Titel:
Kosten für die Teilungsvermessung
Normenketten:
VermKatG Art. 14 Abs. 1
GebOVerm § 4 Abs. 1 S. 1
KG Art. 21 Abs. 1, Abs. 3
BauGB § 194
Leitsätze:
1. Bei der Teilungsvermessung ist für die Bestimmung des Wertfaktors gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GebOVerm auf den Bodenwert (Verkehrswert) im Bereich der neu gebildeten Flurstücke abzustellen. (Rn. 19)
2. Bei Flurstücken, die Teilflächen mit unterschiedlichen Bodenwerten aufweisen, ist ein den jeweiligen Flächenanteil berücksichtigender durchschnittlicher Bodenwert anzusetzen. (Rn. 21 – 22)
3. Der vom Gutachterausschuss ermittelte Bodenrichtwert ist besonders dazu geeignet, den Bodenwert (Verkehrswert) „im Bereich der betroffenen Flurstücke“ (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GebOVerm) abzubilden. Zur Bestimmung des Bodenwerts (Verkehrswert) im Bereich der betroffenen Flurstücke kann deshalb vorrangig auf den Bodenrichtwert zurückgegriffen werden. (Rn. 28)
4. Nur bei konkreten Anhaltspunkten dafür, dass ausnahmsweise der Bodenrichtwert den Bodenwert (Verkehrswert) im Bereich der betroffenen Flurstücke nicht zutreffend widerspiegelt (z.B. aufgrund der Vorlage eines Verkehrswertgutachtens), ist es gerechtfertigt, den Bodenrichtwert nicht heranzuziehen. (Rn. 29)
Schlagworte:
Teilungsvermessung, Kostenbescheid, Wertfaktor, Bodenwert (Verkehrswert) im Bereich der betroffenen Flurstücke, Bodenrichtwert, durchschnittlicher Bodenwert bei Teilflächen mit unterschiedlichen Bodenwerten, Arrondierungsgrundstück, Preise aufgrund ungewöhnlicher oder persönlicher Verhältnisse, Grundstücksteilung, Verkehrswert, Bodenwert, Teilfläche
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 24.10.2024 – RN 7 K 21.1740
Fundstelle:
BeckRS 2025, 29164
Tenor
I. Unter Abänderung des Urteils des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Oktober 2024 wird die Klage abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen zu tragen.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen einen Kostenbescheid des Beklagten für eine Teilungsvermessung.
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Sie und ihr Ehemann sind Miteigentümer des Wohngrundstücks FlNr. 361/2 Gemarkung M … Mit notariellem Vertrag vom 28. April 2021 veräußerte der C … … … … … e.V. eine noch zu vermessende Teilfläche des Grundstücks FlNr. 361/3 Gemarkung M … unentgeltlich an die Klägerin und ihren Ehemann als Miteigentümer. Diese Teilfläche ist ca. 5 m2 groß und befindet sich nordwestlich des klägerischen Wohngrundstücks FlNr. 361/2 zwischen diesem und dem Straßengrundstück FlNr. 353/4 Gemarkung M … (M …-Weg). Im notariellen Vertrag ist vermerkt, dass es sich bei der Teilfläche um eine Straßenfläche mit einem Verkehrswert von 7,50 €/m2 handle.
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Am 6. Mai 2021 stellte die Klägerin beim Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung (ADBV) A … einen Antrag auf Vermessung der erworbenen Teilfläche. Am 2. August 2021 fand die Teilungsvermessung statt. Bei der Zerlegung des bestehenden Grundstücks FlNr. 361/3 wurde die erworbene Teilfläche als neues Grundstück FlNr. 361/7 Gemarkung M … herausgemessen und abgemarkt.
