Titel:
Immissionsschutzrechtliche Genehmigung, Immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren, Gleichbehandlungsgrundsatz, Bauaufsichtsbehörde, Eigentumsgarantie, Eigentümer eines Kulturdenkmals, Umweltverträglichkeitsprüfung, Klagebefugnis, Errichtung von Windenergieanlagen, Gesetzgebungsrecht, Bestimmtheitsgrundsatz, Popularklageverfahren, Bundsverwaltungsgericht, Erlaubnispflicht, Gleichheitssatz, Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen, Rechtsstaatsprinzip, Drittschutz, Belange des Denkmalschutzes, Öffentliche Belange
Leitsätze:
1. Mit dem Entfall der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis für die Errichtung von Windenergieanlagen nach Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG entfällt für nicht besonders landschaftsprägende Denkmäler auch die Prüfung der entsprechenden materiellen Anforderungen des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes im bau- oder immissionsschutzrechtlichen Genehmi- gungsverfahren.
2. Die Regelungen beschränken als Inhalts- und Schrankenbestimmungen die Rechte der Eigentümer von Denkmälern in verfassungsgemäßer Weise. Sie sind insbesondere – auch in der Zusammenschau mit den gesetzlichen Pflichten, die mit dem Eigentum an einem Denkmal verbunden sind – nicht unverhältnismäßig und berühren nicht den Wesensgehalt des Eigentums.
3. Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG stellen angesichts de Bedeutung des gesetzgeberischen Ziels des Klimaschutzes als Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen einen angemessenen Ausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse an einem beschleunigten Ausbau von Windenergieanla- gen und den privaten Interessen der Denkmaleigentümer dar. Da der Denkmal- schutz aufgrund bundes- und landesrechtlicher Vorgaben (§ 2 Sätze 1 und 2 EEG 2023 und Art. 2 Abs. 5 Satz 2 BayKlimaG) in Konfliktfällen ohnehin regel- mäßig zurückzutreten hat und die bundesrechtlich über § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB vermittelte Klagebefugnis von der Änderung des Landesdenkmalrechts unberührt bleibt, ist mit den Vorschriften allenfalls eine geringe zusätzliche Schmälerung der Rechtsposition der Denkmaleigentümer verbunden.
Schlagworte:
Popularklage, Eigentumsgrundrecht, Gleichheitssatz, Staatsziel Denkmalschutz, Bestimmtheitsgrundsatz, Rechtsstaatsprinzip, Windenergieanlagen
Fundstelle:
BeckRS 2025, 2586
Tenor
Der Antrag wird abgewiesen.
Entscheidungsgründe
1
Gegenstand der Popularklage sind Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes (BayDSchG) in der in der Bayerischen Rechtssammlung (BayRS 2242-1-WK) veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch § 13 Abs. 3 des Gesetzes vom 23. Dezember 2024 (GVBl S. 619) geändert worden ist. Die Vorschriften betreffen die Errichtung von Windenergieanlagen in der Nähe eines Bau- oder Bodendenkmals.
2
Art. 6 und 7 BayDSchG lauten auszugsweise wie folgt:
Maßnahmen an Baudenkmälern
1. Baudenkmäler beseitigen, verändern oder an einen anderen Ort verbringen oder
2. geschützte Ausstattungsstücke beseitigen, verändern, an einen anderen Ort verbringen oder aus einem Baudenkmal entfernen will, bedarf der Erlaubnis. 2Der Erlaubnis bedarf auch, wer in der Nähe von Baudenkmälern Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines der Baudenkmäler auswirken kann. 3Wer ein Ensemble verändern will, bedarf der Erlaubnis nur, wenn die Veränderung eine bauliche Anlage betrifft, die für sich genommen ein Baudenkmal ist, oder wenn sie sich auf das Erscheinungsbild des Ensembles auswirken kann.“
(2) 1Die Erlaubnis kann im Fall des Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 versagt werden, soweit gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. 2Im Fall des Abs. 1
Satz 2 kann die Erlaubnis versagt werden, soweit das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung eines Baudenkmals führen würde und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen. 3Dient die Maßnahme der Gewinnung erneuerbarer Energien überwiegend für den Energiebedarf im Baudenkmal oder zu seiner energetischen Verbesserung, kann die Erlaubnis in den Fällen des Satzes 1 oder 2 nur versagt werden, soweit überwiegende Gründe:
des Denkmalschutzes entgegenstehen und diesen nicht durch Nebenbestimmungen zur Art der Umsetzung Rechnung getragen werden kann.
(3) 1Ist eine Baugenehmigung oder an ihrer Stelle eine bauaufsichtliche Zustimmung oder abgrabungsaufsichtliche Genehmigung erforderlich, entfällt die Erlaubnis. 2Unbeschadet des Satzes 1 entfällt die Erlaubnis bei Bauvorhaben, die die Voraussetzungen des Art. 73 Abs. 1 Satz 1 der Bayerischen Bauordnung (BayBO) erfüllen und bei verfahrensfreien Bauvorhaben, die im Übrigen die Voraussetzungen des Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayBO erfüllen, wenn das Landesamt für Denkmalpflege dem Bauvorhaben auf Ersuchen der Baudienststelle zugestimmt hat. 3Für denkmaltypische Bauprodukte, die in Baudenkmälern verwendet werden sollen, erteilt die untere Bauaufsichtsbehörde die Zustimmung im Einzelfall nach Art. 20 BayBO. 4Werden denkmaltypische Bauprodukte bei Bauvorhaben verwendet, die die Voraussetzungen des Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayBO erfüllen, oder in verfahrensfreien Bauvorhaben, die im Übrigen die Voraussetzungen des Art. 73 Abs. 1 Satz 1 BayBO erfüllen, entscheidet die höhere Bauaufsichtsbehörde.
(5) 1Abweichend von Abs. 1 Satz 2 bedarf die Errichtung, Veränderung oder Beseitigung von Windenergieanlagen nur in der Nähe von besonders landschaftsprägenden Baudenkmälern der Erlaubnis. 2Die Erlaubnis ist zu versagen, soweit das Vorhaben zu einer Beeinträchtigung des Wesens, des überlieferten Erscheinungsbilds oder der künstlerischen Wirkung des besonders landschaftsprägenden Baudenkmals führen würde und gewichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen.
Ausgraben von Bodendenkmälern, Verordnungsermächtigung …
(4) 1Wer in der Nähe von Bodendenkmälern, die ganz oder zum Teil über der Erdoberfläche erkennbar sind, Anlagen errichten, verändern oder beseitigen will, bedarf der Erlaubnis, wenn sich dies auf Bestand oder Erscheinungsbild eines dieser Bodendenkmäler auswirken kann. 2Abs. 1 Satz 2 und Art. 6 Abs. 2 Satz 2 sowie Art. 6 Abs. 3 gelten entsprechend. 3Abweichend von Satz 1 bedarf die Errichtung, Veränderung oder Beseitigung von Windenergieanlagen der Erlaubnis
1. in der Nähe von besonders landschaftsprägenden Bodendenkmälern oder
2. wenn sie sich auf den Bestand eines Bodendenkmals auswirken kann.
4In den Fällen des Satzes 3 Nr. 1 gilt Art. 6 Abs. 5 Satz 2 entsprechend.
3
Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG wurden (neben anderen Regelungen) durch § 1 des Gesetzes zur Änderung des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes und weiterer Rechtsvorschriften vom 23. Juni 2023 (GVBl S. 251) eingefügt. Art. 6 Abs. 5 sowie Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 und Satz 4 treten mit Ablauf des 31. Dezember 2035 außer Kraft (Art. 26 Abs. 2 BayDSchG).
4
Die Antragsteller begehren mit ihrer am 16. November 2023 eingereichten Popularklage die Feststellung der Nichtigkeit von Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG.
5
1. In tatsächlicher Hinsicht sei darauf hinzuweisen, dass Bayern in Reaktion auf die im Juli 2022 durch den Bundesgesetzgeber mit der Neufassung des § 2 des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG 2023) eingeführten neuen Gewichtungsvorgaben für die Genehmigung von Anlagen für die Erzeugung von erneuerbaren Energien beschlossen habe, bestimmte Denkmäler generell vom Schutz gegen den Bau von Windenergieanlagen in der Umgebung auszunehmen und insofern keine Erlaubnis- oder Genehmigungsverfahren durchzuführen. Andere Länder wie Baden-Württemberg oder Niedersachsen hätten es bei der Erlaubnis- bzw. Genehmigungspflicht belassen und lediglich einen grundsätzlichen Vorrang des Interesses am Ausbau erneuerbarer Energien normiert. Der bayerische Sonderweg sei umso unverständlicher, als Belange des Denkmalschutzes dem Bau von Windenergieanlagen bislang kaum entgegengestanden hätten. In den Jahren 2021 und 2022 hätten überhaupt nur in zwei Genehmigungsverfahren (auch) Belange des Denkmalschutzes der Errichtung von Windenergieanlagen entgegengestanden.
6
2. Die Regelungen in Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG seien unvereinbar mit dem Eigentumsgrundrecht (Art. 103 BV), dem Gleichheitsgrundsatz (Art. 118 und 3 BV), dem Staatsziel des Denkmalschutzes (Art. 141 Abs. 2 BV), dem Bestimmtheitsgrundsatz (Art. 3 BV) und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 BV).
