Inhalt

LG Nürnberg-Fürth, Beschluss v. 19.09.2025 – 12 Qs 34/25
Titel:

Mittelgebühr, Terminsgebühr, Kostenfestsetzungsbeschluß, Hauptverhandlungstermin, Erster Hauptverhandlungstag, Sofortige Beschwerde, Mandant, Beschwerdewert, Pflichtverteidiger, Unterdurchschnittlichkeit, Grundgebühr, Verfahrensgebühr, Haftungsrisiken, Gebührenansätze, Gebührenhöhe, Weitere Gebühren, Gebührenfestsetzung, Beschwerdebegründung, Akteneinsichtsgesuch, Beschlüsse

Normenketten:
RVG § 14 Abs. 1
RVG VV Nr. 4108
Leitsätze:
1. Die Höhe der Terminsgebühr Nr. 4108 VV RVG bemisst sich nicht allein nach der Dauer eines Termins, sondern auch nach dem im Einzelfall erforderlichen Tätigkeitsumfang des Verteidigers im Termin.
2. Bei der Bestimmung der angemessenen Höhe der Gebühr Nr. 4108 VV RVG kann das Verhalten des Mandanten im Termin zu berücksichtigen sein, wenn sich dies auf dem Umfang oder die Schwierigkeit der erforderlichen Anwaltstätigkeit auswirkt.
Schlagworte:
Kostenfestsetzungsbeschluss, Strafverteidiger, Gebührenbemessung, Mittelgebühr, Ermessensfehler, Hauptverhandlung, Mandantenverhältnisse
Vorinstanz:
AG Nürnberg, Kostenfestsetzungsbeschluss vom 19.08.2025 – 45 Ds 1126 Js 63390/24
Fundstelle:
BeckRS 2025, 25083

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Beschuldigten vom 28.08.2025 gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 19.08.2025 – 45 Ds 1126 Js 63390/24 – wird als unbegründet zurückgewiesen.
2. Der Beschwerdewert wird auf 448,04 € festgesetzt.
3. Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.

Gründe

I.
1
Der Beschwerdeführer, ein Strafverteidiger, wendet sich mit seiner, durch Schriftsatz vom 28.08.2025 eingelegten sofortigen Beschwerde gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss des Amtsgerichts Nürnberg vom 19.08.2025, der ihm am 25.08.2025 zugestellt wurde. Gegenstand des Verfahrens ist ein Körperverletzungs- und Beleidigungsvorwurf gegen die Mandantin, die eine Nachbarin mit einem Kraftausdruck beleidigt, geschüttelt und in den Bauch getreten haben soll. Nach zwei Hauptverhandlungsterminen wurde die Mandantin freigesprochen, wobei der zweite Termin wegen Nichterscheinens der vermeintlichen Geschädigten als Zeugin im ersten Termin erforderlich wurde. Die Mandantin wurde freigesprochen. Der Verteidiger setzte bei der Grundgebühr nach Nummer 4100 VV RVG und den Terminsgebühren nach Nummer 4108 VV RVG jeweils die Mittelgebühr an, hinsichtlich der Verfahrensgebühr Nummer 4106 VV RVG eine geringfügig über der Mittelgebühr liegende Gebühr. Letztere setzte das Amtsgericht im Kostenfestsetzungsbeschluss wie beantragt fest, bei der Grundgebühr und den Terminsgebühren setzte es nach Anhörung der Bezirksrevisorin Gebühren unterhalb der Mittelgebühr an. Hiergegen wendet sich der Verteidiger mit seiner Beschwerde. Die Bezirksrevisorin beantragt, die Beschwerde als unbegründet zu verwerfen.
2
Auf die Gründe des angefochtenen Kostenfestsetzungsbeschlusses sowie das Beschwerdevorbringen wird im Übrigen Bezug genommen.
II.
