Titel:
			Antrag auf Anbringung Stempel bzw Siegel, Rechtsschutzbedürfnis, Rubrumsberichtigung, Tatbestandsberichtigung
			Normenketten:
			SGG § 138, § 139
			ZPO § 189
			Leitsatz:
			Einem Antrag auf Anbringung eines Siegels bzw Stempels auf zugestellte gerichtliche Schriftstücke fehlt regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis.
			Schlagworte:
			Antrag auf Anbringung Stempel bzw Siegel, Rechtsschutzbedürfnis, Rubrumsberichtigung, Tatbestandsberichtigung
			Vorinstanzen:
			LSG München, Beschluss vom 12.09.2025 – L 7 AS 325/25 B ER
			SG Augsburg, Beschluss vom 08.07.2025 – S 15 AS 388/25 ER
			Rechtsmittelinstanzen:
			LSG München, Beschluss vom 12.09.2025 – L 7 AS 325/25 B ER
			LSG München, Beschluss vom 12.09.2025 – L 7 AS 325/25 B ER
			Fundstelle:
			BeckRS 2025, 25290
		 
		 
		Tatbestand
		
			1
			Der Antrag vom 22.07.2025 auf Anbringung eines Stempels wird verworfen.
		 
		Gründe
		
		
			2
			Mit Beschluss vom 17. Juli 2025 hat der Senat die Beschwerde der Antragstellerin (Ast) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 8. Juli 2025 zurückgewiesen, mit dem Eilrechtsschutzes in Bezug auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab 01.07.2025 abgelehnt worden war.
		 
		
			3
			Mit Schreiben vom 22.07.2025 teilte die Ast mit, die ihr zugestellte beglaubigte Abschrift des Beschlusses trage keinen „Stempel“; sie beantrage „Berichtigung“.
		 
		
		
			4
			Der Antrag der Ast auf „Berichtigung“ des Beschlusses vom 17.07.2025 mittels Anbringung eines Stempels bzw Siegels auf die ihr übermittelte beglaubigte Abschrift des Beschlusses ist unzulässig und demgemäß zu verwerfen.
		 
		
			5
			Der Rechtsbehelf der Ast gegen den Beschluss ist unter jedem Gesichtspunkt unzulässig und muss deshalb durch Beschluss verworfen werden (vgl BSG, Beschluss vom 12.02.2024 – B 5 R 5/24 AR – Rn 2).
		 
		
			6
			Weder § 138 SGG noch § 139 SGG sind in Bezug auf die Anbringung eines Stempels bzw Siegels anwendbar, wobei bei gemeinsamer Entscheidung über einen Antrag unter Anwendung von § 138 SGG als auch § 139 SGG die Entscheidung nicht durch den Vorsitzenden alleine, sondern durch den Senat ohne ehrenamtliche Richter erfolgt (BayLSG, Beschluss vom 29.11.2019 – L 7 BA 166/18).
		 
		
			7
			Nach § 138 Satz 1 SGG können Schreibfehler, Rechenfehler und ähnliche offenbare Unrichtigkeiten in gerichtlichen Entscheidungen jederzeit von Amts wegen bzw auf Antrag berichtigt werden durch Beschluss des Vorsitzenden (vgl § 138 Satz 2 SGG). Berichtigt werden können nach dieser Vorschrift allerdings nur Unrichtigkeiten der gerichtlichen Entscheidung selbst. Um eine solche Unrichtigkeit im Rahmen der richterlichen Tätigkeit handelt es sich hier nicht. Der für die Entscheidung zuständige Senat hat seine richterliche Tätigkeit mit der Signatur der bei den Akten befindlichen Entscheidung durch die Richter und die Verfügung, die Entscheidung den Betroffenen zuzustellen, abgeschlossen. Der Senat ist ab diesem Zeitpunkt nicht mehr zuständig; die hierauf folgende verwaltungstechnische Umsetzung ist von der Gerichtsverwaltung vorzunehmen. § 138 SGG ist nicht mehr anwendbar und ein Antrag nach § 138 SGG betreffend die verwaltungstechnische Umsetzung nicht statthaft.
		 
		
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			Nach § 139 SGG kann, wenn der Tatbestand bzw der Sachverhalt von Entscheidungen andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten enthält, die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung der Entscheidung beantragt werden. Die Anbringung eines Stempels bzw Siegels stellt keine derartige Unrichtigkeit bzw Unklarheit dar.
		 
		
			9
			Nachdem weder § 138 SGG noch § 139 SGG in Bezug auf die Anbringung eines Stempels bzw Siegels anwendbar sind und auch kein anderer Rechtsbehelf gegen die gerichtliche Entscheidung ersichtlich ist, ist der Antrag als unzulässig zu verwerfen (vgl BSG, Beschluss vom 12.02.2024 – B 5 R 5/24 AR – Rn 4 zu Rechtsbehelfen in Bezug auf die beglaubigte Abschrift eines Beschlusses, die lediglich die Unterschriften der Richter in Maschinenschrift wiedergibt).
		 
		
			10
			Im Übrigen fehlt es der Ast für die beantragte Anbringung eines Stempels bzw Siegels ohnehin – im Hinblick auf jedmöglichen Rechtsbehelf, auch zB Justizverwaltungsakten – an einem Rechtsschutzbedürfnis, nachdem ihr die beglaubigte Abschrift wirksam zugestellt wurde (vgl BSG, Beschluss vom 31.08.2021 – B 5 R 21/21 BH Rn 10).
		 
		
			11
			Unabhängig davon, ob die Zustellung einer durch die Urkundsbeamtin beglaubigten Abschrift bei elektronischer Aktenführung nicht ohnehin den Formerfordernissen entspricht (vgl § 63 SGG iVm §§ 317, 169 Abs. 4 S. 2 ZPO idF ab 1.1.2020), ist hier allein entscheidend, dass die Ast eine Abschrift erhalten hat.
		 
		
			12
			Denn selbst bei Zustellung einer einfachen, nicht beglaubigten Abschrift (was hier nicht der Fall war) ist ein solcher Fehler nach der Vorschrift zur Heilung von Zustellungsmängeln bei tatsächlichem Zugang des zuzustellenden Dokuments (vgl § 189 ZPO) unbeachtlich (zur Heilung eines solchen Zustellungsmangels vgl BVerwG, Beschluss vom 6.7.2007 – 8 PKH 2/07 Rn 3; BGH, Beschluss vom 22.12.2015 – VI ZR 79/15 Rn 14 ff). § 189 ZPO hat den Sinn, eine Zustellung auch dann als bewirkt anzusehen, wenn der Zustellungszweck anderweitig erreicht wird (vgl BGH, Urteil vom 13.9.2017 – IV ZR 26/16 Rn 18). Sind die Voraussetzungen des § 189 ZPO erfüllt, so gilt das zuzustellende Dokument zum Zeitpunkt seines tatsächlichen Zugangs beim Zustellungsadressaten kraft Gesetzes als zugestellt.
		 
		
			13
			Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.