Titel:
Sexueller Kindesmissbrauch beim Chatten – Kurze Freiheitsstrafe
Normenketten:
StGB § 11 Abs. 1 Nr. 6, Abs. 3, § 22, § 47, § 56 Abs. 1, § 74 Abs. 1, § 176b Abs. 1 Nr. 2, § 184b Abs. 3
StPO § 265 Abs. 1, § 267 Abs. 3 S. 2
JGG § 15, § 45
Leitsätze:
1. Eine Strafbarkeit nach dem Unternehmensdelikt des § 184 Abs. 3 Alt. 2 StGB setzt voraus, dass die Tat über das Stadium einer straflosen Vorbereitungshandlung hinausgeht. Maßgeblich ist, ob der Täter nach seiner Vorstellung von der Tat zur Tatbestandsverwirklichung unmittelbar angesetzt hat (§ 22 StGB). (Rn. 7)
2. Eine Tatvollendung nach § 184 Abs. 3 Alt. 2 StGB scheidet allerdings aus, wenn der Taterfolg noch von wesentlichen Zwischenakten der Geschädigten, etwa der Anfertigung und Übersendung verlangter Fotos, abhängt, die dem freien, jedenfalls nicht vorhersehbaren Willen des Tatopfers unterliegen. In diesem Fall kann jedoch eine Strafbarkeit wegen Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 b Abs. 1 Nr. 2 StGB in Betracht kommen (Anschl. an BGH, Urt. v. 11.10.2023 – 2 StR 96/23 bei juris = BeckRS 2023, 47798). Insoweit genügt bereits das Einwirken auf ein Kind mittels Inhalten i. S. d. § 11 Abs. 3 StGB in der Absicht, eine Tat nach § 184 b Abs. 3 StGB zu begehen. (Rn. 8 und 11)
3. Auch im Falle des § 47 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 StGB erfordert die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe nach § 267 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz StPO eine Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit. Dies gilt erst recht, wenn neben der kurzen Freiheitstrafe eine positive Kriminalprognose i.S.v. § 56 Abs. 1 StGB bejaht wird. (Rn. 16)
4. Wurde von der Verfolgung nach § 45 Abs. 2 oder Abs. 3 JGG abgesehen oder das Verfahren nach § 47 JGG eingestellt, steht einer strafschärfenden Wertung dieser Voreintragungen im Erziehungsregister als ‚einschlägige Vorverurteilungen‘ oder ‚Vorstrafen‘ entgegen, dass sie mit keiner, die Unschuldsvermutung folglich unberührt lassenden Schuldfeststellung verbunden sind. (Rn. 23 und 24)
Schlagworte:
Revision, Sprungrevision, Sachrüge, Schuldspruchänderung, Freiheitsstrafe, kurz, Geldstrafe, Einziehung, Missbrauch, sexuell, Kind, Vorbereitungshandlung, kinderpornographisch, Inhalte, Sichverschaffen, Snapchat, chatten, Abbildung, Nacktfoto, Intimfoto, Unterwäsche, Geschlechtsmerkmale, Unternehmensdelikt, Versuch, Ansetzen, Vollendung, Tatentschluss, Tatplan, Absicht, Willensimpuls, Zwischenakt, Mitwirkungshandlung, Mitwirkungsbereitschaft, Willensfreiheit, Weigerung, Rechtsgutsgefährdung, Ungewissheit, Drohung, Verbreitung, Zwangslage, Einwirken, Strafzumessung, Strafzumessungsgründe, Gesamtwürdigung, Begründungsmangel, Tatumstände, Tatpersönlichkeit, Kriminalprognose, Einwirkung, Unerlässlichkeit, Geständnis, Vorstrafen, Vorahndungen, Verfahrenseinstellung, Schuldfeststellung, Erziehungsmaßregel, Zuchtmittel, Kurzbezeichnung, Freizeitarrest, Weisung, Geldauflage, Warnwirkung, Tatmittel, Ermessensausübung, Chatten, Kinderpornographie, sexuellen Kindesmissbrauch, kurze Freiheitsstrafe, Unschuldsvermutung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 2873
Tenor
I. Auf die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts vom 24. September 2024 wird das angefochtene Urteil
1. im Schuldspruch dahin abgeändert, dass der Angeklagte der Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176b Abs. 1 Nr. 2 StGB schuldig ist,
2. im Strafausspruch sowie im Ausspruch über die Einziehung des sichergestellten Mobiltelefons mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben.
