Inhalt

VG Regensburg, Urteil v. 23.07.2025 – RN 2 K 23.993
Titel:

Instandhaltungspflicht einer Gemeinde als Straßenbaulastträger hinsichtlich einer Stützmauer

Normenkette:
BayStrWG Art. 2 Nr. 1 lit.. a, Art. 6, Art. . 8, Art. 9, Art. 46
Leitsätze:
1. Dem Bestandsverzeichnis kommt eine Registerfunktion hinsichtlich des öffentlichen Straßennetzes zu. Es gelten regelmäßig nur solche Grundstücke als gewidmet, deren Flurnummern im Bestandsverzeichnis genannt sind. (Rn. 26)
2. Auch nach den Grundsätzen der Elastizität der Widmung kann sich eine solche nur auf Grundstücke erstrecken, über die die widmende Behörde zur Verfügung befugt ist. (Rn. 41 – 43)
3. Aus der (vermeintlichen) Eigenschaft einer Stützmauer als Straßenbestandteil i.S.d. Art. 2 BayStrWG kann nicht auf deren Widmung geschlossen werden. Vielmehr ist die Widmung Voraussetzung dafür, dass ein Straßenbestandteil i.S.d. Art. 2 BayStrWG überhaupt vorliegt. (Rn. 46 – 49)
Schlagworte:
Instandhaltungspflicht einer Gemeinde als Straßenbaulastträgerin hinsichtlich einer Mauer, die entlang einer öffentlich gewidmeten Straße verläuft (hier verneint)., Straßenrecht, Straßenbaulastträger, Instandhaltungspflicht, Gemeindestraße, Widmung, Stützmauer, Anlieger
Fundstelle:
BeckRS 2025, 27548

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar. Der Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Vollstreckungsgläubigerin vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Der Kläger begehrt die Feststellung, dass die Beklagte als Straßenbaulastträgerin zur Instandhaltung einer entlang des klägerischen Grundstücks verlaufenden Stützmauer verpflichtet ist.
2
Der Kläger ist Eigentümer des Grundstücks FlNr. …1, Gemarkung …1, Gemeinde …2 (alle folgenden FlNrn. ebenda). Entlang der östlichen Grundstücksgrenze verläuft das Grundstück FlNr. …2, auf dem sich die Gemeindeverbindungsstraße „… Straße3“ befindet mit einem Gehweg, der unmittelbar an die Grundstücksgrenze angrenzt. Die Beklagte ist Eigentümerin der FlNr. …2. Auf dem klägerischen Grundstück befindet sich entlang dessen Ostgrenze eine Stützmauer, die sich auch in einem kleinen Teilbereich im Norden auf das Straßengrundstück erstreckt. Diese Mauer wurde in den 1960er Jahren errichtet.
3
Die „…3 Straße“ wurde bei Erstanlegung des Bestandsverzeichnisses der Gemeinde …1, der Rechtsvorgängerin der Beklagten, als Gemeindeverbindungsstraße mit der Fl.Nr. …3 zum 23.12.1964 in das Bestandsverzeichnis eingetragen. Mit Eintragungsverfügung vom 6.11.1975 wurde die Fl.Nr. korrigiert zu …2 durch die Beklagte, die das Bestandsverzeichnis als Rechtsnachfolgerin der Gemeinde …1 übernommen hat. Mit weiteren Eintragungsverfügungen vom 22.12.1975, vom 12.11.2004, vom 26.7.2010, vom 18.10.2012 und vom 19.10.2018 hat die Beklagte die Straße zunächst zu einer Ortsstraße aufgestuft und anschließend Anpassungen an den genannten Flurnummern sowie den Anfangs- und Endpunkten der „…3 Straße“ vorgenommen. An der Nennung der Fl.Nr. …2 wurde dabei nichts geändert.
4
Im Jahr 2018 wandte sich der Kläger an die Beklagte, wies auf den maroden Zustand der Stützmauer hin und regte die Beklagte dazu an, entsprechende Instandhaltungsmaßnahmen zu ergreifen. Die Beklagte lehnte jedoch eine Verantwortung für den Zustand der Stützmauer ab. Der Kläger wandte sich daraufhin an die Regierung von Niederbayern als Rechtsaufsichtsbehörde sowie mit einer Petition an den Bayerischen Landtag.
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Am 5.6.2023 erhob der Kläger Klage beim Bayerischen Verwaltungsgericht Regensburg, mit der er die Feststellung begehrt, dass die Beklagte zur Instandhaltung der Stützmauer verpflichtet ist.
