Titel:
Mangelnde Darlegung eines Willkürverstoßes anlässlich der Wahl der Ertragswertmethode zur Bestimmung des Unternehmenswerts
Normenketten:
BGB § 1374, § 1375
BV Art. 91 Abs. 1
Leitsätze:
1. Der Verfassungsgerichtshof ist kein Rechtsmittelgericht. Es ist nicht seine Aufgabe, fachgerichtliche Entscheidungen dahingehend zu kontrollieren, ob die tatsächlichen Feststellungen zutreffen oder ob die Gesetze richtig ausgelegt und angewandt wurden. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde beschränkt sich die Prüfung vielmehr auf die Frage, ob die Gerichte gegen Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen haben, die ein subjektives Recht des Beschwerdeführers verbürgen. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
3. Willkürlich ist eine gerichtliche Entscheidung nur dann, wenn sie bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich ist und sich der Schluss aufdrängt, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Eine fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts allein reicht nicht. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
4. Die Wahl der Bewertungsmethode ist Sache des sachverständig beratenen Tatrichters. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
5. Das Ertragswertverfahren ist im Regelfall geeignet, um im Verfahren um den Zugewinnausgleich zu einer Bemessungsgrundlage für den Wert einer Unternehmensbeteiligung zu gelangen. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
6. Die in Hinblick auf die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde bezogene Willkürrüge erfordert die Darlegung einer willkürlichen, offensichtlich unhaltbaren Beurteilung der Voraussetzungen der Divergenz. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Mangels Substanziierung unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen Entschei- dungen in einem familiengerichtlichen Verfahren., Ertragswertmethode, Zugewinnausgleich, Unternehmensbewertung, Willkürverbot, Verfassungsbeschwerde, Substantiierung
Vorinstanzen:
OLG München, Beschluss vom 23.04.2024 – 4 UF 1318/22 e
AG Kaufbeuren vom 23.11.2022 – 1 F 951/17
Fundstelle:
BeckRS 2025, 26066
Tenor
1. Die Verfassungsbeschwerde wird abgewiesen.
2. Der Beschwerdeführerin wird eine Gebühr von 750 € auferlegt.
Entscheidungsgründe
1
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts Kaufbeuren vom 23. November 2022 Az. 1 F 951/17 und den Beschluss des Oberlandesgerichts München vom 23. April 2024 Az. 4 UF 1318/22 e.
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1. Die Beschwerdeführerin machte im Ausgangsverfahren unter anderem einen Anspruch auf Zugewinnausgleich geltend, zuletzt in Höhe von 284.171,16 €.
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Am 12. August 2005, dem Tag der Eheschließung der Beschwerdeführerin, hatte deren Ehemann unter der Firma „M B – Tankwagenzubehör“ ein Einzelunternehmen betrieben, dessen Verkehrswert zum Stichtag der vom Amtsgericht Kaufbeuren bestellte Sachverständige unter Anwendung der modifizierten Ertragswertmethode ermittelte. Bei der Ermittlung des Endvermögens des Ehemanns waren ein anderes Einzelunternehmen sowie eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung zu bewerten.
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2. Mit dem mit der Verfassungsbeschwerde angegriffenen Beschluss des Amtsgerichts Kaufbeuren vom 23. November 2022 wurde die Ehe geschieden und der Beschwerdeführerin ein Zugewinnausgleich in Höhe von 40.153,69 € zugesprochen. Hinsichtlich des zum Anfangsvermögen des Ehemanns gehörenden Unternehmens „M B – Tankwagenzubehör“ schloss sich das Amtsgericht der Bewertung des gerichtlich bestellten Sachverständigen an.
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Gegen die Entscheidung über den Zugewinnausgleich legten beide Verfahrensbeteiligte Beschwerde ein. Die Beschwerdeführerin, die ihren erstinstanzlichen Antrag weiterverfolgte, rügte insbesondere, das Erstgericht habe weder das Anfangs- noch das Endvermögen des Ehemanns korrekt bestimmt. Die angegriffene Entscheidung halte den vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 8. November 2017 (NJW 2018, 61) aufgestellten Maßstäben nicht stand. Selbst wenn die Anwendung der Ertragswertmethode grundsätzlich nicht zu beanstanden sei, wären Korrekturen notwendig gewesen, weil die Nennwerte der zum Anfangsstichtag vorhandenen betrieblichen Verbindlichkeiten „jedenfalls der Einzelunternehmen“, für die der Ehemann auch privat gehaftet habe, den betrieblichen Ertrag und damit auch die Zukunftsprognose nicht beeinflusst hätten. Gemäß § 1374 Abs. 3 BGB seien Verbindlichkeiten über die Höhe des Anfangsvermögens hinaus von diesem abzuziehen, und zwar unabhängig vom Rechtsgrund. Vom sachverständig ermittelten Ertragswert seien somit im Streitfall die betrieblichen Schulden, bereinigt um die Abschreibungen gemäß § 1374 BGB, in Abzug zu bringen. Alternativ könnte im Rahmen der Bewertung der Einzelunternehmen zu beiden Stichtagen vom sachverständig ermittelten Substanzwert ausgegangen werden, was insbesondere deswegen veranlasst gewesen wäre, weil wesentlicher Vermögensbestandteil dieser Unternehmen zu beiden Stichtagen – anders als bei der GmbH – die Immobilie gewesen sei und während der Ehe in erheblichem Umfang Verbindlichkeiten zurückgeführt worden seien.
