Titel:
Einseitige Mieterhöhung, Zustimmung zur Mieterhöhung, Mieterhöhungsverlangen, Wohnungseigentümergemeinschaft, Mietverträge, Elektronisches Dokument, Willenserklärungen, Mietverhältnis, Gewerberaummietverhältnis, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Ortsübliche Vergleichsmiete, Streitwert, Wohnraummietverhältnis, Wohnraummietrecht, Elektronischer Rechtsverkehr, Anspruch auf Zustimmung, Erhöhung der Miete, Anspruchsgrundlage, Kündigungsrecht des Mieters, Geschäftsraummiete
Schlagworte:
Mieterhöhung, Wohnraummietverhältnis, Wohnungseigentümergemeinschaft, Klauselauslegung, Anspruchsgrundlagen, Zustimmung, Streitwert
Fundstellen:
ZMR 2025, 788
BeckRS 2025, 26153
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Der Streitwert wird auf 5.880,00 € festgesetzt.
Tatbestand
1
Die Parteien streiten über eine Zustimmung zur Mieterhöhung in einem Gewerberaummietverhältnis.
2
Mit Mietvertrag vom 30.03.1992 mietete die Beklagten von der ursprünglichen Alleineigentümerin, der … die streitgegenständliche Wohnung im Anwesen … an. Der Kläger hat die Wohnung im Jahre 2014 erworben.
3
Seit dem 01.08.2015 beträgt Nettokaltmiete monatlich 950,00 €. Zu dieser Mieterhöhung hat die Beklagte zugestimmt (Anlage K3).
4
§ 3 Ziff. 5 des Mietvertrages lautet: „Alle durch gesetzliche oder behördliche Regelungen allgemein oder im konkreten Fall zugelassenen Mieterhöhungen oder Erhöhungen bzw. Neueinführungen von Nebenkosten und Grundstücksumlagen jeder Art sind vom Zeitpunkt der Zulässigkeit ab vereinbart und zahlbar. Unbeschadet bleibt das Kündigungsrecht des Mieters, für diesen Fall tritt eine Erhöhung der Miete nicht ein.“
5
Mit Schreiben vom 26.10.2017 hat die Hausverwaltung der Beklagten gegenüber dem Kläger das Mietverhältnis gekündigt. Die Wirksamkeit der Kündigung ist streitig. Seitdem wurde das Mietverhältnis jedenfalls unverändert zwischen den Parteien fortgesetzt.
6
Mit Schreiben vom 28.06.2023, der Beklagten zugegangen am 29.06.2023, hat der Kläger gegenüber der Beklagten ein Mieterhöhungsverlangen geltend gemacht (Anlage K2). Die Beklagte hat dem Mieterhöhungsverlangen nicht zugestimmt.
7
Die Klägerin behauptet, die Wohnung habe eine Wohnfläche von 76,70 m2. Die verlangte Miete übersteige die üblichen Entgelte nicht, die in München für nicht preisgebundenen Wohnraum in vergleichbarer Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage in den letzten vier Jahren vereinbart oder geändert worden sind. Die ortsübliche Vergleichsmiete liege bei 14,29 €/m2; es gäbe eine Spanne zwischen 11,57 €/m2 und 17,20 €/m2.
8
Nach § 558 BGB könne auf die ortsübliche Miete angepasst werden, da es sich um eine allgemein zulässige gesetzliche Regelung handelt.
Die Beklagte wird verurteilt, der Erhöhung der monatlichen Nettokaltmiete für die im Anwesen … im EG gelegene Wohnung Nr. 136, bestehend aus 3 Zimmern, 1 Küche, 1 Diele, 1 Toilette mit Bad und 1 Hobbyraum sowie 1 TG-Abstellplatz Nr. 562 von bisher € 950,00 auf € 1.090,00 mit Wirkung ab 01.09.2023 zuzustimmen.
10
Die Beklagte beantragt:
11
Die Beklagte meint, eine Mieterhöhung gern. § 558 BGB, wie hier verlangt, sei nicht geschuldet, da eine Zustimmung nicht verlangt und nicht eingeklagt werden könne.
12
§ 558 BGB erlaube eine einseitige Mieterhöhung des Vermieters bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete nur, wenn es sich um ein Wohnraummietverhältnis handelt. Die §§ 557 und 558 BGB die die einseitige Mieterhöhung erlauben, sind in den auch für Geschäftsräume anwendbaren Vorschriften gern. § 578 BGB Abs. 1 und 2 BGB nicht aufgeführt.
