Inhalt

VG München, Urteil v. 16.09.2025 – M 7 K 24.3773
Titel:

Bürgerbegehren, Kombination zweier Bürgerbegehren, Bauleitplanung, Unzulässigkeit, Kein Verstoß gegen Sicherungsrecht, Fragestellung überholt, Fortsetzungsfeststellungsantrag

Normenkette:
GO Art. 18a
Schlagworte:
Bürgerbegehren, Kombination zweier Bürgerbegehren, Bauleitplanung, Unzulässigkeit, Kein Verstoß gegen Sicherungsrecht, Fragestellung überholt, Fortsetzungsfeststellungsantrag
Fundstelle:
BeckRS 2025, 25188

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerinnen haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldnerinnen zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerinnen dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

1
Die Klägerinnen begehren die Zulassung des Bürgerbegehrens „Grünlandfläche an der D. straße erhalten“, hilfsweise die Feststellung der Zulässigkeit.
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Die Klägerinnen sind Vertreterinnen der Bürgerbegehren „Kein allgemeines Wohngebiet am HB 1“ (im Folgenden: HB1) und „Grünlandfläche an der D. straße erhalten“ (im Folgenden: D1) in Taufkirchen.
3
Das Bürgerbegehren HB1 fordert eine Begrenzung der geplanten Bebauung am HB 1 („Bebauungsplan Nr. 94“) auf die „Senioreneinrichtungen“. Das Bürgerbegehren D1 fordert die Einstellung der geplanten Bebauung („Bebauungsplan Nr. 98“) und Erhaltung der Fläche in der ursprünglichen Nutzung als Grünland. Beide Bürgerbegehren waren jeweils mit Begründung im Format DIN A4 (spiegelbildlich angeordnet) auf einem (mittig gefalteten, einseitig bedruckten) Blatt im Format DIN A3 abgedruckt.
4
Zudem war ein gemeinsames Informationsblatt (vier Seiten auf einem mittig gefalteten Blatt im Format DIN A3) zu beiden Bürgerbegehren mit der Überschrift: „Zwei Bürgerbegehren – Ein Thema: Retten Sie die Luftqualität in Taufkirchen!“ zusammen mit den Unterschriftenlisten ausgereicht worden. Dieses enthält u.a. über drei Seiten hinweg Gründe für die Unterzeichnung beider Bürgerbegehren, dabei u.a. die Aussage: „Mit diesem Bürgerbegehren können wir die Bauvorhaben an der D. straße und am HB 1 verhindern! Bitte beide Bürgerbegehren unterschreiben um die große Freifläche mit den idyllischen Ecken zu retten!“
5
Die Fragestellung des hier streitgegenständlichen Bürgerbegehrens „Grünlandfläche an der D. straße erhalten“ (D1) lautet:
„Sind Sie dafür, dass die geplante Bebauung der Fläche an der D. straße zwischen W. Weg, Postweg und dem Gehölz im Norden (Bebauungsplan Nr. 98) eingestellt wird und die Fläche somit in ihrer ursprünglichen Nutzung als Grünland erhalten bleibt?“
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Zur Begründung ist ausgeführt:
An der D. straße wird Wohnbebauung geplant zwischen W. Weg, Postweg und dem Streifen mit Gehölz im Norden. Die Freifläche an der D. straße war bisher in ihrer Nutzung eingeschränkt und als „Landwirtschaftliche Nutzfläche mit besonderer ökologischer Funktion, Grünlandnutzung empfohlen“ ausgewiesen gemäß dem ursprünglich zugrundeliegenden Flächennutzungsplan vom 27.03.2001. Die zentrale Fläche war zusätzlich als „Schützenswerter Landschaftsbestandteil nach Art. 12 BayNatSchG“ ausgewiesen.
Die Freifläche am Entenbach ist besonders schützenswert, weil sie einen positiven Einfluss auf das Klima im Talgrund hat wegen der Hangkante, ihrer Lage in OstWestrichtung und ihrer Verbindung zu anderen Freiflächen.“
7
Im Folgenden werden sechs Gründe angeführt, die für den Erhalt dieser Freifläche sprächen.
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Die Bürgerbegehren HB1 und D1 mit den Unterschriftenlisten wurden am 23. April 2024 bei der Beklagten eingereicht.
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Der kurz danach erfolgte Satzungsbeschluss zu dem Bebauungsplan Nr. 98 „D. straße“ vom 23. April 2024 wurde am 24. April 2024 bekannt gemacht. Ein Eilantrag der Klägerinnen vom 7. Mai 2024 mit dem Ziel der Verhinderung der weiteren Bekanntmachung wurde mit Beschluss der Kammer vom 8. Mai 2024 (M 7 E 24.2304) abgelehnt.
