Inhalt

VG München, Urteil v. 15.05.2025 – M 11 K 23.2131
Titel:

Verlängerung einer Baugenehmigung, Zuordnung einer geplanten baulichen Anlage zu einem landwirtschaftlichen Betrieb

Normenketten:
BauGB § 35 Abs. 1 Nr. 1
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 1
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5
BauGB § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 7
Schlagworte:
Verlängerung einer Baugenehmigung, Zuordnung einer geplanten baulichen Anlage zu einem landwirtschaftlichen Betrieb
Fundstelle:
BeckRS 2025, 29085

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des vollstreckbaren Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Verlängerung einer Baugenehmigung für eine Pferdebewegungshalle auf dem im Gebiet des Marktes Markt I. (Gemeinde) gelegenen Grundstück Flurnummer 1659 der Gemarkung A. (Vorhabengrundstück).
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Dem Baugenehmigungsverfahren war ein Vorbescheidsverfahren des Klägers vorausgegangen, in dem das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten F. (AELF) mit Schreiben vom … März 2013 Stellung nahm. Bei dem Betrieb handele es sich um einen – nach Angabe des Klägers seit 1985 – an Herrn S. verpachteten Pferdehaltungsbetrieb. Dem Kläger seien bei einem Informationsgespräch die Privilegierungsvoraussetzungen erläutert worden. Im Wesentlichen sei es um Nachhaltigkeit, Flächenausstattung und ein entsprechendes Betriebskonzept gegangen. Am … März 2013 sei dem AELF das Schreiben des Pächters über den Kläger gesandt worden. Bei diesem Schreiben habe es sich lediglich um eine Absichtserklärung ohne konkretes ökonomisches Konzept gehandelt. Die Frage, inwieweit die Tochter in den Pachtvertrag eintrete, sei ebenso wenig beantwortet worden wie die Frage nach der notwendigen Flächenausstattung. Die Privilegierungsvoraussetzungen hätten nicht festgestellt werden können.
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Unter dem ... August 2013 stellte der Kläger für das Vorhabengrundstück einen Bauantrag für den Ersatzbau einer Bewegungshalle für einen bestehenden Pferdepensionsbetrieb. Auf dem Bearbeitungsbogen (Bl. 1 d. A.) wurde vom Landratsamt D. (Landratsamt) angekreuzt, dass das Vorbescheidsverfahren noch laufe. Die Gemeinde erteilte mit Schreiben vom … September 2013 ihr Einvernehmen.
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Mit Bescheid vom … November 2013 erteilte das Landratsamt dem Kläger die Baugenehmigung.
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Mit Schreiben vom … Februar 2017 beantragte der Kläger die Verlängerung der Baugenehmigung. Nachdem die Gemeinde wiederum zustimmend Kenntnis genommen hatte, wandte sich das Landratsamt erneut an das AELF.
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Das AELF antwortete mit Schreiben vom ... Februar 2018, das auf eine beigefügte Stellungnahme des dortigen Fachzentrums Pferdehaltung vom ... Februar 2018 Bezug nahm. In dieser Stellungnahme ist ausgeführt, der Kläger und sein Sohn seien Geschäftsführer eines in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts betriebenen landwirtschaftlichen Ackerbaubetriebes in K. Aktuell würden 174,36 ha bewirtschaftet. Der Kläger sei Eigentümer der Hofstelle in Markt I. Der dortige Pferdepensionsbetrieb sei bis 2016 verpachtet gewesen. Seit dem Auszug des Pächters werde die dortige Hofstelle renoviert und stehe leer. Der Kläger beabsichtige, die dortige Hofstelle mit dem Wohnhaus und einer kleinen landwirtschaftlichen Fläche an einen Pferdehalter zu verpachten. Von der Familie des Klägers sei nicht geplant, dort Arbeiten oder Leistungen für diese Pferdehaltung zu erbringen. Einen Betriebszweig Pferdehaltung im Rahmen des Ackerbaubetriebs des Klägers gebe es derzeit nicht. Das beantragte Bauvorhaben sei zur Vermietung bzw. zur Verpachtung vorgesehen und diene daher nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb. Die Privilegierungsvoraussetzungen seien deshalb nicht gegeben. Der Kläger sei informiert worden, dass das Bauvorhaben nur dann seinem landwirtschaftlichen Betrieb dienen würde, wenn er eine Pensionspferdehaltung auf seine Rechnung auf der Hofstelle in Markt I. betreiben würde.