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Das Oberlandesgericht München erteilte in der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2024 den Hinweis, der Senat schließe sich hinsichtlich der gewählten Bewertungsmethode, der modifizierten Ertragswertmethode, der Ansicht des Amtsgerichts an. Korrekturen dahingehend, dass Verbindlichkeiten der Firmen ergänzend abzuziehen seien, wie im reinen Substanzwertverfahren, fänden keine Grundlage in Rechtsprechung und Literatur. „In der Ertragswertmethode“ seien sowohl der „Goodwill“ als auch der „Substanzwert des Unternehmens gleichsam enthalten“. Eine zusätzliche Erfassung des Substanzwerts sei daher nicht sachgerecht.
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Mit dem ebenfalls angegriffenen, der Beschwerdeführerin am 25. April 2024 zugestellten Beschluss vom 23. April 2024 hob das Oberlandesgericht München auf die Beschwerde des Ehemanns hin die Entscheidung des Amtsgerichts Kaufbeuren teilweise auf und wies den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zahlung von Zugewinnausgleich ab. Die Beschwerde der Beschwerdeführerin wies das Oberlandesgericht zurück. Zur Begründung führte es insbesondere aus, der Abzug von Bankverbindlichkeiten „der Unternehmen“, Verbindlichkeiten aus Lieferung und Leistung und sonstigen Verbindlichkeiten beim Anfangsvermögen des Ehemanns sei im Hinblick auf das anzuwendende modifizierte Ertragswertverfahren nicht veranlasst. Für die Bewertung des Endvermögens nach § 1375 BGB sei der objektive (Verkehrs-)Wert der Vermögensgegenstände maßgebend. Ziel der Wertermittlung sei es, den Unternehmenswert mit seinem „vollen, wirklichen“ Wert anzusetzen.
Grundsätze darüber, nach welcher Methode das zu geschehen habe, enthalte das Gesetz nicht. Die sachverhaltsspezifische Auswahl aus der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Methoden und deren Anwendung sei Aufgabe des – sachverständig beratenen – Tatrichters (BGH NJW 2018, 61). Das vom Erstgericht angewandte modifizierte Ertragswertverfahren sei unter Berücksichtigung der ständigen Rechtsprechung der Obergerichte im Regelfall geeignet, um zur Bemessungsgrundlage für den Wert eines Unternehmens zu gelangen. Im gegenständlichen Verfahren sei im Hinblick auf die Beeinflussung des unternehmerischen Ertrags durch die Person des Ehemanns das sogenannte modifizierte Ertragswertverfahren anzuwenden. Im Rahmen der Ertragswertmethode werde die Summe aller zukünftigen Erträge des fortgeführten Unternehmens ermittelt („Zukunftserfolgswert“), und zwar durch eine Rückschau auf die Erträge des Unternehmens in den letzten Jahren. Auf dieser Grundlage werde eine Prognose zur Ertragslage der nächsten Jahre erstellt. Damit werde das Unternehmen in seiner Gesamtheit bewertet. Der Wert der einzelnen Gegenstände sei insoweit ohne Bedeutung. Der Ertragswert eines Unternehmens sei nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen allein aus seiner Eigenschaft abzuleiten, nachhaltig ausschüttbare Überschüsse zu produzieren. Diese würden kapitalisiert und auf den Bewertungsstichtag bezogen (BGH a. a. O. Rn. 17). Ein Ansatz einzelner vermögenswerter Gegenstände, insbesondere der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Verbindlichkeiten, sei deshalb im Hinblick auf die Art der Wertermittlung nicht möglich. Dementsprechend seien die vom Sachverständigen in seinem Gutachten und seinem Ergänzungsgutachten ermittelten Unternehmenswerte nicht zu korrigieren und der Berechnung des Zugewinnausgleichs zugrunde zu legen.
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Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin am 2. Mai 2024 eine Anhörungsrüge. Sie rügte insbesondere, das Beschwerdegericht habe sich nicht mit der Problematik befasst, dass nach § 1374 Abs. 3 BGB die Verbindlichkeiten über die Höhe des Anfangsvermögens hinaus abzuziehen seien. Ausweislich des im Termin vom 19. März 2024 erteilten Hinweises sei es vielmehr rechtsirrig davon ausgegangen, der sogenannte Substanzwert, mithin auch die passiven Vermögensbestandteile, sei im ermittelten Ertragswert enthalten. Die modifizierte Ertragswertmethode (ohne Korrekturen) sei vorliegend keine geeignete Methode, um den vollen und wirklichen Unternehmenswert zum Anfangsstichtag zu ermitteln, selbst wenn diese Methode im Regelfall geeignet sei. Die betrieblichen Verbindlichkeiten habe das Oberlandesgericht überhaupt nicht thematisiert. Wenn es zum Ergebnis gekommen sei, dass entgegen der Vorschrift des § 1374 Abs. 3 BGB und entgegen der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. April 2016 Az. XII ZB 578/14 (FamRZ 2016, 1044) die Rückführung betrieblicher Verbindlichkeiten während der Ehe im Rahmen der Berechnung des Zugewinns keine Rolle spiele, hätte es gemäß § 70 FamFG die Rechtsbeschwerde zulassen müssen.
