Titel:
Asylverfahren, Herkunftsland Kolumbien, Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung, Bedrohung wegen sozialen und politischen Engagements (unglaubhaft), Feststellung eines Abschiebungsverbots (verneint)
Normenketten:
GG Art. 16a Abs. 1
AsylG § 1 Abs. 1 Nr. 1
AsylG § 1 Abs. 1 Nr. 2, §§ 3 ff.
AufenthG § 60 Abs. 5 und 7 S. 1
AsylG § 34 Abs. 1 S. 1 Nr. 4
VwGO § 93
Schlagworte:
Asylverfahren, Herkunftsland Kolumbien, Verbindung zur gemeinsamen Entscheidung, Bedrohung wegen sozialen und politischen Engagements (unglaubhaft), Feststellung eines Abschiebungsverbots (verneint)
Fundstelle:
BeckRS 2025, 28291
Tenor
I. Die Verfahren M 31 K 25.31796 und M 31 K 25.31834 werden zur gemeinsamen Entscheidung verbunden.
II. Die Klagen werden abgewiesen.
III. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens gesamtschuldnerisch zu tragen.
IV. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Kläger (Vater, Mutter und ihr minderjähriger Sohn) sind kolumbianische Staatsangehörige. Sie reisten am 28. März 2025 auf dem Luftweg in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellten hier am 17. April 2025 Asylanträge.
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Nach vorheriger persönlicher Anhörung vom 25. April 2025 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) mit Bescheid vom 25. April 2025 (Az. …*) die Anträge der Klägerin zu 1) und des Klägers zu 2) auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes (Nr. 3) ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Die Kläger zu 1) und 2) wurden aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Kolumbien oder in einen anderen Staat angedroht, in den sie einreisen dürfen oder der zu ihrer Rückübernahme verpflichtet ist (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
3
Nach vorheriger persönlicher Anhörung am 17. April 2025 lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 30. April 2025 (Az. 1. *) den Antrag des Klägers zu 3) auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) sowie auf Zuerkennung des subsidiären Schutzes (Nr. 3) ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Kläger zu 3) wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb von 30 Tagen nach Bekanntgabe der Entscheidung bzw. nach unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens zu verlassen. Für den Fall der nicht fristgerechten Ausreise wurde die Abschiebung nach Kolumbien oder in einen anderen Staat angedroht, in den er einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist (Nr. 5). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
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Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 2) erhoben mit Schriftsatz vom 30. April 2025, bei Gericht eingegangen am 5. Mai 2025, gegen den o.g. Bescheid des Bundesamts (Az. …*) Klage (M 31 K 25.31796). Beantragt wird sinngemäß:
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. April 2025 zu verpflichten, die Kläger als Asylberechtigte anzuerkennen und ihnen die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise ihnen den subsidiären Schutz zuzuerkennen, und noch weiter hilfsweise festzustellen, dass bei ihnen Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Kolumbiens vorliegen.
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Der Kläger zu 3) erhob mit Schriftsatz vom 6. Mai 2025, bei Gericht eingegangen am 7. Mai 2025, gegen den Bescheid des Bundesamts (Az. 1. *) Klage (M 31 K 25.31834). Beantragt wird sinngemäß:
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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 30. April 2025 zu verpflichten, den Kläger als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise ihm den subsidiären Schutz zuzuerkennen, und noch weiter hilfsweise festzustellen, dass bei ihm Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 oder 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Kolumbiens vorliegen.
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Die Beklagte übersandte die Behördenakten. Sie beantragt jeweils,
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Die Rechtsstreite wurden mit Beschlüssen der Kammer, vom 25. Juni 2025 bzw. 27. Mai 2025, zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen. In der mündlichen Verhandlung am 25. Juli 2025 wurden die Rechtsstreite zur gemeinsamen Verhandlung verbunden. Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 3) wurden informatorisch angehört.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird Bezug genommen auf die Gerichtsakten, die vorgelegten Behördenakten sowie auf das Protokoll der Verhandlung vom 25. Juli 2025.
Entscheidungsgründe
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Über die gem. § 93 Satz 1 Alt. 1 VwGO aus Sachdienlichkeitsgründen zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Verwaltungsstreitsachen konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Juli 2025 trotz Ausbleibens der Beklagtenseite entschieden werden. Denn in der frist- und formgerechten Ladung zur mündlichen Verhandlung wurde darauf hingewiesen, dass auch im Fall des Nichterscheinens der Beteiligten verhandelt und entschieden werden kann (§ 102 Abs. 2 VwGO).
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Die zulässigen Klagen sind sowohl im Haupt- als auch im Hilfsantrag unbegründet.
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1. Die Kläger haben zum maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigte, auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder des hilfsweise begehrten subsidiären Schutzes inne. Gleiches gilt für die weiter hilfsweise angestrebte Feststellung, dass bei ihnen ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Kolumbiens besteht. Auch gegen die Abschiebungsandrohungen und das Einreise- und Aufenthaltsverbot, jeweils in den Nrn. 5 und 6 der streitgegenständlichen Bescheide, bestehen keine rechtlichen Bedenken. Vielmehr erweisen sich die Bescheide des Bundesamts vom 25. bzw. 30. April 2025 jeweils als rechtmäßig (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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1. Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zuerkennung der Asylberechtigung nach Art. 16a Abs. 1 GG, § 1 Abs. 1 Nr. 1 AsylG oder des internationalen Schutzes nach § 1 Abs. 1 Nr. 2, §§ 3 ff. AsylG.
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Weder der Vortrag der Kläger vor dem Bundesamt noch im gerichtlichen Verfahren ist geeignet, ihre Verfolgung oder das Drohen eines ernsthaften Schadens in Kolumbien i.S.d. Art. 16a Abs. 1 GG oder §§ 3 ff. AsylG ausreichend zu belegen.
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1.1 Weder die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Asylberechtigung nach Art. 16a Abs. 1 GG noch der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 4 AsylG liegen bei den Klägern vor.
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Gemäß Art. 16a Abs. 1 GG genießen politisch Verfolgte Asylrecht. Nach § 3 Abs. 1 AsylG ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will.
