Titel:
Rechtmäßigkeit des Widerrufs der Zulassung zur Patentanwaltschaft
Normenketten:
PAO § 21 Abs. 2 Nr. 8
BRAO § 14 Abs. 2 Nr. 7
ZPO § 882b
Leitsätze:
1. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Patentanwaltschaft ist allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder – wenn das Vorverfahren entbehrlich ist – auf den Ausspruch der Widerrufverfügung abzustellen und die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Vermögensverfall Sv § 21 Abs. 2 Nr. 8 Hs. 1 PAO ist gegeben, wenn der Patentanwalt in ungeordnete, schlechte Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen. (Rn. 23) (redaktioneller Leitsatz)
3. Wird wegen der Eintragung des Patentanwalts in das Schuldnerverzeichnis ein Vermögensverfall vermutet (§ 21 Abs. 8 Nr. 2 Hs. 2 PAO), bedarf es zur Widerlegung dieser Vermutung einer umfassenden Darlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Hierfür ist ein auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufs bezogenes vollständiges und detailliertes Verzeichnis der Gläubiger und Verbindlichkeiten einzureichen und konkret darzulegen, dass die Vermögens- und Einkommensverhältnisse – bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufs bzw. des Widerspruchsbescheids – nachhaltig geordnet sind. (Rn. 29 – 30) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu der für Rechtsanwälte geltenden Parallelvorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO, wonach mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden ist und diese - wofür den Rechtsanwalt die Feststellungslast - nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden kann, ist auf die für den Patentanwalt geltende Regelung des § 21 Abs. 2 Nr. 8 PAO übertragbar. (Rn. 43 – 44) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Zulassung zur Patentanwaltschaft, Widerruf der Zulassung, Vermögensverfall des Patentanwalts, Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Zulassungswiderrufs, Vermutung des Vermögensverfalls, Eintragung im Schuldnerverzeichnis, geordnete Vermögensverhältnisse, Gefährdung der Rechtsuchenden, Feststellungslast des Patentanwalts
Rechtsmittelinstanz:
BGH, Beschluss vom 09.09.2025 – PatAnwZ 1/25
Fundstelle:
BeckRS 2025, 29760
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Entscheidungsgründe
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Die Parteien streiten um den Widerruf der Zulassung des Klägers zur Patentanwaltschaft.
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Der am ...1970 geborene Kläger wurde am 26.10.2004 zur Patentanwaltschaft zugelassen und betreibt seine Kanzlei unter der Bezeichnung „M. MD Legal Patentanwälte PartG mbB“ in F. am M..
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Mit Bescheid vom 03.05.2023 (Anlage K 2) – zugestellt am 06.05.2023 – widerrief die Beklagte die Zulassung des Klägers zur Patentanwaltschaft und stützte den Widerruf auf § 21 Abs. 2 Nr. 8 HS 1 PAO (Vermögensverfall). Mit Schriftsatz seines anwaltlichen Vertreters vom 02.06.2023 legte der Kläger Widerspruch gegen den Bescheid vom 03.05.2023 ein (Anlage K 3). Zur Begründung führte er aus, aus den mit dem Widerspruch vorgelegten Unterlagen ergebe sich eindeutig, dass der Kläger in geordneten Verhältnissen lebe und gerade kein Vermögensverfall vorliege. Allein der betrieblich erwirtschaftete Gewinn reiche unproblematisch aus, um von geordneten Vermögensverhältnissen sprechen zu können. Den Hauptteil des Vermögens des Klägers bildeten nicht seine betrieblichen Einnahmen aus seiner Tätigkeit als Patentanwalt, sondern vielmehr diverse Patente, an denen er beteiligt sei. Allein aus den genannten Patenten belaufe sich das Vermögen des Klägers auf einen Betrag in einer Größenordnung von über 600 Millionen €. Hinzu kämen noch der Wert seiner Kanzlei sowie Kontoguthaben. Dem gegenüber stünden Verbindlichkeiten in Höhe von ca. 755.000 €, also etwa 1,25 Promille der Vermögenswerte.
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Mit Bescheid vom 02.01.2024 (Anlage K 4) – dem Prozessbevollmächtigten des Klägers zugestellt am 04.01.2024 – wies die Beklagte den Widerspruch zurück und legte dem Kläger die Kosten des Widerspruchsverfahrens auf. Der Widerspruch sei unbegründet, da der Bescheid vom 03.05.2023 rechtmäßig sei. Maßgeblich für die Entscheidung über den Widerspruch sei die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids. Die beiden nachstehenden Eintragungen im Schuldnerverzeichnis in Bezug auf den Kläger und damit die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls bestünden im Zeitpunkt des Ergehens des Widerspruchsbescheids fort:
