Titel:
Erfolgloser Antrag auf Zulassung der Berufung in einem zuwendungsrechtlichen Verfahren (Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds)
Normenkette:
GG Art. 3 Abs. 1
Leitsätze:
1. Eine einer Verwaltungsvorschrift gegenläufige Verwaltungspraxis kann selbst durch Bewilligung einer nicht der bisherigen Verwaltungspraxis entsprechenden Leistung allenfalls dann begründet werden, wenn die richtlinienabweichende bzw. von der Förderpraxis abweichende Bewilligung gebilligt oder geduldet wird; dies muss „erst recht“ gelten, wenn von der Förderpraxis nicht durch einen Bescheid, sondern lediglich mittels eines formlosen Hinweises in einer E-Mail abgewichen wird. (Rn. 16) (redaktioneller Leitsatz)
2. Bereits die Verlautbarung einer geplanten Vorgehensweise durch Verwaltungsvorschrift oder eine erste Entscheidung in Verbindung mit dem Gleichheitssatz kann grundsätzlich zur Selbstbindung der Verwaltung führen (Fortführung von BeckRS 2023, 37966). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Subventionsrecht, Zuwendung aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds, Ständige Verwaltungspraxis, Berechnungsmethode bei nachträglicher Änderung von Projekteinnahmen und -ausgaben, Verwaltungsvorschriften, Gleichbehandlung, abweichende Verwaltungspraxis
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 11.09.2024 – AN 15 K 20.2048
Fundstelle:
BeckRS 2025, 25662
Tenor
I. Der Antrag der Klägerin auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 11. September 2024 – AN 15 K 20.2048 – wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 30.730,91 € festgesetzt.
Gründe
1
Der Antrag der Klägerin, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts zuzulassen, bleibt ohne Erfolg. Die innerhalb der Darlegungsfrist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO gegen das verwaltungsgerichtliche Urteil vorgebrachten Zulassungsgründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), sind nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor.
2
1. Mit Bescheid vom 25. November 2016 hatte die EU-Fonds (AMIF) Zuständige Behörde der Beklagten der Klägerin für den Durchführungszeitraum (Bewilligungszeitraum) vom 1. Juli 2016 bis zum 30. Juni 2018 vorläufig als Projektförderung eine nicht rückzahlbare Zuwendung im Wege der Anteilsfinanzierung mit einem Höchstsatz von 75% der zuwendungsfähigen Ausgaben und mit einem Höchstbeitrag aus Mitteln der Europäischen Union (Zuwendungshöchstbetrag) von 499.465,78 € bewilligt. Laut dem vorläufig genehmigten Finanzplan beliefen sich die Projektausgaben und -einnahmen auf jeweils 726.347,67 €, wobei als Projekteinnahmen eine „EU-Zuwendung AMIF“ von 499.465,78 € (≙ 68,7640094%) sowie erwartete direkte Einnahmen aus dem Projekt von 226.881,89 € (≙ 31,2359906%) angegeben waren. Der Eigenanteil der Klägerin war mit 0,00 € angesetzt. Vor Ablauf des Bewilligungszeitraums legte die Klägerin der Beklagten einen geänderten Finanzplan vor. Danach sind die Gesamtausgaben (zuletzt) um 164.509,46 € auf 561.838,21 € und die erwarteten direkten Einnahmen um 72.711,89 € auf 154.170,00 € gesunken. Den Eigenanteil setzte die Klägerin in dem geänderten Finanzplan (vom 29.6.2018) zunächst erneut mit 0,00 € an. Auf die Mitteilung der Beklagten per Mail vom 10. Juli 2018, einer Änderung des Finanzplans könne nur zugestimmt werden, wenn die „EU-Zuwendung AMIF“ in einem reduzierten Finanzplan – wie im ursprünglichen Finanzplan – bei den Projekteinnahmen wieder bei einer Quote von anteilig 68,77% liege, setzte die Klägerin in ihrem nochmals geänderten Finanzplan (vom 30.6.2018) – unter Zugrundelegung einer Quote von „68,77%“ – eine EU-Zuwendung AMIF in Höhe von 386.372,62 € und einen Eigenanteil in Höhe von 21.295,59 € an. Mit Abschlussbescheid vom 9. März 2020 setzte die Beklagte die Zuwendungssumme des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) hingegen – unter Annahme eines Eigenanteils der Klägerin in Höhe von 51.806,16 € – auf (lediglich) 355.641,71 € fest und forderte die Klägerin auf, den bereits ausgezahlten Betrag in Höhe von (386.372,62 € – 355.641,71 € =) 30.730,91 € zurückzuerstatten.
