Inhalt

VGH München, Beschluss v. 10.10.2025 – 9 ZB 24.139
Titel:

Nachbarklage, Gaststätte mit Diskothekenbetrieb, Gebot der Rücksichtnahme, Verkehrsgeräusche, Fußgängerlärm, Unbestimmtheit einer Baugenehmigung, Inhaltsbestimmung, Ablehnung eines Beweisantrags, Ausforschungsantrag

Normenketten:
BImSchG §§ 3, 22
TA Lärm
BayVwVfG Art. 37
VwGO § 86 Abs. 2
ZPO analog § 412
Schlagworte:
Nachbarklage, Gaststätte mit Diskothekenbetrieb, Gebot der Rücksichtnahme, Verkehrsgeräusche, Fußgängerlärm, Unbestimmtheit einer Baugenehmigung, Inhaltsbestimmung, Ablehnung eines Beweisantrags, Ausforschungsantrag
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 22.11.2023 – AN 3 K 22.1523
Fundstelle:
BeckRS 2025, 27953

Tenor

I. Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 22. November 2023 – AN 3 K 22.1523 – wird abgelehnt.
II. Die Kläger haben die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Der Beigeladene trägt seine außergerichtlichen Kosten selbst.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
1
Die Kläger, Eigentümer des mit einem Einfamilienhaus bebauten Grundstücks FlNr. … … … …, wenden sich gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 25. Mai 2022 für die Nutzungsänderung eines Wohn- und Geschäftshauses in Gastronomie, Musikbar und Diskothek sowie Errichtung einer Terrasse, Erweiterung des Parkplatzes, Errichtung von Schallschutzwänden und weitere Vorhaben auf den nördlich angrenzenden Grundstücken FlNrn. … … und … … … … Sowohl das klägerische Grundstück als auch die Vorhabengrundstücke liegen im bauplanungsrechtlichen Außenbereich.
2
Auf den Vorhabengrundstücken befindet sich seit mehreren Jahrzehnten ein Gaststätten-, Bar- und Diskothekenbetrieb, für den u.a. Baugenehmigungen vom 24. Juli 1985 und 25. Februar 2002 vorliegen. Mit Bauantrag vom 29. Oktober 2021 beantragte der Beigeladene eine Baugenehmigung für eine Vielzahl von Maßnahmen (u.a. Nutzungsänderung in Gastronomie, Musikbar und Diskothek, Genehmigung der Freiflächenbestuhlung, Terrassennachgenehmigung und Terrassenerweiterung, Parkplatzerweiterung, Errichtung von Schallschutzwänden). Ausweislich der Betriebsbeschreibung sollen Mottoveranstaltungen, Firmenfeiern, Hochzeiten, Sportevents und Livemusik mit einer Gästeanzahl von 594 (274 innen und 320 außen) stattfinden. Die beabsichtigten Öffnungszeiten sind Montag bis Donnerstag von 11:00 Uhr bis 1:00 Uhr sowie Freitag und Samstag von 11:00 Uhr bis 5:00 Uhr. Geplant sind drei Freiflächen: Die Terrassenfläche Nord soll auf 138 m² mit 120 Sitzplätzen erweitert werden. Die Terrassenfläche West mit Gasgrill soll auf 144 m² mit 130 Sitzplätzen errichtet werden, wobei die Nutzung ab 22:00 Uhr auf den nördlichen Teil mit 60 Plätzen begrenzt werden soll. Die „Kaffee-Ecke“ Süd soll 51 m² mit 50 Plätzen beinhalten und nur tagsüber genutzt werden. Südlich der „Kaffee-Ecke“ ist die Errichtung einer 3,40 m hohen begrünten Schallschutzwand geplant. An der südlichen und westlichen Grundstücksgrenze soll eine 2 m hohe Schallschutzwand errichtet werden. Weitere Schallschutzwände mit einer Höhe von je 2 m sind südlich der Terrassenfläche West und südlich der überdachten Außenbar geplant. Dem Bauantrag ist eine schalltechnische Untersuchung vom 2. Februar 2021 mit Ergänzungen vom 8. Dezember 2021 und 1. März 2022 beigefügt. Danach errechneten sich für den Gesamtbetrieb an den maßgeblichen Immissionsorten am Wohnhaus der Kläger (IO 1a und 1b) Beurteilungspegel von maximal 52 dB(A) tags und 45 dB(A) nachts. Die Anforderungen der TA Lärm für kurzzeitige Geräuschspitzen würden in der Tagessowie Nachtzeit eingehalten. Mit Bescheid vom 25. Mai 2022 erteilte die Beklagte dem Beigeladenen die Baugenehmigung. Unter der Überschrift „Auflagen“ wurden die Betriebsbeschreibung vom 23. März 2022 sowie das schalltechnische Gutachten vom 2. Februar 2021 mit ergänzenden Schreiben vom 8. Dezember 2021 und 1. März 2022 zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt.
