Titel:
Fremdenverkehrsbeitrag, Vermietung, Veräußerung eines Grundstücks, mittelbarer Vorteil, Vorteilssatz, Schätzung, Indizwirkung
Normenkette:
KAG Art. 6
Schlagworte:
Fremdenverkehrsbeitrag, Vermietung, Veräußerung eines Grundstücks, mittelbarer Vorteil, Vorteilssatz, Schätzung, Indizwirkung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 2622
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Das Urteil ist in Ziffer II. vorläufig vollstreckbar.
Tatbestand
1
Die Klägerin wendet sich gegen die Heranziehung zu einem Fremdenverkehrsbeitrag.
2
Die Klägerin ist die frühere Komplementärgesellschafterin der U. … Letztere war Eigentümerin des im Jahr 2014 erbauten A. … Die Anschaffungs- und Herstellungskosten betrugen 5.626.431,81 €. Es wurden ab 2014 im A. … Geschäftsräume für einen REWE-Markt, ein Modefachgeschäft, ein Café/Skiverleih/Sportoutlet, ein Optiker-, ein Sport- und ein Schuhfachgeschäft vermietet. Auf die jeweiligen Mietverträge wird Bezug genommen. Mit Kaufvertrag vom 11.07.2018 veräußerte die U. … das Grundstück, auf dem sich das A. … befindet, für 7.225.000,00 € an die F. … Die Käuferin trat nach § 6 des Kaufvertrags in die bestehenden Mietverhältnisse der U. … mit den Mietern im A. … ein.
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Mit Schreiben vom 14.01.2019 wurde zur Eintragung in das Handelsregister angemeldet, dass die Kommanditisten der U. … – die K. …mit Sitz in …, die D. … mit Sitz in … und die B. … mit Sitz in … – mit Wirkung zum 31.12.2018 aus der U. … ausgeschieden seien. Weiterhin wurde angemeldet, dass die Gesellschaft aufgelöst sei und eine Liquidation nicht stattgefunden habe. Vielmehr sei das Unternehmen der Firma U. … mit ihrem Handelsgeschäft auf die verbleibende Gesellschafterin, die Klägerin, im Wege der Anwachsung übergegangen. Die Firma sei erloschen. Das Ausscheiden der Kommanditisten und die Auflösung der U. … wurde am 17.01.2019 im Handelsregister eingetragen.
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Mit Erklärung zur Veranlagung des Fremdenverkehrsbeitrages 2018 vom 02.09.2019 gab der Geschäftsführer der Klägerin für die U. … gegenüber dem Beklagten einen einkommensteuerpflichtigen Gewinn in Höhe von 1.808.461,00 € (davon Veräußerungsgewinn 1.657.366,00 €) sowie einen steuerbaren Umsatz in Höhe von 7.576.015,00 € (davon Veräußerungserlös 7.234.000,00 €) an.
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Mit streitgegenständlichem Bescheid vom 31.01.2020 zog der Beklagte die Klägerin zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 2018 in Höhe von 90.423,05 € für den Betrieb „Vermietung und Verpachtung – Veräußerung des Objektes“ heran. Die bisherige Festsetzung in Höhe von 808,00 € wurde insoweit geändert. Die Beklagte errechnete den Beitrag unter Heranziehung eines steuerpflichtigen Gewinns in Höhe von 1.808.461,00 €, multipliziert mit einem Vorteilssatz in Höhe von 50% und einem Beitragssatz in Höhe von 10%. Im Übrigen wird auf den Inhalt des Bescheids Bezug genommen.
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Am 13.02.2020 ließ die Klägerin gegen den Bescheid Widerspruch erheben. Auf die Begründung des Widerspruchs wird Bezug genommen. Mit Widerspruchsbescheid des Landratsamtes … vom 08.12.2020, zugestellt am 11.12.2020, wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Zur Begründung führte die Widerspruchsbehörde im Wesentlichen an, dass nach Auflösung der U. … die Klägerin als verbleibende Komplementärin im Wege der Anwachsung das A. … gegen Entschädigung übernommen habe. Die Klägerin sei damit Gesamtrechtsnachfolgerin der ursprünglichen Gesellschaft geworden. Gemäß § 738 Abs. 1 Satz 1 BGB habe sie die Veräußerin (U. ….) von den gemeinschaftlichen Schulden, wozu auch der festgesetzte Fremdenverkehrsbeitrag rechne, zu befreien. Die grundsätzliche Fremdenverkehrsbeitragspflicht der Klägerin sei damit gegeben. Dabei sei irrelevant, dass der Veräußerungsgewinn nicht der Umsatzsteuer im Sinne des Umsatzsteuergesetzes unterliege. Der Veräußerungsgewinn sei fremdenverkehrsbeitragspflichtig, da zeitversetzt auf dem Fremdenverkehr beruhende Vorteile insoweit entstanden seien, als durch die Abschreibung auf Abnutzung die Gewinne aus Vermietung und Verpachtung entsprechend geringer ausgefallen seien. Mit dem Verkauf der Immobilie würden diese Unterschiede nun realisiert. Nicht durchgreifen könne der Einwand, dass es sich bei der Veräußerung einer Immobilie nicht gleichzeitig um einen Betrieb der Vermietung und Verpachtung handeln könne, der beitragspflichtige Veräußerungsgewinn ergebe sich gerade wegen der Aufgabe der Vermietung und Verpachtung durch die veräußernde Gesellschafterin. Die Anwachsung im Wege der Veräußerung des Grundstücks mit dem A. … der ehemaligen Kommanditisten an die Komplementärgesellschafterin unterliege auch § 16 Abs. 1 Nr. 2 EStG. Zu den Einkünften eines Gewerbebetriebes gehörten auch Gewinne aus einer Veräußerung des gesamten Anteils einer Gesellschaft bzw. des Geschäftsgrundstücks eines Unternehmers. Dies treffe auch auf die Veräußerung des A. … durch die U. … an die ehemalige Komplementärgesellschafterin zu. Entgegen der Auffassung der Klägerin sei diese auch nicht das dritte Glied in der Kette der Beziehungen zu den Fremden, da sie an die Stelle der ursprünglichen Gesellschaft getreten sei. Sie sei daher nun zweites Glied und erziele insoweit mittelbare Vorteile aus dem Fremdenverkehr durch die Vermietung von Geschäftsräumen, bei denen der Zweck der Vermietung vertraglich festgelegt sei. Als Vermietungszweck könne den vorgelegten Kopien der Mietverträge jeweils der Einzelhandel mit verschiedenen Waren entnommen werden. Bei der Veranlagung des Veräußerungsgewinns komme es auch nicht entscheidend darauf an, dass die Klägerin wegen § 738 Abs. 1 Satz 2 BGB auch für die gemeinschaftlichen Schulden aus dem Geschäftsbetrieb der ursprünglichen Gesellschaft einzustehen habe. Die ehemalige Gesellschaft habe durch die Vermietung und Verpachtung von Geschäftsräumen für den Einzelhandel mit eindeutiger Zweckbestimmung unstreitig mittelbare Vorteile aus dem Fremdenverkehr gezogen. Der Verkaufserlös beruhe demnach auch auf einem Vorteil, der in einem offensichtlichen und typischen Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr in … stehe. Der Fremdenverkehr in … sei mitursächlich für die Wertsteigerung der veräußerten Immobilie. Gegenteiliges könne auch nicht daraus gefolgert werden, weil in anderen Orten bei vergleichbaren Immobilien höhere Wertsteigerungen erreicht werden hätten können. Der Fremdenverkehr in … führe ganz eindeutig dazu, dass die veräußerte Immobilie in jedem Fall auch wegen dem Fremdenverkehr stärker nachgefragt werde, als dies ohne Fremdenverkehr der Fall wäre. Daraus ergebe sich auch eine höhere Gewinnmarge. Dies gelte unabhängig davon, ob die Mieten mit dem Umsatz verbunden würden oder nicht. Hinsichtlich des gerügten Vorteilssatzes habe der Beklagte diesen in seinem Schreiben vom 16.04.2020 erläutert. Der Beklagte lege darin ausführlich dar, welche Vorteilssätze bei den Mietern angewandt würden und habe daraus einen Durchschnittswert gebildet, der der Veranlagung zugrunde gelegt worden sei. Dies sei nach der Rechtsprechung des BayVGH zulässig. Die veräußerte Immobilie sei zum Zeitpunkt des Verkaufs an unterschiedliche Mieter bzw. Pächter vermietet oder verpachtet worden. Derartige Geschäfte würden eindeutig einen im typischen und offensichtlichen Zusammenhang stehenden unmittelbaren Vorteil aus dem Fremdenverkehr in … erzielen. Jedenfalls ergebe sich aus dem gesamten Sachverhalt und der bestehenden vertraglichen Beziehungen ganz unstreitig ein Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr. Entscheidend für die Beitragspflichtige sei, ob der Fremdenverkehr im Gemeindegebiet mitursächlich für die gezogenen Vorteile gewesen sei.