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Mit Bescheid vom … März 2018 verlängerte das Landratsamt die Baugenehmigung weiter bis zum … Dezember 2019.
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Unter dem ... September 2019 stellte der Kläger einen weiteren Verlängerungsantrag. Die Gemeinde stimmte wiederum zu.
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Mit Schreiben vom … Oktober 2019 und … Dezember 2019 wandte sich das Landratsamt erneut an das AELF.
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Dieses antwortete mit Schreiben vom … Dezember 2019. Die Stellungnahme des Fachzentrums Pferdehaltung vom …02.2018 [richtig:*... 02.2018] sei weiterhin gültig. Ein landwirtschaftlicher Betrieb liege zwar vor, das beantragte Bauvorhaben sei aber zur Vermietung bzw. Verpachtung vorgesehen und diene daher nicht dem landwirtschaftlichen Betrieb des Klägers. Die Privilegierungsvoraussetzungen nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB seien deshalb aus landwirtschaftsfachlicher Sicht nicht gegeben.
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Mit Schreiben vom ... August 2020 und vom … Januar 2023 hörte das Landratsamt den Kläger zur beabsichtigten Ablehnung des Verlängerungsantrags an. Dabei wurde jeweils auf die Auffassung des AELF in dessen Schreiben vom … Dezember 2019 Bezug genommen.
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Der Kläger äußerte sich mit Schreiben vom … Februar 2023. Jede Vermietung scheitere an der nicht vorhandenen Bewegungshalle, die jetzt auf der Hofstelle entstehen solle. Der Kläger bat, mit der Entscheidung zu warten und ihm die Gelegenheit zu geben, das Vorhaben mit einer „Fachperson“ vorzuzustellen.
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Mit Bescheid vom … März 2023 lehnte das Landratsamt den Vorbescheidsantrag ab. Zur Begründung führte es im Wesentlichen aus: Das Vorhaben diene keinem landwirtschaftlichen Betrieb. Das AELF habe zwar bestätigt, dass ein landwirtschaftlicher Betrieb vorliege, jedoch das Vorhaben zur Verpachtung bzw. Vermietung vorgesehen sei, weshalb es dem landwirtschaftlichen Betrieb nicht im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dienen könne. Eine Teilprivilegierung nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB sei auszuschließen, weil nach dieser Vorschrift nur der Ersatzbau eines Wohnhauses zulässig sei. Das Vorhaben sei auch nicht nach § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB teilprivilegiert, weil das Gebäude nicht durch einen Brand, ein Naturereignis oder ein anderes außergewöhnliches Ereignis zerstört worden sei. Das Vorhaben sei nach § 35 Abs. 2 BauGB zu beurteilen. Es würde verschiedene öffentliche Belange beeinträchtigen. Der Flächennutzungsplan weise eine landwirtschaftliche Fläche aus. Die natürliche Eigenart der Landschaft werde beeinträchtigt und die Verfestigung und Erweiterung einer Splittersiedlung sei zu befürchten. Ferner sei die letzte Verlängerung am … September 2019 beantragt worden. Nach Art. 69 Abs. 2 BayBO hätte die Baugenehmigung lediglich für 2 Jahre verlängert werden können, also maximal bis zum ... Dezember 2021. Für den anschließenden Zeitraum liege kein Verlängerungsantrag vor.
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Der Kläger hat am 26. April 2023 Klage erhoben.