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Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung abgewiesen, die Baugenehmigung sei rechtmäßig und verletze die Kläger nicht in eigenen Rechten. Das Rücksichtnahmegebot sei nicht verletzt, da nach der schalltechnischen Untersuchung keine schädlichen Umwelteinwirkungen zu erwarten seien. Die Einwände der Kläger seien nicht geeignet, die Feststellungen der schalltechnischen Untersuchung zu erschüttern. So sei die Gästezahl auf den Außenflächen in der Betriebsbeschreibung sowie in der schalltechnischen Untersuchung klar definiert. Auf die Anzahl der Gäste im Innenbereich komme es aus Lärmschutzgründen nicht signifikant an. Der An- und Abfahrtsverkehr auf dem Grundstück sei in der schalltechnischen Untersuchung berücksichtigt. Auf öffentlichen Verkehrsflächen sei der An- und Abfahrtsverkehr hingegen aufgrund der Vermischung mit dem allgemeinen Verkehr nicht berücksichtigt worden. Die fehlende Berücksichtigung des Fußgängerlärms könne eine Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht bedingen, da eine Verdoppelung des Lärms am Wohnhaus der Kläger durch den Fußgängerverkehr nicht plausibel sei. Eine Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes liege nicht vor. Die für die Immissionsbelastung wichtigen Parameter, insbesondere die Anzahl der Gäste auf den Außenflächen, sei deutlich beschrieben. Bei der Bezugnahme auf die Betriebsbeschreibung und das schalltechnische Gutachten handele es sich um Inhaltsbestimmungen, die das Wesen und den Inhalt der Baugenehmigung definierten.
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Hiergegen richtet sich der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Rechtszüge sowie die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von den Klägern geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht ausreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), liegen jedenfalls nicht vor.
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1. Aus dem Vorbringen der Kläger ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit eines Urteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt wird (vgl. BVerfG, B.v. 18.3.2022 – 2 BvR 1232/20 – NVwZ 2022, 789 = juris Rn. 23; Happ in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 124 Rn. 15). Das Darlegungsgebot des § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO erfordert eine substantielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrunds sowie eine erkennbare Sichtung und rechtliche Durchdringung des Streitstoffs, vor allem eine substantielle Auseinandersetzung mit dem angefochtenen Urteil. Dazu muss der Rechtsmittelführer im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen die Annahmen des Verwaltungsgerichts ernstlichen Zweifeln begegnen (vgl. BayVGH, B.v. 30.11.2021 – 9 ZB 21.2366 – juris Rn. 11 ff.).
