Inhalt

OLG München, Beschluss v. 12.03.2025 – 26 UF 85/24 e
Titel:

Anschlußbeschwerde, Entscheidung zum Versorgungsausgleich, Schuldrechtlicher Versorgungsausgleich, Versorgungsausgleichssachen, Antragsgegner, Gesetzliche Rentenversicherung, Beschwerdeberechtigung, Zulassung der Rechtsbeschwerde, Anschlußrechtsmittel, Anwartschaft, Kosten des Beschwerdeverfahrens, Rentenanwartschaft, Versorgungsträger, Schutz des Ehegatten, Versicherungskonten, Beschwerdebefugnis, Schuldrechtlicher Ausgleichsanspruch, Ausgleichsberechtigte, Auszugleichende Anrechte, Ausländische Anrechte

Schlagworte:
Versorgungsausgleich, Beschwerdebefugnis, Ehezeitanteil, Rentenanwartschaften, Amtsermittlungspflicht, Anschlussbeschwerde, Verfahrenskosten
Vorinstanz:
AG München, Beschluss vom 15.12.2023 – 526 F 280/22
Fundstelle:
BeckRS 2025, 23781

Tenor

1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 15.12.2023 wird als unzulässig verworfen.
2. Die Anschlussbeschwerde der … Rentenversicherung … ist wirkungslos.
3. Die Anschlussbeschwerde des Antragstellers ist wirkungslos.
4. Die Antragsgegnerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
5. Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.732,00 € festgesetzt.
6. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.

Gründe

I.
1
Das Amtsgericht München hat durch Endbeschluss vom 15.12.2023 in Ziffer 1. die am XX.XX.0000 geschlossene Ehe der Beteiligten geschieden. Der Scheidungsantrag wurde der Antragsgegnerin am XX.XX.0000 zugestellt.
2
In Ziffer 2. des Endbeschlusses hat das Amtsgericht München den Versorgungsausgleich lediglich dahingehend durchgeführt, dass zu Lasten des Anrechts des Antragstellers bei der … Rentenversicherung … (Vers. Nr. …) im Wege der internen Teilung zugunsten der Antragsgegnerin ein Anrecht in Höhe von 5,3645 Entgeltpunkten auf ein zu begründendes Konto bei der … Rentenversicherung …, bezogen auf den XX.XX.0000, begründet wird.
3
Der Beschluss gibt in den Gründen an, die Antragsgegnerin habe keine Anrechte erworben. Weder die Gründe noch der Tenor des Beschlusses enthalten einen Hinweis auf Versicherungszeiten der Antragsgegnerin im Ausland.
4
Der Endbeschluss wurde den Ehegatten jeweils am 19.12.2023 und der … Rentenversicherung … am 28.12.2023 zugestellt.
5
Die Antragsgegnerin hat ein Versicherungskonto bei der … Rentenversicherung … mit der Versicherungsnummer Nr. … . Der Ehezeitanteil der Anwartschaften der Antragsgegnerin auf ihrem Konto bei der … Rentenversicherung … (Vers. Nr. …) beträgt 2,7489 Entgeltpunkte. In dem Fragebogen des Amtsgerichts zum Versorgungsausgleich hatte die Antragsgegnerin angegeben, keine Versicherungsnummer bei der gesetzlichen Rentenversicherung zu haben.
6
Der Antragsteller hat ein Anrecht bei der … Rentenversicherung … . Der Versicherungsverlauf des Antragstellers enthält Versicherungszeiten in Frankreich im „Allgemeinen System“ im Zeitraum außerhalb der Ehezeit von XX.XX.0000 bis XX.XX.0000 und in der Ehezeit von XX.XX.0000 bis XX.XX.0000. Die … Rentenversicherung … hat mitgeteilt, dass nach deren Informationen der Versicherungsträger in Frankreich nicht bereit bzw. in der Lage ist, im Rahmen des Versorgungsausgleichs die Rentenanwartschaft zu berechnen.
7
Die Antragsgegnerin hat am 19.01.2024 Beschwerde gegen Ziffer 2. des Beschlusses des Amtsgerichts eingelegt. Sie stützt ihre Beschwerde zum einen darauf, dass eine Nachfrage bei der … Rentenversicherung … ergeben habe, dass die Antragsgegnerin ebenfalls ein Konto bei der … Rentenversicherung … (Vers. Nr. …) habe. Ein Ausgleich habe daher auf das bestehende Konto, und nicht ein neu zu begründendes Konto, zu erfolgen.
