Inhalt

VG München, Urteil v. 03.09.2025 – M 26b K 24.6512
Titel:

Rundfunkbeitrag, Beitragsfestsetzung, Beitragsblocker, Aussetzungsantrag, Anfechtung eines Festsetzungsbescheids, Verfassungsmäßigkeit der Beitragspflicht, Programmkritik, Einwand struktureller Defizite bei der Erfüllung des Programmauftrags, Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland

Normenketten:
RBStV
VwGO § 94
Schlagworte:
Rundfunkbeitrag, Beitragsfestsetzung, Beitragsblocker, Aussetzungsantrag, Anfechtung eines Festsetzungsbescheids, Verfassungsmäßigkeit der Beitragspflicht, Programmkritik, Einwand struktureller Defizite bei der Erfüllung des Programmauftrags, Manifest für einen neuen öffentlich-rechtlichen Rundfunk in Deutschland
Fundstelle:
BeckRS 2025, 27509

Tenor

I.Die Klage wird abgewiesen.
II.Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III.Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.  

Tatbestand

1
Die Klagepartei wendet sich gegen die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen.
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Der Kläger wird als Wohnungsinhaber unter der Beitragsnummer … … … zur Zahlung von Rundfunkbeiträgen herangezogen.
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Mit Festsetzungsbescheid vom 1. August 2023 setzte der Beklagte zu Lasten des Klägers für den Zeitraum vom 1. Februar 2023 bis 31. Juli 2023 Rundfunkbeiträge einschließlich eines Säumniszuschlags in Höhe von insgesamt 75,76 Euro fest. Mit Festsetzungsbescheid vom 3. Juni 2024 setzte der Beklagte für den Zeitraum vom 1. August 2024 bis 30. April 2024 Rundfunkbeiträge einschließlich eines Säumniszuschlags in Höhe von 173,24 Euro fest. Die hiergegen eingelegten Widersprüche wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 16. Oktober 2024 zurück.
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Hiergegen erhob der Kläger mit Schreiben am 30. Oktober 2024 Klage zum Verwaltungsgericht München mit dem Antrag,
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die Festsetzungsbescheide vom 1. August 2023 und vom 3. Juni 2024 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Oktober 2024 aufzuheben.
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Die Klagepartei ist der Auffassung, dass die verfahrensgegenständlichen Festsetzungsbescheide nichtig seien, weil sie nicht ordnungsgemäß bekannt gegeben und nicht mit einer korrekten Rechtsbehelfsbelehrungversehen worden seien. Die erlassende Behörde sei nicht zu erkennen und der Absender nicht identifizierbar. Die Festsetzungsbescheide seien aus diesen Gründen und weil die Beitragserhebung gegen die guten Sitten verstoße, nichtig. Jedenfalls seien sie aber zumindest formell und materiell rechtswidrig. Die formelle Rechtswidrigkeit folge aus einem Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft, weil die Festsetzungsbescheide durch Bedienstete des Beitragsservice erlassen worden seien. Der Beitragsservice erfülle die Behördeneigenschaft nicht und dürfe keine hoheitlichen Aufgaben wahrnehmen. Außerdem hätten die Festsetzungsbescheide nicht in einem vollautomatisierten Verfahren erlassen werden dürfen. Die verfahrensgegenständlichen Bescheide seien angesichts eines Verstoßes gegen das Gesetz über außergerichtliche Rechtsdienstleistungen (RDG) rechtswidrig. Die Festsetzung von Rundfunkbeiträgen sei außerdem auch deshalb materiell rechtswidrig erfolgt, da jede Beitragserhebung einen individuellen Vorteil voraussetze. Ein solcher sei jedoch nicht mehr gegeben, da der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen verfassungsmäßigen Auftrag nicht erfülle und weil die Berichterstattung des Beklagten gegen grundlegende Prinzipien des Rundfunkrechts verstoße. All dies habe das Ausmaß eines strukturellen Versagens erreicht. So halte die Berichterstattung u.a. das Neutralitäts- und Sachlichkeitsgebot nicht ein. Stattdessen trage der öffentlich-rechtliche Rundfunk zum Meinungskampf bei und greife in diesen durch Desinformation ein. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk verbreite falsche Fakten und überwache die Regierung nicht hinreichend. Regierungskritische Berichterstattung erfolge nicht. Dies könne anhand zahlreicher Beispiele belegt werden, so z.B. durch die Berichterstattung über die Corona-Pandemie und deren Bewältigung, über den Ukrainekrieg, über die UNO und WHO, über Nord Stream 2 oder an Hand der Wirtschaftsberichterstattung. Kritische Stimmen kämen nicht zu Wort und würden stattdessen in Kommentaren diffamiert. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk stehe der Politik zu nahe und sei von dieser abhängig. Hinzukomme, dass die Mitarbeiter des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu einem großen Teil dem politisch linken Spektrum angehören würden. Dies spiegle sich wiederum in der Besetzung von Talkshows wider, in denen die Parteienlandschaft zu oft nur einseitig abgebildet werde. Außerdem manipuliere der öffentlich-rechtliche Rundfunk seine Zuschauer, indem z.B. Personen in Interviews zu Wort kämen, deren politische Stellung nicht offenbart werde, obwohl sie Inhaber politischer Ämter seien. Außerdem verstoße der öffentlich-rechtliche Rundfunk gegen das Gebot einer wirtschaftlichen und sparsamen Verwendung der von ihm vereinnahmten Mittel, wobei als Beispiele u.a. die Produktion bestimmter Programme, unverhältnismäßig hohe Gehälter und Pensionen, fehlende Sparanreize oder etwa die fehlende Transparenz hinsichtlich der Mittelverwendung anzuführen seien. Beim Rundfunkbeitrag handele es sich überdies um eine verfassungswidrige Steuer, deren Erhebung auch gegen europarechtliche Grundsätze verstoße. All dies unterliege der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Die Gerichte dürften sich nicht darauf zurückziehen, dass der Beklagte der Kontrolle durch zu diesem Zweck gegründete Gremien unterliege. Wegen der weiteren Details des Vortrags und der von der Klagepartei angeführten Beispiele wird auf die ausführliche, 230 Seiten umfassende Klagebegründung verwiesen, § 117 Abs. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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Darüber hinaus rügte die Klagepartei den Mangel der Vollmacht der Beklagtenbevollmächtigten gemäß § 67 Abs. 6 Satz 3 VwGO. Es sei nicht ersichtlich, dass die Einschaltung eines Rechtsanwalts für den Beklagten angesichts der von ihm unterhaltenen Rechtsabteilung notwendig oder geboten wäre. Die gesamte „Vollmachtskette“ sei nachzuweisen, wobei es der Vorlage des Originals der Vollmachtsurkunde in Schriftform bedürfe.
