Titel:
Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung in einem asylrechtlichen Verfahren (Iran)
Normenketten:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 1, Nr. 3, Abs. 4 S. 4
VwGO § 138 Nr. 3 .
Leitsätze:
1. Die unterbliebene Einführung von entscheidungserheblich herangezogenen Erkenntnismitteln führt nicht automatisch zur Zulassung der Berufung, weil auch in einem solchen Fall mit dem Zulassungsantrag substantiiert darzulegen ist, was bei ordnungsgemäßer Einführung des Erkenntnismittels vorgetragen worden und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre. (Rn. 4) (redaktioneller Leitsatz)
2. Aus der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ergibt sich nicht, dass Asylbewerber aus dem Iran „überwiegend“ aus anderen als politischen Gründen in Deutschland versuchen würden, einen dauernden Aufenthalt zu erreichen, hierzu Asylverfahren betreiben und häufig eine Konversion zum Christentum behaupten; er hat nur von einer „großen Zahl“ iranischer Asylbewerber gesprochen, und dies zudem nicht allein bezogen auf eine Konversion, sondern insgesamt auf Nachfluchtaktivitäten, also auch solche exilpolitischer Art. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat auch kein „allgemeines Erfordernis kritischer Würdigung“ für alle Fälle, in denen im Iran kein Kontakt zum Christentum bestand, insbesondere nicht für solche Konstellationen, in denen nach klägerischem Vortrag der Erstkontakt erst im Bundesgebiet erfolgt ist, formuliert. (Rn. 18) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Gehörsverstoß wegen unterbliebener Einführung von entscheidungserheblich herangezogenen Erkenntnismitteln, zu den Darlegungsanforderungen bei Gehörsverstößen hinsichtlich dessen, was bei ordnungsgemäßer Einführung des Erkenntnismittels vorgetragen worden beziehungsweise inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet, d.h. mit Aussicht auf Erfolg verbunden gewesen wäre (hier hinreichende Darlegung verneint)., Erkenntnismittel, Gehörsverstoß, Darlegungsanforderungen, hypothetischer Vortrag, Iran, Konversion
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 21.11.2023 – AN 1 K 18.31003
Fundstelle:
BeckRS 2025, 2830
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Gründe
1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO) ist nicht in der gebotenen Weise (§ 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG) dargelegt; die geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist nicht hinreichend dargelegt bzw. liegt jedenfalls nicht vor.
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1. Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensmangels i.S.v. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO (Gehörsverstoß) zuzulassen, obwohl das Verwaltungsgericht die auf Seite 19 seines Urteils genannten Erkenntnismittel, die die Situation von Christen in China betreffen, nicht ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt hat. Der Kläger macht hierzu geltend, das Verwaltungsgericht habe sich für seine im Rahmen der Glaubhaftigkeitsprüfung gemachte Einschätzung, es könne nicht nachvollziehen, weshalb ein chinesischer Staatsangehöriger mit christlichem Glauben sich in Iran Arbeitskollegen gegenüber als Christ offenbaren sollte, auf zwei die Volksrepublik China betreffende Erkenntnismittel gestützt, die in der mit der Ladung zur mündlichen Verhandlung versandten Liste der Erkenntnisquellen zur Lage in Iran nicht genannt gewesen und auch sonst nicht in das Verfahren eingeführt worden seien. Diese Rüge greift im Ergebnis nicht durch.
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a) Allerdings beanstandet der Kläger zu Recht, dass das Verwaltungsgericht die auf Seite 19 seines Urteils angeführten Erkenntnismittel nicht ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt hat. Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO gebieten, dass ein Urteil nur auf solche Tatsachen und Beweismittel (einschließlich Presseberichte und Behördenauskünfte) gestützt werden darf, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten. Nur bei einer Offenlegung der Erkenntnisquellen über die der Entscheidungsfindung zugrunde gelegten tatsächlichen Umstände wird den Beteiligten eine effektive Prozessführung ermöglicht und die Gelegenheit eröffnet, durch Vortrag und Anträge auf die Zusammensetzung des Quellenmaterials Einfluss zu nehmen. Hieraus folgt im gerichtlichen Asylverfahren grundsätzlich die Pflicht des Gerichts, die Erkenntnismittel, auf die es seine Entscheidung zu stützen beabsichtigt, in einer Weise zu bezeichnen und in das Verfahren einzuführen, die es den Verfahrensbeteiligten ermöglicht, diese zur Kenntnis zu nehmen und sich zu ihnen zu äußern. Lediglich auf offenkundige Tatsachen, die allen Beteiligten gegenwärtig sind und von denen sie wissen, dass sie für die Entscheidung erheblich sein können, darf die Entscheidung auch ohne ausdrücklichen Hinweis gestützt werden (stRspr, vgl. nur BayVGH, B.v. 27.3.2019 – 8 ZB 19.30971 – juris Rn. 2 f. m.w.N.).
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b) Indes führt die unterbliebene Einführung von entscheidungserheblich herangezogenen Erkenntnismitteln nicht automatisch zur Zulassung der Berufung wegen eines Verfahrensfehlers i.S.v. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO, auch wenn ein Urteil nach § 138 Nr. 3 VwGO stets als auf der Verletzung von Bundesrecht beruhend anzusehen ist, wenn einem Beteiligten das rechtliche Gehör versagt war. Denn auch in einem derartigen Fall ist substantiiert darzulegen, was bei ordnungsgemäßer Einführung des Erkenntnismittels vorgetragen worden und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. BVerwG, B.v. 16.2.1998 – 4 B 2.98 – NVwZ 1998, 1066 Rn. 9; B.v. 19.8.1997 – 7 B 261.97 – NJW 1997, 3328 Rn. 4; B.v. 19.3.1991 – 9 B 56.91 – NVwZ-RR 1991, 587 Rn. 7; B.v. 2.4.1985 – 3 B 75.82 – Buchholz 310 § 108 VwGO Nr. 165 m.w.N.; zu den Ausnahmen vgl. VGH BW, B.v. 18.9.2017 – A 11 S 2067/17 – juris Rn. 20 m.w.N.). Wird die Verletzung rechtlichen Gehörs darauf gestützt, dass ein die angegriffene Entscheidung tragendes Erkenntnismittel nicht ordnungsgemäß in das Verfahren eingeführt worden ist, ist deshalb neben der Bezeichnung, welches Erkenntnismittel welchen Inhalts nicht eingeführt worden sein soll, darzulegen, in welchem Zusammenhang das Verwaltungsgericht dieses Erkenntnismittel herangezogen hat und was – bei ordnungsgemäßer Einführung – in Bezug auf die in diesem Erkenntnismittel enthaltenen Tatsachen vorgetragen worden wäre (vgl. BVerwG, B.v. 13.1.1999 – 9 B 90.98 – juris Rn. 13; NdsOVG, B.v. 1.3.2005 – 9 LA 46/05 – juris Rn. 7; HessVGH, B.v. 2.7.1997 – 13 UZ 1216/97.A – juris Rn. 5; OVG Hamburg, B.v. 18.12.2018 – 1 Bf 145/17.AZ – juris Rn. 27 m.w.N.) und inwiefern dieser weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet, d.h. mit Aussicht auf Erfolg verbunden gewesen wäre (BVerwG, B.v. 29.12.2004 – 1 B 91.04 – juris Rn. 3 a.E.; B.v. 24.1.1991 – 8 B 161.90 – NVwZ 1991, 574/575).
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c) Vorliegend ist nicht substantiiert dargelegt, was bei ordnungsgemäßer Einführung des Erkenntnismittels vorgetragen worden beziehungsweise inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre.
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Soweit in der Antragsbegründung ausgeführt wird, bei Kenntnis der Erkenntnismittel, die das Gericht zur Entscheidungsfindung angeführt habe, hätte der Kläger weitere Ausführungen zur Kirche seines chinesischen Bekannten gemacht, wird nicht dargelegt, welche weiteren Ausführungen dies gewesen wären; dieser Vortrag ist völlig unbestimmt und im Übrigen auch vor dem Hintergrund nicht nachvollziehbar, dass der Kläger angegeben hat, er wisse nicht, welcher Religionsgemeinschaft genau sein chinesischer Arbeitskollege angehört habe (VG-Protokoll vom 9.11.2022 S. 4). Auch in den weiteren Ausführungen, die Kenntnis der Erkenntnismittel hätte den Kläger veranlasst, weitere Ausführungen dazu zu machen, unter welchen Umständen sein chinesischer Kollege den christlichen Glauben – in China oder in Iran – ausleben könne, und wie es ihm trotz drohender Repressionen gelungen sei, über religiöse Themen ins Gespräch zu kommen, liegt kein hinreichend spezifizierter Vortrag, der eine Prüfung von dessen Geeignetheit für eine andere Würdigung durch das Verwaltungsgericht ermöglichten würde.
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Soweit in der Antragsbegründung weiter ausgeführt ist, dass seitens des Bevollmächtigten gegenüber den eingeführten Erkenntnissen angeführt worden wäre, dass nicht jeder Art christlicher Religionsausübung in China repressiv begegnet werde und die Situation nicht mit dem Iran vergleichbar sei, schon weil es Millionen von Christen in China gebe, deren Zahl in den letzten Jahrzehnten deutlich angewachsen sei, und diesbezüglich zwei – protestantische Gemeinden in China betreffende – Erkenntnismittel als Beleg angeführt werden, ist nicht hinreichend substantiiert dargetan, inwiefern dieser weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet, d.h. mit Aussicht auf Erfolg verbunden gewesen wäre.
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In dem zweiten seitens des Bevollmächtigten angeführten Erkenntnismittel ist tragend die Aussage enthalten, es seien protestantische Gemeinden bekannt, die von der verstärkten staatlichen Aufsicht weitgehend unbeeinflusst geblieben und in denen die üblichen gottesdienstlichen Aktivitäten und Praktiken weitgehend ungestört fortgesetzt worden seien. Diese Aussage steht nicht im Widerspruch zu dem Sachverhalt, den das Verwaltungsgericht, gestützt auf die angeführten Erkenntnismittel, in den Entscheidungsgründen (UA S. 19) zugrunde gelegt hat, wonach insbesondere Christen, die nicht den offiziell anerkannten kirchlichen Dachverbänden angehörten und sich in sog. „Haus- oder Untergrundkirchen“ organisierten, verfolgt würden; denn diese verwaltungsgerichtliche Argumentation impliziert, dass es Gruppen von Christen gibt, die nicht in der genannten Art (Verhaftungen und Folter) vom chinesischen Staat verfolgt werden. Inwieweit es insofern auf die Gesamtzahl von Protestanten in China ankommen könnte, wie sie im ersten seitens des Bevollmächtigten angeführten Erkenntnismittel genannt wird, ist nicht dargelegt. Unabhängig davon hat der Kläger selbst in seinem Bericht über die Aussage seines chinesischen Arbeitskollegen ausgeführt, dass die Lage in China mit der Situation in Iran vergleichbar sei und die Christen in China – auch wenn eine Praktizierung des Glaubens unter bestimmten Umständen möglich sei – nicht frei seien (vgl. das in UA S. 20 zweiter Absatz in Bezug genommene VG-Protokoll vom 9.11.2022 S. 5). Demnach widerspricht der vom Bevollmächtigen angekündigte weitere Vortrag, die Situation in China sei nicht mit dem Iran vergleichbar, einem Vortrag, den der Kläger selbst als Aussage seines chinesischen Arbeitskollegen in das Verfahren eingeführt hat.
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2. Auch wegen einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) ist die Berufung nicht zuzulassen.
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a) Eine Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung setzt voraus, dass eine Rechts- oder Tatsachenfrage im konkreten Rechtsstreit klärungsfähig, insbesondere entscheidungserheblich ist, dass diese Frage sich als klärungsbedürftig, insbesondere nicht schon höchst- oder obergerichtlich geklärt und nicht direkt aus dem Gesetz zu beantworten erweist und dass ihr eine allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (BayVGH, B.v. 28.7.2010 – 14 ZB 09.422 – juris Rn. 8 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 78 Abs. 4 Satz 1 AsylG im Hinblick auf § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren sowie deren (2.) Klärungsfähigkeit, (3.) Klärungsbedürftigkeit und (4.) allgemeine Bedeutung darlegen (BayVGH, B.v. 7.2.2017 – 14 ZB 16.1867 – juris Rn. 15 m.w.N.; B.v. 23.1.2019 – 14 ZB 17.31930 – juris Rn. 2).
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b) Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob Personen, die mehrfach öffentlich und im Rahmen christlicher Veranstaltungen, aber auch bei Gottesdiensten über ihre Konversion und über die Verfolgung von Christen in Iran gesprochen haben, bei einer Rückkehr Verfolgung durch das iranische Regime droht.
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Hierzu führt er aus, die Frage sei im vorliegenden Rechtsstreit aufgeworfen, da der Kläger geschildert habe, häufig an christlichen Veranstaltungen teilgenommen zu haben, darunter die S.-Wallfahrt N. für verfolgte Christen sowie einem Symposium der CPH-Akademie N. zum selben Thema; in beiden Fällen habe er eine Rede gehalten. Über die Veranstaltungen sei öffentlich in Zeitungen und online berichtet worden und der Kläger sei dabei auf Lichtbildern zu erkennen. Das Verwaltungsgericht habe dies zur Kenntnis genommen, gehe jedoch davon aus, dass in Iran keine Verfolgung drohe, weil iranischen Behörden bekannt sei, dass Konversion aus asyltaktischen Gründen erfolge (UA S. 28 f.). Die vom Verwaltungsgericht zitierten Entscheidungen des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs setzten sich nur mit der Frage auseinander, ob das Christentum die religiöse Identität der Kläger prägten und damit zu rechnen sei, dass diese in Iran einer Glaubensausübung nachgingen oder Missionstätigkeiten und andere religiöse Aktivitäten entfalten würden, nicht geklärt sei aber die Frage, ob das iranische Regime den Kläger wegen seiner Berichte in der Bundesrepublik über die Situation verfolgter Christen in Iran – also unabhängig von der Frage seiner Konversion – als Oppositionellen oder Regimegegner verfolgen würde. Hierauf deuteten folgende Erkenntnismittel hin: In Australia, DFAT, Country Information Report, Iran, 14. April 2021, Seite 33 werde ausgeführt, Konvertiten, die ihre Religion im Privaten ausübten, seien für die Behörden nicht von Interesse, wogegen diejenigen, die offen das Christentum propagierten und versuchten, andere zu bekehren, die Aufmerksamkeit der Behörden auf sich zögen und einem hohen Risiko behördlicher Diskriminierung einschließlich Schikanen, Verhaftung und Strafverfolgung ausgesetzt seien. Es sei davon auszugehen, dass derartige Aktivitäten im Ausland – insbesondere, wenn in Medien berichtet werde – iranischen Behörden zur Kenntnis gelangten. Nach – nicht mit der Antragsbegründung vorgelegten – Berichten der TAZ gehe auch die Bundesregierung davon aus, dass iranische Behörden ihre Landsleute in der Bundesrepublik ausspähten und dabei auch Medien überwachten (TAZ vom 3.1.2023, im Visier iranischer Spione, https://taz.de/Irans-Geheimdienste-in-Deutschland/!5903805/ und TAZ vom 3.1.2023, https://taz.de/Iranische-Oppositionelle-in-Deutschland/!5906725/).
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c) Mit diesem Vortrag genügt die Antragsbegründung nicht den Darlegungsanforderungen, weil sie sich nicht ausreichend mit der auch vom Verwaltungsgericht zitierten gefestigten Rechtsprechung des Senats auseinandersetzt, sondern vielmehr meint, diese beschäftige sich nicht mit dem hier inmitten stehenden Thema. Nach dieser gefestigten Senatsrechtsprechung ist nach der asyl- und abschiebungsrelevanten Lage in Iran nicht davon auszugehen, dass einem Übergetretenen schon wegen eines bloß formalen Wechsels zum christlichen Glauben im Ausland oder in Deutschland oder wegen einer bisherigen religiösen Betätigung im Ausland oder in Deutschland als solcher mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit bei einer Rückkehr in den Iran eine asylrechtlich relevante Verfolgung drohen könnte, und zwar auch nicht im Hinblick auf das Recht der Scharia (BayVGH, U.v. 29.10.2020 – 14 B 19.32048 – juris Rn. 22 f. m.w.N.); vielmehr knüpfen danach Gefahren in Iran im Hinblick auf Konversionen an die aktive Ausübung der neuen Religion in Iran oder den erzwungenen Verzicht auf eine solche aktive Ausübung des neuen identitätsprägenden Glaubens an (BayVGH, U.v. 29.10.2020 a.a.O. Rn. 22 m.w.N.), worauf auch das Verwaltungsgericht in der Sache abgestellt hat (vgl. UA ab S. 28 f.). Nach dem in der o.g. Berufungsentscheidung in Bezug genommenen Senatsbeschluss vom 7. November 2016 – 14 ZB 16.30380 – (juris Rn. 7) gilt dies auch, wenn der Rückkehrer sich in der Öffentlichkeit – etwa in sozialen Medien wie Facebook – zu seinem (angeblichen) christlichen Glauben bekannt hat.
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Der Kläger hat auch keine aktuellen Erkenntnisquellen benannt, die in Abweichung von dieser Rechtsprechung eine verfolgungsrelevante Gefährdung schon bei einem rein formal durch Taufe erfolgten Übertritt zum Christentum und einer auch öffentlichen religiösen Betätigung in Deutschland als beachtlich wahrscheinlich erscheinen lassen.
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Soweit der Kläger in seiner Begründung unter Hinweis auf „DFAT, Country Information Report, Iran, 14. April 2021, Seite 33“ darauf abstellt, aus Sicht der iranischen Behörden sei die nach diesem Bericht inkriminierte Handlung, andere Muslime von der Apostasie zu überzeugen, bereits geschehen, weil derartige Aktivitäten im Ausland iranischen Behörden zur Kenntnis gelangen, erfüllt dies die Darlegungsanforderungen nicht. Zum einen bezieht sich der genannte Report ausschließlich auf Christen in Iran, zum anderen hat der Kläger nach dem vorgetragenen entscheidungserheblichen Sachverhalt nicht explizit versucht, Muslime zur Apostasie zu verleiten; die aufgeworfene Frage bezieht sich hierauf auch nicht.