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Nach erfolgloser Durchführung des Widerspruchsverfahrens hat die Klägerin Klage erhoben und beantragt, die Beklagte unter (teilweiser) Aufhebung von Abschluss- und Widerspruchsbescheid der Klägerin eine weitere Zuwendung in Höhe von 30.730,91 € zu gewähren. Die Klage hat das Verwaltungsgericht mit der Begründung abgewiesen, der Klägerin stehe der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung einer weitergehenden AMIF-Förderung nicht zu. Die Beklagte sei bei der Bescheidung der Änderung des Finanzplans ihrer ständigen Verwaltungspraxis entsprechend vorgegangen. Sie habe nicht nur die Berechnung der gegenüber dem Bescheid vom 25. November 2016 abweichenden Förderung, sondern auch den Hintergrund ihrer ständigen Verwaltungspraxis hinreichend plausibilisiert. Danach gehe sie bei einer Reduktion der Gesamtausgaben und -einnahmen zweistufig vor: Zunächst seien die verringerten direkten Einnahmen durch den Eigenanteil des Empfängers auszugleichen. Sodann sei in einem zweiten Schritt die Reduzierung der Gesamtausgaben zu berücksichtigen. Ein anderes Ergebnis ergebe sich weder aus dem vorgelegten Förderbescheid der EU-Fonds zuständigen Behörde für den Europäischen Integrationsfons (EIF) noch aus der E-Mail der Beklagten vom 10. Juli 2018.
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2. Die vom Kläger gegen das erstinstanzliche Urteil vorgebrachten Einwände rechtfertigen nicht die Zulassung der Berufung nach § 124 Abs. 2 VwGO.
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a) Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Dieser Zulassungsgrund läge vor, wenn vom Rechtsmittelführer ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Argumenten in Frage gestellt würden (vgl. zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 10.9.2009 – 1 BvR 814/09 – NJW 2009, 3642 m.w.N.). Die Richtigkeitszweifel müssen sich auf das Ergebnis der Entscheidung beziehen; es muss also mit hinreichender Wahrscheinlichkeit anzunehmen sein, dass die Berufung zu einer Änderung der angefochtenen Entscheidung führen wird (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – NVwZ-RR 2004, 542 f.; BayVGH, B.v. 15.2.2018 – 6 ZB 17.2521 – juris Rn. 4). Das ist nicht der Fall.
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Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung einer AMIF-Zuwendung in Höhe von weiteren 30.730,91 € nicht zusteht (§ 113 Abs. 5 VwGO). Der Senat teilt die Annahme der Vorinstanz, dass die Beklagte die von der Klägerin beantragte Zuwendung aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds im Abschluss- und Widerspruchsbescheid vom 9. März 2020 und 28. August 2020 ihrer ständigen Verwaltungspraxis entsprechend und ohne Verstoß insbesondere gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz in Höhe von 355.641,71 € festgesetzt hat.
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Die Klägerin wendet im Wesentlichen ein, die in den Bescheiden vom 9. März 2020 und 28. August 2020 dargestellte Berechnungsmethode widerspreche der ständigen Verwaltungspraxis der EU-Fonds (AMIF) Zuständigen Behörde. Die Förderrichtlinie und die allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) würden von der Beklagten dahingehend angewandt, dass im Fall der nicht gänzlichen Ausschöpfung der bewilligten Ausgaben und der gleichzeitigen Reduktion der Gesamteinnahmen die Eigenmittel sowie die Zuwendung „anteilig (= nicht prozentual / nicht die Quote)“ sinken. Daraus folge, dass vorliegend die Quote von „68,76%“ in einem ersten Schritt auf die reduzierten Ausgaben (also 561.838,21 €) anzuwenden sei, so dass die Zuwendung anteilig sinke (auf – bei Zugrundelegung der Quote von 68,76% rechnerisch richtig – 386.319,95 €). In einem zweiten Schritt sei der bei der Klägerin verbleibende und nicht durch andere Mittel gedeckte Eigenanteil zu ermitteln, der sich ebenfalls anteilig reduziere (auf 21.295,59 €). Diese Praxis sei im Rahmen der Auskunft der Beklagten vom 10. Juli 2018 dargelegt worden und werde durch den bereits im Klageverfahren vorgelegten Bescheid über Zuwendungen aus dem Europäischen Integrationsfonds EIF bestätigt. Das Verwaltungsgericht setze sich mit der klägerseits vorgebrachten Verwaltungspraxis bzw. der Erschütterung der von der Beklagten behaupteten Verwaltungspraxis nicht hinlänglich auseinander. Zuwendungsrechtlich noch zuzustimmen sei zwar, dass im Fall einer Reduzierung der Projekteinnahmen „das Delta“ grundsätzlich vom Zuwendungsempfänger zu übernehmen sei. Insbesondere der vermeintlich zweite Schritt, die Berücksichtigung der reduzierten Gesamtausgaben, werde jedoch nicht erklärt. Von einer Plausibilisierung könne nicht die Rede sein. Diese Einwendungen können nicht überzeugen.
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aa) Rechtsgrundlage für eine Förderung nach der Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen im Rahmen des Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds vom 30. September 2014 (GMBl 2014 Nr. 63, S. 1290 – im Folgenden: AMIF-Richtlinie) sind insbesondere die in § 1 Abs. 1 der Richtlinie genannten EU-Verordnungen sowie die auf Grundlage der Verordnungen erlassenen Durchführungsbestimmungen. Die EU-Zuständige Behörde beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: ZB BAMF) gewährt als zuständige Behörde Zuwendungen aus Mitteln des AMIF nach Maßgabe der AMIF-Richtlinie und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO (§ 1 Abs. 2 AMIF-Richtlinie). Ein Anspruch des Antragstellers auf Gewährung der Zuwendung besteht nicht. Vielmehr entscheidet die ZB BAMF nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der von der Europäischen Kommission durch den AMIF zu Verfügung gestellten Haushaltsmittel (§ 1 Abs. 3 AMIF-Richtlinie). Der Beitrag aus dem AMIF erfolgt dabei grundsätzlich im Wege der Anteilfinanzierung. Einsparungen im Projekt oder zusätzliche Kofinanzierungsmittel reduzieren den Beitrag anteilig (§ 6 Abs. 5 Satz 1 und 2 AMIF-Richtlinie, vgl. auch Nr. 2.1.1 der Anlage 2 zur VV Nr. 5.1. zu § 44 BHO – Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P), GMBl Nr. 19/2019, S. 372).
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Richtlinien, wie die vorliegende AMIF-Richtlinie, stellen keine Rechtsnormen dar, sondern lediglich verwaltungsinterne, das Ermessen der für die Verteilung der staatlichen Leistungen zuständigen Stellen steuernde Weisungen und damit Verwaltungsvorschriften (stRspr des BVerwG: U.v. 14.3.2018 – 10 C 1.17 – juris Rn. 15 m.w.N.). Sie vermögen eine anspruchsbegründende Außenwirkung nur vermittels des Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) und des im Rechtsstaatsprinzip verankerten Gebots des Vertrauensschutzes (Art. 20 und 28 GG) zu begründen, dies aber nur in der Gestalt, die sie durch die ständige Verwaltungspraxis gefunden haben. Sie unterliegen daher keiner richterlichen Auslegung wie Rechtsnormen. Entscheidend ist, wie die zuständigen Behörden die Verwaltungsvorschrift im maßgeblichen Zeitpunkt in ständiger Praxis gehandhabt haben und in welchem Umfang sie infolgedessen durch den Gleichheitssatz gebunden sind (BVerwG, U.v. 17.1.1996 – 11 C 5.95 – juris Rn. 21; U.v. 11.11.2008 – 7 B 38.08 – juris Rn. 9; BayVGH, U.v. 11.10.2019 – 22 B 19.840 – juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 31.3.2022 – 6 ZB 21.2933 – juris Rn. 7 m.w.N.). Die Verwaltungsgerichte haben sich auf die Prüfung zu beschränken, ob bei der Anwendung einer solchen Richtlinie im Einzelfall der Gleichheitssatz verletzt worden ist oder ein sonstiger Verstoß gegen einschlägige materielle Rechtsvorschriften vorliegt. Förderrichtlinien müssen aber auch in sich den Gleichbehandlungsgrundsatz wahren (BVerwG, U.v. 14.3.2018 – 10 C 1.17 – juris Rn. 16 ff. m.w.N.; BayVGH, 31.3.2022 – 6 ZB 21.2933 – juris Rn. 7 m.w.N.).