8
Die Antragsgegnerin beantragt, den Ausspruch zum Versorgungsausgleich dahingehend abzuändern, dass die auszugleichende Anwartschaft auf das bekannte Konto der Antragsgegnerin übertragen wird.
9
Die Antragsgegnerin hat darüber hinaus beantragt, die vom Antragsteller während der Ehezeit in Frankreich erworbenen Versorgungsanrechte nach § 26 FamFG von Amts wegen dem Grunde und der Höhe nach zu ermitteln und diese Anrechte nach § 224 Abs. 4 FamFG in der Entscheidung zu benennen.
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Der Antragsteller hat mit Schriftsatz vom 18.10.2024 beantragt, den Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin durchzuführen, sowie mit Schriftsatz vom 26.11.2024, gem. § 27 VersAusglG den zu seinen Lasten durchgeführten Versorgungsausgleich in Höhe von 1,37445 Entgeltpunkten, der Hälfte der ehezeitlichen Anwartschaft der Antragsgegnerin, nicht durchzuführen.
11
Mit Schriftsatz vom 14.11.2024 hat die … Rentenversicherung … Anschlussbeschwerde gegen den Endbeschluss des Amtsgerichts München eingelegt. Der Ausgleich der Anwartschaften des Antragstellers habe auf das bestehende Versicherungskonto der Antragsgegnerin zu erfolgen. Über einen Ausgleich der Anrechte der Antragsgegnerin zugunsten des Antragstellers müsse noch entschieden werden.
12
Die … Rentenversicherung … hat auf Anfrage des Senats mit Schreiben vom 15.01.2025 mitgeteilt, dass der angegriffene Beschluss vom 15.12.2023 intern so umgesetzt würde, dass das für die Antragsgegnerin bereits bestehende Versicherungskonto für die Übertragung der Anrechte in Höhe von 5,3645 Entgeltpunkte genutzt werde. Die Vermutung des Senats, dass aus dem Endbeschluss vom 15.12.2023, wonach ein Ausgleich zugunsten der Antragsgegnerin auf ein neu zu begründetes Konto zu erfolgen hat, obwohl die Antragsgegnerin bereits ein Rentenversicherungskonto hat, der Antragsgegnerin kein wirtschaftlicher Nachteil erwachse, sei zutreffend. Die mit dem Endbeschluss vom 15.12.2023 festgelegte Übertragung der Rentenanwartschaften zu Lasten des Antragstellers zugunsten der Antragsgegnerin in Höhe von 5,3645 Entgeltpunkten würde in voller Höhe umgesetzt werden. Seitens der … Rentenversicherung … würden der Antragsgegnerin auch keine Kosten und Gebühren für die Umsetzung des Beschlusses auferlegt werden.
13
Der Senat hat mit Hinweisbeschlüssen vom 30.09.2024, 21.10.2024, 20.11.2024 und 20.01.2025 auf die Unzulässigkeit der Beschwerde der Antragsgegnerin sowie auf die Wirkungslosigkeit einer Anschlussbeschwerde für den Fall der Unzulässigkeit der Beschwerde hingewiesen.
14
Bei der Entscheidung wurden Schriftsätze eingehend bis 10.03.2025 berücksichtigt.
15
Ergänzend wird auf den gesamten Akteninhalt Bezug genommen.
II.
16
Die Beschwerde ist nicht zulässig.
17
1. Die Beschwerde der Antragsgegnerin ist nicht zulässig, da sie nicht beschwert ist gem. § 59 FamFG.
18
Ehegatten sind im Verfahren über den Versorgungsausgleich i. S. d. § 59 FamFG nur dann materiell beschwert, wenn sie geltend machen, dass die angefochtene Regelung des Versorgungsausgleichs in einer dem Gesetz nicht entsprechenden Weise nachteilig in ihre Rechtsstellung eingegriffen habe, also für sie mit einer unberechtigten wirtschaftlichen (Mehr) Belastung verbunden ist. Ihnen steht dagegen nicht die Befugnis zu, ebenso wie ein Versorgungsträger unabhängig von einer feststellbaren wirtschaftlichen Belastung über die materielle Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zum Versorgungsausgleich wachen zu können (BGH FamRZ 2023, 765 Rn. 37 ff.). Anders als bei der Beschwerde eines Versorgungsträgers genügt es nicht, dass die Entscheidung zum Versorgungsausgleich nicht den gesetzlichen Bestimmungen entspricht (BGH FamRZ 2012, 851 Rn. 7 f.).
