Inhalt

VerfGH München, Entscheidung v. 21.10.2025 – Vf. 55-VII-21
Titel:

Mangels Feststellungsinteresses unzulässige Popularklage auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit von erledigten Corona-Maßnahmen

Normenkette:
14. Bay IfSMV § 3, § 3a
Leitsätze:
Zur Unzulässigkeit einer Popularklage gegen Vorschriften in der außer Kraft getretenen Vierzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung, weil kein objektives Interesse mehr an der Feststellung besteht, ob sie mit der Bayerischen Verfassung vereinbar waren. (Rn. 14 – 22)
Ein objektives Interesse an der Feststellung der Verfassungswidrigkeit von außer Kraft getretenen Rechtsnormen im Rahmen eines Popularklageverfahrens besteht nicht allein deshalb, weil die außer Kraft getretenen Vorschriften schwerwiegende Grundrechtseingriffe bewirkt haben oder ihre Geltungsdauer zu kurz war, um ein Popularklageverfahren in der Hauptsache durchzuführen, sondern insbesondere dann, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Rechtsnorm noch rechtliche Wirkungen entfalten kann, weil sie für künftige (zB gerichtliche) Entscheidungen noch rechtlich relevant ist (Fortführung von BeckRS 2025, 2878). (Rn. 15 – 16) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Popularklage, außer Kraft getretene Rechtsnorm, objektives Feststellungsinteresse, fortdauernde Rechtswirkung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 29558

Tenor

Der Antrag wird abgewiesen.

Entscheidungsgründe

I.
1
Der Antragsteller wendet sich mit seiner am 26. Oktober 2021 eingegangenen und mit Schreiben vom 4. Januar 2022 ergänzten Popularklage gegen die Kostenpflichtigkeit von Tests auf das Coronavirus SARS-CoV-2 im Anwendungsbereich der §§ 3, 3 a der Vierzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung (14. BayIfSMV) vom 1. September 2021 (BayMBl Nr. 615, BayRS 2126-1-18-G) in der Fassung der Änderungsverordnung vom 14. Oktober 2021 (BayMBl Nr. 733) sowie insbesondere auch gegen die in den genannten Vorschriften geregelte ungleiche Zugangsregelung für Bibliotheken im Unterschied zu Buchhandlungen.
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Die Vierzehnte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung ist am 2. September 2021 in Kraft und mit Ablauf des 23. November 2021 außer Kraft getreten.
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§ 3 14. BayIfSMV wurde zuletzt durch § 2 Nr. 1 der Verordnung zur Änderung der Vierzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 14. Oktober 2021 (BayMBl Nr. 733) geändert. Zur Eindämmung der Corona-Pandemie beschränkten Absätze 1 und 2 der Vorschrift bußgeldbewehrt (§ 19 Nr. 2 14. BayIfSMV) den Zugang zu bestimmten Veranstaltungen und Dienstleistungen auf solche Personen, die im Sinn des § 2 Nrn. 2, 4 oder 6 der COVID-19-Schutzmaßnahmen-Ausnahmeverordnung (SchAusnahmV) geimpft, genesen oder getestet (3G) waren, sobald in einem bestimmten Gebietsbereich die 7-Tage-Inzidenz einen bestimmten Wert überschritten hatte. Von dieser Regelung umfasst waren auch Bibliotheken. Hingegen galt diese Beschränkung gemäß § 3 Abs. 3 14. BayIfSMV u. a. nicht für den Zugang zum Handel.
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§ 3 a 14. BayIfSMV wurde durch § 1 Nr. 1 der Verordnung zur Änderung der Vierzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 5. Oktober 2021 (BayMBl Nr. 715) mit Wirkung ab 6. Oktober 2021 eingefügt und zuletzt durch § 1 Nr. 1 der Verordnung zur Änderung der Vierzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 15. November 2021 (BayMBl Nr. 796) geändert. Diese Vorschrift beinhaltete für Anbieter, Veranstalter oder Betreiber von Einrichtungen oder Veranstaltungen mit (potenziellen) Zugangsbeschränkungen nach § 3 Abs. 1 und 2, §§ 4 und 12 14. BayIfSMV Erleichterungen bei freiwillig weitergehenden Zugangsbeschränkungen (freiwilliges 2G, freiwilliges 3G plus); auch insofern bestand eine Bußgeldbewehrung (§ 19 Nr. 2 a 14. BayIfSMV).