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Die Klagepartei beantragt außerdem,
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das Verfahren gem. § 94 VwGO auszusetzen.
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Das Verfahren sei bis zu einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts im Verfahren Az* * * … auszusetzen, weil dieses für das vorliegende Verfahren vorgreiflich sei. In beiden Verfahren werde der Einwand geltend gemacht, dass die Programmqualität des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht gegeben sei und der verfassungsrechtliche Auftrag verfehlt werde. Es genüge, dass die zu erwartende Entscheidung geeignet sei, einen rechtlich erheblichen Einfluss auf die Entscheidung im auszusetzenden Verfahren auszuüben, da das Bundesverwaltungsgericht zu der vorliegend verfahrensgegenständlichen Rechtsfrage entscheiden werde.
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Der Bevollmächtigte des Beklagten beantragt mit Schriftsatz vom 22. November 2024,
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die Klage abzuweisen.
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Eine inhaltliche Äußerung des Beklagtenbevollmächtigten hinsichtlich des Vortrags des Klägers erfolgte im Klageverfahren nicht.
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Die Parteien erklärten mit Schriftsätzen vom 26. November 2024 bzw. vom 15. Mai 2025 den Verzicht auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte sowie die Verwaltungsakte des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe

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Die Klage hat keinen Erfolg. Zwar ist sie zulässig, jedoch unbegründet.
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1. Das Gericht konnte ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung entscheiden, da die Parteien hierzu ihr Einverständnis erklärt haben (§ 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO).
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2. Eine Aussetzung des Verfahrens kommt nicht in Betracht. Das Gericht sieht keine Veranlassung, das Verfahren wegen der von der Klagepartei erhobenen Einwände gegen die Verfassungsmäßigkeit der Beitragspflicht gemäß Art. 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG) dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen oder wegen Zweifeln an der Verfassungsmäßigkeit in entsprechender Anwendung von § 94 VwGO auszusetzen. Die Ablehnung einer Aussetzung kann dabei zusammen mit der abschließenden Sachentscheidung erfolgen (BVerwG, B.v. 13.9.2005 – 7 B 14/05 – juris; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, 46. EL August 2024, § 94 VwGO, Rn. 38a).
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a) Das Gericht ist nicht von der Verfassungswidrigkeit der Rundfunkbeitragserhebung bzw. der zugrundeliegenden Vorschriften im Sinne von Art. 100 Abs. 1 GG überzeugt und bejaht vielmehr deren Verfassungsmäßigkeit in ständiger Rechtsprechung mit Verweis auf die Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts sowie des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (vgl. VG München, GB. v. 01.08.2024 – M 26b K 23.3410 – juris; GB. v. 05.08.2024 – M 26b K 22.5575 – juris m.w.N.). Das Gericht sieht die Verfassungsmäßigkeit der Beitragspflicht insbesondere auch nicht durch die vom Bundesverfassungsgericht am Rande eines Nichtannahmebeschlusses (B.v. 24.04.2023 – 1 BvR 601/23 – juris Rn. 9) und vom Bundesverwaltungsgericht (B.v. 23.05.2024 – 6 B 70/23 – juris) aufgeworfene Fragestellung erschüttert, ob bzw. unter welchen Voraussetzungen gegen die Beitragserhebung der Einwand gerichtlich geltend gemacht werden kann, dass die Rundfunkanstalt ihren Programmauftrag strukturell verfehlen würde.
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b) Das Gericht sieht auch keine Veranlassung, das Verfahren nach § 94 VwGO wegen Vorgreiflichkeit im Hinblick auf die beim Bundesverwaltungsgericht (B. v. 23.05.2024 – 6 B 70/23 – juris) anhängige Fragestellung auszusetzen.
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Für eine unmittelbare Anwendung des § 94 VwGO ist insoweit kein Raum, da es an der Vorgreiflichkeit eines in einem anderen Verfahren zu entscheidenden Rechtsverhältnisses fehlt. Vorgreiflichkeit im Sinne dieser Regelung liegt nur dann vor, wenn die Entscheidung in einem anhängigen Verfahren kraft Gesetzes oder rechtslogisch von dem Bestehen oder Nichtbestehen des in dem anderen Verfahren anhängigen Rechtsverhältnisses abhängt. Um eine Vorgreiflichkeit handelt es sich dagegen nicht, wenn – wie hier – in dem anderen Verfahren nur über dieselbe oder eine vergleichbare Rechtsfrage zu entscheiden ist (vgl. OVG Magdeburg, B.v. 20.11.2024 – 3 O 171/24 – juris Rn. 2 m.w.N.; Kopp/Schenke, VwGO, 30. Aufl. 2024, § 94 VwGO; Garloff in Posser/Wolff/Decker, BeckOK VwGO, 73. Ed., Stand 1.7.2023, § 94 Rn. 1 m.w.N.).
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Auch sonstige Gründe, die etwa in entsprechender Anwendung des § 94 VwGO, eine Aussetzung des Verfahrens – etwa im Hinblick auf die finanziellen Interessen des Klägers – erforderlich machen würden, sind dem Gericht nicht ersichtlich.
