Inhalt

VG Bayreuth, Urteil v. 04.08.2025 – B 7 K 24.1036
Titel:

Gewährung einer Überbrückungshilfe

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1
BayVwVfG Art. 43, Art. 48 ff.
BV Art. 118 Abs. 1
BayHO Art. 23, Art. 44
Leitsätze:
1. Soweit ein Verwaltungsakt vorläufig ist, ist die Behörde bei der endgültigen Regelung hieran nicht gebunden. Ergeht dann eine endgültige Entscheidung, erledigt sich der vorläufige Verwaltungsakt und wird durch die endgültige Entscheidung ersetzt. (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Gewährung der Überbrückungshilfe erfolgt auf Grundlage der Richtlinie im billigen Ermessen der Förderbehörde, wobei die Richtlinie von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden muss, wie dieser in den Richtlinien zum Ausdruck kommt. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
3. Eine Richtlinie darf nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
4. Dem Zuwendungsgeber steht es frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese konsequent anzuwenden, wobei die allein relevante Willkürgrenze selbst dann nicht überschritten wird, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder gegebenenfalls bessere Gründe gäbe. Eine Verletzung kann allenfalls dann vorliegen, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen. (Rn. 32) (redaktioneller Leitsatz)
5. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung der Fördervoraussetzungen ist der Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über die Förderung. Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen oder erkennbar war, muss deshalb auch im Rahmen der konkreten Ermessensausübung nicht berücksichtigt werden. (Rn. 33) (redaktioneller Leitsatz)
6. Eine Verwaltungspraxis der Behörde, nach der eine Änderung der Vergleichsumsätze – hier: des Referenzjahres 2019 – grundsätzlich nicht zugelassen wird, ist nicht zu beanstanden.  (Rn. 34) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Nach ständiger Verwaltungspraxis der Beklagten grundsätzlich keine Korrektur der, Vergleichsumsätze des Referenzjahres 2019 (erst) im Rahmen der Schlussabrechnung, Überbrückungshilfe, Überbrückungshilfe III, Bewilligung, Ermessen, Verwaltungspraxis, Selbstbindung, Fördervoraussetzungen, Corona, Schlussbescheid, vorläufiger Verwaltungsakt, Gleichbehandlung, Änderung, Vergleichsumsätze
Fundstelle:
BeckRS 2025, 28407

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

1
Der Kläger, der eine … und Gaststätte betreibt, wendet sich gegen einen Schlussbescheid der Beklagten, mit dem Überbrückungshilfe III gewährt und die bisher ausgezahlte Hilfe teilweise zurückgefordert wurde.
2
Auf einen entsprechenden Antrag hin bewilligte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 21.12.2021 eine Billigkeitsleistung in Höhe von 15.946,98 EUR auf Grundlage von Art. 53 der Bayerischen Haushaltsordnung (BayHO), der dazugehörigen Verwaltungsvorschriften und der Richtlinie für die Gewährung von Überbrückungshilfe des Bundes für kleine und mittelständische Unternehmen – Phase 3 (Überbrückungshilfe III) des Bayerischen Staatsministeriums für Wirtschaft, Landesentwicklung und Energie.
3
Im Rahmen der streitgegenständlichen Schlussabrechnung vom 16.12.2022 machte der Kläger einen Betrag von 24.036,95 EUR geltend. Im Verwaltungsverfahren wies die Beklagte darauf hin, dass ein höherer Vergleichsumsatz angegeben worden sei als im zugrundeliegenden Erstantrag auf Überbrückungshilfe III. Es seien jedoch nach den FAQ bereits in den ursprünglichen Programmanträgen Istwerte, also realisierte Ist-Umsätze, im Vergleichszeitraum zu erfassen, eine nachträgliche Erhöhung der Vergleichsumsätze in der Schlussabrechnung sei demnach nur in hier nicht vorliegenden Ausnahmefällen zulässig. Lediglich die prognostizierten Umsätze in den Fördermonaten und damit die Höhe des Umsatzeinbruchs hätten der Unsicherheit einer Prognose unterlegen. Der prüfende Dritte wies darauf hin, dass im Erstantrag fälschlicherweise die Übernachtungsumsätze des Klägers nicht berücksichtigt worden seien. Beim Vergleich dieser fehlerhaften, zu niedrigen Umsätze mit den Umsätzen des Ausfallzeitraums ergebe sich ein unzutreffendes Bild des tatsächlichen Umsatzausfalls.
4
Die Beklagte erließ daraufhin den streitgegenständlichen Schlussbescheid vom 20.09.2024.
5
Mit diesem Schlussbescheid wurde die Überbrückungshilfe III auf 12.936,93 EUR festgesetzt, der in der Schlussabrechnung darüber hinaus gehend geltend gemachte Betrag abgelehnt und der vorläufige Bescheid vollständig ersetzt. Weiter wurde festgestellt, dass die Höhe der bisher geleisteten Zahlungen den festgesetzten Anspruch übersteigt. Es wurde ein Betrag in Höhe von 3.010,05 EUR zurückgefordert. Im Übrigen wird auf den Schlussbescheid verwiesen.
6
Am 21.10.2024 ließ der Kläger durch seinen Bevollmächtigten Klage gegen den Schlussbescheid vom 20.09.2024 erheben mit dem Antrag:
Der Bescheid der Beklagten vom 20.09.2024 wird aufgehoben und die Beklagte wird verpflichtet, dem Kläger Überbrückungshilfe in Höhe von insgesamt 24.036,95 EUR zu gewähren.
7
Mit der Klagebegründung wurde noch einmal erläutert, dass der Kläger Umsatzerlöse für Übernachtungen sowohl für das Jahr 2019 als auch für die Vergleichsjahre nicht mit angegeben habe. Bei der Schlussabrechnung seien diese aber mit einbezogen worden. Die Beklagte habe es abgelehnt, den Referenzumsatz 2019 zu berichtigen, jedoch habe sie den Umsatz 2021 an die Zahlen angepasst. Dadurch entstehe der falsche Eindruck, dass in den bzgl. Corona relevanten Jahren höhere Umsätze erzielt worden seien als dies tatsächlich der Fall gewesen sei. Der coronabedingte Ausfall erscheine niedriger und die Berechnung der Überbrückungshilfe sei dementsprechend fehlerhaft (wurde – auch zahlenmäßig – weiter ausgeführt).
8
Rechtsfehlerhaft sei es, dass die Beklagte eine nachträgliche Erhöhung des Vergleichsumsatzes abgelehnt habe, da dies nur in hier nicht vorliegendem Ausnahmefall zulässig sei. Den FAQ, auf die sich die Beklagte stütze, sei dies jedoch nicht zu entnehmen. Vielmehr lasse sich der Website überbrückungshilfe-unternehmen.de des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz und des Bundesministeriums der Finanzen entnehmen, dass es keine Regelung gebe, die eine Anpassung des Referenzumsatzes ausschließe. Nach der dortigen Nr. 3.2 könne stattdessen nach Vorliegen der endgültigen Zahlen eine Anpassung der Coronahilfe erfolgen. Hier ergebe sich nicht, dass diese Anpassung nicht auch hinsichtlich des Referenzumsatzes erfolgen könnte.
9
Ferner wurde auf den Rechtsgedanken des Art. 51 BayVwVfG hingewiesen, der eine Neuverbescheidung unter Berücksichtigung des richtigen Referenzumsatzes ermögliche.
10
Sinn und Zweck der Schlussabrechnung sei gerade, dass die korrekten Zahlen vollumfänglich berücksichtigt würden. Die Überbrückungshilfe III solle dazu dienen, coronabedingte Umsatzeinbußen zumindest teilweise zu kompensieren. Gegen diese Zweckrichtung würde verstoßen, wenn es dem Kläger verwehrt werde, die richtigen, für ihn günstigeren Umsatzzahlen zugrunde zu legen.
11
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
12
Ein gesetzlicher Anspruch auf die streitgegenständliche Förderleistung bestehe nicht. Der Beklagten sei auch kein anspruchsbegründender Ermessensfehlgebrauch vorzuwerfen. Die Schlussabrechnung diene dem Abgleich der empfangenen Leistungen mit der tatsächlichen Förderberechtigung, Prognosen würden durch endgültige Zahlen ersetzt. Dieser Abgleich wäre bei einer Änderung der Vergleichsumsätze nicht mehr sinnvoll möglich.
13
Nichts anderes gelte aufgrund des Vortrags der Klagepartei in der Klagebegründung. Soweit die Klagepartei rüge, dass dies den FAQ nicht zu entnehmen sei, sei dies unerheblich. Die FAQs seien als bloße Hintergrundinformation für antragsberechtigte Unternehmen bzw. ihre prüfenden Dritten gedacht und erläuterten lediglich „einige wesentliche Fragen“ zur Handhabung des Förderprogramms der Corona-Überbrückungshilfe III. Viele Einzelfragen seien im Rahmen der FAQ nicht ausdrücklich aufgenommen worden.
14
Subventionsrechtlich sei es zudem nicht relevant, ob dem Interessenten an einer Bewilligung von Fördermitteln die Vergabepraxis vorher bekannt gegeben worden sei und wie er sich hierauf habe einstellen können.
15
Dass in der Schlussabrechnung die Referenzumsätze zur Ermittlung der Antragsberechtigung nicht mehr geändert werden könnten, sei weder willkürlich noch sachgrundlos. Dies trage dem Umstand Rechnung, dass mit der Schlussabrechnung möglichst schnell, unkompliziert und zuverlässig die tatsächlich realisierte Geschäftsentwicklung im Vergleich zu den Angaben im Antragsverfahren festgestellt werden solle. Dies würde bei einer Änderung der Tatsachengrundlagen, wie dem Referenzumsatz, konterkariert. Diese Umsätze hätten auch rein tatsächlich keiner Prognose unterlegen. Das seien für den vorliegend allein relevanten Maßstab des Art. 3 Abs. 1 GG ausreichende Differenzierungsgründe. Ein Anspruch auf eine weitergehende Förderung bestehe daher nicht.
16
Nachdem das Gericht auf Rechtsprechung in ähnlichen Konstellationen hingewiesen hatte, betonte der Bevollmächtigte des Klägers, dass der hiesige Fall anderes gelagert sei. Der Beklagten hätten nämlich im Zeitpunkt des Erlasses des Schlussbescheids sämtliche Daten vorgelegen, um einen „richtigen“ Bescheid zu erlassen.
17
Es könne auch nicht die Rede von einer Verwaltungsvereinfachung sein, wenn durch die Behörde bewusst falsche Umsatzdaten zugrunde gelegt würden. Denn im Zeitpunkt der Schlussantragstellung habe die Behörde bereits Kenntnis davon gehabt, dass eben im Rahmen des vorläufigen Antrages fälschlicherweise ein Teil der Umsätze nicht angegeben worden sei. Insofern könne das Interesse an einer zügigen und effektiven Verwaltungsarbeit nicht das Interesse an einer inhaltlich richtigen Entscheidung überwiegen.
18
Weiter wurde auf Grundsätze der Selbstbindung der Verwaltung und ordnungsgemäßen Ermessensausübung hingewiesen. Ohne zusätzlichen Verwaltungsaufwand hätten bei der Entscheidung über den Schlussantrag die richtigen Zahlen angesetzt werden können. Es sei unbillig, dies bewusst nicht zu tun und dem Kläger somit die Berücksichtigung der tatsächlichen betriebswirtschaftlichen Zahlen zu verweigern. Es sei der Beklagten nicht gelungen darzulegen, aus welcher Verwaltungsvorschrift sich nun genau das zwingende Ergebnis der Nichtberücksichtigung der Zahlen ergeben solle.
19
Nachdem in einem Eintrag auf der Homepage zur Schlussabrechnung die Passage enthalten ist, wonach in der Schlussabrechnung fehlerhafte Angaben bei der ursprünglichen Antragstellung nachträglich korrigiert werden könnten, hat das Gericht die Beklagte um ergänzende bzw. zusammenfassende Erläuterung ihrer ständigen Verwaltungspraxis zu der hier vorliegenden Konstellation gebeten.
20
Hierzu teilte die Beklagte mit, in der Überbrückungshilfe III sei eine Änderung der Vergleichsumsätze erst in der Schlussabrechnung grundsätzlich nicht zulässig. Etwas anderes gelte etwa dann, wenn nachträglich ein Verbund festgestellt werde, Tätigkeiten bei Einzelunternehmen erweitert würden oder ein technischer Fehler auf Seiten der Bewilligungsstelle vorliege. Denn für vergangene Daten (Vergleichsumsätze) seien bereits im Antragsverfahren die Istwerte zu erfassen gewesen, wie sich eindeutig auch aus den FAQ zur Überbrückungshilfe III ergebe. Zitiert wurde aus Nr. 3.5, wonach die Vergleichsumsätze auf Basis der Umsatzsteuervoranmeldungen oder betriebswirtschaftlichen Auswertungen ermittelt werden mussten sowie Nr. 3.9, nach der nur für die Umsatzentwicklung in den Fördermonaten Prognosen ausgehend von der bei Antragstellung aktuellen Situation der Pandemie abgegeben werden durften. Weiter bezog sich die Beklagte auf Nr. 1.1 der FAQ zur Schlussabrechnung; danach sind die Prognosedaten (des Förderzeitraums) im Rahmen der Schlussabrechnung durch die tatsächlich realisierte Geschäftsentwicklung zu ersetzen.
21
Im Rahmen eines Änderungsantrages im Antragsverfahren wäre die Änderung des Vergleichsumsatzes berücksichtigungsfähig gewesen. Ein solcher habe bis zum 31.10.2021 gestellt werden können. Damit werde dem Umstand Rechnung getragen, die tatsächliche Geschäftsentwicklung des Unternehmens im Vergleich zu den Angaben im Antragsverfahren unkompliziert und schnell zu ermitteln. Bei einer Änderung der Vergleichsumsätze erst in der Schlussabrechnung würde ansonsten faktisch ein zweites Antragsverfahren geschaffen, was über diesen Abgleich der Geschäftsentwicklung weit hinausginge.
22
Der Kläger ließ auf Anfrage des Gerichts mitteilen, dass die Klage aufrechterhalten bleibe. Die Erläuterungen der Beklagten könnten das Klagevorbringen nicht zu Fall bringen. Die Verwaltungspraxis sei nicht nachvollziehbar, die Stellungnahme der Beklagten erschöpfe sich in Allgemeinplätzen. Es sei anerkannt, dass bei der Schlussabrechnung Korrektur möglich sei. In einer Vielzahl von Fällen werde gerade darauf verwiesen, dass dies die letzte Möglichkeit sei, etwas zu korrigieren. Genau dies sei hier geschehen. Die Argumentation, dass hier ein „faktisch zweites Verfahren geschaffen“ würde, verfange nicht.
23
Die Beteiligten verzichteten mit Schriftsätzen vom 23.07.2025 auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
24
Im Übrigen wird auf die Behördenakten und die Gerichtsakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

25
Die Klage hat in der Sache keinen Erfolg.
26
Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, dass die Beklagte verpflichtet wird, ihm Überbrückungshilfe III in Höhe von insgesamt 24.036,95 EUR zu gewähren. Soweit mit dem Bescheid vom 20.09.2024 die Subvention in Höhe von (lediglich) 12.936,93 EUR festgesetzt wurde, verletzt dies den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
27
1. Bei dem streitgegenständlichen Bescheid handelt es sich um einen sog. „Schlussbescheid“, mithin einen Verwaltungsakt, der auf Grundlage eines vorläufigen Verwaltungsaktes ergangen ist. Bei einem vorläufigen Verwaltungsakt steht der Inhalt der Regelung unter dem sie einschränkenden Vorbehalt endgültiger Regelung – so beispielsweise wie vorliegend bei einer Subventionsbewilligung unter Vorbehalt der endgültigen Entscheidung über die Subventionshöhe. Durch den vorläufigen Verwaltungsakt wird damit das Regelungsprogramm der Art. 43, 48 ff. BayVwVfG modifiziert bzw. finden die Art. 48 ff. BayVwVfG keine Anwendung. Soweit die Regelung nämlich vorläufig ist, ist die Behörde bei der endgültigen Regelung hieran nicht gebunden. Ergeht dann eine endgültige Entscheidung, erledigt sich der vorläufige Verwaltungsakt. Er wird durch die endgültige Entscheidung ersetzt (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Auflage 2023, § 35, Rn. 243 ff. m.w.N.).
28
Ausweislich des vorläufigen Bewilligungsbescheides vom 21.12.2021 erging die Bewilligung und Auszahlung der Überbrückungshilfe unter dem Vorbehalt der vollständigen Prüfung des Antrags und der endgültigen Festsetzung in einem Schlussbescheid (vgl. Nr. 2 des Bewilligungsbescheides). Konkret kommt dementsprechend dem angefochtenen Bescheid vom 20.09.2024 der Charakter eines Schlussbescheids mit dem Regelungsgehalt zu, die vom Kläger beantragte Förderung endgültig auf 12.936,93 EUR festzusetzen. Hierauf nimmt auch der Tenor des streitgegenständlichen Bescheids unter Nr. 5 ausdrücklich Bezug (vgl. BVerwG, U.v. 14.4.1983 – 3 C 8.82 – juris Rn. 34; U.v. 15.3.2017 – 10 C 1/16 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 26.10.2023 – 22 C 23.1609 – juris Rn. 11; VG München, U.v. 8.5.2023 - M 31 K 21.4671 – juris Rn. 44 ff.).
29
2. Es bestehen keine Bedenken hinsichtlich der materiellen Rechtmäßigkeit.
30
a) In rechtlicher Hinsicht ist im Ausgangspunkt zu beachten, dass eine Rechtsnorm, die einen Anspruch auf Bewilligung der beantragten Zuwendung begründet, nicht existiert. Die Gewährung der Überbrückungshilfe erfolgt vielmehr auf Grundlage der Richtlinie im billigen Ermessen der Förderbehörde. Die Richtlinie muss dabei von der zuständigen Bewilligungsbehörde gleichmäßig (Art. 3 Abs. 1 GG, Art. 118 Abs. 1 BV), im Einklang mit Art. 23 und 44 BayHO, ohne Verstoß gegen andere Rechtsvorschriften und gemäß dem Förderzweck angewendet werden, wie dieser in den Richtlinien zum Ausdruck kommt. Die Verwaltungsgerichte haben sich im gerichtlichen Verfahren auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung der Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ggf. ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt (vgl. BayVGH, B.v. 23.10.2023 – 22 ZB 23.1426 – juris Rn. 13).
31
Entscheidend ist allein, wie die zuständige Behörde die Richtlinie im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger, zu einer Selbstbindung führenden Verwaltungspraxis gehandhabt hat und in welchem Umfang sie infolgedessen an den Gleichheitssatz gebunden ist. Dabei darf eine solche Richtlinie nicht – wie Gesetze oder Rechtsverordnungen – gerichtlich ausgelegt werden, sondern sie dient nur dazu, eine dem Grundsatz der Gleichbehandlung entsprechende Ermessensausübung der Behörde zu gewährleisten (vgl. BayVGH, B.v. 3.8.2022 – 22 ZB 22.1151 – juris Rn. 17; B.v. 17.11.2010 – 4 ZB 10.1689 – juris Rn. 19; BVerwG, U.v. 16.6.2015 – 10 C 15.14 – juris Rn. 24; VG München, U.v. 28.6.2023 – M 31 K 22.1561 – juris Rn. 17 m.w.N.).
32
Dem Zuwendungsgeber steht es frei, sich für eine bestimmte Verwaltungspraxis zu entscheiden und diese konsequent anzuwenden. Die allein relevante Willkürgrenze wird selbst dann nicht überschritten, wenn es auch für eine alternative Förderpraxis gute oder ggf. bessere Gründe gäbe. Eine Verletzung kann allenfalls dann vorliegen, wenn die maßgeblichen Kriterien unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar wären und sich der Schluss aufdrängt, dass sie auf sachfremden Erwägungen beruhen (vgl. BayVGH, B.v. 8.11.2021 - 6 ZB 21.2023 – juris Rn. 6 und 13; VG Augsburg, U.v. 19.7.2023 – Au 6 K. 22.1310 – juris Rn. 50 m.w.N.).
33
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung der Fördervoraussetzungen ist der Zeitpunkt der behördlichen Entscheidung über die Förderung (vgl. BayVGH, B.v. 27.2.2023 – 22 ZB 22.2554 – juris Rn. 14; B.v. 2.2.2022 – 6 C 21.2701 – juris Rn. 10). Alles, was im Verwaltungsverfahren nicht vorgetragen oder erkennbar war, muss deshalb auch im Rahmen der konkreten Ermessensausübung nicht berücksichtigt werden (vgl. VG München, U.v. 18.8.2023 – M 31 K 21.4949 – juris Rn. 31). Grundsätzlich liegt es gerade in Zuwendungsverfahren in der Sphäre des Zuwendungsempfängers, die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung bis zum maßgeblichen Entscheidungszeitpunkt darzulegen und nachzuweisen. Denn da die streitige Zuwendung eine freiwillige staatliche Leistung darstellt, ist ihre Gewährung von einer Mitwirkung der Antragsteller im Rahmen des Zuwendungsverfahrens, insbesondere von der Mitteilung und Substantiierung zutreffender, zur Identifikation und für die Förderfähigkeit notwendiger Angaben abhängig. Die Anforderung geeigneter Nachweise für die Anspruchsberechtigung ist auch vor dem Hintergrund des Grundsatzes der sparsamen Verwendung von Haushaltsmitteln (Art. 7 Abs. 1 Satz 1 BayHO) gerade im Bereich der Leistungsverwaltung sachgerecht und nicht zu beanstanden. Ferner entspricht die Verpflichtung zur Mitwirkung seitens der Antragsteller allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsätzen, Art. 26 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG (vgl. VG Würzburg, U.v. 26.4.2021 – W 8 K 20.1487 – juris Rn. 31 m.w.N.). Bei den verwaltungsrechtlichen Verfahren betreffend die Corona-Wirtschaftshilfen der Beklagten handelt es sich um Massenverfahren, deren Bewältigung ein gewisses Maß an Standardisierung auf behördlicher Seite erfordert und zulässt (vgl. auch VG Würzburg, B.v. 13.7.2020 – W 8 E 20.815 – juris Rn. 28 f.; BayVGH, B.v. 31.5.2023 – 22 C 23.809 – juris Rn. 13). Dabei ist weiterhin zu beachten, dass dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Effektivitäts- und Zügigkeitsgebot (Art. 10 Satz 2 BayVwVfG) bei der administrativen Bewältigung des erheblichen Förderantragsaufkommens im Rahmen der Corona-Beihilfen besondere Bedeutung zukommt; dies gerade auch deswegen, um Antragstellern möglichst schnell Rechtssicherheit im Hinblick auf die Erfolgsaussichten ihrer Förderanträge und damit über die (Nicht-)Gewährung von Fördermitteln zu geben (VG München, U.v. 26.4.2022 – M 31 K 21.1857 – juris Rn. 23; U.v. 23.2.2022 – M 31 K 21.418 – juris Rn. 28). Zu beachten ist dabei, dass die möglicherweise erhöhte (verfahrensmäßige) Fürsorgebedürftigkeit eines einzelnen Antragstellers vorliegend zugunsten der quasi „objektiven“, materiellen/finanziellen Fürsorgebedürftigkeit einer Vielzahl von Antragstellern, denen ein existenzbedrohender Liquiditätsengpass drohen würde, wenn ihnen nicht zeitnah staatliche Zuwendung in Form von Corona-Soforthilfen gewährt werden, zurückzutreten hat bzw. mit letzteren zum Ausgleich zu bringen ist, zumal die Antragsteller im Rahmen eines Zuwendungsverfahrens eine letztlich aus § 264 Abs. 1 Nr. 1 StGB resultierende, zur allgemeinen Mitwirkungspflicht (Art. 26 Abs. 2 BayVwVfG) hinzutretende (erhöhte) Sorgfaltspflicht im Hinblick auf die Richtigkeit und Vollständigkeit ihrer Angaben trifft. Die Anforderungen an ein effektiv und zügig durchgeführtes Massenverfahren sind dabei nicht zu überspannen. Wenn überhaupt eine Nachfrage angezeigt ist, kann aufgrund der massenhaft anfallenden und in kurzer Zeit zu entscheidenden Förderanträge oftmals eine einmalige Nachfrage zur Plausibilisierung auf elektronischem Weg genügen (vgl. BayVGH, B.v. 20.7.2022 – 22 ZB 21.2777 – juris Rn. 16 und 21; VG Würzburg, U.v. 1.12.2023 – W 8 K 23.428 – juris Rn. 37).
34
b) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann die Verwaltungspraxis der Beklagte, nach der eine Änderung der Vergleichsumsätze – hier: des Referenzjahres 2019 – grundsätzlich nicht zugelassen wird, nicht beanstandet werden. Dies Handhabung durch die Beklagte wird von hinreichenden sachlichen Kriterien getragen. So wurde erläutert, dass damit dem Umstand Rechnung getragen werde, die tatsächliche Geschäftsentwicklung des Unternehmens im Vergleich zu den Angaben im Antragsverfahren unkompliziert und schnell zu ermitteln. Auch der Schluss der Beklagten, dass ansonsten faktisch ein zweites Antragsverfahren geschaffen würde, was über den Abgleich der Geschäftsentwicklung weit hinaus ginge, erweist sich innerhalb der Grenzen, die dem Gericht durch § 114 VwGO bei der Kontrolle von Ermessensentscheidungen vorgegeben sind, als tragfähig.