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Am 11.01.2021 ließ die Klägerin Klage erheben. Zur Begründung wird im Wesentlichen vorgetragen, dass der Veräußerungsgewinn einer Immobilie bei der Veranlagung zum Fremdenverkehrsbeitrag grundsätzlich nicht berücksichtigt werde. Die Rechtsprechung habe allerdings Ausnahmekonstellationen entwickelt und stelle auf die Umstände des Einzelfalles ab. Es ließen sich hierzu drei Fallgruppen ausmachen: (1) Der Verkäufer einer zu Fremdenverkehrszwecken genutzten Immobilie erlange mittelbare Vorteile aus dem Fremdenverkehr, wenn der Käufer mit unmittelbarem Fremdenverkehr beteiligten Geschäfte machen werde. (2) Zudem würden selbst entferntere Vorteile noch der Beitragspflicht unterfallen, wenn eine Gesamtschau der vertraglichen Beziehungen einen eindeutigen Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr offenbare. (3) Schließlich könnten sich – etwa im Falle der Betriebsaufgabe – im Veräußerungserlös Vorteile aus dem Fremdenverkehr realisieren, welche bis dahin als Abschreibungen nicht beim Fremdenverkehrsbeitrag berücksichtigt werden könnten. Die erste Fallgruppe sei nicht gegeben, da der Erwerber die Einzelhandelsgeschäfte nicht selbst betreibe, sondern (nur) vermiete. Die zweite Fallkonstellation liege ebenfalls nicht vor, da die Klägerin die veräußerte Immobilie als Verkäuferin nach dem Kaufgeschäft nicht als Pächterin weiter nutze und den Standort vollständig aufgegeben habe. Es lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass die Voraussetzungen dieser Fallgruppe auch bei einem gewöhnlichen Verkauf einer neutralen Immobilie an einen externen Dritten unter vollständiger Aufgabe der Nutzung durch den Verkäufer erfüllt seien. Auch die dritte Fallgruppe sei nicht gegeben, da der Fremdenverkehrsbeitrag für das A. … nicht nach dem – um die Abschreibungen geminderten – Gewinn, sondern nach dem steuerbaren Umsatz berechnet worden sei, der nicht durch Abschreibung gemindert sei. Zudem habe die Klägerin im Laufe des Verwaltungsverfahrens mehrmals darauf hingewiesen, dass das Grundstück nebst aufstehendem A. … an die F. … als ein Drittunternehmen veräußert worden sei und die Klägerin selbst die Vermietung und Verpachtung nicht mehr fortführe. Die Käuferin sei nicht Komplementärgesellschafterin der U. … Soweit im Widerspruchsbescheid vom 08.12.2020 ausgeführt werde, dass es sich beim Veräußerungsgewinn um zeitversetzte auf dem Fremdenverkehr beruhende Vorteile handele, die deshalb entstünden, weil durch die Abschreibung auf Abnutzung die Gewinne aus Vermietung und Verpachtung entsprechend geringer ausgefallen seien, erschließe es sich nicht, was diese Argumentation mit der angeblichen Mitgesellschafterstellung der U. … zu tun habe. Abschreibung auf Abnutzung eines Gebäudes könne jeder Eigentümer geltend machen. Nach § 2 Abs. 2 der Fremdenverkehrsbeitragssatzung des Beklagten diene in erster Linie der einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtige Gewinn zur Bestimmung des Vorteils durch den Fremdenverkehr, es sei denn, dass sich auf der Grundlage des steuerbaren Umsatzes ein höherer Beitrag ergebe. Im vorliegenden Fall sei in den Vermietungsjahren immer der Umsatz als Beitragsmaßstab angesetzt worden und nicht der Gewinn, sodass die Abschreibung die Bemessungsgrundlage für den Fremdenverkehrsbeitrag nicht gemindert habe. Eine „Nacherhebung“ von steuermindernden Abschreibungen beim Verkauf der Immobilie an einen Dritten würde im vorliegenden Fall zu einer für die Klägerin nachteiligen Kombination der Bemessungsgrundlagen „Umsatz“ und „Gewinn“ führen, die inkonsistent sei und in der Fremdenverkehrsbeitragssatzung keine Grundlage finde. Die Abschreibungen seien durch die Bemessungsgrundlage „steuerbarer Umsatz“ auf der Grundlage der Fremdenverkehrsbeitragssatzung bereits vollständig erfasst, sodass es unter dem Gesichtspunkt der Abschreibungen keinen rechtfertigenden Grund zu einer „Nacherhebung“ im Veräußerungsfall gebe. Zudem seien im Zeitraum ab Errichtung des Arber-Centers im Jahr 2014 bis zur Veräußerung im Jahr 2018 nur Abschreibungen in Höhe von 3% p. a. auf den Gebäudewert vorgenommen worden, also max. 12% des Gebäudewertes. Der Veräußerungsgewinn war mit 28,41% deutlich höher, sodass auch insoweit keine „Nachveranlagung von Abschreibungen“ vorliege.
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Außerdem sei die Ermittlung des Vorteilssatzes weder nachvollziehbar noch verständlich. Der Landkreis … nehme insoweit Bezug auf das Schreiben des Beklagten vom 16.04.2020. Dort habe der Beklagte ausgeführt, dass sich der veranlagte Vorteilssatz von 50% aus den durchschnittlichen Vorteilssätzen der einzelnen Mieter (Branchenmix) ergebe: 50%, 60%, 60%, 70%, 25%. Summe: 265% : 5 = 53%. Der ermittelte Vorteilsatz werde nicht einmal ansatzweise verständlich dargelegt. Es sei bereits unklar, welcher Branchenmix gemeint sei. Auch sei nicht verständlich, wie die angegebenen Prozentzahlen zustande gekommen seien und welchen Mietern die angegebenen Prozente zugeordnet würden. Nach der Berechnung des Beklagten werde offenbar mit gleicher Gewichtung für den Vorteilssatz ausgegangen. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass die Mietflächen zwischen 78 m² bis 2.109 m² variierten, sodass der Ansatz eines Vorteilssatzes von 50% als Durchschnittswert für alle Mieter nicht nachvollziehbar sei. Zudem sei nicht klar, ob und weshalb der Vorteilssatz von 50% auch für den Veräußerungsgewinn angesetzt worden sei. Rein objektiv betrachtet erschienen die Zahlen willkürlich ohne nähere Darlegung und Zuordnung. Nach einer Studie des dwif ergebe sich, dass lediglich etwa 11,8% der Bruttoumsätze am jeweiligen Tourismusort bei den Übernachtungsgästen in Betriebe des Einzelhandels fließen würden. Allenfalls und realistischerweise würden die Vorteilssätze bei Lebensmittel und Augenoptik bei ca. 10% und bei Sport und Bekleidung bei ca. 25% liegen.
