Inhalt

VG Würzburg, Beschluss v. 07.08.2025 – W 9 S 25.947
Titel:

Einstweiliger Rechtsschutz gegen die Ungültigerklärung und Einziehung eines Jagdscheins

Normenketten:
BJagdG § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2, Abs. 4 Nr. 2, § 18 S. 1
VwGO § 80 Abs. 5
WaffG § 5 Abs. 1 Nr. 2 lit. b, Abs. 2 Nr. 5
Leitsätze:
1. Die sofortige Vollziehung der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins ist im überwiegenden öffentlichen Interesse gerechtfertigt, um eine Gefährdung der Allgemeinheit durch unzuverlässige Waffenbesitzer zu verhindern. (Rn. 19) (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
2. Im Bereich des Jagdrechts sind die Anforderungen an die Begründung der Anordnung eines Sofortvollzugs weniger hoch, weil es um den Schutz von hohen Rechtsgütern geht, mit der Folge, dass ein Sofortvollzug häufig bereits aus der Natur der Sache begründet ist. (Rn. 22) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die sofortige Vollziehung ist im Bundesjagdgesetz – anders als im Waffenrecht – nicht gesetzlich angeordnet. Allerdings ist das öffentliche Vollzugsinteresse bei einer Entziehung und Rückgabeverpflichtung betreffend den Jagdschein wegen Unzuverlässigkeit auch insoweit inhaltlich deckungsgleich mit demjenigen des waffenrechtlichen Widerrufs. (Rn. 28) (redaktioneller Leitsatz)
Schlagworte:
Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins, jagd- bzw. waffenrechtliche Unzuverlässigkeit, Verstoß gegen Aufbewahrungsvorschriften, Jagdvorbereitung, Zurücklassen von Waffen und Munition zum Öffnen der Haustür, Zurechnung des Vorbringens des Prozessbevollmächtigten, fehlende Einsicht, Bagatellisierung, Ermessensreduzierung auf Null, intendiertes Ermessen, Anordnung der sofortigen Vollziehung, waffenrechtliche Unzuverlässigkeit, Aufbewahrungsverstoß, Rückgabeverpflichtung, Jagdscheinentzug, Widerruf waffenrechtlicher Erlaubnis, Sofortvollzug
Fundstelle:
BeckRS 2025, 24352

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller begehrt einstweiligen Rechtsschutz gegen die Ungültigerklärung und Einziehung seines Jagdscheins und damit verbundene Nebenentscheidungen.
2
Am 16. Mai 2025 führte das Landratsamt Würzburg (im Folgenden: Landratsamt) beim Antragsteller eine unangekündigte waffenrechtliche Aufbewahrungskontrolle durch. Ausweislich des Protokolls über die Kontrolle lag eine Waffe des Antragstellers mit Schalldämpfer und Munition in einem verschlossenen Futteral vor dem Waffenschrank und wurde Munition gemeinsam mit Waffen im Waffenschrank aufgefunden. Das Landratsamt hörte den Antragsteller daraufhin schriftlich zum Widerruf seiner waffenrechtlichen Erlaubnisse und zur Entziehung seines Jagdscheins an. Nach einem Aktenvermerk des Landratsamts nahm der Antragsteller hierzu zunächst am 21. Mai 2025 telefonisch Stellung. Anschließend äußerte er sich mit Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 29. Mai 2025 auch schriftlich; auf den Aktenvermerk und den anwaltlichen Schriftsatz wird Bezug genommen.
3
Mit Bescheid vom 3. Juni 2025 erklärte das Landratsamt den Jagdschein des Antragstellers mit der Nr. … (Laufzeit bis 31. März 2028) für ungültig und zog diesen ein (Ziffer 4 des Bescheids). Der Antragsteller habe den Jagdschein mit der Nr. … an das Landratsamt – Untere Jagdbehörde – zurückzugeben (Ziffer 5). Die sofortige Vollziehung der Ziffern 4 und 5 wurde angeordnet (Ziffer 6). Für den Fall, dass der Antragsteller der Rückgabeverpflichtung aus Ziffer 5 nicht oder nicht vollständig innerhalb eines Monats nach Zustellung dieses Bescheides nachkomme, werde ein Zwangsgeld in Höhe von 300,00 EUR zur Zahlung fällig, das angedroht wurde (Ziffer 9). Außerdem wurden dem Antragsteller die Kosten des Verfahrens auferlegt (Ziffern 10 und 11 – Gebühr: 200,00 EUR). Die Ziffern 1 bis 3 sowie 7 und 8 des Bescheids enthalten den Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse des Antragstellers sowie darauf bezogenen Nebenentscheidungen. Diese Anordnungen sind Gegenstand der zugehörigen Verfahren W 9 S 25.948 und W 9 K 25.950.
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Zur Begründung wurde in tatsächlicher Hinsicht ausgeführt, dass bei der unangekündigten Aufbewahrungskontrolle am 16. Mai 2025 festgestellt worden sei, dass sich die Langwaffe des Antragstellers (Mauser, Seriennummer …*), mit Schalldämpfer, Seriennummer …, in einem Futteral am Boden vor dem verschlossenen Waffenschrank befunden habe. Des Weiteren sei Munition gemeinsam mit dazugehörigen Waffen im B-Waffenschrank aufbewahrt worden. Der Antragsteller habe angegeben, er habe gerade zur Jagd gewollt. In rechtlicher Hinsicht führte das Landratsamt im Wesentlichen aus, dass es gemäß §§ 48 Abs. 1, 49 WaffG, § 18 BJagdG, Art. 52 Abs. 3, Art. 49 Abs. 2 Nr. 3 BayJG, Art. 30 Abs. 1 Satz 1, 20 Nrn. 1 und 2 VwZVG und Art. 3 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a BayVwVfG sachlich und örtlich zuständig sei. Der Jagdschein werde gemäß § 18 Satz 1 BJagdG für ungültig erklärt und eingezogen. Insoweit gelte für die jagdrechtliche Zuverlässigkeitsprüfung – hier nach § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG – der gleiche Maßstab wie im Waffenrecht. Eine Unzuverlässigkeit im Sinne des § 5 WaffG führe nach § 17 Abs. 1 Satz 4 BJagdG zwingend zur Versagung eines allgemeinen Jagdscheins und damit auch zur zwingenden Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins nach § 18 Satz 1 BJagdG. Es werde daher Bezug genommen auf die Ausführungen zum Widerruf der waffenrechtlichen Erlaubnisse des Antragstellers nach Ziffer 1 des verfahrensgegenständlichen Bescheids, wo das Landratsamt unter Verweis auf § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b WaffG begründet, weshalb sich der Antragsteller nach den Feststellungen der Aufbewahrungskontrolle als waffenrechtlich unzuverlässig erwiesen habe. Die Verpflichtung zur Abgabe des Jagdscheins ergebe sich aus Art. 52 Satz 1 und 2 BayVwVfG. Hinsichtlich der Anordnung der sofortigen Vollziehung in Ziffer 6 des Bescheids gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO führte das Landratsamt aus, dass es im überwiegenden öffentlichen Interesse liege, dass die Verpflichtungen in Ziffern 4 und 5 vor Bestandskraft des Bescheids wirksam würden. Einer Person, welche nicht den strengen Anforderungen des Waffen- und Jagdrechts genüge, dürfe es nicht ermöglicht werden, sich mit dem ungültig erklärten Jagdschein weiterhin als Waffenbesitzer zu legitimieren. Dieser ermögliche nämlich auch ohne Waffenbesitzkarte den Erwerb von Waffen und Munition. Dabei sei auch die Wertung des Gesetzgebers in § 45 Abs. 5 WaffG und § 46 Abs. 6 WaffG zu berücksichtigen, wegen der damit verbundenen Gefahren die Allgemeinheit sofort vor höchstwahrscheinlich unzuverlässigen Waffenbesitzern zu schützen. Es wäre der Öffentlichkeit nicht vermittelbar, wenn trotz entsprechender gewichtiger Anhaltspunkte für eine fehlende waffenrechtliche Zuverlässigkeit dem Betroffenen der Besitz von Berechtigungen und Waffen belassen würde, solange keine endgültige Klärung erfolgt sei, und es zwischenzeitlich zu einer Gefährdung oder gar einer Verletzung von Leben und Gesundheit Dritter käme. Besondere Umstände, die ein weitergehendes Interesse am Besitz der widerrufenen Dokumente oder der erlaubnispflichtigen Waffen und Munition bis zu einer abschließenden Entscheidung des Gerichts begründeten, seien nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen worden.
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Am 23. Juni 2025 hat der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten Klagen gegen sowohl gegen die jagdrechtlichen als auch die waffenrechtlichen Bestandteile des Bescheids vom 3. Juni 2025 erheben lassen, die unter den Aktenzeichen W 9 K 25.949 und W 9 K 25.950 des erkennenden Gerichts anhängig sind. Zugleich ist jeweils um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht worden (W S 25.948 und – hier – W 9 S 25.947).
6
Zur Begründung des vorliegenden, auf die jagdrechtlichen Bestandteile des Bescheids vom 3. Juni 2025 bezogenen, Eilantrags wird im Wesentlichen vorgetragen, dass der Antragsteller nicht waffenrechtlich unzuverlässig sei. Es lägen bereits keine Aufbewahrungsverstöße vor, da es nicht um eine Aufbewahrung, sondern nur eine kurzzeitige Verwahrung gehandelt habe. Der Antragsteller sei durch das Klingeln an der Haustür in seinen Vorbereitungshandlungen für die unmittelbar anstehende Jagdausübung unterbrochen worden. Jedenfalls könnten die Aufbewahrungsverstöße vor diesem Hintergrund nicht zur Unzuverlässigkeit des Antragstellers führen. Ein besonderes öffentliches Interesse an der sofortigen Vollziehung des Bescheides liege daher auch nicht vor. Die Umstände und vermeintlichen Vorwürfe, wenn sie sich nicht als begründet erwiesen, würden zu erheblichen Nachteilen beim Antragsteller führen. Es bestehe auch keine Wiederholungsgefahr. Die Waffen und Munition seien ordnungsgemäß vor dem Zugriff von Dritten verwahrt worden. Der Ausgang des Hauptsacheverfahrens sei derzeit nicht etwa nur offen, sondern weit überwiegend im Sinne des Antragstellers begründet, zumal der Sachverhalt im Wesentlichen unstreitig sei, sodass dass die vorzunehmende Interessenabwägung dazu führe, dass die Klage aufschiebende Wirkung habe und deshalb nicht die sofortige Vollziehung gerechtfertigt sei.
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Der Antragsteller beantragt,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen den Bescheid des Landratsamts Würzburg vom 3. Juni 2025 bezüglich der Ziffern 4 bis 6 und 9 wiederherzustellen.
8
Das Landratsamt beantragt für den Antragsgegner, den Antrag abzulehnen Hierzu nimmt das Landratsamt Bezug auf den streitgegenständlichen Bescheid und ergänzt, der Antragsteller habe vorliegend gegen seine Pflichten als Waffenbesitzer verstoßen, indem er eine Waffe und Munition nicht verschlossen im Waffenschrank verwahrt und seine Munition gemeinsam mit Waffen in den B-Waffenschrank gelegt habe. Er habe davon abgesehen, die vorgegebenen einfachen Regeln zu befolgen – nach seiner eigenen Einlassung in der eidesstattlichen Versicherung, weil er den Postzusteller erwartet habe. Aus den „seitenweisen Ausführungen in der Antragsschrift“ lasse sich entnehmen, dass es über die bei der Kontrolle vorgefundene Situation hinaus zahllose weitere Umstände gebe, unter denen der Antragsteller es für gerechtfertigt halte, die gesetzlichen Vorgaben zur sicheren Aufbewahrung bzw. Verwahrung von Waffen und Munition nicht einzuhalten. Dies bestätige die vorgenommene negative Prognose.
9
Mit der Klageerwiderung vom 23. Juli 2025 im zugehörigen Hauptsacheverfahren (W 9 K 25.949) hat das Landratsamt ergänzend insbesondere vorgetragen, dass vorliegend auch von einer Unzuverlässigkeit nach § 17 Abs. 4 Nr. 2 BJagdG bzw. § 5 Abs. 2 Nr. 5 WaffG auszugehen sei. Die festgestellten Verstöße stellten Ordnungswidrigkeiten nach § 34 Nr. 12 AWaffV dar.
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Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Beteiligten sowie der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die vorliegende Behördenakte, auch in den Verfahren W 9 K 25.949, W 9 S 25.948 und W 9 K 25.950, sowie die nähere Darstellung im Beschluss der Kammer vom heutigen Tag im zugehörigen Verfahren W 9 S 25.948 Bezug genommen.
II.
11
Der Antrag hat keinen Erfolg. Er ist zum Teil bereits unzulässig (1.) und im Übrigen unbegründet (2.).
12
1. Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist nur überwiegend zulässig.
13
Hinsichtlich der Ziffern 4 und 5 des Bescheids des Landratsamts vom 3. Juni 2025 ist der Antrag als Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage im Hauptsacheverfahren gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO zulässig, insbesondere statthaft. Denn das Landratsamt hat diese Anordnungen in Ziffer 6 nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO für sofort vollziehbar erklärt. Im Hinblick auf die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 9 des Bescheids betreffend die Nichterfüllung der Verpflichtung zur Rückgabe des Jagdscheins aus Ziffer 5 ist der Antrag bei der gebotenen sachgerechten Auslegung (§§ 122 Abs. 1, 88 VwGO) als Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 1 VwGO zu verstehen und als solcher ebenfalls zulässig. Die Zwangsgeldandrohung ist gemäß § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a VwZVG kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Dem Antragsteller fehlt insoweit auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Er hat den Jagdschein bislang nicht an das Landratsamt zurückgegeben, sodass die Beitreibung des Zwangsgelds (weiterhin) droht.
14
Soweit der Antragsteller dagegen auch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer 6 des Bescheids begehrt, ist der Antrag unzulässig. Er ist bereits nicht statthaft. Eine Anordnung der sofortigen Vollziehung, wie in Ziffer 6 erfolgt, ist nicht eigenständig mit einer Anfechtungsklage angreifbar (vgl. BVerwG, B.v. 30.11.1994 – 4 B 243/94 – juris m.w.N.) und kann daher auch nicht unmittelbarer Gegenstand eines Antrags nach § 80 Abs. 5 VwGO sein. Sie ist vielmehr – und so auch hier – inzident im Rahmen eines Antrags nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO zu überprüfen.
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2. Im Umfang seiner Zulässigkeit ist der Antrag unbegründet.
16
Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung eines Rechtsbehelfs in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 bis 3a VwGO ganz oder teilweise anordnen (Alt. 1), im Falle des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen (Alt. 2). Das Gericht trifft insoweit eine eigene Abwägungsentscheidung. Hierbei ist das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung gegen das Interesse des Antragstellers an der aufschiebenden Wirkung seines Rechtsbehelfs abzuwägen. Bei dieser Abwägung sind die Erfolgsaussichten in der Hauptsache dann von maßgeblicher Bedeutung, wenn nach summarischer Prüfung von der offensichtlichen Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit des streitgegenständlichen Verwaltungsakts und der Rechtsverletzung des Antragstellers auszugehen ist. Jedenfalls hat das Gericht auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache bei seiner Entscheidung zu berücksichtigen soweit diese sich bereits übersehen lassen (vgl. BVerfG, B.v. 24.2.2009 – 1 BvR 165/09 – juris Rn. 15 ff.; BayVGH, B.v. 23.6.2025 – 10 CS 25.483 – juris Rn. 18). Sind diese im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung offen, ist eine reine Interessenabwägung vorzunehmen (vgl. BVerwG, B.v. 11.11.2020 – 7 VR 5.20 – juris Rn. 8; BayVGH, B.v. 23.6.2025 – 10 CS 25.483 – juris Rn. 18). Im Rahmen des § 80 Abs. 5 Satz 1 Alt. 2 VwGO hat das Gericht dabei zusätzlich und zunächst zu prüfen, ob die formellen Voraussetzungen für die Anordnung der sofortigen Vollziehung nach § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4, Abs. 3 VwGO gegeben sind.
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In Anwendung dieser Maßstäbe war die aufschiebende Wirkung der Klage vorliegend weder wiederherzustellen noch anzuordnen.
18
a) Die Begründung der Anordnung der sofortigen Vollziehung der Ziffern 4 und 5 des Bescheids des Landratsamts, also der Ungültigerklärung und Einziehung des Jagdscheins sowie der Verpflichtung zu dessen Rückgabe, gemäß dessen Ziffer 6 genügt den formellen Anforderungen des § 80 Abs. 3 VwGO.
19
Das Landratsamt hat die Anordnung des Sofortvollzugs nicht nur pauschal, sondern hinreichend konkret und substantiiert begründet (vgl. insoweit etwa BVerwG, B.v. 18.9.2001 – 1 DB 26.01 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – juris Rn. 16). Es hat ausgeführt, dass es – auch im Hinblick auf die Wertung des Gesetzgebers in § 45 Abs. 5 WaffG und § 46 Abs. 6 WaffG – der Öffentlichkeit nicht vermittelbar wäre, wenn trotz entsprechender gewichtiger Anhaltspunkte für eine fehlende waffenrechtliche Zuverlässigkeit dem Betroffenen der Besitz von Berechtigungen und Waffen belassen würde, solange keine endgültige Klärung erfolgt sei, und es zwischenzeitlich zu einer Gefährdung oder gar einer Verletzung von Leben und Gesundheit käme. Besondere Umstände, die ein weitergehendes Interesse am Besitz der widerrufenen Dokumente oder der erlaubnispflichtigen Waffen und Munition bis zu einer abschließenden Entscheidung des Gerichts begründen würden, seien nicht ersichtlich und auch nicht vorgetragen. Der § 80 Abs. 3 VwGO zugrundeliegenden Forderung, die besonderen, auf den konkreten Fall bezogenen Gründe für die Anordnung des Sofortvollzugs anzugeben (vgl. erneut BVerwG, B.v. 18.9.2001 – 1 DB 26.01 – juris Rn. 6; BayVGH, B.v. 9.12.2013 – 10 CS 13.1782 – juris Rn. 16), ist damit hinreichend Rechnung getragen. Dies gilt auch mit Blick darauf, dass im Bereich des Jagdrechts die Anforderungen an die Begründung der Anordnung eines Sofortvollzugs weniger hoch sind, weil es um den Schutz von hohen Rechtsgütern geht, mit der Folge, dass ein Sofortvollzug häufig bereits aus der Natur der Sache begründet ist (vgl. BayVGH, B.v. 23.3.2006 – 19 CS 06.456 – juris Rn. 12), der Jagdschein unter den in § 13 Abs. 3 bis Abs. 6 WaffG erfassten Umständen ebenfalls zum Umgang mit Waffen berechtigt und das öffentliche Vollzugsinteresse bei einer Entziehung und Rückgabeaufforderung des Jagdscheins inhaltlich deckungsgleich mit demjenigen des waffenrechtlichen Widerrufs einschließlich der zugehörigen Nebenentscheidungen ist, wie es mittlerweile auch in § 45 Abs. 5 WaffG und § 46 Abs. 6 WaffG expliziten Niederschlag gefunden hat (vgl. BayVGH, B.v. 5.7.2011 – 21 CS 11.1226 – juris Rn. 7; B.v. 9.8.2022 – 24 CS 22.1575 – juris Rn. 25; B.v. 15.7.2025 – 24 CS 25.556 u.a. – juris Rn. 52). Die weitere Frage, ob die Begründung die Anordnung des Sofortvollzugs in der Sache trägt, ist eine Frage der inhaltlichen Richtigkeit und damit des materiellen Rechts (vgl. NdsOVG, B.v. 29.11.2017 – 11 ME 268/17 – juris Rn. 5; BayVGH, B.v. 14.9.2017 – 9 CS 17.456 – juris Rn. 11 m.w.N.).
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b) Die vom Gericht vorzunehmende Abwägung zwischen dem Aussetzungsinteresse des Antragstellers und dem öffentlichen Vollzugsinteresse fällt vorliegend zu Lasten des Antragstellers aus, sowohl im Hinblick auf die Erfolgsaussichten der Klage in der Hauptsache (aa) als auch unabhängig davon bei einer reinen Interessenabwägung (bb).
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aa) Nach der im Verfahren nach § 80 Abs. 5 VwGO gebotenen, aber auch ausreichenden, summarischen Prüfung wird die Klage des Antragstellers in der Hauptsache keinen Erfolg haben. Der Bescheid des Landratsamts vom 3. Juni 2025, gegen den in formeller Hinsicht insgesamt keine rechtlichen Bedenken bestehen, ist, soweit vorliegend Gegenstand, voraussichtlich auch materiell rechtmäßig und verletzt den Antragsteller nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
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(1) Die Ungültigerklärung und die Einziehung des Jagdscheins des Klägers in Ziffer 4 des Bescheids des Landratsamts vom 3. Juni 2025 ist in dem für das Gericht maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt des Bescheiderlasses (vgl. BayVGH, B.v. 6.7.2022 – 24 ZB 22.319 – juris Rn. 20 m.w.N.) nicht zu beanstanden. Die Voraussetzungen hierfür nach § 18 Satz 1 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BJagdG und § 17 Abs. 3 Nr. 2 sowie Abs. 4 Nr. 2 BJagdG liegen vor. Die bei der Aufbewahrungskontrolle festgestellten Aufbewahrungsverstöße begründen die Unzuverlässigkeit des Antragstellers nach § 17 Abs. 3 Nr. 2 BJagdG sowie § 17 Abs. 4 Nr. 2 BJagdG. Diese Regelungen entsprechen inhaltlich denen von § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und Abs. 2 Nr. 5 WaffG. Auch nach § 17 Abs. 1 Satz 4 BJagdG gilt zudem, dass bei Fehlen der Zuverlässigkeit im Sinne des § 5 WaffG nur ein Jagdschein nach § 15 Abs. 7 BJagdG (Falknerjagdschein) erteilt werden kann. Demnach kann auf den Beschluss der Kammer vom heutigen Tag im zugehörigen Verfahren W 9 S 25.948 verwiesen werden. An den dortigen Ausführungen zu der sich aus § 5 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b und Abs. 2 Nr. 5 WaffG ergebenden Unzuverlässigkeit des Antragsteller hält die Kammer auch im vorliegenden Verfahren fest und macht sich diese zu eigen. Somit war der Jagdschein des Antragstellers gemäß § 18 Satz 1 BJagdG zwingend für ungültig zu erklären und einzuziehen.
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(2) Gegen die mit der Einziehung und Ungültigerklärung des Jagdscheins verbundene Verpflichtung zur Rückgabe des Jagdscheins in Ziffer 5 des Bescheids vom 3. Juni 2025, die auf Art. 52 Satz 1 und 2 BayVwVfG beruht, bestehen ebenfalls keine Bedenken. Diese Folgeentscheidung dient der Umsetzung der Einziehung und Ungültigerklärung des Jagdscheins und stellt die tatsächliche Umsetzung des Entzugs der formellen Erlaubnisberechtigung durch sofortige Abgabe der Erlaubnisurkunde sicher.
24
Insbesondere liegt im Ergebnis kein Ermessensfehler (§ 114 Satz 1 VwGO) vor. Zwar geht das Landratsamt ausweislich der Ausführungen im Bescheid (unter 5.) offenbar davon aus, dass es sich bei der Anordnung nach Art. 52 Satz 1 und 2 BayVwVfG um eine gebundene Entscheidung handelt, und verkennt dabei, dass die Rückforderung nach Art. 52 Satz 1 BayVwVfG im Ermessen der zuständigen Behörde steht („kann“) und lediglich daran anknüpfend der Inhaber des Erlaubnisdokuments zur Herausgabe „verpflichtet“ ist. Insoweit hat das Landratsamt an dieser Stelle des Bescheides auch keine erkennbaren Ermessenerwägungen angestellt. Jedoch ergibt sich aus der Begründung des Sofortvollzuges der Rückgabeverpflichtung unter 6. des Bescheids, dass das Landratsamt sich insgesamt (noch) hinreichend mit den Umständen des Einzelfalls beschäftigt und namentlich erwogen hat, dass der Antragsteller ein weitergehendes Interesse am Besitz des Jagscheins haben könnte, was es allerdings ersichtlich parallel zu der gesetzgeberischen Wertung in § 46 Abs. 1 und 6 WaffG für die Rückgabe der waffenrechtlichen Erlaubnisdokumente nicht angenommen hat. Dies ist nicht zu beanstanden, da – wie bereits vorstehend unter II. 2. a) ausgeführt – die waffen- und die jagdrechtliche Interessenlage gleich gelagert sind und der Jagdschein nach Maßgabe des § 13 Abs. 3 bis Abs. 6 WaffG zum Umgang mit Waffen berechtigt. Hinzu kommt, dass sich die Rückgabeverpflichtung letztlich nur als konsequente – und gewissermaßen inhärente – Folge der im Falle der waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit nach § 18 Satz 1 BJagdG zwingend anzuordnenden Einziehung des Jagscheins darstellt.