19
Ein ausgleichsberechtigter Ehegatte ist damit in seinem Recht auf gleiche Teilhabe an den Anwartschaften des anderen Ehegatten nach dem Halbteilungsgrundsatz somit unter anderem dann verletzt und beschwert, wenn er im Hinblick auf ein einzelnes Recht einen höheren Ausgleichswert geltend machen kann. Der ausgleichspflichtige Ehegatte ist zu Unrecht beschwert, soweit er mehr als rechtlich geboten von seinen Anrechten abgeben muss (MüKoFamFG/A. Fischer, 4. Aufl. 2025, FamFG § 59 Rn. 26).
20
a) Der Ausgleich der Anwartschaft des Antragstellers zugunsten der Antragsgegnerin auf ein zu schaffendes Konto bei der … Rentenversicherung …, anstatt auf ein dort bestehendes Konto, löst keine wirtschaftliche (Mehr) Belastung der Antragsgegnerin aus. Die … Rentenversicherung … hat sich dahingehend eingelassen, dass mit der Begründung eines weiteren Kontos ein wirtschaftlicher Nachteil der Antragsgegnerin nicht verbunden ist. Die übertragenen Anrechte werden auf dem bestehenden Versicherungskonto zusammengeführt. Die übertragenen Anwartschaften bleiben der Antragsgegnerin in voller Höhe erhalten. Kosten oder Gebühren fallen nicht an. Damit kann die … Rentenversicherung … weiterhin gem. § 149 Abs. 1 SGB VI für die Antragsgegnerin (nur) ein Versicherungskonto führen. Ein wirtschaftlicher Nachteil für die Antragsgegnerin resultiert daraus nicht.
21
Das Vorgehen der … Rentenversicherung … verletzt nicht § 31 SGB I. Die Teilung erfolgt durch den richterlichen Gestaltungsakt der Tenorierung des amtsgerichtlichen Beschlusses, der die Rechtsbeziehung zwischen dem Versorgungsträger und dem Ausgleichsberechtigten begründet (§ 214 Abs. 1 FamFG). Der Versorgungsausgleich ist durchgeführt, wenn die Entscheidung des Familiengerichts wirksam ist, § 52 Abs. 1 S. 3 SGB VI. Das Vorgehen der … Rentenversicherung … stellt keine Zusicherung nach § 34 SGB X dar, sondern die zu treffende Auslegung des sie bindenden Tenors für den hier vorliegenden Fall, dass sich erst nachträglich herausstellt, dass ein Versicherungskonto bereits besteht. Der Tenor der amtsgerichtlichen Entscheidung bindet die … Rentenversicherung …, das ehezeitliche Anrecht des Antragstellers hälftig der Antragsgegnerin ohne wirtschaftliche Einbußen zu übertragen. Wie dargestellt, steht der Antragsgegnerin nicht die Befugnis zu, ebenso wie ein Versorgungsträger unabhängig von einer feststellbaren wirtschaftlichen Belastung über die materielle Richtigkeit der angefochtenen Entscheidung zum Versorgungsausgleich wachen zu können.
22
b) Die Antragsgegnerin ist auch nicht dadurch beschwert, dass der angegriffene Beschluss entgegen § 224 Abs. 4 FamFG die nicht ausgleichsreifen Anrechte des Antragsgegners aus dem französischen Rentensystem weder in den Gründen noch im Tenor der Endentscheidung benennt. Dem nach § 224 Abs. 4 FamFG im Scheidungsbeschluss enthaltenen Vorbehalt eines späteren schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs kommt regelmäßig nur deklaratorische Bedeutung zu, da sich der Anspruch auf Durchführung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs unmittelbar aus § 20 Abs. 1 VersAusglG ergibt (BGH NJW-RR 2016, 325 Rn. 19; BGH NJW-RR 2015, 1217 Rn. 21; BGH FamRZ 2008, 2263 Rn. 11).