13
Die Vereinbarung im Mietvertrag weise darauf hin, dass Mieterhöhungen dann möglich seien, wenn diese „durch gesetzliche oder behördliche Regelungen allgemein oder im konkreten Fall zulässig sind“. In der Gewerberaummlete sei dies gerade nicht gesetzlich geregelt und Wohnraummiete wollten die Parteien nicht mit Erklärungswillen, was die Mieterhöhungen angeht, dem Gewerbemietvertrag zugrundelegen.
14
Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie die Sitzungsniederschrift vom 05.11.2024 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
15
Die zulässige Klage ist unbegründet.
16
I. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung.
17
1. Ein gesetzlicher Anspruch gemäß § 558 Abs. 1 Satz 1 BGB besteht nicht. Die Vorschrift setzt ein Wohnraummietverhältnis voraus. Vorliegend ist die Beklagte eine Wohnungseigentümergemeinschaft. Eine WEG selbst hat aber als juristische Person daher keinen Wohnbedarf. Daran ändert auch die Bezeichnung des Mietvertrags in der Überschrift als „Wohnraummietvertrag“ nichts. Für die rechtliche Einordnung eines Mietverhältnisses ist nicht die Überschrift des Vertrags maßgeblich, sondern allein die tatsächliche Nutzung der Mietsache. Darüber hinaus ändert sich auch nichts durch den Umstand, dass die es sich um eine Wohnung handelt.
18
Auch eine analoge Anwendung der Vorschrift scheidet aus. Eine planwidrige Regelungslücke besteht nicht, da der Gesetzgeber die Regelungen zur Mieterhöhung im Wohnraummietrecht bewusst vom Gewerbemietrecht abgetrennt hat. Zudem fehlt es an der erforderlichen Vergleichbarkeit der Interessenlage, da das Wohnraummietrecht dem besonderen Schutz des Mieters dient, der bei der Geschäftsraummiete nicht in gleichem Maße besteht.
19
2. Es ergibt sich auch kein Anspruch des Klägers auf Zustimmung zur Mieterhöhung aus dem zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag.
20
Nach der Auslegung der Klausel gem. §§ 133, 157 BGB verweist § 3 Ziff. 5 des Mietvertrages ihrem Wortlaut nach nur auf „gesetzlich oder behördlich zugelassene Mieterhöhungen“ und setzt somit deren Zulässigkeit als Voraussetzung für die Anpassung der Miete. Es handelt sich hierbei nicht um eine Regelung, die eine Mieterhöhung unabhängig von den gesetzlichen Erhöhungsmechanismen gestattet, sondern lediglich um eine Bezugnahme auf gesetzlich zulässige Mieterhöhungen, die sich aus den jeweiligen rechtlichen Vorgaben ergeben. Im vorliegenden Fall ist § 558 BGB wie bereits dargestellt gerade nicht anwendbar. Da keine andere gesetzliche Grundlage für eine einseitige Mieterhöhung vorliegt, ergibt sich aus der Klausel keine eigenständige Anspruchsgrundlage.
21
Die Klausel stellt somit lediglich klar, dass gesetzlich zulässige Mieterhöhungen vereinbart und zahlbar sind, setzt jedoch die Existenz eines anwendbaren Gesetzes voraus. Ein vertraglicher Anspruch auf Zustimmung zur Mieterhöhung, unabhängig von der Anwendung des § 558 BGB, lässt sich hieraus nicht ableiten.
22
3. Durch die Zustimmung zur Mieterhöhung vom 15.06.2015 (Anlage K3) wurde auch nicht konkludent vereinbart, dass § 558 BGB anwendbar wäre. Es handelt sich hierbei schlichtweg um eine Willenserklärung der Beklagten zu dieser einzelnen Mieterhöhung im Jahr 2015. Damit ist nicht verbunden, dass die Beklagte jedem Mieterhöhungsverlangen zustimmen muss.
23
II. Weitere Anspruchsgrundlagen kommen nicht in Betracht. Da der Klägerin keinen Anspruch auf Zustimmung zu einer Mieterhöhung hat, kommt es auch nicht darauf an, ob noch ein wirksamer Mietvertrag vorliegt.
24
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
25
Für die Bemessung des Streitwerts war der 3,5 fache Jahresbetrag der Mieterhöhung (140 × 42) maßgebend, § 9 ZPO.