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Die Furcht vor Verfolgung (Art. 16a Abs. 1 GG, § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG) ist begründet, wenn dem Ausländer die oben genannten Gefahren aufgrund der in seinem Herkunftsland gegebenen Umstände in Anbetracht seiner individuellen Lage tatsächlich drohen. Der in dem Tatbestandsmerkmal „… aus der begründeten Furcht vor Verfolgung …“ des Art. 2 Buchst. d der RL 2011/95/EU enthaltene Wahrscheinlichkeitsmaßstab, der in § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG übernommen worden ist, orientiert sich an der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte. Er stellt auf die tatsächliche Gefahr ab („real risk“; vgl. EGMR, Große Kammer, U.v. 28.2.2008 – Nr. 37201/06, Saadi – NVwZ 2008, 1330); das entspricht dem Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 18.4.1996 – 9 C 77.95, Buchholz 402.240 § 53 AuslG 1990 Nr. 4; B.v. 7.2.2008 – 10 C 33.07, ZAR 2008, 192; U.v. 27.4.2010 – 10 C 5.09, BVerwGE 136, 377; U.v. 1.6.2011 – 10 C 25.10, BVerwGE 140, 22; U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12 – NVwZ 2013, 936). Dieser Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhalts die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine qualifizierende Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23.12, NVwZ 2013, 936; U.v. 5.11.1991 – 9 C 118.90 – BVerwGE 89, 162).
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Das Gericht muss dabei sowohl von der Wahrheit des vom Asylsuchenden behaupteten individuellen Schicksals als auch von der Richtigkeit der Prognose drohender Verfolgung bzw. Schadens die volle Überzeugung gewinnen. Dem persönlichen Vorbringen des Rechtssuchenden und dessen Würdigung kommt dabei besondere Bedeutung zu. Es ist Sache des Ausländers, die Gründe seiner Verfolgung und Bedrohung in schlüssiger Form vorzutragen (vgl. §§ 15, 25 AsylG). Dabei hat er unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich stimmigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei dessen Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung seine Furcht vor Verfolgung oder Bedrohung begründet ist, sodass ihm nicht zuzumuten ist, in das Herkunftsland zurückzukehren.
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Dies zugrunde gelegt, haben die Kläger ein Verfolgungs- oder Lebensschicksal, das die Zuerkennung einer Rechtsstellung als Asylberechtigter oder Flüchtling rechtfertigen würde, nicht glaubhaft dargelegt. Bei einer Gesamtschau des klägerischen Vortrags erweist sich dieser als unglaubhaft.
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Die Kläger haben im Wesentlichen vorgetragen, der Kläger zu 3) sei aufgrund seines sozialen und politischen Engagements ein sog. líder social in Kolumbien. Ab November 2024 hätten Kriminelle sie in C. bedroht und von ihnen Schutzgeld erpresst. Anfang Januar 2025 seien sie nach P. geflohen. Dort hätten sie zwei Monate in Ruhe gelebt. Am 10. März 2025 hätten dieselben Männer sie zusammen mit weiteren Kriminellen im Haus der Mutter des Klägers zu 3) aufgesucht und mit Schusswaffen bedroht. Die Mutter des Klägers zu 3) sei ihnen zur Hilfe gekommen. In einem darauffolgenden Gespräch mit dem Vorgesetzten dieser Männer, welche zu einer Untergruppierung der FARC, der sog. GAOR (grupos armados organizados residuales) gehören würden, hätte sich herausgestellt, dass der eigentliche Auftrag dieser Gruppierung gewesen sei, den Kläger zu 3) wegen dessen Engagements und die Klägerin zu 1) zu töten. Die Kläger befürchten, dass die Täter sie im Falle einer Rückkehr nach Kolumbien finden und töten könnten.
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Obwohl die Kläger sowohl bei ihrer Anhörung vor dem Bundesamt als auch in der mündlichen Verhandlung Gelegenheit hatten, kohärente und schlüssige Angaben zu machen, hat das Gericht erhebliche Zweifel daran, dass sich die von den Klägern als fluchtauslösend geschilderten Ereignisse so zugetragen haben, wie von ihnen behauptet. Der Vortrag des Klägers zu 3) und der Klägerin zu 1) stellt sich an zentralen Stellen als widersprüchlich sowie offenkundig gesteigert dar.
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Es mag zwar zutreffen, dass der Kläger zu 3) im Jahre 2003, d.h. im Kindesalter, gewaltsam vertrieben wurde. Die hierzu vorgelegten Unterlagen der Unidad para las Víctimas belegen dies. Dass zwischen dieser Vertreibung im Kindesalter und den als fluchtauslösend vorgetragenen Ereignissen ein etwaiger Zusammenhang bestünde, geschweige denn, dass sich die Kläger insoweit noch einer Verfolgungsgefahr oder einer Gefahr eines ernsthaften Schadens ausgesetzt sähen, ist jedoch bereits weder vorgetragen noch ersichtlich.
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Auch mag es zutreffen, dass die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 3) in C. Opfer von Schutzgelderpressungen geworden sind. Es ist jedoch weder glaubhaft, dass diese Schutzgelderpressungen im Zusammenhang mit einem etwaigen politischen und sozialen Engagement des Klägers zu 3) in P. stünden noch ist es glaubhaft, dass den Klägern im Falle einer Rückkehr nach Kolumbien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit droht, aufgrund einer etwaigen Stellung des Klägers zu 3) als sog. líder social getötet zu werden.
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Bereits der klägerische Vortrag hinsichtlich des angeblichen sozialen und politischen Engagements des Klägers zu 3) sowie seiner angeblichen Stellung als sog. líder social ist nicht glaubhaft. Erhebliche Widersprüche bestehen zunächst hinsichtlich des Zeitraums, in welchem der Kläger zu 3) sich angeblich sozial und politisch engagiert habe. So hat die Klägerin zu 1) in ihrer behördlichen Anhörung auf entsprechende Nachfrage des Bundesamts einen lediglich einjährigen Zeitraum (Oktober 2022 bis Oktober 2023) genannt. Demgegenüber trug der Kläger zu 3) in seiner schriftlichen Stellungnahme zu seinen Fluchtgründen, in beiden Verfahren jeweils vorgelegt mit Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 22. Juli 2025, vor, dass er sich „schon lange“ politisch und sozial engagiere. Sein Engagement habe so richtig nach seinem Umzug von P. nach C. Ende 2010 begonnen. In der mündlichen Verhandlung trug der Kläger zu 3) zudem vor, dass er auch noch in der Zeit nach der vermeintlichen Flucht der Kläger aus C. im Januar 2025 seinem politischen und sozialen Engagement in P. weiter nachgegangen sei.
