Titel:
Sachverständigengutachten, Krankenunterlagen, Vorläufige Vollstreckbarkeit, Kausalitätsvermutung, Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung, Kosten des Berufungsverfahrens, Hinweisbeschluss, Kostenentscheidung, Sicherheitsleistung, Aussicht auf Erfolg, Streitwert, Zurückverweisung, Sozialversicherungsträger, Rechtsmittel, Rechtshängigkeit, mündlich Verhandlung, Landgerichte, Berufungszurückweisung, Vorerkrankung, Ermessen des Gerichts
Schlagworte:
Schmerzensgeldforderung, Impfstoffhaftung, Kausalitätsvermutung, Berufungszurückweisung, Beweislastverteilung, Vorerkrankungen
Vorinstanz:
LG Landshut, Endurteil vom 29.11.2024 – 13 O 1031/23
Fundstelle:
BeckRS 2025, 24719
Tenor
1. Die Berufung der Klagepartei gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 29.11.2024, Aktenzeichen 13 O 1031/23, wird zurückgewiesen.
2. Die Klagepartei hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Landshut ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 115.000,00 Euro festgesetzt.
Gründe
1
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Landshut vom 29.11.2024 Bezug genommen.
2
Im Berufungsverfahren beantragt die Klägerin:
I. Unter Abänderung des Urteils des LG Landshut vom 29.11.2024 – 13 O 1031/23:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, jedoch 80.000,00 € nicht unterschreiten soll, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz auf den zuerkannten Betrag seit Rechtshängigkeit, zu bezahlen.
2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die ihr in Zukunft aus der Corona-Schutzimpfung vom ... 10.2021 mit dem Impfstoff Comirnaty des Herstellers BioNTech/Pfizer entstehen – die immateriellen zukünftigen Schäden nur, soweit diese im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbar sind – zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.
3. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft zu erteilen über die im Zeitraum vom 21.12.2020 bis zur mündlichen Verhandlung bei der Beklagten bekannten Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechselwirkungen sowie ihr bekannt gewordene Verdachtsfälle von Nebenwirkungen und Wechselwirkungen und sämtliche weiteren Erkenntnisse, die für die Bewertung der Vertretbarkeit schädlicher Wirkungen des Impfstoffs Comirnaty von Bedeutung sein können, soweit sie Herzprobleme, Lungenprobleme, Nervenprobleme, Taubheit im Gesicht und in den Fingern, Schwindel, Übelkeit, Konzentrationsprobleme, Kraftlosigkeit, Antriebslosigkeit, neurologische Probleme, Kopfschmerzen, Fatigue-Syndrom, Parästhesien, Erschöpfung, verminderte Sauerstoffverbrauchsrate, Verminderung der Reserveatmungskapazität betreffen.
II. Hilfsweise wird die Aufhebung des Urteils des LG Landshut vom 29.11.2024 zu dem dortigen Az. 13 O 1031/23 und Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landgericht Landshut zur erneuten Verhandlung und Entscheidung beantragt.
3
Die Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
4
Der Senat hat mit Beschluss vom 21.08.2025 auf seine Absicht hingewiesen, die Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
5
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Landshut vom 29.11.2024, Aktenzeichen 13 O 1031/23, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.
6
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats vom 21.08.2025 Bezug genommen. Auch die den bisherigen Vortrag im Wesentlichen nur wiederholenden Ausführungen im Schriftsatz vom 08.09.2025 geben zu einer Änderung keinen Anlass.
7
Entgegen der klägerischen Auffassung im Schriftsatz vom 08.09.2025 greift im vorliegenden Fall die Kausalitätsvermutung des § 84 Abs. 2 AMG gerade nicht, wie im Hinweisbeschluss vom 21.08.2025 ab S. 5 unten dargelegt wurde. Der Senat hält daran fest, dass der Vortrag der Klägerin nicht ausreichend ist, die Schadenseignung im konkreten Fall darzulegen. Aus den – ohnehin nicht vollständig – vorgelegten Krankenunterlagen ergibt sich vielmehr das Gegenteil. Auch in den Jahren vor der streitgegenständlichen Impfung litt die Klägerin ausweislich der vorgelegten Dokumentation an einer Vielzahl körperlicher und psychischer Beschwerden, insbesondere an Atemnot, sensiblen Missempfindungen (auch an den Fingern), insb. auch Taubheitsgefühlen (auch im Gesicht), Kopfschmerzen, Herzproblemen, Müdigkeit und Kraftlosigkeit (vgl. hierzu Hinweisbeschluss S. 7 f.). Nach der Impfung ist in einem Entlassbericht der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik des ... zudem aufgeführt, dass Wahnsymptome nicht mehr ausgeschlossen werden könnten. Es hätte hier der Klägerin oblegen, zu ihren Vor- und Begleiterkrankungen weiter vorzutragen und ihren Vortrag durch die Vorlage von vollständigen Kranken- und Patientenakten – insbesondere auch zu den stationären Aufenthalten sowie der weiteren die Klägerin behandelnden Ärzte – zu belegen, um ihren im Laufe des Verfahrens konkretisierten Vortrag, sie habe zwar Vorerkrankungen gehabt, diese seien aber nicht deckungsgleich mit den späteren Erkrankungen nach der Impfung gewesen, welche wesentlich intensiver gewesen seien, zu substantiieren bzw. die bestehenden deutlichen Widersprüche auszuräumen. Vor diesem Hintergrund war und ist auch die Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens nicht geboten.
8
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
9
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
10
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt.