Inhalt

BayObLG, Beschluss v. 15.08.2025 – 203 VAs 279/25
Titel:

Empfehlungen und Wissenserklärungen der Staatsanwaltschaft keine anfechtbaren Justizverwaltungsmaßnahmen

Normenkette:
EGGVG § 23 Abs. 1 S. 1, § 24 Abs. 1
Leitsatz:
Die bloße Wissenserklärung der Staatsanwaltschaft gegenüber dem Antragsteller, dass eine Verurteilung rechtskräftig sei, fällt mangels Regelungscharakter nicht unter den Begriff des Justizverwaltungsakts. (Rn. 7)
Schlagworte:
Antrag auf gerichtliche Entscheidung, Justizverwaltungsakt, Staatsanwaltschaft, Wissenserklärung, Empfehlung, Regelungscharakter
Fundstelle:
BeckRS 2025, 24737

Tenor

1. Der Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG wird auf Kosten des Antragstellers als unzulässig verworfen.
2. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Geschäftswert wird auf 5.000 Euro festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller hat in dem gegen ihn geführten Strafverfahren 140 Js 39457/24 mit seinem an die Staatsanwaltschaft T. gerichteten Schreiben vom 13. März 2025 unter Bezugnahme auf ein von ihm erhaltenes Schreiben der Staatsanwaltschaft von 5. März 2025 einen Antrag auf gerichtliche Entscheidung gestellt. Sinngemäß trägt er vor, dass die Staatsanwaltschaft in ihrem an ihn gerichteten Bezugsschreiben unzutreffend von der Rechtskraft des gegen ihn ergangenen Strafbefehls ausgegangen sei und damit ein Verstoß gegen § 21 EGGVG vorliege. Die Staatsanwaltschaft habe den Einspruch gegen den Strafbefehl „ignoriert“. Die Generalstaatsanwaltschaft hat beantragt, den Antrag als unzulässig zu verwerfen. Die in dem Schreiben der Staatsanwaltschaft vom 5. März 2025 an den Antragsteller erteilten Auskünfte zu seinen vorgehenden Anfragen unterfielen nicht der Überprüfbarkeit nach § 23 EGGVG. Der verfahrensbevollmächtigte Verteidiger hat Gelegenheit zur Stellungnahme und Akteneinsicht erhalten. Weiterer Sachvortrag ist nicht erfolgt.
II.
2
Der Antrag ist, wie die Generalstaatsanwaltschaft zutreffend ausführt, unzulässig.
3
1. Das Begehren des Antragstellers ist vom Senat aufgrund der ausdrücklichen Bezeichnung nicht als formloser Rechtsbehelf, sondern als förmlicher Antrag auf gerichtliche Entscheidung nach § 23 EGGVG zu behandeln. Dass das Schreiben an die Staatsanwaltschaft gerichtet ist, ändert daran nichts, da dem Vortrag des Antragstellers der Wunsch nach einer gerichtlichen Kontrolle des Handelns der Staatsanwaltschaft unzweifelhaft zu entnehmen ist.
4
2. Der Antrag ist im Verfahren nach §§ 23 ff. EGGVG nicht statthaft. Der Inhalt des Schreibens der Staatsanwaltschaft vom 5. März 2025 ist nicht justiziabel.
5
a. Das verfahrensgegenständliche Schreiben der Staatsanwaltschaft bezieht sich auf Einwendungen des Antragsstellers gegen den nach Aktenlage seit 13. Februar 2025 rechtskräftigen Strafbefehl des Amtsgerichts Rosenheim vom 8. Januar 2025 und hat, soweit antragsrelevant, auszugsweise folgenden Inhalt: „bezugnehmend auf Ihre Anfragen an die Staatsanwaltschaft T. sowie das Amtsgericht Traunstein werden Sie darum gebeten, sich mit ihrem Verteidiger … auszutauschen…Da das Verfahren nunmehr rechtskräftig abgeschlossen ist, werden Sie darum gebeten, etwaige Fragen zum Gang des Ermittlungsverfahrens mit ihrem Verteidiger abzuklären. Die Staatsanwaltschaft wird nunmehr lediglich aufkommende Fragen während der Strafvollstreckung beantworten.“
6
b. Justizverwaltungsakte im Sinne von §§ 23 ff. EGGVG sind nach der gesetzlichen Definition in § 23 Abs. 1 Satz 1 EGGVG Anordnungen, Verfügungen oder sonstige Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf den Gebieten des bürgerlichen Rechts einschließlich des Handelsrechts, des Zivilprozesses, der freiwilligen Gerichtsbarkeit und der Strafrechtspflege getroffen werden.
7
c. Die Empfehlung der Staatsanwaltschaft, sich mit dem Verteidiger zu beraten, und die – nach Aktenlage zutreffende – Wissenserklärung gegenüber dem Verurteilten, der Strafbefehl sei rechtskräftig, fallen mangels Regelungscharakter nicht unter diesen Begriff (vgl. auch Brandenburgisches Oberlandesgericht, Beschluss vom 12. März 2024 – 2 VAs 4/23 –, juris; KG Berlin, Beschluss vom 7. September 1993 – 1 VA 3/93 –, juris).
III.
8
Die Kostenentscheidung beruht auf § 1 Abs. 2 Nr. 19, § 22 Abs. 1 GNotKG und § 30 EGGVG; eine ausnahmsweise Erstattung der außergerichtlichen Kosten, die einer besonderen Rechtfertigung bedürfte, ist nicht geboten. Die Entscheidung über die Festsetzung des Gegenstandswertes folgt aus § 36 Abs. 3 GNotKG. Die Rechtsbeschwerde ist nicht zuzulassen (§ 29 Abs. 2 EGGVG), da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat, noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.