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Mit Kostenbescheid vom 11. August 2021 setzte das ADBV die Kosten für die Teilungsvermessung zunächst auf 1.221,12 € fest. Gegen diesen Bescheid erhob die Klägerin am 1. September 2021 Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg (Az.: RN 7 K 21.1740). Mit Bescheid vom 23. September 2021 änderte das ADBV den Kostenbescheid und setzte die Kosten auf 1.037,95 € fest. Dabei ging es davon aus, dass sich das Grundstück FlNr. 361/7 aus einer Straßenfläche mit 3,2 m2 und einem Verkehrswert von 7,50 €/m2 sowie einer Wohnbaufläche mit 1,8 m2 und einem – sich aus dem Bodenrichtwert ergebenden – Verkehrswert von 280,00 €/m2 zusammensetzt. Dem hieraus errechneten durchschnittlichen Verkehrswert von 105,60 € entspreche der Wertfaktor 1,7 nach § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 GebOVerm. Die Klägerin hielt ihre Klage aufrecht und beantragte, den Bescheid vom 11. August 2021 in der Fassung des geänderten Kostenbescheids vom 23. September 2021 aufzuheben, soweit dieser festgesetzte Kosten in Höhe von 610,56 € übersteige. Mit Urteil vom 24. Oktober 2024 entsprach das Verwaltungsgericht diesem Antrag. Zur Begründung führte es insbesondere aus, für die Ermittlung des Wertfaktors sei nicht auf den Bodenrichtwert, sondern auf den Bodenwert abzustellen. Es bestünden keine Anhaltspunkte, einen anderen als den von den Vertragsparteien bestimmten Verkehrswert von 7,50 €/m2 zugrunde zu legen. Dass ausschließlich die Klägerin ein wirtschaftliches Interesse an der verfahrensgegenständlichen Teilfläche habe, sei ein persönlicher Umstand, der für die Ermittlung des Verkehrswerts im Sinn des § 194 BauGB außer Acht gelassen bleiben müsse.
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Auf Antrag des Beklagten hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof die Berufung mit Beschluss vom 30. Januar 2025 (Az.: 13a ZB 25.24) wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zugelassen.
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Zur Begründung seiner Berufung hat der Beklagte mit Schreiben vom 11. Februar 2025, 19. März 2025 und 9. Juni 2025 unter anderem vorgetragen: Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht für die gesamte Fläche von 5 m2 einen Bodenwert von 7,50 €/m2 angesetzt. Der Annahme, dass an der Teilfläche von 1,8 m2 ausschließlich die Klägerin ein wirtschaftliches Interesse habe bzw. insoweit von einer äußerst geringen Nachfrage auszugehen sei und dies ein persönlicher Umstand sei, der gemäß § 194 BauGB außer Acht zu lassen sei, könne nicht gefolgt werden. Eine isolierte Betrachtung der neu vermessenen Fläche verbiete sich, denn deren Nutzung leite sich aufgrund der Größe und der Lage aus der Nutzung des Wohngrundstücks FlNr. 361/2 ab. Angesichts der gebotenen Gesamtbetrachtung der beiden Flurstücke stellten Größe und Zuschnitt des herausgemessenen Grundstücks keinen wertmindernden Faktor dar. Auch stelle § 4 Abs. 1 Satz 1 GebOVerm auf den Bodenwert „im Bereich der betroffenen Flurstücke“ ab. Betroffene Flurstücke seien bei Teilungsvermessungen gemäß § 4 Abs. 1 Satz 2 GebOVerm die neu gebildeten Flurstücke. Persönliche Verhältnisse im Sinn von § 194 BauGB lägen dann vor, wenn besondere Bindungen zwischen den Vertragsparteien bestünden, die sich derart auf den Preis ausgewirkt hätten, dass dieser als ungewöhnlich hoch oder niedrig anzusehen ist. Der Bodenrichtwert sei ein wichtiges Element der Verkehrswertermittlung. Anhaltspunkte für einen anderweitigen Verkehrswert bestünden nicht. Der Vortrag der Klägerin zu angeblichen Belastungen des Wohngrundstücks FlNr. 361/2 mit dinglichen Rechten sowie zu wertmindernden Faktoren lasse keine Auswirkungen auf den Bodenwert erkennen. Die aus dem Grundbuch ersichtlichen Belastungen hätten den Verkehrswert nicht gemindert. Zu demselben Ergebnis gelange man bei Heranziehung der Ziffern 4.1 und 4.3 der Kostenbekanntmachung (KBek). Die Rechtsprechung anderer Verwaltungsgerichte bestätige das vom Beklagten gefundene Ergebnis.