1. Eintragung in das Schuldnerverzeichnis vom 17.05.2022 mit der Verfahrensnummer …96 und
2. Eintragung in das Schuldnerverzeichnis vom 16.12.2022 mit der Verfahrensnummer …17.
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Die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls sei nicht widerlegt worden. Im Hinblick auf die den Eintragungen zugrunde liegenden Forderungen sei nichts vorgetragen worden. Weder sei die Löschung der Eintragungen im Schuldnerverzeichnis noch das Vorliegen der Voraussetzungen für die Löschung nachgewiesen worden. Ein vollständiges und detailliertes Verzeichnis der Gläubiger und Verbindlichkeiten des Klägers zum Nachweis nachhaltig geordneter Vermögens- und Einkommensverhältnisse sei ebenfalls nicht vorgelegt worden. Die Zusammenfassung der Vermögensübersicht vom 25.05.2023 [gerichtliche Anlagen K 12 bzw. B 2] enthalte lediglich summarisch in „Vermögensverwaltung“, „Lebensversicherungen“, „Geldvermögen“ und „Kanzlei“ unterteiltes Vermögen sowie in „Verbindlichkeit 1“ und „Verbindlichkeit 2“ unterteilte Verbindlichkeiten ohne nähere Angaben zur Herkunft der Zahlen oder Nachweise. Dies entspreche nicht den Anforderungen des nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vorzulegenden umfassenden und detaillierten Verzeichnisses von Gläubigern und Verbindlichkeiten und ermögliche keine Beurteilung, inwieweit die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers nachhaltig geordnet seien. Ungeeignet zur Widerlegung des Vermögensverfalls seien auch die vorgelegten Unterlagen bezüglich der Gewinnermittlung für das Kalenderjahr 2020 und die Wertenachweise zur Kurzfristigen Erfolgsrechnung der Kanzlei des Klägers für die Kalenderjahre 2021 und 2022, an der neben dem Kläger noch zwei weitere Personen beteiligt seien. Die Unterlagen seien in Bezug auf die Vermögens- und Einkommensverhältnisse des Klägers persönlich nicht aussagekräftig, da sie lediglich die Kanzlei des Klägers, die M. MD Legal Patentanwälte PartG mbB, beträfen. Zudem entsprächen sie ebenfalls nicht den Anforderungen an das vorzulegende umfassende und detaillierte Verzeichnis von Gläubigern und Verbindlichkeiten zum Nachweis geordneter Vermögensverhältnisse des Klägers. Auch das von der Klagepartei vorgelegte Company Printout der Liw Patent Company Limited by Guarantee vom 03.05.2023, wonach der Kläger einer von zwei Directors sei, sowie die Patentfamilienbewertung der I. GmbH für die Liw Patent Company Limited by Guarantee Ltd. vom 26.05.2023, nach der „zu erwartende Lizenzeinnahmen“ im Wert von 1.082.660.000 € über einen Zeitraum von 10 Jahren bestünden mit einem Barwert von 603.797.000 € seien zum Nachweis geordneter Vermögensverhältnisse und damit zur Widerlegung des Vermögensverfalls nicht geeignet. Die „zu erwartenden Lizenzeinnahmen“ gemäß der Patentfamilienbewertung stellten bereits kein greifbares Vermögen dar, sondern lediglich Gewinnaussichten. Das Ergebnis der Patentbewertung könne den Vermögensverfall des Klägers ebenfalls nicht widerlegen, da es nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entscheidend auf die Liquidität entsprechender Vermögenswerte ankomme. Dass die zu erwartenden Lizenzeinnahmen dem Kläger in der angegebenen Höhe als liquider Vermögenswert zur Tilgung seiner Verbindlichkeiten zur Verfügung stehen würden, sei nicht ersichtlich. Schließlich ergebe sich aus dem Printout der Liw Patent Company by Guarantee nicht, in welcher Höhe der Kläger an der Gesellschaft beteiligt sei. Nach der in § 21 Abs. 2 Nr. 8 PAO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers indiziere der Vermögensverfall regelmäßig die Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen sei, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen des Vermögensverfalls folge, könne die Gefährdung im vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden lediglich in seltenen Ausnahmefällen verneint werden. Für den Ausschluss der Gefährdung der Rechtsuchenden trage der betroffene Anwalt die Feststellungslast. Zudem habe der Kläger keine besonderen Umstände vorgetragen, die die Annahme rechtfertigen würden, dass trotz des gesetzlich vermuteten Vermögensverfalls die Interessen Rechtssuchender nicht gefährdet seien. Im Übrigen seien keine Umstände ersichtlich, die eine solche Gefährdung ausschlössen.
