Titel:
Gehörsrüge, Antrag auf Berichtigung
Normenketten:
VwGO § 152a
VwGO § 118
Schlagworte:
Gehörsrüge, Antrag auf Berichtigung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 23709
Tenor
I. 1. Das Verfahren wird fortgeführt, soweit es die Tenorziffer II. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München im Verfahren M 1 S 25.3925 vom 14. Juli 2025 betrifft.
2. Tenorziffer II. des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München im Verfahren M 1 S 25.3925 vom 14. Juli 2025 wird aufgehoben.
3. Tenorziffer II. des Bayerischen Verwaltungsgerichts München im Verfahren M 1 S 25.3925 vom 14. Juli 2025 erhält folgende Fassung:
Die Antragstellerin hat die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu tragen.
II. Der Antrag auf Berichtigung des Tenors des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München im Verfahren M 1 S 25.3925 vom 14. Juli 2025 in Tenorziffer II. gemäß § 118 VwGO wird abgelehnt.
Gründe
1
Mit Beschluss vom 14. Juli 2025 im Verfahren M 1 S 25.3925 hat das Bayerische Verwaltungsgericht den Eilantrag der Antragstellerin, gerichtet auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Anfechtungsklage im Hauptsacheverfahren (M 1 K 25.277), abgelehnt. Tenorziffer II. dieses Beschlusses erlegt der Antragstellerin die Kostentragungspflicht mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auf. Hinsichtlich der Kostenentscheidung hat das Gericht in den Gründen des Beschlusses (lediglich) auf § 154 Abs. 1 VwGO Bezug genommen.
2
Die Zustellung des Beschlusses vom 14. Juli 2025, gegen den die Antragstellerin zwischenzeitlich Beschwerde zum Bayerischen Verwaltungsgericht München (1 CS 25.1398) eingelegt hat, wurde von der Geschäftsstelle der 1. Kammer erst am 15. Juli 2025 in die Wege geleitet. In der Zwischenzeit haben sich die Beigeladenen mit dem am 14. Juli 2025 um 13:33 Uhr bei Gericht eingegangenen Schriftsatz in der Sache geäußert und beantragt, den Eilantrag abzulehnen.
3
Mit am 21. Juli 2025 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz haben die Beigeladenen beantragt,
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den Beschluss vom 14. Juli 2025 wegen offenbarer Unrichtigkeit zu berichtigen.
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Das Gericht verweigere Kosten nur aufgrund nicht gestellter Anträge. Anträge seien jedoch gestellt worden, sodass dem Gericht entweder der Schriftsatz vom 14. Juli 2025 nicht vorliege oder bei der Entscheidung nicht berücksichtigt worden sei. Es liege daher eine offenbare Unrichtigkeit vor.
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Die Antragstellerin hat mit einfachem Brief ihres als Rechtsanwalt zugelassenen Bevollmächtigten, der bei Gericht am 4. August 2025 eingegangen ist, beantragt,
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den Antrag zurückzuweisen.
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Da der Antrag abgelehnt wurde, sei keine Beschwer der Beigeladenen gegeben.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte, auch in den Verfahren M 1 S 25.3925 und M 1 K 25.277, ergänzend Bezug genommen.
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Der im wohlverstandenen Interesse der Beigeladenen auch als Gehörsrüge, § 152a VwGO, verstandene und zulässige Antrag der Beigeladenen hat mit der Gehörsrüge Erfolg und führt in Fortführung des zugrundeliegenden Eilverfahrens dazu, dass der Antragstellerin auch die Tragung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen auferlegt wird (1.). Der Antrag auf Berichtigung gemäß § 118 VwGO hat in der Sache keinen Erfolg (2.).
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1. Die Beigeladenen haben mit Schriftsatz vom 21. Juli 2025 zu ihrem Änderungsbegehren vorgetragen, dass der Schriftsatz ihres Bevollmächtigten vom 14. Juli 2025 dem Gericht bei Abfassung der Kostenentscheidung nicht vorgelegen habe oder keine Berücksichtigung gefunden habe. Mit Letzterem rügen sie der Sache nach eine Verletzung rechtlichen Gehörs. Die Kammer nimmt daher im wohlverstandenen Interesse der Beigeladenen, §§ 122, 88 VwGO, an, dass die Beigeladenen ihr Ziel der Abänderung der Kostenentscheidung auch mit einer Gehörsrüge gemäß § 152a VwGO verfolgen.
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Dieser Antrag ist zulässig, insbesondere haben die Beigeladenen sie formgerecht innerhalb der zwei Wochen-Frist des § 152a Abs. 2 VwGO erhoben. Gegen die Kostenentscheidung in Tenorziffer II. ist kein Rechtsmittel und kein anderer Rechtsbehelf gegeben (§ 152a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VwGO, § 158 Abs. 1 VwGO).
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Der Statthaftigkeit der Gehörsrüge steht auch nicht der Rechtsgedanke der Regelung des § 158 Abs. 1 VwGO entgegen, wonach die Anfechtung der Entscheidung über die Kosten unzulässig ist, wenn nicht gegen die Entscheidung in der Hauptsache ein Rechtsmittel eingelegt wird. Die erst später in der VwGO gesetzlich geregelte Anhörungsrüge gemäß § 152a VwGO baut tatbestandlich gerade auf einer fehlenden Anfechtbarkeit, etwa wegen § 158 VwGO, auf. Der Wortlaut des § 158 Abs. 1 VwGO steht der Zulässigkeit einer Anhörungsrüge nicht entgegen (vgl. NK-VwGO/Werner Neumann/Nils Schaks, 5. Auflage 2018, VwGO § 158 Rn. 39). Eine direkte Anwendung der Vorschrift auf die Anhörungsrüge scheidet schon insofern aus, als mit der Anhörungsrüge keine „Anfechtung einer Entscheidung“ begehrt wird, sondern eine Fortführung des Verfahrens, soweit dieses auf einer Gehörsverletzung beruht. Für eine entsprechende Heranziehung des dem § 158 Abs. 1 VwGO zugrundeliegenden Rechtsgedankens auf die Anhörungsrüge besteht daher keine Veranlassung (vgl. VGH Mannheim, B.v. 9. Februar 2022 – 10 S 2199/21, BeckRS 2022, 1859, Rn. 3 m. w. N.).
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Der Antrag ist begründet. Die Beigeladenen haben mit Schriftsatz vom 14. Juli 2025 und damit vor Wirksamwerden des Beschlusses durch Bekanntgabe (Hoppe in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, § 80 Rn. 107) einen Sachantrag gestellt und sind damit ein Prozessrisiko eingegangen. Es hätte daher der Billigkeit entsprochen, der Antragstellerin mit Beschluss vom 14. Juli 2025 auch die Tragung der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen aufzuerlegen, vgl. §§ 162 Abs. 3, 154 Abs. 3 VwGO. Jedoch konnte der Schriftsatz für die Beschlussfassung keine Berücksichtigung finden, weil dieser zwar bereits im zentralen Posteingang des Gerichts eingegangen, aus organisatorischen Gründen der Kammer aber erst am 15. Juli 2025 nach Einleitung der Zustellung durch die Geschäftsstelle vorgelegt worden ist. Unter Berücksichtigung dieses Schriftsatzes war die Entscheidung vom 14. Juli 2025 daher in Fortführung im tenorierten Umfang abzuändern.
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2. Der Antrag auf Berichtigung gemäß § 118 VwGO war abzulehnen, weil eine offenbare Unrichtigkeit nicht vorliegt.
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Eine Unrichtigkeit liegt vor, wenn das schriftlich niedergelegte Urteil das Ergebnis (oder die Intention der Beratung) unzutreffend wiedergibt und wenn im Urteil etwas anderes steht, als das Gericht aussagen wollte oder wenn Formulierungen im Urteil unklar sind (NK-VwGO/Michael Kilian/Daniel Hissnauer, 5. Aufl. 2018, VwGO § 118 Rn. 7).
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Allein aus dem Fehlen einer Begründung einer tenorierten Kostenentscheidung ergibt sich nicht, dass der Ausspruch offenbar unrichtig war. Vielmehr entsprach die Kostenentscheidung dem Willen des Gerichts unter Berücksichtigung des bei Abfassung bekannten Sach- und Streitstandes.
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3. Einer Kostenentscheidung für den vorliegenden Beschluss bedarf es nicht, weil Gebühren nach RVG nicht anfallen, siehe § 19 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 5 lit. b) RVG. Gerichtskosten werden nicht erhoben (s. für die Gehörsrüge § 3 Abs. 2 GKG i.V.m. KV Nr. 5400, wonach eine Gebühr (lediglich) dann anfällt, wenn die Rüge in vollem Umfang verworfen oder zurückgewiesen wird).