7
a) Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG verstießen gegen die Rechte von Denkmaleigentümern aus Art. 103 BV, weil bei Denkmälern in der Nähe von Bauvorhaben zur Errichtung von Windenergieanlagen die Durchführung eines denkmalrechtlichen Erlaubnisverfahrens nahezu vollständig abgeschafft werde und eine Prüfung denkmalrechtlicher Belange grundsätzlich nicht erfolge, sondern vielmehr von vornherein zurückgestellt werde. Die gesetzliche Regelung sei als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums unverhältnismäßig. Sie sei u. a. aufgrund des geringen Anteils von Windenergieanlagen, die sich aufgrund der Neuregelung nunmehr gegen Denkmalschutzbelange durchsetzen könnten, schon nicht geeignet, den Ausbau erneuerbarer Energien zu fördern. Auch sei der vollständige Wegfall des Genehmigungserfordernisses nicht erforderlich. Eine bloße Gewichtungsvorgabe für den Einbezug denkmalrechtlicher Belange im Rahmen eines grundsätzlich durchzuführenden Erlaubnisverfahrens wäre ein deutlich milderes Mittel. Schließlich sei die Gesetzesänderung nicht angemessen. Der Gesetzgeber habe gar nicht erkannt, dass eigentumsrechtliche Belange betroffen seien. Auch bei lediglich landschaftsprägenden – also nicht „besonders landschaftsprägenden“ – Denkmälern überwiege aufgrund der Ortsgebundenheit das Denkmalschutzinteresse das Interesse am Zubau von Windenergieanlagen. Für die Geltungsdauer der Regelung müsse der Denkmaleigentümer auch erhebliche Beeinträchtigungen hinnehmen, obwohl er weiterhin zahlreiche denkmalrechtliche Pflichten zu erfüllen habe.
8
b) Die streitgegenständlichen Vorschriften verstießen gegen den Gleichheitsgrundsatz, weil eine Ungleichbehandlung von wesentlich Gleichem sowie ein damit verbundener Verstoß gegen den Grundsatz der Systemgerechtigkeit und Folgerichtigkeit vorliege. Bei „besonders landschaftsprägenden“ und „landschaftsprägenden“ Bau- und Bodendenkmälern handle es sich um im Wesentlichen gleiche Sachverhalte, weil der Denkmaleigentümer jeweils gleichen Pflichten unterliege. Jedenfalls seien beide Kategorien im Wesentlichen gleich. Sachliche Gründe für die Differenzierung lägen nicht vor. Die Einordnung, ob eine besondere Landschaftsprägung vorliege, könne zudem nicht allein auf das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege abgewälzt werden.
9
c) Die gesetzliche Regelung verletze das Staatsziel Denkmalschutz, weil durch den vollständigen Entfall jeglicher Prüfungsinstanz denkmalrechtlicher Belange der Denkmalschutz faktisch ausgehöhlt und dieses Staatsziel in einem unerträglichen Maß konterkariert werde.
10
d) Die Neuregelung verstoße auch gegen den Bestimmtheitsgrundsatz, weil für den betroffenen Bürger als Adressaten der Regelung nicht erkennbar sei, was „besonders landschaftsprägende Denkmäler“ seien.
11
e) Die gesetzliche Regelung verstoße gegen die Kompetenzverteilung des Grundgesetzes, den bauleitplanerischen Grundsatz der gerechten Abwägung, weitere bundesrechtliche Vorschriften (§§ 3 ff. und 33 ff. des Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetzes – UVPG, § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB, § 4 Abs. 1 Satz 2 des Umweltrechtsbehelfsgesetzes – UmwRG, § 1 Abs. 4 Nr. 1 BNatSchG und § 7 Abs. 2 des Raumordnungsgesetzes – ROG) sowie gegen Art. 5 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz des archäologischen Erbes, und damit gegen das Rechtsstaatsprinzip aus Art. 3 Abs. 1 BV.
12
1. Der Bayerische Landtag hält die Popularklage für unbegründet.
13
a) Die streitgegenständlichen Regelungen seien gerechtfertigte Inhalts- und Schrankenbestimmungen und stellten keinen Verstoß gegen das Eigentumsgrundrecht dar. Die Bestimmung des denkmalrechtlichen Umfangs des Umgebungsschutzes obliege grundsätzlich dem Landesgesetzgeber; das Denkmalrecht gebiete dabei nicht, in jeder Hinsicht Drittschutz vorzusehen. Bei der Ausgestaltung des Umgebungsschutzes komme dem Gesetzgeber ein weiter Spielraum zu; das Gesetz müsse nicht jede für das Denkmal nachteilige Veränderung der Umgebung unterbinden oder einer Genehmigungspflicht unterwerfen. Vorhaben in der Umgebung eines Kulturdenkmals, die dessen Denkmalwürdigkeit erheblich beeinträchtigten, dürften zugelassen werden, wenn das Vorhaben seinerseits durch überwiegende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sei.
14
Diese Voraussetzungen seien vorliegend gegeben, da erneuerbare Energien nach § 2 Satz 1 EEG 2023 im überragenden öffentlichen Interesse lägen und der öffentlichen Sicherheit dienten. Nach § 2 Satz 2 EEG 2023 sei das öffentliche Interesse am Ausbau erneuerbarer Energien als vorrangiger Belang in die jeweils durchzuführenden Schutzgüterabwägungen einzubringen und könne nur in Ausnahmefällen durch einen anderen Belang überwunden werden. Vor diesem Hintergrund habe der Gesetzgeber durch die Neufassung von Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 BayDSchG die Ausnahmefälle gesetzlich geregelt, in denen die Belange des Denkmalschutzes ausnahmsweise das überragende öffentliche Interesse an der Errichtung von Windkraftanlagen überwögen. Mit der Festlegung der Ausnahmefälle, in denen noch ein Erlaubnisverfahren durchzuführen sei, sei in materieller Hinsicht damit gleichzeitig ein Entfallen des Umgebungsschutzes für die Regelfälle verbunden. Dies führe zugleich dazu, dass in den Regelfällen dem Eigentümer kein entsprechender Drittschutz vermittelt werde.
15
Zur Umsetzung des Ziels eines deutlichen Windkraftausbaus müssten die entsprechenden Genehmigungsverfahren, bei denen zahlreiche sich überlagernde fachgesetzliche Belange einzubeziehen seien, in verfassungskonformer Weise konzentriert werden. Die Verhältnismäßigkeit werde auch durch die Befristung der gesetzlichen Regelung bis 2035 im Gleichklang mit dem im Erneuerbare-EnergienGesetz verankerten Ziel zur nahezu treibhausgasneutralen inländischen Stromerzeugung sichergestellt.
16
b) Es liege kein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz vor. Sachliche Gründe für die erfolgte Ungleichbehandlung von Photovoltaik- und Windkraftanlagen und klare Parameter zur Konkretisierung der besonders landschaftsprägenden Denkmäler lägen in der Gesetzesbegründung vor. Als Teil der Denkmalbedeutung und damit des gesetzlichen Auftrags zur Listenführung sei eine Bestimmung der besonderen Landschaftsprägung durch das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege systemgerecht.
17
c) Die angegriffenen Normen stünden auch nicht im Widerspruch zum Staatsziel Denkmalschutz (Art. 141 Abs. 2 BV). Die Neuregelungen hielten sich im Rahmen des dem Gesetzgeber eröffneten Gestaltungsspielraums und seien fachlich begründet. Dadurch, dass im Umfeld der besonders landschaftsprägenden Denkmäler eine Errichtung von Windenergieanlagen nur dann erlaubnisfähig sei, wenn im Einvernehmen mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege eine denkmalverträgliche Lösung gefunden werden könne, werde den unverzichtbaren Belangen des Denkmalschutzes Rechnung getragen.
18
d) Die Regelungen genügten auch dem Bestimmtheitsgrundsatz. Die Kriterien für das Vorliegen eines besonders landschaftsprägenden Denkmals stellten aus denkmalfachlicher Sicht einen Teilaspekt der gesamten Denkmalbedeutung dar und seien in der Gesetzesbegründung ausdrücklich aufgeführt. Sie seien mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege fachlich auf der Grundlage der bisherigen Praxis fortentwickelt worden. Als unbestimmter Rechtsbegriff seien die Voraussetzungen wie die Kriterien für die Denkmaleigenschaft einer gerichtlichen Überprüfung zugänglich. Als Teilaspekt der Denkmalbedeutung sei die besondere Landschaftsprägung von Denkmälern über den Denkmalatlas für Betroffene öffentlich einsehbar. Zusätzlich erfolge – wie bisher – eine Kennzeichnung der entsprechenden Denkmäler im Bayern-Atlas.
19
2. Die Bayerische Staatsregierung hält die Popularklage überwiegend für unzulässig, jedenfalls aber für unbegründet.
20
a) Der Bundesgesetzgeber habe in § 2 EEG 2023 den Ausbau der erneuerbaren Energien als im überragenden öffentlichen Interesse liegend und der öffentlichen Sicherheit dienend erklärt und ihm einen befristeten Vorrang in Schutzgüterabwägungen eingeräumt. Nach der Gesetzesbegründung solle dieser Vorrang konkret im Rahmen von Abwägungsentscheidungen u. a. gegenüber dem Denkmalschutz nur in Ausnahmefällen überwunden werden. Der bayerische Gesetzgeber habe im Bereich des Denkmalschutzes mit der Änderung des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes in diesem Sinn eine entsprechende Vor-Abwägung vorgenommen und Ausnahmefälle von der Erlaubnispflicht für gewisse Bau- und Bodendenkmäler festgelegt. Dieser Weg sei auch von anderen Ländern in durchaus vergleichbarer Weise verfolgt worden. Soweit die Antragsteller darauf hinwiesen, dass in den Jahren 2021 und 2022 der Denkmalschutz nur vereinzelt als Hinderungsgrund für den Windkraftausbau genannt worden sei, sei zum einen in diesen Jahren nur eine geringe Zahl von Genehmigungen erteilt worden. Zum anderen würden Projekte bei zu besorgenden Genehmigungshindernissen häufig schon im Zuge der Vorsondierungen nicht weiterverfolgt und erreichten daher gar nicht das Stadium des Genehmigungsverfahrens.
