Inhalt

BayObLG, Urteil v. 14.10.2025 – 206 StRR 268/25
Titel:

Voraussetzungen des § 264 StPO und eines besonders schweren Falls des Diebstahls

Normenketten:
StPO § 264
StGB § 243 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 3, § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1
Leitsätze:
1. Eine „nämliche“ Tat iSd § 264 StPO kann auch dann vorliegen, wenn ein Sachverhaltselement in der Anklage nicht erwähnt war oder wenn diese den Sachverhalt rechtlich nicht ausschöpft. Entscheidend ist vielmehr, ob durch die zusätzlichen Umstände, die den Tatbestand des weiteren Delikts tragen, eine wesentliche Änderung des Tatbildes eintritt. Sind die zeitlich späteren Handlungen auf die Verwertung der Tatbeute gerichtet, wird die Einheitlichkeit des Vorgangs durch die Identität des Tatobjekts bzw. der Angriffsrichtung bestimmt. (Rn. 19 – 24) (red. LS Alexander Kalomiris)
2. Angesichts des Wortlautes des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB („gewerbsmäßig stiehlt“) können dessen Voraussetzungen nicht bejaht werden, wenn es sich bei den weiteren Taten nicht um Diebstähle, sondern Betrugstaten handelt. Allerdings liegt in einem solchen Fall die Prüfung und Bejahung eines unbenannten besonders schweren Falles nach § 243 Abs. 1 S. 1 StGB nahe, schon wegen des gleichen Unrechtsgehaltes und der inhaltsgleichen Regelung des § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB.  (Rn. 28) (red. LS Alexander Kalomiris)
Schlagworte:
Kognitionspflicht, nämliche Tat, Änderung des Tatbilds, prozessuale Tat, Identität des Tatobjekts, besonders schwerer Fall, Gewerbsmäßiger Diebstahl, unbenannter besonders schwerer Fall
Vorinstanzen:
LG München II, Urteil vom 03.04.2025 – 6 NBs 45 Js 27978/23
AG Weilheim, Urteil vom 28.10.2024 – 2 Ds 45 Js 27978/23
Fundstelle:
BeckRS 2025, 27779

Tenor

I. Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts München II vom 3. April 2025 wird als unbegründet verworfen.
II. Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das Urteil des Landgerichts München II vom 3. April 2025 samt den ihm zugrunde liegenden Feststellungen aufgehoben.
III. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an eine andere Strafkammer des Landgerichts München II zurückverwiesen.

Entscheidungsgründe

I.
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1. Das Amtsgericht Weilheim hat den Angeklagten durch Urteil vom 28. Oktober 2024 (entsprechend der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft vom 17. Juni 2024) des gewerbsmäßigen Betruges in zwei tatmehrheitlichen Fällen schuldig gesprochen, gegen ihn eine zur Bewährung ausgesetzte Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten verhängt und die Einziehung von Wertersatz in Höhe von 2378 € angeordnet.
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Dem Schuldspruch lag nach den Feststellungen des Amtsgerichts zugrunde, dass der Angeklagte als Angestellter eines Mobilfunkgeschäftes in Weilheim in zwei Fällen „bewusst unbefugt“ unter anderem Namen einen Vertrag mit einer Telefongesellschaft abgeschlossen habe, der einen Mobilvertrag und die Lieferung eines Mobiltelefons beinhaltet habe. Der Angeklagte habe entsprechend seinem Tatplan unmittelbar nach dem Vertragsabschluss die vertragsgegenständlichen Mobiltelefone im Wert von 2378 € an sich genommen, um diese für sich zu behalten, und im Namen der angeblichen Vertragspartner angegeben, ihnen seien die Mobiltelefone jeweils übergeben worden. Der Telefongesellschaft (die ihre Ansprüche gegenüber den angeblichen Vertragspartnern nach Aufdeckung des wahren Sachverhalts nicht geltend machte) entstand hierdurch ein Schaden von insgesamt 1998,32 €.