II. Im Umfang der Aufhebung (Ziffer I. 2.) wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts zurückverwiesen.
III. Die weitergehende Revision wird als unbegründet verworfen.
Gründe
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Das Amtsgericht (Strafrichterin) hat den zur Tatzeit 21-jährigen-Angeklagten am 24.09.2024 wegen Sichverschaffens kinderpornographischer Inhalte zur „Gesamtfreiheitsstrafe“ von vier Monaten verurteilt, deren Vollstreckung es zur Bewährung aussetzte; daneben hat es die Einziehung des als Tatmittel verwendeten Smartphones angeordnet. Gegen diese Verurteilung wendet sich der Angeklagte mit seiner Sprungrevision, mit der er die Verletzung sachlichen Rechts, insbesondere die Festsetzung einer den Begründungs- und Darstellungsanforderungen des § 47 Abs. 1 StGB nicht genügenden kurzen Freiheitsstrafe, rügt. Mit Zuleitungsschrift vom 07.01.2025 beantragt die Generalstaatsanwaltschaft die Verwerfung der Revision als unbegründet (§ 349 Abs. 2 StPO). Die hierzu abgegebene Gegenerklärung der Verteidigung vom 27.01.2025 lag dem Senat vor.
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Die Nachprüfung des Urteils aufgrund der statthaften (§ 335 StPO), innerhalb der Begründungsfrist des § 345 Abs. 1 StPO als Revision bezeichneten und unter Anbringen der Revisionsanträge mit der ausgeführten Sachrüge begründete (Sprung-) Revision führt neben der aus Ziffer I. 1. der Beschlussformel ersichtlichen Änderung des Schuldspruchs, über die der Senat entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst entscheiden kann, zur Aufhebung der erkannten (Einzel) Freiheitsstrafe nebst Einziehungsanordnung und in diesem Umfang zur Zurückverweisung an das Amtsgericht (§ 349 Abs. 4 StPO). Die weitergehende Revision ist unbegründet im Sinne von § 349 Abs. 2 StPO.
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1. Nach den Feststellungen des Amtsgerichts chattete der Angeklagte seit spätestens 02.08.2023 unter Verwendung eines Smartphones über die Plattform ‚Snapchat‘ unter seinem Profilnamen mit der am 20.04.2011 geborenen Geschädigten. Die Geschädigte war zum Zeitpunkt des Chats 12 Jahre alt, was sie dem Angeklagten auch mitgeteilt hatte. Zudem hatte sie dem Angeklagten zu Beginn des Chats Fotos von sich zugesandt, aus denen ihr kindliches Alter erkennbar war. Auch wenn dem Angeklagten eine Überprüfung des Alters konkret nicht möglich war, nahm er billigend in Kauf, dass es sich bei seiner Chatpartnerin um ein 12 Jahre altes Kind handelte. Am 02.08.2023 fragte der Angeklagte, ob diese auch „sexy Bilder“ von sich habe, die außer ihm niemand sehen und von ihm „versprochen“ nicht gespeichert würden. Auf die Nachfrage, was „sexy“ für ihn bedeute, antwortete der Angeklagte: „So nacktmäßig oder Unterwäsche Bilder“. Nachdem dies die Geschädigte abgelehnt hatte, fragte der Angeklagte, ob die Geschädigte ihm ein Bild schicken könne, auf welchem sie die „Beine breit“ mache und ob das für sie okay sei oder – etwas später – „halt […] andere sexy Bilder von dir“. Der Angeklagte wollte hierdurch die Übersendung von Abbildungen der Geschlechtsmerkmale seiner Chatpartnerin erreichen, wobei ihm bewusst war, dass er alles ihm Mögliche getan hatte, um diese zur Übersendung von Bildern an ihn zu bewegen und es lediglich von den Handlungen des Kindes abhing, ob dieses die von ihm geforderten Bilder auf sein mobiles Endgerät übermittelt. Das Mädchen ging jedoch nicht auf die Aufforderung ein und übersandte die geforderten Fotos nicht.