21
b) Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG verstießen nicht gegen das Eigentumsgrundrecht aus Art. 103 Abs. 1 BV, da sie verfassungsrechtlich gerechtfertigte Inhalts- und Schrankenbestimmungen seien.
22
Zweck der gesetzlichen Neuregelung sei es, aufgrund der Herausforderungen des fortschreitenden Klimawandels und bei der Sicherstellung der Energieversorgung mehr geeignete Flächen für Windenergieanlagen zu aktivieren. Angesichts des bundesgesetzlich vorgeschriebenen Ausbaus der Windenergie komme es auf jeden einzelnen zulässigen Standort für eine Windenergieanlage an. Die Gesetzesänderung sei auch geeignet, die genannten Zwecke zu erreichen. Durch die Beschränkung einer grundsätzlichen denkmalrechtlichen Genehmigungspflicht würden für Windenergieanlagen neue Flächen in erheblichem Umfang eröffnet. Entgegen der Auffassung der Antragsteller liege nicht lediglich eine Verwaltungsvereinfachung vor. Deren Annahme, dass die Regelung nur einen geringen Effekt haben werde, stehe im Widerspruch zum eigenen Vortrag. Zudem dürfe im Rahmen der Geeignetheit nicht jede Maßnahme am Gesamtziel der Klimaneutralität gemessen werden, da ansonsten jedem Projekt zum Ausbau der erneuerbaren Energien bereits grundsätzlich die verfassungsmäßige Rechtfertigung entzogen würde.
23
Die Neuregelung sei auch erforderlich. Die Durchführung eines Erlaubnisverfahrens wie in anderen Bundesländern möge ein milderes Mittel sein, sei aber nicht gleich effektiv. Ein Erlaubnisverfahren in jedem Fall durchzuführen, würde dem berechtigten gesetzgeberischen Beschleunigungsanliegen zuwiderlaufen. Auch die Vorgaben in anderen Gesetzen würden in den allermeisten Fällen nur noch wenig Spielraum gegen die Windenergie lassen und stellten damit kein milderes Mittel dar. Dass der Gesetzgeber insofern seinen Einschätzungsspielraum überschritten hätte, sei nicht ersichtlich.
24
Die Neuregelung sei schließlich auch angemessen. Der Umfang des Umgebungsschutzes obliege grundsätzlich dem Landesgesetzgeber; das Denkmalrecht gebiete nicht, in jeder Hinsicht nachbarlichen Drittschutz vorzusehen. Auch Vorhaben in der Umgebung eines Kulturdenkmals, die dessen Denkmalwürdigkeit erheblich beeinträchtigten, dürften zugelassen werden, wenn das Vorhaben seinerseits durch überwiegende Gründe des Gemeinwohls gerechtfertigt sei. Die Eingriffsintensität in das Eigentum sei vorliegend jedenfalls gering, weil die Nutzung des Eigentums und dessen Substanz sowie der Wesensgehalt als Denkmal unangetastet blieben. Ein Zurverfügungstellen vorgeprüfter „unproblematischer“ Gebiete sei im Hinblick auf das Erreichen der Klimaziele unverzichtbar. Die Gesetzesänderung sei damit gerade nicht – wie die Antragsteller meinten – „ohne weiteres“ erfolgt, sondern in Ausführung des Verfassungsauftrags zum Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen aus Art. 141 Abs. 1 BV und der bundesrechtlichen Vorgabe in § 2 EEG 2023.
25
c) Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz (Art. 118 Abs. 1 BV) sei nicht verletzt. „Besonders landschaftsprägende“ und „landschaftsprägende“ Bau- und Bodendenkmäler seien gerade keine wesentlich gleichen Sachverhalte. Bei der Änderung des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes habe der Gesetzgeber nicht willkürlich gehandelt, sondern die maßgeblichen widerstreitenden Belange, insbesondere diejenigen des Denkmalschutzes, in verfassungsrechtlich nicht zu beanstandender Weise abgewogen. Selbst wenn man eine Ungleichbehandlung annehmen wollte, wäre eine solche jedenfalls sachlich gerechtfertigt. Ein Abstellen auf die Eigenschaft „besonders landschaftsprägend“ sei in Bezug auf Windenergieanlagen ein taugliches Unterscheidungskriterium.
26
d) Auch gegen das Staatsziel Denkmalschutz (Art. 141 Abs. 2 BV) sei nicht verstoßen worden. Die zu wählenden Mittel zur Verwirklichung des Staatsziels seien grundsätzlich offen. Dem Staat werde kein bestimmtes Schutzniveau vorgegeben. Durch die Beschränkung der Erlaubnispflicht für Windenergieanlagen werde der Denkmalschutz auch nicht praktisch ausgehöhlt und zum bloßen Programmsatz degradiert.
27
e) Die Regelungen seien auch hinreichend bestimmt. Die Kriterien für das Vorliegen eines besonders landschaftsprägenden Denkmals stellten aus denkmalfachlicher Sicht einen Teilaspekt der gesamten Denkmalbedeutung dar und seien in der Gesetzesbegründung ausdrücklich aufgeführt. Sie seien mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege fachlich auf der Grundlage der bisherigen Praxis fortentwickelt worden. Seit dem 1. Juli 2023 würden die besonders landschaftsprägenden Denkmäler als Geowebdienst (WMS) veröffentlicht und seien damit auch im Bayerischen Denkmal-Atlas bzw. im „BayernAtlas“ der Vermessungsverwaltung einsehbar, sodass auch für Betroffene unproblematisch ersichtlich sei, ob ein Erlaubnisverfahren durchzuführen sei.
28
f) Die Regelungen wahrten auch das Rechtsstaatsprinzip aus Art. 3 Abs. 1 BV, sie verstießen nicht – jedenfalls nicht qualifiziert – gegen Bundes- oder Unionsrecht.
29
Ein Verstoß gegen die grundgesetzliche Kompetenzverteilung liege nicht vor. Die Belange des Denkmalschutzes würden durch das Landesrecht konkretisiert. Daher obliege die Ausgestaltung, wann und wie weit eine denkmalrechtliche Erlaubnispflicht bestehe, dem Landesgesetzgeber. Die Gesetzgebungskompetenz für das Recht der Wirtschaft hingegen sei nur einschlägig, wenn der Regulierungsansatz des Gesetzgebers im Kern darauf abziele, Fragen der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, der wirtschaftlichen Organisation und der Abläufe zu optimieren, es also um wirtschaftliches Leben als solches gehe und nicht außerökonomische Ziele im Vordergrund stünden, bei denen lediglich in einem anderen Kontext das Recht der Wirtschaft in irgendeiner Weise angesprochen sei. Letzteres sei hier der Fall.
30
Die angegriffenen Regelungen verstießen nicht gegen den bauleitplanerischen Grundsatz der gerechten Abwägung. Die Auffassung der Antragsteller, betroffene Belange würden durch die Neuregelung von vornherein für unbeachtlich erklärt, treffe nicht zu; die Regelungen über die Berücksichtigung von Denkmalschutzbelangen im Bereich der Bauleitplanung (§ 1 Abs. 6 Nr. 5 und Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB) seien unverändert geblieben, sodass Denkmalschutzbelange bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu berücksichtigen seien. Auch im Hinblick auf die Prüfung des § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB bei Außenbereichsvorhaben sei kein Verstoß gegen den Abwägungsgrundsatz gegeben. Der Prüfungsmaßstab für die insoweit erforderliche nachvollziehende Abwägung habe sich durch die Regelungen in Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG nicht geändert. Wie bisher gelte, dass die Privilegierung nach § 35 Abs. 1 BauGB ein grundsätzlich stärkeres Durchsetzungsvermögen gegenüber den von einem Vorhaben berührten öffentlichen Belangen bewirke. Die Rüge eines Verstoßes gegen § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB durch den Entfall der Umweltverträglichkeitsprüfung sei aus gleichgelagerten Gründen nicht nachvollziehbar.
31
Auch ein Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 2 UmwRG sei nicht nachvollziehbar dargelegt. Ein Verstoß gegen das Gesetz über Umweltverträglichkeitsprüfungen sei ebenfalls nicht ersichtlich. Die angegriffenen Regelungen des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes hätten keine Auswirkungen auf das Verfahren, die Erforderlichkeit und die Inhalte des Verfahrens zur Umweltverträglichkeitsprüfung.
32
In Bezug auf den in § 1 Abs. 4 Nr. 1 BNatSchG enthaltenen Grundsatz sei klarzustellen, dass die Gesetzgebungskompetenz des Bundes nur im Bereich des Naturschutzes und der Landschaftspflege eröffnet sei. Dieser Grundsatz entfalte seinen Regelungsinhalt daher aus kompetenzrechtlichen Gründen nur im Naturschutzrecht, nicht aber im Denkmalschutzrecht.
33
Raumordnerische Vorgaben des Bundesrechts seien durch die angegriffenen Regelungen ebenfalls nicht berührt. Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 und Satz 4 BayDSchG seien nur für die Genehmigung der einzelnen Windenergieanlagen relevant. Im Rahmen der Festlegung eines Vorranggebiets Wind im Regionalplan würden denkmalschutzrechtliche Belange weiterhin umfassend berücksichtigt und gewürdigt.
34
Schließlich sei der Schutz des archäologischen Erbes im Sinn von Art. 5 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz des archäologischen Erbes nach wie vor in vollem Umfang sichergestellt. Die angegriffenen Gesetzesänderungen bezögen sich gerade nicht auf Substanzeingriffe, sondern nur auf die Berücksichtigung der äußerlichen Wirkung von obertägig sichtbaren Bodendenkmälern.
35
Die Popularklage ist zulässig.
