Titel:
Haftungsobergrenze für bodenschutzrechtliche Sanierungsmaßnahmen
Normenketten:
BBodSchG § 4 Abs. 3, § 10 Abs. 1, § 25 Abs. 6
GG Art. 14 Abs. 1
BayVwVfG Art. 43 Abs. 2
Leitsätze:
1. Die Verantwortlichkeit des Zustandsverantwortlichen ist grundsätzlich auf den Verkehrswert des Grundstücks nach Durchführung der Sanierung beschränkt, weil sie als Kehrseite der durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten eigentumsrechtlichen Entfaltungsfreiheit zugleich im Vermögensgegenstand ihre Grenze findet. (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Dingliche Belastungen insbesondere durch Grundpfandrechte und einen Bodenschutzlastvermerk (vgl. § 25 Abs. 6 BBodSchG) beeinflussen den Wert des Grundstücks nicht. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Mit Blick auf die persönliche Leistungsfähigkeit des Eigentümers ist eine bestehende Übersicherung des Grundstücks dahingehend zu würdigen, dass die Belastungsgrenze auf den vom Gutachterausschuss festgestellten Mindestwert begrenzt wird. (Rn. 24 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Bodenverunreinigung, Haftungsobergrenze, Verkehrswert, Verhältnismäßigkeit, bodenschutzrechtliche Sanierungsanordnung, Belastungsgrenze, Erledigung, Zustandsverantwortlicher, dingliche Belastung, persönliche Leistungsfähigkeit
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 16.01.2019 – AN 9 K 18.612
Fundstelle:
BeckRS 2025, 29149
Tenor
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 16. Januar 2019 – AN 9 K 18.612 – geändert.
Der Bescheid des Landratsamts ... vom 21. Mai 2012 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 17. März 2015 wird nur in seiner Nummer 5 aufgehoben, soweit die Belastungsgrenze höher als 145.000,00 EUR festgesetzt worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Der Kläger trägt 4/5 und der Beklagte 1/5 der Kosten des Verfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Streitwert beträgt gemäß dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. November 2024 für alle Rechtszüge jeweils 25.784,93 EUR.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
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Der Kläger wendet sich gegen eine bodenschutzrechtliche Sanierungsanordnung mit einer betragsmäßig festgesetzten Haftungsobergrenze.
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Er ist seit dem Jahr 2000 Eigentümer eines mit einer gewerblich genutzten Halle bebauten Grundstücks, das er 1989 erwarb und das zuvor jahrzehntelang von verschiedenen chemischen Reinigungsbetrieben genutzt worden war. Zulasten des Grundstücks sind Grundpfandrechte und ein Bodenschutzlastvermerk im Grundbuch eingetragen.
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Das Grundstück ist erheblich mit Schadstoffen belastet. Mit Bescheid vom 21. Mai 2012 verpflichtete das zuständige Landratsamt den Kläger, näher bezeichnete Sanierungsmaßnahmen bis zu einer Haftungsobergrenze von 183.000,00 EUR durchzuführen. Dieser Betrag entspricht dem mit Gutachten vom 15. März 2012 ermittelten Verkehrswert des Grundstücks. Nach Angaben des Beklagten ist das mit der Anordnung verfolgte Sanierungsziel inzwischen erreicht und die diesbezüglichen Kosten in Höhe von 25.784,93 EUR stehen fest.
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Das Verwaltungsgericht hob den Bescheid vom 21. Mai 2012 in der Gestalt des Änderungsbescheids vom 17. März 2015 auf. Die Berufung des Beklagten wies der Verwaltungsgerichtshof mit Urteil vom 26. September 2023 (24 B 22.167) zurück. Es sei rechtswidrig gewesen, den Verkehrswert, der zudem fehlerhaft ermittelt worden sei, bereits im Zeitpunkt des Erlasses des Sanierungsbescheids als Haftungsobergrenze verbindlich zu beziffern. Es sei dem Beklagten zumindest im vorliegenden Fall verwehrt gewesen, bereits eine betragsmäßige Haftungsobergrenze festzulegen. Dies sei erst zulässig, wenn die Zustandsverantwortlichkeit des Klägers ende, also insbesondere, wenn er sein Eigentum rechtmäßig und schutzwürdig veräußere, die Sanierung erfolgreich abgeschlossen sei oder der Beklagte den Kläger aus anderen Gründen nicht mehr weiter in Anspruch nehmen möchte.
