Titel:
Entziehung der Fahrerlaubnis, Rückfall in die Alkoholabhängigkeit, Interessenabwägung
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 3 S. 1, Abs. 5
StVG § 3 Abs. 1 S. 1
FeV § 46
Anlage 4 zur FeV Nr. 8.3, 8.4
Schlagworte:
Entziehung der Fahrerlaubnis, Rückfall in die Alkoholabhängigkeit, Interessenabwägung
Vorinstanz:
VG München, Beschluss vom 23.06.2025 – M 6 S 25.975
Fundstelle:
BeckRS 2025, 25580
Tenor
I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 6.250,- Euro festgesetzt
Gründe
1
Der Antragsteller wendet sich gegen die sofortige Vollziehbarkeit der Entziehung seiner Fahrerlaubnis der Klassen AM, B, C, C1 und L.
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Auf Anforderung des Landratsamts Fürstenfeldbruck legte der Antragsteller nach einer vorläufigen Unterbringung im Bezirkskrankenhaus durch die Polizei einen hausärztlichen Bericht vom 12. September 2024 vor, wonach er u.a. wegen der Dauerdiagnose F10.2G (Abhängigkeit Alk-Entzug 6.18/10 18/7.19) behandelt werde. Er habe sich seit dem letzten stationären Klinikaufenthalt psychisch stabilisiert und nehme Olanzapin. Seit dem 1. April 2024 arbeite er zuverlässig.
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Auf weitere Anforderung von Nachweisen zur Entgiftung und Entwöhnung und von Abstinenznachweisen legte der Antragsteller eine ärztliche Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses vom 21. Oktober 2024 vor, die die Diagnose F10.2 Alkoholabhängigkeit (abstinent seit 7/2020, ein einmaliger Rückfall im Januar 2024, seitdem erneut abstinent) sowie die Diagnose F31.7 (bipolare Störung, gegenwärtig remittiert) enthielt. Der Antragsteller sei seit Juli 2019 wegen langjährigen übermäßigen Alkoholkonsums in regelmäßiger ambulant-psychiatrischer Behandlung. Vom 8. bis 22. Juli 2020 sei eine stationäre qualifizierte Alkoholentgiftung mit anschließender teilstationärer Weiterbehandlung und direkt im Anschluss vom 2. bis 17. September 2020 eine stationäre Entwöhnungsbehandlung erfolgt. Seitdem sei der Antragsteller durchgehend alkoholabstinent. Erst im Rahmen eines familiären Konfliktes sei es zu einem kurzen Alkoholrückfall (insgesamt zwei Trinktage) gekommen, bei welchen er aber nicht Auto gefahren, sondern aus Verzweiflung zu Hause getrunken habe. Seit der Entlassung aus der stationären Therapie am 12. Februar 2024 sei der Antragsteller durchgehend alkoholabstinent und nehme bei sehr hoher Abstinenzmotivation regelmäßig seine ambulanten Kontrolltermine wahr. Aus einer Stellungnahme des Bezirkskrankenhauses vom 18. Dezember 2024 geht hervor, dass er sich seit 11. Dezember 2024 zur qualifizierten Entgiftung in stationärer Behandlung befinde. Als Diagnose wurde angegeben: Psychische und Verhaltensstörungen durch Alkohol: Abhängigkeitssyndrom (F10.2). Der Antragsteller gab hierzu gegenüber der Fahrerlaubnisbehörde an, er habe einen Rückfall gehabt.