36
1. Nach Art. 98 Satz 4 BV hat der Verfassungsgerichtshof Gesetze und Verordnungen für nichtig zu erklären, die ein Grundrecht der Bayerischen Verfassung verfassungswidrig einschränken. Gesetze und Verordnungen im Sinn des Art. 98 Satz 4 BV sind alle Rechtsvorschriften des bayerischen Landesrechts (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG), d. h. hoheitlich gesetzte, abstrakt-generelle Bestimmungen, die sich an Rechtssubjekte wenden und mit unmittelbarer Außenwirkung Rechte und Pflichten begründen, ändern oder aufheben. Hierzu gehören auch die angegriffenen Normen des Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG.
37
2. Die Verfassungswidrigkeit einer Rechtsvorschrift des bayerischen Landesrechts kann jedermann durch Beschwerde (Popularklage) geltend machen (Art. 55 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Als natürliche Personen sind die Antragsteller daher antragsberechtigt (vgl. Müller in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, 6. Aufl. 2020, Art. 98 Satz 4 Rn. 8).
38
3. Zu den prozessualen Voraussetzungen der Popularklage gehört nach Art. 55 Abs. 1 Satz 2 VfGHG, dass der Antragsteller darlegt, inwiefern die angegriffene Rechtsvorschrift ein in der Verfassung gewährleistetes Grundrecht verfassungswidrig einschränkt. Hierfür genügt nicht die bloße Behauptung, dass die angefochtene Rechtsvorschrift nach Auffassung des Antragstellers gegen Grundrechtsnormen der Bayerischen Verfassung verstößt. Vielmehr muss der Vortrag so präzisiert werden, dass der Verfassungsgerichtshof beurteilen kann, ob der Schutzbereich der bezeichneten Grundrechtsnorm berührt ist. Die zur Überprüfung gestellten Tatsachen und Vorgänge müssen dies zumindest als möglich erscheinen lassen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 19.2.2018 VerfGHE 71, 28 Rn. 32 m. w. N.; vom 26.10.2023 BayVBl 2024, 121 Rn. 35).
39
Gemessen daran haben die Antragsteller hinreichend substanziiert dargelegt, aus welchen Gründen die angegriffenen Regelungen ihrer Ansicht nach gegen Art. 103 BV (Eigentumsgrundrecht) verstoßen. Insoweit haben sie eine Verfassungsnorm, die subjektive Rechte verbürgt, als verletzt bezeichnet und hinreichend nachvollziehbar die Gründe dargelegt, aus denen sie die Verfassungswidrigkeit der angegriffenen Regelungen herleiten. Ob auch hinsichtlich Art. 118 BV (Gleichheitssatz) ausreichend substanziierte Rügen vorliegen, kann daneben dahinstehen.
40
Die Popularklage ist unbegründet.
41
Die Regelungen in Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG sind mit der Bayerischen Verfassung vereinbar. Sie verstoßen insbesondere nicht gegen Art. 103 BV (Eigentumsgrundrecht), Art. 118 Abs. 1 BV (Gleichheitssatz), Art. 3 Abs. 1 BV (Bestimmtheitsgrundsatz), Art. 141 Abs. 2 BV (Staatsziel Denkmalschutz) und Art. 3 Abs. 1 BV (Rechtsstaatsprinzip wegen einer Verletzung von Bundesrecht oder des Bundestreuegebots).
42
1. Ist die Popularklage – wie hier – in zulässiger Weise erhoben, erstreckt der Verfassungsgerichtshof die Überprüfung der angefochtenen Vorschriften auf alle in Betracht kommenden Normen der Bayerischen Verfassung, selbst wenn insofern keine Rügen geltend gemacht worden sind oder wenn diese keine Grundrechte verbürgen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 13.9.2011 VerfGHE 64, 159/169; BayVBl 2024, 121 Rn. 37 m. w. N.).
43
2. Zur verfassungsrechtlichen Überprüfung einer angegriffenen Rechtsvorschrift ist deren konkreter Inhalt durch Auslegung zu ermitteln. Erst nach Feststellung von Norminhalt und Regelungsbereich kann beurteilt werden, ob die Vorschrift mit der Bayerischen Verfassung vereinbar ist oder nicht. Maßgebend für die Auslegung einer Rechtsvorschrift ist der in ihr zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus ihrem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 26.4.2022 BayVBl 2022, 475 Rn. 50 m. w. N.; vom 17.5.2022 BayVBl 2022, 702 Rn. 53).
44
a) Die Bedeutung der vorliegend angegriffenen Normen erschöpft sich nicht im teilweisen Wegfall einer formellen denkmalrechtlichen Erlaubnispflicht für Windenergieanlagen im Nähebereich eines Denkmals. Das Erfordernis einer formellen denkmalrechtlichen Erlaubnis wird bei solchen Anlagen ohnehin stets durch andere Genehmigungsvorbehalte verdrängt. Windenergieanlagen, die eine Gesamthöhe von 50 Metern oder mehr aufweisen, bedürfen für ihre Errichtung und ihren Betrieb einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung (§ 4 Abs. 1 BImSchG i. V. m. Nr. 1.6 des Anhangs 1 zur Vierten Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes – Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen – 4. BImSchV), kleinere Anlagen einer baurechtlichen Genehmigung (Art. 55 Abs. 1 i. V. m. Art. 2 Abs. 1 BayBO). In beiden Fällen entfällt die Notwendigkeit einer Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2, Art. 7 Abs. 4 Satz 1 BayDSchG. Für baugenehmigungspflichtige Windenergieanlagen folgt dies aus Art. 6 Abs. 3 Satz 1, Art. 7 Abs. 4 Satz 2 BayDSchG, für die – in der Praxis wesentlich relevanteren – Anlagen, die einer immissionsschutzrechtlichen Genehmigung bedürfen, aus der Konzentrationsvorschrift des § 13 BImSchG.
45
Die eigentliche Bedeutung der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnispflicht für Windenergieanlagen besteht daher darin, dass die materiellrechtlichen Anforderungen für die Erteilung der Erlaubnis zum materiellen Prüfungsmaßstab für die bau- bzw. immissionsschutzrechtliche Genehmigung werden. Die materiellen Vorgaben des Denkmalschutzrechts sind als „andere öffentliche Vorschriften“ grundsätzlich gemäß Art. 59 Satz 1 Nr. 3 bzw. Art. 60 Satz 1 Nr. 3 BayBO, jeweils i. V. m. Art. 6 Abs. 3 Satz 1, Art. 7 Abs. 4 Satz 2 BayDSchG, durch die Bauaufsichtsbehörde, gem. § 6 Abs. 1 Nr. 2 BImSchG durch die Immissionsschutzbehörde vor einer entsprechenden Genehmigung zu prüfen. Dass es sich bei den Vorgaben des Denkmalschutzes um solche des Landesrechts handelt, spielt dabei keine Rolle (vgl. Jarass, BImSchG, 15. Aufl. 2024, § 6 Rn. 23 a). Ergibt die Prüfung, dass die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2, Art. 7 Abs. 4 Satz 2 BayDSchG versagt werden kann, ist dies im bau- bzw. immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren zu berücksichtigen.
46
Soweit die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis für die Errichtung von Windenergieanlagen nach Art. 6 Abs. 5 oder Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG entfällt, entfällt damit zugleich auch die Prüfung der entsprechenden materiellen Anforderungen des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes im bau- bzw. immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren. Zwar spielt es in diesen Verfahren keine Rolle, ob die in den „anderen öffentlich-rechtlichen Vorschriften“ enthaltenen Anforderungen in Form selbstständiger sachlicher Pflichten oder in Form von Genehmigungsvoraussetzungen formuliert sind (Jarass, BImSchG, § 6 Rn. 23 a; Dietlein in Landmann/Rohmer, UmweltR, § 6 BImSchG Rn. 27). Das bayerische Denkmalschutzrecht enthält jedoch jenseits des Erlaubniserfordernisses nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Art. 7 Abs. 4 Satz 1 BayDSchG keine selbstständigen Pflichten im Hinblick auf die Errichtung von Anlagen in der Umgebung eines Bau- oder Bodendenkmals. Die in Art. 6 Abs. 2 Satz 2, Art. 7 Abs. 4 Satz 2 BayDSchG normierten materiellen Versagungsgründe können nur bei grundsätzlich bestehender Erlaubnispflicht zur Anwendung kommen. Mit dem Wegfall der Erlaubnispflicht nach Art. 6 Abs. 1 Satz 2 und Art. 7 Abs. 4 Satz 1 BayDSchG entfällt somit auch die Berechtigung und Verpflichtung von Bau- und Immissionsschutzbehörden, im Rahmen ihrer jeweiligen Genehmigungsverfahren denkmalschutzfachliche Belange nach dem Bayerischen Denkmalschutzgesetz zu prüfen.
47
Die bundesrechtlichen Regelungen des Bauplanungsrechts, die bei Außenbereichsvorhaben auch eine Berücksichtigung der Belange des Denkmalschutzes verlangen (§ 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB), fangen die dargestellten Einschränkungen des Schutzes eines Denkmals vor Umgebungsbebauung nur teilweise auf.
Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bedarf es bei der Prüfung der Zulässigkeit eines Außenbereichsvorhabens nach § 35 Abs. 1 und 2 BauGB zwar stets einer die gesetzlichen Vorgaben und Wertungen konkretisierenden nachvollziehenden Abwägung, ob die in § 35 Abs. 3 Satz 1 BauGB beispielhaft genannten öffentlichen Belange wie der des Denkmalschutzes dem Vorhaben entgegenstehen oder durch dieses beeinträchtigt werden, wobei „nachvollziehende Abwägung“ einen gerichtlich uneingeschränkt überprüfbaren Vorgang der Rechtsanwendung meint, der eine auf den Einzelfall ausgerichtete Gewichtsbestimmung verlangt (BVerwG vom 26.6.2014 BayVBl 2014, 703 Rn. 7 m. w. N.). § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB gewährleistet dabei aber lediglich ein Mindestmaß an bundesrechtlich eigenständigem, von landesrechtlicher Konkretisierung unabhängigem Denkmalschutz und greift nur ein, wo „grobe Verstöße in Frage stehen“ (BVerwG vom 21.4.2009 BVerwGE 133, 347 Rn. 21; BayVBl 2014, 703 Rn. 7; Mitschang/Reidt in Battis/Krautzberger/Löhr, BauGB, 15. Aufl. 2022, § 35 Rn. 85 m. w. N.).
48
3. Im Rahmen der Sachprüfung hat der Verfassungsgerichtshof vorweg darüber zu befinden, ob die zulässig angegriffenen Vorschriften verfassungsgemäß zustande gekommen sind (vgl. VerfGH vom 18.10.2023 BayVBl 2024, 154 Rn. 136 m. w. N.).
49
a) Das Gesetzgebungsverfahren ist ohne Verstoß gegen die Bayerische Verfassung durchgeführt worden. Anderes ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.
50
b) Das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV ist entgegen der Ansicht der Antragsteller nicht wegen eines Widerspruchs der angegriffenen Rechtsvorschriften zur Kompetenzordnung des Grundgesetzes verletzt.
51
aa) Prüfungsmaßstab im Popularklageverfahren ist allein die Bayerische Verfassung. Nach ständiger Rechtsprechung kann die Frage, ob der bayerische Gesetzgeber höherrangiges Bundesrecht verletzt hat, nur am Maßstab des Rechtsstaatsprinzips der Bayerischen Verfassung überprüft werden. Dieses erstreckt seine Schutzwirkung nicht in den Bereich des Bundesrechts mit der Folge, dass jeder Verstoß gegen Bundesrecht zugleich als Verletzung der Bayerischen Verfassung anzusehen wäre. Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV ist vielmehr erst dann verletzt, wenn der Widerspruch des bayerischen Landesrechts zum Bundesrecht offen zutage tritt und darüber hinaus auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 21.12.2011 VerfGHE 64, 224/228; vom 16.6.2015 VerfGHE 68, 139 Rn. 43; BayVBl 2022, 475 Rn. 60; vom 14.6.2023 – Vf. 15-VII-18 – juris Rn. 108; vom 27.9.2023 BayVBl 2024, 78 Rn. 45 f.). Das gilt auch für die Beurteilung der Frage, ob der Landesgesetzgeber die bundesrechtliche Kompetenzordnung des Grundgesetzes eingehalten hat (vgl. VerfGH vom 18.4.2002 VerfGHE 55, 57/64; vom 9.5.2016 VerfGHE 69, 125 Rn. 116 f.).
52
bb) Ein solch offenkundiger und schwerwiegender Verstoß lässt sich nicht feststellen.
53
Dem Freistaat Bayern kommt – entgegen der Annahme der Antragsteller – die Gesetzgebungskompetenz zu. Es kann dahinstehen, ob Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG dem eigentlichen Denkmalrecht und damit einem Bereich der Gesetzgebung angehören, der der ausschließlichen Landeszuständigkeit (Art. 70 Abs. 1 GG) zuzuordnen ist (so BVerwG vom 21.11.1996 BVerwGE 102, 260/265; vgl. auch BVerfG vom 18.5.1988 BVerfGE 78, 205/209 f.), oder ob die Bestimmungen auch dem Recht der Wirtschaft im Sinn von Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG angehören. Insoweit würde Art. 74 Abs. 1 Nr. 11 GG dem Bund nur dann die Befugnis zur Gesetzgebung vermitteln, wenn der Regulierungsansatz des Gesetzgebers im Kern darauf zielte, Fragen der wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen, der wirtschaftlichen Organisation und der Abläufe zu optimieren, es also um wirtschaftliches Leben als solches ginge und nicht außerökonomische Ziele im Vordergrund stünden, bei denen lediglich in einem anderen Kontext das Recht der Wirtschaft in irgendeiner Weise angesprochen ist (BVerfG vom 25.3.2021 BVerfGE 157, 223 Rn. 177), und eine bundesgesetzliche Regelung im Sinn von Art. 72 Abs. 2 GG zur Herstellung gleichwertiger Lebensverhältnisse im Bundesgebiet oder zur Wahrung der Rechts- oder Wirtschaftseinheit im gesamtstaatlichen Interesse erforderlich wäre. Selbst wenn die angegriffenen Regelungen zum Recht der Wirtschaft gehörten, hätte der Freistaat Bayern sie erlassen können, weil der Bund insoweit von seinem Gesetzgebungsrecht nicht abschließend Gebrauch gemacht hat (Art. 72 Abs. 1 GG). Die formelle Konzentrationswirkung des § 13 BImSchG bewirkt lediglich, dass das förmliche Verwaltungsverfahren der anderen Behörde ersetzt wird, sie verändert aber nicht den Prüfungsmaßstab und verweist dabei insbesondere auch auf die Vorgaben des Landesrechts (vgl. Jarass, BImSchG, § 6 Rn. 23 a). § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB regelt – wie dargestellt – lediglich ein Mindestmaß an bundesrechtlich eigenständigem, von landesrechtlicher Regelung unabhängigem Denkmalschutz, gestaltet ihn aber nicht abschließend aus, sondern knüpft an die Ausgestaltung durch das Denkmalrecht der Länder an (BVerwGE 133, 347 Rn. 21). Gleiches gilt für die Vorschriften des Erneuerbare-Energien-Gesetzes. Dem entsprechend haben auch andere Bundesländer durch Änderungen ihres Denkmalschutzrechts die Errichtung von Windenergieanlagen erleichtert.
54
4. Auch inhaltlich verstoßen Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG nicht gegen die oben genannten Bestimmungen der Bayerischen Verfassung.
55
a) Das Eigentumsgrundrecht wird durch Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG nicht verletzt.
56
aa) Der Schutzbereich des Art. 103 BV ist durch die angegriffenen Vorschriften tangiert. Das verfassungsrechtlich geschützte Eigentum ist in seinem rechtlichen Gehalt gekennzeichnet durch Privatnützigkeit, d. h. durch die Zuordnung zu einem Rechtsträger, in dessen Hand es als Grundlage privater Initiative und im eigenverantwortlichen privaten Interesse von Nutzen sein soll, sowie durch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über den Eigentumsgegenstand. Durch Art. 103 BV wird das Eigentum in allen seinen Ausstrahlungen gewährleistet. Geschützt ist insoweit jede bestehende privatrechtliche vermögenswerte Rechtsposition (VerfGH vom 23.7.1996 VerfGHE 49, 111/116 f.). Die Regelungen des Denkmalschutzgesetzes bestimmen Inhalt und Schranken des Eigentums (VerfGH vom 17.3.1999 VerfGHE 52, 4/6). Dies gilt sowohl für die dem Denkmaleigentümer auferlegten Pflichten als auch für die daraus fließenden Rechte.
57
Die landschaftliche und städtebauliche Einbindung eines Denkmals stellt ein allgemeines denkmalschutzrechtliches Prinzip dar, das der Umgebung des Denkmals und seinem dadurch mitbestimmten Erscheinungsbild auch rechtliche Relevanz verleiht. Während einerseits das Denkmal auf seine Umgebung einwirkt, gestaltet auch umgekehrt die Umgebung das Erscheinungsbild des Denkmals und vermag so seine Bedeutung zu beeinflussen (VerfGH vom 22.7.2008 VerfGHE 61, 172/184). Regelungen, die wie die streitgegenständlichen die Rechte des Denkmaleigentümers im Hinblick auf die das Erscheinungsbild des Denkmals beeinflussende Umgebungsbebauung einschränken, berühren daher den Schutzbereich des Eigentums.
58
bb) Der Gesetzgeber durfte in Ausübung seiner verfassungsunmittelbaren Befugnis zur Ausgestaltung des Eigentums die angegriffenen Vorschriften erlassen.
59
(1) Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG stellen keine Enteignungsregelungen im Rechtssinn dar. Sie entziehen keine konkreten Eigentumspositionen zur Erfüllung bestimmter öffentlicher Aufgaben, sondern beschränken als Inhalts- und Schrankenbestimmungen generell und abstrakt die Rechte der Eigentümer von Denkmälern (vgl. VerfGH vom 15.5.1981 VerfGHE 34, 79/81; 52, 4/6).
60
(2) Eine verfassungswidrige Eigentumsbeschränkung liegt nicht vor, wenn der Normgeber in Ausübung seiner Befugnis, die Eigentumsordnung im Dienst des Gemeinwohls festzulegen, den Inhalt des Eigentums allgemeinverbindlich abgrenzt. Aus der verfassungsrechtlichen Eigentumsgewährleistung kann demnach nicht hergeleitet werden, dass eine vom Eigentumsrecht umfasste, vom Berechtigten ausgeübte Befugnis nach ihrem Entstehen für alle Zukunft uneingeschränkt erhalten bleiben müsste oder nur im Wege der Enteignung wieder genommen werden dürfte. Der Gesetzgeber steht nicht vor der Alternative, alte Rechtspositionen zu konservieren oder gegen Entschädigung zu entziehen. Er kann vielmehr durch eine angemessene Regelung individuelle Rechtspositionen umgestalten. Er darf dabei allerdings das Eigentumsrecht in seinem Wesensgehalt nicht antasten und den Eigentümern keine unzumutbaren, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht in Einklang stehenden Beschränkungen auferlegen. Die Eigentumsgarantie ist nur bei schweren und unzumutbaren Beeinträchtigungen verletzt. Es kommt darauf an, ob der Betroffene an der funktionsgerechten Verwendung seines Eigentums gehindert wird, ob also die Möglichkeit der Nutzung genommen oder wesentlich beeinträchtigt wird (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 23.1.1986 VerfGHE 39, 1/8; vom 22.1.2008 VerfGHE 61, 1/12; vom 15.12.2009 VerfGHE 62, 235/240 f.; BayVBl 2024, 121 Rn. 51).
