Inhalt

LG Würzburg, Endurteil v. 16.09.2025 – 14 O 2300/24 Hei
Titel:

Streitwertfestsetzung, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Anderweitige Erledigung, Feststellung einer Schadensersatzpflicht, Elektronischer Rechtsverkehr, Feststellungsantrag, Klagerücknahme, Tatbestandswirkung, Aufgabe zur Post, Gesundheitsbeeinträchtigung, Wert des Beschwerdegegenstandes, Klageantrag, Arzneimittelrecht, Nichtvertretbare, Berufungsschrift, Vorübergehende Unmöglichkeit, Elektronische Kommunikation, Anwaltliche Mitwirkung, Festsetzungsbeschluss, Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

Schlagworte:
Klageabweisung, Nutzen-Risiko-Abwägung, Arzneimittelzulassung, Impfschaden, Beweislast, Kausalität, Tatbestandswirkung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 25047

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
4. Der Streitwert wird auf 40.000,00 € festgesetzt. 

Tatbestand

1
Der Kläger macht Ansprüche auf Zahlung immateriellen Schadensersatzes sowie auf Feststellung der Ersatzpflicht der Beklagten im Zusammenhang mit einer Impfung mit dem Impfstoff Comirnaty geltend.
2
Ende 2019 traten in der Volksrepublik China erste Fälle einer durch ein neuartiges Virus (SARS-CoV-2) verursachten Erkrankung auf. SARS-CoV-2 ist ein hochansteckendes Virus, das sich sehr schnell global ausbreitete. Seit Beginn des Jahres 2020 grassierte weltweit die COVID-19 Pandemie. Im Januar 2020 erreichte sie auch Deutschland. Diese Pandemie führte weltweit zu erheblicher Morbidität und Mortalität sowie weitreichenden Belastungen im Gesundheits-, Sozial-, Bildungs- und Wirtschaftsbereich. Bis Ende Februar 2023 zählte die WHO mehr als 6,8 Millionen Todesfälle und ca. 758 Millionen bestätigte Fälle von COVID-19. Deutschland zählte Ende Februar 2023 mehr als 38.000.000 bestätigte Fälle von COVID-19 und ca. 168.000 Todesfälle. Die Zahlen steigen immer noch an.
3
Der Kläger erhielt am 07.2021, 09.2021 und .12.2021 Impfungen gegen das Corona-Virus 2019-nCoV (SARS-CoV-2) mit dem Wirkstoff Comirnaty.
4
Die Beklagte ist Inhaberin der Zulassung für den COVID-19-Impfstoff Comirnaty in der EU, einschließlich in Deutschland.
5
Der Impfstoff wurde erstmals am 21.12.2020 durch die Europäische Kommission bedingt zugelassen. Mit Beschluss der Europäischen Kommission vom 10.10.2022 (Anlage B 7) erhielt der Impfstoff die Standardzulassung. Dieser ging eine Stellungnahme der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA), deren Committee for Medicinal Products for Human Use (CHMP), vom 16.09.2022 voraus (vgl. Anlage B6). Aufgrund der Bewertung der CHMP vom 30.08.2023 (Anlage B9) wurde der auf die Omikron-Variante des SARS-CoV-2-Virus angepasste Impfstoff Comirnaty ebenfalls von der Europäischen Kommission europaweit am 31.08.2023 zugelassen.
6
Der Kläger trägt im Wesentlichen vor:
7
Bei der Klagepartei bestünden aufgrund der am 12.2021 erfolgten dritten Impfung mit Comirnaty rezidivierende Lymphknotenschwellungen. Es sei ein Lymphödem aufgetreten. Die behandelnden Ärzte gingen davon aus, dass es bei dem Kläger infolge der sogenannten BoosterImpfung am .12.2021 zu einer überschießenden Reaktion des Immunsystems gekommen sei, die letztlich für die seither andauernden Lymphknotenschwellungen ursächlich sei. Die Lymphknotenschwellung sei bis heute vorhanden. Es liege eine chronische Entzündung im Körper des Klägers vor.
8
Der Kläger habe vor dem erstmaligen Auftreten der Lymphknotenschwellung am .01.2022 noch nie unter Lymphknotenschwellungen gelitten und leide insbesondere unter keinen Vor- oder Grunderkrankungen, die das wiederholte Auftreten der vorbeschriebenen Lymphknotenschwellungen erklären würden.
9
Eine Aufklärung über schwerwiegende Nebenwirkungen, insbesondere über das Hervorrufen einer Lymphadenopathie sei hier nicht erfolgt. Eine Aufklärung des Klägers sei in Ermangelung einer ordnungsgemäßen Fach-, bzw. Gebrauchsinformation des Impfstoffes Comirnaty auch nicht möglich gewesen, da die Beklagte zum Zeitpunkt der Impfung am .12.2021 nicht vollumfänglich über alle bis dahin bekannten Nebenwirkungen des Impfstoffes Comirnaty informiert habe. Wäre der Kläger vor der Impfung am .12.2021 über die möglichen Komplikationen, mithin über die Nebenwirkungen des Impfstoffes Comirnaty aufgeklärt worden, hätte er sich gegen eine BoosterImpfung mit dem Impfstoff der Beklagten entschieden.
10
Für den Impfstoff Comirnaty habe ein negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis vorgelegen. Die Beklagte hafte daher nach § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG.
11
Die Beklagte sei dem Kläger weiterhin auch nach § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG ersatzpflichtig. Den pharmazeutischen Unternehmer treffe die Pflicht, das zugelassene Arzneimittel auf Verdachtsfälle von Nebenwirkunqen zu beobachten, diesen nachzuqehen, diese bei schwerwiegenden Nebenwirkunqen binnen 15 Taqen bei der zuständiqen Behörde anzuzeigen und neue, im Zeitpunkt der Zulassunq noch nicht bekannte Nebenwirkungen, durch Änderungen und Erqänzungen der Gebrauchs- und Fachinformationen, sowohl den Anwendern, als auch den Patienten bekannt zu machen. Dieser Pflicht sei die Beklagte aber nicht nachgekommen. Im Falle des Impfstoffes Comirnaty seien nicht nur nachträglich aufgetretene Nebenwirkungen nicht erwähnt, sondern auch erst später aufgetretene Nebenwirkungen verspätet in die nachträglichen, aktualisierten Gebrauchs- und Fachinformationen übernommen worden. Bereits im Zeitpunkt der Impfung des Klägers am .12.2021 hätten gesicherte Kenntnisse darüber vorgelegen, dass der Impfstoff Comirnaty zu entzündlichen Erkrankungen, darunter auch zu einer Myokarditis, oder wie im Falle des Klägers zu einer Lymphadenopathie führen könne. Dennoch habe die Beklagte eine entsprechende Anpassung der Gebrauchs- und Fachinformationen unterlassen, sodass im Zeitpunkt der hier gegenständlichen Impfung weder der impfende Arzt, noch der Kläger selbst, von den nachträglich bekannt gewordenen Nebenwirkungen Kenntnis gehabt hätten und deshalb in Unkenntnis dieser schweren Nebenwirkungen die Impfung mit Comirnaty bei dem Kläger durchgeführt worden sei.
12
Der Kläger hält vor dem Hintergrund seiner fortbestehenden Beeinträchtigung ein Schmerzensgeldbetrag in Höhe von € 35.000,00 für angemessen.
13
Der Kläger erklärte in der mündlichen Verhandlung vom 19.08.2025, nachdem bereits mündlich verhandelt wurde, die Klagerücknahme. Die Beklagte stimmte der Klagerücknahme nicht zu.
14
Der Kläger beantragt,
Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, welches in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 35.000,00 EUR beträgt nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
2. Es wird festgestellt, die Beklagte ist verpflichtet, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, Letztere soweit sie nach der letzten mündlichen Verhandlung entstehen, zu ersetzen, soweit hierfür die Corona-Schutzimpfung mit dem Impfstoff Comirnaty® am .12.2021 ursächlich ist und die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
15
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
16
Die Beklagte trägt im Wesentlichen vor:
17
Dem Kläger stünden die geltend gemachten Ansprüche nicht zu. Mehr als drei Jahre nach der ersten Zulassung und der Anwendung bei Milliarden Menschen werde Comirnaty – von allen Behörden – weiterhin als sicher bewertet und dem Impfstoff ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis attestiert. Der Kläger lege keine belastbaren Anhaltspunkte dar, die geeignet wären, das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis von Comirnaty in Zweifel zu ziehen. Die Klage scheitere allein hieran.
18
Zudem sei der lückenhaft vorgetragene Krankheits- und Behandlungsverlauf in weiten Teilen nicht nachvollziehbar. Vor diesem Hintergrund bestreite die Beklagte mit Nichtwissen bestreiten, dass der Kläger seit der dritten streitgegenständlichen Impfung überhaupt an der behaupteten chronischen Entzündung leide.
19
Aufgrund des unsubstantiierten klägerischen Vortrags sei schon völlig unklar, wann die vorgetragenen (teilweise nicht nachgewiesenen) gesundheitlichen Beeinträchtigungen aufgetreten sein sollen. Der Kläger lege insbesondere keine medizinischen Unterlagen aus der Zeit vor der streitgegenständlichen dritten Impfung vor (obwohl er insoweit darlegungsbelastet sei). Die Beklagte bestreite daher mit Nichtwissen, dass der Kläger zum Zeitpunkt seiner Impfungen (insbesondere zu dem Zeitpunkt der dritten streitgegenständlichen Impfung) gesund gewesen sei und „unter keinen Vor- oder Grunderkrankungen“ gelitten habe.
20
Eine Lymphknotenschwellung (Lymphadenopathie) könne durch diverse Faktoren verursacht werden: Infektionen mit viralen (u. a. mit dem Coronavirus oder Epstein-Barr-Virus) oder bakteriellen Erregern (z. B. mit Borrelien); Autoimmunerkrankungen (z. B. Rheuma); maligne Erkrankungen (u. a. metastasierende Tumoren); die Exposition gegenüber Schadstoffen; oder durch reaktive Lymphadenitis in Form einer entzündlichen Reaktion z. B. auf Infektionen. Auch für Lymphödeme gebe es diverse mögliche Ursachen. So können sog. sekundäre Lymphödeme etwa infolge von bestimmten Infektionen, Tumoren oder ärztlichen Eingriffen auftreten (Operationen oder Bestrahlungen der Lymphknoten bzw. Durchtrennung der Lymphgefäße z.B. bei Varizenoperationen, d. h. der Behandlung von Krampfadern). Auch könne ein Lymphödem z. B. infolge einer Überbelastung (etwa bei einer Bergwanderung) auftreten. Schon die genannten Faktoren würden klar gegen eine Kausalität sprechen. Die Beklagte könne zu diesem Punkt derzeit nicht näher ausführen, da der Kläger nahezu keine Behandlungsunterlagen vorgelegt habe .
21
Die Fach- und Gebrauchsinformationen von Comirnaty (i. S. d. § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG) hätten stets dem jeweils aktuellen Stand der medizinischen Wissenschaft entsprochen. Die Texte seien mit den zuständigen Zulassungsbehörden abgestimmt gewesen und immer zeitnah verfügbar. Der klägerische Vortrag sei schon insoweit unschlüssig, als der Kläger behaupte, die Fach- und Gebrauchsinformationen seien mangels Hinweis auf die Nebenwirkung einer Lymphadenopathie falsch gewesen (Klageschrift, S. 8). Indes hätten die Fach- und Gebrauchsinformationen zu dem Zeitpunkt der dritten Impfung des Klägers gerade bereits einen Hinweis auf die gelegentliche (d.h. in bis zu einem von hundert Fällen auftretende) Nebenwirkung der Lymphadenopathie (Gebrauchsinformation: „vergrößerte Lymphknoten“) enthalten. Diese sei häufiger nach einer Auffrischungsdosis (dritten Impfung) beobachtet worden. Der behauptete Instruktionsfehler liege daher insoweit offensichtlich nicht vor.
22
Auf die Frage, ob ein Instruktionsfehler vorgelegen habe, komme es vorliegend aber ohnehin nicht an. Die von dem Kläger vorgetragenen (teilweise schon nicht nachgewiesenen) gesundheitlichen Beeinträchtigungen würden nicht auf einer etwaigen fehlerhaften Fach- oder Gebrauchsinformation des Impfstoffs der Beklagten beruhen. § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AMG fordere ausdrücklich, dass der eingetretene Schaden infolge der fehlerhaften Produkt- oder Gebrauchsinformation eingetreten sein müsse. Es genüge also nicht, dass der Schaden durch das Arzneimittel verursacht worden sei und die Arzneimittelinformation fehlerhaft gewesen sei. Vielmehr müsse der Schaden gerade auf die fehlerhafte Arzneimittelinformation zurückgehen (doppelte Kausalität; Kügel/Müller/Hofmann/Brock, Arzneimittelrecht, 3. Auflage 2022, § 84 AMG Rn. 110).
23
Ergänzend wird zu den Einzelheiten des weiteren Sachvortrags sowie insbesondere den vertretenen Rechtsauffassungen der Parteien und den diesbezüglich ausgetauschten Argumenten auf die zur Akte genommenen Schriftsätze nebst den zugehörigen Anlagen Bezug genommen.
24
Die Kammer hat den Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 19.08.2025 persönlich angehört. Eine Beweisaufnahme hat nicht stattgefunden. Zum Verlauf und Inhalt der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen (Bl. 108 ff.).

Entscheidungsgründe

I.
25
Es war in der Sache zu entscheiden, da die Beklagte der nach Beginn der mündlichen Verhandlung erfolgten Klagerücknahme des Klägers nicht zugestimmt hat und die Klage daher nicht wirksam zurück genommen worden ist, § 269 Abs. 1 ZPO.
II.
26
Die zulässige Klage ist unbegründet.
27
Dem Kläger steht ein Schadensersatzanspruch oder ein Anspruch auf Feststellung einer Schadensersatzpflicht im Zusammenhang mit der am .12.2021 erhaltenen Impfung mit Comirnaty gegenüber der Beklagten unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt zu.
28
1. Dem Kläger steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Schadensersatz oder Feststellung einer Schadensersatzpflicht aus §§ 84 Abs. 1 Nr. 1, 87 S. 2 AMG zu.
