Titel:
Verwaltungsgerichte, Berechtigtes Interesse, Nutzungsverträge, DS-GVO, Unerweislichkeit, Ausübung des Hausrechts, Bodycam, Restschuldbefreiung, Abhilfebefugnis, Datenschutzgrundverordnung, Aufsichtsbehörde, Streitwertfestsetzung, Allgemeinverfügung, Aussage gegen Aussage, Schriftsatznachlass, mündlich Verhandlung, Verantwortlichkeit, Verwaltungsgerichtsurteile, Aufsichtsmaßnahmen, Kostenentscheidung
Schlagworte:
Bodycam-Einsatz, Datenschutzaufsicht, Hausrecht, Videoaufzeichnung, Aggressionsverhalten, Informationspflichten, Verwaltungsverfahren
Vorinstanz:
VG Ansbach, Urteil vom 25.04.2023 – AN 14 K 21.1365
Fundstelle:
BeckRS 2025, 25660
Tenor
I. Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Ansbach vom 25. April 2023 – AN 14 K 21.01365 – wird abgelehnt.
II. Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III. In Abänderung von Nr. 3 des Beschlusses des Verwaltungsgerichts vom 25. April 2023 wird der Streitwert für beide Instanzen auf jeweils 5.000 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Der Kläger wendet sich gegen die Beendigung eines Beschwerdeverfahrens durch das beklagte Landesamt für Datenschutzaufsicht und begehrt dessen Tätigwerden wegen eines Vorfalls, bei dem er mit der Bodycam einer privaten Sicherheitskraft gefilmt worden ist.
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In seinem Beschwerdeschreiben vom 27. Februar 2021 an den Beklagten schilderte der Kläger, dass er am 13. Januar 2021 durch Herrn K., den Security-Mitarbeiter der B. GmbH, von einer Sitzbank in dem von dieser betriebenen Einkaufszentrum verwiesen worden sei, wo er einen Döner habe verspeisen wollen. Dem habe er sogleich Folge geleistet und sich daraufhin auf eine Bank im Freien begeben, die keinerlei Kennzeichnung getragen habe und als Sitzgelegenheit im öffentlichen Raum erkennbar gewesen sei. Herr K. habe ihn wiederum unter Verweis auf das Hausrecht vertreiben wollen und, als er dem nicht Folge geleistet habe, ohne weitere Ankündigung seine Bodycam eingeschaltet und ihn beim Verzehr auf der Bank gefilmt.
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Der Beklagte forderte die B. GmbH auf, zum Vorbringen des Klägers Stellung zu nehmen und sich zu weiteren acht Fragen, die die Umstände der Verwendung von Bodycams durch das Unternehmen betreffen, zu äußern.
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In der darauf eingegangenen Stellungnahme der B. GmbH vom 7. April 2021, die eine Stellungnahme des Herrn K., dem Geschäftsführer des von der B. GmbH beauftragten Sicherheitsdienstes, beinhaltete, wurde ausgeführt, dass die Schilderungen des Klägers nicht richtig seien. Die Aufforderung, das gesamte Gelände zu verlassen, sei nach längerer Diskussion und Uneinsichtigkeit erfolgt, und der Kläger habe sich erst nach mehrfacher Aufforderung nach draußen begeben. Die Bank, auf der er dann Platz genommen habe, befinde sich ebenfalls im Bereich des Hausrechts des Einkaufszentrums. Nach erfolglosen weiteren Aufforderungen und einem lauten, uneinsichtigen und beleidigenden Verhalten des Klägers sei dieser darüber informiert worden, dass zur weiteren Durchsetzung die Bodycam zur Beweissicherung aktiviert werde. Da der Kläger seine Personalien zur Durchsetzung zivilrechtlicher Schritte nicht preisgegeben habe, sei die Polizei gerufen worden, die aber erst nach Verlassen des Klägers eingetroffen sei. Am 20. Januar 2021 habe der Kläger erneut einen Döner auf der Bank im Außenbereich verspeist; nach erfolglosen Aufforderungen, das Gelände zu verlassen, sei die Polizei hinzugezogen und seine Personalien aufgenommen worden. Die Bodycams würden nach den Vorgaben nicht ohne Vorankündigung aktiviert, so auch hier. Die Aktivierung sei durch ein rotes Blinken deutlich erkennbar. Die Aufnahmen des Klägers seien zwischenzeitlich gelöscht worden, weil ihr Zweck – die Feststellung seiner Personalien – durch das Eingreifen der Polizei am 20. Januar 2021 erfüllt worden sei. Der Stellungnahme wurde das Einsatzkonzept des Sicherheitsunternehmens zur Benutzung von Bodycams beigefügt.