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Die Kläger machen geltend, das Verwaltungsgericht habe die Möglichkeit, dass die Geräuschbeiträge des Zu- und Abgangs der Besucher zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots führen könnten, zu Unrecht verneint. Auch habe es nicht berücksichtigt, dass der Genehmigungsumfang nicht erkennbar sei, da widersprüchliche Aussagen zur Anzahl der Gäste vorlägen. Zudem sei der Nachbarschutz nicht gewährleistet, da eine Bedingung zur Absicherung der Errichtung sowie des Bestands der Schallschutzwände und eine Regelung bezüglich des Verhaltens der Gäste im Zugangsbereich sowie zur Vermeidung von Parksuchverkehr fehle. Damit wiederholen sie lediglich ihren erstinstanzlichen Vortrag und ihre von den Feststellungen des Verwaltungsgerichts abweichende Rechtsauffassung. Dies genügt nicht dem Darlegungsgebot nach § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO.
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Darüber hinaus liegen ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils auch nicht vor. Der Senat teilt die Auffassung des Verwaltungsgerichts, dass die Kläger nicht in nachbarschützenden Rechten verletzt werden. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO auf die zutreffenden Gründe des angefochtenen Urteils Bezug genommen und von einer weiteren Begründung abgesehen. Lediglich ergänzend bleibt im Hinblick auf das Vorbringen im Zulassungsverfahren Folgendes zu bemerken:
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a) Die Kläger führen aus, das Verwaltungsgericht habe dem vom Betrieb des Beigeladenen hervorgerufenen Zu- und Abgangsverkehr nicht die erforderliche Gewichtung gegeben und verkannt, dass jeder Zu- und Abgangsverkehr in unmittelbarer Nähe der nördlichen Grenze ihres Grundstücks und zum Teil auch auf dem an der östlichen Grundstücksgrenze anliegenden Gehweg entlangführe. Dieser Vortrag ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts zu begründen.
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Zutreffend hat das Verwaltungsgericht ausgeführt, dass der TA Lärm als normkonkretisierender Verwaltungsvorschrift bei der Beurteilung von Geräuschen im Rahmen der Prüfung, ob die Verpflichtung des § 22 Abs. 1 BImSchG eingehalten wird, wonach nicht immissionsschutzrechtlich genehmigungsbedürftige Anlagen so zu errichten und zu betreiben sind, dass schädliche Umwelteinwirkungen i.S.d. § 3 BImSchG verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen auf ein Mindestmaß beschränkt werden, eine im gerichtlichen Verfahren zu beachtende Bindungswirkung zukommt (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – BVerwGE 145, 145 ff. = juris Rn. 18).
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Die An- und Abfahrt des motorisierten Verkehrs zum Betrieb des Beigeladenen erfolgt über die bestehende Zufahrt von der … Straße, die sich ca. 25 m vom maßgeblichen Immissionsort am klägerischen Wohnhaus entfernt befindet und gegenüber diesem ausweislich der genehmigten Pläne mit einer 2 m hohen Schallschutzwand an der südlichen Grundstücksgrenze des Betriebsgrundstücks abgeschirmt werden soll. Die Fahrzeuggeräusche auf dem Betriebsgrundstück sowie bei der Ein- und Ausfahrt wurden der schalltechnischen Untersuchung vom 2. Februar 2021 zu Grunde gelegt. Hinsichtlich der Geräusche des An- und Abfahrtverkehrs auf öffentlichen Verkehrsflächen hat das Verwaltungsgericht in nachvollziehbarer Weise dargelegt, dass diese nach Nr. 7.4 Abs. 2 TA Lärm nicht zu berücksichtigen waren, da angesichts des Umstands, dass es sich bei der … Straße um eine in beiden Richtungen zweispurige Straße mit erkennbarer Verbindungsfunktion und Zubringerfunktion zur Südwesttangente handelt, davon auszugehen ist, dass sich der An- und Abfahrtsverkehr mit dem allgemeinen Verkehrsaufkommen untrennbar vermischt.
