Inhalt

VGH München, Beschluss v. 06.10.2025 – 7 ZB 25.700
Titel:

Nichtbestehen der Abiturprüfung

Normenketten:
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1
GSO § 46, § 51 Abs. 3 S. 3
Leitsätze:
1. Anders als die Neubewertung schriftlicher Prüfungen, bei denen es mit der jeweiligen Prüfungsbearbeitung sowie in der Regel vorhandener diesbezüglicher "Anmerkungen oder Einträge" der Prüfer auch nach Ablauf eines langen Zeitraums Entscheidungsgrundlagen für eine Neubewertung gibt, scheitert die Neubewertung mündlicher Prüfungen nach Ablauf eines Zeitraums von fünf Jahren regelmäßig am Fehlen verlässlicher Entscheidungsgrundlagen. (Rn. 11) (redaktioneller Leitsatz)
2. Sprachliche Fähigkeiten und die Gesprächsfähigkeit gehören regelmäßig zu den Kriterien, die zulässigerweise in die Bewertung der Prüfungsleistung jedes mündlichen Abiturfachs einbezogen werden können. (Rn. 20 – 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Neubewertung, mündliche Abiturprüfung, Prüfungsrecht, sprachliche Fähigkeiten, Gesprächsfähigkeit, Fachausschüsse
Vorinstanz:
VG München, Urteil vom 22.10.2024 – M 3 K 21.2714
Fundstelle:
BeckRS 2025, 28009

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Kläger wendet sich gegen das Ergebnis seiner Abiturprüfung.
2
Er besuchte im Schuljahr 2019/2020 als Wiederholer die Jahrgangsstufe Q12 des Gymnasiums Kirchseeon (im Folgenden: Schule) und legte im Mai 2020 ohne Erfolg die Abiturprüfung ab. Gegen die Mitteilung der Schule vom 3. Juli 2020 über das Nichtbestehen der Abiturprüfung legte er Widerspruch ein, den die Schule mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2021 zurückwies. Daraufhin erhob der Kläger Klage auf Neubewertung seiner Abiturprüfungsleistungen in den Fächern Deutsch und Englisch (schriftlich), der mündlichen Zusatzprüfung im Fach Englisch sowie sämtlicher Kolloquiumsprüfungen. Hilfsweise beantragte er die Verpflichtung des Beklagten, ihm die Möglichkeit einzuräumen, die mündliche Zusatzprüfung im Fach Englisch, die schriftlichen Prüfungen in den Fächern Deutsch und Englisch sowie sämtliche Kolloquiumsprüfungen erneut abzulegen. Die Klage wies das Verwaltungsgericht mit dem angegriffenen Urteil vollumfänglich ab.
3
Mit dem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzziel weiter. Der Beklagte tritt dem entgegen.
4
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten sowie auf die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
5
1. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe nach § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 5 VwGO sind nicht in einer den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Art und Weise dargelegt bzw. liegen nicht vor.
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1. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zuzulassen.
7
Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO sind anzunehmen, wenn in der Antragsbegründung ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden (vgl. etwa BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642) und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen (BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838/839). Schlüssige Gegenargumente in diesem Sinne liegen dann vor, wenn der Rechtsmittelführer substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546/548). Welche Anforderungen an Umfang und Dichte der Darlegung zu stellen sind, hängt wesentlich von der Intensität ab, mit der die Entscheidung begründet worden ist (Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124a Rn. 64 m.w.N.).
8
a) Das Zulassungsvorbringen wird über weite Teile schon den Darlegungsanforderungen aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht gerecht. Um ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils darzulegen, muss sich der Kläger substanziell mit der angegriffenen Entscheidung auseinandersetzen. Eine Bezugnahme auf erstinstanzliches Vorbringen genügt hierfür ebenso wenig wie dessen schlichte Wiederholung. Der Kläger muss substantiiert erläutern, aus welchen Gründen er das Urteil für unrichtig hält, die tatsächlichen oder rechtlichen Feststellungen benennen, gegen die er sich wendet, sowie die Gründe aufzeigen, aus denen diese aus seiner Sicht ernstlichen Zweifeln unterliegen (vgl. Kuhlmann in Wysk, VwGO, 4. Aufl. 2025, § 124a Rn. 46 m.w.N.).
