweist sich als unzulässig und war daher abzulehnen. Die vorliegende Streitigkeit berührt Angelegenheiten des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts (siehe hierzu nachfolgend A.). Staatliche Gerichte unterliegen bei der Prüfung von solchen innerkirchlichen Angelegenheiten Beschränkungen im Hinblick v.a. auf Prüfungsumfang, -intensität und -maßstab und können hierzu erst nach Ausschöpfung eines kirchlichen Rechtswegs angerufen werden (siehe hierzu nachfolgend B.). Der Antragsteller hegt jedoch keine erkennbare Absicht, zur Durchsetzung seines Unterlassungsbegehrens in Betracht kommende Möglichkeiten innerkirchlichen Rechtsschutzes in Anspruch zu nehmen, weshalb es ihm für seinen vorliegenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutzes jedenfalls am Rechtsschutzbedürfnis fehlt (siehe hierzu nachfolgend C.).
A.
26
Gemäß Art. 140 Grundgesetz (GG) i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 1 Weimarer Reichsverfassung (WRV) hat jede Religionsgemeinschaft das Recht, ihre Angelegenheiten selbständig innerhalb der Schranken des für alle geltenden Gesetzes zu ordnen und zu verwalten. Sie verleiht ihre Ämter ohne die Mitwirkung des Staates oder der bürgerlichen Gemeinde (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 3 Satz 2 WRV). Diese Garantie freier Ordnung und Verwaltung der eigenen Angelegenheiten ist eine notwendige, rechtlich selbständige Gewährleistung, die der Freiheit des religiösen Lebens und Wirkens der Kirchen und Religionsgemeinschaften (Art. 4 Abs. 2 GG) die zur Wahrnehmung dieser Aufgaben und zur Entfaltung des religiösen Selbstverständnisses unerlässliche Freiheit der Bestimmung über Organisation, Normsetzung und Verwaltung hinzufügt (vgl. BVerfG, B.v. 14.5.1986 – 2 BvL 19/84 – NJW 1987, 427/238 m.w.N.; BVerwG, U.v. 25.11.2015 – 6 C 21/14 – beck-online Rn. 16).
27
Dieses grundgesetzlich gewährleistete Selbstbestimmungsrecht umfasst jedenfalls die Pflege, Weiterentwicklung und Tradierung der Glaubensinhalte in Form der Theologie, die Regelung von Kultus und Liturgie, die Regelung der inneren Organisation unter Einschluss des Beitragsrechts, die Wohlfahrtstätigkeit der Kirchen, ihre Vermögensverwaltung und Haushaltsführung sowie die Auswahl der Mitarbeiter und die Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse der Religionsgesellschaft. Zum Kern des Selbstbestimmungsrechts einer Religionsgesellschaft gehören insbesondere alle Entscheidungen, die die Schaffung von geistlichen oder seelsorgerischen Ämtern, ihre Verteilung und ihre konkrete Besetzung betreffen. Denn diese Maßnahmen wurzeln im geistlichen Wesen der Religionsgesellschaft, weil die Träger des geistlichen Amtes insbesondere zur Seelsorge und zur Predigt berufen sind und eine Religionsgesellschaft in erster Linie durch diejenigen wirkt, die die religiösen Lehren der Religionsgesellschaft in ihrem Namen gegenüber ihren Mitgliedern wie gegenüber Außenstehenden vertreten oder leitende Funktionen in der innerkirchlichen Verwaltung ausüben (vgl. zum Ganzen BVerwG, U.v. 27.2.2014 – 2 C 19/12 – beck-online Rn. 16 f. m.w.N. sowie speziell zur Vergabe von Ämtern auch BVerwG, B.v. 4.1.2017 – 2 B 23/16 – beck-online Rn. 14; BayVGH, B.v. 7.8.2017 – 3 ZB 14.536 – beck-online Rn. 6 m.w.N.).