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Auf die dagegen erhobene Revision hat das Bundesverwaltungsgericht die Streitsache mit Urteil vom 7. November 2024 (10 C 12.23) an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Die Haftungsobergrenze könne schon mit Erlass des Bescheids festgesetzt werden. Die Ermittlung des Verkehrswerts des Grundstücks habe auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung zu erfolgen. Erforderlich sei eine prognostische Bestimmung des Verkehrswerts im Zeitpunkt des Abschlusses der angeordneten Sanierung. Sowohl eine nach der angeordneten Sanierung gegebenenfalls fortbestehende (Rest-)Kontamination des Grundstücks als auch ein etwaiger merkantiler Minderwert im Sinne eines „Imageschadens“ seien bei der Verkehrswertermittlung zu würdigen. Eine etwaige Übersicherung des Grundstücks sei mit Blick auf die persönliche Leistungsfähigkeit zu würdigen.
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Der Gutachterausschuss des Landkreises Fürth teilte unter dem 13. März 2025 mit, dass sich der Verkehrswert bei Erlass des Bescheids im Jahr 2012 zum prognostizierten Ende der Sanierung im Jahr 2015 unter Berücksichtigung der Wertsteigerung sowie nach Abzug eines merkantilen Minderwerts und unter Berücksichtigung der fortbestehenden (Rest-)Kontamination auf höchstens 194.060,00 und mindestens 145.439,00 EUR belaufe. Dagegen erhob der Kläger keine Einwände. Der Beklagte macht geltend, die Festsetzung in Höhe von 183.000,00 EUR sei daher korrekt. Die persönliche Leistungsfähigkeit sei nicht bei der Bestimmung der Belastungsgrenze zu berücksichtigen, da die tatsächlichen Sanierungskosten weit unter der Belastungsgrenze lägen. Die Festsetzung der Belastungsgrenze habe sich erledigt, da die Maßnahme abgeschlossen und die Kosten endgültig festgestellt seien. Diese lägen zusammen mit den vom Kläger schon geleisteten Beträgen weit unter der Belastungsgrenze. Für den Fall, dass diese sich nicht erledigt habe, müsse aber aufgeklärt werden, ob der Kläger nicht doch von den bodenschutzrechtlichen Maßnahmen gegen seine Rechtsvorgängerin gewusst habe, und die Belastungsgrenze über dem Verkehrswert liege.
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Der Beklagte beantragt,
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das Urteil des Verwaltungsgerichts vom 16. Januar 2019 abzuändern und die Klage abzuweisen.
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die Berufung zurückzuweisen.
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Er macht geltend, der Verkehrswert des Grundstücks sei fehlerhaft ermittelt worden und es dürfe keine Haftungsobergrenze festgesetzt werden, jedenfalls belaufe sich diese aber auf 0,- EUR und der Bescheid sei daher zurecht aufgehoben worden.
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Die Beteiligten wurden zu einer Entscheidung mittels Beschluss nach § 130a VwGO angehört und haben keine Einwände erhoben.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Der Senat konnte gemäß § 130a VwGO durch Beschluss entscheiden, da die Parteien hierzu gehört worden sind (§ 130a Satz 2 VwGO i.V.m. § 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
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Die Berufung ist überwiegend begründet. Der Bescheid vom 21. Mai 2012 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 17. März 2015 ist nur insoweit rechtswidrig, als die Belastungsgrenze 145.000,- EUR übersteigt. Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist daher dahingehend abzuändern und die Klage im Übrigen abzuweisen, da der Bescheid vom 21. Mai 2012 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 17. März 2015 insoweit rechtmäßig ist und den Kläger nicht in seinen Rechten verletzt (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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Der Kläger konnte als Zustandsverantwortlicher zur Sanierung seines verunreinigten Grundstücks herangezogen werden und der Bescheid begegnet auch hinsichtlich der dort angeordneten Maßnahmen keinen Bedenken. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird deshalb bezüglich der Störerauswahl auf die Ausführungen im den Beteiligten bekannten Urteil des Senats vom 26. September 2023 (24 B 22.167) verwiesen. Der Ansicht des Klägers, der Bescheid sei rechtswidrig, da eine Belastungsgrenze nicht habe festgesetzt werden dürfen, kann nicht gefolgt werden, weil der Senat seiner Entscheidung nach § 144 Abs. 6 VwGO die rechtliche Beurteilung des Bundesverwaltungsgerichts zugrunde zu legen hat.