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Im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Entziehung der Fahrerlaubnis ließ der Antragsteller mit Schreiben seines Bevollmächtigten vom 3. Februar 2025 ausführen, es liege keine Alkoholabhängigkeit ohne ausreichende Abstinenz vor, und übersandte eine Bestätigung des örtlichen Caritaszentrums vom 22. Januar 2025 über ein Beratungsgespräch in der Fachambulanz und die Ausgabe der Antragsunterlagen für eine ambulante Rehabilitation. Weiter legte er einen undatierten Bericht des Bezirksklinikums vor, wonach er sorgfältig seiner Beschäftigung als Lkw-Fahrer nachgehe und noch nie alkoholbedingt im Straßenverkehr in Erscheinung getreten sei. Bis auf wenige Rückfälle, bei welchen er nicht fahre, hätte er die Umstände voll im Blick und gehe bei Anzeichen für einen Rückfall freiwillig in Therapie. Es sei zu berücksichtigen, dass er Berufskraftfahrer und es noch zu keinerlei Zwischenfällen im Straßenverkehr gekommen sei und er die ganze Familie ernähre. Als Diagnosen werden angeführt: F10.2 (Alkoholabhängigkeit, abstinent seit 7/2020, ein einmaliger Rückfall im Januar 2024 und erneut im Dezember 2024 nach familiärer Belastung), F12.1 (Psychische und Verhaltensstörungen durch Cannabinoide: Schädlicher Gebrauch), F31.7 (Bipolare Störung, gegenwärtig remittiert). Zum Verlauf wurde u.a. angegeben, der Antragsteller habe sich direkt nach dem Rückfall im Dezember zur stationären Aufnahme zum Entzug gemeldet, die längere Trinkphase von zwei bis drei Wochen sei durch die Wartezeit zur stationären Aufnahme zustande gekommen. Der aktuelle Rückfall sei im Urlaub erfolgt und habe erneut in Zusammenhang mit einem familiären Konflikt gestanden. Seit der Entlassung aus der stationären Therapie am 16. Januar 2025 sei der Antragsteller alkoholabstinent und habe den ersten ambulanten Kontrolltermin bereits vereinbart.
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Mit Bescheid vom 11. Februar 2025 entzog das Landratsamt dem Antragsteller die Fahrerlaubnis und gab ihm unter Androhung eines Zwangsgelds auf, seinen Führerschein innerhalb einer Woche ab Zustellung dieses Bescheids abzuliefern. Ferner ordnete es die sofortige Vollziehung dieser Verfügungen an.
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Hiergegen ließ der Antragsteller beim Landratsamt Fürstenfeldbruck am 17. Februar 2025 Widerspruch einlegen und am 18. Februar 2025 beim Verwaltungsgericht München die Gewährung vorläufigen Rechtschutzes beantragen.
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Diesen Antrag lehnte das Verwaltungsgericht mit Beschluss vom 23. Juni 2025 ab. Zur Begründung wurde ausgeführt, die Begründung der Vollzugsanordnung genüge den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Die Fahrerlaubnisbehörde habe ausreichend dargelegt, dass von der Teilnahme alkoholabhängiger Kraftfahrer am Straßenverkehr eine erhebliche Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgehe, der sofort begegnet werden müsse. Die Entziehung der Fahrerlaubnis erweise sich aus den von der Behörde angeführten Gründen als rechtmäßig, weshalb der Widerspruch ohne Erfolg bleiben werde. Der Diagnose der Alkoholabhängigkeit komme aufgrund der Spezialisierung des behandelnden Krankenhauses ein hohes Maß an Verlässlichkeit zu, auch wenn die Diagnosekriterien dem Bericht nicht im Einzelnen zu entnehmen seien. Sowohl die Kurzmitteilung der psychiatrischen Klinik vom 18. Dezember 2024 als auch der Bericht vom 21. Oktober 2024 und der undatierte, wohl vom Januar/Februar 2025 