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In seiner Klageschrift vom 29.01.2024, eingegangen bei Gericht am selben Tag und der Beklagten zugestellt am 21.02.2024, trägt der Kläger vor, an der von ihm geführten Kanzlei „M. MD Legal Patentanwälte PartG mbB“ neben seinem Vater, der zu 10% beteiligt sei, zu 90% beteiligt zu sein, ihm somit auch 90% der dort erzielten Gewinne wirtschaftlich zustünden. Hierzu legt er die mit „Abtretung Anteile an der Gesellschaft der M. MD Legal Patentanwälte PartG mbB“ (Datum: 15.12.2021) überschriebene Anlage K 5 vor. Der dritte im Partnerschaftsregister aufgeführte Partner sei als sogenannter Non-Equity-Partner nicht an der Gesellschaft beteiligt. Zudem habe der Kläger für die Übertragung der Gesellschaftsanteile zum Jahreswechsel 2021/22 an seinen Vater 650.000 € bezahlt. Dies spreche deutlich gegen das von der Beklagten behauptete Vorliegen eines Vermögensverfalls. Weiter erwäge der Kläger „derzeit“ (Klageschrift vom 29.01.2024) eine Veräußerung eines Teils seiner Geschäftsanteile an der M. MD Legal PatentanwältePartG mbB und bezieht sich in diesem Zusammenhang auf einen undatierten Letter of Intent (Anlage K 6). Weiter legt er als Anlage K 7 den Jahresabschluss der M. MD Legal Patentanwälte PartG mbB für das Kalenderjahr 2021 vor, der einen betrieblichen Gewinn in Höhe von 271.418,66 € ausweise. Hierfür stünden dem Kläger 90% zu, also 244.276,79 €. Weiter sei der Kläger auch an der Dr. M1. & Partners LLP beteiligt. Diese habe im Jahr 2021 einen nicht unerheblichen Jahresüberschuss in Höhe von 160.133,27 € erwirtschaftet (Anlage K 8). An der Liw Patent Company Limited by Guarantee halte der Kläger 100% der Anteile. Bei der 2. Direktorin handle es sich um die Ehefrau des Klägers, die jedoch keine Anteile an der Gesellschaft halte (Anlage K 9). Die Gesellschaft habe ausweislich des als Anlage K 10 vorgelegten Gutachtens ein Wertpotenzial in Höhe von 420.000.000 €. Zudem führe die Liw Patent Company Limited by Guarantee derzeit einen Rechtsstreit vor dem Landgericht München I (vgl. Versäumnisurteil vom 29.06.2023, Anlage K 11, sowie Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 02.05.2024, Anlage K 18). „Derzeit“ (Schriftsatz vom 17.05.2024) fänden Vergleichsverhandlungen zwischen den Prozessbevollmächtigten statt. Danach sei greifbar, dass die Liw Patent by Garantuee Ltd. und somit auch der Kläger aus diesem Verfahren einen hohen 6-stelligen Betrag erhalten würden. Bei Zweifeln an den mitgeteilten Werten der Patente der Liw Patent Company Limited by Guarantee Ltd. sei ein gerichtliches Gutachten einzuholen. Es sei zwar zutreffend, dass der Wert der vier von der Liw Patent by Guarantee Ltd. gehaltenen Patente dem Kläger nicht als liquide Mittel zur Verfügung stünden. Hier müsse jedoch zwischen den Begriffen Vermögen und Liquidität differenziert werden. § 21 Abs. 2 Nr. 8 PAO spreche ausdrücklich vom „Vermögensverfall“ und nicht etwa von „Liquiditätsengpass“. Im Übrigen sei die vom Kläger bereits im Widerspruchsverfahren vorgelegte Vermögensübersicht (Anlage K 12) geeignet, das von der Beklagten behauptete Vorliegen eines Vermögensverfalls zu beseitigen. Die beiden Verbindlichkeiten, die Grundlage der beiden Eintragungen im Schuldnerverzeichnis seien, bestünden jeweils bei der GVG M2. Landstraße 69-71 mbH & Co. KG und beliefen sich auf 720.000 € bzw. auf 5.681,48 €. Diese Verbindlichkeiten stammten aus einem Mietverhältnis der Firma Dr. M1. & Partner. Die Gesellschaft bzw. deren Partner (also der Kläger) seien zu Schadenersatzzahlungen für Mietausfälle verurteilt worden. Der Kläger organisiere „derzeit“ (Klageschrift vom 29.01.2024) die Begleichung der geschuldeten Beträge. Dazu diene unter anderem auch der beabsichtigte Teilverkauf von Gesellschaftsanteilen an der M. MD Legal Patentanwälte PartG mbB an eine New Yorker Kanzlei (Anlage K 6). Nach der Planung des Klägers Anfang 2024 sei eine vollständige Begleichung der geschuldeten Beträge im Sommer 2024 beabsichtigt. Auch der Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2021, der ein Einkommen des Klägers aus selbständiger Tätigkeit in Höhe von 205.867 € ausweise (Anlage K 19), spreche gegen die Annahme eines Vermögensverfalls.
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Entgegen der Auffassung der Beklagten bestünden die nachgewiesenen Vermögenswerte nicht nur aus potentiellen, zukünftigen Vermögensentwicklungen, sondern seien bereits so weit konkretisiert, dass diese im Rahmen der Frage, ob ein Vermögensverfall beim Kläger vorliege, zu berücksichtigen seien. Auch im Zusammenhang mit der zu 90% in seinem Eigentum stehenden Patentanwaltskanzlei, deren Wert der Kläger mit 750.000 € ansetzt, komme es nicht darauf an, ob dieser Betrag dem Kläger als liquide Mittel zur Verfügung stünde. Jedenfalls zähle er zu dessen Vermögen. Allein aus dem Lizenzgeschäft der Liw Patent by Guaratee Ltd, deren alleiniger Gesellschafter der Kläger sei, ergebe sich ein liquider Vermögenszufluss in Höhe von 1,44 Millionen € (Anlage K 14).
- 1.
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den Bescheid der Beklagten vom 03.05.2023, mit welchem die Zulassung des Klägers zur Patentanwaltschaft widerrufen wurde sowie den auf Grund des Widerspruchs vom 02.06.2023 ergangenen Widerspruchsbescheid vom 02.01.2024 aufzuheben, und
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die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
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Die Beklagte beantragt,
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Die Klage wird abgewiesen.