35
Dass sich die Verwaltungspraxis, wie sie im gerichtlichen Verfahren konsistent erläutert wurde, nicht in jeder Hinsicht – auch unter Einbeziehung der von der Beklagten anerkannten wenigen Ausnahmen – und verbal zusammenhängend z.B. in den FAQ widerspiegelt und etwa ein Eintrag auf der Homepage „ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de“ durchaus die Erwartung näheren kann, im Rahmen der Schlussabrechnung könnten Fehler/Versäumnisse zu Lasten des Subventionsempfänger im Erstverfahren in einem größeren Umfang noch im Verfahren der Schlussabrechnung „geheilt“ werden, führt zu keinem anderen Ergebnis. In der Tat muss es sich bei den FAQ nämlich nicht um ein Kompendium handeln, in dem zu einer einzelnen Problemstellung gleichsam lehrbuchmäßig mit dem Anspruch auf Vollständigkeit jegliche Details der Verwaltungspraxis enthalten sind. Die Beklagte hat hierzu nachvollziehbar erläutert, dass darin vielmehr Antworten auf einige wesentliche Fragen gegeben werden, während viele Einzelfragen dort nicht ausdrücklich aufgenommen worden seien. Gerade in den FAQ zur Schlussabrechnung lässt sich aber durchaus die Aussage entnehmen, dass dort Prognosedaten durch die tatsächlich realisierte Geschäftsentwicklung ersetzt werden.
36
Soweit in einer Passage auf der Homepage „ueberbrueckungshilfe-unternehmen.de“ der Eindruck entstehen kann, jegliche „fehlerhafte Angaben“ – und damit insbesondere auch Versehen bzw. Versäumnisse zu Lasten der Antragsteller selbst – könnten in einem umfassend verstandenen Sinne im Rahmen der Schlussabrechnung korrigiert werden, hat dem die Beklagte auf Nachfrage im gerichtlichen Verfahren eine ausdrückliche Absage erteilt.
37
Abzustellen ist aber nicht auf einen recht pauschal gehaltenen Eintrag auf einer Homepage des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie, sondern auf die Verwaltungspraxis der Beklagten selbst. Diese wurde aber auf Nachfrage schlüssig erläutert, auch hinsichtlich der Möglichkeit, Versäumnisse/Fehler der hier in Rede stehenden Art im Rahmen eines Änderungsantrags im Erstantragsverfahren zu „heilen“. Eine solche Möglichkeit hätte nach den Darstellungen der Beklagte im gerichtlichen Verfahren bis zum 31.10.2021 bestanden.
38
Es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte die von ihr geschilderte Verwaltungspraxis, die eine Änderung der Vergleichsumsätze weithin nicht zulässt – anderes gilt etwa, wenn nachträglich ein Verbund festgestellt wird oder Tätigkeiten bei Einzelunternehmen erweitert werden oder ein technischer Fehler auf Seiten der Bewilligungsstelle vorliegt –, nicht konsequent und einheitlich zu Gunsten und zu Lasten aller Subventionsempfänger anwenden würde.
39
Es ist auch sonst weder ein durchgreifender Ermessensfehler hinsichtlich des streitgegenständlichen Bescheides ersichtlich noch liegt auch kein atypischer Ausnahmefall vor.
40
Zwar mag es zutreffen, dass eine großzügigere Zulassung von Ausnahmen, in denen eine Korrektur der Vergleichsumsätze durch die Beklagte anerkannt wird, aus Sicht der Zuwendungsnehmer zu favorisieren wäre, doch ist nicht ersichtlich, dass die Beklagte dazu rechtlich verpflichtet wäre. Die Handhabung der Beklagten ist jedenfalls von sachlichen Gründen getragen; auf die Vielzahl von Förderantragen und die sachliche Notwendigkeit, die Verfahren zügig und effektiv zu bearbeiten, wurde oben bereits eingegangen. Auch die weiteren von der Klägerin vorgebrachten Aspekte nötigen die Beklagte aus Rechtsgründen nicht zur Anlegung einer abweichenden, für die Subventionsempfänger „freundlicheren“ Verwaltungspraxis.
41
3. Nachdem weder geltend gemacht wurde noch sonst ersichtlich ist, dass die weiteren Regelungen des Bescheids den Kläger in seinen Rechten verletzen, wird die Klage insgesamt mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abgewiesen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.