6
Er begründet die Klage im Wesentlichen damit, dass die Beklagte als Trägerin der Straßenbaulast zur Instandhaltung der streitgegenständlichen Stützmauer verpflichtet sei. Zur Straßenbaulast zählten gemäß Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a Bayerisches Straßen- und Wegegesetz (BayStrWG) auch Stützmauern. Dabei müssten diese objektiv betrachtet überwiegend der Straße dienen. Stützmauern, die vom Baulastträger zum Schutz der Straße errichtet worden seien, zählten nach Art. 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a BayStrWG zum Straßenkörper. Gleiches gelte selbst dann, wenn der Baulastträger eine vom Grundstücksnachbarn errichtete Mauer beim Straßenausbau bewusst integriert habe und/oder wenn die Stützmauer ausdrücklich in der Widmung erwähnt werde. In solchen Fällen gehörten Stützmauern auch dann zum Straßenkörper, wenn sie teilweise oder vollständig auf fremden Grundstücken stünden. Damit käme es entgegen den Ausführungen der Beklagten auch nicht darauf an, auf wessen Grundstück die Mauer errichtet worden sei oder wer im Zusammenhang damit Eigentümer sei. Vielmehr komme es auf ihren Zweck an. Dies beurteile auch der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) so. Danach könnten Stützmauer nur dann Straßenbestandteil werden, wenn sie ausdrücklich in der Widmung erwähnt seien und/oder wenn sie zumindest mit Wissen und Wollen des Baulastträgers als Straßenbestandteil errichtet worden seien. Die vom BayVGH geforderten Kriterien seien vorliegend alle erfüllt: Die streitige Mauer sei in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bau der durch sie abgesicherten Straße mit Wissen und Wollen des Baulastträgers von sogar demselben Bauunternehmen errichtet worden, um die Tieferlegung der Straße überhaupt zu ermöglichen, so dass sie der Straße offensichtlich überwiegend diene. Die Straße habe ohne die Mauer, die das Grundstück auf Ursprungshöhe sichere, schlichtweg nicht errichtet werden können. Damit sei die streitgegenständliche Stützmauer offensichtlich von der Widmung der Straße umfasst. Jedenfalls sei die Stützmauer faktisch als Straßenbestandteil im technischen Sinne anzusehen, sodass sie offensichtlich zu widmen gewesen wäre. Die Stützmauer sei tatsächlich funktional für den Bau der Straße erforderlich gewesen, d.h. sie diene dieser überwiegend und sei nicht hauptsächlich im Interesse der Eltern des Klägers errichtet worden. Die Eltern des Klägers hätten gerade kein eigenes wirtschaftliches Interesse an der Errichtung der Stützmauer gehabt. Offensichtlich sei hier, wie unter anderem aus dem Schreiben der Beklagten vom 20.5.2019 hervorgehe, dass die Mauer im Zuge der Errichtung der durch sie abgesicherten Straße im Auftrag des Baulastträgers von demselben Bauunternehmen und mit dem Zweck der Sicherung der Straße erbaut worden sei. Neben der Tatsache, dass die inzwischen verstorbenen Eltern des Klägers diesem zu Lebzeiten von den Umständen der Straßenmauer erzählt hätten, spreche hierfür auch eindeutig die Beschaffenheit der örtlichen Begebenheiten. Ohne Befestigung des Grundstücks in Form einer Mauer sei es schlichtweg unmöglich gewesen, die direkt daran angrenzende Straße tiefer zu legen. Anders als die Beklagte sowie weitere bereits angeschriebene Behörden meinten, habe das Grundstück des Klägers statt dem Bau der Stützmauer auch nicht „abgeböscht“ werden können oder müssen. Selbst wenn dies technisch möglich gewesen wäre, hätte eine Böschung einen erheblichen Teil des Grundstücks des Klägers in Anspruch genommen und die Nutzbarkeit dessen erheblich verschlechtert. Eine Verpflichtung des Klägers hierzu sei nicht ersichtlich, demnach wäre ein solcher Eigentumseingriff überhaupt nicht gerechtfertigt gewesen. Folglich habe die Mauer überwiegend der Straße gedient, selbst wenn der Mauerbau auch zur besseren Nutzbarkeit des klägerischen Grundstücks führe. Denn offensichtlich sei, dass eine Abböschung nicht hätte erfolgen dürfen. Da die Straße aber dennoch errichtet worden sei, und dies einzig durch eine Stützmauer möglich gewesen sei, diene die Stützmauer maßgeblich im Sinne des BayStrWG dem Straßenbau und sei daher von der Straßenbaulast der Beklagten umfasst. Allein diese Anhaltspunkte seien vorliegend entscheidend, wie sich auch aus der Rechtsprechung sowie der Kommentarliteratur ergebe. Auch obergerichtliche Entscheidungen aus anderen Bundesländern stützten diese Ansicht und seien – aufgrund des Homogenitätsprinzips des Art. 28 Abs. 1 Satz 1 Grundgesetz (GG) – auch für den vorliegenden Sachverhalt heranzuziehen. Der VGH Baden-Württemberg stelle bei der zu beurteilenden Frage, ob eine Stützmauer Bestandteil einer öffentlichen Straße sei, auf den funktionalen Zusammenhang ab. Dienten Stützmauern der Straße, seien sie deren Bestandteil. Ausnahmen seien nur dann denkbar, wenn Stützmauern ausschließlich dem Nachbargrundstück dienten und nicht auch dem Erhalt der Straße. Dabei spiele es grundsätzlich keine Rolle, von wem und wann die Stützmauer errichtet worden sei. Nicht entscheidend für die Beurteilung der Stützmauer sei außerdem die Frage, ob die Errichtung durch den Bau oder die Änderung einer Straße oder durch die Veränderung des benachbarten Grundstücks erforderlich geworden sei. Das dem Ordnungsrecht innewohnende Verursachungsprinzip habe nämlich auf die Einstufung einer Stützmauer als Bestandteil einer öffentlichen Straße und die nachfolgende Frage der Erhaltungszuständigkeit grundsätzlich keinen Einfluss. Auch der VGH Kassel und das OVG Nordrhein-Westfalen hätten entsprechend entschieden; das VG Saarlouis habe in einem amtlichen Leitsatz sogar einen eigenen Anspruch des Grundstückseigentümers gegen den Straßenbaulastträger festgestellt: „Ein Grundstückseigentümer, dessen Grundstück infolge der Verletzung der für eine der öffentlichen Straße dienende Stützmauer bestehenden Unterhaltungspflicht nachteilig betroffen wird, hat gegen die für den ordnungswidrigen Zustand verantwortliche baulandpflichtige Gemeinde einen Anspruch auf Beseitigung der Eigentumsstörung“. Normalerweise werde solch eine Mauer mit Dehnungsfugen von jeweils sechs Meter unterteilt. Dies sei nicht geschehen. Wie schon ein Betonbaumeister in der Ortsbesichtigung im Rahmen der Petition ausgeführt habe, sei deshalb in der Mauer zu viel Spannung, so dass Risse entstanden seien. Normalerweise halte so eine Mauer auch viel länger. Die Mauer sei nicht fachgerecht gebaut worden. Beim Bau der Mauer sei von der Gemeinde zudem ein Maschendrahtzaun aufgestellt worden. Vor ca. 30 Jahren habe der Kläger auf eigene Kosten einen Holzlattenzaun angebracht, weil der besagte Maschendrahtzaun durchgerostet gewesen sei. Heute sei auch der Holzzaun total marode und müsse dringend ausgetauscht werden. Hierzu liege ein Kostenangebot (17.500,00 EUR) eines Metallzauns vor. Die Kosten für Mauer und Zaun beliefen sich demnach auf rund 40.000,00 EUR. Die Beklagte führe aus, dass der Kläger keine Nachweise bringe für die Behauptung, dass die Mauer zur Absicherung und Tieferlegung der „…3 Straße“ errichtet worden sei. Festzuhalten sei jedoch, dass es eines Nachweises nicht bedürfe. Der Grundstückstausch zwischen den vormaligen Eigentümern sei notwendig gewesen, um die Tieferlegung und den Ausbau der Straße zu ermöglichen. Die Mauer hingegen sei notwendig, um die Tieferlegung zu ermöglichen. Aus der Anlage K 9, einem Schreiben vom 20.5.2019 an den Kläger, ergebe sich, dass das Rechtsamt selbst davon ausgegangen sei, dass der Bauunternehmer, der für die damalige Gemeinde …1 die Straße gebaut habe, zugleich die Stützmauer errichtet habe. Schon allein durch den Grundstückstausch zur …3 Straße hin sei einiges an Fläche verloren gegangen. Vor dem Bau der Mauer und der Straße sei auch eine Böschung angelegt worden. Für diese Böschung hätte jedoch erheblich mehr an Grundstücksfläche zur Verfügung gestanden. Ohne den Grundstückstausch und die Tieferlegung der Straße sei der Bau der Mauer schon nicht erforderlich gewesen. Die Beklagte sei der Auffassung, dass es an einer Widmung mangele. Dies werde ausdrücklich bestritten. Die streitgegenständliche Mauer sei in unmittelbarem Zusammenhang mit dem Bau der durch sie abgesicherten Straße mit Wissen und Wollen des Baulastträgers von demselben Bauunternehmer errichtet worden. Sie diene damit der Straße. Es werde bestritten, dass statt der Mauer auch eine Abböschung technisch möglich gewesen wäre. Selbst wenn es technisch möglich gewesen wäre, hätte eine Abböschung nicht stattfinden dürfen. Die Mauer sei erforderlich und damit Teil der Straßenbaulast der Beklagten. Obergerichtliche Entscheidungen aus anderen Bundesländern stützten die Auffassung, dass durchaus auf den funktionalen Zusammenhang abzustellen sei. Mit den Ausführungen sei nicht ausgedrückt, dass „außerbayerische“ Entscheidungen übernommen werden müssten. Allerdings stützten die Entscheidungen die Auffassung des Klägers und könnten als Auslegungshilfe herangezogen werden. Die Beklagte bestreite, dass die Mauer nicht fachgerecht errichtet worden sei. Dem sei entschieden zu widersprechen. Für gewöhnlich müsse eine Mauer noch wesentlich intakter sein, wenn sie fachgerecht errichtet worden sei. Bei der streitgegenständlichen Mauer gebe es lediglich zwei Einschnitte auf eine Länge von 42 Metern. Dadurch stehe die Mauer unter enormer Spannung, die zur Rissbildung führe. Weiterhin brächen die Risse bei Frost weiter auf.
7
Der Kläger beantragt zuletzt,
festzustellen, dass die Beklagte als Trägerin der Straßenbaulast zur Instandhaltung der entlang des Grundstücks des Klägers mit der Fl.Nr. …1 der Gemarkung …1 befindlichen Stützmauer, die unmittelbar an die Gemeindestraße „…3 Straße“, Fl.Nr. …2 grenzt, verpflichtet ist.
8
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
9
Begründet wird dies im Wesentlichen damit, die Behauptungen des Klägers, dass die Mauer zur Absicherung und Tieferlegung der „…3 Straße“ errichtet worden sei, sowie dass der Bau der Straße in den 1960er Jahren erst durch einen Grundstückstausch zwischen seinen Eltern als vormaligen Eigentümern des Grundstücks FlNr. …1 und der Gemeinde …1 als Rechtsvorgängerin der Beklagten ermöglicht worden sei, seien nicht nachgewiesen. Auch die weitere Behauptung des Klägers, dass die Mauer im Auftrag der Rechtsvorgängerin der Beklagten und von demselben Bauunternehmen ausgeführt worden sei, das auch den Bau der Gemeindestraße übernommen habe, sei nicht nachweisbar. Auch in der Klage seien keinerlei Nachweise vom Kläger vorgelegt worden. Dem Schreiben der Beklagten vom 20.5.2019 ließe sich lediglich eine dahingehende Vermutung entnehmen. Zugleich sei seitens der Beklagten darauf hingewiesen worden, dass Spekulationen darüber auch nicht zielführend seien, da dies für die Klärung der Unterhaltslast nicht entscheidend sei. Bestritten werde, dass die Mauer „als Straßenbestandteil“ mit Wissen und Wollen der Beklagten errichtet worden sei. Stützmauern gehörten gemäß Art. 2 Nr. 1 Buchst. a BayStrWG dann zum Straßenkörper, wenn sie objektiv betrachtet überwiegend in einem funktionalen Zusammenhang mit der Straße stehen und von der Widmung umfasst seien. Art. 2 Nr. 1 Buchst. a BayStrWG sei aber einschränkend dahingehend auszulegen, dass nur „erforderliche“ Stützmauern als Straßenbestandteil gelten könnten. Insofern sei zu berücksichtigen, dass der Straßenbaulastträger beim Straßenbau nicht auf die Mauer angewiesen gewesen sei, da Alterrnativ auch eine Böschung die Absicherung der Straße ebenso gut ermöglicht hätte. Vorliegend habe die Errichtung der Stützmauer zudem gerade im wirtschaftlichen Interesse der Eltern des Klägers als frühere Grundstückseigentümer gelegen. Denn die Mauer ermögliche die Aufschüttung des Grundstücks zu einem ebenerdigen Garten, sodass eine bessere bauliche Nutzbarkeit des Grundstücks erreicht werden könne. Dementsprechend könne jedenfalls nicht von einer „Erforderlichkeit“ gesprochen werden. Zudem fehle es vorliegend an einer Widmung. Seit Inkrafttreten des BayStrWG erhielten Grundstücksteile ihre rechtliche Eigenschaft „Straße“ nur noch per Widmung. Dies gelte auch für ihre Bestandteile. Vorliegend sei nicht ersichtlich, dass die gegenständliche Mauer zu irgendeinem Zeitpunkt in die Straßenwidmung einbezogen worden sei. Gerade dieser „Themenkomplex“ werde im Schreiben der Regierung von Niederbayern vom 7.1.2021 an die Prozessbevollmächtigte des Klägers, dort Seite 2, unter Verweis auf Rechtsprechung des BayVGH durchaus prägnant zusammengefasst. Hierauf werde verwiesen. Die Mauer sei auch nicht „faktisch“ als Straßenbestandteil im technischen Sinne anzusehen. Wie bereits ausgeführt, sei statt der Mauer auch eine Anböschung technisch möglich gewesen. Zudem habe die Anlage der Mauer zugleich die Aufschüttung des sonst abgeböschten Grundstücks FlNr. …1 ermöglicht und diene damit dem wirtschaftlichen Interesse der Eigentümerfamilie M1* … (insbesondere ebenerdiger Garten, bessere Bebaubarkeit). Soweit der Kläger die Ansicht vertrete, dass das Homogenitätsprinzip zur Übernahme der Sichtweisen von „außerbayerischen“ Entscheidungen führe, die auf etwaig abweichendem Landesrecht beruhten, sei dies nicht nachvollziehbar. Ungeachtet dessen, dass bestritten werde, dass die Mauer vor etlichen Jahren nicht fachgerecht gebaut worden sei, erschließe sich nicht, welche Intention der Kläger mit einer solchen Behauptung verfolge. Auch sei wenig nachvollziehbar, was mit den Ausführungen zu einem vor circa 30 Jahren von dem Kläger angebrachten Holzlattenzaun bezweckt werden solle.
10
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behördenakte sowie der Gerichtsakte und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist unbegründet.
12
1. Die Klage ist zulässig.
13
a) Die Klage ist als allgemeine Feststellungsklage i.S.d. § 43 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) statthaft.
14
In der Frage, ob die Beklagte als Trägerin der Straßenbaulast zur Instandhaltung der streitgegenständlichen Stützmauer verpflichtet ist, liegt ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis.
15
b) Der Kläger hat auch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung dieses Rechtsverhältnisses, § 43 Abs. 1 Halbs. 2 VwGO. Ein berechtigtes Interesse ist jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse, sei es rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art (vgl. BVerwG, U.v. 28.10.1970 – VI C 55.68 – BVerwGE 36, 218, Rn. 38).
16
Die streitgegenständliche Mauer ist nach dem äußeren Anschein und den insoweit nicht in Frage gestellten Darstellungen des Klägers in einem sanierungsbedürftigen Zustand. Mithin ist naheliegend, dass in naher Zukunft Instandhaltungsarbeiten an der Mauer nötig werden könnten, um diese in einem verkehrssicheren Zustand zu erhalten; dies insbesondere in Anbetracht dessen, dass die Mauer unmittelbar an einen öffentlichen Gehweg grenzt. Der Kläger hat im behördlichen Verfahren den Kostenvoranschlag eines Bauunternehmens vom 13.11.2018 vorgelegt, wonach die Gesamtkosten für den Abbruch und die Neuerstellung der Stützmauer 72.646,76 € betragen würden. Mithin hat der Kläger ein erhebliches wirtschaftliches Interesse daran, feststellen zu lassen, dass nicht er, sondern die Beklagte für die Instandhaltung der Stützmauer verantwortlich ist.
17
c) Zudem ist der Kläger analog § 42 Abs. 2 VwGO zur Klage befugt.
18
Auch bei der Feststellungsklage ist es zum Ausschluss von Popularklagen geboten, im Rahmen der Zulässigkeit der Klage zu fordern, dass der Kläger eine Betroffenheit in subjektiv öffentlichen Rechten geltend macht; insofern bedarf es auch bei der Feststellungsklage einer subjektiv-rechtlichen Anbindung dergestalt, dass eine Betroffenheit des Klägers in eigenen Rechten möglich erscheint (vgl. BVerwG, U.v. 28.6.2000 – 11 C 13/99 – juris Rn. 32).
19
Der Kläger begehrt vorliegend die Feststellung, dass die Beklagte als Trägerin der Straßenbaulast zur Instandhaltung der streitgegenständlichen Stützmauer verpflichtet ist.
20
Da die Stützmauer – wie inzwischen unstreitig ist und sich ohne Weiteres aus dem Gesetz (§§ 93, 94 Abs. 1 BGB) ergibt – im Eigentum des Klägers als Grundstückseigentümer steht, betrifft die Frage nach den öffentlich-rechtlichen Pflichten hinsichtlich der Stützmauer den Kläger in seinem Eigentumsgrundrecht (vgl. Art. 14 Grundgesetz – GG, Art. 158 Bayerische Verfassung – BV).
21
2. Die Klage ist unbegründet.
22
Die Beklagte ist nicht als Trägerin der Straßenbaulast zur Instandhaltung der streitgegenständlichen Stützmauer verpflichtet.
23
a) Die Gemeinden sind Träger der Straßenbaulast für die erforderlichen Gemeindestraßen innerhalb des Gemeindegebiets, Art. 47 Abs. 1 BayStrWG. Ist also ein Weg als Gemeindestraße i.S.d. Art. 46 BayStrWG gewidmet, so obliegt die Unterhaltungspflicht dieser Straße der Gemeinde, Art. 9 BayStrWG.
24
Die streitgegenständliche Stützmauer ist nicht als Teil der Gemeindestraße gewidmet.
25
(1) Die streitgegenständliche Stützmauer wurde nicht durch Eintragungsverfügung und korrespondierende Eintragung im Bestandsverzeichnis der Gemeinde gewidmet.
26
Dem Bestandsverzeichnis kommt eine Registerfunktion hinsichtlich des öffentlichen Straßennetzes zu, die derjenigen des Grundbuchs für private Rechtsverhältnisse ähnlich ist (vgl. BayVGH, B.v. 2.12.2024 – 8 ZB 23.1189 – juris Rn. 15; B.v. 31.3.2005 – 8 ZB 04.2279 – BayVBl 2006, 88 = juris Rn. 7; B.v. 17.3.2004 – 8 ZB 03.1456 = juris Rn. 11). Nach erstmaliger Anlegung des Bestandsverzeichnisses sollen Zweifel und Unsicherheiten über die Öffentlichkeit der Straßen und Wege, etwa hinsichtlich des Verlaufs, der Straßenklasse oder der Widmungsvoraussetzungen im Gemeindegebiet kraft seiner Registerfunktion ausgeschlossen sein (BayVGH B.v. 31.3.2005 – 8 ZB 04.2279 – juris Rn. 7). Somit ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Weg(stück), das einmal mit seiner Fl.Nr. in das Bestandsverzeichnis aufgenommen wurde, solange den dort aufgeführten Status innehat, bis eine entsprechende Aufstufung, Umstufung oder Entwidmung eingetragen wird. Aus der Registerfunktion des Bestandsverzeichnisses und dem verschärften Bestimmtheitserfordernis folgt auch, dass sich die rechtliche Wirkung der Eintragung einer Flurnummer auf den Verlauf des korrespondierenden Grundstücks bezieht, den es im Zeitpunkt der Eintragung hatte. Eine Veränderung des Verlaufs des Wegestücks nach der Eintragung kann grundsätzlich (zur Ausnahme des Art. 6 Abs. 8 BayStrWG sogleich) nur dann zu einer Veränderung des Widmungsstatus führen, wenn diese ebenfalls formgerecht in das Bestandsverzeichnis eingetragen wird.
27
Die Widmung (Art. 6 Abs. 1 BayStrWG) erfasst dabei in der Regel nur diejenigen Bestandteile der Straße, die sich auf den Grundstücken befinden, deren Flurnummern in der Widmungsverfügung ausdrücklich genannt sind. Dies dient nicht nur dem Schutz des privaten Grundstückseigentümers, dem die Widmung die privatrechtlichen Eigentümerbefugnisse entzieht oder entwertet, sondern auch dem Schutz des zuständigen Straßenbaulastträgers, da so verhindert wird, dass ihm Straßenbaulasten aufgedrängt werden, denen er in Wirklichkeit nicht unterliegt. Wird ein Straßengrundstück mit einer eigenen Flurnummer gewidmet, brauchen die Eigentümer von Nachbargrundstücken nicht damit zu rechnen, dass die Widmung über die Grenzen der genannten Flurnummer hinausgreift. Der Widmungsumfang beschränkt sich in einem solchen Fall eindeutig auf die genannte Flurnummer und ist keiner Auslegung zugänglich, selbst wenn sich auf den nicht genannten Nachbargrundstücken Straßenbestandteile befinden (vgl. BayVGH, B.v. 11.12.2023 – 8 CS 23.1686 – juris Rn. 16 ff.; B.v. 7.3.2016 – 8 ZB 13.1667 – juris Rn. 15; B.v. 23.9.2013 – 8 ZB 12.2525 – juris Rn. 10; B.v. 4.10.2011 – 8 ZB 11.210 – juris Rn. 12; B.v. 3.12.1996 – 8 B 96.1086 – juris Rn. 19 ff.). Folglich gelten regelmäßig nur solche Grundstücke als gewidmet, deren Flurnummern in der Eintragung genannt sind (vgl. BayVGH, B.v.17.7.2025 – 8 B 20.1655 – juris Rn. 17; B.v. 2.12.2024 – 8 ZB 23.1189 – juris Rn. 11; U.v. 26.4.2022 – 8 B 20.1655 – NVwZ-RR 2022, 657 = juris Rn. 39 ff.).
28
Im Bestandsverzeichnis zu den Gemeindestraßen der damaligen Gemeinde …1 findet sich bei der Eintragung der „…3 Straße“ die Angabe konkreter Flurnummern, zu denen unter anderem auch die Fl.Nr. …2 zählt, auf der die Straße nach wie vor im streitgegenständlichen Abschnitt verläuft. Die Eintragung geht auf eine Eintragungsverfügung vom 23.12.1964 zurück. Die streitgegenständliche Mauer verläuft hingegen (zum Großteil) auf der Fl.Nr. …1, die sich nicht in dem Bestandsverzeichnis oder in der Eintragungsverfügung findet.
29
Hieraus folgt, dass die streitgegenständliche Stützmauer nicht von der Widmung der „…3 Straße“ erfasst ist.
30
Dem steht auch nicht entgegen, dass am nordöstlichen Ende des klägerischen Grundstücks Fl.Nr. …1 ein kleiner Teil der Mauer die Grenze zu den Grundstücken der Beklagten Fl.Nr. …2 und …4 überschreitet. Denn wie im Rahmen des Petitionsverfahrens beim Bayerischen Landtag durch das Bayerische Staatsministerium für Wohnen, Bau und Verkehr sowie die Regierung von Niederbayern und der Beklagten (BA Teil IV S. 55 ff.) aufgeklärt werden konnte, handelt es sich bei dem Mauerstück, das von der Stützmauer Richtung Norden entlang des klägerischen Parkplatzes fortläuft und dann einen leichten Bogen Richtung Nordwesten macht, um einen nachträglich der Mauer hinzugefügten Teil, welcher den Parkplatz zum Bürgersteig hin abgrenzt. Da die Beklagte über keinerlei Unterlagen zu diesem (neuen) Mauerabschnitt verfügt, liegt die Vermutung nahe, dass dieser vom Kläger selbst errichtet worden ist zur Abgrenzung seines Grundstücks vom anliegenden Bürgersteig. Es ist also bereits zweifelhaft, dass die Errichtung dieses Mauerabschnitt der Beklagten zuzurechnen wäre und mithin ein Wille zur Widmung ersichtlich wäre. Jedenfalls aber kann von einem geringfügigen Überbau auf einem untergeordneten und nachträglich angefügten Abschnitt der Mauer nicht auf eine Widmung der gesamten Stützmauer geschlossen werden. Wie dargestellt, obliegt die Widmung öffentlicher Straßen und Wege strenger Bestimmtheitsanfordernisse, die nicht durch einen minimalen Überbau umgangen werden können.
31
Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Grenzen der Flurnummer …2 zum Zeitpunkt der Widmung derart anders verlaufen wären, dass sie die streitgegenständliche Stützmauer eingeschlossen hätten und diese mithin von der Widmung erfasst worden wäre. Hierfür spricht auch der notarielle Tauschvertrag vom 29.9.1966, mit dem ein Teil (0,0085 ha = 85 qm) des Grundstücks Fl.Nr. …1 von den Rechtsvorgängern des Klägers an die Rechtsvorgängerin der Beklagten übereignet und dem Grundstück Fl.Nr. …2 zugeschlagen wurde. Dabei handelte es sich um den südöstlichen Rand des Grundstücks Fl.Nr. …1. Diese Übereignung fand nach der Eintragung der Fl.Nr. …2 in das Bestandsverzeichnis statt. Somit wurde die Flurstücksgrenze des Straßengrundstücks Fl.Nr. …2 weiter nach Westen verschoben. Das spricht dafür, dass die Mauer zum Zeitpunkt der Widmung im Jahr 1964 noch weiter vom Straßengrundstück entfernt gewesen ist als nach den aktuellen Grenzen. Umso fernliegender erscheint es, dass sie noch Gegenstand der Widmung hätte sein sollen.
32
Diese Annahme wird auch gestützt durch das Schreiben des Amts für Digitalisierung, Breitband und Vermessung Vilshofen an der Donau vom 28.11.2019. Darin heißt es, dass die Grenze zwischen den Flurstücken …1 und …2 im Zuge einer Straßenvermessung im Jahr 1965 entstanden sei. Dies sei im Fortführungsriss Nr. …, im Abmarkungsprotokoll Nr. … und im Veränderungsnachweis Nr. … der Gemarkung …1 dokumentiert. In ersterem sei zudem eine zum Zeitpunkt der Vermessung vorhandene Mauer dargestellt. Dem sei zu entnehmen, dass die Flurstücksgrenze zwischen Fl.Nr. …1 und …2 an der straßenzugewandten Seite der Mauer verlaufe.
33
Auch die späteren Eintragungen und Berichtigungen im Bestandsverzeichnis sprechen dafür, dass bei etwaigen Änderungen der Fl.Nrn. die Stützmauer nicht miteinbezogen werden sollte. Denn in den späteren Eintragungen im Bestandsverzeichnis aus dem Zeitraum Februar 1968 bis Oktober 2018 finden sich kleinere Berichtigungen sowie Ergänzungen, insbesondere auch zu den genannten Flurnummern – jedoch eben nicht zu der Fl.Nr. …1. Aus Sicht des oben ausgeführten Bestimmtheitsgebots wäre es notwendig gewesen, im Bestandsverzeichnis klarzustellen, dass auch die Stützmauer auf der Fl.Nr. …1 von der Widmung erfasst sein soll.
34
Die Vermutung des Klägervertreters darüber, dass die Mauer auch hätte gewidmet werden sollen, aber aus Versehen nicht aufgenommen wurde, ist letztlich nicht beweisbar. Aus dem Vortrag der Beteiligten und den behördlichen Akten ergibt sich nichts, was diese These stützen würde. Auch wenn diese irrtümlich nicht gewidmet worden wäre, würde dies nichts an dem Ergebnis ändern, da es nicht auf einen (hypothetischen) Willen zur Widmung ankommt, sondern auf die Widmung selbst, die im Hinblick auf die Inanspruchnahme angrenzender Grundstücke eindeutig sein muss.
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Mithin steht fest, dass die streitgegenständliche Stützmauer nicht als Teil der Gemeindestraße gewidmet worden ist.
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(2) Die streitgegenständliche Mauer wurde auch nicht im Nachhinein in die Widmung der „…n Straße“ miteinbezogen durch Widmungsfiktion nach Art. 6 Abs. 8 BayStrWG (bzw. Art. 6 Abs. 7 BayStrWG a.F.) oder nach den Grundsätzen der Elastizität der Widmung.
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Dies folgt schon allein daraus, dass die streitgegenständliche Stützmauer zum Zeitpunkt der Widmung bereits bestand und nicht ersichtlich ist, dass sie – oder die „… Straße“ – im Nachhinein in substantieller Weise geändert wurde.
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Gem. Art. 6 Abs. 8 BayStrWG tritt eine Widmungsfiktion ein, wenn eine Straße verbreitert, begradigt, unerheblich verlegt oder ergänzt wird. Dann gilt der neue Straßenteil durch die Verkehrsübergabe als gewidmet, sofern die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 3 BayStrWG vorliegen. Denselben Wortlaut hat der Art. 6 Abs. 7 BayStrWG in der Fassung von 1981. Zuvor war eine Widmungsfiktion gesetzlich nicht vorgesehen (vgl. Zeitler/Häußler, 33. EL Januar 2025, BayStrWG Art. 6 Rn. 80, beck-online).
39
Eine Verbreiterung, Begradigung, Verlegung, Ergänzung oder sonstige Veränderung der (gewidmeten) „… Straße“ in diesem Sinne ist jedenfalls nach Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 1981 nicht im streitgegenständlichen Abschnitt, also entlang der gegenständlichen Stützmauer, ersichtlich. Eine Widmungsfiktion i.S.d. Art. 6 Abs. 8 BayStrWG n.F. bzw. Art. 6 Abs. 7 BayStrWG a.F. ist also nicht eingetreten. Zum Zeitpunkt des Baus der Stützmauer dagegen sah das Gesetz die Möglichkeit einer Widmungsfiktion nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass sich seitdem etwas an der „… Straße“ oder der streitgegenständlichen Stützmauer geändert hätte, das als unwesentliche Veränderung im Sinne des Gesetzes gewertet werden könnte.
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Mithin wäre es lediglich denkbar, dass die Widmung der angrenzenden „… Straße“ sich nach den Grundsätzen der sogenannten Elastizität der Widmung auf die streitgegenständliche Stützmauer erstrecken könnte.
41
Vor Einfügung des Art. 6 Abs. 7 BayStrWG a.F. in das BayStrWG hatten Verwaltungslehre und Rechtsprechung versucht, die bei der baulichen Veränderung einer Straße auftretenden widmungsrechtlichen Probleme über den Grundsatz der sogenannten Elastizität der Widmung zu lösen. Danach erfasste die Widmung einer vorhandenen Straße automatisch auch bestimmte Änderungen, Ergänzungen und Verlegungen dieser Straße, da sich die Widmung in räumlich-gegenständlicher Hinsicht auf eine Straße einschließlich ihrer Bestandteile (Art. 2 BayStrWG) erstreckt und die geänderten oder neuen Straßenbestandteile der bestehenden und gewidmeten Straße nur zuwachsen (BayVGH, U.v. 9.1.1990 – 8 B 88.1326 – BeckRS 1990, 2421 Rn. 22, beck-online). Nach vorherrschender Ansicht war dies aber nur dann möglich, wenn in geringfügigem Maße Änderungen vorgenommen und zusätzliche (geringe) Grundstücksflächen hierfür in Anspruch genommen werden (Zeitler/Sieder, 2. Aufl. 1972, BayStrWG Art. 6 Rn. 10). Mithin kann nur bei geringfügigen bzw. unwesentlichen baulichen Veränderungen einer Straße auf eine Widmung des neuen Straßenabschnitts verzichtet werden; weitere Voraussetzung hierfür ist, dass sich die verkehrliche Funktion der Straße nicht wesentlich geändert hat (vgl. BayVGH, U.v. 9.1.1990 – 8 B 88.1326 – BeckRS 1990, 2421 Rn. 25, beck-online). Dies ist Konsequenz des formalistischen Widmungsprinzips des Art. 6 Abs. 1 BayStrWG, mit dem der Bayerische Gesetzgeber im Jahr 1958 die bis dahin übliche Praxis der konkludenten Widmung beenden wollte.
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Der Bau der streitgegenständlichen Stützmauer kann nicht als eine solche nur geringfügige oder unwesentliche bauliche Veränderung der Straße angesehen werden. Zum einen ist bereits nicht klar, dass der Bau der streitgegenständlichen Stützmauer tatsächlich im Zusammenhang mit dem Bau bzw. dem Umbau der „… Straße“ steht, wie der Kläger behauptet, aber von der Beklagten bestritten wird. Nachweise hierzu konnten die Beteiligten nicht erbringen und waren auch für das Gericht nicht aufzufinden. Doch selbst wenn der Bau der streitgegenständlichen Stützmauer als bauliche Veränderung der „… Straße“ gesehen werden könnte, würde es sich jedenfalls nicht um eine geringfügige oder unwesentliche Veränderung handeln. Die streitgegenständliche Stützmauer verläuft über mehr als 40 m und ist stellenweise über einen Meter hoch. Sie verändert das Verhältnis zwischen dem Straßengrundstück und dem Grundstück des Klägers ganz erheblich und verändert die Geländeverhältnisse dauerhaft. Außerdem zeigt gerade der gegenständliche Streit, dass sich aus dem Bau der Stützmauer erhebliche Verpflichtungen ergeben können.
43
Darüber hinaus ist es nach Ansicht der Kammer ausgeschlossen, dass sich nach den Grundsätzen der Elastizität der Widmung eine solche auch auf Grundstücke erstrecken könnte, über die die widmende Behörde keinerlei Verfügungsbefugnis hat (vgl. bereits VG München, U.v. 28.9.2004 – M 2 K 04.972 – juris Rn. 29). Art. 6 Abs. 8 BayStrWG (bzw. Art. 6 Abs. 7 BayStrWG a.F.) verlangt für eine Widmungsfiktion ausdrücklich die Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 3 BayStrWG, wonach die Widmung voraussetzt, dass der Träger der Straßenbaulast das dingliche Recht hat, über das der Straße dienende Grundstück zu verfügen, oder dass der Eigentümer und ein sonst zur Nutzung dinglich Berechtigter der Widmung zugestimmt haben, oder dass der Träger der Straßenbaulast den Besitz des der Straße dienenden Grundstücks durch Vertrag, durch Einweisung oder in einem sonstigen gesetzlich geregelten Verfahren erlangt hat. Es erscheint zwingend, dieselben Anforderungen an die nicht kodifizierten Grundsätze der Elastizität der Widmung zu stellen, da es sonst zu erheblichen Eingriffen in das Eigentumsgrundrecht von Anliegern kommen würde (vgl. OVG NRW, B.v. 18.9.2018 – 11 A 2467/16 – juris Rn. 38- 44; U.v. 19.6.2000 – 11 A 1045/97 – jurs Rn. 77 -83).
44
Es ist nicht ersichtlich oder vorgebracht, dass die Beklagte oder deren Rechtsvorgängerin jemals Verfügungsbefugnis oder Besitz hinsichtlich des klägerischen Grundstücks Fl.Nr. …1 hatte. Gleiches gilt für eine etwaige Zustimmung der Rechtsvorgänger des Klägers zu einer Widmung von Teilen seines Grundstücks.
45
Nach alledem steht fest, dass die streitgegenständliche Stützmauer nicht als Teil der „…n Straße“ gewidmet worden ist, mithin nicht als Teil einer Gemeindestraße in die Unterhaltspflicht der Beklagten nach Art. 9 BayStrWG fällt.
46
b) Dem steht auch nicht die klägerische Argumentation entgegen, aus der (vermeintlichen) Eigenschaft der Stützmauer als Straßenbestandteil i.S.d. Art. 2 Nr. 1 Buchst. a BayStrWG folge deren Widmung.
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Gemäß Art. 2 Nr. 1 Buchst. a BayStrWG sind Stützmauern Teil des Straßenkörpers und gehören daher zur Straße. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs ist jedoch nicht jede bauliche Anlage, welche die technischen Merkmale einer Stützmauer erfüllt und im räumlichen Zusammenhang mit einer Straße steht, ohne Weiteres als Straßenbestandteil in diesem Sinn einzustufen. Voraussetzung ist vielmehr, dass der potentielle Straßenbestandteil öffentlich gewidmet ist, d.h. die Eigenschaft einer öffentlichen Straße erh* …n hat (vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2025 – 11 ZB 25.503 – juris Rn. 17).
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Somit steht fest, dass – anders als die Klägerseite meint – vielmehr Voraussetzung für die Annahme eines Straßenbestandteils ist, dass die gegenständliche Stützmauer gewidmet worden wäre. Mithin läge ein Zirkelschluss vor, wenn man aus einer etwaig behaupteten Eigenschaft als Straßenbestandteil die Widmung folgern wollte.
49
Wie ausgeführt wurde ausdrücklich nur die Fl.Nr. …2 in die Widmung aufgenommen und nicht etwa die Fl.Nr. …1, auf der die streitgegenständliche Stützmauer liegt. Der Widmungsumfang beschränkt sich in einem solchen Fall eindeutig auf die genannte Flurnummer und ist keiner Auslegung zugänglich, selbst wenn man annähme, dass die Stützmauer auf dem nicht genannten Nachbargrundstücken ein Straßenbestandteile wäre (vgl. BayVGH, B.v. 17.7.2025 – 11 ZB 25.503 – juris Rn. 17; B.v. 11.12.2023 – 8 CS 23.1686 – juris Rn. 16 ff.; B.v. 7.3.2016 – 8 ZB 13.1667 – BayVBl 2016, 747 = juris Rn. 15; B.v. 23.9.2013 – 8 ZB 12.2525 – BayVBl 2014, 147 = juris Rn. 10; B.v. 4.10.2011 – 8 ZB 11.210 – juris Rn. 12; B.v. 3.12.1996 – 8 B 96.1086 – juris Rn. 19 ff.).
50
c) Damit steht auch fest, dass mangels Eigenschaft als Straßenbestandteil auch keine Unterhaltungspflicht der Beklagten aus einem „Annex“ zur allgemeinen Straßenbaulast der Beklagten folgt, wie die Klägerseite meint.
51
d) Auch die von Klägerseite behauptete – aber nicht nachweisbare – Sanierung der streitgegenständlichen Mauer durch die Beklagte vor ca. 30 Jahren könnte nicht dazu führen, dass diese die Instandhaltung der Mauer übernommen hätte. Denn selbst wenn die Beklagte die Stützmauer ertüchtigt hätte, kann hieraus weder auf eine Eigenschaft derselben als Straßenbestandteil geschlossen werden noch auf die Übernahme oder Bestätigung einer Unterhaltspflicht durch die Beklagte (vgl. BayVGH, B.v. 7.3.2016 – 8 ZB 13.1667 – juris Rn. 28).
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e) Im Übrigen ergibt sich auch keine Instandhaltungspflicht aus einem Folgenbeseitigungsanspruch des Klägers gegen die Beklagte.
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Ein Folgenbeseitigungsanspruch setzt nach ständiger Rechtsprechung einen hoheitlichen Eingriff in ein subjektives Recht voraus, der einen noch andauernden rechtswidrigen Zustand zur Folge hat (vgl. BVerwG, U.v. 26.8.1993 -4 C24/91 – juris Rn. 24 m.w.N.; BayVGH, U.v. 15.9.1999 – 8 B 97.1349 – juris Rn. 32).
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Unabhängig von der Frage, ob die Voraussetzungen des Folgenbeseitigungsanspruchs vorliegen, ist bereits ausgeschlossen, dass sich aus diesem die vom Kläger begehrte Rechtsfolge ergeben würde. Denn der Folgenbeseitigungsanspruch ist gerichtet auf die Beseitigung eines noch andauernden rechtswidrigen Zustandes. Sähe man in der Errichtung der Mauer auf dem Grundstück des Klägers die Herstellung eines rechtswidrigen Zustandes, so wäre deren Behebung nur durch Beseitigung der Mauer denkbar. Eine Instandhaltung der unterstellt rechtswidrigen Mauer würde den unterstellt rechtswidrigen Zustand nur perpetuieren.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. Zivilprozessordnung (ZPO).