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3. An der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung des Prozessvertreters des Beklagten besteht kein Zweifel. Nach § 67 Abs. 2 Satz 1 VwGO können sich die Beteiligten – also auch der Beklagte (§ 63 Nr. 2 VwGO) – durch einen Rechtsanwalt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Eine Abwägung, ob die Einbindung des Rechtsanwalts erforderlich ist oder nicht, sieht das Gesetz nicht vor, weshalb das diesbezügliche klägerische Vorbringen zur Begründung eines Mangels der Prozessvollmacht nicht geeignet ist (i.Erg. ebenso VG Würzburg, U.v. 27.03.2025 – W 3 K 24.1391 – juris Rn. 22; VG Bayreuth, U.v. 31.01.2025 – B 3 K 24.875 – juris Rn. 26). Den Anforderungen von § 67 Abs. 6 Satz 1 VwGO entsprechend, legte der Beklagte eine schriftliche Prozessvollmacht vor.
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An der ordnungsgemäßen Bevollmächtigung des Prozessvertreters des Beklagten besteht kein Zweifel. Der Einwand, die Vollmacht für den Beklagtenvertreter sei von einem hierfür nicht zuständigen Bediensteten des Beklagten unterschrieben worden, ist nicht stichhaltig. Die Unterschrift der Bediensteten „i.V.“ setzt nicht zwingend eine Vollmacht voraus. Im Bereich des Verwaltungshandelns einer Anstalt des öffentlichen Rechts richtet sich die Zeichnungsbefugnis nach der internen Zuständigkeitsverteilung, die die Anstalt auf Grund ihrer Organisationshoheit getroffen hat. Eine Unterzeichnung „i.V.“ steht dabei für „in Vertretung“, nicht für „in Vollmacht“. Eine dem zivilrechtlichen Rechtsverkehr vergleichbare „Vollmacht“ ist für die rechtswirksame Verwaltungstätigkeit der Bediensteten nicht erforderlich. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Bedienstete nach der internen Zuständigkeitsverteilung des Beklagten nicht zur Bevollmächtigung eines Rechtsanwalts befugt wäre. Dies entspricht der aus zahlreichen anderen Verfahren bekannten gängigen Praxis beim Beklagten.
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4. Die als Anfechtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 1 VwGO) gegen die Festsetzungsbescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheids erhobene Klage ist zulässig, insbesondere wurde sie fristgerecht erhoben (§ 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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5. Die Klage ist unbegründet, da die verfahrensgegenständlichen Festsetzungsbescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheids rechtmäßig sind und die Klagepartei deshalb hierdurch nicht in ihren Rechten verletzt ist, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO (s. hierzu im Hinblick auf den von der Klagepartei verwendeten, 230 Seiten umfassenden Musterschriftsatz ebenso VG Gera, U. v. 22.05.2025 – 3 K 1526/24 Ge – juris; VG Bremen, U. v. 14.02.2025 – 1 K 2429/24 – juris; VG Berlin, U. v. 10.02.2025 – 8 K 180/24 – juris; VG Sigmaringen, GB.v. 04.02.2025 – 5 K 3594/24; VG Würzburg, U. v. 27.03.2025 – W 3 K 24.1391, W 3 K 24.1466 – juris; VG Bayreuth, U. v. 31.01.2025 – B 3 K 24.875 – juris; VG Hamburg, U.v. 08.11.2024 – 3 K 2358/24 – juris; VG Freiburg (Breisgau), GB.v. 11.09.2024 – 9 K 2585/24 – juris). Es wird auf die Begründung des Widerspruchsbescheides Bezug genommen (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend ist auszuführen:
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a) Rechtsgrundlage für die Erhebung von Rundfunkbeiträgen ist der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag – RBStV – vom 7. Juni 2011 (GVBl S. 258) sowie § 8 des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrags – RFinStV – vom 27. Juli 2001 (GVBl S. 566) in der für den jeweiligen Beitragszeitraum gültigen Fassung. Der Rundfunkbeitragsstaatsvertrag ist nach Zustimmung der Landesparlamente und Hinterlegung der Ratifikationsurkunden in Kraft getreten (siehe Art. 7 Abs. 2 des 15. Rundfunkänderungsstaatsvertrags und BayVerfGH, E. v. 14.05.2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 – juris Rn. 57). Mit dem Zustimmungsbeschluss des Bayerischen Landtags vom 17. Mai 2011 in der Fassung der Bekanntmachung vom 7. Juni 2011 (GVBl. S. 258) kommt ihm die Wirkung eines bayerischen Landesgesetzes zu.