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Die Beklagte wies die Bürgerbegehren HB1 und D1 nach entsprechenden Gemeinderatsbeschlüssen vom 16. Mai 2024 jeweils mit Bescheid vom 27. Mai 2024 als unzulässig zurück. Durch den Abdruck zweier Bürgerbegehren auf einer DIN A3 Seite handele es sich um eine unzulässige Koppelung mehrerer Bürgerbegehren. Durch die Gleichartigkeit der Gestaltung werde zudem für Bürgerinnen und Bürger eine leichte Verwechslungsgefahr der beiden Bürgerbegehren gesehen. Auf der Grundlage von Art. 18a Abs. 4 Satz 1, Abs. 14 Satz 1 GO schließe es das geltende Recht aus, Bürgerbegehren dergestalt zu koppeln, dass auf einer Unterschriftenliste zugleich für mehrere Bürgerbegehren Unterschriften gesammelt würden, dies unabhängig davon, ob zwischen den verschiedenen Bürgerbegehren ein sachlicher Zusammenhang bestehe oder nicht. Der unterzeichnenden Person werde durch den Abdruck zweier Bürgerbegehren auf einer DIN A3 Seite nicht eindeutig zu erkennen gegeben, dass sie die Möglichkeit habe, frei zu entscheiden, ob sie getrennt für die eine oder andere Liste unterschreiben könne. Durch die Verbindung auf einem Blatt und auf einer Seite habe diese sich dazu gedrängt fühlen können, für beide Bürgerbegehren zu unterzeichnen, auch wenn sie nur das eine oder das andere habe unterstützen wollen. Es erscheine aber auch möglich, dass eine unterzeichnende Person gemeint habe, dass sie mit einer Unterschrift beide Begehren unterstütze. Für beide Bürgerbegehren sei eine nahezu identische Anzahl an Unterschriften gesammelt worden. Selbst bei wohlwollender Auslegung des Bürgerbegehrens seien die Zweifel an der Rechtmäßigkeit nicht zu überwinden. Es könne daher dahingestellt bleiben, ob weitere Gründe gegen die Zulässigkeit sprächen.
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Am 26. August 2024 reichten die Klägerinnen als deren Vertreterinnen zwei weitere Bürgerbegehren zu derselben Thematik bei der Gemeinde ein. Es handelt sich dabei um das Bürgerbegehren „Grünfläche an der D. straße erhalten“ (im Folgenden: D2) und das Bürgerbegehren „Das Bauleitplanverfahren am HB 1 stoppen!“
12
Das Bürgerbegehren D2 enthält folgende Fragestellung:
„Sind Sie dafür, dass der als Satzung beschlossene Bebauungsplan Nr. 98 ‚D. straße‘ der Gemeinde Taufkirchen aufgehoben wird?“
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Mit Bescheid vom 9. Oktober 2024 wies die Beklagte auch dieses Bürgerbegehren als unzulässig zurück. Eine diesbezügliche Klage wurde mit noch nicht rechtskräftigem Urteil vom 30. Juli 2025 (M K 24.6262) abgewiesen.
14
Am 25. Juni 2024 haben die Klägerinnen gegen den Bescheid vom 27. Mai 2024 Klage erhoben. Zur Begründung tragen sie vor, das streitgegenständliche Bürgerbegehren D1 habe sich im Hinblick auf die ortsübliche Bekanntmachung des Bebauungsplans Nr. 98 „D. straße“ nicht erledigt. Zum Zeitpunkt der Einreichung des Bürgerbegehrens sei die Fragestellung bezüglich der gestellten Frage nach dem Empfängerhorizont wohlwollend dahingehend auszulegen gewesen, dass Gegenstand des Bürgerbegehrens die Einstellung des Verfahrens für den noch nicht ortsüblich bekannt gemachten und damit noch nicht in Kraft getretenen Bebauungsplan Nr. 98 „D. straße“ sein solle. Eine auf Einstellung von Bauleitplanverfahren zielende Fragestellung sei rechtlich unproblematisch. Die Fragestellung sei nicht auf ein rechtswidriges und damit unzulässiges Ziel gerichtet. Auch die zwischenzeitlich erfolgte – unüblich kurzfristige – Bekanntmachung des Bebauungsplans führe nicht dazu, dass das Bürgerbegehren nachträglich unzulässig geworden wäre. Die Beklagte habe mit der Bekanntmachung des streitgegenständlichen Bebauungsplans gegen das verfassungsrechtlich aus Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV abzuleitende Sicherungsrecht des zulässigen Bürgerbegehrens verstoßen mit der Folge, dass sich der Bebauungsplan als nichtig erweise und daher nicht geeignet sei, dem zulässigen Bürgerbegehren die Grundlage zu entziehen. Die Gemeinde dürfe grundsätzlich nicht durch beschleunigte Durchsetzung ihrer Interessen und Verzögerung des Verfahrens des Bürgerbegehrens Fakten schaffen, die eine objektive Zwangslage zu ihren Gunsten herbeiführten oder dem Bürgerbegehren die Grundlage entzögen. Sie müsse das grundsätzliche Recht ihrer Bürger auf Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid beachten. Würden Satzungen – wie hier der Bebauungsplan – unter Missachtung des Sicherungsrechts erlassen, erwiesen sie sich als rechtswidrig und nichtig, weil sie unter Verletzung grundrechtlich abgesicherter Rechtspositionen zustande gekommen seien. Bürgerbegehren seien im Übrigen auslegungsbedürftig und auslegungsfähig. Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs sollten im Interesse der Handhabbarkeit von Bürgerbegehren an die sprachliche Abfassung keine zu hohen Anforderungen gestellt werden, damit auch juristische Laien ein Bürgerbegehren mit Erfolg einreichen könnten. Von daher sei die Fragestellung des Bürgerbegehrens zulässig. Es liege auch keine Täuschung oder Irreführung vor, auch nicht durch den spiegelverkehrten Abdruck von zwei verschiedenen Bürgerbegehren auf einem auf DIN A4 gefalteten DIN A3 Bogen. Die Fragen seien äußerlich voneinander getrennt. Es sei objektiv erkennbar, dass es um zwei unterschiedliche Fragestellungen gehe.