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Soweit der Kläger unter Hinweis auf Internetfundstellen der TAZ meint, iranische Behörden spähten ihre Landsleute in der Bundesrepublik aus und überwachten dabei auch Medien, beziehen sich diese Berichte auf Oppositionelle und verhalten sich nicht zu Konvertierten. Zudem geht der Bayerische Verwaltungsgerichtshof in seiner Rechtsprechung schon immer davon aus, dass eine Überwachung von im Exil lebenden Iranern durch den iranischen Geheimdienst in Deutschland stattfindet (vgl. nur BayVGH, B.v. 7.11.2016 – 14 ZB 16.30380 – juris Rn. 12) und entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass den iranischen Stellen bekannt ist, dass eine große Zahl iranischer Asylbewerber aus wirtschaftlichen oder anderen unpolitischen Gründen versucht, im westlichen Ausland und insbesondere in der Bundesrepublik Deutschland dauernden Aufenthalt zu finden, und hierzu Asylverfahren betreibt, in deren Verlauf bestimmte Asylgründe geltend gemacht werden und deshalb auch entsprechende Betätigungen stattfinden, u.a. auch der Beitritt zu religiösen Exilorganisationen, die häufig, wenn nicht vorwiegend dazu dienen, Nachfluchtgründe zu belegen; dabei geht die ständige Rechtsprechung davon aus, dass die iranischen Behörden diese Nachfluchtaktivitäten realistisch einschätzen (BayVGH, B.v. 7.11.2016 a.a.O. m.w.N.). Auch hiermit setzt sich der Kläger nicht auseinander.
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Soweit allerdings das Verwaltungsgericht auf Seite 29 seines Urteils ausführt, der Senat spreche davon, dass Asylbewerber aus dem Iran „überwiegend“ aus anderen als politischen Gründen in Deutschland versuchen würden, einen dauernden Aufenthalt zu erreichen, hierzu Asylverfahren betreiben und häufig eine Konversion zum Christentum behaupten, ist diese Aussage nicht richtig. Der Senat hat wie dargestellt nur von einer „großen Zahl“ iranischer Asylbewerber gesprochen, und dies zudem nicht allein bezogen auf eine Konversion, sondern insgesamt auf Nachfluchtaktivitäten, also auch solche exilpolitischer Art. Dies ändert aber nichts daran, dass sich der Kläger mit dieser Rechtsprechung nicht auseinandersetzt.
18
Zu Unrecht auf eine Senatsrechtsprechung gestützt ist auch die These des Verwaltungsgerichts, religiöse Aktivitäten des Klägers im Bundesgebiet seien „kritisch zu würdigen“ im Hinblick auf die Überzeugung des Verwaltungsgerichts, dass der Kläger im Iran keinen Kontakt zum christlichen Glauben gehabt, insbesondere auch keine christlichen Hauskirchen besucht habe (UA S. 27 vorletzter Absatz mit der Wendung „…so auch BayVGH, U.v. 25.2.2019 – 14 B 17.31462 – juris Rn. 58“). Vielmehr hat der Senat am angegebenen Ort lediglich festgehalten, Bezugnahmen auf „unglaubhaftes Vorbringen zur Vorverfolgung“ wirkten sich auf die Glaubhaftigkeit des Nachfluchtvorbringens aus, wobei er außerdem die Möglichkeit eines „neuen, das Vorfluchtvorbringen überlagernden Strangs“ zu einem identitätsprägenden inneren Einstellungswandel ausdrücklich festgehalten hat (BayVGH, U.v. 25.2.2019 a.a.O. Rn. 57). Nicht formuliert hat der Senat dagegen ein „allgemeines Erfordernis kritischer Würdigung“ für alle Fälle, in denen im Iran kein Kontakt zum Christentum bestand, insbesondere nicht für solche Konstellationen, in denen nach klägerischem Vortrag der Erstkontakt erst im Bundesgebiet erfolgt ist. Auch diese unrichtige Rezeption der Senatsrechtsprechung im angegriffenen verwaltungsgerichtlichen Urteil führt indes nicht zur Berufungszulassung, weil sich die Antragsbegründung damit nicht befasst.
19
Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger, der dieses Rechtsmittel vorliegend ohne Erfolg eingelegt hat (§ 154 Abs. 2 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird die angegriffene Entscheidung rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).