Titel:
Stellenbesetzung, Vorsitzender Richter, Bundespatentgericht;, Anlassbeurteilung;, Periodische Beurteilung;, hinreichend aktuell;, Begründung;, nachgeschoben
Normenketten:
GG Art. 33 Abs. 2
VwGO § 123
Schlagworte:
Stellenbesetzung, Vorsitzender Richter, Bundespatentgericht;, Anlassbeurteilung;, Periodische Beurteilung;, hinreichend aktuell;, Begründung;, nachgeschoben
Fundstelle:
BeckRS 2025, 29098
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert wird auf 28.809,30 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragsgegnerin schrieb am ... August 2024 mehrere Stellen einer juristischen Vorsitzenden Richterin / eines juristischen Vorsitzenden Richters der Besoldungsgruppe R 3 beim Bundespatentgericht aus. Auf diese Stelle bewarben sich unter anderem die Antragstellerin und die Beigeladene.
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Die 1965 geborene Antragstellerin ist seit … September 2011 Richterin am Bundespatentgericht (im Richterverhältnis auf Lebenszeit). Nach zwei Tätigkeiten außerhalb des Bundespatentgerichts ist sie seit ... Januar 2018 wieder durchgehend beim Bundespatentgericht tätig. Eine Regelbeurteilung der Antragstellerin für die Zeit ab September 2011 besteht nicht. Eine Anlassbeurteilung für den Zeitraum … Januar 2017 bis … Mai 2019 (30.10.2019) kam zu einem Gesamtprädikat von „vollbefriedigend, obere Grenze“. Für den Zeitraum … Juni 2019 bis … Juli 2021 befindet sich keine Beurteilung für die Antragstellerin im Beurteilungsakt. Für den Beurteilungszeitraum … August 2021 bis … Juli 2024 erhielt sie von der Präsidentin des Bundespatentgerichts eine weitere Anlassbeurteilung (...2.2025) mit dem Gesamtprädikat „gut, untere Grenze“. Dort ist angegeben, dass sich die Zusammenarbeit mit der Richterin als sehr angenehm gestalte, wozu die durchdachte Art der Argumentation und die tadellosen Umgangsformen sowie ihr Humor beitrügen. Die Zusammenarbeit mit den technischen Kollegen habe sich nach einigen anfänglichen Schwierigkeiten mit einzelnen Kollegen – nach einer Phase des Kennenlernens und einer beiderseitigen Eingewöhnungsphase – bald insgesamt sehr gut und effizient gestaltet und sei in jeder Hinsicht unproblematisch; insbesondere gelinge es der Antragstellerin jederzeit, die technischen Kollegen, trotz des nicht unerheblichen Arbeitsanfalls im Senat, immer zu motivieren. Weiter ist herausgestellt, dass die Richterin zweifelsohne zu den Leistungsträgerinnen des Bundespatentgerichts gehöre. Die Antragstellerin hat gegen diese Anlassbeurteilung Widerspruch erhoben, über den – soweit ersichtlich – noch nicht entschieden ist.
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Die 1972 geborene Beigeladene ist seit … August 2016 Richterin am Bundespatentgericht (im Richterverhältnis auf Lebenszeit). Für den Beurteilungszeitraum ... August 2019 bis … Juli 2022 erhielt die Richterin eine periodische Beurteilung (...7.2023), die mit dem Gesamturteil „gut“ abschließt. Für den Beurteilungszeitraum ... August 2022 bis … Juli 2024 erhielt sie eine Anlassbeurteilung (...12.2024), die mit dem Gesamtprädikat „gut, obere Grenze“ abschließt. Die Richterin gehöre sowohl aufgrund ihrer überragenden Leistungen als Richterin wie auch ihrer besonders hervorragenden Leistungen als Leiterin einer besonders bedeutsamen Verwaltungseinheit des Gerichts zu den Spitzenkräften des Hauses. Sie habe ihre Leistungen gegenüber ihrer letzten Regelbeurteilung erneut weiter steigern können und insgesamt eine ganz erheblich über den durchschnittlichen Anforderungen liegende Leistung erbracht.
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Das Bundespatentgericht schlug mit Besetzungsbericht vom … Februar 2025 vor, eine ausgeschriebene Stelle als Vorsitzende Richterin / Vorsitzender Richter am Bundespatentgericht mit der Beigeladenen zu besetzen. Bei einem Vergleich der Anlassbeurteilungen ergebe sich vom Gesamtprädikat her ein Vorsprung zugunsten dieser Bewerberin, da sie das Prädikat „gut, obere Grenze“ erreiche, die Antragstellerin „gut, untere Grenze“.
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Der Bundesminister der Justiz billigte den Besetzungsvermerk vom ... März 2025 am … März 2025, in dem vorgeschlagen wurde, eine ausgeschriebene Stelle mit der Beigeladenen zu besetzen. Bei einem Vergleich der Anlassbeurteilungen stelle sich die Beigeladene als leistungsstärker als die Antragstellerin dar, da sie in den Anlassbeurteilungen eine höhere Gesamtnote („gut, obere Grenze“) gegenüber der Antragstellerin („gut, untere Grenze“) erreicht habe.
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Die Gleichstellungsbeauftragte hat dem Besetzungsvorschlag am ... März 2025 zugestimmt. Der Präsidialrat beim Bundespatentgericht hat der beabsichtigten Ernennung der Beigeladenen zur Vorsitzenden Richterin am Bundespatentgericht am … April 2025 zugestimmt.