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Die Klägerinnen beantragen,
I. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 27. Mai 2024 verpflichtet, das am 23. April 2024 eingereichte Bürgerbegehren „Grünlandfläche an der D. straße erhalten“ zuzulassen.
II. Hilfsweise für den Fall, dass das Gericht Ziff. I des Antrags nicht entspricht, wird beantragt festzustellen, dass das am 23. April 2024 eingereichte Bürgerbegehren „Grünlandfläche an der D. straße erhalten“ bis zur Bekanntmachung des Bebauungsplans Nr. 98 zulässig und begründet war.
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Die Beklagte beantragt,
Klageabweisung im Haupt- und Hilfsantrag.
17
Sie führt hierzu aus, die Fragestellung sei nicht hinreichend bestimmt. Es bleibe unklar, was mit der Einstellung der geplanten Bebauung der Fläche gemeint sei. Gegenstand könne nur eine konkrete Handlung der Gemeinde sein. Die Beklagte plane keine Bebauung, sondern ermögliche eine solche durch den Bebauungsplan. Das Bürgerbegehren sei auch aufgrund des Verstoßes gegen das Koppelungsverbot nicht zuzulassen. Der unterzeichnende Gemeindebürger habe durch den Abdruck zweier Bürgerbegehren auf einer DIN A3 Seite nicht eindeutig erkennen können, dass er die Möglichkeit habe, frei zu entscheiden, ob er getrennt für die eine oder andere Liste unterschreiben habe können und wollen. Des Weiteren entspreche die Begründung nicht den Anforderungen des Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO. Sie gebe den Sachverhalt nicht vollumfänglich wieder und treffe teilweise Aussagen ins Blaue hinein. Die Unterzeichner würden in wesentlichen Punkten in die Irre geführt. Es werde darauf abgestellt, dass die Freifläche bisher in ihrer Nutzung eingeschränkt und als „Landwirtschaftliche Nutzfläche mit besonderer ökologischer Funktion, Grünlandnutzung empfohlen“ ausgewiesen gewesen sei gemäß ursprünglich zugrundeliegendem Flächennutzungsplan vom 27. März 2001. Nicht ausgeführt werde jedoch, dass der Flächennutzungsplan mit Bekanntmachung der 24. Änderung vom 7. März 2024, durch das Landratsamt am 23. Februar 2024 genehmigt, an eben dieser Fläche eine Wohnbaufläche mit Ortsrandeingrünung darstelle. Die Behauptung, dass der Erhalt der Grünfläche eine Frischluftschneise erhalte, sei ins Blaue hinein getroffen. Die Fläche liege zwischen bestehenden Bebauungen. Darüber hinaus enthalte das beigefügte Informationsblatt, das offensichtlich wesentlich für die Entscheidung zur Abgabe der Unterschrift habe sein sollen, eine Reihe von falschen und irreführenden Aussagen. Irreführend seien insbesondere die Aussagen bezüglich des Verkehrslärms, zudem werde die Fläche um den Entenbach irreführend als vorsorgliches Überschwemmungsgebiet bezeichnet, obwohl es kein Überschwemmungsgebiet darstelle, auch werde fehlerhaft ausgeführt, dass eine Renaturierung des Entenbachs durch den Investor abgelehnt worden sei, welche jedoch auf dessen Kosten stattfinde. Durch die Bekanntmachung des Bebauungsplans Nr. 98 sei das Bürgerbegehren auf ein rechtswidriges Ziel gerichtet und verstoße gegen ein ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal des Art. 18a Abs. 1 GO. Es habe sich damit aus tatsächlichen Gründen bereits erledigt. Die Bekanntmachung sei auch nicht nichtig gewesen. Jedenfalls würde dem Sicherungsrecht das kommunale Selbstverwaltungsrecht der Beklagten nach Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 BV entgegenstehen, was weiter ausgeführt wurde. Auch bestehe das Sicherungsrecht nur für sowohl materiell als auch formell zulässige Bürgerbegehren, was vorliegend nicht der Fall sei.
18
Am 30. Juli 2025 wurde mündlich verhandelt. Die Beteiligten waren dabei nach Gewährung einer Schriftsatzfrist mit einer nachfolgenden Entscheidung im schriftlichen Verfahren einverstanden. Die Klage auf Zulassung des Bürgerbegehrens HB1 wurde mit noch nicht rechtskräftigem Urteil vom 30. Juli 2025 (M 7 K 25.3772) abgewiesen.