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Das Oberlandesgericht München verwarf die Anhörungsrüge mit Beschluss vom 17. Juli 2024. Die statthafte und rechtzeitig erhobene Anhörungsrüge sei mangels einer substanziierten Darlegung einer entscheidungserheblichen Gehörsverletzung unzulässig. Dies gelte zunächst für die Rüge, dass die Nichtberücksichtigung der betrieblichen Verbindlichkeiten im Anfangs- und Endvermögen des Ehemanns einen Verstoß gegen die Vorschrift des § 1374 Abs. 3 BGB darstelle. Die Beschwerdeführerin wünsche insoweit eine nochmalige inhaltliche Überprüfung der angefochtenen Entscheidung. Gleiches gelte im Hinblick auf die beanstandete Anwendung der modifizierten Ertragswertmethode. Auch die gerügte fehlende Zulassung der Rechtsbeschwerde sei nicht Gegenstand einer entscheidungserheblichen Gehörsverletzung. Ergänzend werde darauf hingewiesen, dass die Anhörungsrüge auch unbegründet sei. Der Senat habe in den Gründen seines Beschlusses vom 23. April 2024 ausgeführt, dass im Hinblick auf die Beeinflussung des unternehmerischen Ergebnisses durch die Person des Ehemanns die Anwendung des modifizierten Ertragswertverfahrens zur Ermittlung des Werts der Unternehmen des Ehemanns geboten sei. Ferner sei dargelegt worden, dass der Abzug von Verbindlichkeiten im Hinblick auf dieses anzuwendende Verfahren nicht veranlasst sei. Unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs sei ausgeführt worden, dass bei dem Ertragswertverfahren das Unternehmen in seiner Gesamtheit bewertet werde. Der Ertragswert eines Unternehmens sei nach betriebswirtschaftlichen Grundsätzen allein aus seiner Eigenschaft abzuleiten, nachhaltig ausschüttbare Überschüsse zu produzieren. Diese würden kapitalisiert und auf den Bewertungsstichtag bezogen. Ein Ansatz einzelner vermögenswerter Gegenstände, insbesondere der von der Beschwerdeführerin vorgetragenen Verbindlichkeiten, sei deshalb im Hinblick auf die Art der Wertermittlung nicht möglich. Soweit die Beschwerdeführerin ausführe, der Senat habe die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. April 2016 missachtet, lasse sie unberücksichtigt, dass Gegenstand der Entscheidung ein Putenmastbetrieb gewesen sei, dessen Qualifizierung als privilegierter landwirtschaftlicher Betrieb im Sinn von § 1376 Abs. 4 BGB der Bundesgerichtshof nicht beanstandet habe, und dass diese Privilegierung auf den Betrieb des Ehemanns keine Anwendung finde. Mangels grundsätzlicher Bedeutung lägen die Voraussetzungen von § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 FamFG nicht vor. Da nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die sachverhaltsspezifische Auswahl der Methode zur Unternehmensbewertung und deren Anwendung Aufgabe des – sachverständig beratenen – Tatrichters sei, sei die Rechtsbeschwerde auch nicht nach § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 FamFG zuzulassen.
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1. Mit der am 10. Juni 2024 eingegangenen Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin, beide Instanzen hätten ihren Vortrag einschließlich der entsprechenden Inhalte in den erholten Sachverständigengutachten zum Substanzwert der Unternehmen des Ehemanns sowie ihren Hinweis auf § 1374 Abs. 3 BGB und die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs übergangen. Aufgrund der angewandten Bewertungsmethode sei ihr Vortrag nicht berücksichtigt worden, wonach der Ehemann während der Ehe Verbindlichkeiten in Höhe von über 400.000,00 € zurückgeführt habe. Durch die angewandte Bewertungsmethode sei im Ergebnis auch die einschlägige Norm des § 1374 Abs. 3 BGB ohne Beachtung geblieben.
In erster Instanz habe sie auf diese Problematik zuletzt mit Schriftsatz vom 5. Juli 2022 hingewiesen.
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Beide Instanzen hätten entscheidungserheblichen Inhalt der Gutachten übergangen bzw. davon abweichende Feststellungen getroffen, ohne den Sachverständigen anzuhören. Sowohl die Begründung des Amtsgerichts, die Verbindlichkeiten seien bereits bei der Bewertung berücksichtigt und ein nochmaliger gesonderter Abzug der betriebsbezogenen Verbindlichkeiten komme daher nicht in Betracht, als auch der vom Oberlandesgericht in der mündlichen Verhandlung erteilte Hinweis, „in der Ertragswertmethode“ sei der Substanzwert des Unternehmens „gleichsam enthalten“, widersprächen den Ausführungen des Sachverständigen. In dessen Gutachten vom 12. November 2019 fänden sich – im Rahmen der Ermittlung des Ertragswerts – keine Ausführungen zum Nennwert der betrieblichen Verbindlichkeiten bzw. deren Rückführung. Im Ergänzungsgutachten vom 10. Januar 2022 habe der Sachverständige ausgeführt, die betrieblichen Verbindlichkeiten fänden im Rahmen der Ertragswertmethode nur insoweit Beachtung, als betrieblicher Aufwand generiert werde. Weiter führt die Beschwerdeführerin aus, rechtzeitige Hinweise seien nicht erteilt worden. In Anbetracht der methodengerecht vom Sachverständigen nicht berücksichtigten Tilgung betrieblicher Verbindlichkeiten seien die gegenläufigen Aussagen beider Instanzen überraschend gewesen. Nach dem in der mündlichen Verhandlung vom 19. März 2024 erteilten „überraschenden Hinweis“ habe sie schriftsätzlich beantragt, den Sachverständigen anzuhören; diesen Antrag habe das Oberlandesgericht übergangen. Zugleich habe sie auf die in der mündlichen Verhandlung geäußerte Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts entgegnet und auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. April 2016 Az. XII ZB 578/14 hingewiesen. Wenn danach eine Kontrollberechnung nach dem Substanzwert dort notwendig werden könne, wo das Gesetz die Ertragswertmethode – wie im Rahmen des § 1376 Abs. 4 BGB – ausdrücklich vorsehe, müsse dies erst recht für Fälle gelten, in denen die Bewertung nach freiem, jedoch pflichtgemäßem Ermessen des Tatrichters erfolgen solle. Das Oberlandesgericht habe ihren Vortrag übergangen, wonach die Verbindlichkeiten zum Nennwert im Rahmen der erholten Begutachtung zum Ertragswert nicht erfasst worden seien. Entscheidungserheblich sei vorliegend die Vorschrift des § 1374 Abs. 3 BGB. Nachdem Verbindlichkeiten im Anfangsvermögen zum Nennwert im Rahmen der Ertragswertmethode nicht berücksichtigt würden, stehe die Anwendung der Methode im konkreten Fall ganz erheblich infrage. All diese Erwägungen habe das Oberlandesgericht unberücksichtigt gelassen. Ausführungen zum Substanzwert lasse die zweitinstanzliche Entscheidung ebenso vermissen wie zur Problematik der Außerachtlassung des § 1374 Abs. 3 BGB aufgrund der befürworteten Bewertungsmethode. Beide Instanzen hätten sich mit den verschiedenen Bewertungsmethoden nicht im Ansatz auseinandergesetzt, sondern willkürlich das Ergebnis des Sachverständigen zum Ertragswert übernommen; sie seien sogar zu Feststellungen gelangt, für die das Gutachten keine Anhaltspunkte geliefert habe. Letztlich stelle auch die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde jedenfalls im Hinblick auf die vom Bundesgerichtshof abweichende Rechtsauffassung einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör dar. Es sei nicht nur mehrfach das rechtliche Gehör versagt, sondern offenbar auch willkürlich entschieden worden.
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Mit Schriftsatz vom 24. Juli 2024 führt die Beschwerdeführerin unter Vorlage der Entscheidung des Oberlandesgerichts München über ihre Anhörungsrüge vom 17. Juli 2024 aus, der Senat habe sich erneut nicht mit ihrem Vortrag zur Verletzung des § 1374 Abs. 3 BGB aufgrund der angewandten Bewertungsmethode auseinandergesetzt. Es fehlten Feststellungen und Erwägungen zum von ihr erörterten Substanzwert des Betriebsvermögens des Ehemanns. Gründe, die in der Person des Ehemanns lägen und ausschließlich die Anwendung der (modifizierten) Ertragswertmethode rechtfertigten, habe das Gericht nicht dargelegt. Die Person des Unternehmers bzw. dessen besonderer persönlicher Einsatz spielten im Übrigen nur bei der Frage eine Rolle, ob das einfache oder das sogenannte modifizierte Ertragswertverfahren in hierzu geeigneten Fällen zur Anwendung komme. Darum gehe es aber nicht. Sie habe in Kenntnis dessen, dass es hier nicht um eine Privilegierung nach § 1376 Abs. 4 BGB gehe, auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. April 2016 hingewiesen und auf die Literatur verwiesen, nach der der Entscheidung die allgemein gültige Aussage zu entnehmen sei, dass im Rahmen der Ertragswertmethode ausschließlich betriebliche Zinsen, nicht jedoch die Verbindlichkeiten zum Nennwert zu berücksichtigen seien und deswegen Feststellungen zum Substanzwert des Unternehmens veranlasst sein könnten. Soweit das Oberlandesgericht nunmehr in seiner Entscheidung über die Anhörungsrüge die Auffassung vertrete, der Entscheidung des Bundesgerichtshofs sei keine für diesen Fall übertragbare Bedeutung beizumessen, hätte es erst recht die Rechtsbeschwerde zulassen müssen. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 8. November 2017 (NJW 2018, 61 Rn. 15) werde nicht vollständig zitiert. Danach sei die gerichtliche Auswahl der Bewertungsmethode jedenfalls dann anfechtbar, wenn sie gegen Denk- und Erfahrungssätze verstoße oder sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen beruhe, was vorliegend der Fall sei.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 4. November 2024 ergänzt und vertieft die Beschwerdeführerin ihren Vortrag.
