Titel:
Anhörungsrüge nur wegen Gehörsverletzung in aktueller Instanz
Normenketten:
GG Art. 103 Abs. 1
VwGO § 152a
Leitsatz:
Eine Anhörungsrüge muss sich auf eine neue und eigenständige Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Gericht, gegen dessen Entscheidung sie sich richtet, beziehen und kann nicht dazu genutzt werden, eine angeblich bereits der Vorinstanz unterlaufene Verletzung rechtlichen Gehörs geltend zu machen. (Rn. 3) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Anhörungsrüge, Instanz, Gehörsverletzung
Vorinstanzen:
VGH München, Beschluss vom 14.08.2025 – 8 ZB 25.457
VG München, Urteil vom 27.12.2024 – M 28 K 21.3829
Fundstelle:
BeckRS 2025, 29123
Tenor
I. Die Anhörungsrüge wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens der Anhörungsrüge.
Gründe
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Die Anhörungsrüge, mit der die Klägerin die Fortführung des Verfahrens in Bezug auf ihren mit Beschluss vom 14. August 2025 (Az.: 8 ZB 25.457) abgelehnten Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Augsburg vom 27. Dezember 2024 begehrt, bleibt ohne Erfolg.
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1. Die Anhörungsrüge ist in weiten Teilen bereits unzulässig.
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a) Mit Ihrem Vorbringen, der Verwaltungsgerichtshof habe ihren Vortrag aus dem Schriftsatz vom 18. Juli 2024 zu verschiedenen Punkten nicht berücksichtigt, kann die Klägerin nicht durchdringen. Den Schriftsatz vom 18. Juli 2024 übersandte die Klägerin im erstinstanzlichen Verfahren. Eine Anhörungsrüge muss sich aber auf eine neue und eigenständige Verletzung rechtlichen Gehörs durch das Gericht, gegen dessen Entscheidung sie sich richtet, beziehen. Sie kann hingegen nicht dazu genutzt werden, eine angeblich bereits der Vorinstanz unterlaufene Verletzung rechtlichen Gehörs geltend zu machen (§ 152a Abs. 1 Satz 2 VwGO; vgl. BVerwG, B.v. 28.11.2008 – 7 BN 5.08 – juris Rn. 2; B.v. 24.5.2023 – 4 B 5.23 u.a. – juris Rn. 6).
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b) Die Rüge der Klägerin, der Verwaltungsgerichtshof habe ihr Vorbringen in der „NZB“ zu verschiedenen Aspekten nicht berücksichtigt, ist ebenfalls unzulässig. Sie erfüllt nicht das Darlegungserfordernis des § 152a Abs. 2 Satz 6 VwGO. Darzulegen ist, womit das Gericht den Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt hat und die Entscheidungserheblichkeit der Verletzung (vgl. BVerwG, B.v. 3.7.2023 – 1 WB 49.22 – juris Rn. 5). Der darzulegende Gehörsverstoß muss in der gerügten Entscheidung selbst liegen, nicht in einer Entscheidung der Vorinstanz (vgl. oben Rn. 3). Diesen Anforderungen genügt die o.g. Rüge nicht. Das Vorbringen, ihr Vortrag in der „NZB“ sei nicht berücksichtigt worden, lässt sich mangels Angabe eines Datums keinem Schriftsatz der Klägerin im Berufungszulassungsverfahren eindeutig zuordnen. Offensichtlich bezieht sich ihr Vorbringen auch inhaltlich nicht auf ihre Zulassungsbegründung vom 6. April 2025. Denn diese umfasst nur zwölf Seiten, während die Klägerin beispielsweise auf ihrer Ansicht nach unberücksichtigten Vortrag in ihrer „NZB“ auf den Seiten 14-18, 18-19 und 20-21 verweist. Auch auf den Seiten 5-8 und 7-12 der Zulassungsbegründung vom 6. April 2025 finden sich gänzlich andere Aspekte als diejenigen, deren Nichtberücksichtigung aus ihrer „NZB“ die Klägerin nunmehr beanstandet.
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2. Soweit die Klägerin schließlich rügt, dass die Nichtberücksichtigung der ökologischen Auswirkungen des Eingriffs nicht nur Art. 103 Abs. 1 GG verletze, sondern der Senat zugleich Art. 20a GG missachtet habe, ist die Anhörungsrüge nicht begründet.
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Das Gebot der Gewährung rechtlichen Gehörs verpflichtet das Gericht, den Vortrag der Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und bei der Entscheidungsfindung in Erwägung zu ziehen. Das Gericht ist aber weder gehalten, dem Tatsachenvortrag oder der Rechtsansicht eines Beteiligten auch inhaltlich zu folgen, noch muss es sich in den Entscheidungsgründen mit jedem Vorbringen ausdrücklich befassen. Es kann sich vielmehr auf die Darstellung und Würdigung derjenigen rechtlichen Gesichtspunkte beschränken, auf die es nach seinem Rechtsstandpunkt entscheidungserheblich ankommt. Der Anspruch auf rechtliches Gehör schützt nicht davor, dass ein Gericht den Vortrag eines Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt. Geht ein Gericht auf einzelne Teile des Vorbringens nicht ein, dokumentiert es damit in der Regel zugleich, dass es sie aus verfahrens- oder materiell-rechtlichen Gründen für rechtlich irrelevant hält (vgl. BVerwG, B.v. 15.1.2025 – 5 B 1.25 – juris Rn. 7; B.v. 21.8.2025 – 9 A 14.25 – juris Rn. 3).
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Der Senat hat den Vortrag der Klägerin in der Zulassungsbegründung zu den ökologischen Auswirkungen des Eingriffs (vgl. Zulassungsbegründung vom 6.4.2025 S. 8) geprüft und keinen Fehler des Verwaltungsgerichts in der gerichtlichen Sachverhalts- und Beweiswürdigung nach § 108 Abs. 1 VwGO festgestellt (vgl. Beschluss Rn. 27). Dem Anspruch auf rechtliches Gehör ist damit genügt. Der Vorwurf, der Senat habe die Abwägungspflicht des Art. 20a GG verkannt, begründet ebenfalls keine Verletzung des rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG. Die Klägerin wendet sich damit gegen die Richtigkeit der Entscheidung des Senats, die mit der Anhörungsrüge nicht angegriffen werden kann.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es nicht, da nach Nr. 5400 des Kostenverzeichnisses zum Gerichtskostengesetz (Anlage zu § 3 Abs. 2 GKG) eine streitwertunabhängige Festgebühr anfällt.
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4. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152a Abs. 4 Satz 3 VwGO).