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Die Vierzehnte Bayerische Infektionsschutzmaßnahmenverordnung war gestützt auf § 32 Satz 1 in Verbindung mit § 28 Abs. 1, §§ 28 a, 28 c Satz 3 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) in Verbindung mit § 11 der COVID-19-SchutzmaßnahmenAusnahmeverordnung und § 9 Nr. 5 der Delegationsverordnung (DelV) in der damals geltenden Fassung.
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Die vom Antragsteller beanstandete Kostenpflichtigkeit der Tests ergab sich aus der vom Bundesministerium für Gesundheit erlassenen Verordnung zum Anspruch auf Testung in Bezug auf einen direkten Erregernachweis des Coronavirus SARSCoV-2 (Coronavirus-Testverordnung – TestV) vom 21. September 2021 (BAnz AT 21.09.2021 V1), die am 11. Oktober 2021 in Kraft getreten ist. Durch Art. 1 der Verordnung zur Änderung der Coronavirus-Testverordnung, der DIVI IntensivRegister-Verordnung und der Coronavirus-Surveillanceverordnung (BAnz AT 12.11.2021 V1) wurde mit Wirkung vom 13. November 2021 wieder ein Anspruch auf einen kostenfreien Bürgertest mindestens einmal pro Woche (§ 4 a i. V. m. § 5 Abs. 1 Satz 2 TestV) eingeführt.
II.
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1. Der Antragsteller sieht in §§ 3, 3 a 14. BayIfSMV in Verbindung mit dem „Beschluss der Videoschaltung / Bund-Länder-Konferenz vom 10.08.2021“ sowie der zugehörigen Coronavirus-Testverordnung vom 21. September 2021 Verstöße gegen Art. 100, 101, 109 und 118 Abs. 1 BV sowie gegen die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit bzw. Verhältnismäßigkeit. Es werde daher beantragt, die Anordnung der Kostenpflichtigkeit der Tests gemäß § 3 14. BayIfSMV in Verbindung mit der Coronavirus-Testverordnung für nichtig zu erklären. Die Tests seien ab sofort wieder kostenfrei vom Freistaat Bayern zur Verfügung zu stellen. Des Weiteren werde beantragt, die 3G-Zugangsregelung in § 3 14. BayIfSMV für bayerische Bibliotheken für nichtig zu erklären und Bibliotheken analog den absolut vergleichbaren Buchhandlungen zu behandeln. Die Möglichkeit, nach § 3 a 14. BayIfSMV für öffentliche Bibliotheken 2G bzw. 3G plus einzuführen, sei für nichtig zu erklären. Die genannten Vorschriften hätten zur Konsequenz, dass der weitgehende Teil der Ungeimpften ab 11. Oktober 2021 keinen Zugang mehr zu großen Teilen des gesellschaftlichen Lebens habe, es sei denn, diese Personen würden erhebliche Testkosten und zeitlichen Aufwand auf sich nehmen. Ungeimpfte würden anders behandelt als Geimpfte/Genesene, für die generell keine Testpflicht mehr bestehe.
Dadurch ergebe sich außerdem ein indirekter Impfzwang.
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Auch nach Wiedereinführung der Kostenfreiheit der Tests und nach Außerkrafttreten der Verordnung sei die Popularklage zulässig. Die Rechtslage sei zum Zeitpunkt der Klageerhebung zu beurteilen, auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof habe z. B. nachträglich über die Rechtmäßigkeit von Ausgangsbeschränkungen aus dem Frühjahr 2020 entschieden. Außerdem änderten sich speziell in der Corona-Situation die Lage und die damit verbundenen Vorschriften häufig, durch eine Einordnung als unzulässig allein wegen fehlender aktueller Geltung wären viele Klagen von vornherein unmöglich. Schließlich sei denkbar, dass derartige Vorschriften auch in der Zukunft wieder in Kraft träten und erneut rechtliche Wirkung entfalteten.
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2. Die Bayerische Staatsregierung hat sich mit Stellungnahme vom 23. Dezember 2021 geäußert. Sie hält die Popularklage für unzulässig und unbegründet.
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Der Bayerische Landtag hat sich am Verfahren nicht beteiligt.
III.
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Die Popularklage, die sich ausschließlich gegen nicht mehr geltendes Recht richtet, ist insgesamt unzulässig geworden, weil es inzwischen mangels objektiven Feststellungsinteresses an einem zulässigen Antragsgegenstand fehlt. Es kann daher dahinstehen, ob sie gegen jede einzelne Vorschrift in zulässiger Weise (vgl. Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG) erhoben worden ist.