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Die Antragstellerin hat am … April 2025 einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Die Verfügung vom ... Oktober 1999 über die Grundsätze für die Erstellung von Voten sowie das Schreiben vom Juli 1998 der vormaligen Präsidentin des Bundespatentgerichts zu Beurteilungsgrundsätzen seien inhaltlich unklar. Durch die Neufassung von § 21 Abs. 2 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) sei die Bundesregierung ermächtigt worden, eine Verordnung über die nähere Ausgestaltung und den Inhalt der dienstlichen Beurteilungen zu erlassen. Die beim Bundespatentgericht bestehenden Vorgaben zur Erstellung dienstlicher Beurteilungen genügten daher dem von der höchstrichterlichen Rechtsprechung geforderten Gesetzesvorbehalt für dienstliche Beurteilungen nicht. Das Gesamturteil sowohl der Anlassbeurteilung für die Beigeladene wie auch der Antragstellerin sei nicht ausreichend begründet. Es seien im Wesentlichen die Voten der Senatsvorsitzenden wiedergegeben. Es sei nicht begründet, dass die Beurteilerin die Einzelbewertungen gewürdigt und gewichtet habe und diese gegebenenfalls auf unterschiedlichen Senatsmaßstäben bezogenen und in individuell verschiedenen Formulierungen zum Ausdruck kommenden Einzelbewertungen in das differenzierte System für die Gesamturteile überführt habe. Zudem sei die Mehrbelastung der Antragstellerin durch die dauerhafte Vertretung der Vorsitzenden in deren Anlassbeurteilung nicht berücksichtigt worden, in der Anlassbeurteilung für die Beigeladene sei deren Leistungsbereitschaft dagegen ausdrücklich unterstrichen worden. Das mache die Beurteilung unplausibel. Die Antragstellerin habe im Zeitraum vom … Oktober bis … Dezember 2021 einen Senat wegen nicht nur kurzzeitiger, urlaubsbedingter Abwesenheit geführt. Von Februar 2022 bis Juli 2024 habe sie die Senatsvorsitzenden acht Mal in Sitzungen vertreten. Die Antragstellerin habe ebenfalls freiwillig zusätzliche Aufgaben übernommen, was bei ihr aber – anders als bei der Beigeladenen – nicht in der Beurteilung berücksichtigt werde. Das gelte auch für die überproportional durch die Antragstellerin gefertigten „qualifizierten Hinweise“ sowie die durchweg positiven Einschätzungen der dienstlichen Leistungsfähigkeit wie auch der Persönlichkeit der Antragstellerin in den Voten der Senatsvorsitzenden.
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Die Antragstellerin hat beantragt,
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Der Antragsgegnerin wird vorläufig untersagt, eine der die mit Stellenausschreibung vom ... August 2024 ausgeschriebenen Stellen eines Vorsitzenden Richters am Bundespatentgericht mit einem anderen Bewerber zu besetzen, bevor nicht über die Bewerbung der Antragstellerin bestandskräftig entschieden worden ist.
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Die Antragsgegnerin tritt dem Antrag entgegen, ohne einen Antrag zu stellen.
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Die jüngere Rechtsprechung habe die rechtliche Grundlage der Beurteilungen des Bundespatentgerichts auch vor dem Hintergrund des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 7. Juli 2021 (2 C 2.21 – BVerwGE 173, 81 – juris) nicht beanstandet. Für die Antragstellerin sei eine Anlassbeurteilung zu erstellen gewesen, da der Beurteilungszeitraum für die letzte Anlassbeurteilung der Richterin am … Mai 2019 geendet habe. Damit sei diese für die Beförderungsauswahl nicht mehr hinreichend aktuell gewesen. Die Beurteilung für die Antragstellerin sei rechtlich nicht zu beanstanden. Diese in einem Fließtext abgefasste Beurteilung sei auch hinreichend begründet. Die Beurteilerin habe deutlich gemacht, welche Bewertung sie in den einzelnen Aspekten der in den Beurteilungsgrundsätzen formulierten Kriterien vergebe. Dabei habe sie das Merkmal „Auftreten/Zusammenarbeit/Verhalten“ als eher den Anforderungen entsprechend, die übrigen Merkmale als wesentlich besser erfüllt bewertet. Durch die Übernahme der Formulierungen aus den Beurteilungsbeiträgen mache sich die Beurteilerin diese Bewertungen zu eigen und bringe damit eine eigene Bewertung zum Ausdruck. Es seien auch alle wesentlichen Punkte bewertet worden, insbesondere zum Verhandlungsgeschick. Das gelte auch für die Beurteilung der Beigeladenen. Die Leistungsbereitschaft der Antragstellerin sei gesehen worden, ebenso die der Beigeladenen. Da die Antragstellerin in dem Einzelmerkmal „Persönlichkeit/Zusammenarbeit“ leicht hinter einigen anderen Kolleginnen und Kollegen zurückstehe, seien auch die unterschiedlichen Gesamtbewertungen rechtlich nicht zu beanstanden. Es sei auch zu recht für die Beigeladene eine Anlassbeurteilung eingeholt worden. Denn bei Zugrundelegung der periodischen dienstlichen Beurteilung für die Beigeladene wäre es nur zu einer Überschneidung von 12 Monaten mit dem Beurteilungszeitraum der Anlassbeurteilung der Antragstellerin gekommen. Im Übrigen würde es zum selben Auswahlergebnis führen, wenn die periodische Beurteilung für die Beigeladene mit dem Gesamtergebnis „gut“ der Auswahlentscheidung zugrunde gelegt würde.