28
Ausgehend von diesen Maßstäben weisen die streitgegenständlichen Äußerungen jedenfalls einen hinreichend engen Bezug zu Maßnahmen auf, die dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterfallen. Sie betreffen das Amt des Klägers als Pfarrer von Y. … und informieren über die Beendigung dieser Tätigkeit und die aus Sicht des Bistums maßgeblichen Gründe hierfür, beziehen sich mithin also auf die Besetzung und Ausübung von kirchlichen Ämtern und damit eine Angelegenheit, die dem Kern des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts unterliegt. Die vorliegende Streitigkeit berührt daher Angelegenheiten des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts.
B.
29
Aufgrund des grundgesetzlich garantierten, aus dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) in Verbindung mit den Grundrechten, insbesondere Art. 2 Abs. 1 GG folgenden allgemeinen Justizgewähranspruchs sind staatliche Gerichte zwar auch zur Überprüfung von Angelegenheiten, welche dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterliegen, befugt. Staatliche Gerichte unterliegen bei der Prüfung von Maßnahmen von Religionsgemeinschaften aber – im Einzelfall im Wege einer Abwägung zwischen dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht und dem allgemeinen Justizgewähranspruch zu bestimmenden – Beschränkungen im Hinblick v.a. auf Prüfungsumfang, -intensität und -maßstab (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 27.2.2014 – 2 C 19/12 – beck-online Rn. 18 ff.; vgl. auch BayVGH, B.v. 16.2.2015 – 7 ZB 14.357 – beck-online Rn. 16). Dies hat zur Folge, dass staatliche Gerichte dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterfallende Maßnahmen regelmäßig nur auf ihre Vereinbarkeit mit den gegen jede Änderung geschützten Verfassungsprinzipien des Art. 79 Abs. 3 GG, mit dem Willkürverbot und mit elementaren rechtsstaatlichen Anforderungen an das Verfahren der Entscheidungsfindung hin überprüfen können (vgl. BVerwG, B.v. 4.1.2017 – 2 B 23/16 – beck-online Rn. 13; BVerwG, U.v. 25.11.2015 – 6 C 21/14 – beck-online Rn. 25; BayVGH, B.v. 4.11.2022 – 3 CE 22.2027 – beck-online Rn. 6). In seinem Rechtsfolgenausspruch ist das staatliche Gericht darauf beschränkt, die Verletzung staatlichen Rechts festzustellen (vgl. BVerwG, U.v. 27.2.2014 – 2 C 19/12 – beck-online Rn. 28; BayVGH, B.v. 4.11.2022 – 3 CE 22.2027 – beck-online Rn. 6). Aus Rücksichtnahme auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht – welches auch die Befugnis einschließt, innerkirchlich einen Rechtsweg mit dem Ziel zu öffnen, in der Religionsgesellschaft aufgetretene Rechtsstreitigkeiten durch eigene Spruchkörper mit qualifizierten Richtern zu entscheiden – können staatliche Gerichte in solchen Angelegenheiten außerdem erst nach Ausschöpfung eines etwaigen kirchlichen Rechtswegs angerufen werden (vgl. BVerwG, U.v. 25.11.2015 – 6 C 21/14 – beck-online Rn. 18, 20; BVerwG, U.v. 27.2.2014 – 2 C 19/12 – beck-online Rn. 27 f.; BayVGH, B.v. 7.8.2017 – 3 ZB 14.536 – beck-online Rn. 7).