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Die Verfassungsmäßigkeit des seit 1. Januar 2013 geltenden Beitragsmodels ist höchstrichterlich bindend (§ 31 Abs. 1 Bundesverfassungsgerichtsgesetz – BVerfGG bzw. Art. 29 Abs. 1 des Gesetzes über den Bayerischen Verfassungsgerichtshof – VfGHG) durch Grundsatzentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG, U. v. 18.07.2018 – 1 BvR 1675/16 u.a. – juris) sowie des Bayerischen Verfassungsgerichtshofs (BayVerfGH, E.v. 15.05.2014 – Vf. 8-VII-12, Vf. 24-VII-12 – juris) geklärt (ebenso zur Verfassungsmäßigkeit des RBStV: BVerwG, U.v. 18.03.2016 – 6 C 6/15 – juris und zu dessen Europarechtskonformität EuGH, U.v. 13.12.2018 – C-492/17 – juris; BVerwG, U.v. 30.10.2019 – 6 C 10/18 – juris Rn. 14; BVerwG, B.v. 25.01.2018 – 6 B 38/18 – juris Rn. 6 f.; BVerwG, U.v. 25.01.2017 – 6 C 15/16 – juris Rn. 60 ff.; VG München, B.v. 05.11.2024 – M 26b SE 24.6581 – juris Rn. 31). Demnach ist es verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden, die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht durch Erhebung einer Steuer, sondern durch Erhebung von Rundfunkbeiträgen als Vorzugslast sicherzustellen. Der Beitrag dient dabei dem Ausgleich des individuellen Vorteils, der in der Möglichkeit der Nutzung des Rundfunkangebots besteht. Es ist zulässig, den Kreis der Vorteilsempfänger im privaten Bereich anhand der Inhaberschaft einer Wohnung zu bestimmen, wobei die Erhebung des Beitrags auch unabhängig von dem Besitz eines Empfangsgerätes erfolgen darf, da nicht erforderlich ist, dass der beitragsrelevante Vorteil auch tatsächlich wahrgenommen wird. Da die Beitragspflicht an die potentielle Möglichkeit anknüpft, Rundfunkangebote zu nutzen, lässt ein freiwilliger Verzicht auf die Nutzungsmöglichkeit die Beitragspflicht nicht entfallen. Der verfassungsrechtliche Grundsatz der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG) verlangt nicht, Wohnungsinhaber, die bewusst auf eine Rundfunkbeitragsmöglichkeit verzichten, von der Rundfunkbeitragspflicht auszunehmen. Umgekehrt liegt wiederum kein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG darin begründet, dass möglicherweise im Ausland auf die Angebote des deutschen öffentlich-rechtlichen Rundfunks zugegriffen werden kann, ohne dass dort zugleich Rundfunkbeiträge erhoben werden (ausführlich statt vieler VGH BW, B.v. 17.05.2018 – 2 S 622/18 – juris Rn. 9; OVG Hamburg, B.v. 19.12.2024 – 5 Bf 204/24.Z – juris Rn. 54). Auf das Vorhandensein von Empfangsgeräten kommt es ebenso wenig an wie auf die Bereitschaft des Beitragspflichtigen, das Rundfunkangebot zu nutzen. Maßgeblich ist vielmehr, dass eine realistische Nutzungsmöglichkeit besteht. Der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zwingt den Gesetzgeber nicht etwa dazu, eine Befreiungsmöglichkeit für Personen vorzusehen, die von der ihnen eröffneten Nutzungsmöglichkeit keinen Gebrauch machen wollen. Eine Befreiung vom Rundfunkbeitrag kommt allerdings gemäß § 4 Abs. 6 Satz 1 RBStV (Härtefall) auf Antrag dann in Betracht, wenn der Rundfunkempfang objektiv unmöglich ist. Das kann etwa in seltenen Fällen aus technischen Gründen der Fall sein (z.B. dauerhaftes „Funkloch“) oder aber aus Gründen, die in der Person des Beitragspflichtigen liegen. Letzteres ist dann anzunehmen, wenn der Rundfunkempfang für die Person schon von vornherein von keinem denkbaren Nutzen ist (z.B. für taubblinde Menschen, vgl. § 4 Abs. 1 Nr. 10 RBStV). Darüber hinaus sieht § 4 Abs. 2 RBStV eine Reduktion der Beitragspflicht auf Antrag auf 1/3 für diejenigen vor, die das Angebot nur teilweise nutzen können, insbesondere für taube oder blinde Menschen (vgl. BVerfG, U.v. 18.7.2018 – 1 BvR 1675/16 u.a. – juris Rn. 87, 89; BVerwG, U.v. 18.3.2016 – 6 C 6/15 – juris Rn. 34; BayVerfGH, E.v. 15.5.2014 – Vf. 8-VII-12 u.a. – juris Rn. 98).
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b) Die verfahrensgegenständlichen Festsetzungsbescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides sind formell rechtmäßig.
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aa) Der Beklagte ist für den Erlass der verfahrensgegenständlichen Bescheide zuständig. Der Beklagte ist als Anstalt des öffentlichen Rechts aufgrund staatlicher Aufgabenzuweisung zum Erlass von Festsetzungs- und Widerspruchsbescheiden befugt (Art. 1 Bayerisches Rundfunkgesetz – BayRG i.V.m. § 10 Abs. 5 RBStV; s. hierzu ausführlich BayVGH, B. v. 12.12.2022 – 7 ZB 20.1120 – juris Rn. 19 ff.). Gemäß § 10 Abs. 5 RBStV werden die Beiträge durch die jeweilige Landesrundfunkanstalt durch Bescheid festgesetzt und gemäß § 10 Abs. 6 RBStV im Verwaltungsverfahren vollstreckt. Angesichts dieser gesetzlich eingeräumten Befugnis liegt – ungeachtet der fehlenden Selbständigkeit des Beitragsservice – ein Verstoß gegen die Vorgaben des Rechtsdienstleistungsgesetzes wegen des in § 3 Nr. 2 RDG enthaltenen Ausnahmetatbestandes nicht vor (vgl. VG Bayreuth, U. v. 31.01.2025 – B 3 K 24.875 – juris Rn. 33 mwN; ausführlich VG Freiburg (Breisgau), GB.v. 11.09.2024 – 9 K 2585/24 – juris Rn. 105 ff.).
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Bei alledem war auch der Beitragsservice dazu befugt, für den Beklagten zu handeln. Der Beitragsservice des Beklagten ist als gemeinsame Stelle im Sinne von § 2 der Satzung des Bayerischen Rundfunks über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (Rundfunkbeitragssatzung) i.V.m. § 10 Abs. 7 Satz 1 RBStV dazu berufen, die der Rundfunkanstalt zugewiesenen Aufgaben für diese wahrzunehmen. Insofern durfte der Beitragsservice auf Grund dieser gesetzlichen Grundlage für den Beklagten tätig werden. Ein Verstoß gegen den Gewaltenteilungsgrundsatz oder gegen Art. 3 Abs. 1 GG ist mit der Ermächtigung zum Erlass vollstreckbarer Verwaltungsakte der Rundfunkanstalten nicht verbunden (BayVGH, B.v. 12.12.2022 – 7 ZB 20.1120 – juris Rn. 19 ff.). Angesichts dieser eindeutigen Befugnis ist der Einwand des Klägers, dem Beklagten fehle die Behördeneigenschaft, nicht nachvollziehbar. Der Einzelrichterentscheidung des Landgerichts Tübingen (LG Tübingen, B.v. 16.9.2016 – 5 T 232/16 – juris), die vom Bundesgerichtshof als fehlerhaft aufgehoben wurde (BGH, B.v. 14.06.2017 – I ZB 87/16 – juris; s. hierzu auch BayVGH, U. v. 28.07.2021 – 16a D 19.989 – juris Rn. 67), war demnach nicht zu folgen.