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bb) Gemessen an diesem Maßstab hat die Klägerin keinen Anspruch auf weitere AMIF-Zuwendung in Höhe von 30.730,91 €. Die abschließende Festsetzung mit Bescheid vom 9. März 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 28. August 2020 ist rechtlich nicht zu beanstanden. Zwar sind die konkreten Berechnungen in den angegriffenen Bescheiden nicht aus sich heraus verständlich, führen aber auf der Grundlage der hinreichend dargelegten Verwaltungspraxis in Anwendung der abstrakten Rechenschritte zu einem plausiblen Ergebnis. Die Klägerin hält dem nur ihre eigene, im Einzelnen ebenfalls nur bedingt nachvollziehbare Berechnung entgegen, ohne die Verwaltungspraxis substantiiert in Frage zu stellen oder Zweifel am Rechenergebnis aufzuzeigen.
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(1) Unstreitig ist der Ausgangspunkt für die Notwendigkeit einer Neuberechnung der Subvention: Im Vergleich zum ursprünglichen (genehmigten) Finanzplan als Grundlage für die vorläufige Bewilligung haben sich für die Abschlussberechnung sowohl die förderfähigen Ausgaben (von 726.347,67 € auf 561.585,79 €) als auch die direkten Einnahmen aus dem Projekt (von 226.881,89 € auf 154.170,00 €) verringert. In einem solchen Fall der Reduktion von Gesamteinnahmen und -ausgaben geht die Beklagte nach ihren Darlegungen in ständiger Verwaltungspraxis zweistufig vor:
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In einem ersten Rechenschritt wird allein die Reduzierung der Einnahmen berücksichtigt, indem die Differenz beim Fehlen weiterer (Fremd-)Finanzierer, wie hier, durch Eigenmittel „aufgefangen“ wird, also nicht zu einer Erhöhung der Subvention führen kann. Diesen ersten Rechenschritt stellt die Klägerin nicht in Frage, sondern räumt vielmehr ausdrücklich ein, dass im Fall einer Reduzierung der Projekteinnahmen „das Delta“ – mithin die Differenz zwischen den ursprünglich geplanten und den tatsächlich erzielten direkten Einnahmen – grundsätzlich vom Zuwendungsempfänger zu übernehmen ist (vgl. Antragsschrift vom 22.11.2024, Seite 8). Danach errechnet sich für die von der Klägerin mitgeteilte Reduzierung der direkten Einnahmen von ursprünglich erwarteten 226.881,89 € auf nunmehr 154.170,00 € ein Eigenanteil der Klägerin in Höhe von (226.881,89 € – 154.170,00 € =) 72.711,89 €. Werden dementsprechend die ursprünglich geplanten Gesamtausgaben in Höhe von 726.347,67 € und die vorläufige EU-Zuwendung aus dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds in Höhe von 499.465,78 € zugrunde gelegt, erfolgt in diesem ersten Rechenschritt die gesamte Projektfinanzierung (von 726.347,67 €) durch direkte Einnahmen mit einen Anteil von rund 21,23% (21,2253727%), mit einem Eigenanteil der Klägerin von rund 10,01% (10,0106179%) und mit einer EU-Zuwendung von rund 68,76% (68,7640094%). Bezogen auf die nicht durch direkte Einnahmen abgedeckte Finanzierungslücke in Höhe von 572.177,67 € (Projekteinnahmen in Höhe von 726.347,67 € abzüglich erwartete direkte Einnahmen in Höhe von 154.170,00 €) ergibt sich ein Eigenanteil von rund 12,71% (12,7079216%) und ein durch die EU-Zuwendung abgedeckter Anteil von rund 87,29% (87,2920784%).
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In einem zweiten Rechenschritt wird die veränderte Ausgabenseite berücksichtigt, also die – wiederum unstreitige – Reduktion der förderfähigen Ausgaben von (ursprünglich erwarteten) 726.347,67 € auf (tatsächlich angefallene) 561.585,79 €. Zur Finanzierung dieser gesunkenen Ausgaben dienen zunächst die direkten Einnahmen (154.170,00 €). Die verbleibende Finanzierungslücke von 407.415,79 € wird durch den von der Klägerin zu tragenden Eigenanteil und die Subvention gedeckt, wobei die im ersten Rechenschritt ermittelten bzw. angesetzten Beträge mit Blick auf die gesunkene Finanzierungslücke anteilig reduziert werden, und zwar der Eigenanteil auf 51.774,08 € (12,7079216% von 407.415,79 €) und die EU-Zuwendung auf 355.641,71 € (87,2920784% von 407.415,79 €). Die Quoten bleiben also unverändert, soweit als Bezugspunkt nicht die gesamten Einnahmenseite (einschließlich der direkten Einnahmen von 154.170,00 €) gewählt wird, sondern lediglich die insoweit maßgebliche Finanzierungslücke (gesamte Projekteinnahmen abzüglich der direkten Einnahmen). Dass die Förderquote von ursprünglich rund 68,76% der Gesamteinnahmen auf 63,33% und der Eigenanteil der Klägerin von rund 10,01% der Gesamteinnahmen auf 9,22% sinkt, wie im Abschlussbescheid vom 9. März 2020 dargestellt, ist also allein auf den Umstand zurückzuführen, dass die direkten Einnahmen in Höhe von 154.170,00 € nun einen höheren Anteil an den (gesunkenen) Gesamteinnahmen von 561.585,79 € – nämlich rund 27,45% statt wie zuvor 21,22% – ausmachen und dementsprechend die beiden Posten Eigenanteil und EU-Zuwendung sinken (so wohl auch die Vorinstanz, vgl. UA S. 19).
