Titel:
straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung zum Parken in einer, Parkverbotszone, Nichtigkeitsfeststellungsklage eines Dritten
Normenketten:
StVO § 46 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, 11
VwGO § 43 Abs. 1
BayVwVfG Art. 44 Abs. 1
Schlagworte:
straßenverkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung zum Parken in einer, Parkverbotszone, Nichtigkeitsfeststellungsklage eines Dritten
Vorinstanz:
VG Würzburg, Urteil vom 14.06.2024 – W 6 K 23.1551
Fundstelle:
BeckRS 2025, 2828
Tenor
I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger begehrt die Feststellung der Nichtigkeit einer verkehrsrechtlichen Ausnahmegenehmigung von einem Parkverbot, die die Beklagte der Beigeladenen unbefristet erteilt hat.
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Das Wohnanwesen des Klägers, das an der Außenseite einer Kurve einer Gemeindestraße liegt, grenzt an das Anwesen der Beigeladenen. Die Straße liegt im Bereich einer Tempo 30- (Zeichen 274.1) und einer Parkverbotszone (Zeichen 290.1), die Teil eines Parkraumkonzepts der Beklagten sind. Mit einstimmigem Beschluss vom 26. Juli 2022 entschied der Stadtrat der Beklagten, das Parken vor Grundstückszufahrten innerhalb der hier maßgeblichen Parkverbotszone im Wege von Ausnahmegenehmigungen zugunsten der jeweiligen Grundstückseigentümer zu ermöglichen.
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Am 12. August 2022 beantragte die Beigeladene eine Ausnahmegenehmigung zum Parken vor ihrer Grundstückszufahrt.
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Nach einem Fahrversuch am 24. Oktober 2022 in Anwesenheit der Feuerwehr erteilte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 28. Oktober 2022 gestützt auf § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 11 StVO eine Ausnahmegenehmigung, die ihr das Parken eines Fahrzeugs auf der Straße vor dem Hoftor zwischen den zwei Kanaldeckeln für einen unbefristeten Zeitraum gestattet. Ferner wurde ihr ein entsprechender Parkausweis ausgestellt. Die ausgewiesene Parkfläche befindet sich einige Meter von der Ausfahrt des klägerischen Anwesens entfernt im Kurvenbereich am rechten Fahrbahnrand.
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Mit Schreiben vom 28. Dezember 2022 forderte der Kläger die Beklagte auf, die der Beigeladenen erteilte Ausnahmegenehmigung zurückzunehmen, weil er durch abgestellte Fahrzeuge bei der Ein- und Ausfahrt aus seinem Grundstück, insbesondere mit seinem Wohnmobil, beeinträchtigt werde. Mit Schreiben vom 24. Januar 2023 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass der Beigeladenen die Ausnahmegenehmigung wegen fehlender Abstellmöglichkeiten für Pkw auf dem Grundstück erteilt worden sei. Mit Schreiben vom 12. und 23. Juni 2023 und vom 22. August 2023 teilte sie dem Kläger mit, sie beabsichtige nicht, die erteilte Ausnahmegenehmigung aufzuheben. Mit E-Mail vom 22. Juni 2023 teilte die zuständige Polizeiinspektion der Beklagten mit, sie habe keine Einwände gegen die erteilte Ausnahmegenehmigung. Das Passieren der Kurve sei trotz eines entsprechend der Ausnahmegenehmigung abgestellten Fahrzeugs noch möglich. Ein ungehinderter Begegnungsverkehr sei auch ohne ein parkendes Kraftfahrzeug nicht möglich. Auch sei die Ausnahmegenehmigung hinreichend konkretisiert. Auch das Verlassen des klägerischen Grundstücks sei bei entsprechend der erteilten Genehmigung parkenden Fahrzeuge möglich. Der dabei ggf. erforderliche Rangieraufwand sei als geringfügige Beeinträchtigung hinzunehmen.
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Am 9. November 2023 ließ der Kläger beim Verwaltungsgericht Würzburg wegen offenkundiger und besonders schwerwiegender Rechtsverstöße Nichtigkeitsfeststellungsklage gegen die streitgegenständliche Ausnahmegenehmigung erheben.
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Mit Urteil vom 14. Juni 2024 wies das Verwaltungsgericht die Klage mit der Begründung ab, die der Beigeladenen am 28. Oktober 2022 erteilte Ausnahmegenehmigung sei nicht im Sinne des Art. 44 BayVwVfG nichtig. Die ausdrücklich erhobene, nicht fristgebundene Nichtigkeitsfeststellungsklage sei gemäß § 43 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft. Dem Kläger stehe ein Wahlrecht zwischen dieser und der bei Klageerhebung wohl noch nicht verfristeten, rechtsschutzintensiveren Drittanfechtungsklage zu (§ 43 Abs. 2 Satz 2 VwGO). Der mögliche Antrag bei der Behörde gemäß Art. 44 Abs. 5 BayVwVfG stehe der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Das Feststellungsinteresse des Klägers ergebe sich daraus, dass er durch die Ausweisung des Parkplatzes in der Nähe seiner Grundstücksausfahrt und dem damit unstreitig einhergehenden erhöhten Rangierbedarf bei der Ein- und Ausfahrt mit seinem Wohnmobil in seinen Rechten als Eigentümer und Bewohner des Anwesens aus Art. 14 Abs. 1 GG bzw. zumindest in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit aus Art. 2 Abs. 1 GG verletzt sein könnte. Die Klage sei jedoch unbegründet, da die Voraussetzungen des Art. 44 Abs. 1 oder Abs. 2 BayVwVfG nicht erfüllt seien und der Kläger durch die erteilte Ausnahmegenehmigung vom 28. Oktober 2022 nicht in seinen Rechten verletzt werde. lm Rahmen der Nichtigkeitsfeststellungsklage eines Dritten sei die Ausnahmegenehmigung nur insoweit zu prüfen, als der Kläger ein berechtigtes lnteresse an der Feststellung habe. Nachdem kein besonderer