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Der Beklagte teilte dem Kläger in einer sog. Abschlussmitteilung vom 13. Juli 2021 mit, dass nach Prüfung des Sachverhalts keine aufsichtlichen Maßnahmen ergriffen würden, da nach Auswertung der übersandten Stellungnahme keine Anhaltspunkte für einen Datenschutzverstoß vorlägen. Es könne nicht mehr aufgeklärt werden, ob die Bodycam erst nach Ankündigung aktiviert worden sei.
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Mit der am 26. Juli 2021 erhobenen Klage begehrt der Kläger die Verpflichtung des Beklagten, datenschutzaufsichtliche Maßnahmen gegen die verantwortliche Stelle zu ergreifen. Mit Urteil vom 25. April 2023, dem Kläger am 6. September 2023 zugestellt, wurde die Klage mit der Begründung abgewiesen, dass ein Verstoß gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen nicht habe festgestellt werden können und nicht festgestellt werden könne. Es lasse sich nicht feststellen, dass die Datenverarbeitung in Form der Videoaufzeichnung gegen Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DS-GVO in Verbindung mit der sog. Orientierungshilfe der in der Datenschutzkonferenz zusammengeschlossenen Datenschutzaufsichtsbehörden (Stand 22. Februar 2019) verstoßen habe. Die Wahrheit des Vorbringens der B. GmbH unterstellt, sei die Aufzeichnung mit berechtigtem Interesse erfolgt. Der Beklagte sei davon ausgegangen, dass es mit angemessenen Untersuchungsmethoden nicht feststellbar sei, ob der Kläger aggressiv gewesen sei. Der Aktenvermerk der Polizeiinspektion A. vom 20. Januar 2021, in dem auch von den Ereignissen am 13. Januar 2021 die Rede sei, sei für die Frage der Aggressivität unergiebig. Weitergehende Untersuchungsmöglichkeiten hätten nicht vorgelegen und lägen nicht vor; es hätten sich nur die widerstreitenden Aussagen gegenübergestanden. Es lasse sich auch nicht feststellen, dass jedenfalls in dem Zeitpunkt der Aufzeichnung ein Verstoß gegen das Hausrecht der B. GmbH nicht mehr vorgelegen habe. Die vom Kläger angeführte infektionsschutzrechtliche kommunale Allgemeinverfügung treffe keine Aussage über den Geltungsbereich des Hausrechts; die Regelung der Allgemeinverfügung überlagere diese ggf., bestehe aber unabhängig davon. Der in der mündlichen Verhandlung vorgelegte Nutzungsvertrag aus dem Jahr 1997 zwischen der Stadt und dem damaligen Betreiber des Einkaufszentrums über den streitgegenständlichen Außenbereich ergebe, dass dort das Hausrecht ebenfalls der B. GmbH zustehe. Ob der Sicherheitsmitarbeiter gemäß den Vorgaben auf die Aktivierung der Bodycam vorher hingewiesen habe, habe mit vertretbaren Untersuchungsmethoden nicht aufgeklärt werden können. Insoweit stehe Aussage gegen Aussage. Es müsse allerdings davon ausgegangen werden, dass gemäß der Orientierungshilfe und dem Sicherheitskonzept das rote Licht der Bodycam während der Aufnahme geleuchtet habe. Auf Nachfrage des Beklagten habe der Verantwortliche geäußert, dass das Informationsblatt vorhanden sei und wenn möglich ausgehändigt werde. Der Kläger habe nicht geltend gemacht, dass ihm dieses nicht angeboten worden sei. Daher gehe das Gericht davon aus, dass der Sicherheitsdienst gemäß seinem Einsatzkonzept gehandelt habe. Zudem wäre eine diesbezügliche weitere Aufklärung wohl auch wegen Zeitablaufs nicht mehr erfolgversprechend.
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Mit dem fristgerecht am 4. Oktober 2023 gestellten und am 4. November 2023 begründeten Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
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Der Beklagte tritt dem Zulassungsantrag entgegen.