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Aufgrund dieser rechtsfehlerfrei getroffenen Feststellungen hat sich der Angeklagte abweichend von der rechtlichen Subsumtion des Amtsgerichts nicht wegen Unternehmens des Sichverschaffens kinderpornografischer Inhalte nach der durch Art. 1 Nr. 2b des Gesetzes zur Anpassung der Mindeststrafen des § 184b Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 StGB vom 24.06.2024 (BGBl. 2024 I Nr. 213) im Strafrahmen gemilderten Strafbewehrung des § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB nF, sondern wegen Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176b Abs. 1 Nr. 2 StGB schuldig gemacht.
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a) Nach § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB wird mit Freiheitsstrafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren bestraft, wer „es unternimmt“, sich einen kinderpornographischen Inhalt, der ein tatsächliches oder wirklichkeitsnahes Geschehen wiedergibt, „zu verschaffen“.
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aa) Zwar wird durch die Ausgestaltung des § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB als sog. Unternehmensdelikt im Sinne von § 11 Abs. 1 Nr. 6 StGB der Versuch der Tatvollendung gleichgestellt und damit eine Vorverlagerung von an sich nicht über das Versuchsstadium hinausgehender Tathandlungen als tatbestandlich ‚vollendetes‘ Unternehmen bewirkt. Auch erfordert § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB, nicht anders als z.B. der Tatbestand nach § 176a Abs. 1 Nr. 2 StGB (hierzu BGH, Urt. v. 11.10.2023 – 2 StR 96/23 bei juris = BeckRS 2023, 47798), keine räumliche Anwesenheit des Täters. Zur Tatbestandserfüllung reicht es vielmehr aus, wenn das Opfer auf Veranlassung des Täters auch ohne dessen (körperliche) Anwesenheit eine optische und/oder akustische Aufzeichnung sexueller Handlungen vornimmt.
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Voraussetzung für eine Strafbarkeit bleibt indes, dass die Tat über das Stadium der bloßen und weiterhin grundsätzlich straflosen Vorbereitungshandlung hinausgeht, wobei für die Abgrenzung zu Vorbereitungshandlungen die allgemeinen Regeln gelten. Abzustellen ist darauf, ob der Täter im Sinne des § 22 StGB nach seiner Vorstellung von der Tat zur Verwirklichung des Tatbestandes unmittelbar angesetzt hat, während ein ‚Versuch des Unternehmens‘ begrifflich ausgeschlossen ist (st.Rspr., vgl. u.a. BGH, Beschluss vom 16.07.2015 – 4 StR 219/15 bei juris = BGHR StGB § 176 Abs. 4 Nr 3 Einwirken 1 = BeckRS 2015, 14775 [zu § 184b Abs. 4 Satz 1 StGB aF]; Fischer StGB 72. Aufl. § 11 Nr. 28 f. m.w.N.). Ein unmittelbares Ansetzen in diesem Sinne liegt demgemäß bei Handlungen des Täters vor, die nach seiner Vorstellung in ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führen oder mit ihr in einem unmittelbaren räumlichen und zeitlichen Zusammenhang stehen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Täter subjektiv die Schwelle zum ‚Jetzt geht es los‘ überschreitet, es eines weiteren Willensimpulses nicht mehr bedarf und er objektiv zur tatbestandsmäßigen Angriffshandlung ansetzt, so dass sein für sich noch nicht tatbestandsmäßiges Tun ohne Zwischenakte in die Erfüllung des Tatbestandes übergeht, wobei auf die strukturellen Besonderheiten des jeweiligen Tatbestandes Bedacht zu nehmen ist (st.Rspr.; vgl. z.B. BGH, Urt. v. 17.03.2022 – 4 StR 223/21 bei juris = Kriminalistik 2022, 367 = NJW-Spezial 2022, 313 = StV 2023, 307 = BeckRS 2022, 7965 u. Urt. v. 11.10.2023 – 2 StR 96/23 [a.a.O.], jeweils m.w.N.). Nicht als Zwischenakte in diesem Sinne anzusehen sind Handlungen, die wegen ihrer notwendigen Zusammengehörigkeit mit der Tathandlung nach dem Plan des Täters als deren Bestandteil erscheinen, weil sie an diese zeitlich und räumlich angrenzen und mit ihr im Falle der Ausführung eine natürliche Einheit bilden. Dies kann im Einzelfall auch für ein notwendiges Mitwirken des Opfers gelten (vgl. neben BGH, Urt. v. 11.10.2023 – 2 StR 96/23 u. 17.03.2022 – 4 StR 223/21 [jeweils a.a.O.] u.a. schon Urt. v. 30.04.1980 – 3 StR 108/80 bei juris = NJW 1980, 1759 = BeckRS 1980, 109073 u. Beschluss vom 16.07.2015 – 4 StR 219/15 [a.a.O.]). Maßgebliche Kriterien für die Beurteilung im Einzelfall sind u.a. die Dichte des Tatplans und der Grad der Rechtsgutsgefährdung (BGH, Urt. v. 11.10.2023 – 2 StR 96/23; 17.03.2022 – 4 StR 223/21 [jeweils a.a.O.] u. 16.09.2015 – 2 StR 71/15 bei juris = BGHR StGB § 22 Ansetzen 39, jeweils m.w.N).
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bb) Gemessen hieran rechtfertigen die Feststellungen des Amtsgerichts noch nicht die Wertung einer Strafbarkeit des Angeklagten nach § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB. Denn eine Tatvollendung im Sinne eines Überschreitens der Schwelle zum Versuch hing für den Angeklagten erkennbar noch von wesentlichen Zwischenakten der Geschädigten, nämlich der tatsächlichen Anfertigung und Übersendung der von ihr verlangten Fotos, ab, die ihrem freien, jedenfalls nicht vorhersehbaren Willen unterlagen, mag der Angeklagte auch aus seiner Warte bereits alles hierzu erforderliche getan haben (zur Abgrenzung im Einzelfall vgl. z.B. BGH, Beschluss vom 11.05.2021 – 5 StR 42/21 bei juris = NStZ-RR 2021, 335 = BeckRS 2021, 28509 [noch kein unmittelbares Ansetzen und damit kein versuchter sex. Missbrauch Jugendlicher allein durch Angebot von Oralverkehr gegen Entgelt]; Urt. v. 10.10.2013 – 4 StR 258/13 bei juris = BGHSt 59, 28 = StV 2014, 413 = BeckRS 2013, 18827 [noch kein versuchter sex. Missbrauch Jugendlicher allein durch Aufsuchen der zur Tatbegehung vorgesehenen Örtlichkeit, da das Tatopfer noch nicht in den Zugriffsbereich des Angeklagten gelangt und die Vornahme des Oralverkehrs am Opfer nach den Vorstellungen des Angeklagten von dessen Bereitschaft abhängig war, sich auf das sexuelle Ansinnen einzulassen]; Beschluss vom 27.09.2011 – 4 StR 454/11 bei juris = BGHR StGB § 176 Abs. 1 Versuch 1 = BeckRS 2011, 25183 [noch kein unmittelbares Ansetzen zum sexuellen Missbrauch eines Kindes durch Aufforderung des Angeklagten auf offener Straße, seinen Penis anzufassen]; 02.11.2021 – 6 StR 485/21 bei juris = BeckRS 2021, 37667 [erfolgloses „fernschriftliches“ Geldangebot an 13-jährige Geschädigte für ein Entkleiden während eines Videotelefonats] u. 21.11.2023 – 4 StR 72/23 bei juris = NStZ-RR 2024, 123 = BeckRS 2023, 44060 [noch kein versuchter sex. Missbrauch eines Kindes durch Vornahme eines Zungenkusses, wenn völlig ungewiss bleibt, ob sich das Kind hierdurch auf weitere sexuelle Ansinnen des Täters einlässt].