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Der Beklagte hat beantragt,
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das Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Oktober 2024 – Az. RN 7 K 21.1740 – abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Die Klägerin hat beantragt,
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die Berufung kostenpflichtig zurückzuweisen.
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Sie verteidigt das Urteil des Verwaltungsgerichts. Zur Begründung hat sie mit Schriftsätzen ihrer Bevollmächtigten vom 5. März 2025 und 24. April 2025 insbesondere vorgetragen, streitig sei der Wertfaktor gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GebOVerm. Bei der Feststellung der Art der Fläche sei der funktionelle Zusammenhang mit der Nachbarfläche zu betrachten. Für die weitere Verkehrswertermittlung sei eine isolierte Betrachtung der betroffenen Fläche vorzunehmen. Der Beklagte leite aus dem persönlichen Umstand, dass sie zugleich Miteigentümerin des neugebildeten Flurstücks FlNr. 361/7 und des Wohngrundstücks FlNr. 361/2 sei, die Festlegung des Bodenrichtwerts in Höhe von 280,00 € für die Teilfläche von 1,8 m2 ab. Es liege mit dem „außergewöhnlichen Interesse des Erwerbs an dem Erwerb des Grundstücks“ eine Fallkonstellation des persönlichen Verhältnisses im Sinn von § 194 BauGB vor. Bei isolierter Betrachtung von FlNr. 361/7 müssten aufgrund Größe und Zuschnitt Abschläge vorgenommen werden. Das Vorliegen einer wirtschaftlichen Einheit mit FlNr. 361/2 sei nicht relevant. Wenn minderwertige Flächen (z.B. Zufahrtsflächen) zu einer wirtschaftlichen Einheit gehörten, dann minderten diese den Preis der wirtschaftlichen Einheit. FlNr. 361/2 sei mit dinglichen Rechten belastet gewesen. Diese stellten neben den Wertminderungen durch den Verkehrslärm der B 301, der Hanglage sowie der Wahrscheinlichkeit von Bodenfunden eine erhebliche Wertminderung dar. Vom Bodenrichtwert müssten Abschläge oder Zuschläge gemacht werden. Eine pauschale Festsetzung des Bodenrichtwerts als Bodenwert sei nicht korrekt, erforderlich sei eine „Ermittlung“. Flurstück FlNr. 361/7 sei faktisch als Straße bzw. als Verlängerung des Gehwegs benutzt worden. Es handele sich um einen faktischen Gehweg, über den zum Stellplatz gefahren werde, und um eine faktische Straßenfläche. Bei der Ermittlung des Verkehrswerts müssten mehrere Prüfungsschritte durchlaufen werden. Unter anderem sei danach zu fragen, ob bei den Vergleichspreisen Grundstücke dabei seien, die von ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnissen beeinflusst seien. Ferner sei zu ermitteln, welcher Markt für das Grundstück bestehe. Das Verwaltungsgericht habe festgestellt, dass eine Nachfrage nach den 1,8 m2 nicht gegeben sei. Es habe keine Anhaltspunkte gesehen, dass der objektive Bodenwert nicht dem in der notariellen Urkunde genannten Verkehrswert von 7,50 €/m2 entspreche. Es habe keine grobe Verletzung des Äquivalenzprinzips bei der Berechnung der Gebühr gerügt. Keines der vom Beklagten genannten Urteile bestätige dessen Rechtsauffassung, den Bodenrichtwert als objektiven Bodenwert anzusetzen. Streitig sei, ob der Bodenrichtwert von 280 €/m2 gleichzeitig der Bodenwert für die 1,8 m2 sei oder ob aufgrund minderwertiger Faktoren sowie der Lage am Grundstücksmarkt der Bodenwert mit 7,50 €/m2 zu verwenden sei. Bei Arrondierungsflächen sei der funktionelle Zusammenhang mit der nicht betroffenen Wohnbaufläche zu betrachten. Der Verkehrswert dürfe sich jedoch nicht daran orientieren, dass die neugebildete Fläche zusammen mit dem angrenzenden Wohngrundstück benutzt werde, denn der Verkehrswert sei ohne Rücksicht auf persönliche Verhältnisse zu ermitteln. Das Verwaltungsgericht habe richtig festgestellt, dass wertmindernde Faktoren vorliegen und andere Marktteilnehmer nur ein geringes wirtschaftliches Interesse an der Teilfläche hätten, was bewirke, dass als Verkehrswert nicht der Bodenrichtwert festzustellen sei, sondern nur 7,50 €/m2.