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Soweit es den Fußgängerverkehr betrifft, ist das Verwaltungsgericht zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass dessen fehlende Berücksichtigung in der schalltechnischen Untersuchung nicht zu einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots führen kann. Die Frage, welches Maß an Schallimmissionen eine im Außenbereich ausgeübte Wohnnutzung hinnehmen muss, ist nach Nr. 6.6 Satz 2 TA Lärm nach der konkreten Schutzbedürftigkeit dieser Nutzung zu beantworten. Auch wenn in solchen Fällen zumeist der Ansatz der in Nummer 6.1 Satz 1 Buchst. d TA Lärm für Dorf- und Mischgebiete vorgegebenen Immissionsrichtwerte sachgerecht ist, bezeichnen die sich danach ergebenden Immissionsrichtwerte von 60 dB(A) für die Tageszeit und 45 dB(A) für die lauteste Nachtstunde keine von der Einzelfallbeurteilung losgelöste Zumutbarkeitsschwelle. Vielmehr sind hinsichtlich des Schutzniveaus einer Wohnnutzung im Außenbereich im Rahmen einer Einzelfallbeurteilung alle einschlägigen Kriterien heranzuziehen, unter anderem eine etwaige Prägung der Umgebung durch gewerbliche Nutzungen sowie der Gesichtspunkt der zeitlichen Priorität (vgl. BayVGH, B.v. 30.8.2017 – 22 ZB 16.1376 – juris Rn. 18 ff.; Feldhaus/Tegeder, TA Lärm, Sonderdruck aus Feldhaus, Bundesimmissionsschutzrecht, Nr. 6 Rn. 56). Vor diesem Hintergrund ist das Verwaltungsgericht in nicht zu beanstandender Weise davon ausgegangen, dass den Klägern nicht die Immissionsrichtwerte eines Mischgebiets, sondern lediglich ein vermindertes Schutzniveau von allenfalls 48 dB(A) nachts zusteht. Dabei hat das Verwaltungsgericht dem Umstand Rechnung getragen, dass das im bauplanungsrechtlichen Außenbereich gelegene Grundstück der Kläger nicht nur durch den Gaststättenbetrieb des Beigeladenen, sondern auch durch die Randlage zum faktischen Gewerbegebiet östlich der … Straße erheblich von gewerblicher Nutzung umgeben ist. Des Weiteren hat das Verwaltungsgericht berücksichtigt, dass die Kläger mit ihrem im Jahr 2012 als Ersatzbau nach § 35 Abs. 4 BauGB errichteten Wohnhaus in Kenntnis der Lärmbelastung noch näher an den zum damaligen Zeitpunkt bereits bestehenden Gaststättenbetrieb herangerückt sind. Auch bei Hinzurechnung des dem Betrieb des Beigeladenen zuzurechnenden Fußgängerverkehrs ist vor dem Hintergrund, dass der von Fußgängern auf dem Weg zum oder vom Betrieb des Beigeladenen ausgehende Lärm lediglich kurzzeitig auf das klägerische Wohnhaus einwirkt, nicht davon auszugehen, dass dies zu einer Erhöhung des am maßgeblichen Immissionsort des klägerischen Wohnhauses prognostizierten Beurteilungspegels um 3 dB(A) auf 48 dB(A) nachts und damit zu einer Verdoppelung der Schallenergie führen würde.
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b) Auch mit dem Vorbringen, der Berechtigungsumfang der Genehmigung und die sich hieraus ergebende Belastung seien nicht erkennbar, da die Antragsunterlagen und die in Bezug genommenen Unterlagen widersprüchliche Aussagen hinsichtlich der Gästezahl beinhalteten, vermögen die Kläger nicht durchzudringen.
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Eine Baugenehmigung kann durch den Eigentümer des benachbarten Grundstücks wegen Unbestimmtheit nur mit Erfolg angefochten werden, wenn diese hinsichtlich nachbarrechtsrelevanter Fragen unter Verstoß gegen Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG unbestimmt ist und infolge des Mangels eine Verletzung von Nachbarrechten nicht auszuschließen ist (vgl. BayVGH, B.v. 26.5.2020 – 15 ZB 19.2231 – juris Rn. 11).