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Diese noch ausstehenden notwendigen Mitwirkungshandlungen auf Seiten seiner kindlichen Chatpartnerin stünden der Annahme als wesentliche Zwischenakte und damit der Anerkennung eines unmittelbaren Ansetzens zur Tatbestandsverwirklichung nur dann nicht entgegen, wenn es sich bei ihnen letztlich nur noch um untergeordnete, nach der Vorstellung des Angeklagten bei ungestörtem Fortgang unmittelbar zur Tatbestandserfüllung führende Mitwirkungshandlungen gehandelt hätte. Eine derartige Annahme kann dann naheliegen, wenn mit einer Verweigerung einer weiteren Mitwirkung nach Lage der Dinge aus Sicht des Angeklagten nicht mehr ernsthaft zu rechnen war, etwa weil er sich die Willensfreiheit seiner Chatpartnerin einschränkender weiterer Umstände bewusst gewesen war. In Betracht kommen dabei beispielsweise eine im Raum stehende – ggf. im Rahmen einer drängend-manipulativen Vorgehensweise – Drohung oder ausdrückliche Androhung, bereits erlangte Intim- bzw. Nacktfotos im Weigerungsfalle zu veröffentlichen oder sonst zu verbreiten (BGH, Urt. v. 11.10.2023 – 2 StR 96/23 [a.a.O.] u. 20.11.2024 – 2 StR 170/24 bei juris = BeckRS 2024, 39027) oder vergleichbare – z.B. eine finanziell-prekäre Zwangslage auf Opferseite – Umstände. Solche sind indes gerade nicht festgestellt, weshalb das weitere Geschehen noch von einer völlig ungewissen Mitwirkungsbereitschaft der Chatpartnerin des Angeklagten abhing. Diese Sicht wird zusätzlich dadurch belegt, dass die Geschädigte schon die anfängliche Aufforderung des Angeklagten, ihm Nackt- oder Unterwäschebilder bzw. andere „sexy Bilder“ von sich zu übersenden, direkt ablehnte.
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Unter diesen Umständen durfte das Amtsgericht deshalb noch nicht von einem unmittelbaren Ansetzen zur Tatbestandsverwirklichung ausgehen, weshalb eine Strafbarkeit nach § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB ausscheidet.
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b) Nach den vom Amtsgericht getroffenen Feststellungen ist das Vorgehen des Angeklagten jedoch als Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176 b Abs. 1 Nr. 2 StGB zu würdigen (vgl. BGH Urt. v. 11.10.2023 – 2 StR 96/23 a.a.O. [Rn. 12, 36]). Die mit dem Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder vom 16.06.2021 geschaffene und im Vergleich zur Vorgängerregelung in § 176 Abs. 4 Nr. 3 StGB leicht veränderte Vorschrift regelt die Strafbarkeit von Tathandlungen, die der Vorbereitung sexualisierter Gewalt gegenüber Kindern dienen (BT-Drs. 19/23707 S. 39). Sie soll Kinder davor schützen, dass ihre Persönlichkeitsrechte durch die Herstellung und Weitergabe kinderpornographischer Abbildungen missachtet werden (LK/Hörnle StGB 13. Aufl. § 176 b Rn. 1). Insoweit genügt bereits das Einwirken auf ein Kind mittels Inhalten i. S. d. § 11 Abs. 3 StGB, die auch durch Informations- oder Kommunikationstechnik übertragen werden können, in der Absicht, eine Tat nach § 184 b Abs. 3 StGB zu begehen. Damit werden – wie hier – vor allem Taten im Vorfeld der Herstellung kinderpornografischer Inhalte einschließlich sämtlicher Qualifizierungen erfasst (BeckOK/Ziegler StGB [Stand: 01.11.2024] § 176b Rn. 4, 5). Vollendet ist die Tat schon, wenn das Kind den Inhalt der Schrift zur Kenntnis genommen hat, unabhängig davon, ob es in der vom Täter gewünschten Weise reagiert oder nicht (LK/Hörnle a.a.O. Rn. 9).
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Bereits mit der ausdrücklichen Anforderung von Nacktbildern mit Fokus auf den Intimbereich der Geschädigten lag deshalb hier ein bewusstes Einwirken i. S. d. § 176 b Abs. 1 Nr. 2 StGB und damit eine vollendete Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern vor.
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c) Die infolge des ausgeführten Rechtsfehlers gebotene Änderung des Schuldspruchs wegen Vorbereitung des sexuellen Missbrauchs von Kindern gemäß § 176b Abs. 1 Nr. 2 StGB kann der Senat – wie aus Ziffer I. 1. der Beschlussformel ersichtlich – entsprechend § 354 Abs. 1 StPO selbst vornehmen. § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil auszuschließen ist, dass sich der hinsichtlich des von der Anklage erfassten Tatgeschehens uneingeschränkt geständige Angeklagte für diesen Fall anders oder gar erfolgreicher als geschehen verteidigt hätte.
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2. Demgegenüber kann – wie die Revision im Ergebnis zu Recht beanstandet – der Strafausspruch unabhängig von dem § 184b Abs. 3 Alt. 2 StGB entsprechenden Strafrahmen des § 176b Abs. 1 Nr. 2 StGB keinen Bestand haben. Die Strafzumessungsgründe des Amtsgerichts leiden an einem durchgreifenden sachlich-rechtlichen Begründungsmangel im Rahmen der einschlägigen Bestimmung des § 47 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 StGB i.V.m. § 267 Abs. 3 Satz 2, 2. Halbsatz StPO, der den Senat zur Aufhebung des Strafausspruchs und in diesem Umfang zur Zurückverweisung an das Amtsgericht zwingt.
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a) § 47 StGB ist Ausdruck der gesetzgeberischen Entscheidung, dass die Verhängung kurzer Freiheitsstrafen nur im Ausnahmefall in Betracht kommt. Eine Freiheitsstrafe unter sechs Monaten statt einer (möglichen) Geldstrafe darf nur verhängt werden, wenn besondere Umstände entweder in der Tat oder in der Persönlichkeit des Täters gegeben sind.
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Die Entscheidung über die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe erfordert deshalb auch in den Fällen des § 47 Abs. 2 Satz 1 StGB eine Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit. Die Freiheitsstrafe muss nach einer Gesamtwürdigung der die Tat und Täterpersönlichkeit kennzeichnenden Umstände unerlässlich sein. Mit Blick auf diesen Ausnahmecharakter erfordert die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe jedoch eine eingehende und nachvollziehbare Begründung, aus der sich ergeben muss, aufgrund welcher konkreten Umstände sich die Tat oder der Täter derart von dem Durchschnitt solcher Taten oder dem durchschnittlichen Täter abhebt, dass auf eine Freiheitsstrafe ausnahmsweise nicht verzichtet werden kann. Bejaht das Tatgericht überdies – wie hier – eine positive Kriminalprognose i.S.v. § 56 Abs. 1 StGB, bedarf es grundsätzlich einer eingehenden Darlegung und Würdigung der Gründe, welche die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe zur Einwirkung auf den Täter (dennoch) unentbehrlich machen (zu den im Anwendungsbereich des § 47 StGB geltenden Begründungs- und Darlegungsanforderungen aus der neueren Rspr. u.a. BGH, Beschluss vom 07.08.2024 – 3 StR 313/24 bei juris = BeckRS 2024, 23135; 19.09.2023 – 6 StR 398/23 bei juris = NStZ-RR 2024, 22 = BeckRS 2023, 33414; BayObLG, Beschluss vom 30.10.2024 – 206 StRR 373/24 bei juris = BeckRS 2024, 29997; Urt. v. 20.09.2023 – 207 StRR 208/23 bei juris = BeckRS 2023, 25491; OLG Celle, Beschluss vom 07.08.2023 – 3 ORs 42/23 bei juris = BeckRS 2023, 22688; OLG Zweibrücken, Beschluss vom 13.01.2022 – 1 OLG 2 Ss 66/21 bei juris = NStZ-RR 2022, 111 = BeckRS 2022, 399 u. KG, Beschluss vom 21.10.2021 – [5] 121 Ss 61/21 [26/21] bei juris = BeckRS 2021, 55943 = StraFo 2022, 365 = OLGSt StGB § 17 Nr 4, jeweils m.w.N.).
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b) Allein die Formulierung, wonach das Amtsgericht eine „kurze Freiheitsstrafe“ als schuld- und tatangemessen für unerlässlich gehalten hat, lässt auch angesichts einer Gesamtschau der Urteilsgründe (vgl. hierzu z.B. BGH, Urt. v. 08.04.2004 – 3 StR 465/03 bei juris = NStZ 2004, 554 = wistra 2004, 263 = BeckRS 2004, 4559) aufgrund der knappen Zumessungsgründe nicht den Schluss zu, dass sich das Amtsgericht der besonderen Begründungs- und Darstellungserfordernisse tatsächlich bewusst gewesen ist.
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Zwar muss auch im Anwendungsbereich des § 47 Abs. 2 Satz 1 i.V.m. Abs. 1 StGB die Strafe in einem angemessenen Verhältnis zum begangenen Tatunrecht nach Maßgabe der Schwere der Tat und des Grads der persönlichen Schuld des Täters stehen (BGH, Beschluss vom 12.12.2023 – 1 StR 16/23 bei juris = NStZ 2024, 476 = NStZ-RR 2024, 108 = BeckRS 2023, 41631 u. 19.09.2023 – 6 StR 398/23 bei juris = NStZ-RR 2024, 22 = BeckRS 2023, 33414; vgl. auch schon BGH, Beschluss vom 15.04.2014 – 2 StR 626/13 bei juris = StV 2014, 611 = BGHR StGB § 46 Abs. 2 Zumessungsfehler 4 = BeckRS 2014, 12418; ferner Fischer StGB a.a.O. § 47 Rn. 13 a.E. u. Schäfer/Sander/van Gemmeren, Praxis der Strafzumessung, 7. Aufl., Rn. 156 ff., jeweils m.w.N.), bedarf aber einer besonderen Begründung dafür, warum das Tatgericht anstelle einer Geldstrafe die Verhängung einer ‚kurzen‘ Freiheitsstrafe unter sechs Monaten für unerlässlich gehalten hat.
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c) Diesen Anforderungen werden die sich auf wenige Zeilen beschränkenden Zumessungsgründe schon im Ansatz nicht gerecht, zumal das Amtsgericht ausdrücklich strafmildernd zu Gunsten des Angeklagten gewichtet hat, dass er sich „bereits von Anfang an vollumfänglich geständig gezeigt“, auch „im Verfahren mitgewirkt hat, indem er […] sein Mobiltelefon und […] auch die PIN der Polizei mitgeteilt hat“ und „sich die Tat hier am untersten Rand dessen befindet, was sich der Gesetzgeber vorgestellt hat“.
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d) Schließlich drängt sich die Unerlässlichkeit der Festsetzung einer Freiheitsstrafe für den Senat auch nicht deshalb in nachvollziehbarer Weise auf, weil nach der pauschalen Wertung des Amtsgerichts „zu Lasten des Angeklagten […] zu berücksichtigen gewesen sei, dass er bereits mehrfach und auch einschlägig vorbestraft ist“.
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aa) Aus den nur kursorischen Feststellungen des Amtsgerichts zur Vorahndungslage ergibt sich neben Kurzbezeichnungen des jeweiligen Tatvorwurfs nur, dass gegen den Angeklagten im Jahre 2017 ein Freizeitarrest angeordnet und in den Jahren 2021 und 2022 jeweils von der Verfolgung nach § 45 Abs. 2 JGG bzw. § 45 Abs. 3 JGG nach Erteilung einer gerichtlichen Weisung abgesehen wurde, und zuletzt ein weiteres Verfahren wegen Diebstahls mit einer seit dem 09.08.2024 rechtkräftigen Geldauflage nach § 15 JGG geahndet wurde. Darlegungen zu den diesen jugendrechtlichen Verfahren jeweils zu Grunde liegenden konkreten Taten und Sachverhalten oder den Gründen für deren Ahndung oder Nichtahndung fehlen vollständig. Dem Senat, dem für die sachlich-rechtliche Nachprüfung nur die Urteilsgründe zur Verfügung stehen, ist damit eine revisionsgerichtliche Nachprüfung der nach § 47 StGB gebotenen Gesamtwürdigung aller die Tat und den Täter kennzeichnenden Umstände verwehrt. Der pauschale, anhand der Urteilsgründe jedoch nicht belegte Hinweis auf ‚einschlägige Vorstrafen‘ lässt stattdessen besorgen, dass das Amtsgericht die Verhängung einer Geldstrafe mit Blick auf den Schuldspruch schlechthin, d.h. ohne dem Einzelfall gerecht werden zu müssen, für ausgeschlossen gehalten hat.
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bb) Wird die Unerlässlichkeit einer kurzen Freiheitsstrafe im Sinne des § 47 StGB mit ‚einschlägigen Vorverurteilungen‘ begründet, sind die berücksichtigten Vorstrafen deshalb in den Urteilsgründen regelmäßig darzustellen. Allein der – überdies nicht selten unzutreffenden -Tatbezeichnung lässt sich nicht entnehmen, ob dem Angeklagten anlässlich der Vortaten vergleichbar gewichtige Sachverhalte zur Last lagen (BayObLG, Beschluss vom 30.10.2024 – 206 StRR 373/24 [a.a.O.] m.w.N.).