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Mit Schreiben vom 11. Februar 2025 hat der Beklagte die Widmungsunterlagen der Stadt M … zum M …-Weg vorgelegt.
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Am 3. Juli 2025 hat die mündliche Verhandlung stattgefunden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die zulässige Berufung ist begründet. Der Kostenbescheid des Beklagten vom 11. August 2021 in der Fassung des geänderten Kostenbescheids vom 23. September 2021 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Daher war das Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg vom 24. Oktober 2024, mit dem dieser Kostenbescheid aufgehoben worden war, soweit er die festgesetzten Kosten von 610,56 € übersteigt, abzuändern und die Klage abzuweisen.
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Der Beklagte hat mit dem Kostenbescheid in der geänderten Fassung vom 23. September 2021 zu Recht die Kosten für die Teilungsvermessung auf 1.037,95 € festgesetzt.
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1. Rechtsgrundlage für diesen Kostenbescheid ist Art. 14 Abs. 1 Gesetz über die Landesvermessung und das Liegenschaftskataster (Vermessungs- und Katastergesetz – VermKatG) i.V.m. Art. 21 Abs. 1 und 3 Kostengesetz (KG) i.V.m. §§ 3, 4 Verordnung über die Benutzungsgebühren der unteren Vermessungsbehörden (GebOVerm) jeweils in der am 23. September 2021 geltenden Fassung. Die Bemessung der Gebühr gemäß § 3 GebOVerm und der Ansatz der Umsatzsteuer gemäß § 11 Abs. 1 Nr. 5 GebOVerm lassen keine Rechtsfehler erkennen. Insoweit hat auch die Klägerin keine Einwände erhoben.
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2. Entgegen der Auffassung der Klägerin war es auch rechtmäßig, gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GebOVerm einen Wertfaktor von 1,7 anzusetzen.
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Gemäß § 4 Abs. 1 Satz 1 GebOVerm sind unter anderem die Gebühren nach § 3 GebOVerm mit Wertfaktoren von 0,8 bis 4,0 zu multiplizieren, die den Bodenwert (Verkehrswert) im Bereich der betroffenen Flurstücke zum Zeitpunkt der Beendigung der Leistung berücksichtigen. Betroffene Grundstücke sind bei Teilungsvermessung die neu gebildeten Flurstücke (§ 4 Abs. 1 Satz 2 GebOVerm). Für die Bestimmung des Wertfaktors ist demnach vorliegend auf den Bodenwert (Verkehrswert) im Bereich des neu gebildeten Flurstücks FlNr. 361/7 Gemarkung M … abzustellen.
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Ein Wertfaktor von 1,7 kommt bei einem Bodenwert je Quadratmeter über 50 € bis 200 € zur Anwendung (Nr. 4 der Tabelle in § 4 Abs. 1 Satz 1 GebOVerm). Vorliegend hat der Beklagte diesen Wertfaktor angesetzt, weil er von einem durchschnittlichen Verkehrswert von 105,60 € ausgegangen ist. Dem lag wiederum die Erwägung zugrunde, dass das neu gebildete Flurstück FlNr. 361/7 aus einer Straßenfläche mit 3,2 m2 und einem Verkehrswert von 7,50 €/m2 sowie einer Wohnbaufläche mit 1,8 m2 und einem sich aus dem Bodenrichtwert ergebenden Verkehrswert von 280,00 €/m2 zusammensetzt. Diese Vorgehensweise des Beklagten lässt keine Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin erkennen.
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a) Zutreffend ist der Beklagte davon ausgegangen, dass bei Flurstücken, die Teilflächen mit unterschiedlichen Bodenwerten aufweisen – wie vorliegend die Straßenfläche und die Wohnbaufläche –, ein durchschnittlicher Bodenwert anzusetzen ist (vgl. a. Nr. 4.3 der Kostenbekanntmachung – KBek). Hiervon unberührt bleibt die hier nicht einschlägige Bestimmung des § 4 Abs. 1 Satz 3 GebOVerm, die nur bei Katasterneuvermessungen im bebauten Gebiet und verschiedenen Bodenrichtwerten zur Anwendung kommt.
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Danach ist hier zunächst der Bodenwert für jede Teilfläche gesondert zu ermitteln. Sodann ist aus diesen Bodenwerten unter Berücksichtigung des Flächenanteils der jeweiligen Teilfläche ein durchschnittlicher Bodenwert zu errechnen. Zwar ist diese Vorgehensweise in der Verordnung über die Benutzungsgebühren der unteren Vermessungsbehörden nicht ausdrücklich geregelt. Allerdings erfordert die sinnvolle Anwendung der Regelung in § 4 Abs. 1 Satz 1 GebOVerm, zur Ermittlung des Wertfaktors für ein betroffenes Flurstück einen Bodenwert – nicht mehrere – festzustellen. Dieser eine Bodenwert kann bei Teilflächen mit unterschiedlichen Bodenwerten wie vorliegend 7,50 €/m2 für die Straßenfläche und 280,00 €/m2 für die Wohnbaufläche richtigerweise nur ein den jeweiligen Flächenanteil berücksichtigender durchschnittlicher Bodenwert sein.
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Vorliegend hat der Beklagte ausgehend von einem Bodenwert von 7,50 €/m2 für eine Straßenfläche sowie von 280,00 €/m2 für eine Wohnbaufläche – hierzu jeweils sogleich – und unter Berücksichtigung einer Straßenfläche von 3,2 m2 sowie einer Wohnbaufläche von 1,8 m2 rechnerisch richtig einen durchschnittlichen Bodenwert von 105,60 € ermittelt. Die Größe der Straßen- und Wohnbaufläche wurde nach Aktenlage (vgl. Bl. 29, 94 VG-Papierakte) zutreffend ermittelt und von der Klägerin auch nicht in Frage gestellt.
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b) Die Annahme des Beklagten, die Straßenfläche von 3,2 m2 sei mit einem Bodenwert von 7,50 €/m2 zu bewerten, lässt keine Rechtsfehler zu Lasten der Klägerin erkennen.
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Die Beteiligten sind übereinstimmend davon ausgegangen, dass der Bodenwert (Verkehrswert) für Straßenflächen im Bereich des neu gebildeten Flurstücks FlNr. 361/7 mit 7,50 €/m2 anzusetzen ist (vgl. a. die entsprechende Angabe im notariellen Vertrag v. 28.4.2021, Bl. 64 VG-Papierakte). Hierzu ist darauf hinzuweisen, dass die Straßenfläche auf FlNr. 361/7 (bzw. zuvor FlNr. 361/3 Gemarkung M …) entgegen der Annahme des Verwaltungsgerichts nicht gemäß Art. 6 Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) straßenrechtlich gewidmet ist (vgl. die vom Beklagten vorgelegten Widmungsunterlagen der Stadt M … für den M …Weg, wonach nur Flurstück 353/4 gewidmet ist, Bl. 5, 15 ff. VGH-Gerichtsakte – GA). Somit handelt es sich bei der Straßenfläche nicht um eine öffentliche Straße, sondern nur um eine tatsächlich-öffentliche Straßenfläche. Der Verkehrswert tatsächlich-öffentlicher Straßenflächen dürfte im Hinblick auf die bei solchen Flächen bestehenden Rechte (vgl. dazu: BayVGH, U.v. 26.2.2013 – 8 B 11.1708 – VGHE BY 66, 54 – BayVBl 2013, 629 – juris Rn. 31 ff.) höher sein als bei gewidmeten Straßenflächen. Deshalb erscheint es zumindest fraglich, ob der Verkehrswert für eine tatsächlich-öffentliche Straßenfläche im Bereich der FlNr. 361/7 mit 7,50 €/m2 nicht zu niedrig angesetzt ist. Dies kann aber letztlich dahingestellt bleiben: Bei einem höheren Bodenwert (Verkehrswert) der Straßenfläche im Bereich der FlNr. 361/7 ergäbe sich allenfalls weiterhin der Wertfaktor 1,7 oder ein höherer Wertfaktor. Letzterer führte zu höheren Gebühren, die Klägerin wäre durch einen derartigen Rechtsfehler nicht in ihren Rechten verletzt (vgl. § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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c) Entgegen der Ansicht der Klägerin und des Verwaltungsgerichts war es auch nicht rechtsfehlerhaft, für die Wohnbaufläche von 1,8 m2 - es handelt sich hierbei um eine Fläche, die unmittelbar südöstlich der Straße als Bestandteil der Zufahrt zu den Garagen auf dem klägerischen Wohngrundstücks FlNr. 361/2 genutzt wird und damit um eine Wohnbaufläche – einen Bodenwert (Verkehrswert) von 280,00 €/m2 anzusetzen.
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aa) Zur Bestimmung des Bodenwerts (Verkehrswerts) im Bereich des Flurstücks FlNr. 361/7 durfte der Beklagte dabei vorrangig auf den dort für „Baureifes Land – Wohnbauflächen“ geltenden Bodenrichtwert von 280,00 €/m2 (vgl. Bl. 89 VG Papierakte) zurückgreifen.
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§ 4 Abs. 1 Satz 1 GebOVerm stellt ausdrücklich auf den Bereich ab – „Bodenwert (Verkehrswert) im Bereich der betroffenen Flurstücke“ –, hingegen nicht auf den Bodenwert (Verkehrswert) der betroffenen Flurstücke als solche. Der Bodenrichtwert (§ 196 Baugesetzbuch – BauGB), der gemäß § 15 der Verordnung über die Grundsätze für die Ermittlung der Verkehrswerte von Immobilien und der für die Wertermittlung erforderlichen Daten (Immobilienwertermittlungsverordnung – ImmoWertV) für räumlich zusammenhängende Gebiete – die sog. Bodenrichtwertzonen – ermittelt wird, ist besonders dazu geeignet, den Bodenwert (Verkehrswert) „im Bereich“ eines Flurstücks abzubilden. Er wird von eigens errichteten, selbstständigen und unabhängigen Gutachterausschüssen (§ 192 f. BauGB) auf der Grundlage der umfassenden Kaufpreissammlung (§ 195 BauGB) flächendeckend ermittelt und stellt nach der Konzeption des Gesetzgebers eine zentrale Grundlage für die Ermittlung des Verkehrswerts von Grundstücken dar (vgl. a. § 12 Abs. 1 ImmoWertV). Es ist deshalb nicht zu beanstanden, wenn der Beklagte zur Bestimmung des Bodenwerts (Verkehrswert) „im Bereich der betroffenen Flurstücke“ (§ 4 Abs. 1 Satz 1 GebOVerm) vorrangig auf den Bodenrichtwert zurückgreift.
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bb) Zwar ist es nicht gänzlich ausgeschlossen, dass ausnahmsweise der Bodenrichtwert den Bodenwert (Verkehrswert) „im Bereich der betroffenen Flurstücke“ nicht zutreffend widerspiegelt. Gibt es konkrete Anhaltspunkten hierfür, etwa aufgrund substantiierten Vorbringens eines Kostenschuldners – z.B. durch Vorlage eines Verkehrswertgutachtens, nicht hingegen durch bloße Behauptungen – oder aufgrund den Behörden sonst bekanntgewordener Umstände, ist es gerechtfertigt, den Bodenrichtwert nicht heranzuziehen. Vorliegend fehlen allerdings konkrete Anhaltspunkte dafür, dass der Bodenwert (Verkehrswert) für Wohnbauflächen im Bereich der FlNr. 361/7 nicht mit dem Bodenrichtwert von 280,00 €/m2 anzusetzen wäre:
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(1.) Dass es sich bei dem betroffenen Flurstück FlNr. 361/7 um ein Arrondierungsgrundstück geringer Größe (5 m2) und mit ungünstigem Zuschnitt (Dreiecksform) handelt, das für sich allein gesehen nicht sinnvoll wirtschaftlich nutzbar ist, zwingt nicht zu einer Abweichung vom Bodenrichtwert. Nach der normativen Konzeption des § 4 Abs. 1 Satz 1 GebOVerm muss für die Ermittlung des Bodenwerts (Verkehrswerts) der „Bereich der betroffenen Flurstücke“ berücksichtigt werden. Auch ein Arrondierungsgrundstück ist deshalb im Rahmen des § 4 Abs. 1 Satz 1 GebOVerm nicht isoliert zu betrachten. Vielmehr muss für die Ermittlung der Höhe der Gebühren stets der Bodenwert im „Bereich der betroffenen Flurstücke“ und damit im Bereich des Arrondierungsgrundstücks in den Blick genommen werden.