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Das Verwaltungsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass eine Verletzung der Kläger in nachbarschützenden Rechten aufgrund der gerügten Unbestimmtheit hinsichtlich der Anzahl der Gäste ausgeschlossen ist. Für die Frage der Immissionsbelastung kommt es auf die Gästezahl im Innenbereich des Betriebs des Beigeladenen nicht signifikant an, da die Geräuschemissionen aus dem Inneren nicht von der Anzahl der Gäste, sondern von den Dämmwerten der Bauteile und von technischen Anlagen wie der Musikanlage abhängen. Hingegen ist die für die Immissionsbelastung maßgebliche Anzahl der Gäste auf den Außenflächen sowohl in den Bauantragsunterlagen einschließlich Bestuhlungsplan und Betriebsbeschreibung als auch in der schalltechnischen Untersuchung mit tagsüber 320 Gästen und nachts 180 Gästen eindeutig definiert.
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c) Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus dem Einwand der Kläger, der Nachbarschutz sei nicht gewährleistet, da die Errichtung und der Bestand der Schallschutzwände, die nach der schalltechnischen Untersuchung Grundlage für die Erfüllbarkeit der Lärmschutzanforderungen seien, nicht durch eine Bedingung abgesichert seien.
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Rechtsfehlerfrei ist das Verwaltungsgericht zu der Überzeugung gelangt, dass es sich bei den im streitgegenständlichen Bescheid unter der Überschrift „Auflagen“ enthaltenen Bestimmungen, mit denen die Betriebsbeschreibung und das schalltechnische Gutachten zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt wurden, um Inhaltsbestimmungen handelt, die das Wesen und den Inhalt der Baugenehmigung im konkreten Fall definieren.
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Eine Auflage i.S.d. Art. 36 Abs. 2 Nr. 4 BayVwVfG ist eine Bestimmung, durch die dem Begünstigten ein Tun, Dulden oder Unterlassen vorgeschrieben wird. Die so statuierte Verhaltenspflicht ist mit dem begünstigenden Hauptverwaltungsakt akzessorisch verknüpft und selbständig durchsetzbar. Demgegenüber ist eine Inhaltsbestimmung ein Element der Hauptregelung, die das genehmigte Tun oder Verhalten entsprechend dem Antrag oder hiervon abweichend festlegt und konkretisiert, indem sie die genehmigte Handlung bzw. das Verhalten räumlich und inhaltlich bestimmt und damit die Genehmigung erst ausfüllt. Für die Abgrenzung ist die im Verwaltungsakt zum Ausdruck kommende Regelungsabsicht der Genehmigungsbehörde maßgeblich; es kommt darauf an, welche Rechtsfolgen sie mit der jeweiligen Festsetzung erzeugen will. Dabei ist für die rechtliche Einordnung einer im Genehmigungsbescheid enthaltenen Einschränkung der objektive Erklärungsgehalt des Bescheids und nicht die Bezeichnung der entsprechenden Regelung durch die Behörde entscheidend (vgl. BVerwG, B.v. 21.7.2025 – 10 B 19.24 – juris Rn. 7). Wird eine Inhaltsbestimmung missachtet, ist das durchgeführte Vorhaben nicht von der Genehmigung gedeckt, damit (jedenfalls) formell illegal und kann von der Behörde auf ordnungsrechtlicher Grundlage genauso untersagt werden, als wenn gar keine Genehmigung vorläge (vgl. Stelkens in Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Aufl. 2023, § 36 Rn. 94 m.w.N.).
