Titel:
Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten, Rechtsanwaltsgebühren, Elektronisches Dokument, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Sachverständigengutachten, Sachverständigenkosten, Sachverständigenbüro, Übliches Sachverständigenhonorar, Schätzungsgrundlage, Verzugsschaden, Rechtsschutzversicherung, Elektronischer Rechtsverkehr, Streitwert, Verfahren nach billigem Ermessen, Wert des Beschwerdegegenstandes, Kostenentscheidung, Anderweitige Erledigung, Nebenkosten, Honorarforderungen, Qualifizierte elektronische Signatur
Schlagworte:
Schadensersatzforderung, Sachverständigenkosten, Zessionar, Begutachtungskosten, Schätzung, Fahrtkostenpauschale, Verzugsschaden
Fundstelle:
BeckRS 2025, 29166
Tenor
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 355,81 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.02.2025 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird weiter verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 76,44 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.04.2025 3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Streitwert wird auf 355,81 € festgesetzt.
Entscheidungsgründe
1
Gemäß § 495a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
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Der Kläger hat Anspruch auf Zahlung in ausgesprochener Höhe aus abgetretenem Recht des Geschädigten gegen die Beklagte gem. § 115 VVG, § 7, 18 StVG, §§ 249 ff., 398 BGB.
3
Es steht nur die Höhe zu ersetzender Sachverständigenkosten im Streit.
4
1. Hat sich der Sachverständige, wie hier der Kläger, die Schadenersatzforderung in Höhe der Honorarforderung abtreten lassen, kann er sich als Zessionar nicht auf die Grundsätze des sog. Werkstattrisikos berufen. Im Schadensersatzprozess gegen den Schädiger oder dessen Haftpflichtversicherer hat folglich der Zessionar – hier der klagende Sachverständige – darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen, dass die abgerechneten Maßnahmen im Rahmen der Begutachtung tatsächlich durchgeführt wurden und dass die geltend gemachten Begutachtungskosten nicht etwa wegen überhöhter Ansätze von Material oder Arbeitszeit, wegen unsachgemäßer oder unwirtschaftlicher Arbeitsweise des Sachverständigen oder – bei Berechnung des Honorars nach der Höhe des Schadens – wegen unzutreffender Schadensermittlung nicht erforderlich waren (BGH, Urteil vom 12.03.2024, r+s 2024, 527ff, Rn. 22ff).
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Der für die Einholung des Sachverständigengutachtens erforderlichen Geldbetrag i.S.d. § 249 Abs. 2 BGB ist durch das Gericht gemäß § 287 ZPO zu schätzen. Bei der Schätzung kann auf die BVSK-Honorarbefragung als geeignete Schätzgrundlage abgestellt werden (Münchener Kommentar zum BGB, 9. Auflage 2022, § 249 Rn. 401, Almeroth, Schadensersatz bei Verkehrsunfällen, 1. Auflage 2023, Sachschaden Rn. 810, OLG München (10. Zivilsenat), Hinweisbeschluss vom 12.03.2015 – 10 U 579/15, OLG München, Urteil vom 26. Februar 2016 – 10 U 579/15, BeckRS 2016, 04574). Der BGH nimmt in seinen Ausführungen stets Bezug auf eine Berechnung des Grundhonorars nach der BVSK-Honorarbefragung und hält sie für eine geeignete Schätzgrundlage i.S.d. § 287 ZPO zur Bemessung des üblichen Sachverständigenhonorars (BGH VI ZR 61/17 = VersR 2018, 240).
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Dies gilt unabhängig von der Frage, ob der Sachverständige Mitglied des BVSK ist oder nicht, da es allein um die Beurteilung der Höhe der Kosten geht. Auch die tatsächliche Qualifikation ist unerheblich.
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Die in der Rechnung des Sachverständigen vom 21.10.2024 (Anlage sbp 3) abgerechneten Kosten betreffend das Grundhonorar des Sachverständigen in Höhe von 671,00 € bewegen sich sogar unterhalb des Grundgebühr-Korridors HB V der BVSK-Tabelle 2022 (766,- € bis 848,- €), so dass diese als angemessen und erforderlich angesehen werden.
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Die Nebenkosten sind ebenfalls wie in der Rechnung vom 21.10.2024 ausgewiesen zu ersetzen.
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Die Positionen sind weder mit dem Grundhonorar abgegolten noch erkennbar überhöht.
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Soweit die Beklagte bestreitet, es seien dem Kläger Fahrkosten entstanden, ist das Gericht davon überzeugt, dass die Begutachtung an der im Gutachten angegebenen Adresse G. M. in A. stattgefunden hat. Denn auf den Lichtbildern des Gutachtens ist erkennbar, dass die Begutachtung auf einem Parkplatz vor einem Mehrfamilienhaus stattgefunden hat. Auf Lichtbild 2 des Gutachtens ist im Hintergrund sogar der Hauseingang der Adresse G. M. ... zu sehen.
11
Die Höhe der Fahrtkostenpauschale ist mit 25 € nicht zu beanstanden. Das Gericht wendet hierbei die ADAC-Autokostentabelle, welche auch die BVSK zugrunde legt, als Schätzgrundlage für die Höhe der Fahrtkosten an, welche eine Erstattung von 0,70 € pro Kilometer vorsieht. Die von der Klagepartei abgerechneten 25 € bleiben daher unter dem von der beklagten Partei angegebenen Beauftragungsradius von 20 km und werden daher als angemessen angesehen.
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Für die Bürokostenpauschale hat das Gericht das JVEG als Schätzgrundlage angewendet, welches eine Erstattung von 15,- €, wie geltend gemacht, vorsieht.
13
Die Klagepartei kann gem. §§ 280 Abs. 1, Abs. 2, 286 BGB die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in geltend gemachter Höhe als Verzugsschaden ersetzt verlangen. Da die Beklagte die Zahlung der restlichen Hauptforderung verweigert, ist dies auch als Verweigerung des Ersatzes von weiteren Rechtsanwaltsgebühren zu verstehen. Der Kläger war also ab diesem Zeitpunkt berechtigt, statt Befreiung von der Verbindlichkeit Zahlung zu verlangen. Dass hinter der Klagepartei eine Rechtsschutzversicherung stehe, die die Kosten bereits beglichen habe, ist eine erkennbar ins Blaue hinein aufgestellte und daher unbeachtliche Behauptung der Beklagten.
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Der Anspruch auf Zinszahlung folgt aus §§ 286, 288 BGB. Dabei ist Verzug bereits vor dem geltend gemachten Zinsbeginn eingetreten, da die Beklagte die Restzahlung bereits mit ihrem Abrechnungsschreiben und der beigefügten Rechnungsprüfung vom 12.11.2024 ernsthaft und endgültig verweigerte.
15
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
16
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.