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Mit Beschluss vom 12. Mai 2025 wurde die ausgewählte Bewerberin zum Verfahren beigeladen. Sie hat keinen Antrag gestellt und sich nicht weiter im Verfahren geäußert.
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Der zulässige Antrag hat keinen Erfolg.
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1. Gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) kann das Gericht auch schon vor Klageerhebung eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung des Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Nach Satz 2 des § 123 Abs. 1 VwGO sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn diese Regelung, vor allem bei dauernden Rechtsverhältnissen, notwendig erscheint, um insbesondere wesentliche Nachteile abzuwenden oder drohende Gewalt zu verhindern. § 123 Abs. 1 VwGO setzt daher sowohl einen Anordnungsgrund, d.h. ein Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes in Form der Gefährdung eines eigenen Individualinteresses, als auch einen Anordnungsanspruch voraus, d.h. die bei summarischer Überprüfung der Sach- und Rechtslage hinreichende Aussicht auf Erfolg oder zumindest auf einen Teilerfolg des geltend gemachten Begehrens in der Hauptsache. Die Antragstellerpartei hat die hierzu notwendigen Tatsachen glaubhaft zu machen.
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2. Der Anordnungsgrund in Form der besonderen Dringlichkeit der begehrten einst-weiligen Anordnung ist gegeben. Das Auswahlverfahren für die streitgegenständliche Stelle ist grundsätzlich abgeschlossen. Eine Ernennung der Beigeladenen steht unmittelbar bevor. Der Bewerbungsverfahrensanspruch der Antragstellerin als übergangene Bewerberin lässt sich nur vor der Ernennung des ausgewählten Konkurrenten mittels einer einstweiligen Anordnung gemäß § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO effektiv sichern, da sich der um eine Stellenauswahl geführte Rechtsstreit mit der endgültigen Besetzung der ausgeschriebenen Stelle erledigt (vgl. BVerfG, B.v. 29.6.2003 – 2 BvR 311/03 – NVwZ 2004, 95). Nach herrschender Auffassung in der Rechtsprechung (BVerwG, U.v. 4.11.2010 – 2 C 16/09 – NVwZ 2011, 358) ist mit der endgültigen anderweitigen Besetzung einer Stelle das Besetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen mit der Folge, dass dem Begehren der Antragstellerin, die Auswahlentscheidung zu ihren Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte, weil der Dienstherr die Ernennung der Beigeladenen in der Regel nicht mehr rückgängig machen könnte.
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3. Die Antragstellerin hat keinen Anordnungsanspruch betreffend die Rechtmäßigkeit der Auswahlentscheidung zugunsten der Beigeladenen glaubhaft gemacht.
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a) Einen Rechtsanspruch auf Übertragung der streitgegenständlichen Stelle hat die Antragstellerin nicht. Ein solcher lässt sich nach herrschender Rechtsprechung nicht aus der Fürsorgepflicht ableiten, die sich auf das vom Beamten bekleidete Amt beschränkt und somit amtsbezogen ist. Die Antragstellerin hat aber einen Bewerbungsverfahrensanspruch, d.h. einen Anspruch darauf, dass der Dienstherr den Dienstposten unter Berücksichtigung des in Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland – Grundgesetz (GG), § 46 des Deutschen Richtergesetzes (DRiG) i.V.m. § 9 des Bundesbeamtengesetzes (BBG) normierten Leistungsgrundsatzes vergibt und seine Auswahlentscheidung nur auf Gesichtspunkte stützt, die unmittelbar Eignung, Befähigung und fachliche Leistung der Bewerber betreffen (vgl. BVerfG, B.v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746 und B.v. 2.10.2007 – 2 BvR 2457/04 – NVwZ 2008, 194).
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Anhand dieser Vorgaben hat der Dienstherr unter mehreren Bewerbern den am besten Geeigneten ausfindig zu machen. Diese Vorgaben dienen zwar vornehmlich dem öffentlichen Interesse an einer bestmöglichen Besetzung von Beamtenstellen (hier: Richterstellen), berücksichtigen aber zugleich das berechtigte Interesse eines Beamten (hier: Richters) an einem angemessenen beruflichen Fortkommen. Ein Bewerber hat daher Anspruch auf rechtsfehlerfreie Anwendung (BVerwG, U. v. 25.8.1988 – 2 C 28/85 – juris; BayVGH, B.v. 25.5.2011 – 3 CE 11.605 – BayVBl 2011, 565; VG München, B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris). Aus der Verletzung dieses Anspruchs folgt zwar regelmäßig nicht ein Anspruch auf Beförderung oder auf Vergabe des begehrten Dienstpostens. Der unterlegene Bewerber kann aber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung beanspruchen, wenn seine Auswahl möglich erscheint (BVerfG, B. v. 26.11.2010 – 2 BvR 2435/10 – NVwZ 2011, 746).