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Vor diesem Hintergrund wird gerade dadurch, dass die Bestimmungen, wonach die Betriebsbeschreibung und das schalltechnische Gutachten zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt werden und die Berechnungsvoraussetzungen, die Betriebsbeschreibung und die in Nr. 6 des schalltechnischen Gutachtens aufgeführten Randbedingungen bei Bau und Betrieb des Vorhabens umzusetzen sind, als Inhaltsbestimmungen ausgestaltet wurden, die Errichtung und der Bestand der zur Einhaltung der Lärmschutzanforderungen erforderlichen Schallschutzwände gesichert. Denn nur im Falle der Einhaltung dieser Bestimmungen ist der Betrieb des Beigeladenen von der Genehmigung gedeckt, andernfalls kommt ein bauaufsichtliches Einschreiten in Betracht.
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d) Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Kläger, der Nachbarschutz sei nicht gewährleistet, da eine Regelung bezüglich des Verhaltens der Gäste im Zugangsbereich sowie zur Vermeidung von Parksuchverkehr fehle.
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Das Verwaltungsgericht ist zutreffend zu dem Ergebnis gekommen, dass durch den Betrieb des Beigeladenen, der die Betriebsabläufe entsprechend den gutachterlichen Vorgaben aus der schalltechnischen Untersuchung zu gestalten hat, keine schädliche Umwelteinwirkungen hervorgerufen werden.
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Regelungen hinsichtlich des Verhaltens der Gäste im Zugangsbereich des Betriebs ergeben sich aus der Inhaltsbestimmung, wonach das schalltechnische Gutachten zum Bestandteil der Baugenehmigung erklärt wird und die Berechnungsvoraussetzungen, die Betriebsbeschreibung und die in Nr. 6 aufgeführten Randbedingungen bei Bau und Betrieb des Vorhabens umzusetzen sind. So wurden der schalltechnischen Untersuchung sowohl die Kommunikationsgeräusche der Personen, die sich im Wartebereich Nord vor dem Eingang für Diskobesucher aufhalten, als auch die Kommunikationsgeräusche der Personen, die sich im Wartebereich Ost vor dem Eingang für den Gastraum aufhalten, zugrunde gelegt (Nr. 3.1.2). Hinsichtlich des Parkplatzes wurden in der schalltechnischen Untersuchung neben den Parkbewegungen auch die Kommunikationsgeräusche der Personen, die zum Haupteingang gehen bzw. den Betrieb verlassen, berücksichtigt (Nr. 3.1.3). Des Weiteren muss nach den in Nr. 6 der schalltechnischen Untersuchung aufgeführten Randbedingungen seitens des Betreibers gewährleistet werden, das sich im südlichen Bereich des Parkplatzes während der Nachtzeit keine Personen aufhalten bzw. keine lauten Lautäußerungen entstehen.
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Auch der Parksuchverkehr wurde in der schalltechnischen Untersuchung berücksichtigt. Die Berechnung der von den Parkplätzen abgestrahlten Schallleistungspegel in der schalltechnischen Untersuchung erfolgte nach den Vorgaben der Parkplatzlärmstudie des Bayerischen Landesamts für Umwelt. Danach ist die wesentliche Eingangsgröße für die Berechnung des Schallleistungspegels eines Parkplatzes die Bewegungshäufigkeit. Das Rechenverfahren berücksichtigt dabei auch die Emissionen aus dem Parksuchverkehr auf den Fahrgassen (Parkplatzlärmstudie, 6. Aufl. 2007, S. 83). Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht zu Recht ausgeführt, dass sich eine erhöhte Anzahl von Gästen nicht auf die von den Parkplätzen ausgehenden Emissionen auswirkt, da sich die Anzahl der Kraftfahrzeugstellplätze auf dem Betriebsgelände, von denen die Anzahl möglicher Fahrtbewegungen abhängig ist, nicht ändert.
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2. Die Berufung ist auch nicht nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO wegen eines Verfahrensmangels, auf dem das Urteil beruhen kann, zuzulassen.