23
Ob die fehlende Benennung des schuldrechtlich auszugleichenden Anrechts ein die Beschwerde begründendes subjektives Recht verletzt, ist streitig.
24
aa) Nach einer Ansicht wird die Beschwerde in diesem Fall als zulässig erachtet (OLG Brandenburg BeckRS 2023, 26389, OLG Frankfurt a. M. FamRZ 2021, 592; OLG Koblenz 2017, 1213; Bumiller/Harders/Schwamb/Schwamb 13. Aufl. 2022, FamFG § 224 Rn. 14; Musielak/Borth/Frank/Borth, 7. Aufl. 2022, FamFG § 224 Rn. 22). Die Norm diene dem Schutz des Ehegatten, der möglicherweise aus einem späteren schuldrechtlichen Versorgungsausgleich Rechte herleiten könne (OLG Koblenz FamRZ 2017, 1213, 1214). Trotz der deklaratorischen Wirkung könne unklar bleiben, ob eine bewusste Teilentscheidung über den Versorgungsausgleich vorliege oder ob über das Anrecht bereits entschieden worden sei (OLG Brandenburg BeckRS 2023, 26389 Rn. 10). Es bestehe die Gefahr einer abweichenden Beurteilung der deklaratorischen Wirkung durch ein später mit dem schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch befassten Gerichts (OLG Frankfurt a. M. FamRZ 2021, 592, 593 unter Bezugnahme auf Borth FamRZ 2016, 14, 15 und BGH FamRZ 2015, 2125 Rn. 11 m. zust. Anm. Borth a.a.O., 2129).
25
bb) Nach zutreffender Ansicht kann durch die unterlassene Benennung der Anrechte i. S.v. § 224 Abs. 4 FamFG keine Rechtsbeeinträchtigung eintreten (so auch OLG Stuttgart FamRZ 2016, 56; OLG Celle (Hinweis) FamRZ 2018, 1581; Götsche/Rehbein/Breuers/Götsche 3. Aufl. 2018, Versorgungsausgleichsrecht § 219 FamFG Rn. 18; Grüneberg/Siede, 84. Aufl. 2025, § 19 VersAusglG Rn. 14; Sternal/Weber, 21. Aufl. 2023, § 224 FamFG Rn. 20; MüKoFamFG/Stein, 4. Aufl. 2025, FamFG § 224 Rn. 85; Wagner in: Prütting/Helms, FamFG, 6. Auflage 2023, § 224 FamFG Rn. 14). Aus dem Wortlaut des § 224 Abs. 4 FamFG ergibt sich kein subjektives Recht, insbesondere deswegen, als lediglich eine Benennung in den Gründen gefordert wird. Nach dem Willen des Gesetzgebers (BT-Drs. 16/10144, 96) sollen durch die Norm die Eheleute daran erinnert werden, dass noch nicht ausgeglichene Anrechte vorhanden sind und gleichzeitig darauf hingewiesen werden, welche Anrechte dies sind; dieser Hinweis habe für die Ehegatten in der Begründung der Entscheidung „selbstverständlich“ keine konstitutive Wirkung.
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Die unterlassene Nennung beeinträchtigt den Ehegatten, der unabhängig von der Einhaltung des § 224 Abs. 4 FamFG den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich durchführen kann, nicht. Die Wirkung der Norm, ihn an die Geltendmachung des schuldrechtlichen Versorgungsausgleichs zu erinnern, genügt nicht zur Begründung eines subjektiven Rechts. Den Beteiligten steht es frei, eine Ergänzung des Beschlusses nach § 43 FamFG zu erwirken (Grüneberg/Siede § 19 VersAuglG Rn. 14), wenn sie der Ansicht sind, der Klarstellung und Erinnerung zu bedürfen. Die Beschlussergänzung hat gegenüber der Beschwerde grundsätzlich Vorrang (BGH NJW-RR 2022, 1302; BGH BeckRS 2017, 135544).