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Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
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Die Beklagte meint, der Bescheid vom 03.05.2023 und der Widerspruchsbescheid vom 02.01.2024 seien zu Recht ergangen. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung wegen Vermögensverfalls sei nach der Rechtsprechung allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerspruchsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids, abzustellen, weil der Betroffene bei nachträglichem Wegfall des Widerrufsgrundes einen Wiederzulassungsantrag stellen könne. Zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids vom 02.01.2024 habe die Beklagte Kenntnis über folgenden Sachverhalt gehabt:
1. Zwei Einträge im Schuldnerverzeichnis. Der letzte Abruf des Schuldnerverzeichnisses sei am 02.01.2024, dem Tag des Erlasses des Widerspruchsbescheids, erfolgt (Anlage B 1).
2. Auszug aus dem Jahresabschluss 2020 (vgl. Anlage K 3).
3. Wertenachweis zur Kurzfristigen Erfolgsrechnung Dezember 2021, offensichtlich erstellt von der hauseigenen Buchführung (vgl. Anlage K 3).
4. Wertenachweis zur Kurzfristigen Erfolgsrechnung Dezember 2022, offensichtlich erstellt von der hauseigenen Buchführung (vgl. Anlage K 3).
5. Auszug aus dem CRO Companies Registration Office vom 03.05.2023 (vgl. Anlage K 3).
6. Gutachten der Firma I. GmbH vom 26.05.2023 (vgl. Anlage K 3).
7. Zusammenfassung der vom Kläger unterzeichneten Vermögensübersicht per 25.05.2023 (Anlage B 2).
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Warum die Verbindlichkeiten nicht beglichen und die Löschung der Eintragung im Schuldnerverzeichnis nicht beantragt worden seien, sei bis zum Erlass des Widerspruchsbescheids nicht erläutert worden. Aus den vom Kläger mit Widerspruch vom 02.06.2023 vorgelegten Unterlagen sei nicht zu entnehmen, dass der Kläger sich nicht in Vermögensverfall im Sinne des § 21 Abs. 2 Nr. 8 PAO befinde. Er habe weder ein auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufsbescheids bezogenes vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und seiner Verbindlichkeiten vorgelegt, noch konkret dargelegt und belegt, dass seine Vermögensverhältnisse nachhaltig geordnet gewesen seien. Die Unterlagen seien nicht geeignet, die gesetzliche Vermutung des Vermögensverfalls zu widerlegen. Die aufgeführten Vermögenswerte könnten nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur dann von Relevanz sein, wenn sie dem Kläger im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids als liquide Vermögenswerte zur Verfügung gestanden hätten. Der Kanzleiwert sei ein rechnerischer Wert, über den die Gesellschafter nicht unmittelbar verfügen konnten. Ebenso sei der Wert der Beteiligung an der Liw Patent by Guarantee Ltd. bislang ein in die Zukunft gerichteter, rechnerischer Wert. Er sei kein liquider Geldbetrag.
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Nach der in § 21 Abs. 2 Nr. 8 PAO zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers sei mit dem Vermögensverfall grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Die Annahme der Gefährdung der Rechtsuchenden sei regelmäßig schon im Hinblick auf den Umgang des Anwalts mit Fremdgeldern und den darauf möglichen Zugriff von Gläubigern gerechtfertigt. Daher obliege es dem Kläger nachzuweisen, dass die Interessen der Rechtsuchenden ausnahmsweise nicht gefährdet seien. Dies sei dem Kläger nicht gelungen, denn die Gefährdung werde nicht durch Gelder, die nur in die Zukunft gerichtet seien und rein rechnerisch zur Verfügung stünden, beseitigt.
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Im Übrigen wird auf die im Verfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 15. Mai 2025 Bezug genommen.
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Die Klage hat keinen Erfolg. Der Bescheid vom 03.05.2023 und der Widerspruchsbescheid vom 02.01.2024 sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten., §§ 94b Abs. 1 Satz 1 PAO i.V.m. 113 Abs. 1 VwGO.
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Der Umstand, dass der Kläger persönlich nicht zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 15.05.2025 geladen worden ist, hindert eine Entscheidung des Senates nicht. Bei Bestellung eines Prozessbevollmächtigten ist gem. § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO i.V.m. § 67 Abs. 3 Satz 2 VwGO dieser zu laden; einer zusätzlichen Ladung des Beteiligten, dessen persönliches Erscheinen das Gericht – wie hier – nicht angeordnet hat, bedarf es nicht (Brüning, in: BeckOK VwGO, Posser/Wolff/Decker, 72. Edition, Stand: 01.01.2025, § 102 Rn. 11 unter Bezugnahme auf BVerwG Buchholz 310 VwGO § 102 Nr. 18). Der Prozessbevollmächtigte des Klägers wurde ausweislich des Empfangsbekenntnisses vom 25.02.2025 unter Wahrung der Ladungsfrist des § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO i.V.m. § 102 Abs. 1 Satz 1 VwGO ordnungsgemäß zum Termin am 15.05.2025 geladen.
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I. Das Klagebegehren ist darauf gerichtet, den Bescheid und den Widerspruchsbescheid aufzuhe-ben. Es handelt sich daher um eine Anfechtungsklage iSd § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO i.V.m. § 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO.
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II. Die statthafte Anfechtungsklage ist zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht erhoben, § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO i.V.m. § 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Der Kläger ist klagebefugt, da er Adressat eines belastenden Verwaltungsaktes ist und daher möglicherweise in seinen subjektivöffentlichen Rechten verletzt ist (§ 94b Abs. 1 Satz 1 PAO i.V.m. § 42 Abs. 2 VwGO).