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Für die weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der Behördenakten Bezug genommen.
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Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten Zulassungsgründe sind nicht ausreichend dargelegt worden (vgl. § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), liegen jedenfalls nicht vor.
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1. Es bestehen keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Urteile (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO). Der Kläger hat keinen einzelnen tragenden Rechtssatz und keine erhebliche Tatsachenfeststellung des Verwaltungsgerichts mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt (zu diesem Maßstab BVerfG, B.v. 18.6.2019 – 1 BvR 587/17 – BVerfGE 151, 173 Rn. 32 m.w.N.).
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a) Der Kläger führt an, dass der Bereich, in dem er gefilmt worden sei, nicht dem Hausrecht des Verantwortlichen unterlegen und somit schon kein berechtigtes Interesse bestanden habe. Die maßgebliche Bank sei allein aufgrund ihrer Optik dem öffentlichen Raum zuzurechnen. Auch rechtlich habe kein Hausrecht des Betreibers des Einkaufszentrums bestanden, weil die Bank im Bereich des Durchgangswegs stehe, der von der Innenstadt über die Brücke am Haupteingang und Vorplatz des Einkaufszentrums vorbei in den öffentlichen Bereich führe. Die Nutzung durch die Öffentlichkeit überlagere dort die privatrechtlichen Befugnisse; die öffentliche Widmung der Gehwege ergebe sich aus Ziff. 9 des Vertrags und sei vom Verwaltungsgericht übersehen worden. Die vorgenommene Differenzierung zwischen Durchgangsverkehr und Aufenthalt überzeuge daher nicht. Ziff. 1 des Vertrags sehe vor, dass der Bereich der Öffentlichkeit stets offenzuhalten sei. Gegen die dortige Geltung des Hausrechts spreche auch der Geltungsbereich der städtischen Allgemeinverfügung zum Infektionsschutz. Der Beklagte habe den Sachverhalt unzureichend aufgeklärt; es hätte versucht werden müssen zu ermitteln, ob er tatsächlich aggressiv gewesen sei. Bei Feststehen des nichtaggressiven Verhaltens wäre die Aufnahme nicht zulässig gewesen. Bis zur Vernichtung hätten die Aufnahmen eingesehen werden können. Die Personen, die die Aufnahme gesehen hätten, hätten befragt werden können. Die Aggressivität einer sitzenden und essenden Person sei nur konstruiert vorstellbar. Das Verwaltungsgericht unterstelle das aggressive Verhalten; dabei spreche die Zeugenvernehmung ausweislich des Polizeiprotokolls vom 20. Januar 2021, die auch die Ereignisse vom 13. Januar 2021 thematisiere, ausdrücklich nicht von aggressivem Verhalten. Ferner sei die Art und Weise der Durchführung der Filmaufnahme rechtswidrig gewesen. Namentlich sei ihm kein Informationsblatt zur Aushändigung angeboten worden; auch hier habe weder der Beklagte noch das Gericht ermittelt. Ein Hinweis auf das Filmen sei nicht erfolgt. Die nach Art. 15 ff. DS-GVO notwendigen Informationen seien nicht erteilt worden, obwohl sogleich ein Antrag auf Löschung und Information gestellt worden sei.
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b) Dieses Vorbringen ist nicht geeignet, ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zu begründen.
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Nach Art. 78 Abs. 1 DS-GVO hat jede natürliche oder juristische Person das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf gegen einen sie betreffenden rechtsverbindlichen Beschluss einer Aufsichtsbehörde. Die Gerichte besitzen dabei eine uneingeschränkte Zuständigkeit, was einschließt, sämtliche für den bei ihnen anhängigen Rechtsstreit maßgeblichen Sach- und Rechtsfragen zu prüfen (EuGH, U.v. 12.1.2023 – Nemzeti Adatvédelmi és Információszabadság Hatóság, C-132/21 – ECLI:ECLI:EU:C:2023:2 = juris Rn. 41). Ein rechtsverbindlicher Beschluss einer Aufsichtsbehörde unterliegt einer vollständigen inhaltlichen Überprüfung (EuGH, U.v. 7.12.2023 – SCHUFA Holding [Restschuldbefreiung], C-26/22 u. C-64/22 – ECLI:ECLI:EU:C:2023:958 = juris Rn. 47 ff.). Selbst bei Bejahung eines Verstoßes erfordert die Gewährleistung eines wirksamen gerichtlichen Rechtsschutzes es jedoch nicht, dass das Gericht befugt wäre, seine Beurteilung der Wahl der geeigneten und erforderlichen Abhilfebefugnisse an die Stelle der Beurteilung der Behörde zu setzen; vielmehr hat das Gericht zu prüfen, ob die Aufsichtsbehörde die Grenzen ihres Ermessens eingehalten hat (EuGH, U.v. 7.12.2023 – SCHUFA Holding [Restschuldbefreiung], C-26/22 und C-64/22 – ECLI:ECLI:EU:C:2023:958 = juris Rn. 69). Hieraus ergibt sich eine zweistufige Prüfung. Zunächst ist zu fragen, ob die Aufsichtsbehörde in angemessenem Umfang überprüft hat, ob ein Verstoß gegen die Datenschutz-Grundverordnung vorliegt. Für den Fall, dass ein Verstoß festgestellt wird, besteht ein Anspruch des Klägers auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über ein aufsichtliches Einschreiten des Landesamtes (vgl. BayVGH, B.v. 2.5.2025 – 5 C 23.2210 – n.v.; VG Düsseldorf, U.v. 11.11.2024 – 29 K 4853/22 – juris Rn. 43; auch BFH, U.v. 12.12.2023 – IX R 33/21 – BFHE 282, 517 = juris Rn. 32).
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Bei der Behandlung der Beschwerde des Klägers ist der Beklagte seiner Aufgabe nach Art. 57 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO nachgekommen und hat insbesondere hinreichend ermittelt. Der Senat teilt die Auffassung des Beklagten und des Verwaltungsgerichts, dass ein Verstoß gegen Vorschriften der DS-GVO nicht festgestellt werden kann.
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Gemäß Art. 57 Abs. 1 Buchst. f DS-GVO hat sich die Behörde mit der Beschwerde zu befassen, den Gegenstand der Beschwerde in angemessenem Umfang zu untersuchen und den Beschwerdeführer innerhalb einer angemessenen Frist über den Fortgang und das Ergebnis der Untersuchung zu unterrichten. Welcher Untersuchungsumfang im Rahmen des Amtsermittlungsgrundsatzes bei der Bearbeitung einer Beschwerde als „in angemessenen Umfang“ anzusehen ist, regelt Art. 57 DS-GVO nicht. Aus Erwägungsgrund 141 Satz 2 der DS-GVO folgt, dass die Untersuchung vorbehaltlich gerichtlicher Überprüfung so weit gehen soll, wie dies im Einzelfall angemessen ist. Insoweit steht der Aufsichtsbehörde ein Ermessen zu (BFH, a.a.O., juris Rn. 30 m.w.N.). Dabei hat die Aufsichtsbehörde die Beschwerde mit aller gebotenen Sorgfalt zu bearbeiten (vgl. zu diesem Erfordernis EuGH, U.v. 26.9.2024 – C-768/21 – ECLI:ECLI:EU:C:2024:785 = juris Rn. 32). Die Ermessensausübung ist nach Maßgabe des § 114 VwGO gerichtlich zu überprüfen.
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Der Beklagte hat sich hiernach in rechtskonformer Weise mit der Beschwerde befasst und durfte ermessensfehlerfrei von weiteren Ermittlungen und dem Ergreifen aufsichtlicher Maßnahmen absehen. Insbesondere ging der Beklagte zutreffend davon aus, dass keine hinreichenden Anhaltspunkte für einen Datenschutzverstoß vorliegen.
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aa) Das berechtigte Interesse des Verantwortlichen, das für die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung nach Art. 6 Abs. 1 Unterabs. 1 Buchst. f DS-GVO Voraussetzung ist, ist nicht deswegen zu verneinen, weil dem für die Datenverarbeitung verantwortlichen Betreiber des Einkaufszentrums an der streitigen Örtlichkeit kein Hausrecht zustünde.