9
Hieran fehlt es auf den Seiten 1 bis 17 der Zulassungsbegründung vom 12. Mai 2025, auf denen der Kläger zunächst den dem Rechtsstreit zu Grunde liegenden Sachverhalt sowie den „prüfungsrechtlichen Maßstab“ referiert und allgemeine Ausführungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO macht. Diese „vor die Klammer gezogenen“ Ausführungen weisen nicht den nötigen Bezug zum angegriffenen Urteil auf.
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Auch mit den Ausführungen unter (1) auf Seite 18 f. der Zulassungsbegründung vom 12. Mai 2025 wird der Kläger seiner Darlegungspflicht aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht gerecht. Mit der Wiedergabe eines wörtlichen Auszugs aus dem angegriffenen Urteil (Kursivdruck) sowie dem erneuten Hinweis auf die bereits erstinstanzlich vorgelegte „Schriftexpertise“ und der erneuten Bezugnahme auf erstinstanzliches Vorbringen findet – gemessen am obigen Maßstab – gerade keine ausreichende Darlegung ernstlicher Zweifel statt. Die übrigen Ausführungen ergehen sich in Zweifeln („Es muss daher höchst zweifelhaft bleiben…“) und Fragen („Es muss daher schon fraglich bleiben…“) zur schriftlichen Prüfung im Fach Deutsch und zur Kolloquiumsprüfung im Fach Kunst, beinhalten jedoch keine inhaltlich substantiierte Durchdringung der diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Feststellungen und lassen eine argumentative Auseinandersetzung mit diesen vermissen.
11
Unabhängig davon legt der Kläger keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Feststellungen dar, soweit er meint, die zur Neubewertung der mündlichen Prüfungsleistungen (gemeint wohl die Kolloquiumsprüfungen Kunst und Katholische Religionslehre sowie die mündliche Zusatzprüfung im Fach Englisch) ergangenen Feststellungen des Verwaltungsgerichts seien widersprüchlich, weil das Gericht an anderer Stelle Aussagen gerade dieser Prüfer als „angeblich – nachvollziehbar und glaubhaft“ bewerte. Er verkennt, dass die Frage, ob mündliche und schriftliche Prüfungsleistungen nach Ablauf eines Zeitraums von fünf Jahren überhaupt einer Neubewertung zugänglich sind, differenziert zu beantworten ist. Inwieweit eine Neubewertung einer Prüfungsleistung möglich ist, hängt maßgeblich davon ab, ob die hierfür erforderliche verlässliche Entscheidungsgrundlage vorhanden ist. Dies ist grundsätzlich nicht nach rechtlichen Kriterien, sondern aufgrund einer Würdigung tatsächlicher Umstände zu beantworten (vgl. BVerwG, B.v. 11.4.1996 – 6 B 13.96 – NVwZ 1997, 502 Rn. 12). Anders als die Neubewertung schriftlicher Prüfungen, bei denen es mit der jeweiligen Prüfungsbearbeitung sowie in der Regel vorhandener diesbezüglicher „Anmerkungen oder Einträge“ der Prüfer auch nach Ablauf eines so langen Zeitraums Entscheidungsgrundlagen für eine Neubewertung gibt, scheitert die Neubewertung mündlicher Prüfungen nach Ablauf eines Zeitraums von fünf Jahren regelmäßig am Fehlen verlässlicher Entscheidungsgrundlagen.
12
b) Mit seinem Zulassungsvorbringen gegen die verwaltungsgerichtlichen Feststellungen zur Einordnung der Aussagen der Schulleiterin im Vorfeld der mündlichen Abiturprüfungen dringt der Kläger ebenfalls nicht durch. Das Verwaltungsgericht hat zunächst ausgeführt (vgl. UA Rn. 56 bis 61), aus welchen Gründen die Einlassungen der Schulleiterin das im Prüfungsverhältnis geltende Fairnessgebot nicht verletzen. „Unabhängig davon“, also selbständig tragend, hat es sodann festgestellt (vgl. UA Rn. 62 bis 67), dass sich der Kläger auf einen diesbezüglichen Verfahrensfehler nicht mit Erfolg berufen könne, da er diesen nicht unverzüglich, sondern erst während des Widerspruchsverfahrens (Schriftsatz seines damaligen Bevollmächtigten v. 29.1.2021) gerügt hat. Ist ein Urteil – wie vorliegend – auf mehrere selbständig tragende Begründungen gestützt, so setzt die Zulassung der Berufung voraus, dass in Bezug auf jede dieser Begründungen ein Zulassungsgrund aufgezeigt wird und vorliegt. Wenn nur bezüglich einer Begründung ein Zulassungsgrund gegeben ist, kann diese Begründung nämlich hinweggedacht werden, ohne dass sich der Ausgang des Verfahrens ändert (vgl. BVerwG, B.v. 27.8.2013 – 4 B 39.13 – juris Rn. 2 m.w.N.; BayVGH, B.v. 1.4.2020 – 7 ZB 19.1313 – juris Rn. 4).