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Die in Nummer 5 des Bescheids festgesetzte Belastungsgrenze ist jedoch rechtswidrig soweit sie 145.000,- EUR übersteigt und ist insoweit aufzuheben.
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1. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit beschränkt die Inanspruchnahme des Klägers als Zustandsstörer. Zur Bestimmung der Grenzen der Zumutbarkeit kann nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts das Verhältnis des finanziellen Aufwands zu dem Verkehrswert des Grundstücks nach Durchführung der Sanierung als Anhaltspunkt dienen. Eine hiervon abweichende Zumutbarkeitsgrenze kommt nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls in Betracht (BVerfG, B.v. 16.2.2000 – 1 BvR 242/91 u. a. – juris Rn. 54 ff.). Zum Schutz des Betroffenen gibt das Bundesverfassungsgericht der Verwaltung in verfahrensmäßiger Hinsicht auf, im Zuge der Anordnung von Sanierungsmaßnahmen auch die im jeweiligen Einzelfall maßgebliche Begrenzung der Kostenbelastung des Zustandsverantwortlichen zu bestimmen, die sich hier auf 145.000,- EUR beläuft.
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2. Die Festsetzung der Belastungsgrenze hat sich nicht dadurch erledigt, dass die Maßnahme abgeschlossen sowie eine endgültige Kostenermittlung schon erfolgt ist und die Kosten für die Maßnahme zusammen mit den vom Kläger schon aufgewendeten Mitteln die mit dem Bescheid festgesetzte Belastungsgrenze nicht erreichen. Erledigung nach Art. 43 Abs. 2 BayVwVfG tritt dann ein, wenn und soweit von dem Verwaltungsakt keine weiteren Verhaltensgebote oder -verbote ausgehen können (vgl. Leisner-Egensperger in Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 3. Aufl. 2025, § 43 Rn. 68). Dies ist hier nicht der Fall, denn eine Erledigung aus sonstigen Gründen i.S.d. Art. 43 Abs. 2 Alt. 5 VwGO ist nicht ersichtlich. Der Streit dreht sich gerade darum, ob die Belastungsgrenze angesichts der erheblichen Übersicherung des Grundstücks und der fehlenden persönlichen Leistungsfähigkeit des Klägers zu hoch festgesetzt worden und ggf. auf Null festzusetzen ist. Wäre die Belastungsgrenze auf Null oder jedenfalls niedriger als der bisher vom Kläger bezahlte Betrag in Höhe von ca. 45.000,- Euro zu setzen, wie vom Kläger vertreten, könnte er gerade nicht mehr für weitere Kosten herangezogen werden. Die Höhe der Belastungsgrenze kann daher weiterhin erhebliche Auswirkungen darauf haben, ob der Kläger überhaupt und ggf. in welcher Höhe er noch zu den Kosten der mit dem streitgegenständlichen Bescheid angeordneten Maßnahmen herangezogen werden kann und hat sich deshalb nicht erledigt.