27
Die Kläger rügen, das Verwaltungsgericht habe den in der mündlichen Verhandlung gestellten Beweisantrag zur Einholung eines Sachverständigengutachtens zum Beweis der Tatsache, dass der Immissionsrichtwert der TA Lärm für Mischgebiete von 45 dB(A) in der Nachtzeit aus den Emissionen aus dem Betrieb des Beigeladenen gemäß baurechtlich genehmigter Nutzungen an den Immissionsorten auf dem klägerischen Grundstück nicht eingehalten wird, zu Unrecht mit der Begründung abgelehnt, es handle sich um einen Ausforschungsantrag, der nicht ausreichend substantiiert sei. Die beantragte Beweisaufnahme hätte eine Überschreitung des Mischgebietswertes zur Nachtzeit erbracht und die Nachbarunverträglichkeit des nach der Baugenehmigung möglichen Betätigungsumfangs aufgezeigt, der Klage also zum Erfolg verholfen.
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Die Ablehnung eines förmlichen, unbedingt gestellten Beweisantrags nach § 86 Abs. 2 VwGO ist nur dann verfahrensfehlerhaft, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze findet (vgl. BVerwG, B.v. 25.9.2024 – 9 B 24.24 – juris Rn. 6). Dies ist hier nicht der Fall.
29
Ein Beweisantrag auf Einholung eines (weiteren) Sachverständigengutachtens kann nach tatrichterlichem Ermessen gemäß § 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO (analog) abgelehnt werden, wenn bereits Gutachten vorliegen, die zur Ermittlung des entscheidungserheblichen Sachverhalts ausreichen. Dabei kann sich das Tatsachengericht ohne Verstoß gegen seine Aufklärungspflicht auch auf Gutachten oder gutachterliche Stellungnahmen stützen, die eine Behörde im Verwaltungsverfahren eingeholt hat. Eine Pflicht zur Einholung eines weiteren Gutachtens besteht nur dann, wenn sich aufdrängt, dass die vorliegenden Erkenntnismittel als Grundlage für die richterliche Überzeugungsbildung nicht geeignet sind. Dies ist der Fall, wenn sie grobe, offen erkennbare Mängel aufweisen, nicht dem allgemein anerkannten Stand der Wissenschaft entsprechen, unlösbare Widersprüche enthalten, von unzutreffenden sachlichen Voraussetzungen ausgehen oder Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Gutachters bieten (vgl. BVerwG, B.v. 25.9.2024 – 9 B 24.24 – juris Rn. 14).
30
Hiervon ausgehend durfte das Verwaltungsgericht den Beweisantrag der Kläger auf Einholung eines Sachverständigengutachten ablehnen, da mit der schalltechnischen Untersuchung vom 2. Februar 2021 bereits eine ausreichende gutachterliche Stellungnahme zu der Frage vorlag, ob durch den geplanten Betrieb des Beigeladenen die Anforderungen der TA Lärm an den Immissionsorten auf dem klägerischen Grundstück eingehalten werden. Anhaltspunkte dafür, dass die schalltechnische Untersuchung nicht als Grundlage für die richterliche Überzeugungsbildung geeignet wäre, sind nicht ersichtlich; insbesondere hat das Verwaltungsgericht ausführlich begründet, aus welchen Gründen die von den Klägern gegen die schalltechnische Untersuchung vorgebrachten Einwände nicht verfangen. Überdies war die zum Beweis gestellte Tatsache für das Verwaltungsgericht nicht entscheidungserheblich, da den Klägern – wie oben ausgeführt – nicht die Immissionsrichtwerte eines Mischgebiets, sondern lediglich ein vermindertes Schutzniveau von allenfalls 48 dB(A) nachts zusteht.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Da sich der Beigeladene im Zulassungsverfahren nicht geäußert hat, entspricht es der Billigkeit gemäß § 162 Abs. 3 VwGO, dass er seine außergerichtlichen Kosten selbst trägt. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 3, 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 9.6.1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2025 und folgt der Festsetzung des Verwaltungsgerichts, gegen die keine Einwände vorgebracht wurden.
32
Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).