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Die Klägerinnen tragen weiter vor, ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse bestehe unter dem Gesichtspunkt der Wiederholungsgefahr und des Rehabilitationsinteresses. Der Gemeinderat der Beklagten habe das vergleichbare nachfolgende Bürgerbegehren wegen derselben Aussagen wie bei dem hier streitgegenständlichen Bürgerbegehren als inhaltlich unzutreffend beanstandet. Wegen des Unterliegens vor dem Verwaltungsgericht würden die Klägerinnen in der Öffentlichkeit beschuldigt, ein unzulässiges Bürgerbegehren betrieben zu haben, was ein Rehabilitierungsinteresse begründe. Der Vortrag der Beklagten, es sei den Klägerinnen bereits am 9. April 2024 bekannt gewesen, dass sie die erforderliche Anzahl an Unterschriften bereits gesammelt hätten, sowie die Behauptung „trotz seit langem ausreichenden Unterschriften“ seien unrichtig. Den Klägerinnen sei von der Verwaltung am 9. April 2024 eine unrichtig um ca. 400 Unterschriften zu hohe Zahl genannt worden, obwohl ausdrücklich nach der genauen Anzahl gefragt worden sei. Hätte die Beklagte die Klägerinnen richtig informiert, hätte das Bürgerbegehren schon ab diesem Zeitpunkt eingereicht werden können. Die Entscheidung des Abdrucks beider Bürgerbegehren sowie des Flyers auf ein DIN A3 Blatt sei erst kurz vor Druckfreigabe aus rein pragmatischen Gründen gefällt worden. Der Gedanke einer damit einhergehenden unzulässigen Koppelung liege fern. Die von der Beklagten beanstandete Passage der Fragestellung gehe auf den Umweltbericht zurück, es habe im Übrigen eine bürgernahe Formulierung gewählt werden sollen, da Bauleitplanverfahren nicht jedem Bürger geläufig seien. Zu dem Flächennutzungsplan in der Fassung vom 27. März 2001 werde auch in der Begründung zum Bebauungsplan ausgeführt, aus dem klägerseits zitiert worden sei, wie auch im Umweltbericht. Zur Richtigkeit der Begründung des Erhalts einer Frischluftschneise wurde ebenfalls auf den Umweltbericht sowie die Planungshinweiskarte und Karte für Luftqualität des Bayerischen Landesamts für Umwelt Bezug genommen. Die Fläche liege nicht „zwischen Bebauungen“, sondern direkt angrenzend an die große Freifläche bis hinunter zur M. Straße, nebenan angrenzend eine Grünfläche und weitere Freiflächen, führend bis an die „Frischluftschneise Hachinger Tal“. Durch die oberhalb der D. straße liegende Hangkante mit Grünzone werde der Luftaustausch intensiviert und durch die ca. 33 Bäume und die Hecke Luftqualität produziert. Entgegen den Behauptungen der Beklagten sei auch die in der Begründung enthaltene Skizze richtig, was im Einzelnen ausgeführt wurde. In Bezug auf die Verkehrszunahme werde klägerseits aus der offiziellen Verkehrsuntersuchung von Kurz und Fischer von 2023 zitiert. Falsch sei die Aussage der Beklagten, Überschreitungen würden von den Gutachtern als unwesentlich bewertet. Tatsächlich festgehalten worden sei „…geringfügig überschritten.“ Es sei klägerseits auch richtigerweise „Retentionsfläche entlang am Entenbach“ formuliert worden. Es sei im Flyer nicht von „festgesetztes oder vorläufigen Überschwemmungsgebieten“ gesprochen worden. Die Wiese stehe wegen des hohen Grundwasserspiegels regelmäßig bei schon leichtem Regen unter Wasser und im Fall von Starkregen sogar ca. 20 cm hoch. Zu der Richtigkeit der Ablehnung der Renaturierung des Entenbachs durch den Investor wurde auf die Stellungnahme des Umweltamts der Gemeinde vom 27. Februar 2024 Bezug genommen. Es gehe nur um die Umsetzung einer „ökologischen Aufwertung“, keine Renaturierung. Es sei nicht klar gewesen, dass der Gemeinderat am Tag der Einreichung des Bürgerbegehrens den Bebauungsplan beschließen sollte. Es hätten noch bis zum 10. April 2024 Stellungnahmen eingereicht werden können. Da der Bebauungsplan seit Jahren immer wieder wegen Mängeln geändert und erneut ausgelegt habe werden müssen, hätten die Klägerinnen nicht damit gerechnet, dass der Satzungsbeschluss zu dem Zeitpunkt überhaupt möglich sei. Konflikte im Bebauungsplan, die schon im Bauleitplanverfahren geklärt werden müssten, seien ungelöst gewesen.
20
Die Beklagte trat dem mit Schriftsatz vom 21. August 2025 umfänglich entgegen, der Hilfsantrag sei bereits unzulässig. Wegen der Einzelheiten hierzu wird auf den Schriftsatz Bezug genommen.
21
Wegen der weiteren Einzelheiten wird im Übrigen auf die Gerichtsakte, die vorgelegte Behördenakte, ergänzend auf die Gerichts- und Behördenakten in den Klageverfahren betreffend das Bürgerbegehren HB1 (M 7 K 24.3772) und das Bürgerbegehren D2 (M 7 K 24.6262) sowie das Protokoll über die mündliche Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

22
Mit Einverständnis der Beteiligten konnte ohne weitere mündliche Verhandlung entschieden werden (§ 101 Abs. 2 VwGO).
23
Die Klage bleibt sowohl im Hauptantrag als auch im Hilfsantrag ohne Erfolg.
24
Die Klage ist im Hauptantrag zulässig, jedoch unbegründet.