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Soweit der Beklagte und der Landkreis … ausführten, dass die Klägerin nicht „drittes Glied“ in der Kette der Beziehungen zu den Fremden sei, sondern „zweites Glied“ und mittelbare Vorteile aus dem Fremdenverkehr durch die Vermietung von Geschäftsräumen erziele, würden hier getrennt zu beurteilende Vorgänge der Vermietung und Verpachtung einerseits und der Veräußerung andererseits vermischt. Unmittelbare Vorteile entstünden demjenigen, der sie aus dem direkten Geschäftsverkehr mit Fremden ziehe. Dieser sei zugleich erstes Glied in einer den Vorteil vermittelnden Kette. Mittelbare Vorteile entstünden entsprechend dadurch, dass der als zweiter in der Kette Beteiligte mit jemandem Geschäfte mache, der einen unmittelbaren Vorteil aus dem direkten Geschäftsverkehr mit Fremden habe. Derjenige, der wiederum Geschäfte mit den mittelbar am Fremdenverkehr Beteiligten gleichsam als „drittes Kettenglied“ tätige, sei von der Beitragspflicht nicht mehr erfasst. Vorliegend habe die U. … bei der Veräußerung des Grundstücks als drittes Glied in einer solchen Kette gehandelt. Bei dem Verkauf der Immobilie sei die Käuferin in die bestehenden Mietverhältnisse mit den Mietern/Betreibern (erstes Glied) eingetreten, damit sei die Käuferin selbst (allenfalls) zweites Glied. Als Vertragspartner eines solchen Beteiligten im zweiten Glied könne die Veräußerin selbst allenfalls Beteiligte im dritten Glied sein. Insoweit bestehe aber kein ausreichender Bezug mehr zum Fremdenverkehr. Der Verkaufserlös als wirtschaftlicher Vorteil beruhe nicht auf einem ausreichend engen Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr. Dies verdeutliche auch ein Vergleich zu einer vermieteten Hotelimmobilie. Die Hotelpächter seien erstes und die Hotelverpächter zweites Glied in der Kette. Die Mieten des Hotels würden ausschließlich von den Hotelumsätzen des Pächters abhängen. Der Veräußerer des Hotels profitiere mittelbar von den Hotelgästen, da der Verkaufserlös der Hotelimmobilie ausschließlich von der Pachthöhe und damit von den Hotelumsätzen des Pächters abhänge. Bei dem A. … als Einzelhandelsimmobilie liege der vorgenannte Fall gerade nicht vor, da die Mieter einen geringen Umsatzanteil am Fremdenverkehr hätten, die Mieten selbst als Festmieten vollkommen davon unabhängig seien und somit der Verkaufspreis überhaupt keinen Bezug mehr zum Fremdenverkehr habe. Daran ändere auch der Umstand nichts, dass die U. … im Jahr 2018 auch Vermieterin der Einzelhandelsbetreiber gewesen sei und damit im zweiten Glied gehandelt habe. Die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der U. … sei damit schon nicht beitragspflichtig. Die Wertsteigerung des A. … stehe auch im Übrigen nicht im Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr im Gemeindegebiet des Beklagten. Nach der Rechtsprechung könnten allgemeine Vorteile aus dem Fremdenverkehr, wie die allgemeine Wertsteigerung oder Wertbeständigkeit von Immobilien in einer durch Tourismus florierenden Gemeinde, wo der Immobilienverkäufer auf Kaufinteressenten hoffen könne, welche mittelbar aus dem Fremdenverkehr profitieren würden, nicht mit dem Fremdenverkehrsbeitrag abgegolten werden. Auch diese Rechtsprechung bestätige, dass bei Immobilienwertsteigerungen der hinreichende Bezug des Vorteils aus dem Fremdenverkehr fehle. Bei vergleichbaren Immobilien ohne Fremdenverkehr sei die Wertsteigerung höher als beim A. … gewesen. Die Heranziehung der Klägerin zum Fremdenverkehrsbeitrag könne daher auch nicht mit dem Argument gerechtfertigt werden, dass ohne den Fremdenverkehr das wirtschaftliche Ergebnis (noch) schlechter gewesen wäre.
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Die Klägerin lässt beantragen,
Der Bescheid des Beklagten vom 31.01.2020, Az. 7434-1, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 08.12.2020, Az. 20-027-3/9244/20-26 über die Festsetzung zum Fremdenverkehrsbeitrag wird aufgehoben.
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Der Beklagte lässt beantragen,
Die Klage wird abgewiesen.
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Es werde vollumfänglich auf die behördlichen Ausführungen anlässlich des Widerspruchsverfahrens, insbesondere auf den Widerspruchsbescheid vom 08.12.2020, verwiesen. Im Gegensatz zur Argumentation der Klägerin gebe es kein Regel-Ausnahme-Verhältnis einer mangelnden Berücksichtigungsfähigkeit von Veräußerungsgewinnen im Rahmen der Veranlagung zum Fremdenverkehrsbeitrag. Vielmehr habe insbesondere der Bayerische Verwaltungsgerichtshof bereits mehrfach klargestellt, dass auch Veräußerungsgewinne grundsätzlich der Fremdenverkehrsbeitragspflicht unterliegen könnten. Auch der Veräußerungsgewinn sei ein einkommensteuerpflichtiger Gewinn im Sinne des § 16 EStG. Verwiesen werde zudem auf das IMS vom 26.05.1992 – IB4-3024-5/1 (82) mit der dortigen Klarstellung, dass „bei der Ermittlung des Fremdenverkehrsbeitrages die Gewinne so zu berücksichtigen sind, wie sie sich aus der Anwendung der Steuergesetze ergeben, also einschließlich evtl. entstandener Veräußerungsgewinne“. Auch ein Betriebsaufgabegewinn unterliege der Fremdenverkehrsbeitragspflicht. Unstreitig habe zum Zeitpunkt der Veräußerung des „A. …“ am 11.07.2018 die Unternehmereigenschaft im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG fortbestanden. Diese ende erst mit der Abwicklung aller mit dem Betrieb im Zusammenhang stehenden Rechtsbeziehungen. Selbst eine spätere Veräußerung von Gegenständen des Betriebsvermögens und die nachträgliche Vereinnahmung von Entgelten würden noch zur Unternehmertätigkeit gehören. Auch beim Veräußerungsgewinn handele es sich um einen mittelbaren Vorteil aus dem Fremdenverkehr, wie dies auch bei der vom Fremdenverkehr profitierenden Vermietung und Verpachtung von Geschäftsräumen zum dortigen Betrieb von Einzelhandelsgeschäften der Fall sei. Die Erzielung eines Veräußerungsgewinns im Zuge des Verkaufs am 11.07.2018 stehe zweifelsohne in untrennbarem Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr in … Dies könne selbstverständlich nicht mit angeblichen „Vergleichsobjekten“ mit vermeintlich höheren Wertsteigerungsquoten infrage gestellt werden. Abgesehen davon, dass das diesbezügliche Zahlenmaterial der Klägerseite zu bestreiten sei, sei ein Vergleich mit Projekten in Metropolregionen bzw. Großstadtbereichen per se ungeeignet.