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b) Feststellungen über Eignung, Befähigung und fachliche Leistung von Bewerbern um eine Beförderungsstelle sind in erster Linie auf die aktuellen dienstlichen Beurteilungen zu stützen, denn sie bilden den gegenwärtigen bzw. zeitnah zurückliegenden Stand ab und können somit am besten als Grundlage für die Prognose dafür dienen, welcher der Konkurrenten die Anforderungen der zu besetzenden Stelle voraussichtlich am besten erfüllen wird (BVerwG, B.v. 27.9.2011 – 2 VR 3/11 – NVwZ-RR 2012, 71; vgl. zum Ganzen auch: BayVGH, B.v. 18.6.2012 – 3 CE 12.675 – juris; VG München, B.v. 26.10.2012 – M 5 E 12.3882 – juris; B.v. 24.10.2012 – M 5 E 12.2637 – juris).
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Die Eignung von dienstlichen Beurteilungen als Grundlage für den Bewerbervergleich setzt voraus, dass diese zeitlich aktuell und inhaltlich aussagekräftig sind. Hierfür ist erforderlich, dass sie die dienstliche Tätigkeit im maßgebenden Beurteilungszeitraum vollständig erfassen, auf zuverlässige Erkenntnisquellen gestützt sind, das Leistungsvermögen hinreichend differenziert darstellen sowie auf gleichen Bewertungsmaßstäben beruhen. Die Aktualität dienstlicher Beurteilungen bemisst sich nach dem verstrichenen Zeitraum zwischen dem Beurteilungsstichtag und dem Zeitpunkt der Auswahlentscheidung (ständige Rechtsprechung, vgl. BayVGH, B.v. 5.11.2019 – 3 CE 19.1896 – juris Rn. 13). Nach § 48 Abs. 1 Alternative 2 der Verordnung über die Laufbahnen der Bundesbeamtinnen und Bundesbeamten – Bundeslaufbahnverordnung (BLV), die nach § 46 DRiG entsprechend auf die beteiligten Bewerberinnen als Richter im Bundesdienst anzuwenden sind, können Anlassbeurteilungen (Bedarfsbeurteilungen) erstellt werden, wenn die dienstlichen Verhältnisse es erfordern (zu Beurteilungen der Richter im Bundesdienst: Schmidt-Räntsch, DRiG, 6. Auflage 2009, § 46 Rn. 82 ff.). Das ist insbesondere bei einer bevorstehenden Auswahlentscheidung der Fall (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – ZBR 2020, 35, juris Rn. 41).
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4. Die streitgegenständliche Auswahlentscheidung entspricht diesen Grundsätzen und ist rechtlich nicht zu beanstanden.
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a) Der Auswahlvermerk vom … März 2025 genügt den formellen rechtlichen Anforderungen an die Darstellung der wesentlichen Auswahlerwägungen.
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Aus Art. 33 Abs. 2 GG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG folgt die Verpflichtung des Dienstherrn, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen – deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber ggf. durch Akteneinsicht verschaffen kann – wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber zu befinden, ob er die Entscheidung hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Bewerbungsverfahrensanspruch bestehen. Darüber hinaus eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen (vgl. Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2. Auflage 2018, Anhang 5 Rn. 2; BayVGH, B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – juris Rn. 4; BVerfG, B.v. 9.7.2007 – 2 BvR 206/07 – juris Rn. 22; BVerwG, B.v. 16.12.2008 – 1 WB 19/08 – juris Rn. 35).
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Dort ist auf der Grundlage des ausführlichen Besetzungsberichts der Präsidentin des Bundespatentgerichts dargestellt, dass die Beigeladene auf der Grundlage des Vergleichs der vorliegenden Beurteilungen leistungsstärker als die Antragstellerin einzuschätzen sei.
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b) Die Auswahlentscheidung ist auch materiell-rechtlich nicht zu beanstanden. Das gilt auch mit Blick auf den Umstand, dass für den Leistungsvergleich zwischen der Antragstellerin und der Beigeladenen nicht die Anlassbeurteilung für die Beigeladene vom ... Dezember 2024 für den Beurteilungszeitraum … August 2022 bis … Juli 2024 heranzuziehen ist, sondern die periodische Beurteilung vom ... Juli 2023 für den Beurteilungszeitraum … August 2019 bis … Juli 2022. Denn die periodische Beurteilung war noch hinreichend aktuell. Dieser Fehler wirkt sich allerdings nicht auf das Ergebnis aus. Bei der rechtlich gebotenen Berücksichtigung der periodischen Beurteilung für die Beigeladene vom ... Juli 2023 stellt sich die Beigeladene ebenfalls als leistungsstärkere Bewerberin dar. Darauf hat die Antragsgegnerin zu Recht in ihrem Schriftsatz vom … Juli 2025 (S. 5) hingewiesen.
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aa) Für die Antragstellerin wurde ohne Rechtsfehler eine Anlassbeurteilung eingeholt, da die für die Richterin erstellte Anlassbeurteilung vom … Oktober 2019 für den Zeitraum ... Januar 2017 bis … Mai 2019 nicht mehr hinreichend aktuell war. Entsprechend den vorgelegten „Beurteilungsgrundsätzen“ war aus Anlass der Bewerbung der Antragstellerin um den streitgegenständlichen Dienstposten eine Anlassbeurteilung zu erstellen.