13
Dem entspricht das Zulassungsvorbringen des Klägers nicht. Denn der Kläger verhält sich bei keinem der von ihm geltend gemachten Zulassungsgründe zu den selbständig tragenden Feststellungen des angegriffenen Urteils, dass er seiner sich aus dem Prüfungsrechtsverhältnis ergebenden Mitwirkungsobliegenheit, nämlich der unverzüglichen Rüge von Verfahrensfehlern, nicht nachgekommen ist. Somit kommt es auf seine Ausführungen zu der weiteren tragenden Begründung des Verwaltungsgerichts nicht an. Diese können nicht zur Zulassung der Berufung führen.
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c) Auch das klägerische Vorbringen ab Seite 23 unter (3) der Zulassungsbegründung vom 12. Mai 2025 erfordert nicht die Zulassung der Berufung. Mit seinen Rügen zu den verwaltungsgerichtlichen Feststellungen zu § 46 der Schulordnung für die Gymnasien in Bayern vom 23. Januar 2007 (GVBl 2007, 68) in der Fassung vom 1. Juli 2016 (Gymnasialschulordnung – GSO) dringt der Kläger nicht durch.
15
aa) Gemäß § 46 Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 GSO ist es u.a. Aufgabe der Fachausschüsse, die mündlichen und praktischen Prüfungen durchzuführen und zu bewerten sowie jeweils eine Niederschrift anzufertigen. Fachausschüsse bestehen aus mindestens zwei Mitgliedern (§ 46 Abs. 1 Satz 1 GSO), Unterausschüsse ebenfalls aus mindestens zwei Mitgliedern (§ 46 Abs. 2 Satz 1 GSO). Gemäß § 46 Abs. 2 Satz 2 GSO übernehmen Unterausschüsse die Aufgaben nach Absatz 1 Satz 3 Nr. 3 GSO.
16
Das Verwaltungsgericht stellt hierzu im angegriffenen Urteil fest (vgl. UA Rn. 70), der Umstand, dass § 46 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Satz 1 GSO nur die Mindestanzahl der Mitglieder der Fach- und Unterausschüsse regele, stelle keinen Verfahrensfehler dar, der einen Anspruch auf Wiederholung der mündlichen Abiturprüfungen begründe. Das Verwaltungsgericht lässt zunächst im Ergebnis offen, ob die vom Bundesverwaltungsgericht zu beruflichen Prüfungen ergangene Rechtsprechung, wonach der prüfungsrechtliche Grundsatz der Chancengleichheit und der effektive Schutz der Berufswahlfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) verlangten, dass der zuständige Normgeber die konkrete Zahl der Prüfer rechtssatzmäßig in der Prüfungsordnung festlegen müsse (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.2020 – 6 C 8.18 – juris Rn. 21; U.v. 10.4.2019 – 6 C 19.18 – juris Rn. 14), auf die Abiturprüfung als schulische Prüfung Anwendung finde (vgl. UA Rn. 71 ff.). Es sei jedenfalls anerkannt, dass es unter bestimmten Voraussetzungen mit dem Rechtsstaatsprinzip nach Art. 20 Abs. 3 GG vereinbar und im Hinblick auf die weitere Durchführbarkeit berufsbezogener Prüfungen im Hinblick auf Art. 12 Abs. 1 GG sogar geboten sei, Regelungen, die einem bereichsspezifischen Gesetzesvorbehalt nicht genügten oder mangels wirksamer Bekanntmachung nicht in Kraft getreten seien, für einen Übergangszeitraum weiter anzuwenden. Ein solcher Fall liege hier vor, da ohne die Geltung der Regelungen der Gymnasialschulordnung mündliche Prüfungen im Rahmen der Abiturprüfung nicht abgehalten werden könnten und auch der Kläger das im Erfolgsfall der Klage fortbestehende Prüfungsrechtsverhältnis nicht ordnungsgemäß beenden könne. Das Verwaltungsgericht kommt dann zum Ergebnis, dass der Kläger selbst bei einem Verstoß von § 46 GSO gegen Art. 12 Abs. 1 und Art. 3 Abs. 1 GG keine Aufhebung der Prüfungsentscheidung beanspruchen könnte, weil bei Anwendung der bisherigen Praxis – einer mündlichen Prüfung unter Mitwirkung von zwei Prüfern – eine Benachteiligung des Klägers ausgeschlossen sei. Es sei weder geltend gemacht noch ersichtlich, dass andere Prüflinge an der Schule des Klägers in der mündlichen Abiturprüfung von mehr als zwei Prüfern geprüft worden seien.