61
Die Bestandsgarantie des Eigentumsgrundrechts verlangt, dass in erster Linie Vorkehrungen getroffen werden, die eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers real vermeiden; die Privatnützigkeit des Eigentums darf nicht ausgehöhlt werden (VerfGH vom 11.5.2004 VerfGHE 57, 39/44; vom 23.8.2011 VerfGHE 64, 149/154 f.; vom 23.1.2012 VerfGHE 65, 1/14; BayVBl 2024, 154, vgl. Rn. 176 bei juris – in BayVBl insoweit nicht abgedruckt; BVerfG vom 2.3.1999 BVerfGE 100, 226/240 f.). Normen, die Inhalt und Schranken des Eigentums bestimmen, müssen grundsätzlich auch ohne Ausgleichsregelungen die Substanz des Eigentums wahren und dem Gleichheitsgebot entsprechen. Als Instrumente stehen dem Gesetzgeber hierfür Übergangsregelungen, Ausnahme- und Befreiungsvorschriften sowie der Einsatz sonstiger administrativer und technischer Vorkehrungen zur Verfügung. Ist ein solcher Ausgleich im Einzelfall nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich, kann für diesen Fall ein finanzieller Ausgleich in Betracht kommen oder es kann geboten sein, dem Eigentümer einen Anspruch auf Übernahme durch die öffentliche Hand zum Verkehrswert einzuräumen. Es ist dem Gesetzgeber grundsätzlich nicht verwehrt, eigentumsbeschränkende Maßnahmen, die er im öffentlichen Interesse für geboten hält, auch in Härtefällen durchzusetzen, wenn er durch kompensatorische Vorkehrungen unverhältnismäßige oder gleichheitswidrige Belastungen des Eigentümers vermeidet und schutzwürdigem Vertrauen angemessen Rechnung trägt. Durch einen solchen Ausgleich kann in bestimmten Fallgruppen die verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer sonst unverhältnismäßigen oder gleichheitswidrigen Inhalts- und Schrankenbestimmung herbeigeführt werden (VerfGH BayVBl 2024, 154, vgl. Rn. 176 bei juris – in BayVBl insoweit nicht abgedruckt; BVerfGE 100, 226/244 ff.).
62
(3) Gemessen daran sind Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG verfassungsmäßige Ausgestaltungen des Eigentums. Sie sind verhältnismäßig und berühren nicht den Wesensgehalt des Eigentums. Sie stellen – auch in der Zusammenschau mit den gesetzlichen Pflichten, die mit dem Eigentum an einem Denkmal verbunden sind – keine unverhältnismäßige Beschränkung des Eigentums dar.
63
(a) Der aus dem Rechtsstaatsprinzip abzuleitende Grundsatz der Verhältnismäßigkeit bedeutet, dass das zur Erreichung eines bestimmten gesetzgeberischen Ziels eingesetzte Mittel hierzu nicht völlig ungeeignet sein darf und zur Erreichung des angestrebten Ziels erforderlich sein muss. Unter mehreren geeigneten Mitteln ist das am wenigsten belastende zu wählen, der Einzelne darf nicht in einem zum angestrebten Zweck in krassem Missverhältnis stehenden Maß belastet werden.
Dem Gesetzgeber steht ein weiter Spielraum für die Beurteilung der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Angemessenheit eines Gesetzes zu. Der Verfassungsgerichtshof hat insoweit nur zu prüfen, ob sich die vom Gesetzgeber im Rahmen seiner weiten Einschätzungs- und Beurteilungsprärogative und aufgrund einer wertenden Abwägung getroffenen Einschätzungen, in bestimmten Fällen die von ihm angewandten Mittel als geeignet und erforderlich sowie für zumutbar anzusehen, in einem nach den Maßstäben der Verfassung vertretbaren Rahmen halten (vgl. VerfGH vom 11.11.1997 VerfGHE 50, 226/249 f.; BayVBl 2022, 702 Rn. 97; 2024, 121 Rn. 53, jeweils m. w. N.). Er darf nicht seine eigenen Wertungen und Einschätzungen an die Stelle derjenigen des Gesetzgebers setzen (vgl. VerfGH vom 25.9.2015 VerfGHE 68, 198 Rn. 178).
64
(aa) Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG dienen einem legitimen Zweck. Sie sollen den Ausbau von Windenergieanlagen erleichtern. Dieser Zweck ist legitim, weil er dem verfassungsrechtlich gebotenen Klimaschutz und damit dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen (Art. 3 Abs. 2 Satz 1 BV, Art. 141 Abs. 1 Sätze 1, 2 und 4 BV) und den Grundrechten auf Leben und Gesundheit (Art. 101 i. V. m. Art. 100 BV) heute lebender Menschen und zukünftiger Generationen dient (BVerfG vom 24.3.2021 BVerfGE 157, 30 Rn. 148 ff., 198 ff.; vgl. allgemein zu Schutzpflichten für das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit Funke in Meder/Brechmann, Die Verfassung des Freistaates Bayern, Art. 101 Rn. 18 m. w. N.).
65
(bb) Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG sind zur Erreichung des gesetzgeberischen Ziels geeignet (vgl. zum Gebot der Geeignetheit VerfGH BayVBl 2022, 702 Rn. 101). Der Gesetzgeber durfte davon ausgehen, dass sich durch den Wegfall der denkmalschutzrechtlichen Versagungsgründe die Zahl der für Windenergieanlagen in Betracht kommenden Flächen erhöhen wird. Dass – worauf die Antragsteller hinweisen – damit lediglich ein vergleichsweise kleiner Beitrag zur Erreichung von Klimaneutralität im Bereich der Energiegewinnung geleistet wird, macht die Maßnahme nicht ungeeignet.
66
(cc) Ebenso durfte der Gesetzgeber Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG für erforderlich halten, um den Zweck eines beschleunigten Windkraftausbaus zu erreichen (vgl. zum Erforderlichkeitsgebot VerfGH BayVBl 2022, 702 Rn. 105). Ein anderes, gleich wirksames Mittel, mit dem das Ziel des Gesetzgebers ebenso gut erreicht werden könnte, welches die Betroffenen aber weniger belasten würde, ist nicht offensichtlich. Insbesondere durfte der Gesetzgeber im Rahmen seiner Einschätzungsprärogative davon ausgehen, dass eine Beibehaltung des Erlaubnisverfahrens bei einer nur materiellen Vorrangregelung zugunsten der Windkraft nicht gleichermaßen effektiv wäre. Insofern wurde von der Bayerischen Staatsregierung nachvollziehbar vorgetragen, dass bereits die Aussicht einer denkmalschutzrechtlichen Inzidentprüfung mit nicht gewissem Ausgang in einigen Fällen verhindern könnte, dass Planungen für im Übrigen geeignete Standorte überhaupt aufgenommen würden.
67
(dd) Schließlich ist die Neuregelung auch angemessen.
68
(aaa) Die streitgegenständlichen Regelungen, die den Umgebungsschutz für nicht besonders landschaftsprägende Denkmäler beschränken, stellen einen angemessenen Ausgleich zwischen dem öffentlichen Interesse an einem beschleunigten Ausbau von Windenergieanlagen und den privaten Interessen der Denkmaleigentümer dar. Angesichts der Bedeutung des gesetzgeberischen Ziels des Klimaschutzes als Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen überwiegt das private Interesse der Eigentümer an einer unveränderten Ausgestaltung ihrer Eigentumsposition nicht das öffentliche Interesse an einem beschleunigten Ausbau der Windenergie.
69
Zwar genießt der Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen keinen unbedingten Vorrang gegenüber anderen Belangen, sondern ist im Konfliktfall in einen Ausgleich mit anderen Verfassungsrechtsgütern und Verfassungsprinzipien zu bringen. Allerdings nimmt das relative Gewicht des Klimaschutzgebots in der Abwägung bei fortschreitendem Klimawandel weiter zu (BVerfGE 157, 30 Rn. 198). Auch wenn der von den angegriffenen Vorschriften bezweckte und durch die Verringerung denkmalschutzrechtlicher Hürden ermöglichte beschleunigte Ausbau von Windenergieanlagen selbst nur einen geringen Anteil am Gesamtziel der Klimaneutralität zu leisten vermag, kommt ihm deswegen gleichwohl ein hohes Gewicht zu (vgl. auch § 2 Sätze 1 und 2 EEG 2023 und Art. 2 Abs. 5 Satz 2 des Bayerischen Klimaschutzgesetzes – BayKlimaG).
70
Dagegen wiegt die Beeinträchtigung der Eigentumsfreiheit durch die angegriffenen Regelungen nicht besonders schwer. Eingriffe in die Substanz des Eigentums werden durch sie nicht ermöglicht. Auch bleiben die Denkmaleigentümer weiter im bisherigen Umfang berechtigt, über ihr Eigentum zu verfügen und es zu nutzen. Es sind lediglich – wenn auch gegebenenfalls erhebliche – Beeinträchtigungen der Wirkung eines Denkmals in seinen Beziehungen zur Umgebung zu befürchten.