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In den Beurteilungsgrundsätzen des Bundespatentgerichts ist festgelegt, dass eine Regelbeurteilung vom 50. bis vollendetem 55. Lebensjahr nur auf Antrag erfolgt, ab dem 55. Lebensjahr wird eine Beurteilung nur noch auf Antrag im Bedarfsfall abgegeben (z.B. Bewerbung für ein Beförderungsamt oder wenn ein berechtigtes persönliches Interesse geltend gemacht wird). Für die im Jahr 1965 geborene Antragstellerin war daher keine Regelbeurteilung zu erstellen, sondern eine Anlassbeurteilung aus Anlass der Bewerbung um die streitgegenständliche Stelle. Die Anlassbeurteilung für den Zeitraum … Januar 2017 bis … Mai 2019 (vom …10.2019) war zum Zeitpunkt der Auswahlentscheidung am ... März 2025 nicht mehr hinreichend aktuell. Denn seit deren Erstellung sind nahezu fünf Jahre vergangen, womit der dreijährige Turnus für Regelbeurteilungen (weit) überschritten ist. Weiter liegen zwischen dieser Beurteilung und der Stellenausschreibung mehr als 15 Monate, was nach den Beurteilungsgrundsätzen einen weiteren Anlass für die Erstellung einer erneuten Beurteilung darstellen soll.
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bb) Dagegen war es rechtlich fehlerhaft, für die Beigeladene eine Anlassbeurteilung einzuholen, obwohl eine hinreichend aktuelle Regelbeurteilung für sie vorhanden war.
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Die Anlassbeurteilung vom … Dezember 2024 für den Beurteilungszeitraum ... August 2022 bis … Juli 2024 war nach den Beurteilungsgrundsätzen nicht erforderlich. Denn es bestand eine periodische Beurteilung vom ... Juli 2023 für den Beurteilungszeitraum … August 2019 bis … Juli 2022. Diese war nach den Beurteilungsgrundsätzen des Bundespatentgerichts auch für die streitgegenständliche Stellenbesetzung hinreichend aktuell, da zwischen Beurteilung (...7.2023) und Stellenausschreibung (...8.2024) weniger als 15 Monate vergangen sind. Ebenso war der dreijährige Geltungszeitraum noch nicht abgelaufen, da zwischen Erstellung der Beurteilung (bzw. Ablauf des dreijährigen Beurteilungszeitraums) und Auswahlentscheidung (6.3.2025) weniger als drei Jahre lagen (vgl. BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – juris Rn. 33f.; § 46 DRiG i.V.m. § 22 Abs. 1 Satz 2 BBG; BayVGH, B.v. 6.3.2025 – 6 CE 24.1888 – juris Rn. 23). Da auch keine Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass die Beigeladene andere Aufgaben über einen erheblichen Zeitraum wahrgenommen hat (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – BVerwGE 165, 305, juris Rn. 37, 42 f, 45; BayVGH, B.v. 6.3.2024 – 3 CE 23.2302 – juris Rn. 8), war die Anlassbeurteilung vom ... Dezember 2024 nicht erforderlich. Fehlt ein Anlass zur Erstellung einer Anlassbeurteilung, bedarf es nicht nur keiner Anlassbeurteilung, sondern dem Dienstherrn ist der Erlass einer solchen auch verwehrt und sie darf für einen Leistungsvergleich nicht herangezogen werden (BVerwG, B.v. 2.7.2020 – 2 A 6.19 – ZBR 2020, 346, juris Rn. 12; BVerwG, B.v. 7.1.2021 – 2 VR 4/20 – ZBR 2021, 342, juris Rn. 45; BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – NVwZ-RR 2023, 333, juris Rn. 16). Auch wenn aus der vorgelegten Beurteilungsakte kein Antrag der 1972 geborenen Beigeladenen auf Erstellung der periodischen Beurteilung vom … Juli 2023 ersichtlich ist (nach den Beurteilungsgrundsätzen erfolgt eine Regelbeurteilung zwischen dem 50. und 55. Lebensjahr nur auf Antrag), so hat sie sich ausdrücklich mit der Beurteilung einverstanden erklärt. Ein mögliches Fehlen eines Antrags wird durch dieses Einverständnis geheilt. Denn durch diese formale wie inhaltliche Billigung erklärt der Richter, dass diese Beurteilung so in den Personalakt aufgenommen und als Grundlage für einen Leistungsvergleich herangezogen werden darf.
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Für die Beigeladene musste auch nicht deshalb eine Anlassbeurteilung erstellt werden, weil die Antragstellerin eine neue Anlassbeurteilung erhalten hat, nachdem die letzte Beurteilung (Anlassbeurteilung vom …10.2019 für den Zeitraum ...1.2017 bis …5.2019) nicht mehr hinreichend aktuell war. Die Anlassbeurteilung für die Antragstellerin vom … Februar 2025 (Beurteilungszeitraum …8.2021 bis …7.2024) und die Regelbeurteilung für die Beigeladene vom ... Juli 2023 (Beurteilungszeitraum …8.2019 bis …7.2022) sind trotz der divergierenden Beurteilungszeiträume und damit ihrer unterschiedlichen Aktualitätsgrade miteinander vergleichbar.
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Der Umstand, dass die Beigeladene in der Anlassbeurteilung ein um eine Stufe besseres Gesamtergebnis erreicht hat als in der periodischen Beurteilung stellt ebenfalls keinen Grund für die Erstellung einer Anlassbeurteilung dar (BayVGH, B.v. 16.11.2022 – 3 CE 22.1887 – NVwZ-RR 2023, 333, juris Rn. 21 ff.). Aus den vorgelegten Akten ergibt sich vor Erstellung der Anlassbeurteilung auch kein Anhalt dafür, dass die periodische dienstliche Beurteilung der Beigeladenen deren Leistungsvermögen nicht mehr zutreffend zum Ausdruck bringen würde (BayVGH, B.v. 3.2.2015 – 3 CE 14.2848 – juris Rn. 30).