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Die form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde (§§ 464b Satz 3, Satz 4 StPO, 104 Abs. 3 Satz 1 ZPO, 21 Nr. 1, 11 Abs. 1 RPflG) ist zulässig, da der Beschwerdewert erreicht ist (§ 304 Abs. 3 StPO). Zwar hat der Verteidiger die Beschwerde nicht ausdrücklich im Namen der Beschuldigten eingelegt, was durch die Rechtsprechung gefordert wird, weil der Verteidiger kein eigenes Beschwerderecht habe (LG Saarbrücken, Beschluss vom 7. November 2012 – 2 Qs 40/12, juris Rn. 25; LG Hagen, Beschluss vom 6. Juli 2016 – 44 Qs 65/16, juris Rn. 14; LG Aachen, Beschluss vom 26. Mai 2021 – 60 Qs 18/21, juris LS 2 und Rn. 25). Legt der Verteidiger die sofortige Beschwerde allerdings nicht ausdrücklich im eigenen Namen ein, ist eine Auslegung dahin möglich, dass der Verteidiger die Beschwerde im Namen des Mandanten einlegt (LG Saarbrücken, aaO; LG Aachen, aaO). So liegt der Fall. In der Sache ist die Beschwerde jedoch unbegründet, da der angefochtene Kostenfestsetzungsbeschluss der Sach- und Rechtslage entspricht und auch aufgrund des Beschwerdevorbringens nicht zu beanstanden ist. Im vorliegenden Fall ist der Gebührenansatz des Verteidigers für die Staatskasse nach § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG nicht verbindlich, weil er hinsichtlich der Grundgebühr und der Terminsgebühren unbillig ist.
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Die Festsetzung der Mittelgebühren betreffend die Grundgebühr nach Nummer 4100 VV RVG sowie der beiden Terminsgebühren Nr. 4108 VV RVG jeweils mit der Mittelgebühr durch den Verteidiger war im vorliegenden Einzelfall ermessensfehlerhaft im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 1 RVG. Ein Rechtsanwalt hat bei der Bestimmung der Höhe seiner Gebühren zwar ein Leistungsbestimmungsrecht, das aber nach billigem Ermessen auszuüben ist (Toussaint, Kostenrecht, 55. Aufl., § 14 RVG Rn. 6) und somit einer Kontrolle durch Gerichte unterliegt. Die Billigkeit wird dadurch konkretisiert, dass vor allem die in § 14 RVG genannten gesetzlichen Bewertungskriterien bei der Ermessensausübung zu berücksichtigen sind (Toussaint, aaO, Rn. 7), so dass eine Bestimmung einer Gebühr durch einen Rechtsanwalt dann der Billigkeit entspricht, wenn die im Gesetz genannten Kriterien in der gebotenen Weise berücksichtigt sind, wobei einem Rechtsanwalt ein Spielraum bei der Bestimmung der Gebühr zusteht (Toussaint, aaO, Rn. 8). Maßgeblich ist demnach, welche Tätigkeiten eines Rechtsanwalts erforderlich sind (Toussaint, aaO, Rn. 11, 15, 17 f.) und er auch vorgenommen hat. Zwar steht dem Verteidiger bei der Bemessung seiner Gebühren ein gewisses Ermessen zu, das aber überschritten ist, wenn die festgesetzte Gebühr mehr als 20% über der bei objektiver Betrachtung zutreffenden Gebühr liegt (BGH, Urteil vom 31. Oktober 2006 – VI ZR 261/05, NJW-RR 2007, 420 juris Rn. 5; LG Aachen, Beschluss vom 26. Mai 2021 – 60 Qs 18/21, juris LS 4 und Rn. 29 m.w.N.). So liegt der vorliegende Fall.
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1. Die Grundgebühr nach Nummer 4100 VV RVG ist in der vorliegenden Angelegenheit jedenfalls aufgrund der Besonderheiten des vorliegenden Falles unterhalb der Mittelgebühr anzusetzen. Der Tatvorwurf als solcher ist zwar als durchschnittlich zu bewerten. Die Akte erforderte aber unterdurchschnittlichen Einarbeitungsaufwand. Im Ermittlungsverfahren hat die vermeintliche Geschädigte zwei Fotos ihrer angeblich tatbedingten Verletzungen erstellt und zur Akte gereicht, dazu befinden sich in der Akte ein vorläufiger Arztbrief, eine Zeugenvernehmung der vermeintlich Geschädigten, ein Polizeibericht und die Anklageschrift. Dann folgen Akteneinsichtsgesuche der Mandantin und der Antrag auf Übersendung einer Aktenkopie durch die Mandantin, Eröffnungsbeschluss und Terminierung, eine Terminverlegung der Hauptverhandlung und auf Blatt 42 der Akte die Mandatsanzeige des Verteidigers, der daraufhin Akteneinsicht erhielt. In der Rechtsprechung wird eine Blattzahl bis 50 noch als unterdurchschnittlich angesehen (vgl. LG Koblenz, Beschluss vom 23. April 2012 – 1 Qs 47/12, juris Rn. 10, auch 49 Seiten unterdurchschnittlich; LG Hagen, Beschluss vom 6. Juli 2016 – 44 Qs 65/16, juris Rn. 22). In einem Fall wurden auch 87 Seiten bis zu einem Strafbefehlsantrag als gering angesehen (LG Koblenz, Beschluss vom 5. Dezember 2011 – 3 Qs 65/11, juris LS 2 und Rn. 6). Andererseits hat die Rechtsprechung in einem Fall wegen des umfangreichen Textes und der Unübersichtlichkeit der Akte auf wenigen Blättern eine trotz geringer Blattzahl keinen einfach gelagerten Fall angenommen (LG Ravensburg, Beschluss vom 16. Mai 2022 – 1 Qs 19/22, juris Rn. 13). Der Sachverhalt ist von der rechtlichen Einordnung her auch nicht besonders schwierig. Daran ändert sich auch nichts dadurch, dass nach Vorbringen des Verteidigers eine „Konfliktverteidigung“ vorlag, womit er meinen dürfte, dass sich die Position der Mandantin und der Geschädigten diametral entgegenstanden.
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Vor Beginn der Hauptverhandlung hat der Verteidiger eine Stellungnahme im Auftrag der Mandantin eingereicht, und es folgte eine Hauptverhandlung über zwei Termine, weil die als Zeugin geladene Geschädigte zum ersten Hauptverhandlungstag nicht erschien, so dass sie zum zweiten Termin vorgeführt werden musste. Am ersten Hauptverhandlungstermin hat der Verteidiger für die Mandantin eine Erklärung abgegeben, die Mandantin hat sich aber auch selbst zur Sache geäußert. Im zweiten Termin wurde die Geschädigte als Zeugin vernommen.
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Die wirtschaftlichen Verhältnisse der Mandantin sind unterdurchschnittlich und das Haftungsrisiko für den Verteidiger gering. Die Mandantin befindet sich nach Aktenlage in Ausbildung zur Frisörin, sie macht insoweit derzeit eine Umschulung. Außerdem ist sie alleinerziehende Mutter. Von erheblichen Einkommens- und Vermögensverhältnissen ist daher nicht auszugehen. Damit geht auch einher, dass der Mandantin kein erheblicher Vermögensschaden drohte. Zudem gab es nur eine geringe Anzahl an Beweismitteln, so dass ein zur Haftung des Verteidigers führender Fehler unwahrscheinlich war. Überdies ist in Strafsachen wegen des Amtsermittlungsgrundsatzes und weil Fehler des Verteidigers einem Beschuldigten nicht zugerechnet werden, das Haftungsrisiko regelmäßig gering (LG Hagen, Beschluss vom 6. Juli 2016 – 44 Qs 65/16, juris Rn. 18), zumal keine Anhaltspunkte für ein besonderes Risiko vorgetragen sind. Das Haftungsrisiko begründet daher im vorliegenden Fall auch keine Mittelgebühr.
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Anders als der Verteidiger meint, ist die schlechte wirtschaftliche Situation des Mandanten gerade kein Grund für höhere Gebühren, wenn die Staatskasse die Gebühren trägt, sondern im Gegenteil ein zu berücksichtigender Gesichtspunkt, der für niedrigere Gebühren spricht. Die Staatskasse muss nur für Gebühren in der Höhe aufkommen, die ein Mandant tragen hätte müssen, wenn dieser sie nach der Kostengrundentscheidung zu tragen hätte.
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Die Sache wurde auch nicht dadurch komplex, dass der Verteidiger die Sache nach seiner Akteneinsicht und an den Tagen der beiden Hauptverhandlungstermine besprach. Besprechungen sind zum einen durch die Verfahrensgebühr nach Nummer 4106 VV RVG abzugelten. Die Besprechungen konnten offenbar an den Tagen stattfinden, auf die die Hauptverhandlung terminiert wurde, außerdem gab es einen Termin in der Kanzlei des Verteidigers zur Besprechung. Dies stellt keine besondere Schwierigkeit dar und steht der Einordnung als unterdurchschnittlich komplex für die Grundgebühr nach Nummer 4100 VV RVG nicht entgegen. Soweit der Verteidiger Sprachprobleme der Mandantin ins Feld führt, ist anzumerken, dass die Mandantin offenbar vor der Mandatierung des Verteidigers sich selbst schriftlich in gutem Deutsch an das Gericht wenden konnte, um Akteneinsicht zu beantragen, wobei sie noch Rechtskenntnisse zeigte, die sich zwar nicht in der Nennung der korrekten Vorschrift niederschlugen (§ 147 Abs. 7 StPO gibt es nicht, zutreffend wären § 147 Abs. 4 Satz 2 StPO und § 32f Abs. 2 Satz 2 Var. 3 StPO gewesen) aber doch das Wissen um die Möglichkeit des Erhalts einer Aktenkopie zeigten, welches rechtsunkundige Laien zumeist nicht haben. Im Hauptverhandlungstermin am 25.04.2025 hat sich die Mandantin nicht nur über den Verteidiger, sondern auch selbst geäußert, obwohl ausweislich Seite 5 der Beschwerdebegründung besprochen war, dass die Mandantin in der Hauptverhandlung schweigen sollte. Hinzu kommt, dass die Mandantin zusätzlich zum Schriftsatz des Verteidigers ausweislich Seite 4 der Beschwerdebegründung eine Stellungnahme ausgearbeitet hat, welche die Einlassung der Belastungszeugin widerlegen sollte. Wenn die Mandantin zur Ausarbeitung der Stellungnahme in der Lage ist, sich ohne Dolmetscher in der Hauptverhandlung äußern und sich außerdem ohne weiteres in deutscher Sprache in rechtlichen Angelegenheiten für einen Laien vergleichsweise kundig an das Gericht wenden kann, dann begründen etwaig verbleibende Sprachprobleme keinen Anhaltspunkt für einen besonderen Tätigkeitsaufwand eines Rechtsanwalts. Die Staatsangehörigkeit eines anderen EU-Mitgliedstaats der Mandantin macht die Sache auch nicht schwieriger. Zudem dürfte die Mandantin dann auch intellektuell ohne weiteres in der Lage gewesen sein, den Ausführungen des Verteidigers zu folgen, so dass der Verteidiger seine Hinweise auch nicht mehrfach erklärt haben musste.
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Auch nicht zielführend ist die Angabe des Verteidigers, unter Zeitdruck gestanden und an Samstagen und Sonntagen gearbeitet zu haben, um eine Lösung zu finden. Zwar haben sich die Mandantin und die Geschädigte nach Aktenlage ausgesprochen und die Mandantin hat ein Schreiben aufgesetzt, laut dem die Geschädigte ihren Strafantrag zurücknimmt und erklärt, zu keiner Zeit von der Mandantin tätlich angegriffen worden zu sein. Die vermeintlich Geschädigte hat das Schreiben laut ihrer Zeugenaussage unterschrieben. Verfasst hat das Schreiben die Mandantin. Unklar ist, welche Tätigkeit der Rechtsanwalt bei dieser Aussöhnung entfaltet hat. In den Schilderungen der Mandantin und der Geschädigten vor Gericht kommt eine Mitwirkung des Verteidigers nicht vor.
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Des Weiteren wird der Fall auch nicht dadurch schwierig, dass die vermeintlich Geschädigte und die Mandantin Nachbarinnen sind. Zwar können auch weitere als die im Gesetz genannten Gesichtspunkte bei der Ermessensausübung berücksichtigt werden. Streit mit einem Nachbarn macht ein Verfahren aber nicht komplexer als mit einem anderen Dritten. Jedenfalls gilt dies für den Arbeitsaufwand eines Rechtsanwalts, der einen der Beteiligten vertritt.
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Daher war der Ansatz der Mittelgebühr bei der Gebühr Nummer 4100 der Anlage 1 zum RVG ermessensfehlerhaft, der Ansatz von 165,00 € netto durch das AG Nürnberg ist ausreichend. Diese liegt zwar knapp unterhalb der für Pflichtverteidiger seinerzeit anzusetzenden Gebühr von 176,00 €, allerdings werden Pflichtverteidigungen wegen der Schwierigkeit der Sach- und Rechtslage nach § 140 Abs. 2 Var. 3 StPO auch erst bei komplexeren Angelegenheiten nötig und ein Fall von § 140 Abs. 1 StPO liegt ersichtlich nicht vor, so dass gegen den Ansatz des AG Nürnberg jedenfalls keine Bedenken bestehen. Da die vom Verteidiger angesetzte Gebühr bei 220,00 € lag, war auch der Ermessensspielraum von 20% überschritten, der bei 198,00 € geendet hätte. Auf die Frage, ob wegen falscher Anwendung von Kriterien beim Gebührenansatz auch unterhalb von 20% keine Bindungswirkung entsteht (dazu LG Aachen, Beschluss vom 26. Mai 2021 – 60 Qs 18/21, juris LS 5 und Rn. 29), kommt es im vorliegenden Fall daher nicht an.
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2. Die Festsetzung der Verfahrensgebühr nach Nummer 4106 VV RVG beanstandet die Beschwerde nicht. Damit ist aber auch der Schriftsatz, den der Verteidiger vor der Hauptverhandlung eingereicht hat, abgegolten, den er als Grund für die Erhöhung der Grundgebühr und der Terminsgebühren angeführt hat. Gleiches gilt auch für die Besprechungen mit der Mandantin.
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3. Die Gebühr Nummer 4108 VV RVG ist zweimal entstanden und auch vom AG Nürnberg zweimal angesetzt worden. Auch hier ist der zweimalige Ansatz der Mittelgebühr durch den Verteidiger ermessensfehlerhaft im Sinne von § 14 Abs. 1 Satz 4 RVG. Das AG Nürnberg hat jeweils 225,00 € netto angesetzt, 20% darüber wären 270,00 €, der Verteidiger hatte für jeden Termin 302,50 € angesetzt. Ein Pflichtverteidiger hätte pro Termin 242,00 € netto erhalten. Die Rechtsprechung stellt für diese Gebühr häufig auf die Dauer der Hauptverhandlungstermine ab, wobei unterschiedliche Auffassungen bestehen, welche Dauer eines Hauptverhandlungstermins noch unterdurchschnittlich ist. So hält das LG Koblenz auch eine Dauer von 140 Minuten noch für unterdurchschnittlich (Beschluss vom 5. Dezember 2011 – 3 Qs 65/11, juris LS 2 und Rn. 6; allerdings zweifelhaft). In einer weiteren Entscheidung wurden 35 Minuten als unterdurchschnittlich angesehen (LG Koblenz, Beschluss vom 30. Oktober 2010 – 9 Qs 10/10, juris Rn. 24). Auf der anderen Seite haben Gerichte Terminsdauern zwischen 30 und 40 Minuten am Amtsgericht als durchschnittlich angesehen (LG Hamburg, Beschluss vom 15. Februar 2011 – 621 Qs 60/11, juris Rn. 12; LG Zweibrücken, Beschluss vom 12. März 2012 – Qs 24/12, juris Rn. 13). Die Terminsdauer ist ein wesentlicher Faktor für die Frage der Gebührenhöhe (LG Hamburg, aaO; LG Koblenz, Beschluss vom 22. Mai 2012 – 10 Qs 26/12 juris Rn. 22), aber nicht das einzige Kriterium, auch die Zahl der vernommenen Zeugen kann berücksichtigt werden (LG Zweibrücken, aaO). Geht man von den Gebühren für Pflichtverteidiger aus, bei denen erst nach fünf Stunden Terminsdauer eine weitere Gebühr entsteht, ist ein Termin bei einer Dauer von 30 Minuten rein zeitlich jedenfalls nicht besonders ausgedehnt. Im vorliegenden Fall dauerten die beiden Termine 21 Minuten und 29 Minuten.
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Die Hauptverhandlung stellt sich im vorliegenden Fall betreffend beider Termine als deutlich unterdurchschnittlich komplex dar. Zum einen konnte sich die Mandantin selbst einlassen. Eine daneben erfolgte Erklärung des Verteidigers zu einem einfach gelagerten Fall macht die Hauptverhandlung auch nicht durchschnittlich schwierig. Es war für ihn anhand der Aktenlage schon vor dem Termin klar, dass Verletzungsbild und Tatschilderung der vorgeblichen Geschädigten nicht übereinstimmten. Die Hauptverhandlung erbrachte nichts anderes.
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Eine Einlassung der Mandantin trotz vorheriger Besprechung, sie solle schweigen, macht die Sache auch nicht für den Verteidiger komplex, jedenfalls wenn er nicht einschreiten und in einer Verhandlungsunterbrechung das Verteidigungsverhalten nochmals erläutern und die weitere Vorgehensweise besprechen muss. Zudem dürfte die Mandantin die Lage in dem einfach gelagerten Fall selbst überblickt haben, um nach der vor dem Termin erfolgten Besprechung mit dem Verteidiger sachgerecht über eine zur Verteidigererklärung ergänzende Einlassung zu entscheiden. So hat der Verteidiger nicht versucht, eine Einlassung der Mandantin zu unterbinden. Eine aufwändige Zeugenbefragung, die den zweiten Hauptverhandlungstermin wieder im Sinne der Mittelgebühr durchschnittlich schwierig machen hätte können, auch wenn nur eine Zeugin zu befragen war, gab es nicht.
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Die vom Amtsgericht angesetzten zweimal 225,00 € netto sind daher angemessen. Dies gilt auch hier in Anbetracht der unterdurchschnittlichen Einkommens- und Vermögensverhältnisse der Mandantin. Zum Haftungsrisiko gilt auch hier das zur Grundgebühr ausgeführte. Auch wenn der Verteidiger in den Hauptverhandlungsterminen konstruktiv tätig war, sind die vom Amtsgericht angesetzten Beträge im vorliegenden Fall selbst dann angemessen, wenn sie unter dem Satz für einen Pflichtverteidiger liegen.
III.
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Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus § 473 Abs. 1 StPO, da sich die Beschwerde als erfolglos erwies.