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Er bringt zu deren Begründung im Wesentlichen vor: Er sei unverändert zusammen mit seinem Sohn W. Mitinhaber eines in der Rechtsform einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführten landwirtschaftlichen Ackerbaubetriebs in K. mit derzeit 174,36 ha bewirtschafteter Fläche. Der Bauort sei im Flächennutzungsplan als Fläche für die Landwirtschaft dargestellt. Jüngst sei direkt westlich angrenzend die 8. Änderung des Flächennutzungsplans und die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans „Solarpark S. “ beschlossen worden. Die im Jahr 2013 genehmigte Bewegungshalle solle westlich der Hofstelle und Pferdepension des Klägers errichtet werden. Bis zum Jahr 2012 habe sich an selber Stelle bereits eine Bewegungshalle befunden, die im Zuge des Straßenausbaus der Kreisstraße abgerissen worden sei. Die Halle des Klägers finde auch in den aktuellen Planungsvorgängen der Gemeinde Berücksichtigung. Insoweit wurde in der Klagebegründung auszugsweise ein Plan aus einer Bekanntmachung der Gemeinde über den Beschluss, die 8. Änderung des Flächennutzungsplanes im Parallelverfahren mit dem vorhabenbezogenen Bebauungsplan aufzustellen, dargestellt. Das Vorhaben des Klägers sei im Außenbereich nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert. Es sei unstreitig, dass der Betrieb des Klägers ein privilegierter landwirtschaftlicher Betrieb sei. Die beabsichtigte Bewegungshalle diene dem Pferdepensionsbetrieb des Klägers insoweit, als sie dem wetterunabhängigen Auslauf der Pferde der unmittelbar angrenzenden Hofstelle diene. Die beantragte Halle steigere zudem die Attraktivität des Pferdepensionsbetriebs dergestalt, dass sie ein vernünftiger Landwirt anstreben werde. Das Landratsamt argumentiere zu Unrecht, dass die Privilegierung daran scheitere, dass das Vorhaben zur Verpachtung bzw. Vermietung vorgesehen sei. Das Vorhaben sei dazu bestimmt, dem eigenen Betrieb des Klägers zu dienen. Überlegungen des Klägers, die dieser in der Vergangenheit angestellt habe, den Betrieb zusammen mit anderen Landwirten zu führen und hierfür entsprechende vertragliche Konstruktionen zu wählen, könnten hieran nichts ändern. Hilfsweise sei das Vorhaben gemäß § 35 Abs. 2 BauGB zulässig. Das Vorhaben widerspreche nicht den Darstellungen des Flächennutzungsplans, denn das Vorhaben sei in dessen Darstellung vorweggenommen und sei auch zweifelsfrei Teil der landwirtschaftlichen Nutzung. Das Vorhaben beeinträchtige nicht die natürliche Eigenart der Landschaft. Es stehe in unmittelbarem räumlichen und funktionalen Zusammenhang mit dem Pferdepensionsbetrieb. Eine Bewegungshalle für Pferde sei dem Außenbereich nicht wesensfremd. Der Standort direkt an der Kreisstraße sei auch nicht mehr als Erholungsraum für die Allgemeinheit geeignet. Es sei sowohl Wohnbebauung, eine Kreisstraße und die klägerische Pferdepension vorhanden. Zusätzlich habe der Gemeinderat die Aufstellung eines vorhabenbezogenen Bebauungsplans für den Bau einer Photovoltaik-Freiflächenanlage mit 87.000 m² Grundfläche in unmittelbarer Nähe zum klägerischen Bauvorhaben beschlossen. Von einem klassischen „Erholungsraum“ im Außenbereich, der der Allgemeinheit durch die Zulassung des Vorhabens entzogen würde, könne keine Rede sein. Eine Verfestigung oder Erweiterung einer Splittersiedlung sei nicht zu befürchten.
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Der Kläger beantragt,
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den Bescheid des Landratsamts D. vom … März 2023 aufzuheben und
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das Landratsamt D. zu verpflichten, dem Kläger die am ... September 2019 beantragte Verlängerung seiner Baugenehmigung vom … November 2013 für den Ersatzbau eine Bewegungshalle für den bestehenden Pferdepensionsbetrieb auf dem Grundstück Flurnummer 1659 der Gemarkung A. ,
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sowie – vorsorglich – eine weitere Verlängerung bis zum ... Dezember 2023 zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er hat zur Begründung im Wesentlichen die Bescheidsgründe wiederholt.
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Die Kammer hat an 15. Mai 2025 Beweis durch Einnahme eines Augenscheins erhoben und anschließend mündlich verhandelt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf eine weitere Verlängerung der ihm mit Bescheid vom … November 2013 erteilten und mit Bescheid vom … März 2018 bis zum ... Dezember 2019 verlängerten Baugenehmigung.