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2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hält die Verfassungsbeschwerde in seiner Stellungnahme vom 17. Februar 2025 für unzulässig, jedenfalls unbegründet.
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Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
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1. Der Verfassungsgerichtshof überprüft gerichtliche Entscheidungen nur in engen Grenzen. Er ist kein Rechtsmittelgericht; es ist nicht seine Aufgabe, fachgerichtliche Entscheidungen dahingehend zu kontrollieren, ob die tatsächlichen Feststellungen zutreffen oder ob die Gesetze richtig ausgelegt und angewandt wurden. Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde beschränkt sich die Prüfung vielmehr auf die Frage, ob die Gerichte gegen Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen haben, die ein subjektives Recht des Beschwerdeführers verbürgen. Ist die angefochtene Entscheidung – wie hier – unter Anwendung von Bundesrecht ergangen, das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat. In verfahrensrechtlicher Hinsicht überprüft der Verfassungsgerichtshof Entscheidungen, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, bei entsprechender Rüge auch daraufhin, ob ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung – etwa der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs – verletzt wurde, das mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 26.6.2013 VerfGHE 66, 94/ 96 ff.; vom 24.8.2022 – Vf. 9-VI-21 – juris Rn. 49; vom 4.1.2023 BayVBl 2023, 192 Rn. 28; vom 18.2.2025 – Vf. 39-VI-24 – juris Rn. 21, jeweils m. w. N.).
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2. Nach Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG ist eine Verfassungsbeschwerde nur zulässig, wenn das verfassungsmäßige Recht, dessen Verletzung der Beschwerdeführer geltend macht, innerhalb der Verfassungsbeschwerdefrist von zwei Monaten bezeichnet wird. Dazu muss erkennbar sein, inwiefern durch die beanstandete Maßnahme oder Entscheidung ein solches Recht verletzt ist. In dieser Hinsicht ist die Darstellung des wesentlichen zugrunde liegenden Sachverhalts, die genaue Bezeichnung der beanstandeten Handlung und des durch die Handlung verletzten verfassungsmäßigen Rechts erforderlich. Die behauptete Verletzung verfassungsmäßiger Rechte muss im Einzelnen dargelegt werden. Der Beschwerdeführer darf sich nicht damit begnügen, irgendeine ein verfassungsmäßiges Recht verbürgende Norm der Bayerischen Verfassung anzuführen und als verletzt zu bezeichnen. Es muss vielmehr – mindestens in groben Umrissen – zu erkennen sein, inwiefern durch eine Maßnahme oder Entscheidung ein solches Recht verletzt sein soll. Auf der Grundlage des Vortrags in der Verfassungsbeschwerde muss die behauptete Grundrechtsverletzung zumindest möglich erscheinen. Die bloße Behauptung, eine gerichtliche Entscheidung sei unrichtig oder fehlerhaft, genügt den Anforderungen an die Begründung einer Verfassungsbeschwerde dagegen nicht (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 19.7.1979 VerfGHE 32, 91/92 m. w. N.; vom 17.3.2010 BayVBl 2011, 283; vom 12.7.2022 BayVBl 2023, 155 Rn. 36; vom 20.8.2024 – Vf. 19-VI-23 – juris Rn. 31). Richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen eine gerichtliche Entscheidung, bedarf es in der Regel einer ins Einzelne gehenden argumentativen Auseinandersetzung mit ihr und ihrer Begründung (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 9.2.2022 – Vf. 62-VI-20 – juris Rn. 35; vom 14.5.2024 – Vf. 81-VI-21 – juris Rn. 22; vom 6.6.2024 – Vf. 24-VI-23 – juris Rn. 35, jeweils m. w. N.).
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3. a) Für die Frage, ob diesen Anforderungen Rechnung getragen wird, ist das Vorbringen der Beschwerdeführerin in der Verfassungsbeschwerdeschrift vom 6. Juni 2024 sowie in dem innerhalb der zweimonatigen Verfassungsbeschwerdefrist eingegangenen Schriftsatz vom 24. Juli 2024 maßgeblich. Denn den dargestellten Substanziierungspflichten muss ein Beschwerdeführer innerhalb der Zweimonatsfrist des Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG genügen. Nach Ablauf dieser Frist kann er die Beschwerdebegründung zwar noch in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht ergänzen; er kann aber nicht mehr fehlende notwendige Bestandteile der Verfassungsbeschwerde nachschieben (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 9.8.2021 – Vf. 111-VI-20 – juris Rn. 41; vom 23.2.2022 BayVBl 2022, 407 Rn. 52; 2023, 192 Rn. 19).
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b) Dabei ist maßgeblicher Prüfungsgegenstand die Beschwerdeentscheidung des Oberlandesgerichts vom 23. April 2024.