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bb) Die gegen die Besetzung der Fachausschüsse vom Kläger vorgebrachten Einwendungen vermögen die Richtigkeit des vom Verwaltungsgericht gefundenen Ergebnisses nicht in Zweifel zu ziehen und erfordern daher auch insoweit nicht die Zulassung der Berufung.
18
Der Kläger wurde unstreitig in sämtlichen mündlichen Abiturprüfungen von zwei Prüfern geprüft. Damit entsprach das Verfahren der Schule den Vorgaben von § 46 GSO – entweder in unmittelbarer Anwendung der Norm oder aufgrund der am Gymnasium des Klägers tatsächlich geübten Praxis. Selbst dann, wenn die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur rechtssatzmäßigen Festlegung der Anzahl von Prüfern bei beruflichen Prüfungen auf Abiturprüfungen zu übertragen und § 46 GSO daher unwirksam wäre, hat der Kläger keinen Anspruch auf eine erneute Ablegung der mündlichen Abiturprüfungen. Denn das Verwaltungsgericht hat jedenfalls zutreffend festgestellt, dass die vom Kläger geltend gemachte Nichtigkeit von § 46 GSO vorliegend nicht zur Aufhebung der Prüfungsentscheidung führen kann, sondern allenfalls eine inter partes wirkende Übergangsregelung erfordert, die sich im Hinblick auf den Grundsatz der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) regelmäßig – so auch hier – an der tatsächlich ausgeübten Praxis zu orientieren hat (vgl. BVerwG, U.v. 24.4.2024 – 6 C 5.22 – juris Rn. 19 f. m.w.N.). Dem hat der Kläger nicht substantiiert widersprochen und damit die Richtigkeit dieser zutreffenden Feststellungen des Verwaltungsgerichts nicht in Zweifel gezogen.
19
d) Mit seinen Einwänden gegen die Bewertung der mündlichen Kolloquiumsprüfung im Fach Kunst (4 Punkte) dringt der Kläger ebenfalls nicht durch.
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aa) Die Ausführungen auf den Seiten 24 bis 26 (oben) der Zulassungsbegründung vom 12. Mai 2025 verfehlen erneut die Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Der Kläger referiert zunächst die angegriffene Entscheidung (dort Rn. 84, der Kläger gibt diese jedoch zum Teil verfremdet wieder, vgl. S. 24 a.E.), soweit diese feststellt, dass die Note des Klägers für die Gesamtprüfungsleistung im Fach Kunst korrekt ermittelt worden sei. Sodann trägt er unter Bezugnahme auf Fundstellen in der Literatur allgemein vor, unter welchen Umständen sprachliche Fähigkeiten und Rechtschreibmängel für die Bewertung von Prüfungsleistungen relevant sein können und schließt mit der Einschätzung, „dass im vorliegenden Fach Kunst keine allzu hohen Anforderungen an die Sprachfähigkeit gestellt werden dürften, die einen derart erheblichen Einfluss haben, indem dies nicht Zweck der Leistungskontrolle sein dürfte, wie es beispielsweise in einem sprachlichen Fach (Deutsch, Englisch etc.) der Fall wäre“. Diese Ausführungen lassen bereits einen inneren Zusammenhang zueinander vermissen. Im Übrigen verkennt der Kläger, dass sprachliche Fähigkeiten regelmäßig zu den Kriterien gehören, die zulässigerweise in die Bewertung der Prüfungsleistung jedes mündlichen Abiturfachs einbezogen werden können. Zudem verhalten sich die Ausführungen des Klägers nicht substantiiert zu den – zutreffenden – verwaltungsgerichtlichen Feststellungen, die Gesamtnote im Fach Kunst sei rechnerisch richtig ermittelt worden. Der Kläger legt also mit diesem Vorbringen keine ernstlichen Zweifel dar.