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3. Der Senat hält daran fest, dass eine Belastung des Klägers über den Verkehrswert hinaus nicht möglich ist, da es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass der Kläger bei Erwerb des Grundstücks positive Kenntnis davon hatte, dass gegenüber seiner Rechtsvorgängerin schon bodenschutzrechtliche Maßnahmen ergriffen worden waren. Die Verantwortlichkeit des Zustandsverantwortlichen ist grundsätzlich auf den Verkehrswert des Grundstücks nach Durchführung der Sanierung beschränkt, weil sie als Kehrseite der durch Art. 14 Abs. 1 GG geschützten eigentumsrechtlichen Entfaltungsfreiheit zugleich im Vermögensgegenstand ihre Grenze findet (vgl. BVerfG, B.v. 16.2.2000 – 1 BvR 242/91, 1 BvR 315/99 – juris Rn. 56; BVerwG, B.v. 7.8.2013 – 7 B 9.13 – juris Rn. 10).
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Die vom Beklagten ohne Beweisangebot in den Raum gestellte, nach seiner Ansicht diesbezüglich notwendige weitere Aufklärung, obwohl die Behörde grundsätzlich selbst von einer Begrenzung auf den Verkehrswert ausgegangen ist, ist unsubstantiiert und auch nicht erforderlich. Es ist davon auszugehen, dass bei Abschluss des notariellen Kaufvertrags andere Regelungen getroffen worden wären, wenn dem Kläger die bodenschutzrechtlichen Bescheide gegen die Voreigentümerin bekannt gewesen wären. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 22. Januar 2014 angegeben, er habe bei Abschluss des Kaufvertrags keine positive Kenntnis von der Bodenlast gehabt. Vom Beklagten wurde weder in erster Instanz noch in der mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2023 vor dem Verwaltungsgerichtshof noch mit seinen Schriftsätzen nach der Zurückverweisung durch das Bundesverwaltungsgericht diesbezüglich Beweisanträge gestellt oder zumindest angekündigt. Wie die Vorgänge aus dem Jahr 1989 weiter aufgeklärt werden könnten als anhand der vorliegenden Unterlagen ist nicht ersichtlich und wurde vom Beklagten auch nicht dargelegt.
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4. Die Ermittlung des Verkehrswerts des Grundstücks hat dabei auf der Grundlage der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten behördlichen Entscheidung zu erfolgen. Erforderlich ist eine prognostische Bestimmung des Verkehrswerts im Zeitpunkt des Abschlusses der angeordneten Sanierung (vgl. BVerfG, B.v. 16.2.2000 – 1 BvR 242/91 u. a. – juris Rn. 56). Bei der Bestimmung des Verkehrswerts sind die Maßgaben nach §§ 192 ff. BauGB und der Immobilienwertermittlungsverordnung heranzuziehen. Sowohl eine nach der angeordneten Sanierung gegebenenfalls fortbestehende (Rest) Kontamination des Grundstücks als auch ein etwaiger merkantiler Minderwert im Sinne eines „Imageschadens“ sind bei der Verkehrswertermittlung zu würdigen. Dabei ist eine doppelte Berücksichtigung wertbestimmender Faktoren zu vermeiden. Dingliche Belastungen insbesondere durch Grundpfandrechte und einen Bodenschutzlastvermerk (vgl. § 25 Abs. 6 BBodSchG) beeinflussen den Wert des Grundstücks nicht. Mit Blick auf die persönliche Leistungsfähigkeit des Klägers ist auch eine etwaige Übersicherung des in seinem Eigentum stehenden Grundstücks zu würdigen (BVerwG, U.v. 7.11.2024 – 10 C 12.23 – juris Rn. 16).
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5. Gemessen daran, ist die Festsetzung der Belastungsgrenze über 145.000,00 Euro hinaus rechtswidrig. Der Gutachterausschuss hat auf Anfrage des Beklagten nachvollziehbar dargelegt, dass sich der Verkehrswert bei Erlass des Bescheids im Jahr 2012 zum prognostizierten Ende der Sanierung im Jahr 2015 unter Berücksichtigung der Wertsteigerung sowie nach Abzug eines merkantilen Minderwerts und unter Berücksichtigung der fortbestehenden (Rest) Kontamination auf höchstens 194.060,00 EUR und mindestens 145.439,00 EUR belaufen habe. Dagegen hat der Kläger keine Einwände erhoben, sodass der Senat seiner Entscheidung diese Spanne zugrunde legt.
