Titel:
			Darlegung der Entscheidungserheblichkeit, mögliches Rechtsmittel, Rechtsschutzbedürfnis, Tatbestandsberichtgung
			Normenketten:
			SGG § 139
			ZPO § 314
			Leitsatz:
			Einem Antrag auf Tatbestandsberichtiigung fehlt regelmäßig das Rechtsschutzbedürfnis, wenn eine Entscheidungserheblichkeit der gerügten Unrichtigkeiten nicht dargetan ist bzw kein Rechtsmittel gegen die zu berichtigende Entscheidung möglich ist.
			Schlagworte:
			Darlegung der Entscheidungserheblichkeit, mögliches Rechtsmittel, Rechtsschutzbedürfnis, Tatbestandsberichtgung
			Vorinstanz:
			SG Augsburg, Beschluss vom 08.07.2025 – S 15 AS 388/25 ER
			Rechtsmittelinstanzen:
			LSG München, Beschluss vom 12.09.2025 – L 7 AS 325/25 B ER
			LSG München, Beschluss vom 12.09.2025 – L 7 AS 325/25 B ER
			LSG München, Beschluss vom 12.09.2025 – L 7 AS 325/25 B ER
			Fundstelle:
			BeckRS 2025, 25287
		 
		 
		Tenor
		
			
			Der Tatbestandsberichtigungsantrag vom 02.08.2025 wird als unzulässig verworfen.
		 
		Gründe
		
		
			1
			Mit Beschluss vom 17. Juli 2025 hat der Senat die Beschwerde der Antragstellerin (Ast) gegen den Beschluss des Sozialgerichts Augsburg vom 8. Juli 2025 zurückgewiesen, mit dem Eilrechtsschutz in Bezug auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit ab 01.07.2025 abgelehnt worden war.
		 
		
			2
			Mit Schreiben vom 02.08.2025, eingegangen bei Gericht am 04.08.2025, beantragte die Ast Tatbestandsberichtigung nach § 139 SGG. Auf insgesamt zwölf Seiten führt die Ast im Einzelnen aus, dass sie ein Rechtsschutzbedürfnis habe auf Tatbestandberichtigung, ua auf Aufnahme von Ausführungen der ersten Instanz in den Tatbestand der zweiten Instanz (vgl I. des Schreibens der Ast) und auf Aufnahme von weiteren Tatsachen in den Tatbestand (vgl II. des Schreibens der Ast).
		 
		
		
			3
			Der Antrag auf Tatbestandberichtigung ist unzulässig und demgemäß zu verwerfen, da es an einem Rechtsschutzbedürfnis fehlt (vgl BSG, Beschluss vom 31. August 2023 – B 11 AL 42/21 R).
		 
		
			4
			§ 139 Abs. 1 SGG ergänzt die Möglichkeit einer Urteilsberichtigung wegen offenbarer Unrichtigkeit nach § 138 SGG und bestimmt, dass für den Fall, dass der Tatbestand des Urteils andere Unrichtigkeiten oder Unklarheiten enthält, die Berichtigung binnen zwei Wochen nach Zustellung der gerichtlichen Entscheidung beantragt werden kann.
		 
		
			5
			Eine Tatbestandsberichtigung setzt allerdings ein Rechtsschutzinteresse des Antragstellers/der Antragstellerin voraus (BSG, Beschluss vom 31. August 2023 – B 11 AL 42/21 R). Das Rechtsschutzbedürfnis für eine Tatbestandsberichtigung wird durch den verfahrensrechtlichen Sinn und Zweck des Tatbestands bestimmt (vgl BFH, Beschluss vom 24. Juni 2025 – IX R 22/22; BGH, Beschluss vom 03.03.202- 2 RiZ 5/20).
		 
		
			6
			Der Tatbestand hat nach § 314 ZPO, der über § 202 Satz 1 SGG auch im sozialgerichtlichen Verfahren anwendbar ist, Beweiskraft für das Vorbringen bzgl entscheidungserheblicher Tatsachen und Prozesshandlungen der Beteiligten. Die Tatbestandsberichtigung erfasst danach nicht die für die Entscheidung vom Gericht vorgenommenen Tatsachenwertungen, also auch die Nichtaufnahme eines aus Sicht des Gerichts nicht entscheidungsrelevanten Vorbringens der Beteiligten, die Beweiswürdigung und die Willensbildung des Gerichts. Einem Antrag auf Tatbestandsberichtigung fehlt das Rechtsschutzbedürfnis, wenn die zu berichtigenden Tatsachen nicht dieser gesetzlichen Beweiskraft oder gesetzlichen Bindungsregelungen unterliegen (BVerwG vom 10.10.2018 – 6 A 3/16 Rn 2).
		 
		
			7
			Die Ast macht keine insoweit relevanten Unrichtigkeiten geltend. Vielmehr beanstandet sie die aus seiner Sicht unrichtige Würdigung ihres Vorbringens, worauf sich die Beweiskraft des Tatbestands nicht erstreckt. Hinzu kommt, dass auch die aus Sicht der Ast angebliche Entscheidungserheblichkeit der geltend gemachten Unrichtigkeiten (vgl dazu BVerwG vom 10.10.2018 – 6 A 3/16 Rn 2) weder hinreichend aufgezeigt noch ersichtlich ist.
		 
		
			8
			Vor allem aber fehlt es an einem Rechtsschutzinteresse, weil nach § 177 SGG kein Rechtsmittel gegen den Beschluss des Senats vom 17.07.2025 gegeben ist. An einer Tatbestandsberichtigung kann nur ein berechtigtes Interesse bestehen, wenn damit die Grundlagen für eine Rechtsmittelentscheidung geschaffen werden sollen (vgl BFH, Beschluss vom 24. Juni 2025 – IX R 22/22). Das ist hier nicht der Fall.
		 
		
			9
			Ein Rechtsschutzinteresse lässt sich auch nicht aus einer möglicherweise beabsichtigten Einlegung einer Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht herleiten, weil in diesem Verfahren keine Tatbestandsbindung besteht (vgl BFH, Beschluss vom 24. Juni 2025 – IX R 22/22 Rn 5).
		 
		
			10
			Nach alledem ist der Antrag auf Tatbestandberichtung mangels Rechtschutzinteresses als unzulässig zu verwerfen.
		 
		
			11
			Dieser Beschluss ergeht kostenfrei und ist nicht anfechtbar, § 177 SGG.