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1. Rechtsgrundlage für die Verlängerung einer Baugenehmigung ist Art. 69 Abs. 2 BayBO, wonach die Erlöschensfrist der Baugenehmigung auf schriftlichen Antrag jeweils bis zu zwei Jahre verlängert (Art. 69 Abs. 2 Satz 1) und auch eine rückwirkende Verlängerung ausgesprochen werden kann, wenn der Antrag rechtzeitig vor Fristablauf bei der Bauaufsichtsbehörde eingegangen ist (Art. 69 Abs. 2 Satz 2 BayBO). Nach einhelliger Rechtsauffassung gelten für die Verlängerung der Geltungsdauer einer Baugenehmigung die gleichen materiellen Anforderungen wie für die erstmalige Erteilung, ohne dass die Baugenehmigungsbehörde an eine der Erstgenehmigung oder einer früheren Verlängerung zugrundeliegende Rechtsauffassung gebunden wäre (BayVGH, U.v. 17.10.2003 – 2 B 99.2667 – juris Rn. 11; U.v. 27.7.1977 – 399 II 74 – juris Rn. 16; BeckOK BauordnungsR Bayern/Greim-Diroll, BayBO, Art. 69 Rn. 43; Busse/Kraus/Decker, BayBO, Art. 69 Rn. 97; Molodovsky/Famers/Waldmann, BayBO, Art. 69 Rn. 25).
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2. Davon ausgehend kann der Kläger keine Verlängerung der Baugenehmigung beanspruchen. Das unstreitig im Außenbereich liegende Vorhaben muss sich an § 35 BauGB messen lassen. Es ist danach bauplanungsrechtlich unzulässig, weil es weder nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert (nachfolgend a), noch nach § 35 Abs. 4 BauGB teilprivilegiert (nachfolgend b) noch nach § 35 Abs. 2 BauGB ausnahmsweise zulässig ist (nachfolgend c).
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a) Das Vorhaben dient nicht im Sinne des § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB einem konkreten landwirtschaftlichen Betrieb.
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Ein landwirtschaftlicher Betrieb zeichnet sich dadurch aus, dass die drei Produktionsfaktoren Betriebsmittel, menschliche Arbeit und Bodennutzung zu einer organisatorischen Einheit zusammengefasst sind und plangemäß von einem Betriebsleiter eingesetzt werden (Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/Söfker/Kment, BauGB, § 35 Rn. 162 m.w.N.). Daraus wiederum folgt, dass bauliche Anlagen als Betriebsmittel einem bestimmten landwirtschaftlichen Betrieb zugeordnet sein müssen (vgl. Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger/Söfker/Kment, BauGB, § 35 Rn. 235), so dass sich ein Bauantrag, mit dem eine bauliche Anlage für einen landwirtschaftlichen Betrieb genehmigt werden soll, immer auf einen konkreten landwirtschaftlichen Betrieb beziehen muss.
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aa) Im vorliegenden Fall ergibt sich aus der Vorhabensbezeichnung („Bewegungshalle für den bestehenden Pferdepensionsbetrieb“) und dem Umstand, dass der Pferdepensionsbetrieb zum Zeitpunkt der Stellung des Bauantrags im Jahr 2013 nach den vom Kläger nicht bestrittenen Ausführungen des AELF in seinen Stellungnahmen nicht vom Kläger (und seinem Sohn) als Betriebszweig im Rahmen ihres Betriebes, sondern eigenverantwortlich von einem Dritten geführt wurde, dass der Bauantrag darauf abzielte, dass die Pferdebewegungshalle dem eigenständigen Betrieb des Pächters zugeordnet werden sollte und nicht dem davon zu unterscheidenden Betrieb des Klägers und seines Sohnes. Nach den Ausführungen des AELF im Schreiben vom … Februar 2018 existiert der Betrieb des vormaligen Pächters jedoch seit dem Jahr 2016 nicht mehr. Es ist auch nicht so, dass der frühere Betrieb des Pächters vom Kläger und seinem Sohn gleichsam als Betriebszweig übernommen, d. h. fortgeführt worden ist. Nach den erkennbaren Gesamtumständen muss man bei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise vielmehr von einer vollständigen Aufgabe des Pferdepensionsbetriebs des früheren Pächters ausgehen, insbesondere, weil sich am Vorhabenstandort seit 2016 keine Pferde mehr befinden, so dass der gesamte Kundenstamm des früheren Pächters praktisch entfallen ist. Ein Pferdepensionsbetrieb bzw. ein entsprechender Betriebszweig im Rahmen des Betriebs des Klägers müsste am Vorhabenstandort praktisch neu aufgebaut werden.