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1. Bei den angegriffenen Corona-Schutzmaßnahmen in §§ 3 und 3 a
14. BayIfSMV handelt es sich um Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts, deren Verfassungswidrigkeit jedermann durch Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (Popularklage) geltend machen kann (Art. 98 Satz 4 BV und Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Dem steht nicht entgegen, dass sie auf einer bundesrechtlichen Ermächtigung beruhten. Denn der bayerische Normgeber, der aufgrund einer bundesrechtlichen Ermächtigung tätig wird, setzt Landesrecht und bleibt in den Bereichen, in denen das Bundesrecht ihm Entscheidungsfreiheit belässt, an die Bayerische Verfassung gebunden (vgl. VerfGH vom 27.9.2023 BayVBl 2024, 78 Rn. 34 zur 4. BayIfSMV).
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Es bedarf keiner Entscheidung, ob die Popularklage teilweise deswegen unzulässig ist, weil sie sich auch gegen Regelungen wendet, die grundsätzlich keinen zulässigen Antragsgegenstand darstellen können. Bedenken bestehen, soweit der Antragsteller ausdrücklich auf den „Beschluss der Videoschaltung / Bund-LänderKonferenz vom 10.08.2021“ Bezug nimmt, weil es sich hierbei mangels unmittelbar verbindlicher Außenwirkung schon nicht um eine Rechtsvorschrift (vgl. zur Definition VerfGH vom 14.2.2023 BayVBl 2023, 298 Rn. 8 m. w. N.; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 98 Rn. 16) gehandelt haben dürfte, jedenfalls nicht um eine solche des bayerischen Landesrechts. Soweit mit der Popularklage im Wesentlichen die Kostenpflichtigkeit der Tests beanstandet wird, die sich aus den bundesrechtlichen Vorschriften der Coronavirus-Testverordnung ergeben hat, kann offenbleiben, ob der Antragsteller damit – was unzulässig wäre (vgl. VerfGH vom 12.10.2010 BayVBl 2011, 107/108; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 98 Rn. 18) – die Verfassungswidrigkeit von Bundesrecht geltend macht oder ob er – was ausnahmsweise Gegenstand einer Popularklage sein kann – ein Unterlassen des bayerischen Gesetzgebers rügt und hierzu hinreichend substanziiert darlegt, dass der Normgeber aufgrund einer Grundrechtsnorm der Bayerischen Verfassung zum Erlass einer bestimmten Regelung verpflichtet gewesen wäre (vgl. VerfGH vom 24.8.2023 BayVBl 2023, 804 Rn. 63 m. w. N.).
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2. Die angegriffenen Verordnungsregelungen sind jedenfalls kein zulässiger Prüfungsgegenstand im Popularklageverfahren mehr.
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a) Der Verfassungsgerichtshof hat bei der Prüfung, ob eine Rechtsvorschrift verfassungswidrig ist, seiner Beurteilung grundsätzlich den Rechtszustand im Zeitpunkt seiner Entscheidung zugrunde zu legen. Außer Kraft getretene Rechtsvorschriften unterliegen der verfassungsgerichtlichen Kontrolle nur dann, wenn noch ein objektives Interesse an der Feststellung besteht, ob sie mit der Bayerischen Verfassung vereinbar waren. Der Verfassungsgerichtshof geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein solches Interesse insbesondere dann bestehen kann, wenn nicht auszuschließen ist, dass die Rechtsnorm noch rechtliche Wirkungen entfalten kann, weil sie für künftige (z. B. gerichtliche) Entscheidungen noch rechtlich relevant ist (vgl. VerfGH vom 30.8.2017 VerfGHE 70, 162 Rn. 75; vom 20.8.2019 VerfGHE 72, 157 Rn. 18; vom 7.12.2021 VerfGHE 74, 265 Rn. 41; vom 14.6.2023 – Vf. 15-VII-18 – juris Rn. 51; BayVBl 2024, 78 Rn. 36, jeweils m. w. N.; Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 98 Satz 4 Rn. 14; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 98 Rn. 23). Ein objektives Interesse wird hingegen nicht allein dadurch begründet, dass die außer Kraft getretenen Vorschriften schwerwiegende Grundrechtseingriffe bewirkt haben oder ihre Geltungsdauer zu kurz war, um ein Popularklageverfahren in der Hauptsache durchzuführen (VerfGH BayVBl 2024, [78] Rn. 36; vom 18.12.2024 – Vf. 15-VII-17 – juris Rn. 28; vom 28.1.2025 – Vf. 2-VII-19 – juris Rn. 9).