25
Angesichts dieser Interessenslage geht die Kammer – unabhängig vom Vorstehenden – davon aus, dass das in Art. 52 Satz 1 und 2 BayVwVfG eingeräumte Ermessen im Falle der Ungültigerklärung und Einziehung eines Jagdscheins regelmäßig – und mangels atypischer Umstände auch hier – ohnehin auf Null reduziert ist (vgl. entsprechend zur Passentziehung: OVG NRW, U.v. 10.12.1985 – 18 A 10/85 – NVwZ 1986, 936 [936]; zur Approbation als Arzt: VG Berlin, U.v. 15.9.2020 – 17 K 3/20 – juris Rn. 59; zum Widerruf einer Gewerbeerlaubnis: VG Neustadt, B.v. 5.7.2007 – 4 L 704/07.NW – juris Rn. 25). Jedenfalls aber bedarf es im Sinne eines intendierten Ermessens keiner Darstellung von Ermessenserwägungen und auch sonst keiner näheren Begründung der Ermessensentscheidung (vgl. allgemein zum intendierten Ermessen etwa: BVerwG, U.v. 16.6.1997 – 3 C 22.96 – juris Rn. 14; U.v. 22.3.2017 – 5 C 4.16 – juris Rn. 40; VGH BW, U.v.16.7.2024 – 1 S 2586/22 – juris Rn. 70), wenn – wie hier – die Rückgabe eines entzogenen Jagdscheins angeordnet wird (vgl. so für den Widerruf einer Gewerbeerlaubnis: VG Augsburg, U.v. 23.4.2010 – Au 4 K 10.45 – juris Rn. 40; VG Magdeburg, U.v. 16.4.2021 – 3 A 224/19 – juris Rn. 34; zur Entziehung des Doktortitels: VG Hamburg, U.v. 6.7.2018 – 2 K 2158/14 – juris Rn. 166).
26
Die in Ziffer 9 eingeräumte Frist von einem Monat nach Zustellung des Bescheids erweist sich zudem als angemessen.
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(3) Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer 9 des streitgegenständlichen Bescheids begegnet schließlich ebenfalls keinen Bedenken. Der Antragsteller hat insoweit auch bereits keine Einwände vorgebracht.
28
bb) Unabhängig von den vorstehenden Ausführungen würde selbst bei der Annahme offener Erfolgsaussichten der Klage eine reine Interessenabwägung zu Lasten des Antragstellers ausgehen. Im Ergebnis gilt insoweit nichts anderes als für die waffenrechtlichen Anordnungen des verfahrensgegenständlichen Bescheids. Zwar ist die sofortige Vollziehung – anders als im Waffenrecht – nicht schon gesetzlich angeordnet, weil das Bundesjagdgesetz Vorschriften wie § 45 Abs. 5 WaffG und § 46 Abs. 6 WaffG nicht enthält. Allerdings ist das öffentliche Vollzugsinteresse bei einer Entziehung und Rückgabeverpflichtung betreffend den Jagdschein wegen Unzuverlässigkeit auch insoweit inhaltlich deckungsgleich mit demjenigen des waffenrechtlichen Widerrufs. Berechtigt der Jagdschein – wie ausgeführt – nach § 13 Abs. 3 bis Abs. 6 WaffG ebenfalls zum Umgang mit Waffen, besteht nicht anders als im Waffenecht ein öffentliches Interesse, nach einer Entziehung des Jagdscheins wegen Unzuverlässigkeit den weiteren Umgang mit Waffen nicht bis zu einem bestands- bzw. rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens hinzunehmen, sondern diesen aus Gründen der Sicherheit und Ordnung, die in § 45 Abs. 5 WaffG und § 46 Abs. 6 WaffG die Grundlage des gesetzlichen Sofortvollzugs bilden, sofort zu unterbinden (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2022 – 24 CS 22.1575 – juris Rn. 25; B.v. 15.7.2025 – 24 CS 25.556 u.a. – juris Rn. 52). Auf die entsprechenden Ausführungen im Beschluss der Kammer vom heutigen Tag im zugehörigen Verfahren W 9 S 25.948 kann demnach im Übrigen Bezug genommen werden. Entsprechendes gilt für die Zwangsgeldandrohung (vgl. Art. 21a VwZVG).
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3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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4. Die Streitwertfestsetzung findet ihre Grundlage in §§ 52 Abs. 1, 53 Abs. 2 Nr. 2, 63 Abs. 2 Satz 1 GKG und orientiert sich an Nr. 1.5 und 20.3 des Streitwertkatalogs 2025 für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Danach ist bei Streitigkeiten über die Erteilung und den Entzug eines Jagdscheins ein Wert von 10.000,00 EUR anzusetzen, der im Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes – wie hier – auf 5.000,00 EUR zu halbieren ist.