29
a) Das AMG ist anwendbar. Bei dem streitgegenständlichen Impfstoff der Beklagten handelt es sich um einen Impfstoff im Sinne von § 4 Abs. 4 AMG und damit um ein Arzneimittel i.S.d. § 84 AMG (vgl. hierzu Insbesondere auch BVerwG, Beschluss vom 07.07.2022, Az. 1 WB 2.22)
30
b) Die Tatbestandsvoraussetzung der „unvertretbaren schädlichen Wirkungen“ liegt jedoch nicht vor.
31
aa) Gemäß § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG haftet der pharmazeutische Unternehmer nur, wenn das Arzneimittel schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Die medizinische Unvertretbarkeit ist hierbei anhand einer Risiko-Nutzen-Abwägung zu ermitteln, wobei die therapeutischen Wirkungen eines Arzneimittels mit den schädlichen Wirkungen desselben verglichen werden (vgl. § 4 Abs. 28 AMG). Überwiegt der therapeutische Nutzen die Risiken, so sind die schädlichen Wirkungen als medizinisch vertretbar anzusehen. Bei der Prüfung der Unvertretbarkeit der schädlichen Wirkungen werden nicht nur die im konkreten Fall eingetretenen Schäden berücksichtigt, sondern es wird eine abstrakte Risiko-Nutzen-Abwägung vorgenommen, bei der sämtliche schädlichen Wirkungen erfasst werden, es ist hierbei nicht auf die individuellen Umstände des jeweiligen Patienten abzustellen (OLG Schleswig, Urteil vom 20.12.2013, 4 U 121/11, NJR-RR 2014, 805, 806; Brock in: Kügel/Müller/Hofmann, AMG, 3.Aufl. 2022, § 84, Rn. 82; BeckOGK/Franzki, 1.2.2024, AMG § 84 Rn. 83 m.w.N.)
32
Das Landgericht Weiden i.d. OPf., Urteil vom 15.04.2024, Az. 14 O 532/22 (BeckRS 2024, 18758) führt in einem gleich gelagerten Fall diesbezüglich wie folgt aus:
„(…)
Primär ist davon auszugehen, dass eine Zulassung als positives Ergebnis der (zulassungsrechtlichen) Nutzen-Risiko-Abwägung den Eintritt einer Haftung nach § 84 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 AMG in der Variante der Unvertretbarkeit für eine bei Zulassungserteilung bekannte Nebenwirkung ausschließt, da das positive Profil die Vertretbarkeit der schädlichen Wirkungen feststellt (Kügel/Müller/Hofmann, aaO Rn. 69). Die Nutzen-Risiko-Abwägung kann sich bei § 84 AMG demzufolge nur auf schädliche Wirkungen beziehen, die nach der Zulassung entdeckt wurden und zu einer Unvertretbarkeit führen.
Im Rahmen der Zulassung von Comirnaty wurde ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis festgestellt, welches Voraussetzung für die Zulassung ist. Dieses positive Nutzen-Risiko-Verhältnis wurde auch nach der Zulassung wiederholt durch die zuständige Aufsichts- und Zulassungsbehörde in der Europäischen Union bestätigt. Am 16.09.2022 hat der CHMP aufgrund des fortbestehenden positiven Nutzen-Risiko-Verhältnisses von Comirnaty empfohlen, die bedingte Zulassung von Comirnaty in eine Standardzulassung umzuwandeln, welche nicht jährlich erneuert werden muss. Diese Empfehlung wurde mit Durchführungsbeschluss der Europäischen Kommission vom 10.10.2022 rechtlich umgesetzt. Am 28.10.2022 wurde das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis durch das CHMP der EMA auf Basis sämtlicher vorliegender Daten erneut bestätigt (vgl. Anlage B6, Blatt 53 der Akten). Hier wurde explizit festgestellt, dass sich trotz der Tatsache, dass sich neue Daten ergeben haben, diese keinen Einfluss auf das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Comirnaty in der zugelassenen Indikation haben. Vielmehr bestätigen die erhobenen Daten das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis in der zugelassenen Indikation.
(…)
33
b) Ganz grundsätzlich ist die Zulassungsfähigkeit und Übereinstimmung mit den Zulassungsvoraussetzungen Gegenstand der in dem Verwaltungsakt der Zulassung ausgesprochenen Rechtsfolge. Diese entfaltet in einem Zivilprozess grundsätzlich wie alle Verwaltungsakte Tatbestandswirkung mit der Folge, dass, solange der Verwaltungsakt nicht durch die zuständige Behörde oder durch ein Verwaltungsgericht aufgehoben worden oder nichtig ist, nicht nur der Erlass des Bescheids als solcher, sondern auch sein Ausspruch von den Zivilgerichten hinzunehmen und ihren Entscheidungen zugrunde zu legen ist (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 03.03.2023 – 19 U 222/22 –, juris, Rn. 113; NJW 2023, 2259). Der Umfang der Tatbestandswirkung richtet sich nach dem Regelungsgehalt, der gegebenenfalls durch Auslegung nach dem objektiven Empfängerhorizont zu bestimmen ist (Schoch/Schneider/Goldhammer, 3. EL August 2022, VwVfG, § 43 Rn. 75). Ergänzend entfalten aber auch die tatsächlichen Feststellungen, auf denen ein Verwaltungsakt beruht, Bindungswirkung (Feststellungswirkung), was im jeweiligen Einzelfall nach Maßgabe des Fachrechts zu bestimmen ist. Hiervon ausgehend ist die Feststellung der arzneimittelrechtlichen Unbedenklichkeit von einer Genehmigung erfasst. Dies folgt insbesondere daraus, dass eine Genehmigung nach Art. 26 RL 2001/83/EG ebenso wie nach deutschem Recht nach § 25 Abs. 2 AMG zu versagen ist, wenn das Nutzen-Risiko-Verhältnis nicht als günstig anzusehen ist. Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Erteilung einer Genehmigung nach außen hin und damit mit Feststellungswirkung das positive Nutzen-Risiko-Verhältnis verlautbart (vgl. Auch LG Frankfurt am Main, Urteil vom 14.02.2024, Az. 2-12 O 264/22).
34
Aus den von der Klagepartei auf Blatt 318 der Akte zitierten Beschlüsse des Bundesgerichtshofs vom 20.04.2022 (Az. VII ZR 720/21) und vom 04.05.2022 (Az. VII ZR 733/21) folgt nichts Gegenteiliges. Sie sprechen behördlichen Zulassungsentscheidungen insbesondere nicht die Tatbestandswirkung ab. Vielmehr hat der Bundesgerichtshof in den sogenannten Dieselfällen ausdrücklich die Tatbestandswirkung einer Genehmigungsentscheidung anerkannt, hierzu aber – in Bezug auf die Typgenehmigung – festgestellt, dass sich die Tatbestandswirkung des verfügenden Teils einer EG-Typgenehmigung nicht über eine seitens der befassten Genehmigungsbehörde getroffene Feststellung zur Rechtmäßigkeit des zur Beurteilung unterbreiteten Fahrzeugtyps hinaus erstrecken (BGH NJW 2023, 2259 Rz. 12). Der Inhalt der EG-Typgenehmigung ist mit dem einer aufgrund einer umfassenden selbstständigen Prüfung der Sicherheit eines Arzneimittels unter Einschluss des Nutzen-Risiko-Verhältnisses erfolgten Arzneimittelzulassung nicht vergleichbar. Die EG-Typgenehmigung wird weder hinsichtlich eines konkreten Fahrzeugs noch im Hinblick auf eine Gruppe konkreter Fahrzeuge im Sinne der produzierten Fahrzeuge einer bestimmten Baureihe erteilt. Mit ihr wird lediglich einen Fahrzeugtyp genehmigt, der mit den Angaben in der Beschreibung übereinstimmt (BGH NJW 2023, 2259 Rn. 13). Die von dem Kläger zitierten Beschlüsse sind daher für den hiesigen Rechtsstreit nicht im Sinne der Klagepartei fruchtbar zu machen, denn – wie ausgeführt – ist das Nutzen-Risiko-Verhältnis im Genehmigungsverfahren zu prüfen und damit von der Tatbestandswirkung erfasst.
35
Eine grundsätzliche Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer Behördenentscheidung obliegt den Zivilgerichten nicht (vgl. auch BGH, Urteil vom 02.12.2015 – I ZR 239/14). Nichts anderes gilt, wenn es sich um einen hoheitlichen Akt der Europäischen Kommission handelt.
36
Die Zulassungsentscheidung erfolgte durch die Europäische Kommission nach Empfehlung der EMA. Da es sich um eine europäische Zulassungsentscheidung der Europäischen Kommission handelt, kann diese nach allgemeinen europarechtlichen Bestimmungen alleinig angefochten werden. Im Unionsrecht gilt dabei der Grundsatz der Vermutung der Rechtmäßigkeit von Gemeinschaftsakten. Nach diesem Grundsatz entfalten Rechtsakte einer Europäischen Behörde, hier der Europäischen Kommission, Rechtswirkungen, solange sie nicht zurückgenommen, im Rahmen einer Nichtigkeitsklage für nichtig erklärt oder infolge eines Vorabentscheidungsersuchens oder einer Rechtswidrigkeitseinrede für ungültig erklärt worden sind. Der Grundsatz gestattet es insbesondere anderen europäischen und nationalen Behörden sowie Gerichten in nachfolgenden Verfahren von der Tatbestandswirkung dieses europäischen Rechtsakts auszugehen, das heißt in nachfolgenden Verfahren bei einer Rechtsprüfung das tatbestandliche Vorliegen einer rechtswirksamen Zulassung festzustellen (BVerwG, Beschluss vom 07.07.2022 – 1 WB 2/22, juris Rn. 205 f. m.w.N.).
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Der Tatsache, dass wiederholt ein positives Nutzen-Risiko-Verhältnis festgestellt wurde, hält die Klagepartei entgegen, dass für den Kläger eine Myokarditis mit persistierender Leistungseinschränkung und Post-Exertional Malaise eine unverhältnismäßige Folge der Impfung darstellt, welche auch zum Tode führen kann. Unabhängig davon, dass – wie bereits dargestellt – für die Betrachtung auf die Gesamtheit der potentiellen Anwender abzustellen ist, ist darüber hinaus an-zuführen, dass es von der Indikation des Arzneimittels sowie seiner therapeutischen Wirksamkeit abhängt, welches Risiko sich als vertretbar einstufen lässt. Je besser die therapeutische Wirksamkeit des Arzneimittels und je gravierender die Indikation, desto schwerere schädliche Wirkungen können toleriert werden. Wird das Arzneimittel zum Beispiel zur Behandlung einer Krankheit mit hoher Sterblichkeitsrate eingesetzt, sind unter Umständen auch besonders schwerwiegende und möglicherweise tödliche Nebenwirkungen hinzunehmen, solange deren Eintrittswahrscheinlichkeit eher gering ist (vgl. hierzu Kügel/Müller/Hofmann, aaO Rn. 83). Eine Impfung mit Comirnaty schützt mit einer sehr hohen Wirksamkeit gegen Covidbedingte Hospitalisierung und Tod. Risiken traten hingegen im Hinblick auf die Menge der verabreichten Impfungen nur sehr selten auf.
38
Bei Gesamtwürdigung aller Umstände besteht für die Kammer kein Anlass, an den Entscheidungen der zuständigen Behörden zu zweifeln. Der Kläger hat vorliegend keine konkreten Tatsachen die geeignet wären, hieran Zweifel zu wecken und die eine Beweiserhebung über das Nutzen-Risiko-Verhältnis des Impfstoffs erfordern würden, aufgezeigt. Der Sachvortrag der Klagepartei erschöpft sich in Spekulationen, wonach sich die zuständigen Gremien und Behörden bei ihren Entscheidungen von sachfremden Erwägungen hätten leiten lassen und aufgrund dessen wissenschaftliche Erkenntnisse außer Acht gelassen oder falsch bewertet hätten.
39
c) Schlussendlich bestimmt sich die Zulassung von Comirnaty wie bereits dargelegt nach dem Arzneimittelrecht und nicht nach Gentechnikrecht (siehe oben unter I. 1.). Gemäß RL 2001/83/EG des Europäischen Parlaments, zuletzt geändert durch Art. 1 VO (EU) 2019/1243 vom 20.06.2019 (Abl. (EU) L 198/241) heißt es in Anhang I, Teil IV unter 2. „Begriffsbestimmungen“, Punkt 2.1 wörtlich:
„Impfstoffe gegen Infektionskrankheiten sind keine Gentherapeutika.“
40
Aufgrund der Tatbestands- bzw. Feststellungswirkung der Zulassung kann demnach ein ungünstiges Nutzen-Risiko-Verhältnis nicht zur Überzeugung der Kammer festgestellt werden.
41
d) Darüber hinaus ist zu sehen, dass die Sicherheit von Comirnaty am 30.08.2023 durch Empfehlung der EMA erneut bestätigt wurde, indem sie der Europäischen Kommission empfahl, den auf die COVID-19-Subvariante Omikron XBB.1.5 angepassten Comirnaty Impfstoff zuzulassen. Der innerhalb der EMA zuständige Ausschuss für Humanarzneimittel (Committee for Medicinal Products for Human Use, „CHMP“) erklärte ausdrücklich, alle verfügbaren Daten zu Comirnaty, einschließlich Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit, geprüft zu haben, woraufhin die Europäische Kommission am 01.09.2023 die Zulassung erteilte (vgl. Anlage B7).
42
Der Einwand der Klagepartei, dass sich das interne Empfehlungsschreiben des CHMP auf einen anderen Omikron Impfstoff beziehe, führt zu keinem anderen Ergebnis. Ausweislich der Anlage B7 beschränkten sich die Feststellungen des CHMP am 30.08.2023 nicht auf den Omikron-Impfstoff, sondern es wurden bei der Entscheidung alle verfügbaren Daten zu Comirnaty und seinen anderen adaptierten Impfstoffen berücksichtigt. Infolgedessen verläuft die Argumentation der Klägerseite ins Leere. e)
43
Das weitere Vorbringen des Klägers, es handele sich um einen anderen, nicht vergleichbaren Impfstoff steht im Übrigen auch im Widerspruch zu seiner Behauptung, die Toxizität der Impfung ergebe sich daraus, dass die mRNA in eine Hülle aus Fetten (Lipidnanopartikel, LNP) verpackt werde und das Verwenden dieser LNP seit Jahren wegen gefährlicher Nebenwirkungen als kritisch eingestuft werde. An dieser Funktionsweise ändert sich auch bei dem modifizierten Impfstoff nichts. In diesem Zusammenhang ist festzustellen, dass ausweislich der beklagtenseits vorgelegten Anlage B2 keine Zweifel daran bestehen, dass die Substanzen ALC-0159 und ALC-0315 zulässigerweise in Comirnaty vewendet wurden, was durch das PEI ausdrücklich bestätigt wurde. Das PEI stellte klar, dass es sich bei diesen Substanzen um pharmazeutische Hilfsstoffe handelt. Bei der Zulassung der mRNA-Impfstoffe erfolgte eine sorgfältige Prüfung hinsichtlich der Eignung für die Anwendung am Menschen.
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f) Ferner liegen auch keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der EMA nicht alle erforderlichen Informationen erteilt wurden, um das Nutzen-Risiko-Verhältnis von Comirnaty richtigerweise zu bewerten. Die Beklagte ist verpflichtet, in Abständen von sechs Monaten periodische Sicherheitsberichte bei den Zulassungsbehörden einzureichen. Bei den PSUR handelt es sich um wissenschaftliche Dokumente mit einer statistischen und epidemiologischen Aufbereitung der Daten in einem standardisierten, von den Behörden vorgegebenen Format. Hierbei fehlt bereits ein etwaiger substantiierter Vortrag der Klagepartei, dass die Beklagte diesen umfänglichen Berichtspflichten nicht ordnungsgemäß nachgekommen sei.
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Grundsätzlich wäre ausgehend von den Feststellungen der europäischen Behörden daher nur dann eine neue Begutachtung der der Beurteilung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses zugrundeliegenden Sachfragen geboten, wenn die Klagepartei dargelegt hätte, dass nach der Zulassungsentscheidung der Europäischen Kommission vom 01.09.2023 neue Erkenntnisse aufgetreten sind, bei deren Berücksichtigung eine andere Zulassungsentscheidung veranlasst gewesen wäre (vgl. OLG Bamberg, Urteil vom 14.08.2023, Az. 4 U 15/23; LG Saarbrücken, Urteil vom 01.12.2023, Az. 16 O 33/23).
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Auch hierzu fehlt jeglicher derartiger Vortrag des Klägers. Insbesondere hat der Kläger keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vorgetragen, dass die europäischen Behörden bei ihren fortlaufenden Prüfungen Tatsachen unbeachtet gelassen hätten, die bei ihrer Beachtung zu einem anderen abweichenden Ergebnis geführt hätten.
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Vor dem Hintergrund der laufenden Überwachung, der Erteilung der Standardzulassung sowie der Zulassung für den adaptierten Impfstoff kommt es auf das Vorbringen der Klagepartei dahingehend, dass vor der Erteilung der bedingten Zulassung nicht die erforderlichen Studien durchgeführt worden seien, nicht an. Die Ausführungen der Klagepartei, dass relevante Tests, beispielsweise in Form von Genexpressionsgutachten der Immunzellen vor und nach der Injektion, seitens der Zulassungsbehörden nicht durchgeführt worden seien, sind unsubstantiiert. Insbesondere wird nicht vorgetragen, weshalb die Zulassungsbehörden hierzu verpflichtet gewesen sein sollen und welche abstrakten Risiken hierdurch aufgezeigt worden wären.
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Auch befindet sich Comirnaty entgegen der Behauptungen der Klagepartei nicht immer noch in der Zulassungsstudie Phase III. Die Beklagte hat hierzu nicht schlüssig vorgetragen, weshalb dies der Fall sein sollte.
49
Der Vortrag des Klägers, der nunmehr verwendete Impfstoff sei mit der in der Testphase verwendeten Version nicht mehr vergleichbar, sodass es sich letztlich um einen nicht zugelassenen Impfstoff handele, entbehrt jeglicher Grundlage. Konkrete Anhaltspunkte dafür, warum es sich bei der dem Kläger verabreichten Impfung um eine von der aus der Testphase verwendeten abweichende Version handeln soll, zeigt die Klagepartei nicht auf.
50
Sofern klägerseits vorgetragen wird, das zuvor verwendete BNT162b2.8 habe eine andere Proteinfaltung und wirke daher chemisch anders und ferner, dass die BNT162b2.9 Impfchargen oberhalb des Grenzwertes von 10 ng pro Impfdosis mit DNA kontaminiert seien, ist dies nicht ansatzweise belegt. Gegen die Behauptung sprechen die mehrfachen Überprüfungen und dadurch Kontrollmechanismen seitens der EMA für die einzelnen Zulassungen. (vgl. hierzu auch LG Düsseldorf, Urteil vom 16.11.2023, Az. 3 O 151/22). Hierbei ist nicht erkennbar, auch welcher Tatsachengrundlage die aufgestellten Behauptungen beruhen.
51
Unerheblich sind auch die Ausführungen zur Wirkweise von Comirnaty.
g)
52
Seitens der Klagepartei ist darüber hinaus ein nicht vertretbares Nutzen-Risiko-Verhältnis auch nicht dargelegt.
53
Sofern sich im Nachhinein schädliche Wirkungen eines Arzneimittels zeigen, ist für die Abwägung, ob ein nicht vertretbares Nutzen-Risiko-Verhältnis vorliegt, auf die Umstände im Zeitpunkt der Geltendmachung des Schadens abzustellen (str. Zum Meinungsstand Kullmann in Kullmann/Pfister Rn. 33 m.w.N; Brock/Stoll in Kügel/Müller/Hofmann § 84 Rn. 83 f.m.w.N). Maßgebend ist der Stand der letzten mündlichen Verhandlung. Allerdings ist dieser so gewonnene Erkenntnisstand auf den Zeitpunkt des Inverkehrbringens zurück zu projizieren. Es muss geprüft werden, ob bei den nunmehr bestehenden Erkenntnissen, wenn sie auch damals bekannt gewesen wären, ein Inverkehrbringen des Arzneimittels unter Berücksichtigung der damals zur Verfügung stehenden Behandlungsalternativen im Rahmen einer Nutzen-Risiko-Abwägung gerechtfertigt gewesen wäre oder nicht (Rehmann, Arzneimittelgesetz, § 84 Rz. 6).
54
Im Rahmen der Frage nach der „Unvertretbarkeit“ ist eine Abwägung zwischen dem therapeutischen Nutzen und den Risiken einer schädlichen Nebenwirkung vorzunehmen (BT-Drucks. 7/3060, S. 45 (zu § 5 AMG); Rehmann, AMG, 5. Aufl. 2020, § 84 Rn. 5). Dabei kommt es auf gesicherte wissenschaftliche Erkenntnisse an – die schädlichen Wirkungen müssen bewiesen sein (Brock in Kügel/Müller/Hoffmann, AMG, 3. Aufl. 2022, § 84 Rn. 82). Bloße Spekulationen genügen nicht.
55
Die Beweislast für das Vorliegen eines negativen Nutzen-Risiko-Verhältnisses trägt stets der Anspruchsteller (Koyuncu in Kullmann/Pfister/Stöhr/Spindler, Produzentenhaftung, Lfg. 2/13, Kennzahl 3812, S. 3).
56
Der Kläger hat insoweit weder fehlenden Nutzen noch nicht vertretbare Risiken dargelegt. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass es einer Partei nicht verwehrt werden darf, eine tatsächliche Aufklärung auch hinsichtlich solcher Punkte zu verlangen, über die sie selbst kein zuverlässiges Wissen besitzt. Sie kann deshalb genötigt sein, eine von ihr nur vermutete Tatsache zu behaupten und unter Beweis zu stellen. Unzulässig wird ein solches prozessuales Vorgehen jedoch dort, wo die Partei ohne greifbare Anhaltspunkte für das Vorliegen eines bestimmten Sachverhalts willkürlich Behauptungen „aufs Geratewohl“ oder „ins Blaue hinein“ aufstellt. Bei der Annahme von Willkür in diesem Sinne ist Zurückhaltung geboten; in der Regel wird sie nur beim Fehlen jeglicher tatsächlichen Anhaltspunkte gerechtfertigt werden können (BGH, Beschluss vom 16.04.2015, Az. IX ZR 195/14). Das Recht, Tatsachen aufs Geratewohl oder ins Blaue hinein zu behaupten, steht aber nach der zitierten Rechtsprechung unter dem Vorbehalt, dass die Partei das erforderliche Wissen nicht erlangen kann. Um im Anwendungsbereich des Arzneimittelrechts Tatsachenbehauptungen ins Blaue hinein zu vermeiden und das Gericht damit zu einer grund- und grenzenlosen Überprüfung von Arzneimitteln veranlassen zu können, steht einer Partei aber gerade der Auskunftsanspruch aus § 84a AMG zur Seite (s.a. OLG Koblenz, Urteil vom 16.02.2004 – 12 U 160/03; OLG Frankfurt am Main, Urteil vom 10.04.2003, Az. 3 U 30/00). Vor dem Hintergrund des erst im Jahr 2009 eingeführten § 84a AMG, der das Informationsdefizit des Arzneimittelgeschädigten kompensieren soll (BeckOGK, § 84a AMG Rz. 2), können die Feststellungen des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 19.03.1991 – VI ZR 248/90, es reiche aus, wenn der Kläger vorträgt, dass ein Medikament zu so schweren Schädigungen führen kann, wie sie bei ihm später aufgetreten sind (Schrumpfung des Gehirns), keinen Bestand mehr haben. Nach Maßgabe dieser Voraussetzungen ist das Klagevorbringen als „ins Blaue hinein“ und damit unerheblich zu bewerten.
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aa) Die Klagepartei stellt ohne Erfolg bereits einen Nutzen des Impfstoffs in Abrede. Es trifft schon nicht zu, dass ein Impfstoff gegen SarsCov2 schon deswegen überflüssig – und damit im Ergebnis nutzlos – gewesen sein soll, weil im Jahr 2020 – so der Kläger – niemand gewusst habe, wie die Risiken von SarsCov2 einzuschätzen gewesen seien.
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Die Risiken des Virus – insbesondere in seiner Wildform zur Beginn der Pandemie – sind allgemein bekannt und stehen insbesondere vor dem Hintergrund, dass zunächst die WHO im Januar 2020 eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite und im März 2020 der Bundestag eine epidemische Lage nationaler Tragweite nach § 5 IfSG ausgerufen haben, unabweisbar fest.
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Die Kammer schließt sich insoweit den Ausführungen des Landgerichts Hannover in seinem Urteil vom 04.12.2023, Seite 7 f., Az. 2 O 76/23, an. Hierin heißt es:
Im Vordergrund der Abwägungen steht hier die pandemische Lage, die es 2020 erforderlich machte, unter Einhaltung medizinischer Standards, auf dennoch schnellstem Wege eine Impfung herzustellen, die die weitere Verbreitung des Corona Virus verhindern, die Anzahl der schwerwiegenden Verläufe eindämmen und vor allem die Zahl der Coronatoten weltweit verringern sollte. Bereits wenige Wochen und Monate nach dem weltweiten Ausbruch des Corona Virus zählte man Millionen Tote weltweit. Die Gesamtzahl der schweren Verläufe einer Coronainfektion stieg von Tag zu Tag und endete in vielen Fällen auf den Intensivstationen. Die Kapazitäten in den Kliniken, sowohl hinsichtlich der verfügbaren Betten als auch des verfügbaren Ärzte- und Pflegepersonals, waren schnell ausgeschöpft. Schlussendlich war die Lage so kritisch, dass ein deutschlandweiter Lockdown ausgesprochen wurde. Schulen, Kitas, Universitäten, Restaurants und nahezu der gesamte Einzelhandel mussten zunächst auf unbestimmte Zeit schließen. Lediglich Geschäfte des täglichen, dringenden Bedarfs wie Supermärkte, Drogerien und Apotheken waren unter Einhaltung strenger Zutrittsregelungen geöffnet. Als die größte Chance, dieser nicht weiter kalkulierbaren Erkrankung entgegenzuwirken, wurde die Herstellung und baldige Verabreichung eines Impfstoffs an die Bevölkerung angesehen. Nicht zuletzt, weil es sich bei dem Corona Virus um ein – zum entscheidenden Zeitpunkt – neuartiges Virus gehandelt hat und dementsprechend Alternativpräparate weder vorhanden noch verfügbar waren. In einer Zeit, in der sich Gedanken über eine grundgesetzlich verbotene Abwägung „Leben gegen Leben“ gemacht wurden, weil es in den Kliniken nicht mehr möglich war, jeden Patienten gleichermaßen gut zu versorgen und diese sogar deutschlandweit transportiert und in umliegende Krankenhäuser verlegt werden mussten, weil keine Betten mehr frei und/oder Beatmungsgeräte verfügbar waren, ist der Grad des Nutzens des entwickelten Impfstoffes hoch anzusetzen.
An dieser Bewertung hat sich bis heute – auch rückblickend – nichts geändert. Angesichts dessen ist es unerheblich, dass im Nachhinein ein Prof. Dr. I. festgestellt haben will, dass die Sterblichkeitsraten letztlich niedriger als geschätzt lagen. Der Impfstoff sollte nicht nur vor Todesfällen, sondern auch vor schweren Verläufen schützen.
Vor diesem Hintergrund ist auch die Behauptung des Klägers, SarsCoV2 lasse sich hervorragend konventionell als grippaler Infekt ohne vergleichbare Nebenwirkungen therapieren, als unerheblich zurückzuweisen. Dies mag zum jetzigen Zeitpunkt, offenkundig aber nicht für die Jahre 2020 und 2021 zutreffen.
Ein fehlender Nutzen ergibt sich auch nicht daraus, dass der Impfstoff die Übertragung des Virus von Mensch auf Mensch nicht verhindert. Dies muss ein Impfstoff nicht gewährleisten. § 2 Nr. 9 IfSG definiert eine Schutzimpfung als „die Gabe eines Impfstoffes mit dem Ziel, vor einer übertragbaren Krankheit zu schützen“ und nicht – wie die Klagepartei meint – als Schutz vor Übertragung einer Krankheit. Die Beklagte behauptet selbst nicht, dass COMIRNATY® vor einer Ansteckung i.S.v. einer Übertragung des Virus von Mensch auf Mensch schütze.
Im Übrigen ist offenkundig und kann wissenschaftlich nicht ernstlich bestritten werden, dass der streitgegenständliche Impfstoff vor einer schweren Erkrankung mit dem Corona Virus schützen konnte und kann, wobei das genaue Maß des Schutzes hier dahinstehen kann.
Die mit Schriftsatz des Klägers vom 26.02.2024 aufgestellten Behauptungen zum fehlenden Nutzen des Impfstoffes, u.a. dass er über vier Monate hinaus keinen Infektionsschutz biete, ist ebenso unsubstantiiert wie die Behauptung, der immunologische Zustand des Geimpften sei sechs Monate nach der Impfung schlechter als vorher. Die Klagepartei trägt keine Umstände vor, die diese Behauptung auch nur ansatzweise stützen.
Das Vorbringen des Klägers steht insoweit auch im Widerspruch zu seiner Behauptung, es würden nur die Personen krank, die mit einer bestimmten Impfcharge geimpft worden seien. Auch die klägerische Behauptung, es seien Probanden aus der Studie im Rahmen des Zulassungsverfahrens herausgenommen und damit das Ergebnis verfälscht worden, ist unerheblich. Irrelevant sind auch die Ergebnisse von Tierversuchen, besagen diese doch nichts über etwaig bei Menschen auftretende Risiken.
Die Behauptung der Klagepartei, dem Bundesministerium für Gesundheit hätten bis zum 23.08.2023 keine Daten zur Wirksamkeit von COMIRNATY® vorgelegen, ist nicht nur unerheblich, sondern unter Bezugnahme auf die Anlage K 58 auch falsch. In der Anlage K 58 hat das Bundesministerium für Gesundheit die Frage verneint, ob der Bundesregierung Zahlen aus placebokontrollierten, randomisierten und verblindeten wissenschaftlichen Studien vorlägen, die statistisch signifikant belegten, dass die mit der Substanz BNT162b2 (sog. „COMIRNATY -COVID-19-Impfstoff'von „BioNTech/Pfizer“) behandelte Probanden insgesamt unter weniger medizinisch unerwünschten Ereignissen litten als Probanden, die das Placebo (Kochsalzlösung) erhalten haben. Der Kläger stellt den Inhalt dieser Anfrage verzerrt dar.
Zweifel am Nutzen des Impfstoffs im Sinne fehlender Wirksamkeit ergeben sich auch nicht aus den Berechnungen der Klagepartei, die sie aufgrund der ihr nicht vorliegenden Wirksamkeitsstudie anstellt. Da sie die Daten der Wirksamkeitsstudie nicht kennt, ist nicht nachvollziehbar, auf welcher tatsächlichen Grundlage sie die „RRR“ (Relative Risikoreduktion) und ARR (Absolute Risikoreduktion) berechnet. Es kann insbesondere nicht festgestellt werden, dass die Angaben der Beklagten zur Wirksamkeit des Impfstoffes nur dadurch erreicht wurden, dass die Beklagte „störende Daten aus der Studie entfernt“ hat. Die Behauptung erfolgt offensichtlich ins Blaue hinein, zumal sich aus der von der Klagepartei selbst vorgelegten Liste über die Studienabbrecher entsprechendes nicht ergibt. Wie die Beklagte zutreffend vorgetragen hat, reichten die Abbruchgründe von schlichter Unerreichbarkeit der Teilnehmer, Umzug oder berufliche Neuorientierung bis zur COVID19 Erkrankung, die eine Teilnahme an der Studie unmöglich machte. Hinweise darauf, dass die Beklagte in unzulässiger Weise auf die Studie Einfluss genommen hat, liegen nicht vor.
bb) Der Kläger hat auch nicht hinreichend zu etwaigen Risiken vorgetragen.
Insbesondere ist sein Vorbringen zu Verdachtsfällen und Todesfällen unbeachtlich, weil es sich – wie der Begriff bereits sagt – nur um den Verdacht eines Impfschadens handelt. Die Meldung eines Verdachtsfalles besagt nichts über das tatsächliche Aufkommen von Impfschadensfällen. Wie sich aus der beklagtenseits vorgelegten Anlage B5 ergibt, können Verdachtsfälle von jedermann gemeldet werden. Allein ihre Meldung besagt nichts über die Richtigkeit der Meldung. Es wird durch das PEI ausdrücklich klargestellt, dass Meldungen von Verdachtsfällen nicht identisch mit Nebenwirkungen sind und die Anzahl von Verdachtsfallmeldungen keinen Rückschluss auf die tatsächliche Häufigkeit der gemeldeten Reaktion in der geimpften Population erlaubt, da die Anzahl der geimpften Personen je Region nicht bekannt ist. Ein Rückschluss auf einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einem gemeldeten Verdachtsfall einer Nebenwirkung und einer Impfung kann auf Grund dieser Darstellung daher nicht getroffen werden. Auch ist bei der Betrachtung der Verdachtsmeldung auch die Anzahl durchgeführter Impfungen mit dem jeweiligen Impfstoff zu beachten. Gemessen an den bislang verimpften Dosen von COVID-19-Impfstoffen und der Anzahl der gemeldeten Verdachtsfälle, in den Beschwerden berichtet wurden, ergibt sich eine Melderate von weniger als einem Verdachtsfall pro 100.000 Impfungen. Somit werden solche Verdachtsfälle extrem selten im zeitlichen Zusammenhang mit COVID-19-Impfungen berichtet.
Die Beklagte hat nach ihrem unbestrittenen Vortrag weltweit über 2,6 Milliarden Dosen des Impfstoffs verabreicht. Angesichts dieser Vielzahl an verabreichten Dosen wäre selbst dann, wenn sich die bei der EMA gemeldeten Verdachtsmeldungen als tatsächlicher Impfschaden erwiesen, von einem positiven Nutzen-Risiko Verhältnis auszugehen, da bekanntermaßen COMIRNATY® vor schweren Verläufen, wie sie bekanntermaßen zu Beginn der Corona-Pandemie auftraten, schützt.
Soweit der Kläger behauptet, es habe Mängel in der Herstellung und Entwicklung des Impfstoffs gegeben, ist dieser Vortrag zum einen unsubstantiiert, zum anderen wäre er, falls man seine Substantiierung unterstellen sollte, unerheblich. Denn dieser besagt nichts über ein etwaiges negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis. Zudem ist auch nicht substantiiert dargelegt, dass eine mangelhaft produzierte Charge die Gesundheitsschäden des Klägers verursacht haben könnte. Auch der Vortrag zu vorliegenden etwaigen Chargendifferenzen erfolgt nicht substantiiert.
Die Haftung nach § 84 Abs. S. 2 Nr. 1 AMG greift daher nicht ein.