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Auch ein Verstoß gegen den Grundsatz der Selbstorganschaft, wonach jede zuständige Behörde ihre Aufgaben grundsätzlich durch ihre eigenen Bediensteten erfüllen muss, ist durch das Handeln des „Beitragsservice“ für den Beklagten nicht gegeben (VG Würzburg, U. v. 27.03.2025 – W 3 K 24.1391 – juris Rn. 59). Darin liegt kein Verstoß gegen Art. 33 Abs. 4 GG, da – ungeachtet der Frage, ob die Norm dem Einzelnen überhaupt ein subjektives Recht vermittelt – Art. 33 Abs. 4 GG nicht vorbehaltlos gilt, sondern Ausnahmen vom sog. Funktionsvorbehalt bei Vorliegen eines sachlichen Grundes zulässt. Ein solcher ist bei der Festsetzung von Rundfunkbeiträgen angesichts der gebotenen Staatsferne, welche unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Grundgesetz (GG) abzuleiten ist, gegeben (VG Würzburg, U. v. 27.03.2025 – W 3 K 24.1391 – juris Rn. 60).
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Der Umstand, dass der Beitragsservice vorliegend für den Beklagten tätig wurde, ergibt sich unmissverständlich sowohl aus der Kopfzeile der Festsetzungsbescheide („Bayerischer Rundfunk, Rundfunkplatz 1, 80335 München“), aus der Grußformel am Ende des Verfügungstextes („Mit freundlichen Grüßen Bayerischer Rundfunk“) und aus deren Rechtsbehelfsbelehrung(„einzulegen beim Bayerischen Rundfunk unter der Anschrift des für ihn tätigen Beitragsservice von ARD, ZDF und Deutschlandradio“). Dies zugrunde gelegt kann die Klagepartei nicht mit Erfolg einwenden, dass die erlassende Behörde nicht zu erkennen sei, weshalb die verfahrensgegenständlichen Festsetzungsbescheide gemäß Art. 44 Abs. 2 Nr. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) nichtig seien. Gleiches gilt für den Einwand, dass der Beitragsservice außerhalb seines örtlichen Zuständigkeitsbereichs gehandelt habe (Art. 44 Abs. 2 Nr. 3 BayVwVfG), da er vorliegend erkennbar für den Beklagten tätig wurde und die verfahrensgegenständliche Wohnung in dessen örtlicher Zuständigkeit liegt (vgl. auch VG Sigmaringen, GB.v. 04.02.2025 – 5 K 3594/24 – juris Rn. 19).
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bb) Die verfahrensgegenständlichen Bescheide sind auch nicht gemäß Art. 44 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG nichtig, wonach ein Verwaltungsakt nichtig ist, der nach einer Rechtsvorschrift nur durch die Aushändigung einer Urkunde erlassen werden kann, aber dieser Form nicht genügt. Es existiert keine solche Rechtsvorschrift, nach der rundfunkbeitragsrechtliche Bescheide nur durch Aushändigung einer Urkunde erlassen werden können. Insbesondere handelt es sich bei den Vorschriften über die Bekanntgabe von Verwaltungsakten nicht um Rechtsvorschriften im Sinne von Art. 44 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG (VG Gera, U. v. 22.05.2025 – 3 K 1526/24 Ge – juris Rn. 50 f.).
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cc) Schließlich kann die Klagepartei gegen die formelle Rechtmäßigkeit nicht mit Erfolg einwenden, dass die Festsetzungsbescheide in einem vollautomatisierten Verfahren erlassen wurden. Der Beklagte ist zum vollständig automatisierten Erlass von Festsetzungsbescheiden berechtigt. Dies ergibt sich aus § 10a RBStV, wonach die zuständige Landesrundfunkanstalt rundfunkbeitragsrechtliche Bescheide vollständig automatisiert erlassen darf, sofern weder ein Ermessen noch ein Beurteilungsspielraum – wie es bei der Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträge auf der Grundlage von § 10 Abs. 5 Satz 1 RBStV der Fall ist – besteht. Ungeachtet dessen wäre ein solcher Fehler durch den Erlass des verfahrensgegenständlichen Widerspruchsbescheides angesichts der damit verbundenen Gestaltänderung des Ausgangsbescheides gemäß § 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO geheilt worden (s. zum Ganzen auch BayVGH, B.v. 26.01.2021 – 7 ZB 20.2029 – juris Rn. 11 ff.), weil Ausgangsbescheide im Widerspruchsverfahren durch Mitarbeiter des Beklagten überprüft werden und im Anschluss ein unterschriebener Widerspruchsbescheid erlassen wird (vgl. VGH Mannheim, B. v. 13.11.2020 – 2 S 2134/20 – juris Rn. 15 m.w.N.), sodass von einer vollautomatisierten Entscheidung keine Rede sein kann.
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c) Die verfahrensgegenständlichen Festsetzungsbescheide in Gestalt des Widerspruchsbescheides sind auch materiell rechtmäßig.
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aa) Die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Festsetzung rückständiger Rundfunkbeiträgen sind vorliegend erfüllt. Das verfassungsrechtlich nicht zu beanstandende Beitragssystem zugrunde gelegt, ist die Klagepartei als Inhaberin einer Wohnung gemäß §§ 2 und 3 RBStV gesetzlich zur Beitragsleistung für den festgesetzten Zeitraum verpflichtet. Die Rundfunkbeitragspflicht entsteht nach dem Rundfunkbeitragsstaatsvertrag unmittelbar kraft Gesetzes. Der Rundfunkbeitrag beträgt derzeit 18,36 EUR pro Monat (§ 8 RFinStV). Die Festsetzung durch Bescheid durfte erfolgen, weil die Rundfunkbeiträge trotz Fälligkeit nicht rechtzeitig und vollständig gezahlt wurden (§ 10 Abs. 5 Satz 1, § 7 Abs. 3 RBStV).
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Auch die Festsetzung von Säumniszuschlägen ist nicht zu beanstanden. Rechtsgrundlage für die Festsetzung von Säumniszuschlägen in Höhe von 8,00 EUR ist § 11 Abs. 1 Rundfunkbeitragssatzung. Danach wird, wenn Rundfunkbeiträge nicht innerhalb von vier Wochen nach Fälligkeit in voller Höhe entrichtet werden, ein Säumniszuschlag in Höhe von einem Prozent der rückständigen Beitragsschuld, mindestens aber ein Betrag von 8,00 EUR fällig. Der Säumniszuschlag wird zusammen mit der Rundfunkbeitragsschuld durch Bescheid nach § 10 Abs. 5 RBStV festgesetzt. Mit jedem Bescheid kann nur ein Säumniszuschlag festgesetzt werden (§ 11 Abs. 1 Satz 3 Rundfunkbeitragssatzung).
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bb) Die Klagepartei vermag mit ihren umfassenden Einwendungen gegen die Heranziehung zur Beitragspflicht, wonach das Programmangebot des öffentlich-rechtlichen Rundfunks keinen die Beitragserhebung erst rechtfertigenden individuellen Vorteil vermittle, nicht durchzudringen (i.Erg. ebenso VG Gera, U. v. 22.05.2025 – 3 K 1526/24 Ge – juris; VG Würzburg, U.v. 27.03.2025 – W 3 K 24.1391, W 3 K 24.1466 – juris; VG Bremen, U. v. 14.02.2025 – 1 K 2429/24 – juris; VG Berlin, U. v. 10.02.2025 – 8 K 180/24 – juris; VG Sigmaringen, GB.v. 04.02.2025 – 5 K 3594/24; VG Bayreuth, U v. 31.01.2025 – B 3 K 24.875 – juris; VG Hamburg, U.v. 08.11.2024 – 3 K 2358/24 – juris; VG Freiburg (Breisgau), GB.v. 11.09.2024 – 9 K 2585/24 – juris).
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Der Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks besteht darin, ein der Vielfaltssicherung dienendes Programm anzubieten, das ein Gegengewicht zum privaten Rundfunk bildet (BVerfG, U. v. 08.07.2018 – 1 BvR 1675/16 – juris Rn. 76 ff.). Der Programmauftrag umfasst nach dem Medienstaatsvertrag (MStV) Fernseh-, Hörfunk- und Telemedienangebote und ist darauf gerichtet, der freien individuellen und öffentlichen Meinungsbildung sowie der Meinungsvielfalt zu dienen und die demokratischen, sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Gesellschaft zu erfüllen (Präambel und §§ 26 ff. MStV). Diese Aufgabe ist Ausprägung der durch Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierten Rundfunkfreiheit und vom Gesetzgeber durch eine bedarfsgerechte Finanzierung zu sichern. Bei der Finanzierung ist die von Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG garantierte Programmautonomie der Rundfunkanstalten zu wahren und sicherzustellen, dass eine Einflussnahme des Staates auf die Programmgestaltung wirksam ausgeschlossen ist (BVerfG, U.v. 20.07.2021 – 1 BvR 2756/20 u.a. – juris Rn. 91). Die Überprüfung der Einhaltung der staatsvertraglichen Vorgaben obliegt den jeweils zuständigen plural besetzten Gremien der Rundfunkanstalten im Rahmen der Selbstverwaltung. Eine behördliche oder sonst staatliche Fachkontrolle findet nicht statt. Der Rundfunkbeitragspflicht können daher weder Bedenken hinsichtlich mangelnder Programm- und Meinungsvielfalt noch ein gänzliches Verfehlen des verfassungsmäßigen Funktionsauftrags des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entgegengehalten werden. Hierfür stehen den Rundfunkbeitragspflichtigen die Eingabe- und Beschwerdemöglichkeiten zu den normativ vorgesehenen Stellen der Rundfunkanstalten offen (BayVGH, U.v. 17.07.2023 – 7 BV 22.2642 – juris Leitsatz).
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Hiervon ausgehend bleiben die Einwendungen der Klagepartei ohne Erfolg:
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(1) Der Vorwurf, der öffentlich-rechtliche Rundfunk komme seinem Auftrag einer sachlichen und ausgewogenen Berichterstattung nicht bzw. nur unzureichend nach, lässt die Rechtmäßigkeit der Beitragspflicht unberührt. Angebliche Defizite in Bezug auf den Inhalt der Berichterstattung sind für sich gesehen nicht geeignet, um den individuellen Vorteil entfallen zu lassen (VG Hamburg, U. v. 08.11.2024 – 3 K 2358/24 – juris Rn. 45). Zwar haben die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten bei der Berichterstattung die anerkannten journalistischen Grundsätze, die Objektivität und Unparteilichkeit der Berichterstattung zu berücksichtigen. Insoweit verweist die Klagepartei zu Recht auf den medienstaatsvertraglichen Auftrag des öffentlichen Rundfunks (§ 26 MStV). Allerdings wird durch diese Verpflichtung zur Erfüllung des Programmauftrags kein subjektiv-öffentliches Recht vermittelt, das der Beitragsfestsetzung entgegengehalten werden könnte (i. Erg. ebenso BayVGH, U. v. 17.07.2023 – 7 BV 22.2642 – juris; VG Würzburg, U. v. 27.03.2025 – W 3 K 24.1391 – juris 79; VG Gera, U. v. 22.05.2025 – 3 K 1526/24 Ge – juris Rn. 74 mwN; VG Sigmaringen, Gerichtsbescheid v. 04.02.2025 – 5 K 3594/24 – juris Rn. 39).
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Verstöße gegen Anforderungen an die journalistische Qualität der Berichterstattung haben daher nicht die Rechtswidrigkeit des Rundfunkbeitrags zur Folge, sondern sind im Wege der Programmbeschwerde nach dem Bayerischen Rundfunkgesetz gegenüber den hierfür berufenen Gremien, insbesondere beim Rundfunkrat als Aufsichtsgremium geltend zu machen. Es ist nicht Aufgabe der Verwaltungsgerichte, im Rahmen von Beitragsfestsetzungsverfahren angebliche „Fehlentwicklungen“ bei der Programmgestaltung und deren Finanzierung zu überprüfen und zu korrigieren. Eine Zustimmung bzw. Übereinstimmung mit dem Programminhalt des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist für die Pflicht zur Zahlung des Rundfunkbeitrags gerade nicht erforderlich. Der Beitragspflichtige darf seine Beitragszahlungen nicht davon abhängig machen, ob ihm das Rundfunkangebot gefällt oder nicht oder er einen etwaigen individuellen Nutzen hieraus ziehen kann. Die Beitragspflichtigen sind dabei auch nicht etwa rechtlos gestellt, wenn sie zwar nicht im Beitragsverfahren, aber auf anderem Wege ihre Beschwerden geltend machen können. Das Gericht folgt insoweit der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung (vgl. BayVGH, U. v. 19.06.2015 – 7 BV 14.1707 – juris Rn. 35; B. v. 30.03.2017 – 7 ZB 17.60 – juris Rn. 9; U. v. 17.07.2023 – 7 BV 22.2642 Rn. 22 ff; OVG NRW, B. v. 27.04.2023 – 2 A 383/23 – juris Rn. 9 ff.; OVG Berlin-Bbg, B. v. 15.02.2021 – OVG 11 N 95.19 – juris Rn. 12; OVG RhPf, B. v. 16.11.2015 – 7 A 10455/15 – juris Rn. 21; jeweils m.w.N.).
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(2) Auch die Einwände, das Programmangebot sei nach seiner Gesamtstruktur nicht auf Ausgewogenheit und Vielfalt ausgerichtet bzw. der öffentlich-rechtliche Rundfunk leide an strukturellen Defiziten, können der Beitragspflicht nicht entgegengehalten werden.
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Vorab ist anzumerken, dass die Ausführungen der Klagepartei eine Auseinandersetzung mit eben dieser Gesamtstruktur vermissen lassen. Stattdessen liegt der Fokus der Klagebegründung darauf, die Berichterstattung zu einzelnen Themen herauszugreifen, um deren inhaltliche Richtigkeit in Frage zu stellen. Selbst wenn einzelne Sendungen oder die Berichterstattung zu einzelnen Themen Diskussionen aufwerfen oder Anlass zu Kritik geben mögen, wäre dieser Befund angesichts des großen Umfangs des Medienangebots der Rundfunkanstalten nicht geeignet, ein generelles Defizit bei der Programmgestaltung im Sinne eines strukturellen Versagens zu belegen (s. hierzu ausführlich VG Hamburg, U.v. 08.11.2024 – 3 K 2358/24 – juris Rn. 38 ff.).
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Darüber hinaus ist es für die Beitragspflicht unerheblich, wenn der Beitragspflichtige Programminhalte für unausgewogen oder unrichtig hält oder durch das Rundfunkangebot transportierte Meinungen zu bestimmten Themen nicht teilt. Es obliegt den Rundfunkanstalten als Träger der Rundfunkfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) im Rahmen ihrer grundrechtlich garantierten Programmfreiheit, eigenverantwortlich selbst zu entscheiden, wie sie ihre Programme gestalten, um dem verfassungsmäßigen Auftrag nachzukommen, als Gegengewicht zu den privaten Rundfunkanbietern für Programmvielfalt zu sorgen. Dies setzt die institutionelle Unabhängigkeit des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gegenüber politischen und gesellschaftlichen Verhältnissen voraus und schützt zudem vor unmittelbarer und mittelbarer Einflussnahme Außenstehender (vgl. BVerwG, U.v. 25.1.2017 – 6 C 15.16 – juris Rn. 19 m.w.N.). Der Einzelne darf daher den Rundfunkbeitrag nicht als Druckmittel einsetzen und die Zahlung verweigern, wenn er der Auffassung ist, die Programminhalte verstießen gegen den verfassungsmäßigen Funktionsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks (BVerwG, B.v. 4.12.2017 – 6 B 70.17 – juris Rn. 7). Die Überprüfung der Einhaltung der staatsvertraglichen Vorgaben obliegt den öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in eigener Verantwortung und wird durch die jeweils zuständigen Gremien gewährleistet, die über etwaige Eingaben und Programmbeschwerden entscheiden. Auch insoweit steht es der Klagepartei – außerhalb des gerichtlichen Beitragsverfahrens – frei, die Eingabe- und Beschwerdemöglichkeiten gegenüber den hierfür vorgesehenen Stellen der Rundfunkanstalten zu nutzen. Sie ist nicht etwa rechtlos gestellt. Das Gericht folgt auch insoweit der ständigen obergerichtlichen Rechtsprechung (BayVGH, U.v. 17.7.2023 – 7 BV 22.2642 – juris Rn. 19 ff.; B.v.20.11.2023 – 7 ZB 23.1139 – Rn. 9, nicht veröffentlicht; OVG NRW, U.v. 12.3.2015 – 2 A 2423/14 – juris Rn. 71; B.v. 7.2.2022 – 2 A 2949/21 – juris Rn. 6 f.; OVG RPf, B.v. 16.11.2015 – 7 A 10455/15 – juris Rn. 21; OVG BB, B.v. 15.2.2021 – OVG 11 N 95.19 – juris Rn. 12).
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(3) Eine Abweichung von der einhelligen Rechtsprechung ist auch nicht etwa angesichts jüngerer Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (B.v. 24.4.2023 – 1 BvR 601/23 – juris) und des Bundesverwaltungsgerichts (B.v. 23.5.2024 – 6 B 70/23 – juris) geboten, da diese Entscheidungen keine von der bisherigen Entscheidungspraxis abweichende inhaltliche Richtungsentscheidung erkennen lassen (ebenso VG Sigmaringen, Gerichtsbescheid v. 04.02.2025 – 5 K 3594/24 – juris Rn. 42).
48
(4) Dass die Erfüllung des Programmauftrages durch Mitarbeitende des öffentlich-rechtlichen Rundfunks hinterfragt und öffentlich thematisiert wird („Manifest“), belegt keine grundlegende Verfehlung des Programmauftrages (vgl. ausführlich VG München, Urt. v. 22. Mai 2024 – M 26a K 23.359 – juris Rn. 35). Es ist vielmehr ein Anhaltspunkt dafür, dass eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle und der Frage der Vielfaltssicherung stattfindet (VG Berlin, U.v. 14.11. 2024 – 8 K 123/24 – juris Rn. 43).
49
(5) Der Einwand der Klagepartei, die Grundsätze der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit würden nicht berücksichtigt, verfängt nicht (VG Würzburg, U.v. 27.03.2025 – W 3 K 24.1391 – juris Rn. 56; VG Bremen, U.v. 14.02.2025 – 1 K 1898/24 – juris Rn. 64). Verfassungsrechtlich entscheidend ist, dass die Beiträge nicht entgegen § 1 RBStV für andere Zwecke als die funktionsgerechte Finanzausstattung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks erhoben werden (BVerfG, U.v. 18.7.2018 – 1 BvR 1675/16, 1 BvR 745/17, 1 BvR 836/17, 1 BvR 981/17, Rn. 96).
50
Nach § 34 Abs. 1 MStV hat die Finanzausstattung den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in die Lage zu versetzen, seine verfassungsmäßigen und gesetzlichen Aufgaben zu erfüllen; sie hat insbesondere den Bestand und die Entwicklung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu gewährleisten. Nach § 35 Abs. 1 MStV wird der Finanzbedarf des öffentlich-rechtlichen Rundfunks regelmäßig entsprechend den Grundsätzen von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit, einschließlich der damit verbundenen Rationalisierungspotentiale, auf der Grundlage entsprechender Bedarfsanmeldungen der in der ARD zusammengeschlossenen Landesrundfunkanstalten, des ZDF und der Körperschaft des öffentlichen Rechts „Deutschlandradio“ durch die unabhängige Kommission zur Überprüfung und Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) geprüft und ermittelt. Vor diesem Hintergrund sind die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in dem Einsatz ihrer finanziellen Mittel nicht unkontrolliert und frei (VG Gera, U. v. 22.05.2025 – 3 K 1526/24 Ge – juris Rn. 79). Angesichts dieser Kontrolle durch das speziell für diesen Zweck im Medienstaatsvertrag vorgesehene Gremium ist die Einhaltung des Grundsatzes der Wirtschaftlichkeit und der Sparsamkeit nicht im Rundfunkbeitragsfestsetzungsverfahren zu prüfen und insofern einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle bei der Anfechtung von Festsetzungsbescheiden entzogen. Der Bürger ist hier nicht Sachwalter für die Einhaltung der gesetzlichen Verpflichtungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Rahmen seiner Haushaltswirtschaft (OVG NRW, U.v. 12.03.2015 – 2 A 2423/14 – juris Rn. 68 ff.; VG Aachen, U.v. 30.09.2024 – 8 K 1352/24 – juris Rn. 158).
51
(6) Nachdem der Vortrag der Klagepartei von vornherein nicht geeignet ist, den die Beitragserhebung rechtfertigenden individuellen Vorteil der Klagepartei in Frage zu stellen, war das Gericht auch nicht gehalten, im Rahmen der Amtsermittlungspflicht nach § 86 VwGO eigene Ermittlungen anzustellen oder den Beweisanregungen der Klagepartei nachzugehen. Eine Verkürzung effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes und ein damit verbundener Verstoß gegen Art. 19 Abs. 4 GG liegt hierin nicht begründet, da der Zugang zu den Verwaltungsgerichten uneingeschränkt gewährt wird. Gleichwohl bleibt es dem Gericht bei alledem unbenommen, sich lediglich mit den entscheidungserheblichen Aspekten des Verfahrens auseinanderzusetzen (VG Hamburg, U.v. 08.11.2024 – 3 K 2358/24 – juris Rn. 46). Auch war das Gericht nicht dazu verpflichtet, vorab auf den von ihm angewendeten Prüfungsmaßstab hinzuweisen (VG Gera, U.v. 22.05.2025 – 3 K 1526/24 Ge – juris Rn. 42 mwN).
52
(7) Soweit die Klagepartei vorträgt, mit ihren Programmbeschwerden bei den zuständigen Gremien nicht den gewünschten Erfolg zu haben, ist dies für das vorliegende Beitragsverfahren nicht entscheidungserheblich. Ob bzw. inwieweit die formale und/oder inhaltliche Behandlung von Programmbeschwerden gerichtlich überprüfbar ist, ist nicht Gegenstand des vorliegenden Beitragsverfahrens (vgl. BayVGH, U. v. 17.07.2023 – 7 BV 22.2642 Rn. 22).
53
6. Die Klage war daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen.
7. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).