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Darüber hinaus ist insbesondere der klägerische Vortrag hinsichtlich der vermeintlichen Unterstützung der Bürgermeisterin A. M. L. M. im Wahlkampf zur Wahl am 29. Oktober 2023 durch den Kläger zu 3) erheblich widersprüchlich und offenkundig gesteigert. So hat der Kläger zu 3) in seiner behördlichen Anhörung vorgetragen, dass er „die Bürgermeisterkandidatin von Cumbitara“ im Wahlkampf unterstützt habe, wobei er sich jedoch vor dem Bundesamt nicht an deren Namen erinnern konnte. In der mündlichen Verhandlung steigerte der Kläger zu 3) sodann sein Vorbringen und trug vor, dass er A. M. L. M. im Wahlkampf sowohl in der sog. Vorkampagne als auch in der Hauptkampagne unterstützt habe. Diese habe ihn persönlich darum gebeten, für sie im Wahlkampf tätig zu werden. Während der Vorkampagne habe er sich jeden Tag für die Kampagne eingesetzt und sei jeden Tag unterwegs gewesen. Es darf erwartet werden, dass jemand, der sich tagtäglich über ein halbes Jahr lang im Wahlkampf engagiert, sich auch noch eineinhalb Jahre nach der Wahl an den Namen der Kandidatin, die er unterstützt haben will, erinnern kann. Bemerkenswert ist insoweit auch, dass der Kläger zu 3) in der mündlichen Verhandlung auf Nachfrage des Gerichts nicht den damaligen Gegenkandidaten von A. M. L. M. benennen konnte. Der Name des Gegenkandidaten wäre jedoch ebenfalls ein zentrales Detail, an das man sich auch mehrere Jahre erinnern müsste.
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Auch verstrickte sich der Kläger zu 3) hinsichtlich der zeitlichen Schilderungen seiner Unterstützungshandlungen im Wahlkampf um das Bürgermeisteramt in unauflösliche Widersprüche. In seiner schriftlichen Stellungnahme trug er vor, dass er im Jahre 2024 A. M. L. M. im Wahlkampf unterstützt habe. Die Bürgermeisterwahl, bei der A. M. L. M. als Siegerin hervorging, fand jedoch bereits – so auch der Vortrag des Klägers zu 3) in der mündlichen Verhandlung – am 29. Oktober 2023 im Rahmen der regionalen Wahlen in Kolumbien fand (vgl. https://www.colombia.com/elecciones/2023/resultados/alcaldia.aspx?C=AL& D=23& M =39). In der mündlichen Verhandlung führte der Kläger zu 3) zunächst aus, er habe sich „von Beginn 2022 bis Juni 2022“ in der Vorkampagne engagiert. Im Rahmen der Rückübersetzung korrigierten die Kläger diese Angabe sodann und führten aus, dass sich der Kläger zwischen „Ende 2022 bis Juni 2023“ im Rahmen der Vorkampagne engagiert habe. Sodann führte der Kläger zu 3) aus, dass die Hauptkampagne drei Monate gedauert habe. Deren Dauer sei aufgrund gesetzlicher Vorgaben in Kolumbien auf drei Monate beschränkt. Auf die Nachfrage des Gerichts, von wann bis wann die Hauptkampagne stattgefunden habe, gab der Kläger zu 3) sodann in der mündlichen Verhandlung an, von ca. Juni bis 29. Oktober 2023. Auf Vorhalt des Gerichts, dass es sich hierbei um mehr als drei Monate handle, erklärte der Kläger lediglich, dass er sich an das genaue Startdatum nicht mehr erinnern könne bzw. es ihm schwer falle, die Vorkampagne von der Hauptkampagne zu trennen. Im Übrigen erwähnte die Klägerin zu 1) in ihrer behördlichen Anhörung auf die Nachfrage des Bundesamts, mit welchen Tätigkeiten sich der Kläger zu 3) als „líder social“ betätigt habe, ein etwaiges Engagement des Klägers zu 3) im Wahlkampf mit keinem Wort.
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Auch der klägerische Vortrag, dass der eigentliche Auftrag der vermeintlichen Schutzgelderpresser in C. gewesen sei, den Kläger zu 3) wegen dessen Engagements in P. und die Klägerin zu 1) zu töten, ist völlig unglaubhaft. So erschließt sich dem Gericht bereits nicht, warum die vermeintlichen Verfolger Kriminelle in das über 300km entfernte C. entsandt bzw. in C. mit der Ermordung beauftragt haben sollten, wenn der Kläger zu 3) sich doch – so dessen Vortrag in seiner schriftlichen Stellungnahme – regelmäßig ca. alle zwei Wochen in P. aufgehalten haben will und die dortige Dorfbevölkerung vorab auch über dessen Kommen informiert worden sein soll. Auch konnten die Kläger nicht ansatzweise plausibel erklären, warum sie im Januar 2025 vor den vermeintlich in C. erfahrenen Bedrohungen nach P. geflohen sein wollen. Die von den Klägern gegebene Erklärung, dass sie zum damaligen Zeitpunkt noch nicht gewusst hätten, dass die vermeintliche Schutzgelderpressung im Zusammenhang mit dem Engagement des Klägers zu 3) stehe und gedacht hätten, in P. sicher zu sein, ist nicht ansatzweise nachvollziehbar. So erschließt sich dem Gericht nicht, wieso die Kläger – selbst unterstellt, dass sie erst bei dem vermeintlichen Vorfall am 10. März 2025 erfahren hätten, dass der eigentliche Auftrag der angeblichen Schutzgelderpresser in C. gewesen sei, den Kläger zu 3) und die Klägerin zu 1) zu töten – sich in P. in Sicherheit geglaubt haben wollen, wenn es sich bei dem Kläger zu 3) doch aufgrund seines politischen und sozialen Engagements um einen líder social handeln soll, welcher sich u.a. über Jahre öffentlich gegen den Coca-Anbau in der Region eingesetzt und damit gegen die Interessen der dortigen illegalen Gruppierungen agiert haben will. Im Jahre 2023 wurden im Departamento Nariño, welchem P. angehört, vierzehn Sozialaktivisten ermordet; Nariño zählte damit zu den vier Departamentos Kolumbiens, in welchen die meisten Sozialaktivisten getötet wurden, wobei nichtstaatliche bewaffnete Gruppen in 74% der Fälle für die Tötungen verantwortlich waren (Bericht des Außenministeriums der Niederlande, „General Country of Origin Information Report on Colombia“ vom 1. Juni 2024, S. 62). Hinzu kommt, dass ausweislich des im Verfahren des Klägers zu 3) mit Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 22. Juli 2025 vorgelegten, undatierten Presseartikels von infobae wenige Monate vor der vermeintlichen Flucht der Kläger nach P. , im November 2024, der zum damaligen Zeitpunkt amtierende Personero von Cumbitara, Jimmy Alejandro Rosero Chávez, ermordet wurde (vgl. zum Amt und zur Funktion eines Personeros in Kolumbien: Bericht des Außenministeriums der Niederlande, „General Country of Origin Information Report on Colombia“ vom 1. Juni 2024, S. 49 f). Nach dem Vortrag des Klägers zu 3) in dessen schriftlicher Stellungnahme habe es sich bei jenem um den „wichtigsten sozialen Führer in der Gegend“ gehandelt. Dass der Kläger zu 3) nur kurze Zeit nach der Ermordung eines sozialen Führers mit seiner Familie dennoch nach P. geflohen sein will, ist nicht nachvollziehbar und lebensfremd. Die von den Klägern in der mündlichen Verhandlung auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts insoweit gegebene Erklärung, dass sie dessen Ermordung nicht so interpretiert hätten, als dass diese im Zusammenhang mit dessen politischer Tätigkeit gestanden hätte und dass sie diese somit nicht als Bedrohung für sich selbst bzw. generell für politische bzw. soziale Führer in Kolumbien aufgefasst hätten, steht im unauflöslichen Widerspruch zu den Angaben des Klägers zu 3) in seiner schriftlichen Stellungnahme. So hatte der Kläger zu 3) dort noch ausgeführt, dass die Ermordung von Jimmy Alejandro Rosero Chávez eine Warnung der Guerilla an die Stadtverwaltung und die sozialen Führer gewesen sei, mit ihrer Tätigkeit aufzuhören. Nach dessen Ermordung hätten viele Mitglieder der Stadtverwaltung gekündigt, die Bürgermeisterin und viele soziale Führer seien geflohen.
