Inhalt

VGH München, Beschluss v. 18.02.2025 – 15 ZB 24.1038
Titel:

Berufungszulassung, Bauplanungsrecht, Lagerhalle, Flächennutzungsplan, privilegiertes Vorhaben, öffentliche Belange, natürliche Eigenart der Landschaft

Normenketten:
BauGB § 35 Abs. 1, Abs. 2, Abs. 3 S. 1 Nr. 5
VwGO § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2,
BayBO Art. 64, Art. 68, Art. 76 S. 3
BayVwVfG Art. 38 Abs. 1 S. 1
Leitsätze:
1. Stützt sich eine Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf zwei selbständig tragende Gründe ist die Berufung nur zuzulassen, wenn im Hinblick auf jede dieser Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht ist und vorliegt. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die städtebauliche Leitvorstellung des Gesetzgebers für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Vorhabens im Außenbereich ist von dem Grundsatz geprägt, den Außenbereich von baulichen Anlagen freizuhalten, soweit diese nicht ihrem Wesen nach in den Außenbereich gehören. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Außenbereich, Beeinträchtigung der natürlichen Eigenart der Landschaft, Berufungszulassung, Bauplanungsrecht, Lagerhalle, Flächennutzungsplan, privilegiertes Vorhaben, öffentliche Belange, natürliche Eigenart der Landschaft
Vorinstanz:
VG Regensburg, Urteil vom 25.04.2024 – RO 7 K 21.1070
Fundstelle:
BeckRS 2025, 2838