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bb) Unabhängig davon, ob der Kläger beabsichtigt, im Falle des Neubaus der Halle den neuen Betrieb zu verpachten oder selbst eigenverantwortlich zu führen, wäre ein solcher Pferdepensionsbetrieb jedenfalls ein aliud im Vergleich zu dem damaligen vom Pächter geführten Betrieb, für den der Bauantrag gestellt und für den die Erstgenehmigung erteilt worden ist. Da die geplante Halle zwingend einem konkreten Betrieb zugeordnet sein muss (siehe oben), ändert sich, wenn sie nunmehr einem anderen Betrieb dienen soll, letztlich wohl die Identität des Vorhabens. Es spricht viel dafür, dass unabhängig von den materiellen Anforderungen im Einzelnen eine Verlängerung der Baugenehmigung schon allein aus formalen Gründen ausscheiden dürfte, weil die vom Gesetz vorgesehene Möglichkeit, eine Baugenehmigung zu verlängern, nicht für Fallgestaltungen gedacht ist, in denen sich die Identität des geplanten Vorhabens nach der Erstgenehmigung ändert. In diesen Fällen dürfte ein neuer Bauantrag, kein bloßer Verlängerungsantrag zu stellen sein.
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cc) Letztlich muss dies jedoch nicht entschieden werden. Im vorliegenden Fall fehlt jedenfalls eine aussagekräftige Betriebsbeschreibung, anhand der sich überprüfen lässt, welchem konkreten Betrieb die Bewegungshalle überhaupt dienen soll. Dem Bauantrag aus dem Jahr 2013 war keine Betriebsbeschreibung beigefügt. Der Kläger hat, nachdem der frühere Pächter seinen Betrieb aufgegeben hat, auch keine Betriebsbeschreibung nachgeliefert. Gegenüber dem AELF hat er, wie man der Stellungnahme vom … Februar 2018 entnehmen kann, erwogen, die Hofstelle in S. mit dem Wohnhaus und einer „kleinen“ landwirtschaftlichen Fläche an einen Pferdehalter zu verpachten, wobei nicht geplant war, dass er oder ein anderes Mitglied seiner Familie Arbeitsleistungen für diese Pferdehaltung erbringen sollten. Eine Betriebsbeschreibung, der man entnehmen könnte, an welche konkrete Person die Verpachtung erfolgen sollte, auf welche Pferdeanzahl dieser „Betrieb“ ausgelegt und mit welcher Flächenausstatttung er versehen sein sollte, wurde nicht vorgelegt. Dies genügt offensichtlich nicht, um annehmen zu können, dass der Bau der Halle einem konkreten Pferdepensionsbetrieb dient.
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Soweit der Kläger in der Klagebegründung nunmehr durch seinen Bevollmächtigten ausführen lässt, das Vorhaben sei dazu bestimmt, dem eigenen Betrieb des Klägers zu dienen, führt dies zu keiner anderen Bewertung. Zum einen können bloße Angaben in einer Klagebegründung keine dem Bauantrag beizufügende verbindliche Betriebsbeschreibung ersetzen. Außerdem genügen die insoweit rudimentären Angaben in der Klagebegründung nicht, um annehmen zu können, die Pferdehalle diene einem konkreten Pferdepensionsbetrieb bzw. einem entsprechenden konkreten Betriebszweig im Rahmen des Gesamtbetriebs des Klägers und seines Sohnes. Den Angaben in der Klagebegründung ist insbesondere nicht zu entnehmen, auf welche Pferdeanzahl der „Betrieb“ überhaupt ausgelegt sein soll, wo genau die Pferde eingestellt werden sollen, welche Personen welche Arbeitsleistungen für die Pferdepension erbringen sollen und ob wenigstens eine Person vorhanden ist, die die nötige Sachkunde für den Umgang mit Pferden und den Betrieb einer Pferdepension besitzt. Aus den Akten ist nicht ersichtlich, dass der Kläger oder sein Sohn entsprechende Erfahrungen in diesem Betriebszweig besitzen. Ferner fehlt eine Wirtschaftlichkeitsberechnung. Eine solche ist jedoch erforderlich, wenn ein landwirtschaftlicher Betrieb neu gegründet bzw. ein vorhandener Betrieb (hier: Ackerbau) um einen völlig neuen Betriebszweig (hier: Pferdepension) erweitert werden soll. Insgesamt fehlt es daher an einer ausreichenden Betriebsbeschreibung, welchem konkreten Betrieb die geplante Halle dienen soll.