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Auch ist es nicht überzeugend, dass – würde der Kläger zu 3) tatsächlich auf einer „Todesliste“ stehen – die Kläger zwei Monate völlig unbehelligt in P. verbracht haben wollen, in welchen der Kläger zu 3) – so jedenfalls dessen Vortrag in der mündlichen Verhandlung – auch weiterhin ohne jegliche Zwischenfälle, geschweige denn etwaige Versuche, ihn zu ermorden, öffentlich seinem Engagement nachgegangen sein will.
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Auch der klägerische Vortrag, wonach nach der Ausreise der Kläger zwei bewaffnete Personen in Guerilla-Uniform erneut zum Haus der Mutter des Klägers zu 3) gekommen sein sollen, diese bedroht und gefragt hätten, wo der Kläger zu 3) sei, wertet das Gericht als rein asyltaktisch motiviert. So haben die Kläger dies erstmals im gerichtlichen Verfahren vorgetragen. Vor dem Bundesamt erwähnte weder die Klägerin zu 1) in ihrer behördlichen Anhörung am 25. April 2025 noch der Kläger zu 3) in dessen Anhörung am 17. April 2025 mit keinem Wort, dass die Mutter des Klägers zu 3) nach deren Ausreise bedroht worden sei. Vielmehr gab der Kläger zu 3), welcher nach seinen eigenen Angaben über Whatsapp mit seiner Familie in Kontakt steht, in seiner behördlichen Anhörung auf entsprechende Nachfrage des Bundesamts, ob es nochmals Drohungen gegeben habe, an „Nicht, dass ich wüsste.“ Hätten bewaffnete Personen in Guerilla-Uniform tatsächlich die Mutter des Klägers zu 3) nach dessen Ausreise bedroht und nach dem Kläger zu 3) gesucht, hätte es sich aufgedrängt, diese Details bereits beim Bundesamt zu erwähnen. Diese Tatsachen haben die Kläger ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren eingeführt, so dass das Gericht davon überzeugt ist, dass diese Steigerung im Vortrag des Sachverhalts durch die Kläger rein asyltaktisch motiviert ist.
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Die zwei vom Kläger zu 3) vorgelegten „Bescheinigungen zum sozialen und politischen Engagement“ führen zu keiner anderen Bewertung.
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Bei der auf den 20. März 2025 datierten „Bescheinigung“, welche angeblich von einer ehemaligen Stadträtin von P. , ... , ausgestellt worden sein soll, handelt es sich um eine – nicht unterschriebene – Privaturkunde, welche jedenfalls keinerlei Beweiskraft dahingehend besitzt, dass die enthaltene Erklärung inhaltlich richtig ist. Die Frage der inhaltlichen Wahrheit hat das Gericht nach seiner freien Überzeugung gemäß § 108 Abs. 1 VwGO zu würdigen. (vgl. VG Ansbach, U.v. 10.11.2016 – AN 2 K 15.31041 – juris Rn. 28 m.w.N.) Angesichts der obigen Ausführungen und des Umstands, dass die Kläger mit keinem Wort erwähnt haben, dass der Kläger zu 3) auch die ehemalige Stadträtin bei einer erneuten Kandidatur unterstützt hätte sowie des Umstands, dass in der „Bescheinigung“ als Zeitraum für die Kandidatur das Jahr „2024“ angegeben wird, die Stadtratswahlen jedoch im Rahmen der regionalen Wahlen im Oktober 2023 stattgefunden haben (vgl. https://www.colombia.com/elecciones/2023/resultados/concejo-municipal.aspx?C=CO& D=23& M=39&P=1& R=2), steht nach Überzeugung des Gerichts fest, dass die Erklärung inhaltlich unzutreffend ist.
