Inhalt

VGH München, Beschluss v. 18.02.2025 – 15 ZB 23.1951
Titel:

Erfolgloser Berufungszulassungsantrag wegen Feststellung der fehlenden Denkmaleigenschaft und Erlaubnisfreiheit der Beseitigung eines Gebäudes

Normenketten:
BayDSchG Art. 1 Abs. 1 , Art. 12 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 3 Nr. 5
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124 Abs. 2 Nr. 2, § 124 a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2, § 124a Abs. 5 S. 4
Leitsatz:
Informiert sich ein Laie im Internet über historische Baustile, ersetzen diese Informationen keine fachliche Würdigung im Einzelfall, die ua auch komplexe Zusammenhänge berücksichtigt. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Denkmaleigenschaft eines Gebäudes, geschichtliche Bedeutung, architekturgeschichtliche Bedeutung, bauliche Veränderungen des Gebäudes, Veränderung der Umgebungsbebauung, Berufungszulassungsantrag, Denkmalschutzrecht, rechtsgrundsätzliche Bedeutung, bes. Schwierigkeiten, Baudenkmal, Reformstil, Wohngebäude, Beseitigung, Erlaubnispflicht
Vorinstanz:
VG Regensburg, Entscheidung vom 09.05.2023 – RN 6 K 21.1468
Fundstelle:
BeckRS 2025, 2836

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 50.000…. Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Klägerin begehrt insbesondere die Feststellung, dass das in ihrem Eigentum stehende und in die Denkmalliste eingetragene Gebäude kein Baudenkmal ist und dass dessen Beseitigung keiner denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis bedarf.
2
Mit Bescheid vom 21. Juni 2021 war ihr Antrag auf Erteilung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis zur Beseitigung des Wohnhauses abgelehnt worden. Die daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht mit Urteil vom 9. Mai 2023 abgewiesen. Das repräsentative Wohnhaus stehe für gründerzeitliche, bürgerliche Wohntradition und erfülle (noch) die Anforderungen an ein Baudenkmal. Dem im Reform- bzw. Heimatstil erbauten Gebäude komme geschichtliche Bedeutung zu. Trotz einiger vorgenommener Veränderungen und der neu entstandenen umliegenden Bebauung seien die überwiegende Substanz und Kernaussage des Gebäudes erhalten geblieben.
3
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt, verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter. Sie ist der Ansicht, es bestünden ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und die Rechtssache weise besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten auf.
4
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.
II.
5
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg, weil die geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.
6
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Rechtlich zutreffend, mit ausführlicher Begründung und gestützt auf die fachliche Einschätzung des Bayerischen Landesamts für Denkmalpflege ist das Verwaltungsgericht zu dem Ergebnis gekommen, es bestehe kein Anspruch auf die begehrte Feststellung, weil das in die Denkmalliste eingetragene Gebäude geschichtliche Bedeutung hat, (noch) die Anforderungen an ein Baudenkmal im Sinne von Art. 1 Abs. 2,1 BayDSchG erfüllt und seine Beseitigung einer denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis bedarf. Der Vortrag im Zulassungsverfahren, auf dessen Darlegungen sich die Prüfung des Senats beschränkt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO) gibt keinen Anlass, von dieser rechtlichen Beurteilung abzuweichen. Der Senat nimmt deshalb zunächst gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer weiteren Begründung ab. Lediglich ergänzend bleibt im Hinblick auf das Zulassungsvorbringen folgendes zu bemerken:
7
Die Klägerin macht im Wesentlichen geltend, ihrem Gebäude komme entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts keine geschichtliche bzw. denkmalschutzrechtliche Bedeutung zu; jedenfalls aber sei „eine – unterstellte – Denkmaleigenschaft des Gebäudes durch die zahlreichen und nachgewiesenen baulichen Veränderungen am Gebäude untergegangen“. Dieses Vorbringen verhilft ihrem Zulassungsbegehren nicht zum Erfolg. Diesbezüglich hat das Verwaltungsgericht mit ausführlicher und nachvollziehbarer Begründung festgestellt, dass und warum das im Reformstil erbaute Haus trotz gewisser baulicher Veränderungen sowohl seiner Substanz als auch der Umgebung die Denkmaleigenschaft nicht verloren hat. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang unter Berufung auf einen Eintrag in der Netzenzyklopädie „Wikiwand“ insbesondere einwendet, die von dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege vorgenommene, stilistische Einordnung des Bauwerks sei mit den dortigen Ausführungen nicht vereinbar, weshalb sich „architekturgeschichtlich die Denkmaleigenschaft des Gebäudes nicht begründen“ lasse, überzeugt auch dieses Vorbringen nicht. Insoweit hat das Landesamt in einer ergänzenden Stellungnahme vom 1. Februar 2024 sinngemäß darauf hingewiesen, man könne sich zwar als Laie im Internet über historische Baustile informieren, allerdings ersetzten diese Informationen keine fachliche Würdigung im Einzelfall, die u.a. auch komplexe Zusammenhänge berücksichtige. Diese Auffassung teilt der erkennende Senat, zumal der fachlichen Einschätzung des Landesamts aufgrund der gesetzlichen Wertung des Art. 12 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 3 Nr. 5 BayDSchG jedenfalls ein besonderes tatsächliches Gewicht zukommt (vgl. BayVGH B.v. 23.11.2023 – 9 CS 23.1538 – juris Rn. 20, U.v. 26.10.2021 – 15 B 19.2130 – juris Rn. 34).
8
2. Die Rechtssache weist auch nicht die geltend gemachten besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) auf. Der Sachverhalt des vorliegenden Falles ist überschaubar, geklärt und lässt sich sowohl anhand der einschlägigen Rechtsvorschriften als auch der anlässlich des Ortstermins des Verwaltungsgerichts gefertigten Bilder beurteilen. Der Einnahme eines (weiteren) Augenscheins durch den Senat bedarf es deshalb nicht.
9
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit in der 2013 aktualisierten Fassung (abgedruckt in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, Anhang) und folgt in der Höhe der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände erhoben worden sind.
10
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).