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Diesen Sachverhalt hat das Amtsgericht als gewerbsmäßigen Betrug angesehen, da der Angeklagte die Telefongesellschaft über die Vertragsabschlüsse getäuscht habe, so dass sie ihren Besitz an den Mobiltelefonen irrtumsbedingt aufgegeben hätte.
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2. Dieses Urteil hat der Angeklagte mit der Berufung angefochten. Das Landgericht hat mit Urteil vom 3. April 2024 das Urteil des Amtsgerichts dahingehend abgeändert, dass der Angeklagte des Diebstahls in zwei Fällen schuldig sei und deswegen zu einer Gesamtgeldstrafe von 150 Tagessätzen zu je 30 € und zum Wertersatz in Höhe von 2378 € verurteilt werde.
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Hinsichtlich des Schuldspruchs ist die Strafkammer anders als das Amtsgericht davon ausgegangen, dass es sich bei den vom Angeklagten mit anderen Personendaten abgeschlossenen Verträgen um Kaufverträge handelte und dass der Angeklagte diese gefertigt hatte, damit der jeweils zuvor erfolgte Diebstahl unentdeckt blieb.
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Es hat die Taten daher als Diebstähle beurteilt. Es stellte zwar weitere ähnliche Sachverhalte mit anderen Personendaten fest, es sich hier aber nicht um Diebstähle handele, liege eine Gewerbsmäßigkeit nach § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB nicht vor.
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3. Gegen dieses Urteil wenden sich die Revisionen des Angeklagten, der die Sachrüge erhebt und hauptsächlich einen Freispruch erstrebt, und der Staatsanwaltschaft, die sich gegen die rechtliche Würdigung und die Strafzumessung des Landgerichts wendet.
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a) Der Angeklagte rügt insbesondere die Beweiswürdigung des Landgerichts, die sich nicht auf objektive Beweismittel oder tragfähige Indizien stütze.
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b) Die Staatsanwaltschaft hat ihre Revision zwar auf der Grundlage ihres Antrages in der Revisionsbegründungsschrift vom 11. Juni 2025 auf den Rechtsfolgenausspruch beschränkt. Sie greift in ihrer Revisionsbegründung und der Antragsschrift der Generalstaatsanwaltschaft allerdings auch die rechtliche Würdigung und damit den Schuldspruch des Landgerichts an. Sie bringt vor, dass die abgeschlossenen Verträge als Mobilfunkverträge zu beurteilen und deshalb die Täten als Betrug abzuurteilen gewesen wären; jedenfalls aber liege zusätzlich ein Betrug vor. Zudem hätten daneben tateinheitlich begangene Urkundenfälschungen vorgelegen. Schließlich sei auch die Strafzumessung rechtsfehlerhaft, weil jeweils gewerbsmäßiges Handeln vorliege.
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Das Rechtsmittel wird von der Generalstaatsanwaltschaft vertreten. Diese bringt hinsichtlich der Strafzumessung ergänzend vor, dass jedenfalls ein unbenannter besonders schwerer Fall nach § 243 Abs. 1 S. 1 StGB hätte angenommen werden müssen.
II.
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1. Die Revision des Angeklagten ist unbegründet. Wie die Generalstaatsanwaltschaft in ihrer Antragsschrift vom 30. Juli 2025 (dort S. 2) zutreffend ausführt, versucht die Revision lediglich, die Beweiswürdigung des Tatrichters (UA S. 10/11) durch ihre eigene zu ersetzen. Das kann der Revision jedoch nicht zum Erfolg verhelfen. Soweit der Schuldspruch Rechtsfehler zum Vorteil des Angeklagten aufweist (s. dazu sogleich), belastet ihn dies nicht.
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2. Die gemäß §§ 333, 337 Abs. 1, 341 Abs. 1, 344, 345 StPO ebenfalls zulässige Revision der Staatsanwaltschaft erweist sich hingegen im Ergebnis weitgehend als begründet.
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a) Die Revision ist entgegen dem Wortlaut des Revisionsantrages in der Revisionsbegründungsschrift vom 11. Juni 2025 nach deren Inhalt unbeschränkt eingelegt. Widersprechen sich bei einer Revision der Staatsanwaltschaft Revisionsantrag und Inhalt der Revisionsbegründung, ist unter Berücksichtigung von Nr. 156 Abs. 2 RiStBV das Angriffsziel des Rechtsmittels durch Auslegung zu ermitteln (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BGH, Urteil vom 25.04.2017, 1 StR 606/16, zitiert nach juris, dort Rdn. 11). In solchen Fällen ist die Revision mangels eindeutig zum Ausdruck gebrachten Beschränkungswillens in der Regel als unbeschränkt zu behandeln (vgl. BGH, Beschluss vom 28.01.2014, 4 StR 528/13, NJW 2014, 871). So liegt es angesichts des in der Revisionseinlegungsschrift vom 9. April 2025 zunächst unbeschränkten Revisionsantrages und der Angriffe gegen den Schuldspruch in der Revisionsbegründung auch hier.
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b) In diesem Umfang ist die Revision auch überwiegend begründet.
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aa) Erfolglos beanstandet die Staatsanwaltschaft allerdings, dass das Landgericht den Angeklagten statt wegen Diebstahls nicht wegen Betruges bzw. zusätzlich wegen Betruges verurteilt hat.
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(1) Die Staatsanwaltschaft hat ausschließlich die Sachrüge erhoben. Dies hat zur Folge, dass ausschließlich die Urteilsurkunde und die dort getroffenen Feststellungen, nicht aber der restliche Akteninhalt Gegenstand der revisionsgerichtlichen Überprüfung sind (vgl. Schmitt/Köhler, StPO, 68. Aufl., § 337 Rdn. 22f m. w. N.). Auf der Grundlage der Gesamtheit dieser Feststellungen (UA S. 3-6 und 9-11) handelt es sich bei den mit den (angeblichen) Vertragspartnern geschlossenen Verträgen um Kaufverträge und hat der Angeklagte diese zur Verdeckung der zuvor erfolgten Entwendung der Mobiltelefone geschlossen (UA S. 4). Eine abweichende Würdigung der Verträge anhand anderer Aktenbestandteile und eine daraus folgende Strafbarkeit wegen Betruges statt wegen Diebstahls scheidet daher entgegen der Auffassung der Staatsanwaltschaft von vornherein aus.
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(2) Auf der Grundlage dieser Feststellungen scheidet aber auch eine zusätzliche Bestrafung des Angeklagten wegen Betruges (zum Nachteil der Telefongesellschaft) aus rechtlichen Gründen aus.
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Der Tatbestand des § 263 Abs. 1 StGB setzt voraus, dass getäuschte und verfügende Person identisch sind (vgl. Fischer, StGB, 72. Aufl., § 263 Rdn. 79,80). Vor diesem Hintergrund erscheint es bereits zweifelhaft, ob überhaupt eine Vermögensverfügung der geschädigten Telefongesellschaft vorliegt, weil diese den Besitz und die Verfügungsmöglichkeit über die Telefone (und damit letztlich ihren Wert) bereits durch den nach den Feststellungen des Landgerichts zuvor erfolgten Gewahrsamsbruch durch den Angeklagten verloren hat. Dies kann jedoch letztlich offenbleiben, weil der Betrug aus denselben Gründen jedenfalls auf Konkurrenzebene (mitbestrafte Nachtat, vgl. dazu allgemein Fischer aaO vor § 52 Rdn. 65 m. w. N.) verdrängt wird: der Angeklagte hat durch seine Täuschungshandlung (Erstellen der Verträge) weder einen weiteren Vermögensvorteil erstrebt noch ist letztlich ein weiterer Vermögensschaden entstanden (vgl. zu einem ähnlichen Fall auch BGH, Beschluss vom 22.03.2011, 5 StR 46/11, zitiert nach juris, Rdn. 3). Diese Handlung diente nur der Sicherung des Erfolgs der Vortat.
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bb) Hingegen zeigt die Revision zutreffend auf, dass das Landgericht die tateinheitliche Verwirklichung einer Urkundenfälschung nach § 267 Abs. 1 StGB nicht in Betracht gezogen und damit seine Kognitionspflicht verletzt hat.