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(2) Soweit die Klägerin sich als Beleg für eine abweichenden Verwaltungspraxis auf die E-Mail der Beklagten vom 10. Juli 2018 sowie einen Bescheid über die Festsetzung von Zuwendungen aus dem Europäischen Integrationsfonds (EIF) für das Förderjahr 2012 beruft, vermag sie damit die Zulassung der Berufung nicht zu begründen. Insoweit fehlt es an einer hinreichenden Auseinandersetzung mit der Argumentation des Verwaltungsgerichts.
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Die Klägerin meint, die Auskunft vom 10. Juli 2018 sei geeignet, die von der Beklagten behauptete Verwaltungspraxis zu erschüttern. Das Gericht ordne die in der E-Mail getätigten Ausführungen bereits im Ansatz falsch ein. Entscheidend sei, dass die Beklagte in Kenntnis der reduzierten Gesamteinnahmen und -ausgaben und unter Berufung auf Nr. 2.1 ANBest-P darauf verweise, dass die ursprüngliche Quote von anteilig 68,77% beizubehalten sei. Mit den Feststellungen des Gerichts, dass der Inhalt der Auskunft nicht eindeutig ist und nicht als endgültige Aussage zur Berechnung, sondern nur als Hinweis darauf zu verstehen ist, dass jedenfalls eine Erhöhung der Förderquote nicht in Betracht kommt, setzt die Klägerin sich nicht einmal ansatzweise auseinander. Mit der Behauptung, die Ausführungen des Gerichts seien ohne Belang, setzt sie der ausführlichen Begründung des Gerichts (vgl. UA S. 22 ff.) nichts Substantiiertes entgegen. Sofern der Zulassungsantrag dahingehend zu verstehen sein sollte, dass die Ausführungen der Beklagten in der E-Mail vom 10. Juli 2018 Aufschluss über deren ständige Verwaltungspraxis geben und belegen sollten, dass die einmal angesetzte Förderquote auch bei nachträglicher Änderung sowohl der Einnahmen als auch der Ausgaben stets konstant bleiben müsse, vermag dies auch aus den bereits dargelegten Gründen nicht zu überzeugen. Im Übrigen hat die Beklagte diesem Verständnis bereits im Klageverfahren widersprochen (vgl. Schriftsatz vom 20.7.2021, GA Bl. 54). Eine gegenläufige Verwaltungspraxis kann aber selbst durch Bewilligung einer nicht der bisherigen Verwaltungspraxis entsprechenden Leistung allenfalls dann begründet werden, wenn die richtlinienabweichende bzw. von der Förderpraxis abweichende Bewilligung gebilligt oder geduldet wird (vgl. BayVGH, B.v. 23.8.2023 – 22 ZB 23.1426 – juris Rn. 15; B.v. 27.2.2023 – 22 ZB 22.2554 – juris Rn. 19). Dies muss „erst recht“ gelten, wenn von der Förderpraxis nicht durch einen Bescheid, sondern lediglich mittels eines formlosen Hinweises in einer E-Mail abgewichen wird. Wird die (vermeintliche) Abweichung – wie hier – nach Vorliegen der Ergebnisse des Verwendungsnachweisverfahrens und Schlussprüfung (vgl. § 6 Abs. 6, § 7 Abs. 4 AMIF-Richtlinie) im Wege eines abschließenden Bescheids korrigiert, vermag die vorläufig erteilte Auskunft eine abweichende Verwaltungspraxis von vornherein nicht zu begründen.