(…)“
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Diese Ausführungen sind auf den vorliegenden Fall vollumfänglich übertragbar. Die Kammer macht sich diese nach eigener Überzeugungsbildung insgesamt zu eigen. Auch im vorliegenden Fall hat die Klagepartei nicht substantiiert vorgetragen, dass nach der Zulassungsentscheidung neue Erkenntnisse eingetreten sind, die eine anderen Bewertung herbeigeführt hätten. Weder hat sie einen fehlenden Nutzen noch nicht vertretbare Risiken ausreichend substantiiert dargelegt.
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Eine medizinische Unvertretbarkeit i.S.v. § 84 AMG hat die Klagepartei demnach bereits nicht substantiiert darlegt.
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c) Auch hat die Klagepartei hiervon unabhängig weiterhin bereits nicht substantiiert zur Kausalität zwischen verabreichter dritter Impfung und den behaupteten Gesundheitsschäden vorgetragen. Sie hat nicht dargelegt und nachgewiesen, wie der Gesundheitszustand des Klägers vor und nach der streitgegenständlichen dritten Impfung war und sich darauf beschränkt, nur völlig rudimentär Behandlungsunterlagen des Klägers vorzulegen, aus denen sich nichts zum gesamten Gesundheitszustand des Klägers ergibt (Anlage K6: ein Karteiblatt der Hausärztin Dr. mit Behandlungszeitraum .06.2022 bis .07.2022, Anlage K7: 1 Seite „Laborbericht – Teil V“ vom .09.2023).
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2. Ein Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus §§ 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 2, 87 S. 2 AMG.
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Es kann dahinstehen, ob die Fachinformation und Gebrauchsinformation nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprachen. Dafür, dass eine ordnungsgemäße Information vorgelegen haben könnte, spricht, dass ausweislich des Vortrags der Beklagtenpartei und Vorlage der jeweiligen Dokumente im fraglichen Zeitpunkt der Impfung auf „vergrößerte Lymphknoten“ hingewiesen wurde.
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Dies ist vorliegend jedoch nicht entscheidungserheblich, da es jedenfalls an der Kausalität fehlt. Voraussetzung ist insoweit, dass der Schaden infolge einer nicht den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Kennzeichnung, Fachinformation oder Gebrauchsinformation eingetreten ist. Es ist eine sog. „doppelte Kausalität“ erforderlich. Das heißt der Arzt bzw. der Patient muss die Gebrauchshinweise zur Kenntnis genommen haben und bei richtiger Information wäre keine Verabreichung/Einnahme des Arzneimittels erfolgt. Der Schaden müsste demnach bei ordnungsgemäßer Arzneimittelinformation mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden sein. Diese Voraussetzungen sind von der Klagepartei nachzuweisen (vgl. insgesamt Kügel/Müller/Hofmann/Brock, 3. Aufl. 2022, AMG § 84 Rn. 110 f. m.w.N.). Einen solchen Nachweis hat die Klagepartei nicht geführt. Ausweislich der Einlassung des persönlich angehörten Klägers in der mündlichen Verhandlung habe er die Fach- oder Gebrauchsinformation des Impfstoffs mit Sicherheit nicht gelesen und er wisse auch nicht, ob seiner Ärztin die Fach- oder Gebrauchsinformation vorgelegen habe. Ihm seit auch nicht mehr bekannt, dass bei der 3. Impfung noch großartig über Risiken gesprochen worden sei. Er sei praktisch spontan zur Impfung gekommen. Es sei so gewesen, dass die impfende Ärztin Frau Dr. ihn kontaktiert habe. Er habe darauf vertraut, dass es damit seine Richtigkeit habe.
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Es ist damit bereits nicht nachgewiesen, dass die Fach- und Gebrauchsinformationen überhaupt seitens der Ärztin und seitens des Klägers zur Kenntnis genommen wurden. Mangels Aufklärungsgespräch und Auseinandersetzung mit den Risiken ist auch nicht ersichtlich, dass selbst bei Kenntnisnahme dies etwas an der Verabreichung der Impfung geändert hätte.
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Eine Kausalität ist demnach nicht nachgewiesen.
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3. Ein Anspruch des Klägers folgt auch nicht aus § 32 Abs. 1 GenTG.
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Im Anwendungsbereich des § 84 AMG findet § 32 GenTG keine Anwendung, § 37 Abs. 1 GenTG (Exklusivitätsverhältnis). Comirnaty stellt einen Impfstoff iSv § 4 Abs. 4 AMG dar, der der Zulassungspflicht unterliegt und der im Geltungsbereich des AMG an Verbraucher abgegeben wurde. Es handelt sich nicht um eine Gentherapie.
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4. Ein Anspruch des Klägers ergibt sich auch nicht aus § 1 ProdHaftG, da § 15 ProduktHaftG – entsprechend § 37 GenTG – Ansprüche aus dem Produkthaftungsgesetz ausschließt, wenn infolge der Anwendung eines zum Gebrauch beim Menschen bestimmten Arzneimittels, das im Geltungsbereich des Arzneimittelgesetzes an den Verbraucher abgegeben wurde und der Pflicht zur Zulassung unterliegt, jemand getötet, sein Körper oder die Gesundheit verletzt wurde.
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5. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers kommt auch aus § 823 Abs. 1 BGB sowie § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 223, 224 StGB nicht in Betracht.
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Das Inverkehrbringen des Impfstoffs war aufgrund der erteilten Zulassung bereits nicht rechtswidrig.
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6. Ein Anspruch ergibt sich weiterhin auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 5 AMG.
74
Zwar handelt es sich bei § 5 AMG um ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB (BGH, Urteil v. 19.03.1991 – VI ZR 248/90, NJW 1991, 2351). Dessen Voraussetzungen liegen jedoch nicht vor. Der objektive Tatbestand der Norm ist demnach nur dann erfüllt, wenn es sich um ein Arzneimittel handelt, bei dem nach dem jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse der begründete Verdacht besteht, dass es bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädliche Wirkungen hat, die über ein nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft vertretbares Maß hinausgehen. Inhaltlich entsprechen damit die Tatbestandsvoraussetzungen denen des § 84 Abs. 1 S. 2 Nr. 1 AMG. Wie dargelegt, konnte der Kläger ein solches negatives Nutzen-Risiko-Verhältnis bereits nicht darlegen (s.o.).
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7. Ein Schadensersatzanspruch des Klägers folgt auch nicht aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 95 Abs. 1 Nr. 3a, 96 Abs. 1 Nr. 3, 8 Abs. 1 Nr. 2 AMG.
76
Die Regelung des § 8 AMG stellt kein Schutzgesetz im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB dar (vgl. LG Frankfurt, Urt. vom 14.02.2024, 2-12 O 264/22). Im Übrigen sind die Tatbestandsvoraussetzungen auch offensichtlich nicht erfüllt.
77
8. Andere Anspruchsgrundlagen sind nicht erkennbar.
III.
78
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
IV.
79
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 S. 1, S. 2 ZPO. V.
80
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 48 GKG i.V.m. § 3 ZPO.
81
Der Streitwert für den Klageantrag Ziffer 1 ist entsprechend des klägerseits zum Ausdruck gebrachten Mindestbetrags mit 35.000,00 € anzusetzen.
82
Im Hinblick auf die vom Kläger vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen hält es die Kammer für angemessen, den Feststellungsantrag Ziffer 2 der Klage entsprechend dem klägerischen Vortrag mit 5.000,00 € zu bewerten.