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Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs in FamRZ 2015, 2125 befasst sich mit dem abweichenden Fall, dass ein entgegen § 224 Abs. 3 FamFG nicht in der Beschlussformel genanntes Anrecht von dem später befassten Gericht als nicht von der Rechtskraft der früheren Entscheidung erfasst angesehen werden kann. Die Benennung nach § 224 Abs. 3 FamFG hat anders als diejenige nach § 224 Abs. 4 FamFG aber nicht nur deklaratorische Wirkung, sondern erwächst beruhend auf einer umfassenden Rechtsprüfung der Ausschlussgründe in Rechtskraft (BGH NJW 2009, 677).
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Es besteht zudem grundsätzlich kein subjektives Recht auf ein korrektes Verfahren (vgl. Abramenko in: Prütting/Helms, FamFG, 6. Auflage 2023, § 59 FamFG Rn. 3, Borth FamRZ 2016, 14, 15) und auch nicht auf eine korrekte Begründung einer Entscheidung. Die Gefahr einer abweichenden Beurteilung durch ein später mit dem schuldrechtlichen Ausgleichsanspruch befassten Gericht besteht nicht, da sich aus dem Tenor und den Gründen des Scheidungsbeschlusses der Umfang des anlässlich der Scheidung vorgenommenen Versorgungsausgleichs und aus dem Gesetz der spätere Anspruch auf den schuldrechtlichen Versorgungsausgleich ergibt.
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c) Die Antragsgegnerin ist auch nicht dadurch beschwert, dass das Amtsgericht Bestand und Höhe des ausländischen Anrechts im Rahmen der Amtsermittlung nicht ausreichend festgestellt hat. Da die Anrechte gem. § 19 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorzubehalten sind und nach der dargestellten, zutreffenden Ansicht das Unterlassen der Benennung der Anrechte in den Beschlussgründen keine Beschwerdeberechtigung vermittelt, kann auch die aus Sicht der Antragstellerin unzureichende Aufklärung der Anwartschaften keine Beschwerdeberechtigung begründen. Im Übrigen hat die … Rentenversicherung … dem Amtsgericht mitgeteilt, dass nach deren Informationen der Versicherungsträger in Frankreich nicht bereit bzw. in der Lage ist, im Rahmen des Versorgungsausgleichs die Rentenanwartschaft zu berechnen. Damit hat das Gericht seiner Amtsermittlungspflicht Genüge getan, eine weitere Aufklärung ist nicht zu erwarten. Die Tatsache, dass nach dem französischen Recht kein Versorgungsausgleich durchgeführt wird, ist allgemein bekannt (BeckOGK/Jäger, 1.11.2024, WZGA Art. 8 Rn. 10).
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d) Eine Beschwerdeberechtigung der Antragsgegnerin ergibt sich auch nicht aus dem Gesichtspunkt des § 19 Abs. 3 VersAusglG, wonach bei fehlender Ausgleichsreife eines Anrechts eines Ehegatten gemäß § 19 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 4 VersAusglG ein Wertausgleich bei der Scheidung auch in Bezug auf die sonstigen Anrechte der Ehegatten nicht stattfindet, soweit dies für den anderen Ehegatten, also hier die Antragsgegnerin, unbillig wäre. Eine solche Unbilligkeit zulasten der Antragsgegnerin scheidet jedoch bereits deshalb aus, weil ein Ausgleich eines Anrechts der Antragsgegnerin zulasten des Antragstellers im angegriffenen Endbeschluss nicht angeordnet ist. Das Anrecht des Antragstellers bei der … Rentenversicherung … hingegen wird im angegriffenen Endbeschluss zugunsten der Antragsgegnerin vollumfänglich ausgeglichen.
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2. Mit der Unzulässigkeit der Beschwerde der Antragsgegnerin verliert die im Übrigen statthafte und zulässig eingelegte Anschlussbeschwerde der … Rentenversicherung … ihre Wirkung gemäß § 66 S. 2 FamFG.
32
In Familiensachen der freiwilligen Gerichtsbarkeit hat jeder Beteiligte nach § 66 S. 1 FamFG die Möglichkeit, ohne die Einlegung einer eigenen Beschwerde auch nach Ablauf der maßgeblichen Beschwerdefrist im Wege der Anschließung an ein bereits eingelegtes Hauptrechtsmittel seine Rechte in der Beschwerdeinstanz zu verfolgen. Die Anschlussbeschwerde ist kein Rechtsmittel im eigentlichen Sinn, sondern lediglich ein Antrag innerhalb des vom Beschwerdeführer eingelegten Rechtsmittels (BGH NJW 1984, 1240, 12419 mwN.). Der Kreis der zur Anschließung befugten Beteiligten wird durch Sinn und Zweck des Anschlussrechtsmittels und seine weiterhin durch das akzessorische Verhältnis zum Hauptrechtsmittel geprägte Rechtsnatur begrenzt. Die Anschlussbeschwerde ist kein eigenständiges Rechtsmittel, sondern sie lässt – lediglich – die Antragstellung innerhalb des Hauptrechtsmittels eines anderen Beteiligten zu. Diese für das Anschlussrechtsmittel im Zivilprozess (§ 524 ZPO) entwickelten Grundsätze sind bei der Beurteilung der Zulässigkeit von Anschlussrechtsmitteln in Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit weiterhin von Bedeutung (BGH FamRZ 2016, 794). Ist die Beschwerde unzulässig, ist auch die Anschlussbeschwerde unzulässig.
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3. Selbiges gilt für die Anträge des Antragstellers vom 18.10.2024 und vom 26.11.2024, die als Anschlussbeschwerde auszulegen sind. Denn der im Beschwerdeverfahren antragstellerseits verfolgte Antrag, zu seinen Gunsten einen Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der … Rentenversicherung … anzuordnen bzw. den angeordneten Ausgleich seines Anrechts bei der … Rentenversicherung … zugunsten der Antragsgegnerin unter dem Gesichtspunkt des § 27 VersAusglG teilweise zu beschränken, ist nur im Rahmen einer Anschlussbeschwerde realisierbar. Aus dem bloßen Umstand, dass die nicht angefochtenen Teile der Versorgungsausgleichsentscheidung nicht rechtskräftig werden können, solange noch ein Anschlussrechtsmittel durch einen beteiligten Ehegatten möglich ist, folgt dabei nicht, dass die Prüfungskompetenz des Beschwerdegerichts auch ohne die Erhebung der Anschlussbeschwerde auf die mit dem Hauptrechtsmittel nicht angefochtenen Teile der Entscheidung hinaus erweitert wird.
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4. Die Anschlussbeschwerden der … Rentenversicherung … und des Antragstellers können nicht in zulässige Beschwerden umgedeutet werden.
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a) Die Anträge des Antragstellers vom 18.10.2024 auf Ausgleich des Anrechts der Antragsgegnerin bei der … Rentenversicherung … und vom 26.11.2024 auf Beschränkung des Versorgungsausgleichs nach § 27 VersAusglG gehen über den bisherigen Beschwerdegegenstand hinaus und setzen daher eine eigene zulässige Beschwerde voraus. Die Beschwerdeeinlegungsfrist war am 18.10.2024 für den Antragsteller jedoch abgelaufen, so dass es auf die weiteren Zulässigkeitsvoraussetzungen nicht ankommt.
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b) Auch für die … Rentenversicherung … war die Beschwerdeeinlegungsfrist bei Eingang der Anschlussbeschwerde am 14.11.2024 abgelaufen. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass der … Rentenversicherung … die Zuordnung des bestehenden Kontos der Antragstellerin zu der Person der Antragstellerin mittels der Versicherungsnummer mangels Angaben in dem Beschluss zu einem Versicherungskonto der Antragstellerin nicht möglich war. Bestehen bei einem Versorgungsträger mehrere auszugleichende Anrechte, ist er nur einmal Beteiligter i.S.d. § 219 Nr. 2 FamFG. Selbst bei mehrfacher Nennung und Zustellung der Entscheidung an ihn bewirkt bereits die erste Zustellung den Beginn des Laufs der Beschwerdefrist nach § 63 Abs. 1 FamFG. Der Beschluss des Amtsgerichts München wurde der … Rentenversicherung … am 28.12.2023 durch Zustellung bekanntgegeben. Die Zustellung ist auch dann wirksam, wenn das Rubrum nicht alle Versicherungsnummern der bei dem Versorgungsträger bestehenden Anrechte aufführt (BeckOK FamFG/Hahne, 52. Ed. 1.12.2024, FamFG § 219 Rn. 2d). Es liegt im Verantwortungsbereich des Versorgungsträgers, seine Abläufe so zu organisieren, dass die durch die erste Zustellung in Gang gesetzte Frist allen mit der Versorgungsausgleichssache befassten Organisationseinheiten gleichermaßen zur Kenntnis gelangt (OLG Frankfurt a. M. FamRZ 2021, 353). Damit begann die Beschwerdeeinlegungsfrist mit der Zustellung am 28.12.2023. Bei einer Auslegung der Anschlussbeschwerde der … Rentenversicherung … als Beschwerde wäre das Rechtsmittel damit verfristet.