Nichtigkeitsgrund (Art. 44 Abs. 2 BayVwVfG) ersichtlich sei, bedürfe es eines an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidenden Verwaltungsakts, was bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offensichtlich sein müsse (Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG). Ferner dürfe kein Ausschlusstatbestand vorliegen (Art. 44 Abs. 3 BayVwVfG). In Betracht kämen nur solche Fehler, die mit der Rechtsordnung unter keinen Umständen vereinbar sein könnten, weil sie tragenden Verfassungsprinzipien oder den der Rechtsordnung immanenten Wertvorstellungen widersprächen. Dass eine (wichtige) Rechtsvorschrift verletzt sei, sei keinesfalls schon schwerwiegend in diesem Sinne. Ein Verwaltungsakt sei nicht schon deshalb nichtig, weil er einer gesetzlichen Grundlage entbehre oder die in Frage kommenden Rechtsvorschriften unrichtig angewendet worden seien. Es würden lediglich gravierendste Verstöße erfasst, wie etwa völlig unbestimmte oder unverständliche Verwaltungsakte, offensichtlich willkürliche Behördenentscheidungen oder Verstöße gegen ausnahmslos geltende zwingende gesetzliche Verbote und Gebote. Offensichtlich sei ein schwerwiegender Fehler nur, wenn dies für einen unvoreingenommenen, mit den in Betracht kommenden Umständen vertrauten, verständigen Beobachter ohne weiteres ersichtlich sei. Fraglich sei bereits, ob die auf Grundlage von § 46 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 11 StVO erlassene verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung überhaupt rechtswidrig sei. Die unterbliebene Beteiligung und Anhörung des Klägers beim Fahrversuch am 24. Oktober 2022 führe nicht zur formellen Rechtswidrigkeit der Genehmigung. Es liege kein Fall einer notwendigen Hinzuziehung im Sinne des Art. 13 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG vor. Ungeachtet dessen wäre ein Anhörungsmangel gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG geheilt, weil der Kläger im Rahmen seiner mit dem Schreiben vom 5. Dezember 2022 beginnenden Korrespondenz mit der Beklagten umfassend Gelegenheit erhalten habe, seine Einwände gegen die Ausnahmegenehmigung vorzutragen. Jedenfalls wäre ein solcher Verstoß gegen die Anhörungspflicht auch weder besonders schwerwiegend noch offensichtlich. Die Ausnahmegenehmigung verstoße auch nicht in besonders schwerer und offensichtlicher Weise gegen die Vorgaben des § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 11 StVO. Es erscheine bereits fraglich, ob die Behörde ihr Ermessen bei der Erteilung der Ausnahmegenehmigung fehlerhaft ausgeübt habe. Eine Genehmigung gemäß § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 StVO könne aufgrund des Ausnahmecharakters der Regelung nur in (schmalen) Straßen mit wenig Parkraum in Betracht kommen, wobei die lnteressen der drittbetroffenen Grundstückseigentümer in besonderer Weise zu berücksichtigen seien. Die Zufahrt zu den Grundstücken müsse möglich bleiben, auch wenn sie beschwerlicher werde. Zudem setze eine Genehmigung nach § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 und Nr. 11 StVO voraus, dass das Parkverbot für die Beigeladene eine unzumutbare Härte darstelle, die durch die verkehrsrechtliche Ausnahmegenehmigung beseitigt werde. Die Genehmigung dürfe nur erteilt werden, wenn auf dem Grundstück der Beigeladenen kein ausreichender Parkraum zur Verfügung stehe. Im Bereich der streitgegenständlichen Parkfläche gebe es nur wenige Parkmöglichkeiten. Begegnungsverkehr sei nur gewährleistet, wenn keine Fahrzeuge am Straßenrand abgestellt seien. Die betroffenen Straßen lägen im Bereich einer Parkverbotszone und seien Teil eines Parkraumkonzepts, in dem ein besonders hoher Parkdruck herrsche. Das Parken sei dort nur in wenigen eingezeichneten Parkflächen gemäß § 41 Abs. 1 StVO i.V.m. der lfd. Nr. 64 der Anlage 2 zur StVO zugelassen. Die Behörde habe auch die lnteressen des Klägers als Anwohner ausreichend ermittelt und berücksichtigt. So habe man im Rahmen eines Fahrversuchs mit dem Pkw des Schwiegersohns der Beigeladenen vor Ort ermittelt, ob der Kläger durch ein vor dem Hoftor der Beigeladenen zwischen den beiden Kanalabdeckungen abgestelltes Kraftfahrzeug unzumutbar bei der Ausfahrt aus seinem Anwesen beeinträchtigt werde. lnwieweit die persönliche Anwesenheit des Klägers einer weiteren Sachverhaltsaufklärung dienlich gewesen wäre, sei weder vorgetragen noch ersichtlich. Soweit er geltend mache, dass auch größere Fahrzeuge als der verwendete 3er BMW abgestellt werden könnten, sei entgegenzuhalten, dass signifikant längere Fahrzeuge die zulässige Parkfläche überragten und von der Genehmigung nicht mehr gedeckt wären. Hinsichtlich der Breite würden die allgemeinen Vorgaben nach § 32 Abs. 1 StVZO gelten. Auch sei nicht ersichtlich, dass man bei dem Fahrversuch im Beisein der Feuerwehr die Maximalbreite von 2,50 m bis 2,55 m nicht hinreichend berücksichtigt habe. Dies decke sich mit der polizeilichen Einschätzung. Die lnteressen des Klägers seien auch nicht wegen des erhöhten Rangieraufwands verletzt. Fahrern von Kraftfahrzeugen der Klasse B sei ein zwei- bis dreimaliges Rangieren bzw. ein mehrmaliges Vor- und Zurückfahren bei der Benutzung einer Grundstücksein- und -ausfahrt zumutbar. Fahrern von Fahrzeugen mit einer höheren zulässigen Gesamtmasse und bei Fahrzeugkombinationen sei ein entsprechend höherer Rangieraufwand zumutbar. Die Ausfahrt mit dem der Schleppkurvenberechnung zugrunde gelegten