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Auch der Aspekt der unterschiedlichen Beurteilungszeiträume von Anlass- und periodischer Beurteilung bedingen keine Erstellung einer Anlassbeurteilung für die Beigeladene. Die einzelnen Beurteilungszeiträume müssen zwar im Wesentlichen übereinstimmen, weil nur so eine vergleichbare Aussagekraft zu Eignung, Befähigung und Leistung der Bewerber untereinander gewährleistet ist (BayVGH, B.v. 28.6.2002 – 3 CE 02.1282 – juris Rn. 35). Unterschiedliche Aktualitätsgrade der einer Auswahlentscheidung zugrunde zu legenden Beurteilungen sind jedoch in bestimmten Konstellationen zwangsläufig in Kauf zu nehmen. Wird einem Bewerber eine Anlassbeurteilung erteilt, sind nicht allein deshalb für alle Bewerber Anlassbeurteilungen einzuholen (vgl. dazu BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – BVerwGE 165, 305, juris Rn. 57 f.; BayVGH, B.v. 18.9.2020 – 3 CE 20.1849 – juris Rn. 11). Dabei sind auch größere Zeitdifferenzen zwischen einer Regel- und einer Anlassbeurteilung hinzunehmen, solange ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage beider Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach dem Grundsatz der Bestenauslese möglich bleibt (BVerwG, U.v. 9.5.2019, a.a.O., Rn. 59; vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 26.4.2021 – 3 CE 20.3137 – juris Rn. 20). Das gilt vom Sinn und Zweck her auch im vorliegenden Fall, in dem für die periodischen Beurteilungen keine einheitlichen Stichtage, aber einheitliche Zeiträume von drei Jahren festgelegt sind. Auch dieses System darf durch Anlassbeurteilungen nicht unterlaufen werden.
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Die einzelnen Beurteilungszeiträume müssen zwar im Wesentlichen übereinstimmen, weil nur so eine vergleichbare Aussagekraft zur Eignung, Befähigung und Leistung der Bewerber untereinander gewährleistet ist (BayVGH, B.v. 16.10.2023 – 3 CE 23.1070 – juris Rn. 25 m.w.N.). Es gibt aber keinen Rechtssatz, dass dienstliche Beurteilungen hinsichtlich Beurteilungszeitraum und Stichtag stets und „absolut“ gleich sein müssen. Die „höchstmögliche“ Vergleichbarkeit ist ein Optimierungsziel, das immer nur soweit wie möglich angestrebt werden kann (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – BVerwGE 165, 305, juris Rn. 58). Soweit in der obergerichtlichen Rechtsprechung darauf abgestellt wird, dass die Beurteilung jedes Bewerbers auch im Verhältnis zu den Beurteilungen der Mitwerber hinreichend aktuell sein muss (vgl. etwa OVG RhPf, B.v. 2.7.2014 – 10 B 10320/14 – juris Rn. 11 m.w.N.), gilt dies nicht absolut. Richtig daran ist, dass einem Bewerber durch die für ihn erstellte zeitnahe Anlassbeurteilung gegenüber anderen Bewerbern mit Regelbeurteilungen kein deren Bewerbungsverfahrensanspruch tangierender Vorteil dadurch erwachsen darf, dass bei dem Anlassbeurteilten neuere Erkenntnisse in die Beurteilung einfließen konnten. Dabei ist aber zu beachten, dass ein Beurteilungssystem, das nicht nur Regelbeurteilungen, sondern in bestimmten Fallgestaltungen ergänzend Anlassbeurteilungen vorsieht, zwangsläufig unterschiedliche Beurteilungszeiträume und unterschiedliche Aktualitätsgrade der Beurteilungen einer Auswahlentscheidung in Kauf nimmt. Solche Unterschiede sind aus Praktikabilitätsgründen hinzunehmen, solange ein Qualifikationsvergleich auf der Grundlage dieser Beurteilungen ohne ins Gewicht fallende Benachteiligung eines Bewerbers nach Bestenauslesegrundsätzen möglich bleibt (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1.18 – BVerwGE 165, 305, juris Rn. 59; jüngst: BayVGH, B.v. 19.9.2025 – 3 CE 25.1419 – juris Rn. 11).