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Die Beklagte habe mit dem Bescheid vom 31.01.2020 einen Vorteilssatz von ohnedies lediglich 50% angesetzt. Die für die Bestimmung des Vorteilssatzes maßgebende selbstständige Tätigkeit habe vorliegend nicht in dem einmaligen Geschäftsvorgang des gegenständlichen Grundstücksverkaufs, vielmehr in der jahrelangen in gewerblicher Form betriebenen Vermietung bzw. Verpachtung der Geschäftsräume im „A. …“ an den Einzelhandel bestanden. Es sei daher ohne Weiteres nachvollziehbar, dass der Beklagte einen Durchschnittswert der fremdenverkehrsbedingten Vorteile der einzelnen Mieter im „A. …“ ermittelt und diesen auf 50% abgerundet bei der vorliegenden Beitragsermittlung zugrunde gelegt habe. Nach der satzungsrechtlichen Regelung handele es sich hierbei um eine Schätzung. Die diesbezüglichen Grundlagen habe der Beklagte dargelegt. Eine weitere Differenzierung hinsichtlich der teils unterschiedlichen Mietflächen der jeweiligen Geschäftsräume sei hierbei nicht erforderlich gewesen. Von einer willkürlichen Ermittlung des Vorteilssatzes könne überhaupt keine Rede sein. Die jeweiligen Betriebe lägen direkt an der …, der Hauptverkehrsstraße durch das Gemeindegebiet. In diesem Bereich befänden sich zwei große Hotels sowie zahlreiche Ferienwohnungen. Angesichts dieser besonders günstigen Objektlage gehe der Beklagte davon aus, dass die jeweiligen Mieter in erheblichem Umfang vom Fremdenverkehr profitieren würden. Hinsichtlich des Discounters sei davon auszugehen, dass mindestens jeder zweite Kunde nicht aus … stamme, was einen Vorteilssatz von 50% rechtfertige. Bezüglich des Schuh- und Bekleidungsgeschäfts bestehe der Kundenkreis vor allem aus Urlaubsgästen in … und Tagesgästen. Ein entsprechender Vorteilssatz von 60% sei ohne Weiteres nachvollziehbar. Hinsichtlich des Sportartikel- und -bekleidungsgeschäfts richte sich das umfangreiche Angebot an spezieller Sportkleidung vor allem an sporttreibende Urlaubs- und Tagesgäste, was einen Vorteilssatz von 70% rechtfertige. Hinsichtlich des Augenoptikers sei der Vorteilssatz von 25% nicht zu beanstanden, da der Kundenkreis zwar überwiegend aus …er Bürgern bestehe, aber auch Bürger aus umliegenden Gemeinden den Betrieb nutzten. Hinzu kämen Urlaubsgäste mit entsprechendem Bedarf während ihres Aufenthalts in … Es sei ferner berücksichtigt worden, dass bezogen auf das Veranlagungsjahr 2018 3.500 Einwohnern in … pro Tag rund 2.200 Urlaubsgäste zuzüglich Tagesgäste gegenüberstünden. Keiner der Mieter habe von der Möglichkeit Gebrauch gemacht, einen geringeren Vorteilssatz nachzuweisen. Die mangelnde Beanstandung der jeweiligen Vorteilssätze bestätige die Plausibilität dieser Grundlagen für die Schätzung des Beklagten. Die Klägerin könne sich auch nicht darauf zurückziehen, sie stehe letztlich nur im „dritten Glied in der Kette der Fremdenverkehrsbeziehungen“.
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Ungeachtet dessen würden sich weitere diesbezügliche Diskussionen aufgrund folgender Aspekte erübrigen: Gemäß § 4 Abs. 1 FBS entstehe die Beitragsschuld mit Ablauf des Kalenderjahres, auf das sie sich beziehe. Der gegenständliche Veräußerungsgewinn sei 2018 erzielt worden. Die Auflösung der Kommanditgesellschaft sei im Januar 2019 erfolgt. Das Anwachsen sei ein Vorgang der Gesamtrechtsnachfolge. Verwiesen werde auf die über Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 b KAG entsprechend anwendbare Regelung des § 45 Abs. 1 Satz 1 AO. Der Gesamtrechtsnachfolger trete grundsätzlich auch in die verfahrensrechtliche Stellung des Rechtsvorgängers ein. Dies gelte sowohl für die Verfahrensrechte und -pflichten, für die übergegangenen Ansprüche als auch für die hiermit zusammenhängenden steuerlichen Nebenpflichten. Demgemäß habe die Steuerfestsetzung nach Übergang der Steuerschuld gegenüber dem Rechtsnachfolger zu erfolgen. So geschehen mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 31.01.2020, der auch im Übrigen keinen durchgreifenden Beanstandungen zugänglich sei.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, die vorgelegten Behördenakten sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.
17
Der streitgegenständliche Bescheid des Beklagten vom 31.01.2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids des Landratsamts … vom 08.12.2020 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
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1. Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Klägerin zu einem Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 2018 ist Art. 6 des Kommunalabgabengesetzes (KAG) i. V. m. der Satzung für die Erhebung des Fremdenverkehrsbeitrages (FVBS) des Beklagten vom 18.06.2009.
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Gegen das ordnungsgemäße Zustandekommen der Satzung sind Bedenken weder vorgetragen, noch für das Gericht ersichtlich. Die Satzung ist auch materiell-rechtlich nicht zu bestanden.
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2. Die Festsetzung des Fremdenverkehrsbeitrags gegenüber der Klägerin ist rechtmäßig, da die U. … fremdenverkehrsbeitragspflichtig war (a) und deren Beitragsschuld auf die Klägerin übergegangen ist (b).
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a) Ursprünglich war die U. …, die mittelbare Vorteile aus dem Fremdenverkehr im Gemeindegebiet des Beklagten gezogen hatte, fremdenverkehrsbeitragspflichtig.
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Gemäß § 1 Abs. 1 FVBS wird von allen selbständig tätigen natürlichen und den juristischen Personen, denen durch den Fremdenverkehr im Gemeindegebiet Vorteile erwachsen, ein Fremdenverkehrsbeitrag erhoben. Zwar werden Kommanditgesellschaften in § 1 Abs. 1 FVBS nicht als Beitragsschuldnerinnen genannt. Das ist jedoch unschädlich, weil der Gesetzgeber diese Personenhandelsgesellschaften mit der Neufassung des Art. 6 Abs. 1 KAG (§ 1 Nr. 4 Buchst. a) des Gesetzes zur Änderung des Kommunalabgabengesetzes vom 28.12.1992, GVBl. S. 775) ausdrücklich als fremdenverkehrsbeitragspflichtig benannt hat. Es kann daher dahinstehen, ob der Begriff der juristischen Person in der Beitragssatzung entsprechend weit auszulegen ist oder ob der Gesetzgeber die persönliche Beitragspflicht insoweit selbst geregelt hat (vgl. BayVGH, B. v. 09.07.2018 – 4 ZB 17.1827 –, juris Rn. 9).
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aa) Hinsichtlich der Vermietung von Geschäftsräumen im A. … zog die U. … mittelbare Vorteile aus Geschäften mit Ortsfremden und mit den am Fremdenverkehr unmittelbar beteiligten Kreisen im Sinne des § 1 Abs. 1 FVBS. Diese Vermietung ist nicht der rein privaten Vermögensverwaltung zuzurechnen. Nach den Angaben der U. … in der „Erklärung zur Veranlagung des Fremdenverkehrsbeitrages 2018“ und den übereinstimmenden Angaben der Parteien in der mündlichen Verhandlung liegt der hiernach anzusetzende Gewinnanteil bei 151.095,00 € (Differenz zwischen Gesamt- und Veräußerungsgewinn).
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Eine selbständige Tätigkeit im Sinne des Fremdenverkehrsbeitragsrechts liegt dann vor, wenn Räume vermietet werden, die unmittelbar einem Fremdenverkehrsbetrieb zu dienen bestimmt sind. Die U. … hatte als Vermieterin von Geschäftsräumen an selbständig Tätige, die selbst unmittelbar vom Fremdenverkehr profitieren, mittelbare Vorteile durch diesen. Als Vorteil stellt sich der Nutzen dar, der durch Geschäfte mit den am Fremdenverkehr unmittelbar Beteiligten im Rahmen der für den Fremdenverkehr notwendigen Bedarfsdeckung gezogen wird. Es kann nämlich keinen Unterschied machen, ob der Eigentümer in seinen Räumlichkeiten selbst ein Geschäft betreibt oder ob er es vermietet und dann indirekt vom Fremdenverkehr profitiert.
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Der mittelbare Vorteil muss jedoch durch einen typischen und offensichtlichen Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr geprägt sein. Dieser Zusammenhang ist dann gegeben, wenn in dem Pacht- bzw. Mietvertrag die auf den Fremdenverkehr ausgerichtete Nutzung des Betriebs festgelegt ist und keine Vermietung sog. neutraler Räume vorliegt, bei denen die jeweilige konkrete Nutzung dem Mieter überlassen bleibt (vgl. BayVGH vom 05.12.2006 – 4 B 05.3119 –, juris Rn. 19). Laut den vorgelegten Unterlagen vermietete die „K. …“ (frühere Firma der U. …; siehe Anlage K1 zur Klageschrift vom 11.01.2021) Geschäftsräume für einen REWE-Markt, ein Modefachgeschäft, ein Café/Skiverleih/Sportoutlet, ein Optiker-, ein Sport- und ein Schuhfachgeschäft. Eine Vermietung neutraler Räume liegt jeweils nicht vor. Ausweislich der vom Beklagten vorgelegten Mietverträge war die Nutzung der Mieträume nicht dem jeweiligen Mieter überlassen. Die konkrete Zweckbindung für die Nutzung der überlassenen Geschäftsräume war jeweils vertraglich fixiert.