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Soweit der Kläger zudem eine auf den 7. April 2025 datierte, vermeintlich durch den ... ausgestellte „Bescheinigung“ vorgelegt hat, hat das Gericht bereits erhebliche Zweifel an der Echtheit des vorgelegten Dokuments. Für die Frage, ob das vorgelegte Dokument echt ist, gilt die freie Beweiswürdigung. Aus den grundsätzlich auch im Verwaltungsstreitverfahren entsprechend anzuwendenden (§ 98 VwGO) Beweisregeln zur Echtheit von Urkunden nach den §§ 437 ff. ZPO ergeben sich hier keine Einschränkungen. Denn das nur in Kopie bzw. als Ausdruck eines elektronischen Dokuments eingereichte, unbeglaubigte Dokument stellt schon keine (öffentliche) Urkunde in diesem Sinne dar. Etwas Anderes ergäbe sich allerdings auch dann nicht, wenn diese Beweisregeln Anwendung fänden. Denn da es sich bei dem vorgelegten Dokument um eine ausländische öffentliche Urkunden handeln soll, spräche für deren Echtheit keine gesetzliche Vermutung, vielmehr hätte das Gericht über die Echtheit dann ebenfalls nach den konkreten Umständen des Falles aufgrund freier Beweiswürdigung zu entscheiden (§ 438 Abs. 1 ZPO), sofern der Beweis der Echtheit nicht durch Legalisation erbracht ist oder die Urkunde aufgrund staatsvertraglicher Sonderregelungen (Apostille) einer inländischen öffentlichen Urkunde gleichgestellt ist, was hier jedoch beides nicht der Fall ist (vgl. dazu VG Hamburg, U. v. 16.11.2023 – 1 A 4849/21 – juris Rn. 48 m.w.N.).
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Zweifel an der Echtheit des Dokuments ergeben sich bereits aus der „Bescheinigung“ selbst. So ist der Briefkopf größtenteils verpixelt bzw. unscharf und enthält der lediglich insgesamt fünf Sätze umfassende Text der „Bescheinigung“ einen unvollständigen Satz. Auch enthält die „Bescheinigung“ unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags in zeitlicher Hinsicht inhaltliche Ungereimtheiten. So hatte die Klägerin zu 1) – wie bereits zuvor ausgeführt – vor dem Bundesamt angegeben, dass der Kläger zu 3) sich von Oktober 2022 bis Oktober 2023 engagiert habe, wohingegen die „Bescheinigung“ angebliche Verdienste des Klägers zu 3) während der derzeitigen Regierungsperiode, d.h. nach Oktober 2023, benennt.
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Unabhängig davon geht aus keiner der vorgelegten Bescheinigungen auch nur ansatzweise hervor, dass der Kläger zu 3) aufgrund seines angeblichen Engagements Bedrohungen oder dergleichen ausgesetzt gewesen wäre. In der „Bescheinigung“ vom 20. März 2025 heißt es lediglich pauschal, dass der Kläger zu 3) sich aufgrund „Umstände, die außerhalb seiner Kontrolle liegen“ von der Gemeinschaft distanziert habe.
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1.2. Im Übrigen kann – unabhängig vom Vorstehenden – selbst im Falle einer Wahrunterstellung das Gericht unter Berücksichtigung der verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) nicht feststellen, dass den Klägern im Falle einer Rückkehr nach Kolumbien mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine dem Schutzbereich des § 3 Abs. 1 AsylG unterfallende Gefährdung droht.
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Aus dem klägerischen Vortrag ergeben sich selbst im Falle einer Wahrunterstellung keine Anhaltspunkte dafür, dass die Kläger einer Verfolgung staatlicherseits ausgesetzt wären. Soweit die Kläger von Bedrohungen ihrer körperlichen Integrität und ihrer Leben betreffend berichten, handelt es sich um Bedrohungen, die nicht vom Staat ausgingen, sondern durch illegale Gruppierungen bzw. Reste und Dissidenten ehemaliger Guerillagruppen, vor allem Splittergruppen der FARC. Wird, wie hier, eine Verfolgung von privater Seite geltend gemacht, bedarf es einer eingehenden Prüfung, inwieweit Schutz gegen Verfolgung durch staatliche Akteure erlangt werden kann. Die sinngemäße pauschale Behauptung der Kläger, es sei von der kolumbianischen Polizei und Justiz keine Hilfe zu erwarten, begründet nicht die nach § 3c Nr. 3 AsylG erforderliche Annahme, die in § 3c Nr. 1 und 2 AsylG genannten Akteure seien erwiesenermaßen nicht in der Lage oder nicht willens, Schutz vor Verfolgung zu bieten. Dies ist mit Blick auf die Erkenntnislage in Kolumbien – und speziell in der Heimatregion der Kläger, C. – nicht der Fall (vgl. aktuell insbesondere Home Office UK, Country Policy and Information Note Columbia: Actors of protection, January 2025, S. 6 ff.). Insbesondere können sich Personen, deren Leben, Freiheit, Integrität und Sicherheit aufgrund ihrer politischen, beruflichen oder sozialen Tätigkeiten bedroht sind, an das staatliche Schutzprogramm der UNP (Unidad Nacional de Protección) wenden (vgl. Bericht des Außenministeriums der Niederlande, „General Country of Origin Information Report on Colombia“ vom 1. Juni 2024, S. 54 f; Home Office UK, Country Policy and Information Note Columbia: Actors of protection, January 2025, S. 37 ff.). Zwar wird von fehlenden (finanziellen) Ressourcen und anderweitigen Missständen, insbesondere Korruption, innerhalb der UNP berichtet (vgl. Bericht des Außenministeriums der Niederlande, „General Country of Origin Information Report on Colombia“ vom 1. Juni 2024, S. 57 f; Home Office UK, Country Policy and Information Note Columbia: Actors of protection, January 2025, S. 39). Auch wird berichtet, dass die Zahl der Schutzanträge die Zahl derjenigen, welchen Schutz gewährt wird, in den letzten Jahren deutlich übersteige. So seien im Jahre 2023 64.581 Schutzanträge bei der UNP gestellt worden, während lediglich zwischen 7.000 und 8.000 Personen Schutz gewährt worden sei (vgl. Bericht des Außenministeriums der Niederlande, „General Country of Origin Information Report on Colombia“ vom 1. Juni 2024, S. 55). Weiterhin wird berichtet, dass im Jahre 2023 elf Sozialaktivisten, welchen Schutz durch die UNP gewährt worden war, getötet wurden (vgl. Bericht des Außenministeriums der Niederlande, „General Country of Origin Information Report on Colombia“ vom 1. Juni 2024, S. 59). Ein vollständiger Schutz gegen Verfolgungsgefahren durch nichtstaatliche Akteure wird jedoch nicht geschuldet. Es kann nicht verlangt werden, dass ein Staat sämtliche Risiken beseitigt. Die Forderung nach einem lückenlosen Schutz ginge – wie allgemein in Bezug auf Übergriffe krimineller Art – an einer wirklichkeitsnahen Einschätzung der Effizienz staatlicher Schutzmöglichkeiten vorbei. Maßgeblich ist ein pragmatischer Standard der vom Heimatstaat vernünftigerweise gegenüber der Bevölkerung geschuldeten Schutzpflichten. Selbst wenn Bedrohungen und/oder Übergriffe durch Kriminelle durchaus zum Alltag insbesondere auch und gerade der kolumbianischen Großstädte gehören mögen, ist ein ausreichender Schutz so lange anzunehmen, als eine im Einzelfall fehlende Schutzbereitschaft nicht Ausdruck einer grundsätzlich-systemischen Schutzunwilligkeit oder Schutzunfähigkeit des Staates gegenüber solchen Gefahren ist (vgl. zusammenfassend Hailbronner, Ausländerrecht, § 3d AsylG, Rn. 18 m.w.N. der Rechtsprechung). Nach der bisherigen ständigen Rechtsprechung (vgl. die insoweit auf die Neuregelung des Ausländer- und Asylrechts vom 30.7.2004 übertragbaren Entscheidungen BVerwG, U.v. 3.12.1985, BVerwGE 72, 269 und U.v. 18.2.1986, BVerwGE 74, 41) wie auch nach aktuell geltendem Recht ist es ausreichend, wenn Schutzakteure geeignete Schritte einleiten, um die Verfolgung oder den ernsthaften Schaden zum Beispiel durch wirksame Rechtsvorschriften zur Ermittlung, Strafverfolgung und Ahndung der Verfolgungshandlungen zu verhindern und der Betroffene Zugang zu diesem Schutz hat (vgl. § 3d Abs. 2 AsylG i.V.m. § 4 Abs. 3 AsylG). Diese Voraussetzungen sind zur Überzeugung des Gerichts in Kolumbien, wie oben ausgeführt, gegeben. Insbesondere hat der kolumbianische Staat sich im konkreten Einzelfall der Kläger weder als schutzunfähig noch -unwillig erwiesen. Nach ihren eigenen Angaben haben die Kläger vor ihrer Ausreise bereits keinerlei Versuche unternommen, staatlichen Schutz in Anspruch zu nehmen. Hieran ändert auch der Vortrag der Kläger nichts, wonach die Mutter des Klägers zu 3) nach deren vermeintlichen Bedrohung am 15. April 2025 versucht habe, eine Anzeige bei der „Defensoría del pueblo“ zu erstatten, ihr jedoch dort „geraten“ worden sei, keine Anzeige zu erstatten, weil sie damit sich und ihre Familie in Gefahr bringen könnte. Wie bereits zuvor ausgeführt – wertet das Gericht diesen erstmals im gerichtlichen Verfahren erhobenen Vortrag als rein asyltaktisch und unglaubhaft. Unabhängig davon ist der Vortrag – selbst im Falle einer Wahrunterstellung – nicht ansatzweise geeignet, zu belegen, dass der kolumbianische Staat im Falle der Kläger schutzunfähig bzw. – unwillig wäre. Zunächst sind – entgegen des klägerischen Vortrags – Strafanzeigen in Kolumbien bei der örtlich nächstgelegenen Staatsanwaltschaft (Fiscalía) oder Polizeistation zu stellen; die Defensoría del Pueblo ist nicht befugt, selbst Strafverfahren einzuleiten, sondern kann lediglich ihre Ergebnisse an die Staatsanwaltschaft und die Polizei weiterleiten (vgl. Bericht des Außenministeriums der Niederlande, „General Country of Origin Information Report on Colombia“ vom 1. Juni 2024, S. 49 f). Auch sind etwaige Schutzanträge – wie zuvor ausgeführt – bei der UNP zu stellen. Im Übrigen ist weder vorgetragen noch ersichtlich, dass die Mutter des Klägers zu 3), selbst wenn sie einen solchen „Rat“ bei der Defensoría del Pueblo erhalten haben sollte, tatsächlich daran gehindert worden wäre, Strafanzeige zu erstatten oder einen Schutzantrag zu stellen, geschweige denn, dass ein solcher abgelehnt worden wäre.
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Wiederum unabhängig vom vorstehend Ausgeführten selbstständig die vorliegende Entscheidung tragend, besteht im Falle der Bedrohung durch nichtstaatliche Akteure in Kolumbien die grundsätzliche Möglichkeit einer inländischen Fluchtalternative (vgl. VG München, U.v. 25.6.2025 – M 31 K 25.31016 – juris, Rn. 24). Die Umstände des Einzelfalls, soweit hier vorgetragen, gebieten keine Abweichung hiervon. Das Gericht folgt den zutreffenden Feststellungen und den zutreffenden Begründungen der Bescheide vom 25. April 2025 (dort unter Nr. 3, S. 7 f) bzw. vom 30. April 2025 (dort unter Nr. 1. und 2., S. 5 f) und sieht daher insoweit von einer eigenständigen Darstellung der Entscheidungsgründe ab (§ 77 Abs. 3 AsylG). Lediglich ergänzend wird Folgendes ausgeführt: Auch unter Berücksichtigung des weiteren klägerischen Vortrags im gerichtlichen Verfahren bestünde – selbst im Falle einer Wahrunterstellung – zur Überzeugung des Gerichts für die Kläger in Kolumbien eine inländische Fluchtalternative i.S.d. § 3e AsylG. Nach der aktuellen Erkenntnislage ist es für Personen, insbesondere auch Sozialaktivisten, die von Bedrohungen durch Mitglieder krimineller Vereinigungen, gerade auch von Teil-/Splittergruppen der FARC und sonstigen ehemaligen Guerillagruppen, betroffen sind, grundsätzlich möglich, sich innerhalb Kolumbiens einer solchen zu entziehen, indem sie in eine (andere) (Groß-)Stadt ausweichen (vgl. Home Office UK, Country Policy and Information Note Columbia: Internal relocation, February 2025, S. 6 ff.; Bericht des Außenministeriums der Niederlande, „General Country of Origin Information Report on Colombia“ vom 1. Juni 2024, S. 56 f). Im Jahre 2024 betrachteten sich sechs Millionen Personen in Kolumbien als sog. líder social (vgl. Bericht des Außenministeriums der Niederlande, „General Country of Origin Information Report on Colombia“ vom 1. Juni 2024, S. 15). Auch unter Berücksichtigung des klägerischen Vortrags im gerichtlichen Verfahren ist für das Gericht – selbst im Falle einer Wahrunterstellung – nicht ansatzweise ersichtlich, dass der Kläger zu 3) hier eine besonders exponierte Stellung innehätte, so dass seine potentiellen Verfolger – selbst wenn man darüber hinaus unterstellt, dass diese über die entsprechenden Mittel verfügen würden – auch den Willen hätten, die Kläger landesweit ausfindig zu machen. So hat der Kläger zu 3) in seiner schriftlichen Stellungnahme selbst vorgetragen, dass er in Kolumbien national betrachtet keine besonders wichtige Person darstelle. Auch ist nichts dafür ersichtlich, dass der Kläger zu 3) über etwaige Informationen verfügen würde, die für seine vermeintlichen Verfolger ein Risiko darstellen könnten. Gegen ein derartiges Verfolgungsinteresse spricht schließlich auch, dass nach dem eigenen Vortrag der Kläger in der mündlichen Verhandlung auch nach der vermeintlichen Bedrohung der Mutter des Klägers zu 3) am 15. April 2025 mehrere Familienmitglieder des Klägers zu 3), darunter auch dessen Mutter, nach wie vor unbehelligt in P. leben.