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Kläger begehrt für sein im Außenbereich liegendes Grundstück die Erteilung einer Baugenehmigung zur Errichtung von Unterstellplätzen für Holz und Kleintiere auf vorhandenen Betonfundamenten sowie einer Teilumzäunung.
2
Sein Bauantrag wurde von der Beklagten mit Bescheid vom 4. Mai 2021 abgelehnt. Das Verwaltungsgericht Regensburg hat die auf Feststellung der Verfahrensfreiheit und hilfsweise Erteilung der Baugenehmigung gerichtete Klage des Klägers mit Urteil vom 25. April 2024 abgewiesen. Zur Begründung wurde u.a. ausgeführt, das Vorhaben diene keinem privilegierten Betrieb und beeinträchtige öffentliche Belange. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
3
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der verschiedenen Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.
II.
4
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
5
Der allein geltend gemachte Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegt nicht vor.
6
Das Verwaltungsgericht ist in rechtlich nicht zu beanstandender Weise zu dem Ergebnis gekommen, das Vorhaben sei baugenehmigungspflichtig, was vom Kläger nicht in Frage gestellt wird, und er habe keinen Anspruch auf Erteilung der beantragten Baugenehmigung. Das im Außenbereich liegende, nicht privilegierte Vorhaben sei bauplanungsrechtlich unzulässig, da es öffentliche Belange beeinträchtige. Die Darlegungen des Klägers im Zulassungsverfahren, auf die sich die Prüfung des Senats beschränkt (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), führen nicht zu ernstlichen Zweifeln an der Richtigkeit der Entscheidung.
7
Das Verwaltungsgericht hat in seiner Entscheidung zwei selbständig tragende Gründe für die bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit des Vorhabens angeführt. Es hat einerseits festgestellt, dass das Vorhaben den Darstellungen des Flächennutzungsplans widerspreche (§ 35 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB) und andererseits die natürliche Eigenart der Landschaft nach § 35 Absatz 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB beeinträchtige (UA S. 8 f.). In derartigen Fällen ist die Berufung nur zuzulassen, wenn im Hinblick auf jede dieser Urteilsbegründungen ein Zulassungsgrund geltend gemacht ist und vorliegt (BayVGH, B.v. 24.10.2023 – 15 ZB 23.1479 – juris Rn. 6). Dies ist hier nicht der Fall.
8
Soweit der Kläger anführt, der Grundstücksteil, auf dem sich die Fundamente befinden, sei stets bebaut und nie eine Grünfläche gewesen, genügt dies nicht, eine Funktionslosigkeit der Darstellungen des Flächennutzungsplans darzulegen. Denn hieraus ergeben sich keine tatsächlichen Verhältnisse, die von den Darstellungen des Flächennutzungsplans sowohl quantitativ als auch qualitativ in so erheblichem Maß abweichen, dass die Verwirklichung der ihnen zugrundeliegenden Planungsabsichten angesichts der vom Verwaltungsgericht festgestellten und auf den Luftbildern ersichtlichen Umgebung auf unabsehbare Zeit ausgeschlossen ist (vgl. BayVGH, B.v. 17.9.2021 – 1 ZB 20.16 – juris Rn. 9; BVerwG, U.v. 14.4.2000 – 4 C 5.99 – juris Rn. 33). Unabhängig davon führt der Antrag jedenfalls auch in Bezug auf das weitere Vorbringen nicht zum Erfolg.
9
Der Kläger trägt weiter vor, das Vorhaben beeinträchtige die natürliche Eigenschaft der Landschaft nicht. Angesichts des grundsätzlichen Ziels, den Außenbereich von Bebauung freizuhalten, sei es widersinnig, seinen kleinen nichtprivilegierten Betrieb als im Außenbereich wesensfremd anzusehen, Anlagen für einen großen privilegierten Betrieb aber für zulässig zu erachten. Diese Ausführungen führen nicht zur Zulassung der Berufung. Die städtebauliche Leitvorstellung des Gesetzgebers für die Beurteilung der Zulässigkeit eines Vorhabens im Außenbereich ist von dem Grundsatz geprägt, den Außenbereich von baulichen Anlagen freizuhalten, soweit diese nicht ihrem Wesen nach in den Außenbereich gehören (Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, 15. Auflage 2022, § 35 Rn. 1). Die öffentlichen Belange, deren Beeinträchtigung nach § 35 Abs. 2 BauGB ein Vorhaben unzulässig machen, sollen in erster Linie die innere Zweckbestimmung des Außenbereichs verwirklichen helfen, die darin liegt, grundsätzlich für die land- und forstwirtschaftliche sowie die gärtnerische Nutzung und für die in § 35 Abs. 1 BauGB bezeichneten Vorhaben bereitzustehen und daneben der gesamten Bevölkerung als Erholungsgebiet zur Verfügung zu stehen (BVerwG, U.v. 06.12.1967 – IV C 94.66 – juris Rn. 28; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand September 2024, § 35 Abs. 3 Rn. 96). Demnach kommt es für die Beurteilung, ob ein Vorhaben dem Außenbereich wesensfremd ist, regelmäßig darauf an, ob es privilegiert i.S.d. § 35 Abs. 1 BauGB ist und nicht auf dessen Größe. Hiervon geht auch das Verwaltungsgericht zutreffend aus (UA S.9).
10
Das Verwaltungsgericht hat festgestellt, dass das Vorhaben des Klägers keinem privilegierten land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb nach § 35 Abs. 1 Nr. 1 BauGB dient. Dementsprechend ist der Außenbereich von diesem Vorhaben freizuhalten. Anders als der Kläger meint, widerlegt die Stellungnahme der Unteren Naturschutzbehörde vom 25. November 2020 diese Einschätzung nicht, da sie sich auf naturschutzfachliche Fragen beschränkt (vgl. Behördenakte S. 33). Die Errichtung eines nichtprivilegierten Gebäudes steht dem Schutz der natürlichen Eigenart der Landschaft nur dann nicht entgegen, wenn es nur unerhebliche Auswirkungen auf die Umgebung hat (Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg, Krautzberger, Baugesetzbuch, Stand September 2024, § 35 Abs. 3 Rn. 96). Das Verwaltungsgericht stellt aber darauf ab, dass die Auswirkungen im Hinblick auf die Lage und die Umgebung nicht als unerheblich angesehen werden können (UA S. 8). Hiermit setzt sich der Kläger nicht auseinander.
11
Die Auffassung des Klägers, aufgrund der Aufforderung der Beklagten, einen Bauantrag zu stellen, habe er auf dessen Erteilung vertrauen können, trifft nicht zu. Es handelt sich insoweit um den gesetzlich vorgesehenen Verfahrensschritt zur Prüfung der Genehmigungsfähigkeit eines Vorhabens (vgl. Art. 64, 68, 76 Satz 3 BayBO). Eine entsprechende Zusicherung (vgl. Art. 38 Abs. 1 Satz 1 BayVwVfG) ist damit nicht verbunden. Im Übrigen hat die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 3. Februar 2021 die Gründe mitgeteilt, aus denen die beantragte Baugenehmigung nicht erteilt werden kann (vgl. Behördenakte S. 29) und ihm die Möglichkeit gegeben, den Antrag zurückzunehmen.
12
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, Anhang) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben wurden.
13
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).