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(1) Auch der Tatvorwurf der Urkundenfälschung war von der Anklageschrift vom 17. Juni 2024 umfasst.
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(a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gebietet es die Kognitionspflicht des Tatrichters, dass der durch die zugelassene Anklage abgegrenzte Prozessstoff durch vollständige Aburteilung des einheitlichen Lebensvorgangs erschöpft wird (ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, vgl. zuletzt etwa Urteile vom 23.11.2022, 2 StR 142/21, zitiert nach juris, dort Rdn. 11, und vom 21.04.2022, 3 StR 360/21, zitiert nach juris, dort Rdn. 9, je m. w. N.). Der Unrechtsgehalt der Tat muss ohne Rücksicht auf die dem Eröffnungsbeschluss zugrunde gelegte Bewertung ausgeschöpft werden, soweit keine rechtlichen Gründe entgegenstehen. Fehlt es daran, so stellt dies einen sachlich-rechtlichen Mangel dar (vgl. etwa BGH vom 21.04.2022 aaO Rdn. 9).
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Gegenstand der Urteilsfindung ist hierbei gemäß § 264 Abs. 1 StPO die in der Anklage bezeichnete Tat, wie sie sich nach dem Ergebnis der Hauptverhandlung darstellt. Tat im Sinne dieser Vorschrift ist ein einheitlicher geschichtlicher Vorgang, der sich von anderen ähnlichen oder gleichartigen unterscheidet und innerhalb dessen der Angeklagte einen Straftatbestand verwirklicht haben soll (vgl. BGH vom 21.04.2022 aaO und BGH, Beschluss vom 13.02.2019, 4 StR 555/18, zitiert nach juris, dort Rdn. 5-6). Die Tat als Prozessgegenstand ist dabei nicht nur der in der Anklage umschriebene und dem Angeklagten darin zur Last gelegte Geschehensablauf; vielmehr gehört dazu das gesamte Verhalten des Angeklagten, soweit es mit dem durch die Anklage bezeichneten geschichtlichen Vorgang nach der Auffassung des Lebens ein einheitliches Vorkommnis bildet (vgl. BGH vom 21.04.2022 aaO und vom 13.02.2019 aaO). Verändert sich im Verlaufe des Verfahrens das Bild des Geschehens, wie es in der Anklageschrift und dem Eröffnungsbeschluss umschrieben ist, so ist die Prüfung der Frage, ob die Identität der prozessualen Tat trotz Veränderung des Tatbildes noch gewahrt ist, nach dem Kriterium der „Nämlichkeit“ der Tat zu beurteilen (BGH, Beschluss vom 13.02.2019 aaO sowie BGH, Beschluss vom 16.08.2018, 4 StR 200/18, NStZ-RR 2018, 353, 354). Dies ist – ungeachtet gewisser Unterschiede – dann der Fall, wenn bestimmte Merkmale die Tat weiterhin als ein einmaliges und unverwechselbares Geschehen kennzeichnen (BGH, Beschluss vom 13.02.2019 aaO). Die prozessuale Tat wird in der Regel durch Tatort, Tatzeit und das Tatbild umgrenzt und insbesondere durch das Täterverhalten sowie die ihm innewohnende Angriffsrichtung sowie durch das Tatopfer bestimmt (vgl. BGH vom 21.04.2022 aaO).
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(b) Auf dieser Grundlage ist das Vorliegen eines einheitlichen geschichtlichen Vorgangs und einer „nämlichen“ Tat i. s. d. § 264 StPO zu bejahen.