21
bb) Des Weiteren sind diese Ausführungen schon nicht nachvollziehbar bzw. gehen ins Leere, soweit sie sich gegen die – wie der Kläger meint – Bewertung der Gesprächsfähigkeit hinsichtlich des Kurzreferats wenden. Die vom Kläger erreichte Gesamtnote von 4 Punkten im Prüfungsfach Kunst errechnet sich aus dem Prüfungsteil „Referat“, der gemäß § 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GSO aus einem Kurzreferat der Schülerin oder des Schülers und einem Gespräch ausgehend vom Kurzreferat besteht, sowie aus dem Prüfungsteil „Gespräch zu den Lerninhalten aus zwei weiteren Ausbildungsabschnitten“, § 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GSO. Die Prüferinnen haben die Leistungen des Klägers wie folgt bewertet: Kurzreferat 7 Punkte, Gespräch ausgehend vom Kurzreferat 5 Punkte, Gespräch zu den weiteren Lerninhalten 2 Punkte. Die Kategorie „Gesprächsfähigkeit“ wurde – entgegen den klägerischen Ausführungen – im Prüfungsteil „Referat“ in Bezug auf das Kurzreferat selbst nicht bewertet (vgl. „Zusammenfassendes Urteil zu 1.1“, Bl. 330 BA). Lediglich bezüglich des Gesprächs ausgehend vom Kurzreferat vermerkt das zusammenfassende Urteil zu 1.2 (Bl. 332 BA): „unbeweglich im Gespräch, hat Schwierigkeiten Impulse aufzunehmen“. Dass die Gesprächsfähigkeit in mündlichen und praktischen Prüfungen angemessen zu berücksichtigen ist, ergibt sich aus § 51 Abs. 3 Satz 3 GSO. Auch dies gilt unabhängig vom Prüfungsfach, denn die Gesprächsfähigkeit ist in jedem mündlichen Prüfungsgespräch bewertbar.
22
cc) Auch die klägerische Rüge, die Prüferinnen hätten zu Unrecht das Kurzreferat im Vergleich zum sich daran anschließenden Gespräch doppelt gewichtet, verfängt nicht. Zum einen hat das Verwaltungsgericht zutreffend festgestellt, dass die Gewichtung unterschiedlicher Prüfungsteile dem prüfungsrechtlichen Beurteilungsspielraum unterfällt, der gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist (vgl. BVerwG, B.v. 2.6.1998 – 6 B 78.97 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 25.4.2025 – 7 ZB 24.1775 – juris Rn. 27). Dass diese Gewichtung ausschließlich bei der Bewertung der klägerischen Prüfungsleistung und damit unter Verletzung des im Prüfungsrecht zu beachtenden Grundsatzes der Chancengleichheit (Art. 3 Abs. 1 Satz 1, Art. 12 Abs. 1 GG) erfolgt wäre, ist weder erkennbar noch trägt der Kläger dies vor. Zum anderen ist die doppelte Gewichtung der in der Teilprüfungsleistung „Kurzreferat“ erzielten Note (7 Punkte) für ihn insgesamt günstig. Hingegen wurden die Prüfungsteile „Referat“ (§ 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 GSO) und „Gespräch zu den Lerninhalten aus zwei weiteren Ausbildungsabschnitten“ (§ 50 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GSO) gleich gewichtet.
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dd) Sein Einwand gegen die verwaltungsgerichtlichen Feststellungen bezüglich einer etwaigen „Nachschärfung“ des Prüfungsprotokolls bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Mit der zutreffenden Feststellung des Verwaltungsgerichts, Mängel des Protokolls könnten für sich genommen nicht die Wiederholung der Prüfung zur Folge haben, setzt sich der Kläger inhaltlich nicht auseinander, sondern bestreitet schlicht deren Richtigkeit. Damit legt er jedoch nicht den Anforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO entsprechend ernstliche Richtigkeitszweifel dar. Die Notengebung selbst, stellt der Kläger – auch im Schriftsatz vom 1. September 2025 – nicht in Frage.