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Eine weitere Ermittlung des Sachverhalts von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 VwGO) war nicht geboten, da die Kläger es unter Verstoß gegen ihre Mitwirkungslast unterlassen hat, von sich aus einen ausreichend schlüssigen und widerspruchsfreien Sachverhalt zu schildern (vgl. Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 86 Rn. 47). Nach Auffassung des Gerichts haben die Kläger sich im März 2025 aus ungeklärten, indes nicht verfolgungsrelevanten Gründen zu einem Verlassen Kolumbien entschlossen; eine schutzrelevante Bedrohung in ihrer Heimat ist nicht gegeben. Bei einer Gesamtschau des klägerischen Vortrags erweist sich dieser als unglaubhaft. Es drängt sich dem Gericht der Eindruck auf, dass die Kläger zur angeblichen Bedrohung im Wesentlichen nicht ein von ihnen selbst erlebtes, sondern ein in weiten Teilen erfundenes Geschehen schildern. Selbst im Falle einer Wahrunterstellung würde es sich zudem um keine asyl- oder flüchtlingsrelevante Verfolgung handeln. Auch könnten die Kläger einer etwaigen Bedrohung innerhalb Kolumbiens örtlich ausweichen.
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Eine Verfolgung in Kolumbien durch staatliche oder insbesondere nichtstaatliche Akteure steht somit zur Überzeugung des Gerichts für die Kläger nicht zu befürchten.
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1.3 Der Vortrag der Kläger ist auch nicht geeignet, das Drohen eines ernsthaften Schadens in Kolumbien i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylG ausreichend zu belegen.
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Subsidiär schutzberechtigt ist, wer stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, ihm drohe in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden in Gestalt der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe (Satz 2 Nr. 1), der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung (Satz 2 Nr. 2) oder einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlich bewaffneten Konflikts (Satz 2 Nr. 3). Es ist vorliegend nicht ersichtlich, dass einer dieser Tatbestände einschlägig wäre. Die Kläger haben nicht vorgetragen, dass ihnen im Falle einer Rückkehr nach Kolumbien ein ernsthafter Schaden in Gestalt der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe, der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Bestrafung oder einer ernsthaften individuellen Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlich bewaffneten Konflikts drohen könnte.
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Allenfalls käme hier eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit der Kläger infolge willkürlicher Gewalt durch kriminelle Banden und Guerillagruppen in Betracht. Auch in der hier allein zu erwägenden Variante des innerstaatlichen bewaffneten Konflikts bedarf es dazu einer bewaffneten Auseinandersetzung zwischen Streitkräften, die sich von der bloßen willkürlichen Gewaltanwendung des Staates oder einzelner Gruppen gegen Zivilpersonen unterscheidet. Notwendig dafür ist ein Aufeinandertreffen entweder der regulären Streitkräfte mit bewaffneten Gruppen oder zwischen zwei oder mehreren bewaffneten Gruppen (vgl. EuGH, U.v. 30.1.2014 – C 285/12 – juris). In Kolumbien fehlt es seit der Umsetzung des Friedensprozesses mit der vormals größten Guerillagruppe FARC sowie den Bemühungen der kolumbianischen Regierung und ziviler und kirchlicher Institutionen, Friedensgespräche auch mit dem ELN zu führen, an einem Konflikt i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG. Zur Überzeugung des Gerichts besteht auch mit Blick auf den Umstand, dass in Kolumbien derzeit eine Gemengelage aus verschiedenen, sich gegenseitig bekämpfenden Gruppierungen und Drogenbanden besteht und aufgrund der Zersplitterung des Konflikts von einer vollständigen und landesweiten Beseitigung der Gewalt derzeit nicht auszugehen ist, kein landesweiter bewaffneter Konflikt. Dies deshalb, weil sich diese Konfliktlage ganz überwiegend auf regional begrenzte Bereiche bezieht und trotz des allgemein hohen Kriminalität- und Gewaltniveaus in Kolumbien gerade auch in den Großstädten nicht festgestellt werden kann, dass die sicherheitsrelevanten Vorfälle ein solches Ausmaß willkürlicher Gewalt erreichten, dass für Betroffene, insbesondere Auslandsrückkehrer wie den Klägern, mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr bestünde, ziviles Opfer eines solchen Konflikts zu werden (vgl. aktuell insbesondere Home Office UK, Country Policy and Information Note Columbia: Actors of protection, January 2025, S. 7; VG Lüneburg, U.v. 22.7.2024 – 1 A 37/23 – juris).
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Wie vorstehend unter 1.1 ausgeführt, ist der individuelle Vortrag der Kläger zu einer Bedrohung durch eine kriminelle Bande bzw. Guerillagruppen bereits nicht glaubhaft, sodass auch keine weiteren Besonderheiten des Einzelfalls vorliegen. Den Klägern droht zur Überzeugung des Gerichts weder aufgrund der Sicherheitslage noch ihrer persönlichen Situation als Auslandsheimkehrer ein ernsthafter Schaden. Zudem bestünde, wie ebenfalls bereits ausgeführt, für sie eine inländische Fluchtalternative i.S.d. § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3e AsylG.
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2. Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG scheiden unter Berücksichtigung der allgemeinen Situation in Kolumbien und der individuellen Umstände der Kläger ebenfalls aus.