klägerischen Wohnmobil (Länge: 8,82 m, Breite: 2,34 m) erfordere mehrere Rangierzüge, mit denen das parkende Fahrzeug umfahren werden müsse. Dies halte sich jedoch noch im Rahmen des Zumutbaren. Dass der Kläger bei der Ausfahrt um ein abgestelltes Kraftfahrzeug herum in den Gegenverkehr steuern müsse, führe zu keinem anderen Ergebnis. In dem relevanten Straßenabschnitt gelte eine Geschwindigkeitsbegrenzung von 30 km/h. Den Verkehrsteilnehmer treffe beim Einfahren aus einem Grundstück in die Fahrbahn gemäß § 10 Satz 1 StVO eine qualifizierte Sorgfaltspflicht, die so weit reiche, dass er sich ggf. einweisen lassen müsse. Vor diesem Hintergrund sei dem Kläger das vorsichtige Hineintasten in den fließenden Verkehr mit der Umfahrung des parkenden Fahrzeugs zumutbar. Zuletzt sei auch nicht ersichtlich, dass die Ergebnisse des im Beisein der Feuerwehr durchgeführten Fahrversuchs fehlerhaft seien und parkende Fahrzeuge etwa den Zugang zum Grundstück des Klägers für Rettungsfahrzeuge unterbänden. Aus den vorliegenden Lichtbildern und Satellitenaufnahmen gehe klar hervor, dass ggf. genügend Platz in den anliegenden Straßen verbleibe, um dort im Ernstfall mehrere Einsatzfahrzeuge abzustellen. Mit Stadtratsbeschluss vom 26. Juli 2022 habe sich die Beklagte abstrakt zur Erteilung von Ausnahmegenehmigungen vor den Grundstückszufahrten auch im streitgegenständlichen Straßenabschnitt bereit erklärt. Dies entbinde sie nicht davon, im Einzelfall zu prüfen, ob hinreichender Parkraum auf den Grundstücken vorhanden sei. In der mündlichen Verhandlung habe nicht abschließend geklärt werden können, ob hinter dem Hoftor auf dem Grundstück der Beigeladenen eine ausreichende Parkfläche vorhanden sei. Dies könne jedoch dahinstehen, da selbst dann die Genehmigungserteilung zwar rechtswidrig wäre, der daraus erwachsene Fehler aber weder so schwerwiegend wäre, dass er unter rechtsstaatlichen Gesichtspunkten zwingend zur Unwirksamkeit führen müsste, noch so augenscheinlich, dass dies zur Unwirksamkeit führen müsse. Die Nichtigkeit der Genehmigung ergebe sich auch nicht aus einem möglichen Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO. Ob hier eine scharfe Kurve im Sinne von § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO vorliege, bedürfe keiner abschließenden Klärung, da ein solcher Verstoß nur dann zur Nichtigkeit der Genehmigung führen könne, wenn er auch im Einzelfall besonders schwer wiege. Dies würde jedoch voraussetzen, dass die Verkehrsgefährdung durch an der streitgegenständlichen Stelle parkende Fahrzeuge so stark erhöht würde, dass hierdurch Leib und Leben der Verkehrsteilnehmer akut gefährdet seien. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Kurve liege in einer Tempo 30-Zone in einem Wohngebiet. Die ausgewiesene Stelle sei in der Vergangenheit regelmäßig (verkehrswidrig) beparkt worden. Es sei jedoch nicht bekannt geworden, dass dies in der Vergangenheit zu gefährlichen Verkehrssituationen oder Unfällen geführt habe. Ein offensichtlicher Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO liege nicht vor.
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Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte und die Beigeladene entgegentreten, macht der Kläger ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten und einen Verfahrensmangel geltend. Die Ausnahmegenehmigung leide offensichtlich an einem besonders schwerwiegenden Fehler. Sie sei bereits formell rechtswidrig, weil der Kläger vor Erlass des Verwaltungsakts nicht angehört worden sei. Es liege ein Fall der notwendigen Hinzuziehung im Sinne des Art. 13 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG vor, da der Kläger von der Genehmigung, die das Abstellen eines Kraftfahrzeugs im Bereich vor seiner Einfahrt erlaube, direkt betroffen sei. Bei Ausnahmegenehmigungen nach § 46 Abs. 1 Nr. 4 StVO seien die betroffenen Anlieger zu hören, was zu einem Anspruch auf Hinzuziehung von Amts wegen gemäß Art. 13 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG führe. Der Kläger sei nicht bloß Anhörungsberechtigter im Sinne von Art. 13 Abs. 3 BayVwVfG. Die Abgrenzung zwischen Anhörung und Beteiligung erfolge danach, ob die Anhörung der Durchsetzung einer eigenen Rechtsposition diene oder nur der Behörde eine breite Entscheidungsgrundlage vermitteln solle. Bei der Genehmigung des Parkens vor bzw. gegenüber von Grundstückseinfahrten seien eigene Rechtspositionen des Grundstückseigentümers betroffen. Die unterbliebene Hinzuziehung stelle einen schweren Verfahrensmangel dar, der zur Nichtigkeit des Verwaltungsakts führe. Selbst wenn keine Nichtigkeit vorliege, wäre dieser formelle Mangel nicht durch die nach Erlass des Verwaltungsakts beginnende Korrespondenz nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG geheilt. Dies setze voraus, dass der Verwaltungsakt auf der Grundlage des Ergebnisses der Anhörung noch einmal kritisch geprüft werde, was sich aus der Behördenakte gerade nicht ergebe. Nach dem einzeiligen Schreiben vom 15. Dezember 2022 sei ein weiteres Schreiben vom 24. Januar 2023 an den Kläger gegangen, aus dem sich ebenfalls keine kritische Auseinandersetzung und Prüfung ergebe. Auch materiell sei die Genehmigung rechtswidrig. Die Beklagte habe ihr Ermessen fehlerhaft ausgeübt. Die Regelungen in § 46 Abs. 1 Nr. 4 und Nr. 11 StVO setzten eine Ausnahmesituation, also ein Abweichen vom typischen Regelfall, voraus. Die strikte Anwendung der