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cc) Hinzu kommt, dass es sich in den Fällen, in denen von einer Verfolgung nach § 45 JGG abgesehen wurde, weder um Vorstrafen noch um jugendgerichtliche Ahndungen handelt. Denn mit der jeweiligen Verfahrensweise ist keine Feststellung der Schuld verbunden. Zwar ist es dem Tatgericht prinzipiell nicht verwehrt, strafschärfend (ebenfalls) zu werten, dass der Angeklagte bei Tatbegehung durch eingestellte Verfahren gewarnt war. Die schlichte und für sich nicht aussagekräftige Berücksichtigung einer solchen Warnwirkung lässt sich dem angegriffenen Urteil aus den genannten Gründen allerdings nicht entnehmen (vgl. BGH, Beschluss vom 13.12.2018 – 3 StR 386/18 = BeckRS 2018, 39205 = NStZ 2019, 400 = BGHR StGB § 46 Abs. 2 Vorleben 35 u. BayObLG, Beschluss vom 08.12.2020 – 202 StRR 123/20 bei juris = StV 2021, 257 = Blutalkohol 58 [2021], 34 = VerkMitt 2021, Nr. 22 = BeckRS 2020, 35557, jeweils m.w.N.).
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dd) Auch soweit Erziehungsmaßregel oder Zuchtmittel – hier gegebenenfalls in Form eines Freizeitarrests – angeordnet wurden, handelt es sich gerade nicht um „Vorstrafen“. Zwar können auch diese spezifisch jugendgerichtlichen Ahndungen im Einzelfall für die Strafzumessung Berücksichtigung finden (BayObLG a.a.O.). Gerade wegen der im Rahmen des § 47 StGB gebotenen Darlegungsanforderungen an die Festsetzung kurzer Freiheitsstrafen muss dann aus den Strafzumessungserwägungen unzweifelhaft deutlich werden, dass sich das Tatgericht bei der Gesamtwürdigung von Tat und Täterpersönlichkeit dieser Unterscheidung bewusst gewesen ist.
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Auch unter besonderer Berücksichtigung der geschilderten Tatumstände kann der Senat ein Beruhen (§ 337 Abs. 1 StPO) der mit dem angefochtenen Urteil erkannten Freiheitsstrafe auf den bezeichneten Rechtsfehlern nicht ausschließen.
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Aufgrund der aufgezeigten sachlich-rechtlichen Erörterungs- und Darstellungsmängel unterliegen die festgesetzte Freiheitsstrafe und die getroffene Einziehungsentscheidung mitsamt den diesen zugrunde liegenden Feststellungen der Aufhebung (§ 349 Abs. 4 StPO).
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Zwar können nach Maßgabe des § 74 Abs. 1 StGB Gegenstände, die zur Begehung einer vorsätzlichen Tat gebraucht worden sind oder dazu bestimmt waren, als Tatmittel der Einziehung unterliegen. Auch kann – obwohl nicht ausdrücklich festgestellt – aus dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe noch ausreichend entnommen werden, dass das von der Einziehungsentscheidung betroffene iPhone dem Angeklagten gehört oder ihm zusteht (§ 74 Abs. 3 Satz 1 StGB). Die Einziehung von Tatmitteln steht jedoch im pflichtgemäßen Ermessen des Tatgerichts (BGH, Beschluss vom 27.6.2023 – 6 StR 260/23 bei juris = NStZ-RR 2023, 310 = wistra 2023, 461 = BeckRS 2023, 17848). Vorliegend lassen die Urteilsgründe auch im Gesamtzusammenhang eine tatrichterliche Ermessensausübung jedoch vermissen. Eine solche war hier ohne nähere Ausführungen auch nicht entbehrlich, zumal es an Feststellungen zum Wert des Mobiltelefons fehlt (vgl. BGH, Beschl. vom 16.10.2024 – 6 StR 388/24 bei juris = BeckRS 2024, 36935) und eine Übersendung des begehrten Bildes nicht erfolgt ist. Das neue Tatgericht wird daher erneut auch über eine Einziehung entscheiden und dabei im Blick behalten müssen, dass eine solche Maßnahme bei nicht unerheblichem Wert des Einziehungsgegenstandes eine Strafzumessungsentscheidung darstellt, die im Rahmen der Bestimmung der zu verhängenden Strafe angemessen zu berücksichtigen ist (BGH a.a.O.).
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Im Umfang der Aufhebung wird die Sache gemäß § 354 Abs. 2 StPO zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Abteilung des Amtsgerichts Forchheim zurückverwiesen.