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b) Das Vorhaben ist nicht teilprivilegiert nach § 35 Abs. 4 BauGB, da es keinem der dort enumerativ genannten Tatbestände unterfällt. § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 BauGB erfasst nur Wohngebäude. Die Anwendung des § 35 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 BauGB scheitert daran, dass das früher vorhandene Gebäude nicht durch Brand, ein Naturereignis oder ein anderes außergewöhnliches Ereignis zerstört worden ist.
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c) Das Vorhaben kann schließlich auch nicht nach § 35 Abs. 2 BauGB genehmigt werden, weil es öffentliche Belange beeinträchtigt.
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Zum einen widerspricht es den Darstellungen des Flächennutzungsplans (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 BauGB), der den Standort des Vorhabens nach den unbestrittenen Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid als Fläche für die Landwirtschaft darstellt. Diese Darstellung im Flächennutzungsplan ist so auszulegen, dass ihr lediglich solche Vorhaben nicht widersprechen, die nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB privilegiert sind. Das ist, wie ausgeführt, nicht der Fall. Der Kläger, der wohl meint, dass es ausreiche, wenn das Vorhaben irgendeinen landwirtschaftlichen Bezug hat – da er einen Widerspruch zu dieser Darstellung für den Fall der fehlenden Privilegierung verneint –, ist nicht folgen.
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Das Vorhaben beeinträchtigt ferner die natürliche Eigenart der Landschaft (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB). Der Vorhabenstandort hat nach dem beim Augenschein gewonnenen Eindruck seine natürliche Außenbereichsfunktion noch nicht verloren. Bei der geplanten Pferdebewegungshalle handelt es sich entgegen der Ansicht des Klägers sehr wohl um eine dem Außenbereich wesensfremde Bebauung, jedenfalls deshalb, weil sie nicht privilegiert ist. Dass sich in der Nähe des Vorhabenstandorts bauliche Anlagen befinden, ändert an dem Umstand, dass die natürliche Eigenart der Landschaft beeinträchtigt ist, nichts. Der Vorhabenstandort ist nicht allseitig von Bebauung umgeben, sondern erscheint als Teil der nach Westen hin offenen freien Landschaft, die von Bebauung frei ist. Der Verweis auf die in der Nähe geplante Freiflächenanlage für Photovoltaik geht schon deshalb ins Leere, weil sie derzeit faktisch nicht vorhanden ist. Unabhängig davon ist der geplante „Solarpark“ nach der vom Kläger vorgelegten bildlichen Darstellung (Seite 4 der Klagebegründung vom 25. August 2023) nicht so situiert, dass eine Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft durch das klägerische Vorhaben zu verneinen wäre.
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Das Vorhaben beeinträchtigt ferner den Belang des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 7 BauGB, weil es die Erweiterung einer Splittersiedlung befürchten lässt. Das Vorhaben nimmt einen vom bisherigen Umgriff der Splittersiedlung S. nicht erfassten Bereich in Anspruch und führt somit zu einer Ausdehnung der Splittersiedlung. Auch wenn es sich nicht um ein Wohngebäude handelt, hat die nicht privilegierte Pferdebewegungshalle, deren Grundfläche bei immerhin bei 290 m² liegt, eine zumindest nicht genau überblickbare negative Vorbildwirkung.
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.