III.
37
Die Entscheidung über die Kosten des Beschwerdeverfahrens beruht auf § 150 Abs. 1, Abs. 4 FamFG nach dem Rechtsgedanke des § 84 FamFG, da die Beschwerde der Antragsgegnerin erfolglos geblieben ist (BGH NJW-RR 2023, 1 Rn. 42 ff). Die Kosten des Beschwerdeverfahrens umfassen dabei auch die Kosten der wirkungslos gebliebenen Anschlussbeschwerde (Frank in Musielak/Borth/Frank, FamFG, 7. Aufl., § 66 Rn. 11; Sternal in Sternal, FamFG, 21. Aufl., § 66 Rn. 29). Eine abweichende Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Hierbei ist maßgeblich zu berücksichtigen, dass die anwaltlich vertretene Antragsgegnerin im Rahmen der Sachverhaltsermittlung durch das Amtsgericht ihr Konto bei der … Rentenversicherung … nicht angegeben hat.
IV.
38
Der Verfahrenswert richtet sich nach §§ 40 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1, 50 Abs. 1 FamGKG. Der Antragsteller hat sein Nettoeinkommen mit 3.800,00 € angegeben, die Antragsgegnerin mit 755,00 €. Gegenstand des Beschwerdeverfahrens sind zwei Versorgungsanrechte, nämlich das Anrecht des Antragstellers bei der … Rentenversicherung … sowie das – in der angegriffenen Entscheidung nicht einbezogene – gesetzliche Versorgungsanrecht der Antragsgegnerin, welches Gegenstand der Anschlussbeschwerden war. Der Verfahrenswert beträgt damit 20 Prozent des dreifachen addierten Nettoeinkommens, somit 2.732,00 €.
V.
39
Hat das Beschwerdegericht eine Beschwerde in einer Familiensache der freiwilligen Gerichtsbarkeit nach § 68 Abs. 2 S. 2 FamFG als unzulässig verworfen, beurteilt sich die Statthaftigkeit der Rechtsbeschwerde gegen die Verwerfungsentscheidung allein nach § 70 Abs. 1 FamFG, so dass die Rechtsbeschwerde nur für den Fall der Zulassung gegeben ist (BGH NJW-RR 2018, 1222). Die Zulassung der Rechtsbeschwerde ist hinsichtlich der Frage der Beschwerdebefugnis des ausgleichsberechtigten Ehegatten, soweit nach dem Wertausgleich bei der Scheidung noch Anrechte verbleiben und diese entgegen § 224 Abs. 4 FamFG in den Gründen der Entscheidung nicht benannt werden, veranlasst. Insoweit bestehen, wie oben dargestellt, unterschiedliche Auffassungen in der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte und in der Literatur, so dass die Voraussetzungen der Zulassung der Rechtsbeschwerde vorliegen, § 70 Abs. 2 Nr. 2 FamFG.
40
Die Rechtsbeschwerde ist jedoch insgesamt zuzulassen. Die Zulassung der Rechtsbeschwerde kann auf einen tatsächlich und rechtlich selbstständigen Teil des gesamten Verfahrensstoffs beschränkt werden, der Gegenstand einer Teil- oder Zwischenentscheidung sein oder auf den der Rechtsbeschwerdeführer selbst sein Rechtsmittel beschränken könnte (BGH NJW 2021, 166). Die Zulässigkeit der Beschwerde kann Gegenstand eines Zwischenbeschlusses nach § 303 ZPO sein, der jedoch nicht selbständig anfechtbar wäre (BGH NJW 1987, 3264; BGH NJW 2001, 2259). Daher ist die Rechtsbeschwerde insgesamt zuzulassen.

Erlass des Beschlusses (§ 38 Abs. 3 Satz 3 FamFG):

…, JSekr`in Übergabe an die Geschäftsstelle Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle am 14.03.2025.