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Unter den Beteiligten unstreitig ist, dass die Bank, auf der sitzend der Kläger gefilmt worden ist, im Geltungsbereich des Nutzungsvertrags vom 7. Mai 1997 liegt, wie er sich aus den Lageplänen ergibt. Nach Angaben des Klägers in der Zulassungsbegründung befindet sich die Bank auf der Stirnseite des Einkaufszentrums und ist aus Stahlrohr. Ohne jegliche Begründung behauptet der Kläger allerdings, die Bank befinde sich auf einer öffentlich gewidmeten Wegefläche i.S. der Ziff. 9 des Nutzungsvertrags. Aus der Zulassungsbegründung geht schon nicht hervor, ob sich der Kläger der Lage dieser Wegeflächen bewusst ist, wie sie sich auch aus dem in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht seitens des Beklagten übergebenen, ihm von der Stadt zur Verfügung gestellten Plan ergibt. Nach Aktenlage spricht nichts dafür, dass die Bank auf einer öffentlichen Wegefläche liegt.
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Ob der Nutzungsvertrag die Ausübung des Hausrechts auch auf die öffentlich gewidmeten Wegeflächen bezieht, kann nach Vorstehendem im Rahmen des Zulassungsverfahrens offengelassen werden. Mit dem Beklagten und dem Verwaltungsgericht ist allerdings davon auszugehen, dass der Nutzungsvertrag so auszulegen ist, dass der Betreiber des Einkaufszentrums jedenfalls auf den Flächen, die nicht öffentlich gewidmet sind, das Hausrecht erhielt. Das Hausrecht beruht auf dem Grundstückseigentum oder (wie hier) -besitz (§§ 858 ff., 903, 1004 BGB) und ermöglicht es seinem Inhaber, in der Regel, frei darüber zu entscheiden, wem er Zutritt gestattet und wem er ihn verwehrt (BGH, U.v. 29.5.2020 – V ZR 275/18 – NJW 2020, 3382 = juris Rn. 5). Die Bestimmung des Nutzungsvertrags unter Nr. 1, dass die Anlage der Öffentlichkeit stets offen zu halten ist, dahingehend zu verstehen, dass ein privatrechtliches Hausrecht nicht besteht, würde die vertragliche Nutzungsüberlassung so wesentlich beschneiden, das nicht davon ausgegangen werden kann, dass dies dem Willen der Vertragsparteien entsprach. Als Korrelat zu der zu gewerblichen Zwecken überlassenen Nutzung besteht auch das Recht, durch Hausordnung bestimmte Verhaltensweisen, die etwa auch aus infektionsschutzrechtlichen Gründen als geboten erachtet werden, auszuschließen und, etwa in Form der Erteilung eines Hausverbots, durchsetzen zu lassen. Der vom Kläger herangezogenen städtischen Allgemeinverfügung gemäß § 24 Abs. 1 Nr. 1 der 11. BayIfSMV vom 11. Januar 2021 ist, wie bereits das Verwaltungsgericht zu Recht ausführt, kein Aussagegehalt über die Reichweite des Hausrechts zuzusprechen. Im Übrigen spricht auch das Pflichtenbündel des Nutzungsvertrags dafür, dass von der vertraglich beabsichtigten Übertragung des Hausrechts auszugehen ist. Das Innehaben des Hausrechts dürfte wohl auch für die Pflichtenerfüllung erforderlich sein. Bereits das Verwaltungsgericht verweist insoweit auf die Pflicht zur Unterhaltung und Pflege dieser Flächen gemäß Nr. 3. Daneben bestehen Verkehrssicherungspflichten (Nr. 6) und die Übernahme der Haftung für alle Schäden und Unfälle, die im unmittelbaren Zusammenhang mit der Nutzung bestehen (Nr. 7). Der vom Kläger genannten Entscheidung des Verwaltungsgerichts Düsseldorf vom 7. Dezember 2011 (18 K 3554/11 – juris) liegt ein anderer Sachverhalt zu Grunde, weil es dort um die Ausübung des Grundrechts der Meinungsfreiheit in gemeinverträglicher Ausübung auf einem der Öffentlichkeit unbeschränkt zur Verfügung gestellten Privatgrundstück ging, hier jedoch um einen Bereich, dessen Nutzungsmöglichkeit aus infektionsschutzrechtlichen Gründen durch die Hausordnung bereits beschränkt war. Auch der zwischen dem damaligen Rechtsanwalt des Klägers und dem Betreiber des Einkaufszentrums erreichten Verständigung zur gütlichen Einigung lässt sich nichts dazu entnehmen, dass der Geschäftsführer des Betreibers davon ausgeht, nicht das Hausrecht auf der in Rede stehenden Fläche auszuüben. Soweit es in seiner E-Mail vom 21. Januar 2022 heißt, der Sicherheitsdienst erhalte einen gesonderten Hinweis, so bezieht er sich dabei ersichtlich auf die Aufhebung des Hausverbots.
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bb) Das Verwaltungsgericht geht ferner zu Recht davon aus, dass von einer Unerweislichkeit der Frage, ob der Kläger sich aggressiv verhalten hat, auszugehen und dem Beklagten insoweit kein Ermittlungsdefizit anzulasten ist.
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Das Landesamt als Aufsichtsbehörde im Sinne von Art. 51 ff DS-GVO ist zuständig zur Feststellung von Verstößen, trägt aber bei deren Unerweislichkeit keine „Beweislast“ in dem Sinn, dass es dann „im Zweifel“ einen Verstoß feststellen müsste. Dem Regelungsgefüge der DS-GVO ist vielmehr zu entnehmen, dass eine Abhilfebefugnis nur bei feststehenden Verstößen besteht (vgl. Art. 58 Abs. 1 und 2 DS-GVO). Ein datenschutzrechtlicher Verstoß steht nicht etwa fest, weil zweifelsfrei klar wäre, dass der Kläger sich nicht aggressiv verhalten hat. Es ist auch nicht von vornherein ausgeschlossen, dass ein sitzender und essender Mensch aggressiv sein kann. Wie der Beklagte und das Verwaltungsgericht zutreffend ausführen, stehen sich die Aussagen des Klägers und des Geschäftsführers des Sicherheitsdiensts gegenüber. Es trifft nicht zu, dass das Verwaltungsgericht von einem aggressiven Verhalten des Klägers ausgegangen ist. Im Urteil wird vielmehr nachvollzogen, dass der Beklagte zu Recht von einer diesbezüglichen Unerweislichkeit ausging. Auch kann aus dem Aktenvermerk der Polizei vom 20. Januar 2021 aus den vom Verwaltungsgericht genannten Gründen, auf die Bezug genommen wird (UA S. 12), nicht geschlossen werden, der Kläger sei nicht aggressiv gewesen. Weiter wurde im Urteil zutreffend darauf hingewiesen, dass den Beklagten keine unbeschränkte Untersuchungspflicht trifft, sondern die Befassung in angemessenem Umfang eine Frage des Einzelfalls und der Abwägung ist und dem hier Genüge getan wurde. Insbesondere kann der Kläger nicht darauf verweisen, dass zur Frage seines Verhaltens die Filmaufnahmen hätten eingesehen werden können. Denn ausweislich der Stellungnahme des Verantwortlichen vom 7. April 2021 waren die Aufnahmen zum Zeitpunkt des Eingangs dieses Schreibens beim Beklagten bereits gelöscht. Auch eine weitergehende Ermittlung durch Befragung von Personen, die die Filmaufnahmen eingesehen haben, war durch den Beklagten nicht veranlasst. Zum einen drängte es sich dem Beklagten nicht auf, dass die Aufnahmen überhaupt eingesehen wurden. Zum anderen ist von einer Unerheblichkeit auszugehen. Denn der Beklagte verweist in seiner Klageerwiderung vom 20. September 2021 nachvollziehbar darauf, dass der Einsatz der Kamera möglicherweise zu einer Verhaltensänderung führt und somit ein etwaiges vorheriges aggressives Verhalten – das das Filmen grundsätzlich gerechtfertigt hätte – gar nicht mehr einfängt. Auf den (fraglichen) Beweiswert einer solchen etwaigen Erinnerung kommt es damit nicht an.
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cc) Auch mit den im Übrigen geltend gemachten Einwänden, dass die Art und Weise der Filmaufnahmen gegen mehrere Bestimmungen der DSGVO verstoßen habe, dringt der Kläger nicht durch. Der Beklagte verweist auch insoweit zu Recht darauf, dass nicht festgestellt habe werden können, inwieweit der Verantwortliche bei dem konkreten Vorgang seinen Informationspflichten gemäß Art. 12 ff. DSGVO nachgekommen sei, ohne dass dem Beklagten ein Ermittlungsdefizit angelastet werden kann. Insbesondere liegt Unerweislichkeit auch insoweit vor, als zwischen den handelnden Personen streitig ist, ob ein vorheriger Hinweis auf die Inbetriebnahme der Bodycam erfolgte oder nicht; auf die diesbezüglichen Ausführungen (UA S. 14/15), mit denen der Kläger sich nicht auseinandersetzt, wird Bezug genommen. Der Kläger hat auch nicht substantiiert dargelegt, inwieweit er einen Antrag auf Löschung und Information gestellt hat, der nicht bearbeitet worden wäre.
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2. Auch der geltend gemachte Verfahrensmangel nach § 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO liegt nicht vor. Insoweit trägt der Kläger vor, dass der entscheidungserhebliche Nutzungsvertrag erst in der mündlichen Verhandlung und nur dem Gericht vorgelegt worden sei. Auf die Schnelle hätten dessen Regelungen nicht im Einzelnen gelesen und mündlich verwertet werden können. Eine Erwiderung sei nicht möglich gewesen, weil das Urteil bereits am selben Tag verkündet worden sei. Die Vereinbarung sei ihm erst zusammen mit dem Urteil und dem Protokoll zugegangen.
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Eine Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG, hat der Kläger damit nicht dargelegt. Zentraler Bestandteil der richterlichen Urteilsfindung ist die mündliche Verhandlung, vgl. § 101 Abs. 1 Satz 1, § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Dabei darf das Urteil nur auf Tatsachen und Beweisergebnisse gestützt werden, zu denen sich die Beteiligten äußern konnten (§ 108 Abs. 2 VwGO). Hiergegen hat das Gericht durch das geschilderte Vorgehen nicht verstoßen. Die Vorlage entscheidungserheblicher Unterlagen erst in der mündlichen Verhandlung begründet für sich genommen keinen Verfahrensfehler. Der Vertrag wurde in der mündlichen Verhandlung mit den Beteiligten erörtert, und der Kläger machte ausweislich der Niederschrift von der Möglichkeit zur Äußerung Gebrauch. Soweit der Kläger nun behauptet, dass ihm dies nicht ausgereicht habe, hätte es ihm oblegen, sogleich eine Kopie der Vereinbarung einzufordern und eine Vertagung der Verhandlung oder einen Schriftsatznachlass (vgl. § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 283 ZPO) zu beantragen. Denn auf eine Versagung des rechtlichen Gehörs kann sich nicht berufen, wer sich hätte Gehör verschaffen können, dies jedoch unterlassen hat (vgl. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 4 C 8.11 – BVerwGE 145, 145-153 = juris Rn. 12; B.v. 4.8.2008 – 1 B 3.08 – Buchholz 310 § 138 Ziff. 3 VwGO Nr. 70 = juris Rn. 9). Da der Kläger seiner Obliegenheit insoweit nicht nachgekommen ist, kann er schon deswegen keinen Gehörsverstoß mit Erfolg geltend machen.
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Sollte der Kläger auch mittels der Verfahrensrüge geltend machen, dass der Beklagte ihm die Stellungnahme des Betreibers des Einkaufszentraums nicht weitergeleitet hat, begründete auch dies keinen Mangel des gerichtlichen Verfahrens; der Kläger legt hierzu auch nichts dar. Zudem konnte sich der Kläger im gerichtlichen Verfahren dazu äußern (und tat dies auch). Im Übrigen hätte es ihm offen gestanden, bereits zu einem früheren Zeitpunkt Akteneinsicht beim Beklagten zu beantragen und sich über den Stand der Ermittlungen zu informieren.
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3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG. Richtigerweise ist vom Auffangstreitwert in Höhe von 5.000 EUR auszugehen, weil der Sach- und Streitstand bei einer Klage auf datenschutzrechtliches Einschreiten in aller Regel und so auch für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte bietet. Insbesondere ist der geltend gemachte Anspruch nicht quantifizierbar. Soweit der Kläger im Schreiben vom 18. August 2021 einen Betrag von 500 Euro genannt hat, handelt es sich um eine gegriffene Behauptung: Dem Schreiben sind keine nachvollziehbaren Angaben dazu zu entnehmen, warum gerade ein Betrag von 500 Euro der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache entsprechen soll.
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Der Senat macht bezüglich des erstinstanzlichen Verfahrens von seiner Abänderungsbefugnis gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG Gebrauch.
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Dieser Beschluss, mit dem das erstinstanzliche Urteil rechtskräftig wird (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO), ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).