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Darüber hinaus ist mit Blick auf die persönliche Leistungsfähigkeit des Klägers die bestehende Übersicherung des Grundstücks dahingehend zu würdigen, dass die Belastungsgrenze auf den vom Gutachterausschuss festgestellten Mindestwert begrenzt wird, denn die Belastung des Klägers mit den Kosten der Sanierungsmaßnahme darüber hinaus ist nicht zumutbar und daher nicht gerechtfertigt. Die Behörden und Gerichte haben durch Auslegung und Anwendung der die Verantwortlichkeit und die Kostenpflicht begründenden Vorschriften sicherzustellen, dass die Belastung des Eigentümers das Maß des nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 GG Zulässigen nicht überschreitet (vgl. BVerfG a.a.O. Rn. 64). Die Belastung des Zustandsverantwortlichen mit Sanierungskosten bis zur Höhe des Verkehrswertes kann z.B. in Fällen unzumutbar sein, in denen das zu sanierende Grundstück den wesentlichen Teil des Vermögens des Pflichtigen bildet und die Grundlage seiner privaten Lebensführung einschließlich seiner Familie darstellt (BVerfG a.a.O. Rn. 58). Ggf. kommt auch eine Reduzierung der Belastung aus Gründen des Sozialstaatsgebots in Betracht (BVerfG a.a.O. Rn. 57). Dass auch bei einer möglichen Belastung des Eigentümers über den Verkehrswert hinaus, bestimmte Begrenzungen zu berücksichtigen sind (vgl. BVerfG a.a.O. Rn. 59 f.), entbindet die Verwaltung nicht davon, auch bei einer möglichen Belastung bis zum Verkehrswert, die Verhältnismäßigkeit individuell zu prüfen.
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Im vorliegenden Fall ist dabei zu berücksichtigen, dass der Kläger durchaus kooperativ war und anfänglich die Kosten getragen hat, aber nach der Insolvenz seiner Firma dazu nicht mehr in der Lage war. Andererseits ist ihm der Betrag der auf dem Grundstück lastenden Grundschulden in Form von Krediten zugeflossen und er konnte damit wirtschaften. Es ist daher nicht gerechtfertigt, ihn angesichts der von ihm selbst verursachten Übersicherung und der daraus gezogenen wirtschaftlichen Vorteile nunmehr vollständig von der weiteren Haftung freizustellen. Des Weiteren wird er das Grundstück aber angesichts der erheblichen Übersicherung voraussichtlich nicht verkaufen können und selbst bei einer möglichen Veräußerung wird er die Kosten der Sanierung aus dem Erlös prognostisch nicht aufbringen können, denn dieser wird durch die noch bestehenden Grundpfandrechte wohl vollständig aufgezehrt. Er kann nur durch Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks einen Beitrag zur Sanierung leisten. Angesichts des nach Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 29. Juni 2023 geschilderten schlechten Zustands des auf dem Grundstück befindlichen Gebäudes, wird aber auch dies nur schwierig zu realisieren sein. Im Übrigen bleibt ihm nur die Möglichkeit, die Sanierungskosten mit anderen Mitteln, z.B. seinem Arbeitslohn, zu bestreiten. Es ist daher unverhältnismäßig, ihn mit einem höheren Betrag als der unteren Grenze des Verkehrswerts nach Sanierung zu belasten, denn es ist nicht zu erwarten, dass er durch Vermietung oder Verpachtung des Grundstücks nenneswerte Erlöse wird erzielen können.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 VwGO. Der Kläger hat auch ein erhebliches Interesse an einer Entscheidung darüber, ob die Belastungsgrenze durch den Verkehrswert begrenzt ist oder diesen übersteigen kann, da dies auch für möglicherweise künftig noch erforderliche Sanierungsanordnungen Bedeutung haben kann. Da der Beklagte diesbezüglich unterlegen ist, ist es gerechtfertigt, ihn mit einem Teil der Kosten zu belasten.
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Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Der Streitwert beläuft sich gemäß dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. November 2024 für alle Rechtszüge auf jeweils 25.784,93 EUR.
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Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.