71
Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass mit den angegriffenen Regelungen für die Denkmaleigentümer allenfalls eine geringe zusätzliche Schmälerung ihrer Rechtsposition verbunden ist, weil aufgrund von bundesrechtlichen Vorgaben der Denkmalschutz in Konfliktfällen ohnehin regelmäßig zurückzutreten hat. Der grundsätzliche Vorrang des öffentlichen Interesses am Ausbau erneuerbarer Energien bis zur für das Jahr 2035 angestrebten Klimaneutralität im Bereich der Stromerzeugung ist bereits bundesgesetzlich durch § 2 Sätze 1 und 2 EEG 2023 vorgezeichnet. Mit der – als Bundesrecht der Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof entzogenen – Definition der erneuerbaren Energien als im überragenden öffentlichen Interesse liegend und der öffentlichen Sicherheit dienend soll der Ausbau erneuerbarer Energien in allen Rechtsbereichen beschleunigt werden (vgl. BT-Drs. 20/1630 S. 139 und 20/5830 S. 46). Über planerische Abwägungsentscheidungen hinaus gewinnt die Wertung des § 2 Sätze 1 und 2 EEG 2023 auch Bedeutung für die Schutzgüterabwägung bei Einzelgenehmigungen von Windkraftanlagen im bauplanungsrechtlichen Außenbereich (vgl. BT-Drs. 20/1630 S. 159), und das auch mit Blick auf die im jeweiligen Verfahren zu prüfenden Belange des Denkmalschutzes (a. A. Pernice-Warnke, NuR 2024, 665/669 zur denkmalschutzrechtlichen Schutzgüterabwägung nach Landesrecht); dies gilt unabhängig davon, ob das Landesrecht bei der Beurteilung der Zulässigkeit einer Umgebungsbebauung selbst ausdrücklich eine Abwägung der Belange des Denkmalschutzes mit anderen öffentlichen Belangen verlangt (vgl. SächsOVG vom 21.3.2024 NVwZ 2024, 1265 Rn. 99; OVG NW vom 31.10.2023 BauR 2024, 255/ 260; vom 27.11.2024 – 10 A 2281/23 – juris Rn. 32 ff.; OVG MV vom 7.2.2023 - 5 K 171/22 – juris Rn. 153 ff., 159) oder ob das Landesdenkmalrecht – wie das bayerische – die Versagung der denkmalrechtlichen Erlaubnis für eine das Denkmal beeinträchtigende Umgebungsbebauung grundsätzlich in das Ermessen der Behörde stellt, die dabei eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen hat (ständige Rechtsprechung zu Art. 6 BayDSchG; vgl. etwa BayVGH vom 23.10.2019 – 15 ZB 18.1275 – juris Rn. 5; zum Einfluss von § 2 EEG 2023 auf das Ermessen nach § 52 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 WHG: BayVGH vom 4.7.2024 – 22 A 23.40049 – juris Rn. 121 ff., 124 ff.). Bei der Abwägung soll jeweils das Interesse am Ausbau der erneuerbaren Energien unter anderem von Belangen des Denkmalschutzes nur in Ausnahmefällen überwunden werden können (vgl. BTDrs. 20/1630 S. 159; vgl. zum Ganzen BayVGH vom 1.3.2024 BayVBl 2024, 600 Rn. 22). Zudem ergibt sich ein entsprechender Abwägungsvorrang zugunsten des Ausbaus erneuerbarer Energien beim Vollzug der landesrechtlichen Denkmalschutzregeln auch aus der mit § 2 Satz 1 EEG 2023 wortlautgleichen Regelung des Art. 2 Abs. 5 Satz 2 BayKlimaG. Damit würde sich das überragende öffentliche Interesse am Ausbau erneuerbarer Energien regelmäßig auch ohne die streitgegenständlichen Regelungen in Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG gegen die öffentlichen Belange des Denkmalschutzes und die Interessen der betroffenen Denkmaleigentümer durchsetzen, sodass das Gewicht der zusätzlichen Eigentumsbeeinträchtigung durch den Wegfall des landesrechtlichen Erlaubnisvorbehalts vergleichsweise gering ausfällt.
72
(bbb) Der Wegfall des vom Landesdenkmalrecht gewährten Umgebungsschutzes ist auch vor dem Hintergrund der unverändert bestehenden Pflichten und hieraus abzuleitender Klagerechte der Denkmaleigentümer nicht unangemessen. Durch die streitgegenständlichen Regelungen wird die Klagebefugnis der Denkmaleigentümer im Ergebnis nicht beeinträchtigt.
73
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts folgt aus der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG, dass der Eigentümer eines Kulturdenkmals gemäß § 42 Abs. 2 VwGO befugt sein muss, die Genehmigung eines Vorhabens gerichtlich anzufechten, wenn das Vorhaben in der Umgebung des geschützten Kulturdenkmals dessen Denkmalwürdigkeit möglicherweise erheblich beeinträchtigt. Nur wenn dem Eigentümer ein solches Anfechtungsrecht eingeräumt werde, könne die Verhältnismäßigkeit der ihm auferlegten Pflicht, das Kulturdenkmal zu erhalten und zu pflegen, gewahrt werden. Gerechtfertigt sei die Inpflichtnahme des Eigentümers allein durch das im öffentlichen Interesse liegende Ziel, das Kulturdenkmal mit seinen Beziehungen zur Umgebung, soweit diese denkmalrechtlich schutzwürdig sind, zu erhalten. Soweit die Erreichung dieses Ziels von dritter Seite vereitelt werde, könne es auch die Inpflichtnahme des Eigentümers nicht mehr rechtfertigen (BVerwGE 133, 347 Rn. 15 f.; vgl. auch BVerwG BayVBl 2014, 703 Rn. 7 f.). Das Bundesverwaltungsgericht sieht § 35 Abs. 3 Satz 1 Nr. 5 BauGB daher zugunsten des Eigentümers eines Kulturdenkmals als drittschützend an, soweit ein benachbartes Vorhaben Belange des Denkmalschutzes beeinträchtigt, weil es nicht die gebotene Rücksicht auf das schutzwürdige Interesse des Eigentümers am Erhalt der Denkmalwürdigkeit seines denkmalgeschützten Anwesens nimmt, wobei diese bundesrechtliche Bestimmung allerdings nur ein Mindestmaß an bundesrechtlich eigenständigem Schutz gewährleistet (BVerwG BauR 2013, 1671 Rn 11).
74
Diese bundesrechtlich vermittelte Klagebefugnis bleibt durch die streitgegenständliche Änderung des Landesdenkmalrechts unberührt. Da auch der dem Eigentümer durch die bisherigen Regelungen des Landesdenkmalrechts zum Erlaubnisverfahren gewährte Drittschutz ebenso wie der bauplanungsrechtliche Drittschutz nicht über das von Art. 14 Abs. 1 GG gebotene Mindestmaß hinausgeht bzw. -ging (BayVGH vom 24.1.2013 VGH n. F. 66, 5 Rn. 21 f.; vom 19.4.2017 – 9 CS 17.195 – juris Rn. 19, jeweils m. w. N.), werden die Rechtsschutzmöglichkeiten des wegen der Genehmigung einer Windenergieanlage um die Denkmalwürdigkeit seines Denkmals fürchtenden Eigentümers durch die streitgegenständlichen Regelungen in der Sache nicht verändert.
75
(ccc) Der Gesetzgeber durfte die hier verfahrensgegenständlichen Regelungen treffen, ohne sie mit einer Ausgleichsregelung zu verbinden. Die Regelungen enthalten nach den vorstehenden Ausführungen eine zulässige Inhalts- und Schrankenbestimmung, die zu keiner unzumutbaren Belastung der von ihr betroffenen Denkmaleigentümer führt. Damit ist für den Sonderfall der ausgleichspflichtigen Inhalts- und Schrankenbestimmung kein Raum (vgl. VerfGH vom 14.12.2011 BayVBl 2012, 332/334 m. w. N.).
76
(ee) Im Wegfall des denkmalschutzrechtlichen Erlaubnisverfahrens liegt demgemäß auch kein Eingriff in den Kernbereich des Eigentums und keine Verletzung der institutionellen Garantie eines privatnützigen Eigentums.
77
b) Die angegriffenen Vorschriften verstoßen auch nicht gegen die Staatszielbestimmung des Art. 141 Abs. 2 BV.
78
Nach Art. 141 Abs. 2 BV haben die Gemeinden u. a. die Aufgabe, die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft zu schützen und zu pflegen. Diese Norm ist kein bloßer Programmsatz, sondern enthält bindendes objektives Verfassungsrecht, an dem die Handlungen und Unterlassungen von Staat, Gemeinden und Körperschaften des öffentlichen Rechts zu messen sind. Als Staatszielbestimmung richtet sich Art. 141 Abs. 2 BV, wie schon Art. 3 Abs. 2 BV, mit verbindlicher Wirkung an alle genannten Träger staatlicher Gewalt (vgl. VerfGH vom 27.9.1995 VerfGHE 48, 119/125; vom 31.5.2006 VerfGHE 59, 109/ 115, jeweils zu Art. 141 Abs. 1 Satz 4 BV). Die Bayerische Verfassung stellt den Auftrag zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler sowohl in Art. 3 Abs. 2 BV als auch in Art. 141 BV in den Kontext des Schutzes der natürlichen Lebensgrundlagen. Dahinter steht die Einsicht, dass neben den natürlichen auch die kulturhistorischen Ressourcen ein unverzichtbarer Bestandteil der Lebensqualität sind und ein notwendiges Korrektiv zur Dynamik der zivilisatorischen Prozesse bilden (VerfGH vom 22.7.2008 VerfGHE 61, 172/182). Der Staat, die Gemeinden und die Landkreise sind nach Art. 141 Abs. 1 und 2 BV verpflichtet, den Erfordernissen des Denkmalschutzes Rechnung zu tragen. Allerdings lassen sich auch Art. 141 Abs. 2 BV keine genauen Vorgaben für den staatlichen Schutz bestimmter Kulturgüter entnehmen (vgl. VerfGHE 61, 172/181 f.; VerfGH vom 23.11.2020 BayVBl 2021, 406 Rn. 33); dem Gesetzgeber kommt insofern ein weiter Gestaltungsspielraum zu. Dass Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG diesen Spielraum überschreiten würden, ist nicht erkennbar.