30
Äußern sich Religionsgemeinschaften zu innerkirchlichen, dem Selbstbestimmungsrecht unterfallenden Angelegenheiten, so muss die Überprüfung von solchen Äußerungen, wie sie vom Antragsteller auch vorliegend begehrt wird, nach Auffassung der zur Entscheidung berufenen Kammer denselben Beschränkungen unterliegen. Denn die Information über solche Maßnahmen steht in funktionalem Zusammenhang mit den Maßnahmen selbst. Ein Auseinanderlaufen der Prüfungsmöglichkeiten und -maßstäbe staatlicher Gerichte im Hinblick auf konkrete innerkirchliche Maßnahmen einer- und im Hinblick auf hierauf bezogene Äußerungen von Kirchen andererseits könnte außerdem zu inhaltlich voneinander abweichenden diesbezüglichen Entscheidungen und umfassenderen Kontrollmöglichkeiten in Bezug auf Äußerungen zu innerkirchlichen Angelegenheiten führen. Dies würde wegen des genannten funktionalen Zusammenhangs und angesichts dessen, dass im Rahmen der Prüfung von Äußerungen in Bezug auf innerkirchliche Angelegenheiten in der Regel eine Bewertung auch der Maßnahmen selbst erforderlich werden kann, die Gefahr einer Beeinträchtigung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts bergen.
31
Auch die vorliegend vom Antragsteller begehrte Überprüfung der verfahrensgegenständlichen Äußerungen unterliegt damit den genannten Beschränkungen und Erfordernissen. Dem steht nicht entgegen, dass, worauf die Antragstellerseite verweist, durch die streitgegenständlichen Äußerungen Grundrechte des Antragstellers verletzt sein sollen und die Äußerungen über den innerkirchlichen Bereich hinauswirken. Die Betroffenheit in Grundrechten eröffnet vielmehr erst die Möglichkeit einer Überprüfung durch staatliche Gerichte, da diese wegen des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts auf die Prüfung einer Verletzung in subjektiven Rechtspositionen beschränkt bleiben muss, welche das staatliche Recht verleiht, weil sich der Geltungsanspruch der staatlichen Gerichtsbarkeit mit Blick auf die Autonomie der Religionsgemeinschaften nur hierauf erstrecken kann (vgl. BVerwG, U.v. 25.11.2015 – 6 C 21/14 – beck-online Rn. 20; BVerwG, U.v. 27.2.2014 – 2 C 19/12 – beck-online Rn. 14; BayVGH, B.v. 4.11.2022 – 3 CE 22.2027 – beck-online Rn. 6; BayVGH, B.v. 16.2.2015 – 7 ZB 14.357 – beck-online Rn. 16). Auch dass kirchliches Handeln über den innerkirchlichen Bereich hinauswirkt, steht nicht entgegen, da ein nach außen wirkendes Handeln bei der Verkündung von Glaubensinhalten und damit im Zusammenhang stehenden innerkirchlichen Angelegenheiten gerade dem Wesen kirchlichen Handelns entspricht und im Ziel und Selbstverständnis von Religionsgemeinschaften angelegt ist.
C.
32
Die Zulässigkeit des vorliegenden Antrags setzt vor diesem Hintergrund voraus, dass ein etwaig gegebener innerkirchlicher Rechtsweg vom Antragsteller vorab beschritten und erfolglos ausgeschöpft wurde. Ein solcher Rechtsweg besteht in Bezug auf den Antragsgegenstand grundsätzlich auch. Das Kirchenrecht kann einen Anspruch auf Unterlassung von Äußerungen vermitteln, welcher auch vor Kirchengerichten geltend gemacht werden kann. Derartige Schritte wurden vom Antragsteller aber nicht eingeleitet (siehe nachfolgend I.). Ob der innerkirchliche Rechtsweg insoweit adäquaten und ausreichend effektiven Rechtsschutz ermöglicht, der auch vor Erhebung eines – vorliegend gegenständlichen – Antrages auf einstweiligen Rechtsschutz auszuschöpfen wäre, kann aber letztlich dahinstehen, da es dem Antragsteller für seinen vorliegenden – dem Wesen nach auf eine vorläufige Regelung bis zu einer endgültigen Entscheidung über den Streitgegenstand gerichteten – Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz jedenfalls auch deshalb am Rechtsschutzbedürfnis mangelt, weil er keine erkennbare Absicht hegt, zur endgültigen Durchsetzung seiner Ansprüche vorhandene kirchliche Rechtsschutzmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen (siehe nachfolgend II.).