straßenverkehrsrechtlichen Bestimmungen müsse eine unbillige Härte für den Betroffenen zur Folge haben. Die Beigeladene sei als Anwohnerin nicht anders betroffen wie alle anderen Anwohner im relevanten Gebiet des Parkraumkonzepts. Das Verwaltungsgericht habe nicht geprüft, ob die Beklagte bei Erteilung der Genehmigung auf der Grundlage von § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO ihr Ermessen richtig ausgeübt habe, da es hauptsächlich eine Ausnahme vom Verbot des Parkens vor oder gegenüber von Grundstückseinfahrten gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 4 StVO geprüft habe. Da die Genehmigung hierauf nicht gestützt gewesen sei, habe die Beklagte die Interessen des Klägers in diesem Rahmen nicht berücksichtigen können. Dies stelle offensichtlich einen schwerwiegenden Fehler dar. Die Interessen des selber schwerbehinderten Klägers, der auch mit seinem Wohnmobil die Grundstückszufahrt benutzen müsse, seien nicht ausreichend berücksichtigt. Soweit das Verwaltungsgericht ein bis zu dreimaliges Rangieren bzw. sogar ein Hineintasten bzw. Sich-einweisen-lassen in den fließenden Verkehr für zumutbar erachte, habe es nicht ausreichend ermittelt und den Sachverhalt festgestellt. Es habe nur anhand von Lichtbildern, Satellitenaufnahmen und Planskizzen entschieden, jedoch keinen Augenschein durchgeführt und nicht das Ausfahren mit dem klägerischen Fahrzeug/Wohnmobil nachgestellt. Weiter habe das Gericht nicht aufgeklärt, ob durch die Genehmigung eine unzumutbare Härte für die Beigeladene beseitigt werde, da es fehlerhaft davon ausgegangen sei, dass auch bei Nichtvorliegen eines Ausnahmefalls die Genehmigung nicht nichtig gewesen wäre. Das Fehlen dieser Voraussetzung bzw. deren Nichtprüfung seien hingegen so schwerwiegend und der Fehler so augenscheinlich, dass dies die Nichtigkeit des Verwaltungsakts zur Folge habe. Andernfalls wäre die Prüfung der Beseitigung einer unzumutbaren Härte obsolet. Daher sei festzustellen, ob anderweitiger Parkraum zur Verfügung stehe. Andernfalls würden einzelne Anwohner bevorzugt, wenn sie trotz Parkmöglichkeiten auf dem Grundstück einen weiteren Parkplatz erhielten. Dies sei mit rechtsstaatlichen Grundsätzen nicht vereinbar und dränge sich auch einem rechtsunkundigen Durchschnittsbürger auf. Das Verwaltungsgericht lehne fälschlicherweise auch eine Nichtigkeit wegen Verstoßes gegen § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO ab. Wenn es trotz Annahme einer scharfen Kurve keinen besonders schwerwiegenden Einzelfall sehe, übersehe es, dass bereits das Halten in scharfen Kurven unzulässig sei. Mit der Genehmigung werde aber sogar das Parken genehmigt, was ein erhebliches Gefährdungspotential darstelle. Vom Halt- bzw. Parkverbot nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO könne auch nach § 46 Abs. 1 Satz 1 StVO keine Ausnahme genehmigt werden. Es werde auch nicht berücksichtigt, dass eine Ausnahmegenehmigung auf höchstens drei Jahre zu befristen sei. Die Erteilung einer unbefristeten Genehmigung stelle offensichtlich einen besonders schwerwiegenden Fehler dar, da sie die Behörde dauerhaft binde und ein Widerruf besonderen Voraussetzungen unterliege. Aufgrund der in einem Berufungsverfahren zu klärenden Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung bestünden auch besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten; zumal kein Augenschein stattgefunden habe und die Sache nicht gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen worden sei. Zudem liege ein Verfahrensmangel darin, dass das Gericht keinen Augenschein, ggf. mit einem Fahrversuch des Klägers, durchgeführt habe. Er habe einen entsprechenden Beweis durch Ortseinsicht und Sachverständigengutachten schon in der Klageschrift angeboten. Hierüber sei das Gericht hinweggegangen. Ferner hätte auch die Frage aufgeklärt werden müssen, ob hinreichender Parkraum auf dem Grundstück der Beigeladenen vorhanden sei bzw. ob durch die Genehmigung eine unzumutbare Härte beseitigt werde.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und auf die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist zulässig, jedoch unbegründet.
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1. Die am 27. August 2024 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof eingegangene Begründung des Zulassungsantrags wahrt die Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO, da das erstinstanzliche Urteil der damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers ausweislich des von ihr abgegebenen Empfangsbekenntnisses am 27. Juni 2024 zugestellt worden ist. Die Zustellung eines elektronischen Dokuments an einen Rechtsanwalt nach § 56 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 173 Abs. 2 Nr. 1 ZPO wird gemäß § 173 Abs. 3 Satz 1 ZPO durch ein elektronisches Empfangsbekenntnis nachgewiesen. Der Gesetzgeber hat auch für den Fall der elektronischen Übermittlung eines Dokuments an einen Rechtsanwalt daran festgehalten, den Nachweis der Zustellung an ein voluntatives Element zu knüpfen und hierfür nicht allein die automatisierte Eingangsbestätigung (ggf. in Verbindung mit einem bestimmten Zeitablauf) ausreichen zu lassen (BVerwG, B.v. 19.9.2022 – 9 B 2.22 – juris Rn. 10 m.w.N.; BGH, B.v. 17.1.2024 – VII ZB 22/23 – NJW 2024, 1120 Rn. 10; OVG NW, B.v. 6.4.2023 – 1 B 1215/22 – juris Rn. 4, 7). Für die Fristberechnung ist damit das vom Empfänger eingetragene Zustelldatum maßgeblich.
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2. Die geltend gemachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO; BayVerfGH, E.v. 14.2.2006 – Vf. 133-VI-04 – VerfGHE 59, 47/52; E.v. 23.9.2015 – Vf. 38-VI-14 – BayVBl 2016, 49 Rn. 52; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 54), sind nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO) bzw. liegen nicht vor.
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2.1. Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO). Diese sind immer schon dann anzunehmen, wenn der Rechtsmittelführer einen einzelnen tragenden Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage stellt (vgl. BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.; B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16 m.w.N.) und dies zugleich Zweifel an der Richtigkeit des Ergebnisses begründet (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9).
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Das Verwaltungsgericht hat die Nichtigkeit der der Beigeladenen erteilten Ausnahmegenehmigung zutreffend verneint. Den durch obergerichtliche Rechtsprechung konkretisierten rechtlichen Ausgangspunkt des Gerichts (Urteil, S. 13 f.) hat der Kläger nicht angegriffen. Seine Einwände richten sich ausschließlich gegen die gerichtliche Wertung des behördlichen Handelns als nicht offensichtlich besonders schweren Fehler im Sinne von Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG.
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a. Soweit der Kläger seine Nichtbeteiligung am behördlichen Verfahren bemängelt, hat das Verwaltungsgericht zu Recht einen offensichtlich besonders schweren Fehler sowie einen Anspruch auf Hinzuziehung verneint und hilfsweise angenommen, dass ein etwaiger Anhörungsmangel geheilt wäre.
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aa. Nach Art. 13 Abs. 2 Satz 2 Halbs. 1 BayVwVfG ist ein Dritter auf Antrag als Beteiligter zum Verfahren hinzuzuziehen, wenn dessen Ausgang rechtsgestaltende Wirkung für ihn hat. Eine rechtsgestaltende Wirkung besteht dann, wenn die in Betracht kommende Entscheidung unmittelbar Rechte des Dritten begründet, ändert oder aufhebt (BVerwG, B.v. 29.6.2018 – 7 B 14.17 – juris Rn. 9), Regelungen trifft, die unmittelbar dem Dritten gegenüber ein Gebot oder Verbot begründen oder Grundrechtspositionen Dritter unmittelbar beeinträchtigt (Schmitz in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 10. Aufl. 2023, § 13 Rn. 40 f.; Schlatmann in Kopp/Ramsauer, VwVfG, 25. Aufl. 2024, § 13 Rn. 41; Weilert, DÖV 2022, 72/77). Insofern reicht es nicht aus, wenn die Erfüllung oder Umsetzung der mit dem Verwaltungsakt getroffenen Regelung lediglich Auswirkungen auf Rechte oder Rechtspositionen Dritter hat (Schlatmann, a.a.O.).
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Vorliegend berührt die erteilte Ausnahmegenehmigung zwar die Rechtsposition des Klägers als Straßenanlieger, weil das Parken am Straßenrand wenige Meter vor seiner Grundstückszufahrt die Ein- und Ausfahrt durch etwa erforderliches Rangieren erschwert, hebt jene allerdings nicht auf. Das Ein- und Ausfahren mit Kraftfahrzeugen, auch mit dem Wohnmobil des Klägers, bleibt weiterhin möglich. Das Gegenteil hat der Kläger nicht dargelegt. Die Ausnahmegenehmigung für die Beigeladene ändert auch nicht seine Anliegerrechte.
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Als Straßenanlieger kann der Kläger lediglich beanspruchen, dass sein Grundstück von der öffentlichen Straße her zugänglich bleibt. Das Institut des Anliegergebrauchs als eine Form eines gesteigerten Gemeingebrauchs sichert die Erreichbarkeit eines innerörtlichen Grundstücks jedoch nur in seinem Kern (vgl. BayVGH, B.v. 24.11.2014 – 8 CE 14.1882 – juris Rn. 9 m.w.N.). Die Gewährleistung der Zugänglichkeit eines Grundstücks bedeutet weder eine Bestandsgarantie hinsichtlich der Ausgestaltung und des Umfangs der Grundstücksverbindung mit der Straße noch die Gewährleistung einer Bequemlichkeit oder Leichtigkeit des Zu- und Abgangs (BayVGH, B.v. 16.5.2023 – 8 ZB 22.2586 – juris Rn. 21; BayVerfGH, E.v. 27.7.1995 – Vf. 8-VII-93 – BayVBl 1995, 687 = juris Rn. 65; BVerwG, U.v. 8.9.1993 – 11 C 38.92 – BVerwGE 94, 136 = juris Rn. 12). Vor Einschränkungen und Erschwernissen bei den Zufahrtsmöglichkeiten gewährt der Anliegergebrauch keinen Schutz, solange eine Straße als Verkehrsmittler erhalten bleibt (zuletzt BayVGH, B.v. 29.11.2024 – 8 CS 24.1462 – juris Rn. 36). Die Bequemlichkeit des Zugangs oder der Zufahrt ist generell nicht geschützt. Daher wird der Anlieger nicht vor Zufahrtserschwernissen bewahrt, die sich aus der besonderen örtlichen Lage und einer etwaigen situationsbedingten Vorbelastung ergeben, in die das Grundstück hineingestellt ist, etwa der Lage an einer Straße in einem geschäftlichen und verkehrlichen innerstädtischen Ballungsraum (Sauthoff, Öffentliche Straßen, 3. Aufl. 2020, Teil 4 Rn. 499; BVerwG, U.v. 8.9.1993 a.a.O. Rn. 12; BayVGH, B.v. 31.7.2023 – 11 CE 23.744 – juris Rn. 21). Dies steht mit dem Grundrecht auf Eigentum in Einklang. Verfassungsrechtlicher Gewährleistung nach Art. 14 Abs. 1 GG unterliegt nämlich allenfalls der Kernbereich des – als solchen in der Herleitung nach wie vor einfachrechtlichen – Instituts des Anliegergebrauchs. Dieser Kernbereich wird aber jedenfalls dann nicht verletzt, wenn eine Straße als Verkehrsmittler voll erhalten bleibt (BayVGH, B.v. 24.11.2014 a.a.O. Rn. 9).