stammende Bericht enthielten die Diagnose der Alkoholabhängigkeit (F10.2). Bei der Klinik handle es sich um eine Bezirksklinik mit einem hohen Grad an Spezialisierung auf Suchterkrankungen. Der Antragsteller befinde sich dort seit Juli 2020 in Behandlung. Die feststehende und nicht überwundene Alkoholabhängigkeit führe zur Fahrungeeignetheit unabhängig davon, ob der Antragsteller bereits mit Alkohol im Straßenverkehr auffällig geworden sei. Deshalb sei hiermit die Fahrerlaubnis zwangsläufig zu entziehen, ohne dass es weiterer Abklärung bedürfe. Die Wiedererlangung der Fahreignung setze voraus, dass die Abhängigkeit nicht mehr bestehe (Entwöhnungsbehandlung) und in der Regel ein Jahr Abstinenz nachgewiesen sei. Dem wohl aktuellsten Bericht der Klinik sei zu entnehmen, dass der Antragsteller seit der Entlassung aus der Entwöhnungstherapie 2020 durchgehend alkoholabstinent gewesen sei, so dass bereits die zeitliche Komponente nicht für einen Lapsus, sondern für einen Rückfall in die Abhängigkeit spreche. Bei der Phase von zwei Tagen im Januar 2024 könne zwar ggf. von einem kurzfristigen Alkoholkonsum gesprochen werden, nicht aber bei der zwei bis drei Wochen andauernden Trinkphase im Dezember 2024. Auch spreche die Erforderlichkeit der stationären qualifizierten Entgiftung von mehreren Wochen im Dezember 2024/Januar 2025 für den Rückfall in die Abhängigkeit und gegen einen Lapsus. Auch werde im Bericht der Klinik von einem Rückfall im Januar und erneut im Dezember 2024 gesprochen. Selbst wenn man von offenen Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache ausgehe, fiele die Interessensabwägung zulasten des Antragstellers aus. Es sei darauf zu achten, dass von ihm aktuell keine höhere Gefahr für die Sicherheit des öffentlichen Straßenverkehrs ausgehe als von anderen Verkehrsteilnehmern. Selbst wenn die Feststellungen der Berichte des Bezirkskrankenhauses als nicht ausreichend angesehen würden, ohne vorherige Anordnung einer fachärztlichen Untersuchung und/oder medizinisch-psychologischen Untersuchung auf eine fehlende Fahreignung zu schließen, sei dem Bericht jedenfalls eine erhöhte Gefahr für eine mögliche Fahrt unter Alkoholeinfluss und damit eingehender Selbstgefährdung sowie Gefährdung von Leben, Gesundheit und Eigentum anderer Verkehrsteilnehmer zu entnehmen.
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Mit seiner Beschwerde, der der Antragsgegner entgegentritt, macht der Antragsteller geltend, die Fahrerlaubnisbehörde habe bei der Anordnung des Sofortvollzugs lediglich allgemeine Ausführungen zur öffentlichen Sicherheit und Ordnung gemacht und nicht seinen konkreten Einzelfall betrachtet. Er gehe sehr sorgfältig und gewissenhaft mit seiner Alkoholerkrankung um und sei noch nie alkoholbedingt im Straßenverkehr aufgefallen. Bei kleinsten Rückfällen begebe er sich sofort in Behandlung. Es sei ausgeschlossen, dass er alkoholisiert ein Fahrzeug führe. Es bestehe kein öffentliches Interesse am Sofortvollzug. Das Gericht habe bei seiner Ermessensentscheidung die Interessen des Antragstellers als Berufskraftfahrer nicht ausreichend berücksichtigt. Ihm drohe mittlerweile die Entlassung. Allein wegen der Alkoholerkrankung und des Rückfalls im Rahmen eines Frusttrinkens könnten nicht sofort die öffentlichen Interessen im Vordergrund stehen. Der Antragsteller sei nahezu ein Jahr abstinent gewesen und habe sich selbst bei dem Frusttrunk im Dezember 2024 wieder in Therapie begeben. Es erscheine unbillig, ohne entsprechende Interessenabwägung an einer Ein-Jahres-Regelung festzuhalten. Hinzu komme, dass das Gericht davon ausgehe, dass es sich bei dem Trunk im Dezember 2024 nicht um einen Suchttrunk gehandelt habe. Wenn es ausführe, dass bei einer bestehenden Alkoholabhängigkeit in der Regel ein Jahr Abstinenz nachzuweisen sei, bedeute das, dass immer auf den konkreten Einzelfall abzustellen sei. Es sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller seit 2020 durchgehend alkoholabstinent gewesen sei. Unzutreffend sei jedoch die Auffassung, dass bei einer Durchbrechung der Abstinenz ein Lapsus durchaus noch im Rahmen sei. Der vom Gericht angesprochene Rückfall sei im Urlaub aufgrund familiärer Probleme erfolgt. Hätte sich der Antragsteller nicht im Urlaub befunden, wäre er zuhause bei seiner Arbeit psychisch stabiler gewesen, sodass auch ein Rückfall von ein bis zwei Wochen durchaus als Lapsus bezeichnet werden könne. Nach der Prognose des Klinikums für Psychiatrie und Psychotherapie sei er krankheitseinsichtig und zeige eine sehr hohe Abstinenzmotivation von Alkohol und Cannabis. Eine Gefahr für den Straßenverkehr könne deshalb ausgeschlossen werden. Dafür, dass im konkreten Einzelfall eine besondere Dringlichkeit vorliege, werde weder von der Behörde noch vom Verwaltungsgericht etwas vorgetragen. Man habe sich lediglich auf allgemeine Ausführungen beschränkt. Der Antragsteller sei nachweisbar seit über drei Monaten alkoholabstinent, weshalb bei dem Rückfall im Dezember 2024 durchaus von einem Lapsus gesprochen werden könne und nicht von einem Rückfall im klassischen Sinne.
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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten beider Instanzen und die vorgelegten Behördenakten verwiesen.
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Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.
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Aus den im Beschwerdeverfahren vorgetragenen Gründen, auf deren Prüfung der Verwaltungsgerichtshof beschränkt ist (§ 146 Abs. 4 Sätze 1 und 6 VwGO), ergibt sich nicht, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts zu ändern und die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs wiederherzustellen wäre.
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Die Anordnung der sofortigen Vollziehung genügt den gesetzlichen Voraussetzungen des § 80 Abs. 3 Satz 1 VwGO. Wie der Antragsgegner in seiner Erwiderung vom 10. September 2025 unter Angabe zahlreicher Nachweise aus der obergerichtlichen Rechtsprechung zutreffend dargelegt hat, ist bei Kraftfahrern, denen die Fahreignung fehlt, das Interesse an der Entziehung der Fahrerlaubnis regelmäßig mit dem Interesse an der sofortigen Vollziehung identisch, weshalb die Behörde die für die Begründung des Verwaltungsakts maßgebenden Erwägungen bei der Begründung der Anordnung des Sofortvollzugs wiederholen oder hierauf Bezug nehmen darf. Es ist auch unschädlich, wenn sie in diesem Zusammenhang allgemeine Überlegungen angestellt oder Standardwendungen verwendet hat. Die behördlichen Erwägungen auf Seite 6 f. des angefochtenen Bescheids, dass aufgrund fehlender Fahreignung eine nicht geringe Wahrscheinlichkeit einer Straßenverkehrsgefährdung durch den Antragsteller anzunehmen und es im Hinblick auf die hochrangigen Rechtsgüter Dritter nicht vertretbar sei, einem an Alkoholabhängigkeit erkranktem und damit fahrungeeignetem Fahrerlaubnisinhaber vorläufig noch die weitere Teilnahme am öffentlichen Straßenverkehr zu gestatten, sind der Sache nach richtig und orientieren sich an der einschlägigen ständigen Rechtsprechung.
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Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die von einem u.a. auf Suchterkrankungen spezialisierten Bezirkskrankenhaus und dem Hausarzt des Antragstellers mehrfach diagnostizierte Alkoholabhängigkeit gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 14
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der Verordnung über die Zulassung von Personen zum Straßenverkehr vom 13. Dezember 2010 (Fahrerlaubnis-Verordnung – FeV, BGBl I S. 1980), zuletzt geändert durch Verordnung vom 2. Oktober 2024 (BGBl I Nr. 299), i.V.m. Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV unabhängig von der berauschten Teilnahme des Abhängigen am Straßenverkehr (vgl. BVerwG, B.v. 21.10.2015 – 3 B 31.15 – DAR 2016, 216 = juris Rn. 5) einen Fahreignungsmangel begründet, der nach § 3 Abs. 1 Satz 1 des Straßenverkehrsgesetzes vom 5. März 2003 (StVG, BGBl I S. 310), zuletzt geändert durch Gesetz vom 23. Oktober 2024 (BGBl I Nr. 323), § 46 Abs. 1 FeV die Entziehung der Fahrerlaubnis erfordert. Bei alkoholabhängigen Personen besteht krankheitsbedingt jederzeit die Gefahr eines Kontrollverlusts und der Teilnahme am Straßenverkehr unter Alkoholeinfluss (stRspr, vgl. BayVGH, B.v. 12.6.2024 – 11 CS 23.2246 – juris Rn. 17; B.v. 17.12.2015 – 11 ZB 15.2200 – juris Rn. 10; Derpa in Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 48. Aufl. 2025, § 2 StVG Rn. 45a). Diese der Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV zugrunde liegende Annahme des Verordnungsgebers wird nicht dadurch widerlegt, dass Alkoholfahrten des Antragstellers trotz langjähriger Abhängigkeit nicht bekannt geworden sind oder dass er sich aufgrund seiner Krankheitseinsicht bei einem Rückfall oder Lapsus freiwillig wieder in Behandlung begab und begibt. Eine hinreichend feststehende und nicht überwundene Alkoholabhängigkeit hat zwangsläufig die Entziehung der Fahrerlaubnis zur Folge, ohne dass es hierfür weiterer Abklärung bedarf (BayVGH, B.v. 31.8.2021 – 11 CS 21.1631 – juris Rn. 26 m.w.N.; B.v. 4.7.2019 – 11 CS 19.1041 – juris Rn. 16).
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Ferner hat das Verwaltungsgericht aus den im angegriffenen Beschluss (S. 13) dargelegten Gründen, auf die gemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 VwGO Bezug genommen wird, auch zu Recht die im jüngsten Bericht des Bezirkskrankenhauses näher beschriebene Trinkphase im Dezember 2024 von zwei bis drei Wochen als Rückfall in die Abhängigkeit und nicht als unschädlichen Lapsus oder Ausrutscher qualifiziert, der sich mit der Erwartung einer langfristigen, ausreichend stabilen alkoholabstinenten Lebensweise noch vereinbaren ließe. Der Umstand, dass der Antragsteller seit einigen Monaten zu einer alkoholabstinenten Lebensweise zurückgefunden hat, ändert hieran nichts. Die von ihm angeführten Gründe für diesen Rückfall (Frustration, familiäre Auseinandersetzungen, Urlaub) spielen bei der Frage, ob es einen Rückfall gegeben hat und daher die Abhängigkeit weiterhin oder wieder besteht, keine Rolle, sondern allenfalls im Rahmen der vor Neuerteilung der Fahrerlaubnis zu beantwortenden Frage, ob die erneute abstinente Lebensweise bzw. die Verhaltensänderung als hinreichend gefestigt und stabil gelten kann. Der Antragsgegner weist in seiner Antragserwiderung zutreffend darauf hin, dass die Fahreignung nach Nr. 8.4 der Anlage 4 zur FeV und Nr. 3.13.2 der Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahreignung vom 27. Januar 2014 (Vkbl S. 110) in der Fassung vom 17. Februar 2021 (Vkbl S. 198; abgedruckt in Schubert/Huetten/Reimann/Graw, Begutachtungsleitlinien zur Kraftfahrereignung, 3. Aufl. 2018, S. 279 f.) erst wieder gegeben ist, wenn die Abhängigkeit nach einer erfolgreichen Entwöhnungsbehandlung nicht mehr besteht, in der Regel ein Jahr Abstinenz nachgewiesen ist und der Einstellungswandel und die Verhaltensänderung als hinreichend gefestigt und stabil einzuschätzen ist, was gemäß § 13 Satz 1 Nr. 2 Buchst. e FeV mittels eines medizinisch-psychologischen Gutachtens nachzuweisen ist (vgl. BayVGH, B.v. 11.6.2018 – 11 CS 17.2466 – juris Rn. 15; Derpa, a.a.O., § 13 FeV Rn. 27 f.).
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Die Interessenabwägung durch das Verwaltungsgericht ist auch nicht aus Gründen der Verhältnismäßigkeit zu beanstanden. Dabei geht der Senat zugunsten des Antragstellers davon aus, dass sich die diesbezügliche Darlegung in der Beschwerdebegründung auch auf die reine Interessenabwägung in Randnr. 46 des angefochtenen Beschlusses bezieht, die unabhängig von der materiell-rechtlichen Bewertung des Entziehungsbescheids die Ablehnung des Antrags gemäß § 80 Abs. 5 VwGO trägt. Ist die Entscheidung – wie hier – auf mehrere selbstständig tragende Gründe gestützt, kann die Beschwerde nur Erfolg haben, wenn der Beschwerdeführer im Hinblick auf jeden der für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblichen Gründe in der Beschwerde etwas Durchgreifendes vorträgt (stRspr vgl. BayVGH, B.v. 11.7.2024 – 6 CE 24.829 – juris Rn. 5; B.v. 15.1.2024 – 10 CS 23.2320 – juris Rn. 4; B.v. 31.7.2023 – 11 CS 23.1229 – juris Rn. 12; Rudisile in Schoch/Schneider, Verwaltungsrecht, § 146 VwGO Rn. 13c; Kaufmann in BeckOK VwGO, Stand 1.1.2020, § 146 Rn. 14; Guckelberger in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2018, § 146 Rn. 77 f. jeweils m.w.N.).
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Besteht wie hier hinreichender Anlass zu der Annahme, dass aus einer aktiven Teilnahme des Betroffenen am öffentlichen Straßenverkehr eine Gefahr für dessen Sicherheit resultiert, muss er die absehbaren Folgen einer Fahrerlaubnisentziehung hinnehmen, wozu auch die Einschränkung oder Aufgabe der Berufsausübung gehört (vgl. BVerfG, B.v. 20.6.2002 – 1 BvR 2062/96 – NJW 2002, 2378 = juris Rn. 50 ff.; Rebler, SVR 2022, 450/451). Solange der Antragsteller seine Alkoholabhängigkeit – wie sich in den Vorfällen vom Januar und Dezember 2024 gezeigt hat – noch nicht nachhaltig in den Griff bekommen hat, liegt das von ihm ausgehende Risiko deutlich über demjenigen, das allgemein mit der Zulassung von Personen zum Führen von Kraftfahrzeugen im öffentlichen Straßenverkehr verbunden ist. Damit überwiegt das Interesse der Allgemeinheit an der Sicherheit des Straßenverkehrs und am Schutz vor erheblichen Gefahren für Leib und Leben (Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG). Die Möglichkeit einer rauschmittelbedingten Beeinträchtigung der Fahreignung rechtfertigt grundsätzlich die Anordnung oder Aufrechterhaltung der sofortigen Vollziehung einer Fahrerlaubnisentziehung (vgl. BVerwG, B.v. 5.11.2018 – 3 VR 1.18 – ZfSch 2019, 115 Rn. 25 m.w.N.). Dies gilt erst recht, wenn wie im Falle der Alkoholabhängigkeit bereits feststeht (vgl. Nr. 8.3 der Anlage 4 zur FeV), dass dem Betroffenen aus jenem Grund die Fahreignung fehlt.
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Die Beschwerde war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47, § 52 Abs. 1 i.V.m. § 53 Abs. 2 Nr. 2 GKG und den Empfehlungen in Nr. 1.5 Satz 1, Nr. 46.3 und 46.4 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2025.
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Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).