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Die in zentraler Lage von … – unmittelbar in der Nähe des Bahnhofs und des Kurparks – gelegenen Geschäfte, die ferner von einigen Hotels und Anlagen für Ferienwohnungen umgeben sind, sind als Betriebe einzustufen, die unmittelbar dem Fremdenverkehr zu dienen bestimmt sind. Dies gilt für das Lebensmittelgeschäft (vgl. BayVGH, U. v. 05.12.2006 – 4 B 05.3119 –, juris Rn. 21; VG Regensburg, U. v. 22.03.2017 – RN 11 K 17.22) gleichermaßen wie für das Mode- (vgl. BayVGH, a. a. O.; VG Regensburg, U. v. 22.03.2017 – RN 11 K 17.3), das Sport- und das Schuhfachgeschäft (vgl. OVG SH, U. v. 24.09.2008 – 2 LB 16/08 –, juris Rn. 21; VG Regensburg, U. v. 22.03.2017 – RN 11 K 17.19) sowie das Optikerfachgeschäft. So wirbt die Käuferin des Grundstücks auf der Internetseite … (abgerufen am 11.02.2025): „Am Fuß des … im Bayerischen Wald gelegen ist … einer der beliebtesten Urlaubsorte in ganz Deutschland mit rund 812.000 Gästeübernachtungen im Jahr 2018. … zeichnet eine unvergleichliche Natur, Sommer wie Winter vielfältige Sport- und Freizeitangebote für die ganze Familie und Unterkünfte, die höchsten Ansprüchen gerecht werden, aus. (…) Die beiden Immobilien des ‚A. …‘ befinden sich an der B.-straße in zentraler Lage schräg gegenüber dem Rathaus mit weiteren Einzelhandelskonzepten in der unmittelbaren Nachbarschaft.“ Darüber hinaus heißt es auf der Internetseite unter „Highlights“: „Florierender Tourismus: Rund 812.000 Gästeübernachtungen in 2018 – plus 3,37% im Vergleich zu 2016. Alleinstellung: Mieter sind durchwegs renommierte Einzelhändler – seit vielen Jahren bestens vertraut mit dem Standort … Mikrostandort: Das ‚A. …‘ ist zentraler ‚Einkaufs-Hot Spot‘ in …“.
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Dass in diesen Läden auch Geschäfte mit Ortsfremden getätigt werden, liegt auf der Hand. Die jeweiligen Warensortimente bzw. Dienstleistungen dienen nicht lediglich der Versorgung der ortsansässigen Bevölkerung. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass auch ortsfremde Besucher während ihres Aufenthalts Lebensmittel, Bekleidung, Schuhe und Sportartikel einkaufen bzw. das Optikergeschäft aufsuchen. Denn zum Fremdenverkehr zählen auch die Personen, die von außerhalb in das Gemeindegebiet, z. B. zum Einkaufen, zur Erholung oder zum Besuch von Veranstaltungen in den Gemeindebereich kommen. Der Begriff des Fremdenverkehrs umfasst zwar in erster Linie die Erholungssuchenden, kann sich aber auch auf Personen erstrecken, die sich zur Bildung, Heilung, zum Vergnügen oder dergleichen vorübergehend an einen anderen Ort begeben. Entscheidend ist, dass es sich um einen kurzfristigen Aufenthalt aus besonderem Grund handelt (vgl. BayVGH vom 06.03.1989, Az. 4 B 87.01262, VGHE 42 S. 56 ff.). Auch diese Personen gehören zum potentiellen Kundenkreis der Geschäfte. Es ist naheliegend, dass diese in vielen Fällen einen Aufenthalt auch für Einkäufe in den o. g. Geschäften nutzen, wenngleich der Umfang der Nutzung durch Ortsfremde in den verschiedenen Geschäften unterschiedlich ausfallen dürfte. Dies wirkt sich jedoch erst bei der Frage nach der Höhe des jeweiligen Vorteilssatzes aus und nicht bei der Fremdenverkehrsbeitragspflicht an sich.
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Die jeweilige Mietpartei hat daher die Möglichkeit, besondere wirtschaftliche Vorteile aus dem Fremdenverkehr zu erlangen, und erwirtschaftet unmittelbare Vorteile aus dem Fremdenverkehr. Die U. … wiederum erhält durch die Mietzahlungen mittelbare Vorteile aus diesem und ist selbst beitragspflichtig. Der klägerische Einwand, es seien in den Mietverträgen lediglich Fest- und keine Umsatzmieten vereinbart, weshalb die U. … als Vermieterin nicht mittelbar vom Fremdenverkehr profitiere, überzeugt nicht. Die Fremdenverkehrsabgabe ist ein Vorteilsentgelt; der zu entgeltende (wirtschaftliche) Vorteil besteht in der Gewinnchance oder in der erhöhten Verdienstmöglichkeit, die sich aus dem Fremdenverkehr ergibt. Ob der einzelne Pflichtige die ihm gebotenen Vorteile nutzt, ist unerheblich. Die Vorteilsnahmemöglichkeit muss lediglich bestehen, d. h. nach der vom Pflichtigen ausgeübten Tätigkeit gegeben sein (vgl. OVG SH, U. v. 17.03.2008 – Az. 2 LB 40/07 – juris Rn. 33 m. w. N.). Vorliegend beeinflusst der Fremdenverkehr jedenfalls die Höhe der Miete, die der Vermieter potentiell verlangen könnte. Inwiefern der Vermieter diesen Vorteil tatsächlich nutzt, ist unerheblich.
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bb) Auch hinsichtlich des Veräußerungserlöses aus dem Grundstücksverkauf hat die U. … einen Vorteil aus dem Fremdenverkehr gezogen, der in Höhe eines Gewinnanteils von 1.657.366,00 € für die Festsetzung des Fremdenverkehrsbeitrags herangezogen werden durfte.
30
Mittelbare Vorteile aus dem Fremdenverkehr liegen dann vor, wenn eine Person aufgrund ihrer selbständigen Tätigkeit im Rahmen der Bedarfsdeckung für den Fremdenverkehr mit den daran unmittelbar Beteiligten Geschäfte tätigt. Kernelemente des Begriffs sind die Geschäftsbeziehung zu unmittelbar am Fremdenverkehr Beteiligten sowie ein typischer und offensichtlicher Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr, um von einer allgemein positiven wirtschaftlichen Entwicklung abzugrenzen. Derjenige, der wiederum Geschäfte mit den mittelbar am Fremdenverkehr Beteiligten gleichsam als „drittes Kettenglied“ tätigt, ist von der Beitragspflicht grundsätzlich nicht mehr erfasst (vgl. VG München, B. v. 30.03.2023 – M 10 S 23.976, Rn. 25; U. v. 08.08.2019 – M 10 K 18.570 – juris Rn. 45; U. v. 26.04.2018 – M 10 K 17.1638 – BeckRS 2018, 15951 Rn. 23; U. v. 08.12.2016 – M 10 K 15.5363 – BeckRS 2016, 124344 Rn. 26).
31
Bei der Veräußerung des A. … handelte die U. … als „drittes Glied“ der Kette. Sie hat das Grundstück an die F. … veräußert, die die von der U. … geschlossenen Mietverträge übernommen hat (§ 6 des Kaufvertrags). Die F. … ist somit zum „zweiten Glied“ der Kette geworden, das mittelbare Vorteile aus dem Fremdenverkehr zieht; die einzelnen Mieter im A. … sind „erstes Glied“ geblieben.