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Wegen des Gebots der Rechtswegerschöpfung (Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG) ist maßgeblicher Beschwerdegegenstand grundsätzlich die letztinstanzliche Entscheidung, auch wenn die Entscheidung der vorausgegangenen Instanz in die Verfassungsbeschwerde mit einbezogen werden kann. Eine im Instanzenzug vorhergehende Entscheidung ist für die verfassungsrechtliche Prüfung nur dann unmittelbar maßgeblich, wenn das letztinstanzliche Gericht keine umfassende materielle Prüfung vorzunehmen hat (vgl. VerfGH vom 7.2.2017 – Vf. 84-VI-15 – juris Rn. 21; vom 22.7.2019 BayVBl 2019, 857 Rn. 16; vom 13.1.2022 – Vf. 61-VI-19 – juris Rn. 36; vom 15.9.2023 – Vf. 20-VI-21 – juris Rn. 43; vom 18.2.2025 – Vf. 39-VI-24 – juris Rn. 30). Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Vielmehr trat das Oberlandesgericht aufgrund der zulässigen Beschwerde in vollem Umfang an die Stelle des Erstgerichts (§ 68 Abs. 3 Satz 1, § 69 Abs. 1 Satz 1 FamFG) und hat unter Berücksichtigung des Sach- und Streitstands zum Zeitpunkt der Beschwerdeentscheidung über die Sache neu entschieden (vgl. BGH vom 14.8.2013 NJW 2013, 3781 Rn. 43 m. w. N.).
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4. Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung des Willkürverbots geltend macht, ist die Verfassungsbeschwerde mangels Substanziierung unzulässig.
22
a) Willkürlich ist eine gerichtliche Entscheidung nur dann, wenn sie bei Würdigung der die Verfassung beherrschenden Grundsätze nicht mehr verständlich ist und sich der Schluss aufdrängt, sie beruhe auf sachfremden Erwägungen. Die Entscheidung dürfte unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar erscheinen; sie müsste schlechthin unhaltbar, offensichtlich sachwidrig, eindeutig unangemessen sein. Eine fehlerhafte Anwendung einfachen Rechts begründet allein noch keinen Verstoß gegen Art. 118 Abs. 1 BV (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 23.8.2006 VerfGHE 59, 200/203 f.; vom 22.12.2020 – Vf. 15-VI-19 – juris Rn. 16; vom 17.5.2022 – Vf. 63-VI-19 – juris Rn. 38; vom 23.1.2024 BayVBl 2024, 335 Rn. 20; vom 18.2.2025 – Vf. 39-VI-24 – juris Rn. 25).
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b) Diese Voraussetzungen hat die Beschwerdeführerin, soweit sie die Anwendung der modifizierten Ertragswertmethode im vorliegenden Fall für willkürlich hält, in keiner Weise substanziiert und nachvollziehbar dargetan.
24
Die Wahl der Bewertungsmethode ist nach höchstrichterlicher Rechtsprechung, der das Oberlandesgericht gefolgt ist, Sache des sachverständig beratenen Tatrichters (vgl. BGH vom 6.11.2013 NJW 2014, 294 Rn. 34 m. w. N.; vom 13.4.2016 FamRZ 2016, 1044 Rn. 41), wobei das Ertragswertverfahren im Regelfall geeignet ist, um zur Bemessungsgrundlage für den Wert einer Unternehmensbeteiligung zu gelangen (BGH vom 8.11.2017 NJW 2018, 61 Rn. 17).
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Vor diesem Hintergrund trifft der Vorwurf der Beschwerdeführerin nicht zu, beide Instanzen hätten sich mit den verschiedenen Bewertungsmethoden und ihren Unterschieden nicht auseinandergesetzt, sondern willkürlich das Ergebnis des Sachverständigen zum Ertragswert übernommen. Anhaltspunkte dafür, warum die Anwendung der (modifizierten) Ertragswertmethode im konkreten Fall offensichtlich sachwidrig gewesen sein sollte, zeigt die Beschwerdeführerin nicht ausreichend auf. Im Wesentlichen führt sie pauschal aus, die Auswahl der Bewertungsmethode verstoße gegen Denk- und Erfahrungssätze oder beruhe sonst auf rechtsfehlerhaften Erwägungen. Die Beschwerdeführerin meint, die Anwendung der (modifizierten) Ertragswertmethode stehe im konkreten Fall „doch ganz erheblich in Frage“, weil der Ehemann zum Stichtag der Eheschließung betrieblich veranlasste Schulden gehabt habe, die während der Ehe getilgt worden seien. Sie argumentiert mit § 1374 Abs. 3 BGB und entnimmt der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. April 2016 Az. XII ZB 578/14 zu § 1376 Abs. 4 BGB die allgemeingültige Aussage, dass im Rahmen der Ertragswertmethode ausschließlich betriebliche Zinsen, nicht jedoch die Verbindlichkeiten zum Nennwert zu berücksichtigen seien „und deswegen Feststellungen zum Substanzwert des Unternehmens veranlasst sein können“. Zusammenfassend rügt sie, es sei nicht nur mehrfach rechtliches Gehör versagt, sondern „offenbar auch willkürlich entschieden“ worden.