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Das Vorverfahren, §§ 94b Abs. 1 Satz 1 PAO i.V.m. 68 ff. VwGO, wurde ordnungsgemäß durchgeführt. Es war insbesondere nicht entbehrlich gemäß Art. 12 Abs. 1, 2 AGVwGO, da diese Vorschriften nach Art. 12 Abs. 3 Satz 1 AGVwGO nur für Verfahren der Behörden des Freistaates Bayern, der Gemeinden und Gemeindeverbände und der sonstigen der Aufsicht des Freistaates Bayern unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts gelten. Dies ist bei der Beklagten, die als bundesunmittelbare Körperschaft des öffentlichen Rechts gemäß § 57 Abs. 1 PAO, die der Staatsaufsicht durch den Präsidenten des Deutschen Patent- und Markenamts (§ 57 Abs. 2 PAO) unterliegt, nicht der Fall.
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III. Die Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Bescheid vom 03.05.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.01.2024 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, §§ 94b Abs. 1 Satz 1 PAO i.V.m. 113 Abs. 1 VwGO. Die Beklagte hat die Zulassung des Klägers zur Patentanwaltschaft zu Recht nach § 21 Abs. 2 Nr. 8 PAO widerrufen, weil dieser in Vermögensverfall geraten ist und keine Umstände dafür ersichtlich sind, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet wären.
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1. Die Beklagte ist passivlegitimiert, da gemäß § 94c Abs. 1 Nr. 1 PAO die Klage gegen die Patentanwaltskammer oder die Behörde zu richten ist, die den Verwaltungsakt erlassen hat.
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2. Der Bescheid vom 03.05.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.01.2024 ist formell rechtmäßig. Insbesondere wurde der Kläger – wie sich aus dem Bescheid der Beklagten vom 03.05.2023 (Anlage K 2) ergibt – mit Schreiben vom 08.03.2023 gemäß § 30 Abs. 1 Satz 1 PAO i.V.m. § 28 Abs. 1 VwVfG angehört.
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3. Der Bescheid vom 03.05.2023 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 02.01.2024 ist materiell rechtmäßig.
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Gemäß § 21 Abs. 2 Nr. 8 HS 1 PAO ist die Zulassung zur Patentanwaltschaft zu widerrufen, wenn der Patentanwalt in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Rechtsuchenden nicht gefährdet sind. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Parallelvorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist ein Vermögensverfall gegeben, wenn der Rechtsanwalt in ungeordnete, schlechte Verhältnisse geraten ist, die er in absehbarer Zeit nicht ordnen kann, und außerstande ist, seinen Verpflichtungen nachzukommen (stRspr. BGH, Beschluss vom 20.12.2022 – AnwZ (Brfg) 22/22 NJOZ 2023, 250 Rn. 6; BGH, Beschluss vom 17.11.2020 – AnwZ (Brfg) 20/20 NJOZ 2021, 880, Rn. 14 jeweils m.w.N.). Nach § 21 Abs. 2 Nr. 8 HS 2 PAO wird ein Vermögensverfall unter anderem dann vermutet, wenn der Patentanwalt in das Schuldnerverzeichnis (§ 882b ZPO) eingetragen ist. Diese Voraussetzungen liegen jedenfalls im maßgeblichen Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids durch die Beklagte am 02.01.2024 in der Person des Klägers vor.
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a) Im Zusammenhang mit der (gegenüber § 21 Abs. 2 Nr. 8 PAO gleichlautenden) Parallelregelung des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO entspricht es ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, dass für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Widerrufs einer Zulassung zur Rechtsanwaltschaft allein auf den Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, also auf den Erlass des Widerspruchsbescheids oder – wenn das Vorverfahren entbehrlich ist – auf den Ausspruch der Widerrufverfügung abzustellen und die Beurteilung danach eingetretener Entwicklungen einem Wiederzulassungsverfahren vorbehalten ist (BGH, Beschluss vom 07.12.2023 – AnwZ (Brfg) 25/23 NJOZ 2024, 1589 Rn. 6 m.w.N.). Ein Hinausschieben des Zeitpunkts der Beurteilung einer Widerrufsverfügung im Anfechtungsprozess ist (auch) aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht geboten (vergleiche BGH a. a. O. Rn. 7 ff.).
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b) Der Vermögensverfall des Klägers im Zeitpunkt des Abschlusses des behördlichen Widerrufsverfahrens, hier also im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids vom 02.01.2024, ist zu vermuten, § 21 Abs. 2 Nr. 8 HS 2 PAO.
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aa) Im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bestanden – was die Beklagte am Tag des Erlasses des Widerspruchsbescheids erneut geprüft hat (vergleiche Anlage B 1) – zwei Eintragungen im Schuldnerverzeichnis (§ 882b ZPO) in Bezug auf den Kläger.
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bb) Diese Vermutung hat der Kläger nicht widerlegt:
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(1) Der Kläger hat nicht nachgewiesen, dass die diesen Eintragungen zugrunde liegenden Forderungen bei Erlass des Widerspruchsbescheids bereits getilgt gewesen sind.