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In Anbetracht der von vornherein recht begrenzten Rechtsposition des Straßenanliegers erscheint es im Ergebnis daher ausgeschlossen, dass die Erteilung der Ausnahmegenehmigung rechtsgestaltende Wirkung hatte. Schon deshalb kann die Nichtbeteiligung des Klägers am Genehmigungsverfahren auch nicht zur Nichtigkeit dieses Verwaltungsakts geführt haben.
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bb. Eine unterbliebene Anhörung wäre wegen der gesetzlich vorgesehenen Heilungsmöglichkeit nach Art. 45 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG aber auch nicht als besonders schwerer Fehler im Sinne des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG einzustufen (Sachs in Stelkens/Bonk/ Sachs, VwVfG, § 43 Rn. 118).
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Vorliegend bestand allerdings schon keine Anhörungspflicht. Nach Art. 28 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG sind lediglich Beteiligte anzuhören. Die Beklagte hat den Kläger nicht gemäß § 13 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG am Verfahren beteiligt und musste ihn gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG auch nicht beteiligen. Art. 28 Abs. 1 Nr. 3 BayVwVfG ist mangels planwidriger Regelungslücke auch nicht analog auf nicht hinzugezogene bzw. nicht beteiligte Betroffene anzuwenden (Ramsauer in Kopp/Ramsauer, VwVfG, § 28 Rn. 22; Schneider in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, Stand Juli 2024, § 28 Rn. 36).
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Überdies ist die Beurteilung des Verwaltungsgerichts, dass der der Genehmigungserteilung nachfolgende Schriftwechsel zwischen dem Kläger und der Beklagten einen etwaigen Anhörungsmangel gemäß Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG geheilt hätte, nicht zu beanstanden. Der Akte ist zu entnehmen, dass der Kläger mehrmals Einwände gegen die Ausnahmegenehmigung vorgetragen hat und die Beklagte diese zur Kenntnis und zum Anlass genommen hat, ihre Entscheidung zu überprüfen. Sie hat nochmals ermittelt, insbesondere zur Zu- und Abfahrt mit größeren Fahrzeugen und einem etwaigen Unfallgeschehen vor Ort (unter Einbeziehung der Verkehrspolizei) sowie zur Zugänglichkeit des klägerischen Grundstücks für die Feuerwehr (unter deren Einbeziehung). Am 24. November 2023 fand nochmals eine Ortseinsicht statt, bei der verschiedene Messungen vorgenommen worden sind, darunter der Durchfahrtsbreite, die vier Meter zwischen der mutmaßlichen Endkante eines parkenden Kraftfahrzeugs und einem Randstein vor dem Grundstück des Klägers aufweist. Mit Schreiben vom 24. Januar, 23. Juni und 22. August 2023 hat die Beklagte dem Kläger geantwortet und sich dabei mit seinem Vortrag auseinandergesetzt. Aus dem Schriftverkehr ist zu ersehen, dass sie sich nicht darauf beschränkt hat, die einmal getroffene Sachentscheidung (nur) zu verteidigen, sondern das Vorbringen des Klägers erkennbar zum Anlass genommen hat, ihre Entscheidung kritisch zu überdenken.
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b. Der erteilten Ausnahmegenehmigung haften auch in materieller Hinsicht keine offensichtlich besonders schweren Fehler an, soweit sie die Rechtsstellung des Klägers betreffen.
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Es ist schon nicht dargelegt, dass das Bestehen eines besonderen Ausnahmefalls und die Ermessensausübung, soweit sie über die Feststellung und Abwägung der Anliegerinteressen hinausgeht, überhaupt zu prüfen waren. Insofern ist nicht ersichtlich, dass gegen Vorschriften verstoßen worden sein könnte, die dem Schutz des Klägers dienen. Den Voraussetzungen des § 46 StVO kann nicht allgemein drittschützender Charakter beigemessen werden (Wolf in jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 31.10.2024, § 46 Rn. 44; VG Berlin, U.v. 11.7.1979 – 4 A 306.77 – juris Rn. 14 f.). Auch die (Nichtigkeits-)Feststellungsklage dient allein dem Individualrechtsschutz (BVerwG, B.v. 5.10.2009 – 4 B 8.09 – juris Rn. 6; U.v. 28.6.2000 – 11 C 13.99 – BVerwGE 111, 276 = juris Rn. 32, 37 ff.). Die ständige obergerichtliche Rechtsprechung verlangt neben dem berechtigten Interesse im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO auch eine eigene Rechtsbetroffenheit des Klägers analog § 42 Abs. 2 VwGO (BVerwG, B.v. 5.10.2009 a.a.O. Rn. 6; U.v. 28.6.2000 a.a.O. Rn. 32; B.v. 30.7.1990 – 7 B 71.90 – BayVBl 1990, 728 = juris Rn. 4; B.v. 9.12.1981 – 7 B 46.81 u.a. – NVwZ 1982, 2205 = juris Rn. 3; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 43 Rn. 27), die sich hier aus seiner Rechtsposition als Straßenanlieger ergibt. Folglich ist auch das Prüfprogramm im Rahmen der Begründetheit der Klage insoweit einzuschränken (vgl. BVerwG, B.v. 5.10.2009 a.a.O. Rn. 6; Sauthoff in Münchener Komm. zum StVR, 1. Aufl. 2016, § 46 StVO Rn. 176 zur Drittanfechtungsklage).
25
Schon deshalb ist nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht seine Prüfung darauf konzentriert hat, ob die Beklagte zu Recht die Zufahrt zum klägerischen Grundstück bei einem auf der Straße vor dem Hoftor der Beigeladenen geparkten Kraftfahrzeug für möglich und zumutbar gehalten hat oder ob die Anliegerinteressen des Klägers durch die Erteilung einer Ausnahmegenehmigung zum Parken an die Beigeladene beeinträchtigt werden. Der Ausgang dieser Prüfung hängt entgegen der Annahme des Klägers nicht davon ab, ob die Genehmigung auf der Grundlage von § 46 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 oder Nr. 11 StVO erteilt worden ist. Aus den Ermittlungen im Vorfeld der Genehmigungserteilung, dem Schriftverkehr mit verschiedenen Stellen und dem Fahrversuch vor Ort ist ersichtlich, dass es auch der Beklagten im Verwaltungsverfahren im Wesentlichen um die Wahrung seiner Interessen gegangen ist. Die Auswahl der Rechtsgrundlage hat sie folglich nicht an Überlegungen in diese Richtung gehindert. Sie hat lediglich übersehen, dass eine Ausnahme vom Zeichen 290.1 der Anlage 2 zu § 41 Abs. 1 StVO nicht auch von einem etwaigen Parkverbot gemäß § 12 Abs. 3 Nr. 3 StVO dispensieren würde, oder diese Vorschrift wegen der besonderen Kurvenlage der Grundstückszufahrt und des Abstands des Parkplatzes von der Zufahrt bereits nicht für einschlägig gehalten. Sofern es sich dabei um einen Rechtsfehler handelt, ist dieser nicht besonders schwer und schlechthin unerträglich für die Rechtsordnung; zumal die über die in den Unternummern geregelten Genehmigungsfälle hinausgehenden Voraussetzungen des § 46 Abs. 1 Satz 1 StVO und die Rechtsfolge (Erteilung der Genehmigung) die gleichen sind.
26
Nach den vorstehenden Ausführungen kam es in diesem Fall einer Nichtigkeitsfeststellung durch einen Dritten ohnehin nicht darauf an, ob die tatsächlichen Voraussetzungen für eine Ausnahme vorlagen. Zudem ist das Verwaltungsgericht zutreffend davon ausgegangen, dass deren Fehlen jedenfalls nicht zur Nichtigkeit der Genehmigung geführt hätte. Die Feststellung, ob ein besonderer Ausnahmefall vorliegt, setzt den gewichtenden Vergleich der Umstände des konkreten Falles mit dem typischen Regelfall voraus, der dem generellen Verbot zugrunde liegt (BVerwG, U.v. 13.3.1997 – 3 C 2.97 – BVerwGE 104, 154 = juris Rn. 27). Unterläuft hierbei ein Fehler, zieht das regelmäßig nur die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts und nicht dessen Nichtigkeit nach sich (vgl. zu besonders schweren Fehlern die Beispielsfälle bei Sachs in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, § 43 Rn. 111 ff.). Hierdurch wird die tatbestandliche Voraussetzung des Ausnahmefalls entgegen der Befürchtung des Klägers auch nicht „obsolet“. Es liegt im System des Individualrechtsschutzes begründet, dass außer der Behörde nur ein Betroffener die Aufhebung eines rechtswidrigen Verwaltungsakts erwirken kann.
27
Soweit der Kläger der gerichtlichen Annahme widerspricht, dass ein etwaiger Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Nr. 2 StVO nicht zur Nichtigkeit der erteilten Genehmigung führe, genügt dies nicht den Darlegungsanforderungen, da er sich mit der Begründung des Gerichts (Urteil, S. 22) nicht ansatzweise auseinandergesetzt hat. Damit kann offenbleiben, ob – wie die Beigeladene dargelegt hat – schon die tatbestandlichen Voraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt sind.
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Ebenso wenig trifft die Behauptung zu, die Erteilung einer unbefristeten Ausnahmegenehmigung sei ein besonders schwerer, zur Nichtigkeit führender Fehler. Wie die Beigeladene zutreffend geltend macht hat, ist die Behörde nach dem Wortlaut des § 46 Abs. 3 Satz 1 StVO nicht verpflichtet, die Ausnahmegenehmigung mit einer Befristung zu versehen. Eine Verwaltungsvorschrift ohne unmittelbare Außenwirkung, wie Ziffer VI. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift zur Straßenverkehrs-Ordnung (VwV-StVO) zu § 46 StVO, wonach Dauerausnahmegenehmigungen auf höchstens drei Jahre zu befristen sind, ändert an der Rechtslage nichts. Die Befristung dient der Behörde zur periodischen Überprüfung, ob die Umstände weiterhin vorliegen, die die Ausnahmegenehmigung rechtfertigen. Der Charakter einer Ausnahmegenehmigung wird nicht durch ein zeitliches Element definiert, sondern allein durch die sachlich begründete Ausnahme vom Regelfall (BVerwG, U.v. 22.12.1993 – 11 C 45.92 – NZV 1994, 244 = juris Rn. 22). Sie könnte daher – solange die Voraussetzungen vorliegen – wiederholt erteilt werden.
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2.2. Aus dem Zulassungsvorbringen ergeben sich auch keine besonderen tatsächlichen oder rechtlichen Schwierigkeiten der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO). Diese liegen vor, wenn eine Rechtssache voraussichtlich in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht größere, d.h. überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich übersteigende, signifikant vom Spektrum verwaltungsgerichtlicher Verfahren abweichende Schwierigkeiten verursacht (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl. 2024, § 124 Rn. 9).