32
Jedoch kann auch der Verkauf einer Immobilie einen mittelbaren Vorteil aus dem Fremdenverkehr darstellen. Voraussetzung ist, dass sich im Verkaufserlös Vorteile aus dem Fremdenverkehr realisieren, da der Beitragscharakter eine Gegenleistung für die Erhebung einer Fremdenverkehrsabgabe verlangt. Die Rechtsprechung stellt auf die Umstände des Einzelfalls ab; es lassen sich in der Rechtsprechung jedoch (drei) Fallgruppen ausmachen (vgl. zusammenfassend hierzu: VG München, U. v. 08.08.2019, a. a. O., Rn. 46 m. w. N.): (1) Der Verkäufer einer zu Fremdenverkehrszwecken genutzten Immobilie erlangt mittelbare Vorteile aus dem Fremdenverkehr, wenn der Käufer mit unmittelbar am Fremdenverkehr Beteiligten Geschäfte machen wird. (2) Zudem unterfallen selbst entferntere Vorteile noch der Beitragspflicht, wenn eine Gesamtschau der vertraglichen Beziehungen einen eindeutigen Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr offenbart. (3) Schließlich können sich – etwa im Fall der Betriebsaufgabe – im Veräußerungserlös Vorteile aus dem Fremdenverkehr realisieren, welche bis dahin als Abschreibungen nicht beim Fremdenverkehrsbeitrag berücksichtigt werden konnten.
33
Zwar sind vorliegend die Voraussetzungen der ersten Fallgruppe nicht erfüllt, weil die Käufergesellschaft lediglich Vermieterin der Geschäftsräume im A. … ist und daher – im Gegensatz zu den Mietern – nicht unmittelbar mit Fremden Geschäfte macht.
34
Jedoch sind die Voraussetzungen der zweiten Fallgruppe gegeben. Auch dritte oder weiter entfernte Glieder der Vertragskette können zum Fremdenverkehrsbeitrag herangezogen werden, wenn ihre wirtschaftliche Betätigung gleichwohl in direktem Zusammenhang mit dem Fremdenverkehr steht, beispielsweise der Fremdenverkehrsbezug gleichsam durchgereicht wird (verneint: BayVGH, U. v. 18.03.1998 – 4 B 95.3470 – juris [Untervermietung von leeren Räumlichkeiten an eine Gaststätte]; B. v. 06.08.2002 – 4 CS 02.1537 – juris [Untervermietung von Büroräumen an Holding]; bejaht: BayVGH, U. v. 14.01.2016 – 4 B 14.2227 – juris [Überlassung eines Nießbrauchsrechts zur Ermöglichung des Betriebs eines Thermalbads]; B. v. 26.5.2020 – 4 ZB 19.1934 – juris [Sale-and-Lease-Back-Vertrag für eine Klinikimmobilie]).
35
Dies ist hier der Fall. Die U. …, die zunächst aufgrund der Vermietung der Geschäftsräume im A. … mittelbare Vorteile aus dem Fremdenverkehr gezogen hat, hat das Grundstück samt den darauf vorhandenen Gebäuden und vermieteten Geschäftsräumen verkauft. Dies kommt auch in § 1 Nr. 3 des Kaufvertrags zum Ausdruck. Es ist nicht gerade irgendein Grundstück mit neutralen Räumen veräußert worden, sondern ein Grundstück, auf dem Gebäude mit Geschäftsräumen vorhanden sind, die zum Betrieb von Einzelhandelsgeschäften, die unmittelbar vom Fremdenverkehr profitieren, vermietet waren. Der Fremdenverkehrsbezug stützt sich vorliegend auf die Tatsache, dass die Geschäftsräume an Einzelhändler vermietet sind, deren Geschäfte jedenfalls auch von Fremden aufgesucht werden. Ein Verkauf neutraler Räumlichkeiten liegt hier folglich nicht vor. Vielmehr liefen die von der Käuferin übernommenen Mietverträge, wie sich aus der Anlage 1 zum Kaufvertrag vom 11.07.2018 ergibt, noch bis mindestens August 2024, also sechs Jahre nach Verkauf. Die Käuferin war insoweit mietvertraglich gebunden. Darüber hinaus waren in einem der Gebäude (zum Zeitpunkt des Verkaufs noch nicht vermietete) Räume vorhanden, die zur Nutzung als Hotel garni genehmigt waren (§ 1 Nr. 3 des Kaufvertrags). Die fremdenverkehrsbezogene Nutzung der Räumlichkeiten im A. … war insgesamt vorgegeben. Daher realisieren sich bei der Grundstücksveräußerung Vorteile aus dem Fremdenverkehr und es unterscheidet sich der vorliegende Fall auch von dem vom Verwaltungsgericht München mit Urteil vom 08.12.2016 (M 10 K 15.5363) entschiedenen, bei dem ein leerstehendes und baufälliges Anwesen veräußert wurde und eine fremdenverkehrsbestimmte Zweckbindung durch den Kauf – anders als hier – nicht vorgezeichnet war.
36
Ob die Voraussetzungen der dritten o. g. Fallgruppe vorliegen – namentlich, ob sich im Veräußerungserlös Vorteile aus dem Fremdenverkehr realisieren, welche infolge der jährlichen Absetzung für Abnutzung der Anschaffungs- oder Herstellungskosten als periodengerechte Verteilung des Aufwands bzw. Berücksichtigung des Werteverzehrs entstanden wären (vgl. BayVGH, U. v. 10.10.2005 – 4 BV 04.1306 – juris; B. v. 17.9.2010 – 4 CS 10.1776 – juris Rn. 9; VG München, U. v. 13.01.2011 – M 10 K 10.731 – juris) – ist daher nicht entscheidungserheblich. Es spricht jedoch viel dafür, dass auch die Voraussetzungen dieser Fallgruppe vorliegen. Infolge der von der U. … in Anspruch genommenen Absetzung für Abnutzung (AfA) hat sich der Gewinn in den Beitragsjahren 2014 bis 2017 gemindert. Er ging nach den Angaben der Klägerin in der mündlichen Verhandlung in diesen Jahren gegen null. Infolge der AfA dürften sich bei der U. … stille Reserven gebildet haben, die sich mit dem Veräußerungsgewinn für den Betrieb nach § 16 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 1 EStG (zur Anwendbarkeit bei Veräußerung eines Betriebsgrundstücks als wesentliche Betriebsgrundlage – welche hier für die U. … vorliegen dürfte, da nach Angaben der Klägerin mit der Grundstücksveräußerung ihr Geschäftsbetrieb beendet war – vgl. Schallmoser in Brandis/Heuermann, 174. EL November 2024, EStG § 16 Rn. 152) realisieren und die bislang nicht der Fremdenverkehrsbeitragspflicht unterlegen haben. Soweit die Klägerin diesbezüglich einwendet, hierin liege eine für die Klägerin nachteilige Kombination der Bemessungsgrundlagen „Umsatz“ und „Gewinn“, greift dies nicht durch. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat zur Frage, ob es zulässig ist, für die Errechnung des Fremdenverkehrsbeitrags wahlweise auf den Gewinn oder Umsatz abzustellen, schon in seiner Normenkontrollentscheidung vom 03.10.1986 (VGH n. F. 39, 75/77) ausgeführt, dass sich der Berechnungsmaßstab des „steuerbaren Umsatzes“ als Auffanggrenze für die Beitragshöhe mit der Überlegung rechtfertigen lasse, dass der tatsächlich erzielte Gewinn im Sinne des Einkommen- bzw. Körperschaftssteuerrechts nicht in jedem Fall den aus dem Fremdenverkehr gezogenen Vorteil widerspiegele, weil die Steuergesetze es dem Steuerpflichtigen beispielsweise unter bestimmten Voraussetzungen erlaubten, die zu versteuernden Einkünfte aus Gründen zu mindern, die dem Beitragsrecht fremd seien. Dabei hatte der Senat ausdrücklich an Sonderabschreibungen gedacht. Der nach § 2 Abs. 2 FVBS zugrunde zu legende Gewinn ist daher von den Abschreibungen nach dem Einkommensteuergesetz abhängig (vgl. BayVGH, B. v. 17.09.2010 – 4 CS 10.1776, juris Rn. 9). Für das Gericht erschließt sich nicht, inwieweit die durch die Abschreibung gebildeten stillen Reserven bei der Beitragsberechnung nach steuerbarem Umsatz schon berücksichtigt sein sollen.