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Dies genügt den Anforderungen an die substanziierte Rüge einer Verletzung des Willkürverbots (Art. 118 Abs. 1 BV) nicht.
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Die Frage, wie das Anfangsvermögen und das Endvermögen im Rahmen des Zugewinnausgleichs zu bewerten sind, regelt das Gesetz nicht. Dass die (modifizierte) Ertragswertmethode im Regelfall eine geeignete Methode zur Unternehmensbewertung ist, stellt die Beschwerdeführerin nicht in Abrede. Die in der mündlichen Verhandlung – möglicherweise verkürzt – protokollierte Ansicht des Oberlandesgerichts, dass in der Ertragswertmethode sowohl der „Goodwill“ als auch der Substanzwert des Unternehmens „gleichsam enthalten“ sei, ist zwar zumindest missverständlich. Daraus ergeben sich jedoch keine Anhaltspunkte dafür, dass die Wahl der – allgemein anerkannten – Ertragswertmethode im konkreten Einzelfall auf sachfremden Erwägungen beruhen könnte. Das Oberlandesgericht ist im Ergebnis dem Sachverständigen gefolgt, der den Verkehrswert der zu bewertenden Unternehmen auf Basis der Ertragswertmethode bestimmt hat. Selbst wenn sich der zitierte Hinweis des Oberlandesgerichts – wie die Beschwerdeführerin ausführt – nicht mit den Aussagen des Sachverständigen in Einklang bringen ließe, würde daraus nicht folgen, dass die angegriffene Entscheidung unter keinem Gesichtspunkt rechtlich vertretbar erscheint.
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§ 1374 Abs. 3 BGB enthält keine Regelung zur Methode, nach der einzelne Vermögensgegenstände des Anfangsvermögens zu bewerten sind. Aus der Vorschrift ergibt sich vielmehr, dass bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs auch ein negatives Anfangsvermögen zu berücksichtigen ist. Soweit das Oberlandesgericht ihrer Ansicht, die Wahl der Bewertungsmethode hinsichtlich des zum Anfangsvermögen des Ehemanns gehörenden Einzelunternehmens verstoße gegen § 1374 Abs. 3 BGB, nicht gefolgt ist, legt die Beschwerdeführerin einen Verstoß gegen das Willkürverbot nicht ansatzweise dar. Gleiches gilt hinsichtlich der sich aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 13. April 2016 gezogenen Schlussfolgerungen der Beschwerdeführerin, die zudem in der von ihr erwähnten Kommentierung „bei Staudinger“ (Thiele in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2017, § 1374 Rn. 14, 29 sowie 44 ff.) keine Stütze finden.
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c) Inwieweit die Beschwerdeführerin auch ihre gegenüber dem Oberlandesgericht vertretene Auffassung weiterverfolgen will, wonach zumindest Korrekturen des (nach ihrem eigenen Vortrag „methodengerecht“ ermittelten) Ertragswerts veranlasst gewesen seien, geht aus dem fristgemäßen Verfassungsbeschwerdevorbringen schon nicht klar hervor. Jedenfalls zeigt die Beschwerdeführerin nicht annähernd auf, wieso die Nichtvornahme einer derartigen „Korrektur“ unvertretbar bzw. sachwidrig sein sollte.
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d) Es kann offenbleiben, ob sich die Willkürrüge auch auf die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde bezieht. Denn auch insoweit fehlt es jedenfalls an einer substanziierten Begründung. In der Verfassungsbeschwerde stellt die Beschwerdeführerin lediglich pauschal auf „die vom BGH abweichende Rechtsauffassung“ ab, während sie im Schriftsatz vom 24. Juli 2024 ausführt, die Rechtsbeschwerde hätte im Hinblick darauf zugelassen werden müssen, dass das Oberlandesgericht der Ansicht sei, „dieser zitierten BGH-Entscheidung“, womit sie die Entscheidung vom 13. April 2016 meint, sei „keine für diesen Fall übertragbare Bedeutung“ beizumessen. Damit hat sie eine willkürliche, offensichtlich unhaltbare Beurteilung der Voraussetzungen der Divergenz als Unterfall des § 70 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 2 FamFG durch das Oberlandesgericht nicht nachvollziehbar dargelegt.
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5. Auch einen möglichen Verstoß des Oberlandesgerichts München gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) zeigt die Beschwerdeführerin nicht den Substanziierungsanforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG entsprechend auf.