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e) Das Zulassungsvorbringen bezüglich der mündlichen Zusatzprüfung im Fach Englisch erfordert ebenfalls nicht die Zulassung der Berufung. Soweit es auf Seite 30 unter (6) des Schriftsatzes vom 12. Mai 2025 zunächst auf „die obigen Ausführungen“ verweist, genügt es nicht den sich aus § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO ergebenden Anforderungen. Es bleibt schon offen, auf welche konkreten vorstehenden Ausführungen es sich bezieht. Mit seinem Einwand, die Prüferinnen hätten nicht alle relevanten Äußerungen des Klägers erfasst (Seite 31 f.), dringt er ebenfalls nicht durch. Die Zulassungsbegründung vom 12. Mai 2025 referiert hier Allgemeines zum Prüfungsrecht, ohne einen hinreichenden Bezug zum vorliegenden Rechtsstreit herzustellen. Sein Vorbringen auf Seite 32 unter (8) zur Bewertung der klägerischen Antwort auf die Frage „Where would you like to live?“ und der von den Prüferinnen hierzu erwarteten Antwort verhilft dem Kläger ebenfalls nicht zum Erfolg. Es ist nicht zu beanstanden, dass die Prüferinnen in der mündlichen Zusatzprüfung der Abiturprüfung von einem Prüfling neben der schlichten Antwort auf eine gestellte Frage (mehrere) Argumente für das von ihm gefundene Ergebnis erwarten. Das klägerische Vorbringen hat nicht im Ansatz genug Substanz, um die diesbezüglichen verwaltungsgerichtlichen Feststellungen mit Erfolg in Zweifel zu ziehen.
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2. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO).
26
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) setzt voraus, dass die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre, bisher höchstrichterlich oder – bei tatsächlichen Fragen oder nichtrevisiblen Rechtsfragen – durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt, aber klärungsbedürftig und über den zu entscheidenden Fall hinaus bedeutsam ist (stRspr, vgl. z.B. BayVGH, B.v. 21.11.2019 – 4 ZB 19.1671 – juris Rn. 10 m.w.N.). Um den auf grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache gestützten Zulassungsantrag zu begründen, muss der Rechtsmittelführer innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO (1.) eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren sowie deren (2.) Klärungsfähigkeit, (3.) Klärungsbedürftigkeit und (4.) allgemeine Bedeutung substantiiert darlegen (BayVGH, B.v. 7.2.2017 – 14 ZB 16.1867 – juris Rn. 15 m.w.N.).
27
Das klägerische Vorbringen im Schriftsatz vom 12. Mai 2025 wird auch bezüglich des Zulassungsgrunds nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO den Darlegungsanforderungen i.S.v. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO nicht gerecht. Denn neben allgemeinen Ausführungen zur grundsätzlichen Bedeutung einer Rechts- oder Tatsachenfrage beschränkt es sich auf den Verweis auf vorstehende Ausführungen bzw. erstinstanzliches Vorbringen. Dies genügt nicht, um eine grundsätzliche Bedeutung i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO darzulegen. Zudem enthält der die Zulassungsbegründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO allein wahrende Schriftsatz vom 12. Mai 2025 schon keine ausdrücklich formulierte, klärungsbedürftige Frage. Die im Schriftsatz vom 1. September 2025 nachgereichten Fragestellungen gingen deutlich nach Ablauf der Begründungsfrist (hier: 12.5.2025) beim Verwaltungsgerichtshof ein und sind daher nicht berücksichtigungsfähig. Da die im klägerischen Schriftsatz vom 12. Mai 2025 enthaltenen Ausführungen zu § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO bereits nicht den Mindestanforderungen entsprechen, stellen die nachgereichten Fragestellungen nicht lediglich Ergänzungen der bisherigen Darlegungen zu diesem Zulassungsgrund dar (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, § 124a Rn. 53).
28
3. Die im Schriftsatz vom 1. September 2025 geltend gemachten Verfahrensrügen (Verzicht auf den Einsatz von Mikrofonen im Sitzungssaal während der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht am 22. Oktober 2024, Aufklärungsrüge) erhob der Kläger erstmalig nach Ablauf der Zulassungsbegründungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Sie rechtfertigen schon deshalb nicht die Zulassung der Berufung wegen eines Verfahrensmangels (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 47 Abs. 3, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 38.6 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs (2013) und entspricht der Streitwertfestsetzung im erstinstanzlichen Verfahren.
30
Dieser Beschluss, mit dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).