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(2) Zudem hätte eine Widerlegung dieser Vermutung einer umfassenden Darlegung der Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Antragstellers bedurft (BGH, Bes. vom 30.10.2006, PatAnwZ 1/06, BeckRS 2006, 14706 Rn. 4). Ein zur Widerlegung der Vermutung erforderliches auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufs bezogenes vollständiges und detailliertes Verzeichnis seiner Gläubiger und seiner Verbindlichkeiten (BGH, Bes. vom 30.01.2017 – AnwZ (Brfg) 61/16, BeckRS 2017, 102133, Rn. 4; BGH, Bes. vom 29.08.2018, AnwZ (Brfg) 55/17, BeckRS 2018, 23619, Rn. 7) hat der Kläger insbesondere nicht mit der als „Zusammenfassung der Vermögensübersicht“ „per: 25/05/2023“ (Anlage K 12 und Anlage B 2) überschriebenen Zusammenstellung vorgelegt. Es fehlt bereits an der Bezeichnung der Gläubiger. Der Rechtsgrund der als „Verbindlichkeit 1“ und „Verbindlichkeit 2“ bezeichneten Verbindlichkeiten wird ebenfalls nicht angegeben. Zu den Angaben in Anlage B 2 „Geldvermögen: Bar-/Zeitwerte 25.000,00 €“ sowie „Kanzlei: Zeit-/Verkehrswerte 750.000,00 €“ hat der Kläger keinerlei Belege vorgelegt.
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(3) Der Kläger hat auch nicht konkret dargelegt, dass seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse – wiederum bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt des Widerrufs bzw. des Widerspruchsbescheids – nachhaltig geordnet sind (BGH, Bes. vom 15.12.2017 – AnwZ (Brfg) 11/17, BeckRS 2017, 139519, Rn. 10).
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(i) Die mit dem Widerspruch vom 02.06.2023 vorgelegte Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG der M. MD Legal Patentanwälte PartG mbB vom 14.12.2022 (Anlage zu Anlage K 3) weist zwar einen Gewinn von 270.798,06 EUR aus, bezieht sich jedoch auf den Zeitraum 01.01. – 31.12.2020 und damit nicht auf den streitentscheidenden Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 02.01.2024. Auch die mit dem Widerspruchsschreiben vorgelegten Wertenachweise zur Kurzfristigen Erfolgsrechnung, die eine „Einnahmen-Ausgaben-BWA“ Jan/2021-Dez/2021 von 271.680,70 € bzw. eine „Einnahmen-Ausgaben-BWA“ Jan/2022-Dez/2022 von 218.771,01 € ausweisen, beziehen sich nicht auf den relevanten Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids. Gleiches gilt für die mit der Klageschrift vorgelegte Gewinnermittlung gemäß § 4 Abs. 3 EStG für die Zeit vom 01.01.2021 bis 31.12.2021 der M. MD Legal Patentanwälte PartG mbB vom 15.01.2024 (Anlage K 7) sowie für den mit der Klageschrift vorgelegten Jahresabschluss zum 31.12.2021 der Dr. M1. & Partners LLP vom 08.01.2024 (Anlage K 8).
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(ii) Auch der als Anlage K 19 vorgelegte Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2021 vom 10.05.2024 kann die Vermutung des Vermögensverfalls des Klägers nicht widerlegen. Dieser weist zwar Einnahmen aus selbstständiger Arbeit in Höhe von 205.867 € aus. Er weist jedoch zugleich eine Steuerschuld von 35.339,80 € aus, die am 13.06.2024 fällig war. Zudem bezieht sich der Veranlagungszeitraum 2021 wiederum nicht auf den relevanten Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 02.01.2024.
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(iii) Auch der Umstand, dass es dem Kläger zum Jahreswechsel 2021/22 ohne weiteres möglich gewesen sei, einen Betrag in Höhe von 650.000 € für die Anteilsübertragung durch seinen Vater auf ihn aufzuwenden, widerlegt entgegen der Auffassung des Klägers die Vermutung des Vermögensverfalls nicht, da sich diese Angabe ebenfalls nicht auf den relevanten Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids bezieht.
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(iiii) Soweit der Kläger in seinem Widerspruchsschreiben vom 02.06.2023 die Patentfamilienbewertung für die Liw Patent by Guarantee Ltd. vom 26.05.2023 vorlegt, wonach sich die nach dem Lizenzanalogieverfahren berechneten über einen Zeitraum von 10 Jahren zu erwartenden Lizenzeinnahmen auf einen Wert von 1.082.660.000 € beliefen und dies aus Sicht eines potentiellen Investors einen Barwert von 603.797.000 € ergebe, und soweit der Kläger mit der Klageschrift ein weiteres Gutachten der EZN Erfinderzentrum Norddeutschland GmbH vom 26.05.2023 (Anlage K 10) in Bezug auf dieselben vier Patentfamilien vorlegt, wonach sich ein Wertpotenzial in Höhe von 420 Millionen € ergebe, kann dies die Vermutung des Vermögensverfalls ebenfalls nicht widerlegen:
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Bei der Beurteilung, ob ein Vermögensverfall vorliegt, ist es erforderlich, dass die Verbindlichkeiten u.a. durch entsprechendes liquides aktives Vermögen gedeckt sind (BGH, Beschluss vom 16.06.2004, AnwZ (B) 3/03, juris Rn. 24), der Kläger über liquide Mittel verfügte, um die Forderungen seiner Gläubiger zu tilgen (BGH, Bes. vom 24.05.2013, AnwZ (Brfg) 15/13, juris Rn. 4) bzw. dass die zum Beleg geordneter wirtschaftlicher Verhältnisse im Zeitpunkt des Zulassungswiderrufs aufgeführten Vermögenswerte als liquide Mittel zur Verfügung standen (BGH, Bes. vom 07.10.2013, AnwZ (Brfg) 44/13, juris Rn. 5).
36
Dies ist im Hinblick auf die vom Kläger vorgetragenen und mit Gutachten unterlegten zu erwartenden Lizenzeinnahmen, den ermittelten Barwert sowie das Wertpotenzial nicht der Fall. Es handelt sich dabei nicht um liquides Vermögen des Klägers. Dass dem Kläger insoweit in nennenswertem Umfang etwas im Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids zugeflossen wäre, das geeignet gewesen wäre, die Verbindlichkeiten, die den Eintragungen im Schuldnerverzeichnis zu Grunde liegen, zu tilgen, ist nicht vorgetragen und auch sonst nicht ersichtlich. Entgegen der vom Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat geäußerten Rechtsauffassung ändert daran auch der Umstand nichts, dass der vom Kläger behauptete Barwert die Verbindlichkeiten hier um ein Vielfaches übersteigt. Die behauptete Höhe ändert nichts an der fehlenden Liquidität.
37
Auch bei dem vom Kläger in seiner Zusammenfassung der Vermögensübersicht per 25/05/2023 angegebenen Zeit-/Verkehrswert seiner Kanzlei von 750.000,00 € handelt es sich nicht um liquides Vermögen. Das in dieser Aufstellung angegebene Geldvermögen von 25.000 € ist nicht geeignet, die gleichzeitig angegebenen Verbindlichkeiten in Höhe von insgesamt 755.000 € zu tilgen.
38
Soweit der Kläger auf ein von der Liw Patent Company Limited by Guarantee Ltd. erwirktes Versäumnisurteil des Landgerichts München I vom 29.06.2023 (Anlage K 11) verweist, begründet dieser Unterlassungs-, Auskunfts- und Feststellungstitel ebenfalls kein liquides Vermögen. Überdies ist die noch offene Zwangsvollstreckung aus dem Versäumnisurteil vom 29.06.2023 gegen Sicherheitsleistung von weiteren 150.000 € eingestellt worden und die Verhandlung auf den 19.12.2024 vertagt worden (Protokoll der Sitzung des Landgerichts München I vom 02.05.2024 im Verfahren 7 O 688/2023 (Anlage K 18)). Selbst wenn, wie der Kläger behauptet, derzeit Vergleichsverhandlungen stattfänden und „greifbar“ sei, dass die Liw Patent Company Limited by Guarantee Ltd. „und somit auch der Kläger aus diesem Verfahren einen hohen sechsstelligen Betrag erhalten“ werde, vermag dies kein liquides Vermögen im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids zu begründen.
39
Das Argument des Klägers, allein aus dem Lizenzgeschäft der Liw Patent Company Limited by Guarantee Ltd. ergebe sich ein liquider Vermögenszufluss in Höhe von 1,44 Mio. € (vergleiche Anlage K 13, 14) vermag ebenfalls kein liquides Vermögen des Klägers zum Zeitpunkt des Widerspruchsbescheids der Beklagten vom 02.01.2024 zu begründen. Der Vertrag zwischen der Liw Patent Company Limited by Guarantee Ltd. und der ATP Cosmetic GmbH (Anlage K 13) wurde erst unter dem 10.01.2024 und damit nach Erlass des Widerspruchsbescheids geschlossen und vermag allenfalls schuldrechtliche Ansprüche, nicht jedoch liquides Vermögen des Klägers zu begründen. Weiter ist zu berücksichtigen, dass sich das Mindestabnahmevolumen (minimum purchase volume) gemäß Ziffer 4 der Vereinbarung vom 13./18.12.2023 zwischen der ATP Cosmetic GmbH und der H. Haus GmbH (Anlage K 14) beginnend vom 1.2.2024 auf drei Jahre verteilt und der Liw Patent Company Limited by Guarantee Ltd. für das erste Jahr damit allenfalls 360.000 € zustehen könnten. Selbst wenn die Liw Patent Company Limited by Guarantee Ltd. bzw. der Kläger diese Ansprüche realisieren könnten, sind diese Zuflüsse nicht geeignet, die laut Klägervortrag bestehenden Verbindlichkeiten in Höhe von 755.000 € insgesamt zu begleichen.
40
Welches liquide Vermögen dem Kläger im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheid sich aus dem Vertrieb des Produkts ph Plex über das Handelsunternehmen Walmart in den USA bzw. durch die Vermarktung der Drogeriemarktkette Müller in Deutschland und Österreich zustehen soll, ist den Anlagen K 15 und K 16 nicht zu entnehmen.
41
Dass dem Kläger gerade kein liquides Vermögen aus dem Lizenzgeschäft der Liw Patent Company Limited by Guarantee Ltd. zur Verfügung steht, zeigt sich auch daran, dass der Kläger mit der Klageschrift vom 29.01.2024 vortragen ließ, der Kläger organisiere derzeit die Begleichung der geschuldeten Beträge (die Grundlage der Eintragungen im Schuldnerverzeichnis sind), wozu unter anderem auch der beabsichtigte Teilverkauf von Gesellschaftsanteilen an der M. MD Legal Patentanwälte PartG mbB an eine New Yorker Kanzlei (Anlage K 6) diene.