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a) Der Anspruch auf rechtliches Gehör hat eine doppelte Ausprägung. Zum einen untersagt er den Gerichten, ihren Entscheidungen Tatsachen oder Beweisergebnisse zugrunde zu legen, zu denen die Parteien sich nicht äußern konnten. Zum anderen gibt er den Parteien einen Anspruch darauf, dass die Gerichte ein rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen zur Kenntnis nehmen und bei ihrer Entscheidung in Erwägung ziehen, soweit es nach den Prozessvorschriften nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 25.5.2021 – Vf. 38-VI-20 – juris Rn. 25; vom 20.12.2022 – Vf. 32-VI-22 – juris Rn. 27; vom 19.9.2024 BayVBl 2025, 86 Rn. 47, jeweils m. w. N.). Der Anspruch auf rechtliches Gehör verpflichtet ein Gericht aber nicht dazu, in seiner Entscheidung auf alle Ausführungen eines Beteiligten einzugehen (vgl. VerfGH BayVBl 2023, 192 Rn. 49; vom 23.1.2024 – Vf. 70-VI-22 – juris Rn. 46; Schulz in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 91 Rn. 67). Es besteht zudem kein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung eines Beteiligten anschließt, also „auf ihn hört“ (vgl. VerfGH vom 13.2.2020 – Vf. 23-VI-18 – juris Rn. 35; vom 6.6.2024 – Vf. 24-VI-23 – juris Rn. 61; vom 18.2.2025 – Vf. 39-VI-24 – juris Rn. 31). Daher kann die Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör nicht damit begründet werden, die vom Gericht vertretene Auffassung sei unrichtig. Nur dann, wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls klar und deutlich ergibt, dass das Gericht erhebliches Vorbringen nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hat, kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs angenommen werden (vgl. VerfGH vom 27.12.2022 – Vf. 32-VI-22 – juris Rn. 27; vom 23.1.2024 – Vf. 70-VI-22 – juris Rn. 46; BayVBl 2025, 86 Rn. 47).
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b) Die Beschwerdeführerin vermisst eine Auseinandersetzung des Oberlandesgerichts mit ihrem Vortrag zur Verletzung des § 1374 Abs. 3 BGB und rügt, das Oberlandesgericht habe „all [ihre] Erwägungen“ unberücksichtigt gelassen. Damit bringt sie im Kern jedoch lediglich zum Ausdruck, dass das Oberlandesgericht ihrer Ansicht nicht gefolgt ist; jedenfalls fehlt es an der Darlegung besonderer Einzelfallumstände, die entgegen dem oben dargestellten Grundsatz auf ein Übergehen entscheidungserheblichen Vortrags schließen lassen. Wie dargestellt verpflichtet der Anspruch auf rechtliches Gehör ein Gericht weder dazu, in seiner Entscheidung auf alle Ausführungen eines Beteiligten einzugehen, noch dazu, sich der Bewertung eines Beteiligten anzuschließen.
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Nicht nachvollzogen werden kann die Rüge der Beschwerdeführerin, das Oberlandesgericht habe ihren Vortrag übergangen, im Rahmen der Bewertung nach der Ertragswertmethode würden die Verbindlichkeiten zum Nennwert nicht erfasst, denn an anderer Stelle zitiert die Beschwerdeführerin die Aussage des Beschwerdegerichts, im Hinblick auf das anzuwendende modifizierte Ertragswertverfahren sei ein Abzug von Verbindlichkeiten der Unternehmen nicht veranlasst. Dass das Beschwerdegericht der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht gefolgt ist, der Vorschrift des § 1374 Abs. 3 BGB werde nicht Rechnung getragen, wenn im Rahmen der Ertragswertmethode die Verbindlichkeiten zum Nominalwert keine Berücksichtigung fänden, kann keine Verletzung des Art. 91 Abs. 1 BV begründen.
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c) Auch die Rüge, das Oberlandesgericht habe ihren Antrag vom 26. März 2024 auf Anhörung des Sachverständigen übergangen, genügt den Substanziierungsanforderungen des Art. 51 Abs. 1 Satz 1 VfGHG nicht. Es wird schon nicht dargelegt, aus welchen Gründen eine mündliche Anhörung des Sachverständigen zu einer anderen Entscheidung hätte führen sollen. Im Übrigen zielt auch diese Rüge im Kern letztlich darauf ab, dass das Oberlandesgericht der Ansicht der Beschwerdeführerin nicht gefolgt ist. Denn sie hat die Anhörung des Sachverständigen zum Beweis dafür beantragt, dass der in der Sitzung vom 19. März 2024 erteilte Hinweis unzutreffend sei, weil sich im Sachverständigengutachten vom 12. November 2019 „keinerlei Anhaltspunkte zum Substanzwert der Unternehmen“ fänden. Von der weiteren Behauptung, die Verbindlichkeiten des Unternehmens würden im Rahmen der Ertragswertberechnung nicht zum Nominalwert, sondern nur hinsichtlich des Zinsaufwands berücksichtigt, geht – wie unter b) dargelegt – auch das Oberlandesgericht aus. Es folgt lediglich nicht der Schlussfolgerung der Beschwerdeführerin, dass deshalb im vorliegenden Fall die Anwendung der (modifizierten) Ertragswertmethode nicht sachgerecht sei.
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d) Hinsichtlich der Rüge, die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde stelle jedenfalls im Hinblick auf die vom Bundesgerichtshof abweichende Rechtsauffassung einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör dar, ist nicht ersichtlich, inwieweit der Schutzbereich von Art. 91 Abs. 1 BV berührt sein soll.
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Es ist angemessen, der Beschwerdeführerin eine Gebühr von 750 € aufzuerlegen (Art. 27 Abs. 1 Satz 2 VfGHG).