30
In tatsächlicher Hinsicht ist dies der Fall, wenn sie durch einen besonders unübersichtlichen und/oder schwierig zu ermittelnden Sachverhalt gekennzeichnet ist (Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 33). Solche Umstände sind mit der Berufungszulassungsbegründung nicht dargelegt. Sie ergeben sich insbesondere nicht daraus, dass das Verwaltungsgericht keinen Augenschein vor Ort eingenommen, sondern seine Auffassung über die Lage des Parkplatzes der Beigeladenen und die Beschaffenheit und Zumutbarkeit der klägerischen Grundstückszufahrt anhand von Lichtbildern, Lageplänen, Messungen und Aufzeichnungen der Behörde über einen Ortstermin und Fahrversuch gebildet hat. Es ist weder dargelegt noch ersichtlich, dass bestimmte in diesen Aufzeichnungen oder auf Fotographien und Plänen in der Akte wiedergegebene Umstände oder Messergebnisse sich in Wahrheit anders darstellen oder welche zusätzlichen Erkenntnisse das Gericht durch eine unmittelbare Inaugenscheinnahme gewonnen hätte (vgl. BGH, U.v. 7.3.2013 – VII ZR 162/12 – NJW 2013, 1431 = BeckRS 2013, 4396 Rn. 44; U.v. 23.6.1987 – VI ZR 296/86 – ZfSch 1988, 35 = juris Rn. 14). Die Einnahme eines Augenscheins steht gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 371 ZPO grundsätzlich im Ermessen des Gerichts. Befinden sich in den Akten hierzu aussagekräftige Erkenntnismittel wie Lichtbilder, inhaltlich unbestrittene Schilderungen über einen bereits von der Behörde oder der gerichtlichen Vorinstanz eingenommenen Augenschein und Karten und Pläne, bedarf es nicht zwingend der Einnahme eines (weiteren) Augenscheins (stRspr, vgl. BVerwG, U.v. 14.11.1991 – 4 C 1.91 – Buchholz 310 § 86 Abs. 1 VwGO Nr. 236 = juris Rn. 22; U.v. 30.5.1997 – 8 C 6.95 – NVwZ 1998, 290 = juris Rn. 9; B.v. 3.12.2008 – 4 BN 26.08 – BauR 2009, 617 = juris Rn. 3; Schübel-Pfister in Eyermann, VwGO, § 86 Rn. 83; Breunig in BeckOK, VwGO, Stand 1.7.2024, § 86 Rn. 89).
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Weiter folgen keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten daraus, dass die Kammer des Ausgangsgerichts den Rechtsstreit nicht einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen hat. Nach § 6 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist die Übertragung auf den Einzelrichter nicht zwingend vorgeschrieben, sondern soll nur in der Regel erfolgen, wenn die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und keine grundsätzliche Bedeutung hat. Damit verbleibt der Kammer insoweit ein – wenn auch eingeschränktes – Ermessen. Außerdem bindet die erstinstanzliche Bejahung oder Verneinung besonderer Schwierigkeiten im Sinne von § 6 Abs. 1 Nr. 1 VwGO das Rechtsmittelgericht nach ständiger Rechtsprechung nicht bei seiner Entscheidung über die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (vgl. BayVGH, B.v. 13.6.2024 – 11 ZB 24.50 – juris Rn. 26; B.v. 30.7.2015 – 10 ZB 15.819 – juris Rn. 56 m.w.N.; OVG NW, B.v. 26.1.2015 – 12 A 2101/13 – juris Rn. 9; SächsOVG, B.v. 26.11.2013 – 1 A 476/13 – juris Rn. 11), was auch dadurch deutlich wird, dass es dem Verwaltungsgericht nach § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO verwehrt ist, die Berufung wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten zuzulassen. Ferner ist der maßgebliche Zeitpunkt für die Beurteilung der besonderen Schwierigkeiten bei der Zulassung der Berufung ein anderer als bei der Entscheidung über die Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter (Kopp/Schenke, VwGO, § 124 Rn. 8).
32
Auch im Übrigen bestehen keine besonderen rechtlichen Schwierigkeiten, da die auftretenden Fragen ohne weiteres aus dem Gesetz zu lösen sind (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124 Rn. 32 m.w.N.).
33
2.3. Schließlich ist der geltend gemachte Verfahrensmangel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO i.V.m. § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) nicht im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO hinreichend dargelegt. Die Aufklärungsrüge setzt nach ständiger obergerichtlicher Rechtsprechung voraus, dass substantiiert dargetan wird, hinsichtlich welcher tatsächlichen Umstände Aufklärungsbedarf bestanden hat, welche für geeignet und erforderlich gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht gekommen wären, welche tatsächlichen Feststellungen bei der Durchführung der vermissten Sachverhaltsaufklärung voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern das unterstellte Ergebnis zu einer dem Kläger günstigeren Entscheidung hätte führen können. Hat der Kläger nicht bereits im Klageverfahren, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung hingewirkt, deren Unterbleiben nunmehr beanstandet wird, muss dargelegt werden, dass sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken von sich aus hätten aufdrängen müssen (vgl. BVerwG, B.v. 12.1.2024 – 10 BN 4.23 – juris Rn. 24; B.v. 15.5.2023 – 4 B 1.23 – juris Rn. 7).
34
Dem wird der Zulassungsantrag nicht gerecht. Schon die aufzuklärenden tatsächlichen Umstände sind nicht substantiiert dargelegt worden. Bei einer Prüfung, „ob die Interessen des Klägers ausreichend berücksichtigt wurden“, handelt es sich lediglich um eine nachgelagerte Wertung nicht genannter tatsächlicher Umstände. Nachdem der Kläger in der mündlichen Verhandlung ausweislich des Protokolls keinen entsprechenden Beweisantrag gestellt hat, fragt sich auch, weshalb sich dem Gericht trotz der recht umfangreichen Dokumentation der Örtlichkeit in den Akten und des vorgenommenen Fahrversuchs die Einnahme eines Augenscheins hätte aufdrängen müssen. Ob hinreichender Parkraum auf dem Grundstück der Beigeladenen vorhanden ist, musste das Verwaltungsgericht nicht klären. Denn nach seiner insoweit maßgeblichen Rechtsauffassung (vgl. BVerwG, B.v. 10.7.2024 – 5 B 24.23 – juris Rn. 24; B.v. 7.6.2022 – 4 BN 2.22 – juris Rn. 27), dass auch ein zu Unrecht angenommener Ausnahmefall nicht zur Nichtigkeit der Genehmigung geführt hätte, kam es darauf nicht an.
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3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.
36
4. Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO; § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).