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Auch wenn die Beurteilungen im Hinblick auf ihren Aktualitätsgrad nicht vollends miteinander vergleichbar sind und der Leistungsvergleich auf dieser Basis für die Beigeladene nachteilig erscheint, weil nur die Beurteilung der Antragstellerin, nicht aber die der Beigeladenen den aktuellen Leistungsstand widerspiegelt, besteht kein hinreichender Anlass, auch für die Beigeladene eine Anlassbeurteilung einzuholen. Wenn sich bei der Mitbewerberin – wie hier der Beigeladenen – weder der Zuschnitt der Aufgaben oder deren Qualität verändert haben noch Anhaltspunkte für eine – dadurch bedingte – ins Gewicht fallende Veränderung in ihrem Leistungsvermögen bestehen, gibt es keinen Grund, auch bei größeren Zeitdifferenzen in der Relation zwischen einer jüngeren Anlassbeurteilung und der letzten Regelbeurteilung die Letztgenannte als für den Leistungsvergleich untauglich – und daher auch unzulässig – anzusehen (BVerwG, U.v. 9.5.2019, a.a.O., juris Rn. 61). Den Beurteilungen ist aufgrund der Länge der Beurteilungszeiträume (jeweils 36 Monate) eine hinreichende Aussagekraft über den Endzeitpunkt des Beurteilungszeitraums beizumessen. Dies gilt insbesondere, da bei der Antragstellerin ein besonderer Aktualisierungsbedarf nicht zutage tritt. Es liegen keine konkreten, fassbaren Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beurteilungen den aktuellen Leistungsstand der Konkurrenten nicht mehr korrekt widerspiegeln würden (vgl. VG München, B.v. 7.10.2024 – M 5 E 24.3948 – juris Rn. 55; BayVGH, B.v. 26.4.2021 – 3 CE 20.3137 – juris Rn. 22). Dementsprechend bedurfte es hier nicht nur keiner Anlassbeurteilung, sondern war der Antragsgegnerin der Erlass einer solchen auch verwehrt (BVerwG, B.v. 7.1.2021 – 2 VR 4.20 – juris Rn. 45; vgl. zum Ganzen: BayVGH, B.v. 6.3.2025 – 6 CE 24.1888 – juris Rn. 23 ff.). Daher ist es rechtlich nicht zu beanstanden, dass ein Überlappungszeitraum von 12 Monaten zwischen Anlassbeurteilung für die Antragstellerin und periodischer Beurteilung für die Beigeladene zugrunde gelegt wird.
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Soweit die Antragsgegnerin auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 12. Oktober 2023 (2 A 7/22 – BVerwGE 180, 292, juris Rn. 11 ff.) verweist, folgt daraus nichts Anderes. Dort ist die Erstellung einer Anlassbeurteilung nur am Rande für den Fall angesprochen, dass nach einer Beförderung der in einer Regelbeurteilung zu beurteilende Zeitraum ausreichend lang bemessen sein muss. Ist der Zeitraum zu kurz, so entfällt die Regelbeurteilung und eine Anlassbeurteilung kann ausnahmsweise erstellt werden, falls bis zum Stichtag der nächsten Beurteilung eine Beurteilung erforderlich wird (BVerwG, U.v. 12.10.2023, a.a.O., Rn. 41). Das betrifft die vorliegende Konstellation nicht, in der weder die Antragstellerin noch die Beigeladene während der Zeiträume der in den Blick zu nehmenden dienstlichen Beurteilungen befördert worden sind.
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cc) Die zugunsten der Beigeladenen getroffene Auswahlentscheidung ist ungeachtet der fehlerhaft dem Leistungsvergleich zugrunde gelegten Anlassbeurteilung für die Beigeladene vom ... Dezember 2024 nicht zu beanstanden. Denn dieser Fehler wirkt sich nicht zugunsten der Antragstellerin aus.
38
Ein Bewerber, dessen subjektives Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt worden ist, kann eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung nur dann beanspruchen, wenn seine Erfolgsaussichten bei einer erneuten Auswahl offen sind, seine Auswahl also nicht nur theoretisch möglich erscheint (vgl. oben). Daran fehlt es, wenn die gebotene wertende Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls klar erkennbar ergibt, dass der Rechtsschutzsuchende auch im Fall einer nach den Maßstäben der Bestenauslese fehlerfrei vorgenommenen Auswahlentscheidung im Verhältnis zu den Mitbewerbern chancenlos sein wird (OVG NW, B.v. 23.7.2024 – 1 B 407/24 – juris Rn. 10 f. m.w.N.; BayVGH, B.v. 24.9.2019 – 6 CE 19.1749 – juris Rn. 17). So liegt der Fall hier. Die dem Leistungsvergleich zugrunde zu legende Regelbeurteilung für die Beigeladene vom ... Juli 2023 schließt mit der Gesamtnote „gut“ ab und übertrifft daher die Note der Beigeladenen in deren Anlassbeurteilung vom ... Februar 2025. Auf der Grundlage des von der Antragsgegnerin zu Recht als maßgebliches Kriterium für den Leistungsvergleich herangezogenen Aspekts der besseren Gesamtnote erscheint eine Entscheidung zugunsten der Antragstellerin realistisch betrachtet auch bei einer erneuten Auswahlentscheidung als ausgeschlossen. Die von der Antragsgegnerin in der Auswahlentscheidung dokumentierten Auswahlerwägungen – der Vorrang der Beigeladenen aufgrund der besseren Gesamtnote (vgl. Bl. 64 ff. der Auswahlakte) – treffen auf den Leistungsvergleich anhand der rechtsfehlerfrei zugrunde zu legenden dienstlichen Beurteilungen der Beteiligten, insbesondere der periodischen Beurteilung für die Beigeladene vom ... Juli 2023, gleichermaßen zu, worauf die Antragsgegnerin in ihrem Schriftsatz vom … Juli 2025 verweist (vgl. zum Ganzen ausdrücklich: BayVGH, B.v. 6.3.2025 – 6 CE 24.1888 – juris Rn. 29 f.).
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dd) Die von Antragstellerseite gegen die dienstlichen Beurteilungen vorgebrachten Argumente bedingen nicht deren Rechtswidrigkeit.
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(1) Die Beurteilungen des Bundespatentgerichts beruhen auf einer rechtlich hinreichend bestimmten Rechtsgrundlage. Mit § 21 BBG in der Fassung des Gesetzes zur Regelung des Erscheinungsbildes von Beamtinnen und Beamten sowie zur Änderung weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom 28. Juni 2021 (BGBl. I S. 2250) und §§ 48 bis 50 der Bundeslaufbahnverordnung (BLV) besteht eine hinreichende normative Grundlage für die Erstellung dienstlicher Beurteilungen auch im Bereich des Bundespatentgerichts (so ausdrücklich: BVerwG, U.v. 7.7.2021 – 2 C 2/21 – BVerwGE 173, 81, juris Rn. 37). Auch die Beurteilungsrichtlinien im Einzelnen („Beurteilungsgrundsätze“) bestimmen die Anlässe, Form und Inhalt der dienstlichen Beurteilungen im Bundespatentgericht in hinreichendem Maße.
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(2) Auch die Begründung der dienstlichen Beurteilungen, insbesondere der Anlassbeurteilung für die Antragstellerin, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Soweit dort die Beurteilungsbeiträge der Senatsvorsitzenden wiedergegeben werden, ist erkennbar, dass die Beurteilerin diese Eindrücke zugrunde legt. Insoweit sind die Beurteilungsvoten von einheitlicher Tendenz (vgl. BayVGH, B.v. 4.4.2024 – 6 CE 24.52 – juris Rn. 20 ff.). Auf Seiten 8 unten und 9 oben der Anlassbeurteilung für die Antragstellerin begründet sie die Bewertung. Dabei werden anfängliche Schwierigkeiten mit einzelnen technischen Kollegen berichtet. Insgesamt wird der Antragstellerin ein hohes fachliches Leistungsniveau bescheinigt, wobei es im Bereich „Persönlichkeit/Zusammenarbeit“ (Nr. 6 der Beurteilungsgrundsätze) kleine Punkte berichtet sind, die das Gesamtbild etwas beeinträchtigen. Das gilt auch mit Blick auf die Gesamteinschätzung, dass die Antragstellerin eine „Leistungsträgerin“ des Gerichts sei. Diese Formulierung drückt die durchweg positiven Einschätzungen in den Voten der Senatsvorsitzenden aus. Dabei ist es Sache der Beurteilerin, mit welchem Gewicht sie die einzelnen Leistungsaspekte mitberücksichtigt. Insoweit ist das Gericht in seiner Überprüfungskompetenz auf bloße Rechtsfehler beschränkt (§ 114 Satz 1 VwGO entsprechend). Wenn diese das positive Gesamtbild leicht beeinträchtigenden Umstände berücksichtigt werden, so ist jedenfalls rechtlich nicht fehlerhaft, dass die Beurteilerin dieses Gesamtbild mit der Stufe „gut – untere Grenze“ bewertet hat. Das hält sich innerhalb des gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraum.
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(3) Soweit die mangelnde Plausibilität hinsichtlich der Beurteilungen der Antragstellerin und der Beigeladenen gerügt wird, so folgt daraus kein Rechtsfehler. Nicht jeder Umstand hinsichtlich der Leistungsbereitschaft muss in die dienstliche Beurteilung aufgenommen werden. Wenn ein bestimmtes einzelnes Leistungsmerkmal als so bedeutsam gesehen wird, dass es in der Beurteilung erwähnenswert erscheint, um dessen besonders gute Erfüllung zu begründen, so ist das Ausdruck des Beurteilungsspielraums. Soweit die Bewertung der Leistungsbereitschaft der Konkurrentinnen voneinander abweicht, so wird damit der der Beurteilerin eingeräumte Beurteilungsspielraum angegriffen. In diesen dürfen die Gerichte nicht eingreifen. Damit werden die Beurteilungen nicht unplausibel. Dabei ist auch darauf zu verweisen, dass für den Leistungsvergleich auf die periodische Beurteilung für die BeigeIadene abzustellen ist. Soweit die Antragstellerin Rügen gegen die Anlassbeurteilung für die Beigeladene erhebt, so sind diese für das vorliegende Verfahren rechtlich nicht relevant.
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5. Die Antragstellerin hat als unterlegene Beteiligte nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen. § 155 Abs. 4 VwGO ist vorliegend nicht anzuwenden, da diese Ausnahmevorschrift zurückhaltend anzuwenden ist (Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Auflage 2022, § 155 Rn. 10). In der nach der neueren Rechtsprechung nicht zulässigen Heranziehung einer nicht erforderlichen Anlassbeurteilung kann kein ins Gewicht fallendes Verschulden gesehen werden, dass die Kostentragungspflicht der Antragsgegnerin rechtfertigen könnte. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten unter Billigkeitsgesichtspunkten selbst, da sie weder einen Antrag gestellt noch sonst das Verfahren gefördert hat (§ 154 Abs. 3, § 162 Abs. 3 VwGO).
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6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 2 Nr. 1, 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Satz 2 bis 4 Gerichtskostengesetz (GKG) – ein Viertel der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen. Die Bezüge für die Antragstellerin würden sich derzeit in dem mit der Stelle verbundenen Amt jährlich auf 115.237,20 EUR belaufen, hiervon ein Viertel (BayVGH, B.v. 3.7.2019 – 3 CE 19.1118 – juris) ergibt 28.809,30 EUR.