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Die Regelung in § 194 BauGB, wonach der Verkehrswert (Marktwert) „durch den Preis bestimmt [wird], der (…) ohne Rücksicht auf ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse zu erzielen wäre“, steht diesem Ergebnis entgegen der Auffassung der Klägerin und des Verwaltungsgerichts nicht entgegen: Diese Vorschrift gebietet (nur), dass Preise, die auf persönlichen oder ungewöhnlichen Verhältnissen beruhen, bei der Ermittlung des Verkehrswerts im Bereich der betroffenen Grundstücke nicht berücksichtigt werden dürfen. Es dürfen nur solche Preise zur Wertermittlung herangezogen werden, die nicht durch ungewöhnliche oder persönliche Verhältnisse beeinflusst worden sind (vgl. § 9 Abs. 2 Satz 1 ImmoWertV). Dass ein Preis von ungewöhnlichen oder persönlichen Verhältnissen beeinflusst worden ist, lässt sich insbesondere daran erkennen, dass er von den Preisen für vergleichbare Grundstücke erheblich abweicht (Dieterich in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, 158. EL Februar 2025, Rn. 46 m.w.N.).
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Richtig ist zwar, dass Preise für Arrondierungsflächen – also kleinen Flächen, die für sich betrachtet nicht sinnvoll nutzbar sind, sondern erst zusammen mit einem angrenzenden Grundstück ihren Wert entfalten – häufig von persönlichen und/oder ungewöhnlichen Verhältnissen beeinflusst sein dürften. Aus § 194 BauGB folgt insoweit allerdings nur, dass in einem solchen Fall der Preis, der für das Arrondierungsgrundstück gezahlt wurde, nicht zur Ermittlung des Verkehrswerts herangezogen werden kann. So darf etwa auch vorliegend der Umstand, dass vor allem die Klägerin (und ihr Ehemann) ein besonderes Interesse am Erwerb des Flurstücks FlNr. 361/7 gehabt haben, hingegen bei den meisten anderen Marktteilnehmern kein wirtschaftliches Interesse am Erwerb dieser Fläche bestanden haben dürfte, und dass die Klägerin (und ihr Ehemann) dieses Grundstück schenkweise überlassen bekommen haben, nicht zu der Annahme verleiten, Flurstück 361/7 habe keinerlei Verkehrswert. Vielmehr gilt: Der „Preis 0 €“ beruht auf persönlichen bzw. ungewöhnlichen Umständen. Folge hiervon ist allein, dass dieser Preis bei der Bestimmung des Bodenwerts (Verkehrswerts) im Bereich des Flurstücks 361/7 nicht berücksichtigt werden darf. Darf er nicht berücksichtigt werden, kann sich aus ihm auch kein Anhaltspunkt dafür ergeben, vom Bodenrichtwert von 280,00 €/m2 abzuweichen.
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(2.) Auch sonst sind keine durchgreifenden Umstände vorgetragen oder ersichtlich, aus denen sich konkrete Anhaltspunkte dafür ableiten ließen, dass der Bodenwert (Verkehrswert) für Wohnbauflächen im Bereich der FlNr. 361/7 geringer wäre als der ermittelte Bodenrichtwert.
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Da auf den Verkehrswert für Wohnbauflächen „im Bereich“ der FlNr. 361/7 abzustellen ist, kann ein etwaiger niedrigerer Bodenwert des betroffenen Flurstücks FlNr. 361/7 selbst angesichts dessen äußerst geringer Größe von vornherein keine durchgreifende Bedeutung gewinnen. Unabhängig davon sind auch keine wertmindernden Umstände für FlNr. 361/7 erkennbar: Dies gilt zunächst hinsichtlich des Hinweises der Klägerin, es handele sich bei der Teilfläche von 1,8 m2 um eine Zufahrtsfläche. Es ist schon kein Grund dafür ersichtlich, weshalb Zufahrtsflächen zu Garagen auf Wohngrundstücken einen geringeren Verkehrswert als andere Flächen auf diesen Wohngrundstücken haben sollten. Soweit die Klägerin noch meint, die Fläche sei ein „faktischer Gehweg“, kann sich hieraus schon deshalb keine Wertminderung ergeben, weil es der Klägerin unbenommen ist, die bislang offene Fläche durch einen Zaun oder ein Tor vor dem Betreten durch Fußgänger zu schützen.