37
Der Veräußerungsgewinn basiert auch nicht ausschließlich auf einer allgemein positiven Wertentwicklung von Grundstücken, wie die Klägerin meint. Ausreichend ist, dass der Vorteil – wie hier – zumindest auch durch den Fremdenverkehr generiert wird. Der Gewinn ist auch daher dann beitragspflichtig, wenn der Veräußerungsgewinn auf die allgemeine Wertsteigerung von Immobilien zurückzuführen ist (vgl. BayVGH, B. v. 20.05.2021 – 4 ZB 21.441 – juris Rn. 18; B. v. 01.12.2000 – 4 ZB 99.961 – juris Rn. 13). Die Beitragspflicht besteht bereits dann zu 100%, wenn eine der Ursachen des Gewinns der Fremdenverkehr ist. Sind auch andere Faktoren ursächlich für den Gewinn, verringert dies die Beitragspflicht nicht.
38
cc) Der streitgegenständliche Fremdenverkehrsbeitrag für das Jahr 2018 wurde vom Beklagten zutreffend nach Gewinn bestimmt.
39
Zur Bestimmung des Vorteils der U. … dienen der einkommens- oder körperschaftssteuerpflichtige Gewinn und der steuerbare Umsatz innerhalb eines Kalenderjahres, § 2 Abs. 2 Satz 1 FVBS. Die Beitragsschuld wird auf der Grundlage des Gewinns bestimmt, wenn sich nicht auf der Grundlage des steuerbaren Umsatzes ein höherer Betrag ergibt, § 2 Abs. 2 Satz 2 FVBS.
40
Soweit eingewandt wird, bislang habe der Beklagte den Fremdenverkehrsbeitrag stets aufgrund des Umsatzes festgesetzt, ist dies unbedenklich. Dieses sog. Vergleichs- oder Doppelberechnungsverfahren ist nach der Rechtsprechung des BayVGH nicht zu beanstanden (s. o.; vgl. u. a. BayVGH, B. v. 31.03.2005 – 4 N 03.3086 –, juris Rn. 26).
41
Der Beklagte hat dabei die Angaben der U. … nach der „Erklärung zur Veranlagung des Fremdenverkehrsbeitrages 2018“ vom 02.09.2019 zu Grunde gelegt. Da sich bei der Berechnung des Fremdenverkehrsbeitrages auf der Grundlage des steuerbaren Gewinns vorliegend ein höherer Betrag ergab als auf der Grundlage des Umsatzes, wurde der Fremdenverkehrsbeitrag zutreffend auf Grundlage des steuerbaren Gewinns bestimmt. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Klägerin in o. g. Erklärung unter A) 2. einen steuerbaren Umsatz von 7.516.015,00 € angegeben hat. Bei dem im Bescheid zugrunde gelegten steuerbaren Umsatz von 7.576,15 € handele es sich nach den Angaben des Beklagten in der mündlichen Verhandlung um einen Kommafehler. Aber selbst, wenn man den Umsatz von 7.516.015,00 € der Berechnung des Fremdenverkehrsbeitrages zugrunde legen würde, ergäbe sich ein Beitrag nach Umsatz von rund 14.093 €. Dieser ist niedriger als der Beitrag nach Gewinn und kann daher nicht für Bestimmung der Beitragsschuld herangezogen werden.
42
dd) Auch der vom Beklagten herangezogene Vorteilssatz in Höhe von 50% begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken.
43
(1) Der Vorteilssatz bezeichnet gemäß § 3 Abs. 3 Satz 1 FVBS den auf dem Fremdenverkehr beruhenden Teil des einkommen- oder körperschaftsteuerpflichtigen Gewinns. Er wird durch Schätzung für jeden Fall gesondert ermittelt, § 3 Abs. 3 Satz 2 FVBS. Dabei sind insbesondere Art und Umfang der selbständigen Tätigkeit, die Lage und Größe der Geschäfts- und Beherbergungsräume, die Betriebsweise und die Zusammensetzung des Kundenkreises von Bedeutung, § 3 Abs. 3 Satz 3 FVBS.
44
(2) Dass ein Vorteilsatz im Wege der Schätzung ermittelt wird, ist rechtlich nicht zu beanstanden, insbesondere auch mit dem Rechtsstaatsprinzip vereinbar (vgl. BayVGH vom 07.10.2013 – 4 B 13.209 – juris, mit Verweis auf BayVerfGH vom 21.10.1960 – Vf. 24-VII-59 – VerfGHE 13, 127/132). Die Legitimation für eine Schätzung des Vorteilsatzes ergibt sich daraus, dass es praktisch kaum möglich ist, die dem Einzelnen aus dem Fremdenverkehr erwachsenden Vorteile exakt zu ermitteln und die Geschäfte mit Fremden und Ortsansässigen jeweils gesondert zu erfassen. Die Schätzung ist dabei dem Bereich der Tatsachenfeststellung zuzurechnen und unterliegt der vollen gerichtlichen Nachprüfung (vgl. z. B. BayVGH vom 09.05.1984 – 4 B 82 A.1097 – BayVBl. 1985, 244 ff.).
45
(3) Eine Gemeinde darf sich bei der Ermittlung des Vorteilssatzes im Falle der Vermietung von (Geschäfts-)Räumen an den Vorteilen orientieren, die dem Mieter aus dem Fremdenverkehr erwachsen. Da der Vermieter regelmäßig selbst nur mittelbar durch den Fremdenverkehr begünstigt wird, bildet der unmittelbare Vorteil des Mieters auch bei ihm die entsprechende Berechnungsgrundlage (vgl. BayVGH, B. v. 21.06.2024 – 4 ZB 22.242 –, juris Rn. 13; U. v. 09.05.2016 – 4 B 15.2338 m. w. N.). Einem Verzicht auf Einwendungen gegen die Höhe des Vorteilssatzes (und damit eine Akzeptanz) seitens des Mieters kommt dabei eine Indizwirkung zu (BayVGH, U. v. 05.12.2006 – 4 B 05.3119, Rn. 29 ff.). Der Beklagte hat sich bei der Festsetzung des Vorteilssatzes für die Klägerin an den Vorteilssätzen der jeweiligen Mieter orientiert. Zwar ist durchaus anzumerken, dass die Tatsachengrundlagen, aufgrund derer der Beklagte die Vorteilssätze der Mieter geschätzt hat (Seiten 2 bis 4 des Schriftsatzes der Beklagten vom 13.11.2023), überwiegend pauschal und verallgemeinert dargestellt sind. Jedoch haben die Mieter nach den glaubhaften und unwidersprochenen Angaben des Beklagten ihren jeweiligen Vorteilssätzen nicht widersprochen. Daher besteht grundsätzlich die o. g. Indizwirkung für die Richtigkeit der Vorteilssätze.
46
Diese Indizwirkung kann nur durch substantiierten Sachvortrag erschüttert werden (BayVGH, U. v. 29.01.2020 – 4 B 18.2285 – juris Rn. 30; U. v. 05.12.2006 – 4 B 05.3119 –, juris Rn. 30). Wer eine behördliche Schätzung im gerichtlichen Verfahren angreifen will, muss zumindest substantiiert darlegen, weshalb die geschätzten Besteuerungsgrundlagen zu hoch sein sollen; er muss dazu ggf. anhand der ihm zugänglichen Erkenntnisquellen eine substantiierte eigene Schätzung vornehmen (vgl. BayVGH, B. v. 23.01.2024 – 4 ZB 21.168, 4 ZB 21.169).
47
Der klägerische Vortrag genügt den Anforderungen an eine substantiierte Darlegung im o. g. Sinne nicht. Vielmehr erschöpft sich der Vortrag der Klägerin im Wesentlichen darin, die gewählten Vorteilssätze hinsichtlich der Mieter seien nicht nachvollziehbar und nicht verständlich (S. 9 f. der Klageschrift vom 11.01.2021). Auch im Schriftsatz der Klägerin vom 07.09.2023 rügt die Klägerin hauptsächlich, dass nicht nachvollziehbar dargelegt sei, wie der Beklagte zu den geschätzten einzelnen Vorteilssätzen der Mieter gelangt sei und dass er aus den sechs möglichen Kriterien für die Schätzung der Vorteilssätze nur eines, die Lage des Betriebs, berücksichtigt habe. Im Schriftsatz vom 30.01.2025 führt die Klägerin aus, der Beklagte verkenne, dass der Fremdenverkehrsbeitrag ausschließlich der Finanzierung der kur- und tourismusbedingten Aufwendungen des Beklagten diene. Es bestünden keine Anhaltspunkte dafür, dass für die Klägerin hinsichtlich des Mieters REWE die objektive Möglichkeit zur Erzielung eines fremdenverkehrsbedingten Vorteils in Höhe von 50% des steuerbaren Umsatzes bestanden habe. Dass die Umsätze bei REWE kaum saisonalen Schwankungen unterlägen, was – wie die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vortragen ließ – dafür spreche, dass der Anteil an Touristen gering sei, wurde nicht durch Vorlage konkreter Umsatzzahlen für die einzelnen Monate näher dargelegt. Im Gebiet des Beklagten bestünden ca. 130 Beherbergungsbetriebe, deren Gäste zum Großteil in Hotels der Dreisternekategorie und aufwärts voll verpflegt würden. Diese Gäste hätten nach Ansicht der Klägerin überhaupt keine Veranlassung oder kein Bedürfnis, selbst Lebensmittel einzukaufen. Des Weiteren dürfe der Vorteilssatz von 50% nicht eins zu eins auf die Klägerin übertragen werden. Ferner hat die Klägerin eine Studie „Auswirkungsanalyse über die Verlagerung des Norma Standortes K. Straße und der Ergänzung um verschiedene Fachmärkte in der Stadt Füssen“ vom 30.10.2020 vorgelegt und in diesem Zusammenhang auf eine Studie des dwif (Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches Institut für Fremdenverkehr) verwiesen, nach der etwa 11,8% der Bruttoumsätze am jeweiligen Tourismusort bei den Übernachtungsgästen in Betrieben des Einzelhandels fließen würden. Schließlich hat der Klägervertreter in der mündlichen Verhandlung auf eine „Korrespondenz mit den Mietern“ verwiesen, aus der sich ein Anteil von 10 bis 25% an fremdenverkehrsbedingtem Umsatz ergebe.
48
Mit diesem Vortrag wird von der Klägerin die im vorliegenden Fall besondere Verteilung der Darlegungslast verkannt. Aufgrund der o. g. Indizwirkung obliegt es ihr, die Vorteilssätze der Mieter substantiiert und ggf. durch eine eigene Berechnung zu widerlegen. Der Vortrag, die Vorteilssätze seien nicht nachvollziehbar und nicht verständlich, genügt hierfür nicht. Auch im Übrigen vermögen die klägerischen Argumente nicht dazu führen, den gewählten Vorteilssatz substantiiert in Zweifel zu ziehen. Dass es keine Anhaltspunkte gäbe, dass REWE einen fremdenverkehrsbedingten Vorteil in Höhe von 50% erziele, ist nach bereits Gesagtem nicht maßgeblich. Auch der Einwand, „ein Großteil der Übernachtungen“ in den 130 Beherbergungsbetrieben im Gemeindegebiet des Beklagten erfolge in Hotels mit Verpflegung, weshalb diese Gäste kein Bedürfnis hätten, sich mit Lebensmitteln zu versorgen, wurde nicht näher belegt. Im Übrigen folgt das Gericht der klägerischen Ansicht, dass diese Gäste keine Veranlassung hätten, selbst Lebensmittel einzukaufen, nicht. Selbst wenn man annähme, dass diese Gäste im Hotel voll verpflegt würden, so bedeutet dies jedoch nicht ohne Weiteres, dass Gäste aus diesem Grund überhaupt nicht in einem ortsansässigen Supermarkt einkaufen. Denn in einem Supermarkt können sich Fremde nicht nur mit Lebensmitteln, sondern auch mit anderen, z. B. Non-Food-Artikeln, die sie in ihrer Unterkunft nicht erhalten, für ihren Aufenthalt versorgen.
49
Auch die von der Klägerin vorgelegte Studie vermag die Schätzungen des Beklagten nicht substantiiert widerlegen. Die Studie des dwif habe ergeben, dass etwa 11,8% der Bruttoumsätze am jeweiligen Tourismusort bei den Übernachtungsgästen in Betrieben des Einzelhandels fließen würden. Bei den Tagesgästen seien dies rund 37,6%. Es ist bereits unklar, auf welcher Grundlage und mit welchen Messparametern (untersuchte Orte, Umfang der Erhebungen, Arten von Einzelhandelsbetrieben) diese Zahlen erhoben wurden. Ferner ergäbe sich daraus lediglich, dass rund 12% bzw. 38% der Umsätze, die am jeweiligen Tourismusort bei den Übernachtungsgästen bzw. den Tagesgästen generiert werden, in Betriebe des Einzelhandels fließen würden. Eine Aussage darüber, in welcher Höhe die Einzelhandelsbetriebe Umsatz durch Touristen bzw. durch Ortsansässige generieren – und dies wäre hier relevant – ist damit aber nicht verbunden. Auch eine etwaige „Korrespondenz mit den Mietern“, aus der sich ein Anteil von 10 bis 25% an fremdenverkehrsbedingtem Umsatz ergeben soll, wurde seitens der Klägerin nicht vorgelegt.
50
(4) Dass der Beklagte für die Berechnung des Vorteilssatzes für die U. … einen Durchschnittswert aus den Vorteilssätzen der Mieter gebildet und auf dieser Grundlage den Vorteilssatz auf 50% festgelegt hat, ist jedenfalls im Ergebnis nicht zu beanstanden.
51
Soweit die Klägerin zunächst vorgetragen hat, die Berechnung berücksichtige die unterschiedlichen Mietflächen im A. … nicht, hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 07.02.2025 eine Vergleichsberechnung vorgelegt, mit der die Vorteilssätze sowohl nach Umsatz als auch nach Verkaufsflächen gewichtet wurden. Daraus ergeben sich nachvollziehbar gewichtete Vorteilssätze von 52,94 bzw. 54,13%. Da der Beklagte als die den Fremdenverkehrsbeitrag erhebende Körperschaft zu weiteren personal-, zeit- und kostenaufwändigen statistischen Erhebungen nicht verpflichtet ist, stellt jedenfalls der von Beklagtenseite gewählte Ansatz, den Vorteilssatz für die U. … als Vermieterin auf Grundlage eines unter Berücksichtigung der Umsätze bzw. der Verkaufsflächen gewichteten Durchschnittswerts zu ermitteln, eine sachgerechte Methode hierfür dar.
52
(5) Nicht zu beanstanden ist ferner, dass der Beklagte sowohl für die Vermietung von Geschäftsräumen als auch für den Veräußerungsgewinn einen einheitlichen Vorteilssatz angewandt hat, da der Vorteilssatz betriebsbezogen ermittelt werden muss (vgl. BayVGH, B. v. 26.05.2020 – 4 ZB 19.1934 –, juris Rn. 13; B. v. 05.02.2013 – 4 CS 12.2584 – KStZ 2013, 194; U. v. 06.02.1991 – 4 B 89.1229 – ZKF 1992, 131; VG München, U. v. 26.04.2018 – M 10 K 17.1638 –, juris Rn. 30).
53
b) Die Beitragsschuld der U. … ist nach Art. 13 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b KAG, § 45 Abs. 1 Satz 1 AO auf die Klägerin übergegangen. Sie war daher im Zeitpunkt des Erlasses des streitgegenständlichen Beitragsbescheids diejenige Gesellschaft, an die sich der Beklagte zur Beitragserhebung wenden durfte.
§ 45 Abs. 1 Satz 1 AO gilt auch bei der Gesamtrechtsnachfolge durch Anwachsung bei Personengesellschaften (vgl. Hennigfeld in BeckOK AO, 30. Edition 01.10.2024, AO § 45 Rn. 44; Koenig, AO, 5. Auflage 2024, § 45 Rn. 2). Eine solche liegt hier vor: Nach den vorgelegten Auszügen aus dem Handelsregister sind alle Kommanditisten aus der U. … spätestens Anfang des Jahres 2019 (Eintragung ins Handelsregister) ausgeschieden mit der Folge, dass die Klägerin als Komplementär-GmbH als einzige Gesellschafterin verblieb. In solchen Fällen wächst ihr das gesamte Vermögen der KG im Wege der Gesamtrechtsnachfolge an (Franck in: Herrler, Gesellschaftsrecht in der Notar- und Gestaltungspraxis, 2. Auflage 2021, § 5 Rn. 61).
54
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
55
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.