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Im Hinblick auf § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK reicht der Umstand, dass die Lage des Betroffenen und seine Lebensumstände im Fall einer Aufenthaltsbeendigung erheblich beeinträchtigt würden, allein nicht aus, einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK anzunehmen; anderes kann nur in besonderen – hier nicht vorliegenden – Ausnahmefällen gelten, in denen humanitäre Gründe zwingend gegen die Aufenthaltsbeendigung sprechen (vgl. EGMR, U.v. 27.5.2008 – 26565/05 – NVwZ 2008, 1334; BVerwG, U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris; B.v. 25.10.2012 – 10 B 16/12 – juris). Unabhängig davon, in welchen Fällen existenzbedrohende Armut im Sinne von Art. 3 EMRK relevant sein kann, liegen Anhaltspunkte hierfür nicht vor.
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Die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 3) sind volljährig und arbeitsfähig; die normative Vermutung nach § 60a Abs. 2c Satz 1 AufenthG ist nicht widerlegt. Die Klägerin zu 1) verfügt nach eigenen Angaben über eine abgeschlossene Ausbildung im Businessmanagement und über Arbeitserfahrung als Kellnerin sowie Sicherheitsfachkraft. Der Kläger zu 3) verfügt nach eigenen Angaben über Arbeitserfahrung in der Gastronomie, Kundenbetreuung, als Kurierfahrer und als Leiter eines Restaurants. Soweit der Kläger zu 3) vor dem Bundesamt vorgetragen hatte, dass er in Kolumbien Schulden i.H.v. 32 Millionen kolumbianischen Pesos im Zusammenhang mit einem Wohnprojekt habe, steht dies im Übrigen im Widerspruch zu dem mit Schriftsatz der Klägerbevollmächtigten vom 22. Juli 2025 vorgelegten Schreiben „Kündigung des Hauses“, datiert auf den 12. Februar 2025, aus dem hervorgeht, dass der Vertrag mit dem Bauträger aufgelöst worden sei und dass dieser die bereits von den Klägern geleisteten Zahlungen – lediglich abzüglich einer Verwaltungsgebühr, welche einem gesetzlichen monatlichen Mindestlohn entspreche – zurückerstatte. Es war den Klägern auch möglich, die Kosten der Ausreise von ca. 2.300,00 EUR aus eigenen finanziellen Mitteln zu finanzieren. Vor diesem Hintergrund ist nichts dafür erkennbar, dass die Klägerin zu 1) und der Kläger zu 3), die in ihrer Heimat aufgewachsen und sozialisiert sind, nicht in der Lage wären, im Falle der Rückkehr ihren Lebensunterhalt für sich und den Kläger zu 2) zumindest „mit ihrer Hände Arbeit“, wenn gegebenenfalls auch auf eher niedrigem Niveau, so doch noch ausreichend zu bestreiten. Bessere wirtschaftliche oder soziale Perspektiven in Deutschland begründen kein Abschiebungsverbot. Aus den zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Erkenntnismitteln ergibt sich, dass nach derzeitigem Stand in Kolumbien aufgrund der dort vorherrschenden wirtschaftlichen Lage und der allgemeinen Lebensumstände nichts Konkretes für einen Verstoß gegen Art. 3 EMRK erkennbar ist. Die negativen wirtschaftlichen Folgen werden die Kläger im Falle der Rückkehr nach Kolumbien dort sicherlich spüren. Dass dies für sie aber derart existenzielle Folgen zeitigen wird, dass ihnen existenzbedrohende Armut und somit gleichsam die Verelendung droht, ist zur Überzeugung des Gerichts nicht wahrscheinlich.
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Auch die Voraussetzungen des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG liegen nicht vor. Danach soll von einer Abschiebung abgesehen werden, wenn im Zielstaat für den Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht.
50
Bei den in Kolumbien vorherrschenden Lebensbedingungen handelt es sich um eine Situation, der die gesamte Bevölkerung ausgesetzt ist, weshalb Abschiebeschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG ausschließlich durch eine generelle Regelung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG gewährt wird. Eine extreme Gefährdungslage, bei der aufgrund der Schutzwirkungen der Grundrechte aus Art. 1 Abs. 1 und Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG ausnahmsweise dann nicht greift (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1995 – 9 C 9/95 – juris; U.v. 31.1.2013 – 10 C 15/12 – juris), wenn ein Einzelner gleichsam sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde, liegt nicht vor. Dies hat das Bundesamt in den streitbefangenen Bescheiden, jeweils unter Nr. 4 der Begründung (vgl. S. 9 ff. bzw. S. 13 ff) zutreffend festgestellt; hierauf wird Bezug genommen (§ 77 Abs. 3 AsylG). Aus den vorliegenden aktuellen Erkenntnismitteln, ergibt sich hierzu nichts Gegenteiliges.
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3. Schließlich erweisen sich auch die Abschiebungsandrohungen und Befristungsentscheidungen der verfügten Einreise- und Aufenthaltsverbote, jeweils in den Nrn. 5 und 6 der streitgegenständlichen Bescheide, als rechtmäßig. Insbesondere wurde weder vorgetragen noch ist dies sonst ersichtlich, dass dem Erlass der Abschiebungsandrohungen die Vorschrift des § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG, die durch das Gesetz zur Verbesserung der Rückführung (Rückführungsverbesserungsgesetz vom 21. Februar 2024 – BGBl I Nr. 54), in Kraft getreten am 27. Februar 2024, eingefügt wurde, entgegenstehen würde. Durch die Verbindung der Rechtsstreite zur gemeinsamen Entscheidung ist sowohl die Gefahr widersprechender Entscheidungen als auch die Gefahr eines Auseinanderfallens der Zeitpunkte, in denen die Entscheidungen jeweils in Rechtskraft erwachsen und die jeweils auf die Dauer des Asylverfahrens beschränkten Aufenthaltsgestattungen (§ 55 Abs. 1 AsylG) erlöschen, verwaltungsprozessrechtlich weitestgehend minimiert worden, so dass folglich zum Entscheidungszeitpunkt unterstellt werden kann, dass eine gemeinsame Ausreise der Kläger mit Abschluss der Asylverfahren möglich sein wird. Selbst wenn die Asylverfahren der Klägerin zu 1) sowie des Klägers zu 2) einerseits und das Asylverfahren des Klägers zu 3) andererseits zu unterschiedlichen Zeitpunkten abgeschlossen werden sollten, ist im Entscheidungszeitpunkt nicht damit zu rechnen, dass die Zeitpunkte des Abschlusses der Asylverfahren maßgeblich auseinanderfallen werden und es zu einer Trennung, wenn überhaupt, von nicht nur kurzer Dauer kommt.
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Sonach waren die Klagen mit der Kostenfolge der §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 2 VwGO abzuweisen; das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
53
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.