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Die frühere Belastung des klägerischen Wohngrundstücks FlNr. 361/2 – Benutzungsregelung etc. lastend am Anteil des Ehemanns (vgl. Bl. 73, 80 ff. GA) – kann ebenfalls keine durchgreifende Rolle für die Ermittlung des Verkehrswerts für Wohnbauflächen im Bereich der FlNr. 361/7 spielen. Es spricht schon wenig dafür, dass diese Belastung zum Zeitpunkt der Beendigung der Leistung noch mit einer Wertminderung der FlNr. 361/2 verbunden war: Diese konnte im Jahr 2021 von der Klägerin und ihrem Ehemann, die seit 2019 alleinige Miteigentümer des Grundstücks waren, offenbar ohne weiteres gelöscht werden. Letztlich kann dies dahingestellt bleiben: Denn diese Belastung wäre allenfalls als besonderes objektspezifisches Grundstücksmerkmal insbesondere durch einen marktüblichen Abschlag bei Grundstück FlNr. 361/2 zu berücksichtigten gewesen (vgl. § 8 Abs. 3 Satz 2 Nr. 6, Satz 3 ImmoWertV). Anhaltspunkte dafür, dass sie darüber hinaus eine durchgreifende Auswirkung auf den Bodenwert (Verkehrswert) für Wohnbauflächen im gesamten Bereich der FlNr. 361/7 gehabt haben könnte, sind hingegen nicht erkennbar.
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Die unsubstantiierten Hinweise der Klägerin auf Verkehrslärm, Hanglage und die Wahrscheinlichkeit von Bodenfunden lassen ebenfalls keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür erkennen, dass der Bodenwert (Verkehrswert) für Wohngrundstücke im Bereich der FlNr. 361/7 gegenüber dem Bodenrichtwert signifikant herabgesetzt wäre.
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3. Auch das übrige Vorbringen der Klägerin ändert nichts an dem gefundenen Ergebnis.
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Insbesondere ist (erneut) darauf hinzuweisen, dass für die Gebührenbemessung nach der normativen Konzeption des § 4 Abs. 1 Satz 1 GebOVerm entgegen der Auffassung der Klägerin keine isolierte Betrachtung nur der betroffenen Flurstücke vorzunehmen ist, sondern typisierend der Bodenwert (Verkehrswert) „im Bereich der betroffenen Flurstücke“ heranzuziehen ist. Für die Ermittlung der Wertfaktoren ist es insbesondere nicht erforderlich, den Bodenwert (Verkehrswert) eines betroffenen Flurstücks in jedem Einzelfall durch ein Verkehrswertgutachten zu ermitteln, vielmehr ist typisierend auf den Bodenwert (Verkehrswert) im Bereich der betroffenen Flurstücke abzustellen. Dieser wird grundsätzlich durch den vom Gutachterausschuss ermittelten Bodenrichtwert abgebildet. Nur bei konkreten Anhaltspunkten dafür, dass ausnahmsweise der Bodenrichtwert den Bodenwert (Verkehrswert) im Bereich der betroffenen Flurstücke nicht zutreffend widerspiegelt (z.B. aufgrund der Vorlage eines Verkehrswertgutachtens), ist es gerechtfertigt, den Bodenrichtwert nicht heranzuziehen.
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Schließlich ist noch darauf hinzuweisen, dass eine Verletzung des Äquivalenzprinzips weder vorgetragen noch sonst ersichtlich ist (vgl. dazu: BayVGH, U.v. 12.4.2000 – 19 N 98.3739 – VGHE BY 53, 80 – juris).
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Erklärung der vorläufigen Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
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Die Revision war nicht zuzulassen, da keine der Voraussetzungen des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.