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Zwar ist in der Anklageschrift vom 17. Juni 2024 (Bl. 96 d. A.) nur die Rede davon, dass der Angeklagte „bewusst unbefugt einen Vertrag auf den Namen M. M. abgeschlossen“ habe, ohne dass dargelegt wird, dass dies schriftlich und mit der Unterschrift der Geschädigten M. M. geschah. Allerdings ist es grundsätzlich unschädlich, wenn ein Sachverhaltselement in der Anklage nicht erwähnt war (vgl. Löwe-Rosenberg/Stuckenberg, StPO, 27. Aufl., § 264 Rdn. 16 m. w. N.) oder wenn diese den Sachverhalt rechtlich nicht ausschöpft (vgl. Löwe-Rosenberg/Stuckenberg aaO 264 Rdn. 36 m. w. N.). Entscheidend ist vorliegend vielmehr, ob durch die zusätzlichen Umstände, die den Tatbestand des § 267 StGB tragen, eine wesentliche Änderung des Tatbildes eintritt (vgl. dazu allgemein Löwe-Rosenberg/Stuckenberg aaO § 264 Rdn. 95ff.). Trotz der Unterschiede in Tatzeit und Tatort ist ein einheitlich geschichtlicher Vorgang nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dann anzunehmen, wenn die zeitlich späteren Handlungen auf die Verwertung der Tatbeute gerichtet sind (ausdrücklich für Untreue und Betrug: BGH, Urteil vom 30.09.2020, 5 StR 99/20, zitiert nach juris, dort Rdn. 16-17, und OLG Hamm, Urteil vom 18.05.2021, 5 RVs 24/21, zitiert nach juris, dort Rdn. 11; s. auch BGH vom 13.02.2019 aaO Rdn. 6). In diesem Fall wird die Einheitlichkeit des Vorgangs durch die Identität des Tatobjekts bzw. der Angriffsrichtung bestimmt. So verhält es sich hier, da der Angeklagte die in dem Ausfüllen und Unterzeichnung der Kaufverträge namens der angeblichen Vertragspartner liegende Tathandlung vornahm, um die Beute aus den vorhergehenden Diebstählen zu sichern.
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cc) Da nicht auszuschließen ist, dass der Angeklagte sich gegen den veränderten Schuldvorwurf anders als geschehen hätte verteidigen können (§ 265 StPO), ist dem Senat eine eigene Abänderung des Schuldspruchs verwehrt. Da auf der Grundlage der landgerichtlichen Feststellungen zudem eine tateinheitliche Begehung der Urkundenfälschung in Betracht kommt, muss der gesamte Schuldspruch aufgehoben werden (vgl. BGH, Urteil vom 13.03.2025, 4 StR 223/24, zitiert nach juris, dort Rdn. 25). Um dem neuen Tatrichter insgesamt und auch insoweit widerspruchsfreie Feststellungen zu ermöglichen, müssen die gesamten bisher den Schuldspruch tragenden Feststellungen ebenfalls aufgehoben werden. Dies entzieht dem gesamten Rechtsfolgenausspruch seine Grundlage.
III.
26
Das angefochtene Urteil war daher insgesamt einschließlich der zugrunde liegenden Feststellungen aufzuheben (§ 353 StPO). Die Sache war nach § 354 Abs. 2 Satz 1 StPO zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Revision, an eine andere Strafkammer des Landgerichts München II zurückzuverweisen.
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Für das weitere Verfahren weist der Senat vorsorglich darauf hin, dass die Revision der Staatsanwaltschaft auch zum Rechtsfolgenausspruch Erfolg gehabt hätte.
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Zwar wird man angesichts des Wortlautes des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB („gewerbsmäßig stiehlt“, vgl. auch BGH, Beschluss vom 13.12.1995, 2 StR 575/95, NJW 1996, 1069f.) dessen Voraussetzungen mit dem Landgericht (UA S. 15) nicht bejahen können, es sei denn, es kann festgestellt werden, dass der Angeklagte die zweite gegenständliche Tat bei Begehung der ersten schon geplant hatte (vgl. Tübinger Kommentar/Sternberg-Lieben/Bosch, StGB, 31. Aufl., Rdn. 95 vor §§ 52ff.). Die Kammer hat jedoch übersehen, dass bei Verneinung des Regelbeispiels des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB die Prüfung und Bejahung eines unbenannten besonders schweren Falles nach § 243 Abs. 1 S. 1 StGB naheliegt, schon wegen des gleichen Unrechtsgehaltes und der inhaltsgleichen Regelung des § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB (vgl. auch Vogel/Brodowski in Leipziger Kommentar zum StGB, 13. Aufl., § 243 Rdn. 64 und 67).