42
c) Es besteht auch eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden durch den Vermögensverfall des Klägers.
43
aa) Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Parallelvorschrift des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist nach der darin zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers mit dem Vermögensverfall eines Rechtsanwalts grundsätzlich eine Gefährdung der Interessen der Rechtsuchenden verbunden. Auch wenn diese Regelung nicht im Sinne eines Automatismus zu verstehen ist, die Gefährdung daher nicht zwangsläufig und ausnahmslos schon aus dem Vorliegen eines Vermögensverfalls folgt, kann die Gefährdung im nach der gesetzlichen Wertung vorrangigen Interesse der Rechtsuchenden nur in seltenen Ausnahmefällen verneint werden, wobei den Rechtsanwalt hierfür die Feststellungslast trifft. Von einem solchen Ausnahmefall kann nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs nur ausgegangen werden, wenn im Zeitpunkt des Widerrufs eine sichere Prognose dahingehend getroffen werden kann, dass sich im zu entscheidenden Einzelfall die typischen Gefahren, die mit dem Vermögensverfall eines Anwalts verbunden sind, nicht realisieren werden. Eine solche Ausnahme liegt nicht schon dann vor, wenn es im Rahmen der bisherigen Tätigkeiten des Rechtsanwalts nicht zu Beanstandungen bezüglich des Umgangs mit Fremdgeld gekommen ist. Die Annahme einer derartigen Sondersituation setzt vielmehr mindestens voraus, dass der Rechtsanwalt seine anwaltliche Tätigkeit nur noch im Angestelltenverhältnis (BGH, Urt. v. 20.6.2016 – AnwZ (Brfg) 38/15, NJOZ 2017, 263 Rn. 10) für eine Rechtsanwaltssozietät ausübt und mit dieser rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hat, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern. Selbst auferlegte Beschränkungen des in Vermögensverfall geratenen Rechtsanwalts sind dagegen grundsätzlich nicht geeignet, eine Gefährdung der Rechtsuchenden auszuschließen (BGH, Beschluss vom 01.09.2023 – AnwZ (Brfg) 21/23 NJOZ 2024, 213 Rn. 6 f., BGH, Beschluss vom 07.12.2023 – AnwZ (Brfg) 25/23 NJOZ 2024, 1589 Rn. 18 f.).
44
bb) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zu § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO ist auf den Kläger als Patentanwalt übertragbar. Zum einen sind die Vorschriften des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO und des § 21 Abs. 2 Nr. 8 PAO wortlautidentisch. Zum anderen enthalten §§ 39a Abs. 7 POA, § 6 BOPA Vorschriften zum Umgang mit fremden Vermögenswerten und Fremdgeldern, die mit den für Rechtsanwälte geltenden Regelungen der §§ 43a Abs. 7 BRAO, 4 BORA identisch bzw. vergleichbar sind. Hintergrund sowie Sinn und Zweck der Vorschriften des § 14 Abs. 2 Nr. 7 BRAO und des § 21 Abs. 2 Nr. 8 PAO sind daher identisch.
45
cc) Der Kläger ist seiner Feststellungslast nicht nachgekommen. Es fehlt an den vom Bundesgerichtshof genannten Mindestvoraussetzungen: Der Kläger hat offensichtlich seine selbstständige Tätigkeit im Rahmen der von ihm geführten Kanzlei „M. MD Legal Patentanwälte PartG mbB“ nicht aufgegeben und ist damit weiter in der Lage, Mandate an seinem eigenen Kanzleisitz anzunehmen und auch Mandantengelder in Empfang zu nehmen. Dass der Kläger rechtlich abgesicherte Maßnahmen verabredet hätte, die eine Gefährdung der Mandanten effektiv verhindern, ist vor diesem Hintergrund bereits ausgeschlossen und überdies weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
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dd) Auch im Übrigen kann nach einer Gesamtwürdigung aller maßgeblichen Umstände (vgl. BGH, Beschluss vom 08.02.2010 – AnwZ (B) 67/08, BeckRS 2010, 7624, Rn. 11, 13) die Gefährdung der Rechtsuchenden nicht hinreichend sicher ausgeschlossen werden. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Kläger ernsthaft und planvoll die erforderlichen Schritte zur Stabilisierung seiner Vermögensverhältnisse unternommen hat. Lediglich in der Klageschrift vom 29.01.2024 ließ der Kläger vortragen, er denke derzeit über die Veräußerung eines Teils seiner Geschäftsanteile an der M. MD Legal Patentanwälte PartG mbB nach und legte insoweit einen Letter of Intent (Anlage K 6) vor. Der Kläger organisiere derzeit die Begleichung der geschuldeten Beträge. Dazu diene unter anderem auch der beabsichtigte Teilverkauf von Gesellschaftsanteilen. Weiterer Vortrag erfolgte nicht. Von ernsthaften und planvollen Schritten kann daher nicht gesprochen werden.
47
I. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO, § 154 Abs. 1 VwGO.
48
II. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO, § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 709 Satz 1, 2 ZPO.
49
III. Die Berufung ist nicht gemäß § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO, § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzu-lassen. Weder liegen die Voraussetzungen der § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO, § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO vor, noch hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung (vgl. § 94b Abs. 1 Satz 1 PAO, § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).