25
Die auf Zulassung des Bürgerbegehrens gerichtete Klage (vgl. Art. 18a Abs. 8 Satz 2 GO) ist als Verpflichtungsklage grundsätzlich zulässig (vgl. BayVGH, U.v. 18.3.1998 – 4 B7.3249 – juris Rn. 13 m.w.N.). Maßgebend für die Beurteilung, ob das streitgegenständliche Bürgerbegehren die formellen wie materiellen Zulassungsvoraussetzungen erfüllt, ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung des Gerichts.
26
Der Klage fehlt auch nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Da die Fragestellung des Bürgerbegehrens ihrem Wortlaut nach nicht unmittelbar die Einstellung des Bauleitplanverfahrens zum Gegenstand hat, sondern sich in allgemeinerer Form gegen die „geplante Bebauung“ und insbesondere für den Erhalt der Fläche „in ihrer ursprünglichen Nutzung als Grünland“ (Hervorhebung durch Fettdruck) ausspricht, hat sich das Bürgerbegehren nicht allein mit der Bekanntmachung des Bebauungsplans erledigt. Da eine Bebauung der Fläche wohl noch nicht erfolgt ist und damit eine weitere Grünlandnutzung tatsächlich noch möglich wäre, besteht jedenfalls die abstrakte tatsächliche Möglichkeit, das sachliche Ziel des Bürgerbegehrens im Sinne einer Grundsatzentscheidung weiterzuverfolgen. Ob das Bürgerbegehren in dieser Form auch rechtlich nach der aktuellen Sachlage zulässig ist, ist hingegen eine Frage der Begründetheit.
27
Die Klage ist unbegründet, da die Klägerinnen als Vertreterinnen keinen Anspruch auf Zulassung des streitgegenständlichen Bürgerbegehrens haben (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Dieses erfüllt nach dem aktuellen Sachstand weder die formellen noch die materiellen Zulassungsvoraussetzungen.
28
Die Sachlage im Zeitpunkt der Einreichung des Bürgerbegehrens D1 ist infolge der weiteren tatsächlichen und rechtlichen Entwicklung insoweit überholt, als der Bebauungsplan Nr. 98 „D. straße“ infolge der Bekanntmachung in Kraft getreten ist und auch eine diesbezügliche Baugenehmigung bereits erteilt wurde.
29
Entgegen der Auffassung der Klägerinnen kann dies auch nicht deshalb unberücksichtigt bleiben, weil der Bebauungsplan sich als nichtig erwiese und damit quasi als nichtexistent betrachtet werden könnte, sodass weiterhin eine Einstellung des Bauleitplanverfahrens möglich wäre. Vielmehr ist ein Verstoß der Beklagten gegen das Sicherungsrecht der Klägerinnen als Vertreterinnen des Bürgerbegehrens D1 mit der Bekanntmachung des Bebauungsplans nicht erfolgt.
30
Im Hinblick darauf, dass nicht nur das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden in Art. 28 Abs. 2 GG, Art. 11 Abs. 2 BV, sondern auch die Rechte des Bürgerbegehrens in Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV und Art. 18a GO garantiert sind, stehen diese Rechte nicht dergestalt selbständig nebeneinander, dass jede Seite ohne Rücksicht auf die Interessen der anderen Seite ihre Rechte ausüben darf. Die Gemeinde darf daher grundsätzlich nicht durch beschleunigte Durchsetzung ihrer Interessen und Verzögerung des Verfahrens des Bürgerbegehrens Fakten schaffen, die eine objektive Zwangslage zu ihren Gunsten herbeiführen oder dem Bürgerbegehren die Grundlage entziehen. Sie muss das grundsätzliche Recht ihrer Bürger auf Durchführung von Bürgerbegehren und Bürgerentscheid beachten, wobei das nicht ausschließt, dass im Einzelfall sachliche Gründe vorliegen, die – unabhängig vom Inhalt des Bürgerbegehrens – objektiv Maßnahmen der Gemeinde notwendig machen, die sich im Ergebnis zulasten des Bürgerentscheids auswirken (vgl. BayVGH, B.v. 7.10.1997 – 4 ZE 97.2965 – BayVBl. 1998, 85/86; vgl. nachgehend auch BayVerfGH, E.v. 15.7.1999 – Vf. 103-VI-97 – BayVBl. 1999, 624; BayVGH, B.v. 5.3.2020 – 4 CE 20.278 – juris Rn. 23). Werden Satzungen unter Missachtung des Sicherungsrechts erlassen, stehen sie zwar im Unterschied zu einem Verstoß gegen die Sperrwirkung des Art. 18a Abs. 9 GO nicht in Widerspruch zu einer (höherrangigen) Gesetzesbestimmung, sie erweisen sich aber gleichwohl als rechtswidrig und nichtig, weil sie unter Verletzung grundrechtlich abgesicherter Rechtspositionen zustande gekommen sind. Denn das Recht auf Durchführung des Bürgerentscheids ist in Art. 7 Abs. 2 und Art. 12 Abs. 3 BV als demokratisches Teilhaberecht ausdrücklich verfassungsrechtlich garantiert. Verletzt nun eine Satzung das verfassungsrechtlich abgeleitete Sicherungsrecht, steht sie nicht im Einklang mit der Bayerischen Verfassung und ist daher nichtig (vgl. VG München, U.v. 1.6.2022 – M 7 K 21.5264 – juris Rn. 42; Thum, Bürgerbegehren und Bürgerentscheid in Bayern, Stand 1. August 2025, Art. 18a Abs. 9 GO Anm. 2 c) (2) mit ergänzendem Hinweis auf VG München, U.v. 9.10.2002 – M 7 K 02.2044 – juris; vgl. auch Thum, KommunalPraxis BY 2006, 131/132 f.).