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Denn die Popularklage nach Art. 98 Satz 4 BV, die an die Antragsberechtigung geringe Anforderungen stellt (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG: „jedermann“) und keiner Fristbindung unterliegt, dient nicht in erster Linie dem Schutz der verfassungsmäßigen Rechte des Einzelnen, der unter Umständen auch bei überholten Grundrechtseingriffen nachträglichen – subjektiven – gerichtlichen Rechtsschutz in einem Hauptsacheverfahren beanspruchen kann (vgl. BVerfG vom 3.3.2004 BVerfGE 110, 77/85 ff.; zur nachträglichen gerichtlichen Klärung in einem Normenkontrollverfahren nach § 47 VwGO vgl. BVerwG vom 22.11.2022 NVwZ 2023, 1000 Rn. 12 ff.). Die verfassungsgerichtliche Popularklage ist vielmehr – anders als die Verfassungsbeschwerde nach Art. 120 BV zum Schutz der eigenen Grundrechte – ein objektives Verfahren (vgl. VerfGHE 74, 265 Rn. 42; VerfGH vom 14.6.2023 – Vf. 15-VII-18 – juris Rn. 54 und 58; BayVBl 2024, 78 Rn. 36 m. w. N.; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 98 Rn. 8). Der Verfassungsgerichtshof soll im Popularklageverfahren über die Geltung der angegriffenen Norm entscheiden, nicht über konkrete Anwendungsfälle. Daher ist die Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs nicht in dem Sinn zu verstehen, dass jede mögliche noch andauernde Rechtswirkung zum Nachteil Einzelner automatisch ein objektives Interesse an der Kontrolle von außer Kraft getretenem Recht im Rahmen einer Popularklage begründet. Hinzukommen muss vielmehr, dass die Grundrechte als Institution betroffen sind, etwa weil es um eine Vielzahl nicht abgeschlossener Fälle und nicht nur um einzelne Verfahren geht, in denen die Betroffenen auf Individualrechtsschutz zu verweisen sind (vgl. VerfGH vom 14.6.2023 – Vf. 15-VII-18 – juris Rn. 58; vom 18.12.2024 – Vf. 15-VII-17 – juris Rn. 28; vgl. auch VerfGH vom 13.3.2025 – Vf. 5-VIII-18 u. a. – juris Rn. 71 zur Verfahrenseinstellung nach Erledigterklärung).
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b) An diesen Maßstäben gemessen ist die Popularklage insgesamt unzulässig.
An einer Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der außer Kraft getretenen Bestimmungen der Vierzehnten Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung besteht kein objektives Interesse mehr.
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Anders als noch bei der mit Entscheidung vom 27. September 2023 inhaltlich geprüften allgemeinen Maskenpflicht nach §§ 8 und 12 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 4. BayIfSMV (VerfGH BayVBl 2024, 78 Rn. 37) ist weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass zu den hier angegriffenen Vorschriften noch immer in relevantem Ausmaß behördliche oder gerichtliche Verfahren anhängig wären, für die es auf die Verfassungsmäßigkeit der betreffenden Regelungen ankäme.
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Insbesondere kann mittlerweile ausgeschlossen werden, dass wegen vorsätzlicher oder fahrlässiger Verstöße gegen die genannten Vorschriften, die nach § 19 Nrn. 2 und 2 a 14. BayIfSMV i. V. m. § 73 Abs. 1 a Nr. 24, Abs. 2 IfSG bußgeldbewehrt waren, heute noch belastende Entscheidungen ergehen könnten. Laut einem per Pressemitteilung veröffentlichten Beschluss der Bayerischen Staatsregierung vom 5. November 2024 werden laufende Ordnungswidrigkeitsverfahren wegen Verstößen gegen Corona-Rechtsvorschriften nicht weiterverfolgt. Davon erfasst sind sämtliche bei den Kreisverwaltungsbehörden, den Staatsanwaltschaften und den Gerichten anhängigen Bußgeldverfahren und Vollstreckungsverfahren wegen Ordnungswidrigkeiten im Zusammenhang mit Verstößen gegen CoronaRechtsvorschriften, insbesondere auch gegen die anlässlich der Corona-Pandemie erlassenen Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen. Bei den zuständigen Verfolgungsbehörden anhängige Verfahren sollen eingestellt werden und die Staatsanwaltschaften sollen bei den Gerichten die Einstellung dort noch anhängiger Verfahren anregen. Bei bereits rechtskräftigen Bußgeldbescheiden findet keine weitere Vollstreckung statt, noch ausstehende Geldbußen werden erlassen (https://www.bayern.de/bericht-aus-der-kabinettssitzung-vom-5-november-2024/). Damit sind insoweit noch andauernde Rechtswirkungen für künftige Behörden- oder Gerichtsentscheidungen auszuschließen. Bereits bezahlte Bußgelder könnten auch dann nicht zurückgefordert werden, wenn die Popularklage Erfolg hätte, da in Bestands- bzw. Rechtskraft erwachsene Rechtsanwendungsakte von einer positiven Entscheidung über die Popularklage unberührt blieben (vgl. § 183 VwGO sowie zur entsprechenden Anwendung von § 79 BVerfGG VerfGH vom 29.4.1993 VerfGHE 46, 137/140; vom 27.8.2018 VerfGHE 71, 223 Rn. 25). Die nur theoretische Möglichkeit der Wiederaufnahme von Bußgeldverfahren entsprechend § 79 Abs. 1 BVerfGG (vgl. dazu Bethge in Schmidt-Bleibtreu/Klein/Bethge, BVerfGG, § 79 Rn. 39 m. w. N.) auf vollständig abgeschlossene Ordnungswidrigkeitenverfahren reicht zur Begründung eines objektiven Feststellungsinteresses nicht aus (vgl. VerfGH vom 10.11.2021 BayVBl 2022, 116 Rn. 24). Die Popularklage dient dem objektiv-rechtlichen Schutz der Grundrechte gegenüber Rechtsvorschriften, von denen noch rechtliche Wirkungen ausgehen können, nicht dagegen der nachträglichen Beseitigung von Entscheidungen, die trotz der gegebenen Rechtsmittel des Individualrechtsschutzes einschließlich der damit inzident verbundenen Möglichkeiten der Normüberprüfung rechtskräftig geworden sind (vgl. VerfGHE 46, 137/140). Dass die angegriffenen Vorschriften möglicherweise den Gegenstand einer noch nicht rechtskräftig abgeschlossenen fachgerichtlichen Normenkontrolle nach § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO i. V. m. Art. 4 Satz 1 AGVwGO bilden, begründet bereits wegen der unterschiedlichen Prüfungsmaßstäbe kein objektives Interesse an einer Entscheidung im Popularklageverfahren nach Art. 98 Satz 4 BV, Art. 55 VfGHG (VerfGH BayVBl 2024, 78 Rn. 37).
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Für sonstige andauernde rechtliche Wirkungen nach dem Außerkrafttreten oder ein objektives Interesse aus anderen Gründen ist nichts ersichtlich. Das gilt umso mehr, als die beanstandeten Corona-Schutzmaßnahmen auf einer bundesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage beruhten und deshalb von vornherein nur einer eingeschränkten Kontrolle durch den Verfassungsgerichtshof unterliegen (vgl. VerfGH BayVBl 2024, 78 Rn. 45 ff., 69).
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Ein fortbestehendes Feststellungsinteresse kann auch nicht mit der allgemeinen Erwägung begründet werden, im Fall einer erneuten Pandemie müsse wiederum mit vergleichbaren Beschränkungen auf infektionsschutzrechtlicher Grundlage gerechnet werden. Wie die im Verlauf der Corona-Pandemie zu beobachtende Dynamik des Infektionsgeschehens zeigt, die in wiederholten Präzisierungen der bundesgesetzlichen Vorgaben und in zahlreichen Neufassungen der Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnungen ihren Niederschlag gefunden hat, ließe sich das Ergebnis der verfassungsrechtlichen Überprüfung von Grundrechtsbeschränkungen, die in einem länger zurückliegenden Zeitraum gegolten haben, nicht auf mögliche künftige Pandemielagen übertragen. Dabei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass sich der wissenschaftliche Erkenntnisstand zur Gefährlichkeit und zu den Verbreitungswegen eines bestimmten Virus wie auch zur Wirksamkeit von Schutzvorkehrungen fortlaufend weiterentwickelt, sodass die Prüfung der Vertretbarkeit und Verhältnismäßigkeit konkreter Vorsorgemaßnahmen immer nur mit Blick auf die jeweils aktuellen Umstände erfolgen kann.
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Damit würde die Prüfung der Verfassungsmäßigkeit der hier angegriffenen Regelungen letztlich im Rahmen eines – für die Zulässigkeit der Popularklage nicht ausreichenden – theoretischen Feststellungsinteresses, nicht aber in einem die konkrete Rechtsanwendung betreffenden Zusammenhang erfolgen.
IV.
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Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).