33
I. Ein kirchenrechtlicher, im Codex des Kanonischen Rechts (Codex Iuris Canonici – CIC) begründeter Anspruch auf Unterlassung von Äußerungen unrichtigen und ehrenrührigen Inhalts kann sich aus can. 220 CIC ergeben, wonach niemand den guten Ruf, den jemand hat, rechtswidrig schädigen und das persönliche Recht eines jeden auf den Schutz der eigenen Intimsphäre verletzen darf. Diese kirchenrechtliche Grundlage erscheint, wovon auch die Beteiligten übereinstimmend ausgehen, nach summarischer Prüfung geeignet zur Begründung eines Anspruchs des Antragstellers gegen die Antragsgegnerin auf Unterlassung der verfahrensgegenständlichen Äußerungen, den dieser gemäß can. 221 CIC im Wege einer Unterlassungsklage auch im innerkirchlichen Rechtsweg vor einem Kirchengericht gemäß can. 1400 § 2 CIC, nämlich dem zuständigen Berufungsgericht (can. 1419 § 2 CIC) oder vor der Römischen Rota (can. 1405 § 3 Nr. 1 CIC) geltend machen könnte. Es ist jedoch weder vom Antragsteller selbst vorgetragen worden noch anderweitig ersichtlich, dass der Antragsteller in Bezug auf die begehrte Unterlassung der verfahrensgegenständlichen Äußerungen versucht hätte, vor Kirchengerichten um Rechtsschutz nachzusuchen. Die von ihm eingelegte Beschwerde gegen das Dekret von Bischof … vom 21. März 2025 betraf nur dieses bzw. dessen Regelungsinhalte, die zwar mittelbar von Belang für die vorliegend verfahrensgegenständlichen Äußerungen sein können, allerdings als solche vorliegend nicht unmittelbar Verfahrensgegenstand sind.
34
Ob das fehlende Beschreiten des in Bezug auf die vom Antragsteller begehrte Unterlassung von Äußerungen eröffneten innerkirchlichen Rechtswegs der Zulässigkeit des vorliegenden Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz entgegensteht, hängt davon ab, welche Anforderungen an einen innerkirchlichen Rechtsweg zu stellen sind, der vor einer Anrufung staatlicher Gericht vorrangig zu beschreiten und auszuschöpfen ist, mithin also inwieweit ein innerkirchlicher Rechtsweg mit Rechtsschutzmöglichkeiten vor staatlichen Gerichten vergleichbar sein muss, um als adäquater und damit vor einer Anrufung staatlicher Gerichte auszuschöpfender Rechtsweg angesehen werden zu können. Hierbei zu berücksichtigen ist zum einen, dass das Zurücktreten staatlicher Gerichtsbarkeit nicht dazu führen darf, dass die Anforderungen des Justizgewähranspruchs verfehlt würden, d.h. keine effektive Möglichkeit besteht, einen Streitgegenstand zum Schutz von der Rechtsordnung verbürgter subjektiver Rechte einer rechtlichen und tatsächlichen Prüfung zu unterziehen und eine verbindliche Entscheidung durch einen Richter herbeizuführen (vgl. allgemein zum Gewährleistungsgehalt des Justizgewähranspruchs Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 18. Aufl. 2024, Art. 20 Rn. 128). Andererseits ist den Kirchen bei der Ausgestaltung eines innerkirchlichen Rechtswegs als Ausfluss ihres Selbstbestimmungsrechts Gestaltungsfreiheit einzuräumen, sodass innerkirchlicher und staatlicher Rechtsweg, v.a. auch in verfahrensmäßiger Hinsicht, nicht identische Möglichkeiten bieten und nicht in jeder Hinsicht gleichwertig sein müssen, sondern ein geeigneter und damit vor einer Anrufung staatlicher Gerichte zu erschöpfender innerkirchlicher Rechtsweg bereits dann besteht, wenn dieser eine praktisch wirksame Möglichkeit bietet, unzulässige Eingriffe in individuelle Rechtspositionen durch kirchliche Maßnahmen nach unabhängiger, und auf umfassender Sachaufklärung beruhender Entscheidung abzuwehren. Soweit zur Beurteilung, ob eine solche Möglichkeit besteht, eine vergleichende Betrachtung des staatlichen und eines innerkirchlichen Rechtswegs vorgenommen wird, ist außerdem zu beachten, dass sich der Rechtsfolgenausspruch der Entscheidungen staatlicher Gerichte über dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterliegende Angelegenheit auf die Feststellung der Verletzung staatlichen Rechts beschränken muss (siehe oben B.).
35
II. Im vorliegenden Fall bedarf es letztlich jedoch keiner abschließenden Entscheidung, ob die aufgezeigte Möglichkeit, vor kirchlichen Gerichten ein Begehren auf Unterlassung von Äußerungen durch die Antragsgegnerin geltend zu machen, diesen Anforderungen genügt und damit ein relevanter innerkirchlicher Rechtsweg besteht, den der Antragsteller erfolglos ausschöpfen hätte müssen, um, wie mit dem vorliegenden Antrag bezweckt, zulässigerweise in dieser Sache um einstweiligen Rechtsschutz vor staatlichen Gerichten nachsuchen zu können. Denn es fehlt dem Antragsteller unabhängig davon schon am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis für vorliegenden Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz, weil er keine erkennbare Absicht hegt, zur endgültigen Durchsetzung seiner Ansprüche vorhandene kirchliche Rechtsschutzmöglichkeiten in Anspruch zu nehmen.
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Mit einer auf die Anspruchsgrundlage des can. 220 CIC gestützten Unterlassungsklage besteht für den Antragsteller eine geeignete Möglichkeit, einen Anspruch gegen die Antragsgegnerin auf Unterlassung der verfahrensgegenständlichen Äußerungen vor kirchlichen Gerichten geltend zu machen (siehe oben I.) und damit im innerkirchlichen Rechtsweg ein Urteil zu erwirken, für welches das Kirchenrecht gemäß can. 1500 ff. CIC auch Vollstreckungsmöglichkeiten vorsieht. Selbst wenn es aber an einer Vollstreckbarkeit des kirchengerichtlichen Urteils fehlen würde oder kirchenrechtliche Vollstreckungsmöglichkeiten nicht ausreichend sein sollten, bedeutet dies nicht, dass diese Rechtsschutzmöglichkeit von vornherein als ungeeignet und ihre vorherige Ausschöpfung nicht als Zulässigkeitsvoraussetzung für eine Entscheidung staatlicher Gerichte anzusehen wäre, weil grundsätzlich davon auszugehen ist, dass kirchliche Akteure wie die Antragsgegnerin Entscheidungen von Kirchengerichten ohne weiteres Folge leisten und es regelmäßig gar keiner Vollstreckungsmaßnahmen bedarf. Soweit kirchenrechtlich keine Vollstreckungsmöglichkeiten bestehen, könnten außerdem zwar staatliche Gerichte angerufen werden, um einen Vollstreckungstitel für eine anderweitig nicht durchsetzbare, von Kirchengerichten festgestellte Rechtsposition des Kirchenrechts zu erlangen, allerdings könnten staatliche Gerichte hierfür auch erst dann angerufen werden, wenn über das Bestehen der kirchenrechtlichen Rechtsposition als Vorfrage von einem Kirchengericht entschieden wurde (vgl. BVerwG, U.v. 25.11.2015 – 6 C 21/14 – beck-online Rn. 18 ff.). Selbst in diesem Fall müsste der Antragsteller daher seinen eigentlichen Unterlassungsanspruch in der Sache zunächst vor einem kirchlichen Gericht erfolgreich geltend machen. Anders als die Antragstellerseite meint, schließt es eine angeblich fehlende Vollstreckbarkeit einer kirchengerichtlichen Entscheidung daher nicht aus, in den aufgezeigten Rechtsschutzmöglichkeiten einen geeigneten innerkirchlichen Rechtsweg zur Geltendmachung des Unterlassungsbegehrens des Antragstellers zu sehen, welcher vor einer Inanspruchnahme staatlicher Gerichte erfolglos auszuschöpfen wäre.
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Ob es hingegen deshalb unzumutbar ist, den Antragsteller vorab auf die Ausschöpfung innerkirchlichen Rechtsschutzmöglichkeiten zu verweisen und die Zulässigkeit des vorliegenden Antrags hiervon abhängig zu machen, weil diese innerkirchlichen Rechtsschutzmöglichkeiten, wie der Antragsteller meint, keinen effektiven Rechtsschutz bieten, weil eine derartige kirchengerichtlichen Entscheidung erfahrungsgemäß frühestens nach einem Jahr ergehen würde und ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, welches eine vorläufige Regelung oder Sicherungsmaßnahme für diesen Zeitraum bis zur Entscheidung in der Hauptsache ermöglichen würde, im Kirchenrecht nicht besteht, bedarf keiner abschließenden Entscheidung. Selbst wenn man nämlich diesen Annahmen und Schlüssen des Antragstellers folgen würde, würde es an innerkirchlichen Rechtsschutzmöglichkeiten nur in Bezug auf die Möglichkeit fehlen, im Wege „einstweiligen Rechtsschutzes“ eine vorläufige Regelung für den Zeitraum bis zum Ergehen der kirchengerichtlichen „Hauptsacheentscheidung“ zu erwirken. Da nur insoweit überhaupt eine Rechtsschutzlücke im innerkirchlichen Rechtsweg bestehen würde bzw. keine ausreichenden kirchlichen Rechtsschutzmöglichkeiten vorhanden wären, gegenüber denen mit Blick auf das kirchliche Selbstbestimmungsrecht staatliche Gerichte jedenfalls zunächst zurückstehen müssten, erlaubt die notwendige Wahrung des kirchlichen Selbstbestimmungsrecht, welche ein Tätigwerden staatlicher Gerichte grundsätzlich erst nach Ausschöpfung eines innerkirchlichen Rechtswegs angezeigt erscheinen lässt, nach Auffassung der Kammer vorliegend eine unmittelbare Anrufung staatlicher Gerichte ohne vorherige Ausschöpfung der vorhandenen (und u.U. nur im Hinblick auf die zeitliche Komponente unzureichenden) kirchlichen Rechtsschutzmöglichkeiten allenfalls zu diesem Zweck, nämlich zur vorläufigen Regelung für den Zeitraum, bis eine kirchengerichtliche Entscheidung ergehen könnte. Denn für darüberhinausgehenden Rechtsschutz sind innerkirchliche Möglichkeiten vorhanden (siehe oben I.), die vorab zu erschöpfen wären.
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Eine solche vorläufige Regelung könnte der Antragsteller durch eine von ihm vorliegend auch erkennbar erstrebte einstweilige Anordnung gemäß § 123 VwGO grundsätzlich erreichen. Denn sie dient gerade dazu, eine vorläufige Regelung für den Zeitraum bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu schaffen und den Eintritt irreversibler Tatsachen, Zustände und Rechtsbeeinträchtigungen vor einer Entscheidung in der Hauptsache zu verhindern (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 123 Rn. 1; Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 47. EL Februar 2025, § 123 VwGO Rn. 110 ff.). Schon wesensgemäß, aufgrund der aus der Notwendigkeit der Wahrung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts resultierenden und soeben dargestellten Implikationen aber erst recht im hier vorliegenden Fall eines Verfahrensgegenstands, welcher mit dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht unterfallenden Angelegenheiten jedenfalls in engem Zusammenhang steht, setzt die Zulässigkeit eines Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO jedoch gerade voraus, dass der Antragsteller ein besonderes Interesse gerade an einer für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes charakteristischen, nur vorläufigen Regelung haben muss (vgl. auch Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 47. EL Februar 2025, § 123 VwGO Rn. 121), in der hier vorliegenden Konstellation eben für den Zeitraum, bis kirchengerichtlicher Rechtsschutz erlangt werden kann. Fehlt es hieran, besteht kein Rechtsschutzbedürfnis, weil es an einem schutzwürdigen Interesse für die Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutz fehlt (vgl. Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, Vorb. §§ 40-53 Rn. 11). Denn soll oder kann das von einem gerichtlichen Verfahren grundsätzlich ermöglichte Ziel nicht oder nicht mehr erreicht werden, bestehen keine Notwendigkeit und kein legitimer Grund für eine darauf abzielende Inanspruchnahme gerichtlichen Rechtsschutzes und damit kein entsprechendes Rechtsschutzbedürfnis mehr, weil die Rechtsstellung des Antragstellers dann nicht mehr in dem von dem gerichtlichen Verfahren intendierten Sinne verbessert werden könnte (vgl. Schoch in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 47. EL Februar 2025, § 123 VwGO Rn. 120 ff.; Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, Vorb. §§ 40-53 Rn. 16 ff.). Dies ist auch anerkannt, wenn der Zweck einer bloß vorläufigen Regelung bis zu einer Entscheidung in einer Hauptsache durch eine einstweilige Anordnung gemäß § 123 VwGO nicht mehr erreicht werden kann, weil eine Hauptsacheklage, v.a. wegen Verfristung, nicht mehr zulässig erhoben werden könnte (vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2011 – 7 CE 11.376 – juris Rn. 14 m.w.N.). Jedenfalls in der hier vorliegenden Konstellation eines Verfahrensgegenstandes, welcher das kirchliche Selbstbestimmungsrecht berührt, muss dies aber gleichermaßen bereits dann gelten, wenn der Antragsteller nicht erkennbar beabsichtigt, auch von den ihm (möglichen) innerkirchlichen Rechtsschutzmöglichkeiten Gebrauch zu machen und mit seinem Antrag nach § 123 VwGO daher nicht lediglich bezweckt, eine vorläufige Regelung für den Zeitraum bis zu einer kirchengerichtlichen Entscheidung herbeizuführen, da in diesem Fall gleichermaßen eine Anordnung nach § 123 VwGO nicht ihren eigentlichen Zweck erfüllen würde. Es würde nämlich der durch das kirchliche Selbstbestimmungsrecht gebotenen Zurückhaltung staatlicher Gerichtsbarkeit gegenüber einem innerkirchlichen Rechtsweg widersprechen, wenn staatliche Gerichte in der Sache über innerkirchliche Angelegenheiten – wenn auch nur vorläufig – entscheiden, ohne dass absehbar ist, dass alsbald eine Entscheidung des hierzu vorrangig berufenen Kirchengerichts ergehen wird, weil dann vorrangig der Zuständigkeit kirchlicher Gerichte unterfallende Streitigkeiten im Wesentlichen nur vor staatlichen Gerichten ausgetragen würden. Diese Erwägung rechtfertigt es auch, letztlich die Zulässigkeit eines Antrags nach § 123 VwGO in Bezug auf innerkirchliche Angelegenheiten – der ohnehin nur statthaft sein kann, wenn man davon ausgehen sollte, dass es im innerkirchlichen Rechtsweg an der Möglichkeit einstweiligen Rechtsschutzes mangelt, eine solche Möglichkeit bestehen müsste, um von adäquaten Rechtsschutzmöglichkeiten auszugehen – davon abhängig zu machen, dass eine „Hauptsacheklage“ bei einem Kirchengericht bereits anhängig gemacht wurde oder absehbar und hinreichend wahrscheinlich ist, dass dies erfolgt. Damit würde zwar davon abgewichen, dass in rein der staatlichen Gerichtsbarkeit unterliegenden Sachverhalten ein solcher Antrag gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO auch schon vor Erhebung einer Hauptsacheklage gestellt werden kann. Anders als bei rein der staatlichen Gerichtsbarkeit unterliegenden Sachverhalten könnte nach Ergehen einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 VwGO im Hinblick auf kirchliche Angelegenheiten die Erhebung einer Hauptsacheklage bei einem Kirchengericht nicht gemäß § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 926 ZPO erzwungen werden, weil sich diese Vorschriften nur auf von staatlichen Prozessordnungen vorgesehene Klagemöglichkeiten beziehen können.
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Diese besonderen Anforderungen an das Bestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO in Bezug auf innerkirchliche Angelegenheiten sind durch die Notwendigkeit der Wahrung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts geboten und gerechtfertigt. Hiervon ausgehend mangelt es dem verfahrensgegenständlichen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO jedoch am erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis, weil der Antragsteller weder geltend gemacht hat noch anderweitig ersichtlich ist, dass er zur Durchsetzung seines Unterlassungsbegehrens gegenüber der Antragsgegnerin den kirchlichen Rechtsweg beschritten hätte. Es ist auch nicht erkennbar, dass er dies alsbald noch beabsichtigten würde. Durch sein schriftsätzliches Vorbringen hat der Antragsteller zu erkennen gegeben, dass er die kirchlichen Rechtsschutzmöglichkeiten für ungeeignet erachte und sich deshalb zur Inanspruchnahme staatlicher Gerichte veranlasst sieht. Dass er sich die Anrufung kirchlicher Gerichte noch vorbehält, wurde schriftsätzlich nicht geltend gemacht, obwohl die Frage des Bestehens eines innerkirchlichen Rechtswegs von den Beteiligten umfangreich erörtert wurde. Dagegen, dass er dies derzeit ernsthaft beabsichtigen würde, spricht außerdem, dass seit der Veröffentlichung der Pressemitteilung, mit welcher die streitgegenständlichen Äußerungen erstmals öffentlich getätigt wurden, und seit der Erhebung des gegenständlichen Antrags beim Landgericht X. … bereits mehrere Monate vergangen sind und nicht ersichtlich ist, dass der Antragsteller diesen Zeitraum genutzt hätte, um eine Klage vor einem kirchlichen Gericht jedenfalls vorzubereiten. Das Verhalten des Antragstellers lässt also nicht erkennen, dass er mit der vorliegend begehrten einstweiligen Anordnung lediglich eine Regelung für den Zeitraum bis zu einer kirchengerichtlichen Entscheidung erstrebt, mit dem eine im innerkirchlichen Rechtsschutzsystem u.U. bestehende Lücke gefüllt würde. Dadurch würde die Streitigkeit allein einer Entscheidung durch staatliche Gerichte zugeführt, ohne dass gewährleistet ist, dass sich in absehbarer Zeit kirchliche Gerichte mit der Angelegenheit befassen werden. Dies würde den Vorrang des innerkirchlichen Rechtswegs unterlaufen. Für einen solchen, dem Zweck eines Antrags auf einstweiligen Rechtsschutz und der Berücksichtigung des kirchlichen Selbstbestimmungsrechts zuwiderlaufenden Antrag besteht nach den oben dargelegten Maßstäben kein Rechtsschutzbedürfnis, weshalb sich der Antrag als unzulässig erweist.
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Der Antrag war nach alledem mit der Kostenfolge nach § 154 Abs. 1 VwGO abzulehnen.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 Gerichtskostengesetz (GKG) i.V.m. § 52 Abs. 1, 2 GKG unter Berücksichtigung von Ziff. 1.1.1 und 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Für jede der vier verfahrensgegenständlichen Äußerungen war gemäß § 52 Abs. 2 GKG der Auffangstreitwert von 5.000,00 EUR anzusetzen und von der sich aus der Addition dieser Einzelwerte ergebenden Summe im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Hälfte als Streitwert festzusetzen.