17
Soweit die Klägerin meint, eine von der Berechnung der Beklagten abweichende Verwaltungspraxis aus dem vorgelegten Bescheid über die Festsetzung von Zuwendungen aus dem Europäischen Integrationsfonds herleiten zu können, kann sie damit aus den vom Gericht überzeugend dargelegten Gründen nicht durchdringen. Denn die von der Klägerin als Bezugsfall genannten Förderung wurde auf einer anderen Rechtsgrundlage, insbesondere einer anderen Förderrichtlinie gewährt und vermag daher eine abweichende Verwaltungspraxis für die streitgegenständliche Förderung nicht zu begründen. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten. Allein der Hinweis darauf, dass die von der Beklagten gehandhabte Praxis nicht die einzig möglich sei, genügt hierfür nicht.
18
b) Die Berufung ist nicht wegen eines Verfahrensmangels‚ auf dem die Entscheidung beruhen kann‚ zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO).
19
Die Klägerin rügt, das Verwaltungsgericht habe trotz ihres Vortrags an der von der Beklagten behaupteten Verwaltungspraxis festgehalten, ohne Nachweise bzw. die Vorlage ähnlich gelagerter Fälle zu verlangen.
20
Die Rüge einer Verletzung der gerichtlichen Aufklärungspflicht erfordert die substantiierte Darlegung, welche Tatsachen auf der Grundlage der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts aufklärungsbedürftig waren, welche für erforderlich und geeignet gehaltenen Aufklärungsmaßnahmen hierfür in Betracht kamen, welche tatsächlichen Feststellungen dabei voraussichtlich getroffen worden wären und inwiefern diese unter Zugrundelegung der materiell-rechtlichen Auffassung des Verwaltungsgerichts zu einer für den Antragsteller günstigeren Entscheidung hätten führen können. Weiterhin muss entweder dargelegt werden, dass bereits im Verfahren vor dem Verwaltungsgericht, insbesondere in der mündlichen Verhandlung, auf die Vornahme der Sachverhaltsaufklärung, deren Unterbleiben nunmehr gerügt wird, hingewirkt worden ist oder aufgrund welcher Anhaltspunkte sich dem Gericht die bezeichneten Ermittlungen auch ohne ein solches Hinwirken hätten aufdrängen müssen. Die Aufklärungsrüge stellt kein Mittel dar, um Versäumnisse in der Vorinstanz, vor allem das Unterlassen von Beweisanträgen, zu kompensieren (stRspr, vgl. etwa BVerwG, B.v. 6.3.2015 – 6 B 41.14 – juris Rn. 26; B.v. 30.6.2021 – 9 B 46.20 – juris Rn. 17 jeweils m.w.N.). Diesen Anforderungen genügt das klägerische Vorbringen nicht.
21
Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung keinen auf die weitere Aufklärung des Sachverhalts gerichteten Beweisantrag gestellt. Mit den von der Klägerin benannten Hinweisen auf eine von der in den Bescheiden vom 9. März 2020 und 28. August 2020 angewandten Berechnungsmethode abweichende Verwaltungspraxis der Beklagten – der E-Mail vom 10. Juli 2018 und dem Bescheid über die Festsetzung von Zuwendungen aus dem Europäischen Integrationsfonds (EIF) – hat sich das Gericht ausführlich auseinandergesetzt, ist aber im Ergebnis zu einer anderen rechtlichen Bewertung als die Klägerin gelangt. Inwieweit dem Gericht sich – bei Zugrundelegung der insoweit maßgeblichen materiellen Rechtsaufassung des Gerichts – eine weitere Aufklärung des Sachverhalts hätte aufdrängen sollen, hat die Klägerin nicht substantiiert dargelegt. Wie das Gericht richtig ausführt (vgl. UA Seite 14), bedarf es zur Begründung einer Verwaltungspraxis grundsätzlich keiner bestimmten Zahl an Fällen. Vielmehr kann bereits die Verlautbarung einer geplanten Vorgehensweise durch Verwaltungsvorschrift oder eine erste Entscheidung in Verbindung mit dem Gleichheitssatz grundsätzlich zur Selbstbindung der Verwaltung führen (BayVGH, B.v. 4.12.2023 – 22 ZB 22.2621 – juris Rn. 14; SächsOVG, B.v. 4.8.2022 – 6 A 702/19 – juris Rn. 10). Dies zugrunde gelegt war das Gericht ohne weitere Anhaltspunkte für eine von der dargelegten Berechnungsmethode abweichende Verwaltungspraxis nicht gehalten, von der Beklagten weitere Auskünfte oder gar Nachweise vergleichbarer Fälle zu fordern.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
23
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).