31
Das Sicherungsrecht erfordert jedoch, dass das Bürgerbegehren die Anforderungen an die Zulässigkeit erfüllt. Denn anderenfalls bestünde schon kein Anspruch auf Durchführung desselben, welcher einer Sicherung bedürfte. Nur die Vertreter eines als zulässig anzusehenden Bürgerbegehrens haben nach der Einreichung der Unterschriftenlisten einen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes durchsetzbaren grundsätzlichen Anspruch auf Sicherung der Durchführung des erstrebten Bürgerentscheids (vgl. BayVGH in st. Rspr., z.B. B.v. 5.3.2020 – 4 CE 20.278 – juris Rn. 23).
32
Das von den Klägerinnen eingereichte Bürgerbegehren D1 erfüllt jedoch nicht die Anforderungen an die Zulässigkeit. Zwar verstößt es nicht unmittelbar gegen das Koppelungsverbot, jedoch beeinträchtigt die enge Verknüpfung der beiden Bürgerbegehren im Ergebnis gleichwohl die Abstimmungsfreiheit der Bürger.
33
Die in Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO enthaltene Vorgabe, wonach das Bürgerbegehren „eine“ Fragestellung enthalten muss, lässt zwar die Zusammenfassung mehrerer Teilfragen oder -maßnahmen zu einem einheitlichen Abstimmungsgegenstand zu, verbietet aber die Koppelung sachlich nicht zusammenhängender Materien in ein und derselben Fragestellung. Denn die aus dem demokratischen Mitwirkungsrecht des Bürgers (Art. 7 Abs. 2 BV) folgende Abstimmungsfreiheit wäre beeinträchtigt, wenn über mehrere Regelungsvorschläge, die in keinem Sachzusammenhang zueinander stehen, nur „im Paket“ abgestimmt werden könnte. Dieser ursprünglich für Volksbegehren entwickelte Grundsatz muss in gleicher Weise für Bürgerbegehren gelten. Wann verschiedene Einzelmaterien so eng aufeinander bezogen sind, dass sie in einem Bürgerbegehren gebündelt werden dürfen, bestimmt sich nach materiellen Kriterien. Die bloß formale Verbindung unter dem Dach einer Fragestellung genügt ebenso wenig wie die Verknüpfung durch ein gemeinsames allgemeines Ziel oder ein politisches Programm. Maßgeblich ist vielmehr, ob die Teilfragen oder -maßnahmen nach objektiver Beurteilung innerlich eng zusammenhängen und eine einheitliche abgrenzbare Materie bilden (vgl. BayVGH, U.v. 17. Mai 2017 – 4 B 16.1856 – juris Rn. 27 f. m.w.N.).
34
Nach Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO muss ein Bürgerbegehren eine Begründung enthalten. Damit soll sichergestellt werden, dass die Gemeindebürger, wenn sie zur Unterschriftsleistung aufgefordert werden, schon in dieser ersten Phase des direktdemokratischen Verfahrens die Bedeutung und Tragweite der mit Ja oder Nein zu entscheidenden Fragestellung erkennen können (vgl. zum Volksgesetzgebungsverfahren BayVerfGH, E.v. 13.4.2000 – Vf.4-IX-00 – VGH n.F. 53, 81/105). Da bereits mit der Unterzeichnung eines Bürgerbegehrens das Recht auf Teilhabe an der Staatsgewalt in Gestalt der Abstimmungsfreiheit (Art. 7 Abs. 2, Art. 12 Abs. 3 BV) ausgeübt wird, ergeben sich aus der Bayerischen Verfassung auch Mindestanforderungen an die Richtigkeit der Begründung. Die Stimmberechtigten können sowohl bei der Frage, ob sie ein Bürgerbegehren unterstützen und diesem zur erforderlichen Mindestunterschriftenzahl verhelfen (Art. 18a Abs. 6 GO), als auch bei der nachfolgenden Abstimmung über den Bürgerentscheid nur dann sachgerecht entscheiden, wenn sie den Inhalt des Begehrens verstehen, seine Auswirkungen überblicken und die wesentlichen Vor- und Nachteile abschätzen können. Mit diesen Grundsätzen ist es nicht vereinbar, wenn in der Fragestellung oder in der Begründung eines Bürgerbegehrens in einer für die Abstimmung relevanten Weise unzutreffende Tatsachen behauptet werden oder die geltende Rechtslage unzutreffend oder unvollständig erläutert wird. Das Gleiche muss gelten, wenn die Folgen einer angestrebten Rechtsänderung so lückenhaft oder missverständlich dargestellt werden, dass die Bürger, soweit sie nicht über spezielle Vorkenntnisse verfügen, den eigentlichen Inhalt des Regelungsvorschlags nicht erfassen können (vgl. BayVGH, B.v. 20.1.2012 – 4 CE 11.2771 – juris Rn. 31 m.w.N.; U.v. 17.5.2017 – 4 B 16.1856 – juris Rn. 33 m.w.N.; U.v. 13.3.2019 – 4 B 18.1851 – juris Rn. 29; B.v. 20.12.2021 – 4 CE 21.2576 – juris Rn. 28 f.).
35
Nach diesen Maßgaben wäre die Koppelung beider Fragestellungen in einem einzelnen Bürgerbegehren nicht zulässig gewesen, da beide Fragestellungen zwar dasselbe allgemeine Ziel verfolgen (Rettung der Luftqualität in Taukirchen bzw. der großen Freifläche, vgl. Begründung im Beiblatt), jedoch inhaltlich zwei eigenständige und deutlich unterschiedliche Bauleitplanverfahren zum Gegenstand haben. Die Plangebiete sind nicht räumlich angrenzend und das Bauleitplanverfahren zum Plangebiet „HB 1“ enthält neben reiner allgemeinen Wohnnutzung eine Planung für verschiedene „Senioreneinrichtungen“, insbesondere einen Neubau als benötigten Ersatz für das aktuelle Seniorenheim. Weder hängen die Bebauungspläne daher nach objektiver Betrachtung innerlich eng zusammen noch bilden sie eine einheitliche abgrenzbare Materie.
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Zwar waren die Bebauungspläne vorliegend nicht gemeinsamer Gegenstand einer Fragestellung, sondern jeweils Gegenstand eines eigenen Bürgerbegehrens, sodass die Unterzeichnenden, formal gesehen, die Entscheidungsmöglichkeit hatten, beide Bürgerbegehren, nur ein Bürgerbegehren oder keines der Bürgerbegehren mit ihrer Unterschrift zu unterstützen. Jedoch waren beide Bürgerbegehren zum einen stofflich verknüpft, weil sie zusammen auf einer DIN A3 Seite abgedruckt waren, zum anderen auch inhaltlich, weil beiden Bürgerbegehren zusätzlich auf dem Beiblatt eine weitere, gemeinsame Begründung beigegeben worden war. So wurde in dieser festgestellt und dargestellt, dass beide Bürgerbegehren dasselbe Thema betreffen, und dies mit dem einheitlichen Appell in der Überschrift verbunden („Retten Sie die Luftqualität in Taufkirchen!“). Auch im Folgenden wurde gebeten, beide Bürgerbegehren zu unterschreiben, „um die große Freifläche mit den idyllischen Ecken zu retten“. Im dem vorangehenden Satz wird sogar von einem („diesem“) Bürgerbegehren gesprochen, mit dem die Bauvorhaben an der D. straße und am HB 1 verhindert werden könnten. Aus alldem geht nach ihrer Konzeption eine sehr enge inhaltliche Verknüpfung der beiden Bürgerbegehren hervor. Daher konnte sich ein Unterzeichner durchaus gedrängt fühlen, beide Bürgerbegehren zu unterzeichnen, da anderenfalls das gemeinsame (eine) Ziel beider Bürgerbegehren („Rettung der Luftqualität“) nicht hinreichend erreicht werden könnte. So wird in dem Beiblatt auch ausgeführt, dass die (beiden) Freiflächen an der D. straße und am HB 1 gebraucht würden. Zudem enthält das Beiblatt im Wesentlichen eine gemeinsame bzw. einheitliche Begründung zu beiden Bürgerbegehren, was die Bedeutung der Unterzeichnung beider Bürgerbegehren hervorhebt.
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Zwar befinden sich die Aussagen nicht in der auf den Unterschriftenlisten selbst enthaltenen Begründung, sondern in dem Beiblatt. Dies führt jedoch nicht zu dazu, dass diese unberücksichtigt bleiben könnten. So ist bereits zweifelhaft, ob einem Bürgerbegehren überhaupt eine weitere Begründung beigegeben werden darf. Art. 18a Abs. 4 Satz 1 GO spricht hierzu nur von „eine Begründung“. Jedenfalls muss auch eine weitere Begründung eines Bürgerbegehrens die an die Begründung des Bürgerbegehrens zu stellenden Anforderungen beachten, denn anderenfalls wäre eine Umgehung derselben problemlos möglich. Dies muss jedenfalls dann gelten, wenn die weitere Begründung – wie hier – zusammen mit den Unterschriftslisten ausgehändigt wird, da sie dann eindeutig und unmittelbar der Unterstützung der Entscheidungsfindung bei den Unterzeichnenden dienen soll.
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Unklar bleibt hier weiterhin auch, wie die Unterzeichnenden ihre Stimme abgegeben hätten, wenn sie wüssten bzw. gewusst hätten, dass sich eines der beiden Bürgerbegehren als unzulässig erweist. Zwar enthält jedes einzelne Bürgerbegehren die Maßgabe, wonach die Unterschrift auch weiterhin für die verbleibenden Teile gelten solle, falls Teile des Begehrens unzulässig sein oder sich erledigen sollten. Dies gilt jedoch ausdrücklich nur für jedes Bürgerbegehren allein und lässt sich angesichts des eindeutigen Wortlauts auch nicht erweiternd dahingehend auslegen, dass dies auch hinsichtlich einer Unzulässigkeit des jeweils anderen Bürgerbegehrens gelten soll. So besteht durchaus die Möglichkeit, dass jemand, der nur eines der Bürgerbegehren unterzeichnet hat, auch das andere unterzeichnet hätte, wenn er gewusst hätte, dass das unterzeichnete Bürgerbegehren unzulässig ist, oder dass jemand, der beide Bürgerbegehren unterzeichnet hat, keines unterzeichnet hätte, wenn er gewusst hätte, dass eines der Bürgerbegehren unzulässig ist.
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Insgesamt ist daher festzustellen, dass die aus dem demokratischen Mitwirkungsrecht des Bürgers (Art. 7 Abs. 2 BV) folgende Abstimmungsfreiheit durch die enge formale und inhaltliche Verknüpfung der Bürgerbegehren beeinträchtigt war mit der Folge, dass das Bürgerbegehren die Anforderungen an die Zulässigkeit nicht erfüllt und ein Sicherungsanspruch mit der Einreichung desselben daher nicht entstehen konnte. Bereits aus diesem Grund besteht auch kein aktueller Anspruch der Klägerinnen auf Zulassung des Bürgerbegehrens D1.
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Es kommt daher auch nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob oder inwieweit in der Begründung des Bürgerbegehrens unzutreffende Aussagen enthalten sind, die als entscheidungsrelevant zu bewerten wären. Eine falsche Tatsachenbehauptung ist jedenfalls zumindest (auch) in den gemeinsamen Ausführungen des Beiblatts zu beiden Bürgerbegehren enthalten. So wird unter der allgemeinen Überschrift („Mehr Verkehrslärm“) ausgeführt, dass mit den „geplanten neuen ca. 170 Wohnungen an der D. straße und den geplanten ca. 400 Wohnungen Am Heimgarten“ die „Lärmbelastung durch den Verkehr auch in allen Nachbarstraßen stark ansteigen“ werde. Es trifft jedoch tatsächlich nicht zu, dass im Plangebiet des Bebauungsplans Nr. 94 (betreffend „Am Heimgarten“) ca. 400 neue Wohnungen geplant sind. Vielmehr sind dort neben ca. 45 Wohneinheiten „Betreutes Wohnen“ nur ca. 34 Wohneinheiten „Geschosswohnungsbau“ sowie ca. 25 Wohneinheiten „EFH/DH/RH“ vorgesehen und damit eine weit geringere Anzahl (vgl. hierzu im Einzelnen VG München, U.v. 30.7.2025 – M 7 K 24.3772 – Rn. 35 f. zu Bürgerbegehren H1).
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Im Übrigen ist auch die Fragestellung des Bürgerbegehrens infolge der tatsächlichen Entwicklung überholt und aufgrund dessen nunmehr jedenfalls als zu unbestimmt bzw. irreführend anzusehen. Für die „geplante Bebauung“ der Fläche wurde bereits auf der Grundlage des vollziehbaren Bebauungsplans die Baugenehmigung erteilt (vgl. hierzu auch BayVGH, B.v. 25.6.2025 – 2 NE 25.584 – juris Rn. 14 ff.). Für eine unmittelbare gemeindliche Entscheidung über eine „Einstellung der geplanten Bebauung“ und „Erhaltung der Fläche in ihrer ursprünglichen Nutzung als Grünland“ verbleibt daher kein Raum mehr. Infolgedessen bleibt unklar, welche konkrete Entscheidung durch den Bürgerentscheid nunmehr herbeigeführt werden sollte. Zwar können mit einem Bürgerentscheid auch Grundsatzentscheidungen getroffen werden, die erst noch durch nachfolgende Detailregelungen des Gemeinderats ausgefüllt werden müssen. Die Fragestellung muss aber in jedem Fall so bestimmt sein, dass die Bürger zumindest in wesentlichen Grundzügen erkennen können, wofür oder wogegen sie ihre Stimme abgeben und wie weit die gesetzliche Bindungswirkung des Bürgerentscheids (Art. 18a Abs. 13 GO) im Fall eines Erfolgs reicht (vgl. BayVGH, U.v. 13.3.2019 – 4 B 18.1851 – juris Rn. 36). Dies wäre hier nicht der Fall. Zwar wären theoretisch nach wie vor Handlungsmöglichkeiten der Gemeinde zur Verfolgung des angestrebten Ziels denkbar, diese müssten jedoch unmittelbar, jedenfalls eindeutig bestimmbar aus der Fragestellung hervorgehen. Die hier gewählte Fragestellung („Sind Sie dafür, dass (…)“ erfüllt diese Anforderung nicht. Es kommt daher im Übrigen auch nicht mehr entscheidungserheblich darauf an, ob oder inwieweit sich das Bürgerbegehren D1 durch das nachfolgende Bürgerbegehren D2 überholt hat.
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Die Klage bleibt weiterhin auch im Hilfsantrag ohne Erfolg, da sie insoweit bereits unzulässig ist.
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Eine Fortsetzungsfeststellungsklage § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO in analoger Anwendung könnte nur dann statthaft sein, wenn der Verpflichtungsantrag im Hinblick auf die Erledigung in der Sache unzulässig wäre. Dieses ist jedoch nach Auffassung der Kammer – wie oben ausgeführt – nicht der Fall. Infolgedessen verbleibt kein Raum und kein Bedürfnis für eine Fortsetzungsfeststellungsklage.
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Die Klage war daher insgesamt mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 159 Satz 2 VwGO abzuweisen.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.v.m. §§ 708 ff. ZPO.