79
c) Auch ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art. 118 Abs. 1 BV liegt nicht vor.
80
Der Gleichheitssatz untersagt dem Normgeber, gleich liegende Sachverhalte, die aus der Natur der Sache und unter dem Gesichtspunkt der Gerechtigkeit eine gleichartige Regelung erfordern, ungleich zu behandeln; dagegen ist wesentlich Ungleiches nach seiner Eigenart verschieden zu regeln. Der Gleichheitssatz verlangt keine schematische Gleichbehandlung, sondern lässt Differenzierungen zu, die durch sachliche Erwägungen gerechtfertigt sind. Er verbietet Willkür. Der Gesetzgeber handelt nicht schon dann willkürlich, wenn er unter mehreren Lösungen nicht die zweckmäßigste, vernünftigste oder gerechteste gewählt hat. Es bleibt vielmehr dem Ermessen des Gesetzgebers überlassen zu entscheiden, in welcher Weise dem allgemeinen Gedanken der Angemessenheit, Billigkeit und Zweckmäßigkeit Rechnung zu tragen ist. Der Gleichheitssatz ist verletzt, wenn eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu einer anderen Gruppe von Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, dass sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten. Berührt die nach dem Gleichheitssatz zu beurteilende Regelung zugleich andere grundrechtlich verbürgte Positionen oder Verfassungsnormen, so sind dem Gestaltungsraum des Gesetzgebers engere Grenzen gezogen. In diesem Fall müssen die Sachgründe, die für eine Differenzierung stets erforderlich sind, dem Differenzierungsziel und dem Ausmaß der Ungleichbehandlung angemessen sein. Für das Maß der Differenzierung muss zwischen den vorgefundenen Verschiedenheiten und der differenzierenden Regelung ein innerer Zusammenhang bestehen, der als Unterscheidungsgesichtspunkt hinreichendes Gewicht besitzt (VerfGH vom 21.4.2021 BayVBl 2022, 736 Rn. 37 f.; 2024, 154, vgl. Rn. 211 bei juris – in BayVBl insoweit nicht abgedruckt; BVerfG vom 21.6.2011 BVerfGE 129, 49/68 f.).
81
Im vorliegenden Zusammenhang ist bereits offenkundig, dass besonders landschaftsprägende Denkmäler einerseits und Denkmäler, denen eine solche besondere Prägekraft fehlt, im Hinblick auf den gesetzgeberischen Zweck, unter Wahrung von Denkmalschutzbelangen weitere Flächen für die Windkraft zu öffnen, nicht wesentlich gleich sind. Jedenfalls liegt im Ausmaß der Prägung, den die umgebende Landschaft durch ein Denkmal erfährt, ein sachgerechtes und angemessenes Differenzierungsmerkmal für die in Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG enthaltene gesetzgeberische Abwägung.
82
d) Bedenken gegen die Bestimmtheit von Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG bestehen nicht.
83
Das aus Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV folgende Bestimmtheitsgebot verpflichtet den Normgeber, seine Vorschriften so zu fassen, dass sie den Anforderungen der Klarheit und Justiziabilität entsprechen. Gesetze müssen so formuliert sein, dass die davon Betroffenen die Rechtslage erkennen und ihr Verhalten danach einrichten können. Die Gerichte müssen in der Lage sein, die Anwendung der betreffenden Rechtsvorschrift durch die Verwaltung zu kontrollieren. Der Gesetzgeber darf zwar auch unbestimmte Rechtsbegriffe verwenden, muss aber seine Regelungen so bestimmt fassen, wie dies nach der Eigenart des zu ordnenden Lebenssachverhalts und mit Rücksicht auf den Normzweck möglich ist. Gleichwohl darf das Gebot der Bestimmtheit nicht übersteigert werden, weil Gesetze sonst zu starr und kasuistisch werden müssten und der Vielgestaltigkeit des Lebens oder der Besonderheit des Einzelfalls nicht mehr gerecht werden könnten. Der Gesetzgeber ist nicht verpflichtet, jeden Tatbestand mit exakt erfassbaren Merkmalen bis ins Letzte zu umschreiben (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 15.1.2007 VerfGHE 60, 1/6; BayVBl 2024, 154, vgl. Rn. 181 bei juris – in BayVBl insoweit nicht abgedruckt). Mithilfe der üblichen Auslegungsmethoden, insbesondere durch Heranziehung anderer Vorschriften desselben Gesetzes, durch Berücksichtigung des Normzusammenhangs oder aufgrund einer gefestigten Rechtsprechung, muss sich eine zuverlässige Grundlage für die Auslegung und Anwendung der Vorschrift gewinnen lassen (vgl. VerfGH BayVBl 2022, 702 Rn. 79 m. w. N.).
84
Gemessen daran sind die angegriffenen Regelungen hinreichend bestimmt. Die Kriterien für das Vorliegen eines besonders landschaftsprägenden Denkmals sind in der Gesetzesbegründung ausdrücklich und ausführlich aufgeführt (LT-Drs. 18/ 25751 S. 11). Dass die Fachgerichte nicht in der Lage sein werden, den Normtext anhand dieser Gesetzesbegründung hinreichend vorhersehbar auszufüllen, ist nicht ersichtlich. Einer konstitutiven Festlegung der betroffenen Denkmäler durch den Gesetzgeber selbst oder durch das Landesamt für Denkmalpflege auf Anordnung des Gesetzgebers bedurfte es nicht. Dass das Landesamt für Denkmalpflege gleichwohl entsprechend der bisherigen Übung eine solche Liste führt, dient der Orientierung der betroffenen Denkmaleigentümer und erleichtert den Verwaltungsvollzug, war indes nicht verfassungsrechtlich geboten.
85
e) Schließlich verletzen Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG nicht wegen eines offensichtlichen und schwerwiegenden Verstoßes gegen Bundesrecht das Rechtsstaatsprinzip des Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV.
86
Prüfungsmaßstab im Popularklageverfahren sind – wie bereits dargestellt – ausschließlich die Vorschriften der Bayerischen Verfassung, nicht Normen des – vorrangigen (Art. 31 GG) – Bundesrechts und auch nicht unionsrechtliche Regelungen. Eine mittelbare Verletzung des in Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV verankerten Rechtsstaatsprinzips kommt nur dann in Betracht, wenn ein Widerspruch zum Bundesrecht offen zutage tritt und darüber hinaus auch inhaltlich nach seinem Gewicht als schwerwiegender Eingriff in die Rechtsordnung zu werten ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH BayVBl 2022, 475 Rn. 60; 2024, 78 Rn. 45 f.).
87
Ein in diesem Sinn offensichtlicher und schwerwiegender Verstoß gegen Bundesrecht wird von den Antragstellern nicht aufgezeigt und ist auch sonst nicht ersichtlich. Soweit insofern ein Verstoß gegen das Gebot gerechter Abwägung oder gegen bundesrechtlich statuierte Pflichten zur Berücksichtigung denkmalfachlicher Belange gerügt wird, verkennt dies, dass die angegriffenen Regelungen das bau- bzw. immissionsschutzrechtliche und – in diesem Rahmen – denkmalrechtliche Verwaltungsverfahren und die Rechtsstellung der Denkmaleigentümer in diesen Verfahren betreffen, den materiellen Gehalt des Denkmalschutzes für planerische Abwägungsentscheidungen dagegen unberührt lassen. Der für gemeindliche Bauleitplanungen (vgl. auch § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB) geltende Art. 3 BayDSchG blieb insofern unverändert. Entsprechendes gilt für die Regelungen des Bayerischen Landesplanungsrechts (Art. 6 Abs. 2 Nr. 7 BayLPlG), etwa für die Ausweisung von Vorranggebieten für die Windkraft. Demnach ist auch das Interesse am unveränderten Erhalt des Zustands und des Erscheinungsbilds von nicht besonders landschaftsprägenden Denkmälern in die jeweilige Planung einzustellen. Etwaige Gewichtungs- oder Vorrangregeln zugunsten von Windenergieanlagen folgen insofern gegebenenfalls aus anderen Vorschriften (z. B. § 2 Satz 2 EEG 2023; Art. 5 Abs. 2 Satz 2 BayKlimaG), nicht jedoch aus Art. 6 Abs. 5 und Art. 7 Abs. 4 Sätze 3 und 4 BayDSchG.
88
Die übrigen von den Antragstellern genannten bundesrechtlichen Vorschriften beinhalten dabei schon aus Kompetenzgründen (vgl. oben unter 3. b) bb)) keine – jedenfalls aber keine offensichtlich verletzten – Vorgaben für die Ausgestaltung landesrechtlicher Genehmigungsverfahren im Bereich des Denkmalschutzes. Entsprechendes gilt für das Europäische Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes vom 16. Januar 1992 bzw. das zu dessen Umsetzung erlassene Gesetz vom 9. Oktober 2002 (BGBl II S. 2709). Ein – noch dazu offensichtlicher und schwerwiegender – Verstoß gegen diese Bestimmungen durch die verfahrensgegenständlichen Vorschriften, die lediglich Umgebungsbebauung in der Nähe eines Denkmals zulassen, ist nicht ersichtlich.
89
Dass das angestrebte Ziel der verfahrensgegenständlichen Regelungen eines beschleunigten Windkraftausbaus der Sache nach gegen das Gebot der Bundestreue verstoßen könnte, liegt angesichts des überragenden Rangs, den der Bundesgesetzgeber selbst diesem Ziel einräumt, fern.
90
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG).