Titel:
Bayerisches Oberstes Landesgericht, Klärungsbedürftigkeit, Gesellschafterbeschluss, Insolvenzgläubiger, Prozeßvollmacht, Zwangsvollstreckungsverfahren, Kostenentscheidung, Vollstreckungsklausel, Einsicht in Geschäftsunterlagen, Ziele des Insolvenzverfahrens, Unterbrechung des Vollstreckungsverfahrens, Einsichtsrecht, Sofortige Beschwerde, Fehlendes Rechtsschutzbedürfnis, Gesellschafterversammlung, Einsicht in die Geschäftsbücher, Verfahrensbevollmächtigter, Annahmeverzug, titulierter Anspruch, Insolvenzeröffnung
Normenkette:
GmbHG § 51a, § 51b; InsO § 36
Leitsatz:
Zur Fortsetzung einer gegen die Schuldnerin begonnenen Zwangsvollstreckung wegen Gewährung von Einsicht in die Geschäftsunterlagen gemäß §§ 51a, 51b GmbHG nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin.
Schlagworte:
Insolvenzverfahren, Informationsanspruch, Einsichtnahme, Geschäftsunterlagen, Zwangsvollstreckung, Verhältnismäßigkeit, Annahmeverzug
Vorinstanz:
LG München I, Beschluss vom 18.07.2024 – 5 HK O 12286/22 e
Fundstelle:
BeckRS 2025, 23695
Tenor
1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 18. Juli 2024 wird zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat der Antragsteller zu tragen.
3. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.
Gründe
1
Der Antragsteller ist Mit-Gesellschafter der M. GmbH (künftig auch: Schuldnerin) und als solcher Gläubiger eines Informationsanspruchs aus § 51a GmbHG, den das Landgericht München I mit rechtskräftigem Beschluss vom 8. März 2023 tituliert hat. Mit seiner sofortigen Beschwerde wendet er sich gegen den am 18. Juli 2024 ergangenen Beschluss des Landgerichts, mit dem sein Antrag auf Verhängung von Zwangsmitteln zur Vollstreckung des titulierten Anspruchs zurückgewiesen worden ist.
2
Nach dem zu vollstreckenden Titel vom 8. März 2023 ist die Schuldnerin dazu verpflichtet, dem Antragsteller (künftig auch: Gläubiger) durch ihren Geschäftsführer Einsicht in folgende Bücher und Schriften der Gesellschaft zu gewähren:
(a) Buchhaltungsunterlagen, insbesondere bestehend aus Kontoauszügen, Belegen, Summen- und Saldenlisten, betriebswirtschaftlichen Auswertungen;
(c) von der Gesellschaft abgeschlossene Verträge mit Lieferanten;
(d) von der Gesellschaft abgeschlossene Verträge mit Kunden;
(f) sämtliche bei der Gesellschaft geführte EDV-Dateien, einschließlich der windowsbasierten Outlook-Applikation;
(g) EDV-Aufzeichnungen, Datenträger jedweder Art einschließlich virtuelle Datenspeicher, sogenannten Clouds;
(h) vollständige E-Mail-Korrespondenz einschließlich der in virtuellen Datenspeichern, sogenannten Clouds, abgelegten Mails, wobei die Einsicht in den Mail-Account …@m.de sowie die entsprechenden virtuellen Datenspeicher mit der Maßgabe erfolgt, dass die Einsicht unter Beteiligung eines von der Wirtschaftsprüferkammer München benannten Wirtschaftsprüfers erfolgt, der die rein privaten Mails von Herrn … identifiziert und die übrigen Mails – mit Ausnahme der rein privaten Mails – zur Einsicht an den Antragsteller auf einem Bildschirm sichtbar freigibt mit der Befugnis des Antragstellers, diese – nicht rein privaten Mails – auszudrucken. Bei gemischt privat-geschäftlichen Mails ist ein rein privater Teil zu schwärzen.
3
Von der Einsicht ausgenommen ist die gesamte Korrespondenz mit, von und unter Beteiligung der … Rechtsanwaltsgesellschaft mbH einschließlich bei der Gesellschaft diesbezüglich geführter EDV-Dateien, einschließlich der windowsbasierten Outlook-Applikation.
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Nachdem der Gläubiger über den von der Wirtschaftsprüferkammer München bestellten Wirtschaftsprüfer C. am 28. November 2023 Einsicht in die E-Mail-Korrespondenz der Schuldnerin genommen hatte, die unter dem Account …@m.de geführt und von der Schuldnerin auf ein Notebook aufgespielt worden war, beantragte er am 30. November 2023 beim Landgericht München I,
ihm in Bezug auf die unter Buchstaben (f), (g) und (h) titulierte Verpflichtung zur Gewährung von Einsicht die Ersatzvornahme nach § 887 ZPO in der Weise zu gestatten, dass er unter Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers C. auf einen vom IT-Dienstleister der Schuldnerin zur Verfügung gestellten Computer oder Laptop zugreift, auf den der IT-Dienstleister sämtliche von ihm für die Schuldnerin verwalteten Daten/Mails/Dateien/Aufzeichnungen/Clouds aufgespielt hat,
hilfsweise die Einsicht in der Weise zu nehmen, dass der IT-Dienstleister der Schuldnerin mittels Fernzugriff die von ihm für die Schuldnerin verwalteten Daten/Mails/Dateien/Aufzeichnungen/Clouds etc. für den Gläubiger und den Wirtschaftsprüfer C. freischaltet, sodass Einsicht im Büro des Wirtschaftsprüfers C. durch den Gläubiger unter Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers erfolgen könne.
der Schuldnerin hierfür einen Kostenvorschuss aufzuerlegen.
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Hilfsweise beantragte er,
gegen die Schuldnerin wegen Nichtgewährung der Einsicht in die Geschäftsunterlagen, insbesondere in Gestalt der vollständigen E-Mail-Korrespondenz, ein Zwangsgeld nach § 888 ZPO festzusetzen und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden könne, Zwangshaft.
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Er machte geltend, die Schuldnerin sei ihrer titulierten Verpflichtung nicht nachgekommen. Es sei von der Existenz weiterer Firmenaccounts auszugehen. Aufgrund der bisher durchgeführten Einsicht bestehe die Befürchtung, dass der Geschäftsführer und die Schuldnerin etwas zu verbergen hätten. Umfassende und vollständige Einsicht könne effektiv nur durch eine Einsicht in der beantragten Weise gewährt werden.
8
In der Zeit zwischen dem 15. März 2024 und dem 6. Mai 2024 nahm der Antragsteller unter Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers C. Einsicht in weitere E-Mail-Konten der Schuldnerin. Im Übrigen stritten die Parteien darüber, ob in einer Gesellschafterversammlung vom 24. Januar 2024 eine Einigung über den Modus der Einsichtnahme gefunden worden sei. Des Weiteren machte die Schuldnerin geltend, dass sie über keine Unterlagen in Papierform mehr verfüge, nachdem sämtliche Geschäftsunterlagen am 22. Juni 2023 auf eine Anzeige des Antragstellers beschlagnahmt worden seien; sämtliche Unterlagen – ausgenommen die E-Mails – seien aber in OneDrive gespeichert. Auf das Angebot der Schuldnerin vom 10. April 2024, dem Antragstellervertreter einen zeitlich beschränkten direkten Zugang auf den OneDrive-Ordner der Gesellschaft zu gewähren, bestritt der Antragsteller, dass sämtliche Geschäftsunterlagen ausschließlich in dem virtuellen Ordner gespeichert seien. Es sei zu befürchten, dass Daten gelöscht und / oder nur selektiv aufgespielt würden bzw. vorhanden seien. Außerdem sei die Einsicht dem Antragsteller selbst, nicht seinem Vertreter zu ermöglichen. Sein Recht zur Einsichtnahme erstrecke sich auch auf diejenigen Unterlagen, die erst nach der Beschlagnahme in die Bücher und Schriften der Gesellschaft gelangt seien. Da zumindest dem Steuerberater der Gesellschaft die Buchhaltungsunterlagen – gegebenenfalls in Papierform – vorliegen müssten, könne die Schuldnerin ihren Steuerberater von seiner Verschwiegenheitsverpflichtung entbinden und anweisen, sämtliche Bücher und Schriften der Gesellschaft, über die er verfüge, dem Antragsteller zur Verfügung zu stellen.
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Seinen Antrag vom 30. November 2023 erklärte der Antragsteller mit Schriftsatz vom 16. Mai 2024 insoweit für erledigt, als er sich auf die unter Buchstabe (h) des Titels beschriebenen Verpflichtungen bezogen hatte. Die Schuldnerin stimmte mit Schriftsatz vom 29. Mai 2024 unter Verwahrung gegen die Kostenlast zu, wies den Vorwurf, die in OneDrive gespeicherten Unterlagen könnten unvollständig sein, als haltlos zurück und machte geltend, dass sie mangels Verpflichtung, eine Einsichtnahme über den Steuerberater zu gewähren, die Kosten für dessen Tätigwerden nicht zu tragen habe. Der Antragsteller könne aber auf eigene Kosten unter Einschaltung des Steuerberaters Einsicht in die dort vorhandenen Unterlagen nehmen.
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Auch in der weiteren Korrespondenz kam es zu keiner Einigung über die Vorgehensweise und konkrete Umsetzung der Einsichtsgewährung. Der Antragsteller machte zuletzt geltend, in den Geschäftsräumen der Gesellschaft Einsicht nehmen zu wollen. Außerdem gehöre zu den Geschäftsunterlagen auch das Protokoll der Staatsanwaltschaft über die Beschlagnahme. Er forderte eine eidesstattliche Versicherung des Geschäftsführers der Schuldnerin darüber, dass sich mit Ausnahme der im Beschlagnahmeprotokoll aufgelisteten Geschäftsunterlagen alle Bücher und Schriften der Gesellschaft auf OneDrive befänden. Schließlich äußerte er Zweifel an der Rechtserheblichkeit seiner Teil-Erledigterklärung. Da das Einsichtsrecht durch eine einmalige Geltendmachung nicht verbraucht sei, der Gesellschafter vielmehr weitere Einsichtnahmen fordern könne, gehe seine Erledigterklärung ins Leere.
11
Mit Beschluss vom 18. Juli 2024 hat das Landgericht den Antrag auf Verhängung von Zwangsmaßnahmen zurückgewiesen und die Kosten des Vollstreckungsverfahrens zu einem Anteil von 5/6 dem Gläubiger und von 1/6 der Schuldnerin auferlegt. Die Vollstreckung des Titels hinsichtlich der drei Einsichtsbegehren richte sich nicht nach § 887 ZPO, sondern nach § 888 ZPO. Die Kammer sei davon überzeugt, dass die Cloud als Speicherort für alle Unterlagen der Gesellschaft diene und der Gesellschaft keine Unterlagen in Papierform mehr vorlägen. Ausgehend davon genüge es unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten, wenn die Schuldnerin dem Gläubiger bzw. seinem Verfahrensbevollmächtigten Zugriff auf den einzigen (virtuellen) Speicherort gewähre. Auf einer Einsichtnahme in den Geschäftsräumen der Schuldnerin könne der Gläubiger nicht bestehen, wenn ihm – wie hier geschehen – eine für beide Seiten weniger belastende Zugriffsmöglichkeit auf die Daten angeboten werde. Es müsse als treuwidrig angesehen werden, wenn der Gläubiger von diesem Angebot nicht Gebrauch mache. Die begehrte Einsicht in Papierunterlagen sei objektiv unmöglich, weil es solche Unterlagen nicht mehr gebe. Den auf die Beschlagnahme gestützten Unmöglichkeitseinwand habe die Schuldnerin zulässigerweise im Verfahren vorgebracht. Hinsichtlich des übereinstimmend für erledigt erklärten Teils sei nur noch über die Kosten nach dem Maß des voraussichtlichen Obsiegens und Unterliegens der Beteiligten zu entscheiden.
12
Gegen den ihm am 18. Juli 2024 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am 31. Juli 2024 sofortige Beschwerde eingelegt.
unter Abänderung des angefochtenen Beschlusses des Landgerichts München I gegen die Schuldnerin Zwangsmittel festzusetzen zur Erzwingung der der Schuldnerin nach dem Beschluss des Landgerichts München I vom 8. März 2022 (gemeint: 2023) obliegenden unvertretbaren Handlung, dem Gläubiger Einsicht in folgende Bücher und Schriften der Gesellschaft zu gewähren:
(a) Buchhaltungsunterlagen, insbesondere bestehend aus Kontoauszügen, Belegen, Summen- und Saldenlisten, betriebswirtschaftlichen Auswertungen;
(c) von der Gesellschaft abgeschlossene Verträge mit Lieferanten;
(d) von der Gesellschaft abgeschlossene Verträge mit Kunden;
(f) sämtliche bei der Gesellschaft geführte EDV-Dateien, einschließlich der windowsbasierten Outlook-Applikationen;
(g) EDV-Aufzeichnungen, Datenträger jedweder Art einschließlich virtueller Datenspeicher, sogenannten Clouds;
(h) vollständige E-Mail-Korrespondenz einschließlich der in virtuellen Datenspeichern, sogenannten Clouds, abgelegten Mails, mit Ausnahme der Einsicht in den Mail-Account …@m.de.
14
Zur Begründung hat er ausgeführt, die Schuldnerin habe die Zugangsdaten für die elektronisch abgelegten Geschäftsunterlagen nicht mitgeteilt. Eine Einsichtnahme in elektronischer Form habe er nicht abgelehnt, wenngleich er die Einsichtnahme in Papierform bevorzuge. Vielmehr habe zunächst die Einsicht elektronisch erfolgen sollen. Sollten Zweifel daran aufkommen, dass die Schuldnerin zutreffend und vollständig Einsicht gewährt habe, bestehe ein Anspruch des Gläubigers darauf, dass die Schuldnerin die Richtigkeit und Vollständigkeit durch eidesstattliche Versicherung bestätige. Zur Erfüllung des titulierten Informationsanspruchs genüge es allerdings nicht, nur dem Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers, nicht aber diesem selbst den Zugang zu ermöglichen.
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Das Landgericht hat der Beschwerde mit Beschluss vom 5. September 2024 nicht abgeholfen und die Sache dem Bayerischen Obersten Landesgericht zur Entscheidung vorgelegt.
16
Die Schuldnerin hat sich den Ausführungen des Landgerichts angeschlossen und dahingehend Stellung genommen, dass der Gläubiger seit Monaten hätte Einblick nehmen können. Sie hat des Weiteren ihr Angebot, die Einsicht durch Übermittlung der Zugangsdaten zu gewähren, aufrechterhalten und um Mitteilung gebeten, wem die Zugangsdaten übermittelt werden sollen. Dass eine Übersendung bislang unterblieben sei, habe seinen Grund darin, dass der Gläubiger auf einer Einsicht in Papierunterlagen beharrt habe. Daraufhin hat der Gläubiger mitgeteilt, er wünsche die Einsicht. Zunächst solle sie elektronisch erfolgen. Wenn feststehe, dass Papierunterlagen nicht oder nicht mehr vorhanden seien, bleibe es bei der elektronischen Einsicht. Andernfalls habe er daneben Anspruch auf Einsicht in die Papierunterlagen.
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Mit Schriftsatz vom 27. November 2024 hat der Antragsteller mitgeteilt, dass die elektronische Einsicht nicht gewährt worden sei; stattdessen habe der Geschäftsführer der Schuldnerin dem Gläubiger persönlich einen USB-Stick zukommen lassen, der noch nicht gesichtet sei. Er hat die Ansicht vertreten, dieses Verhalten der Schuldnerin belege, dass sie keine umfassende Einsicht gewähren möchte.
18
Auf Antrag der Schuldnerin hat das Amtsgericht München mit Beschluss vom 5. Dezember 2024 das Insolvenzverfahren über ihr Vermögen eröffnet und Rechtsanwalt … zum Insolvenzverwalter bestellt. Der Senat hat mit Beschluss vom 17. März 2025 Hinweise erteilt, zu denen die Beteiligten Stellung genommen haben. Darauf wird Bezug genommen. Während sich der Antragsteller den Hinweisen angeschlossen hat, hat der Insolvenzverwalter die Meinung vertreten, dass eine Zwangsvollstreckung infolge der Insolvenzeröffnung aus Rechtsgründen unzulässig sei, sodass es auf die Frage, ob das Verfahren nach § 240 ZPO unterbrochen sei, nicht mehr ankomme. „Selbst wenn man dies anders sehen wollte“, sei die Unterbrechung des Verfahrens gemäß § 240 ZPO geboten. Schutzwürdige Interessen könne der Antragsteller nicht geltend machen, denn eine Vollstreckung des titulierten Informationsanspruchs gegen den Insolvenzverwalter sei ohnehin unzulässig.
19
Mit Beschluss vom 22. Mai 2025 hat der Senat das Passivrubrum auf den Insolvenzverwalter berichtigt.
20
Zur Darstellung des Sachverhalts wird ergänzend auf die erstinstanzliche Entscheidung und die in der Beschwerdeinstanz gewechselten Schriftsätze der Beteiligten nebst Anlagen Bezug genommen.
21
Die sofortige Beschwerde hat keinen Erfolg.
22
1. Das Rechtsmittel ist zulässig.
23
a) Die sofortige Beschwerde des Antragstellers ist statthaft, § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 4 Satz 2 AktG i. V. m. §§ 793, § 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
24
Sie bedarf nicht der Zulassung durch das Erstgericht gemäß § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 3 Satz 2 AktG (vgl. BayObLG, Beschluss vom 22. April 2021, 101 ZBR 13/21, DGVZ 2022, 133 [juris Rn. 38]; Hillmann in Münchener Kommentar zum GmbHG, 4. Aufl. 2023, § 51b Rn. 51; Kubis in Münchener Kommentar zum AktG, 6. Aufl. 2024, AktG § 132 Rn. 58).
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b) Das Rechtsmittel ist innerhalb der zweiwöchigen Notfrist und in der erforderlichen Form eingelegt worden, § 51b Satz 1 GmbHG i. V. m. § 132 Abs. 4 Satz 2 AktG, § 569 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 ZPO (dazu ausführlich: BayObLG, Beschluss vom 14. Februar 2024, 102 W 164/23, NZG 2024, 360 Rn. 11 ff.).
26
c) Zuständiges Beschwerdegericht ist das Bayerische Oberste Landesgericht.
27
Die Zuweisung der Vollstreckungszuständigkeit an das Prozessgericht des ersten Rechtszugs in §§ 888, 802 ZPO legt auch die Rechtsmittelgerichte für das Vollstreckungsverfahren fest, zumal die sachlichen Gründe, die für die Begründung der Zuständigkeit der Prozessgerichte maßgebend sind, für das Vollstreckungsverfahren ebenso gelten wie für das Erkenntnisverfahren (vgl. BayObLG, Beschluss vom 22. April 2021, 1 ZBR 74/20, NZG 2021, 1591 Rn. 23 [juris Rn. 176]). Das Bayerische Oberste Landesgericht ist daher im zweiten Rechtszug gemäß § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 3 Satz 1, § 99 Abs. 3 Sätze 5 und 6 AktG, § 27 Abs. 2 GZVJu in der seit dem 1. Mai 2020 geltenden Fassung nicht nur für das Erkenntnisverfahren, sondern auch für das Zwangsvollstreckungsverfahren im Instanzenzug zuständig.
28
Über das Rechtsmittel entscheidet der Senat als Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit unter Anwendung der Vorschriften der Zivilprozessordnung, § 51b Satz 1 GmbHG i. V. m. § 132 Abs. 4 Satz 2 AktG (vgl. BayObLG, Beschluss vom 22. Dezember 1988, BReg 3 Z 157/88, BayObLGZ 1988, 413 [416]).
29
2. Das Verfahren ist nicht infolge der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin gemäß § 240 ZPO unterbrochen.
30
Die Frage, ob § 240 ZPO auf echte Streitverfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit mit Massebezug entsprechende Anwendung finden kann, muss nicht beantwortet werden.
31
Weist das Gesetz die Entscheidung über einen Anspruch den Gerichten der freiwilligen Gerichtsbarkeit zu und bestimmt es weiter, dass sich die Vollstreckung in diesem Fall nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung richtet, so kommt für das Erkenntnisverfahren das Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit (FamFG) zur Anwendung; hingegen richtet sich die Vollstreckung uneingeschränkt nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung (BayObLGZ 1988, 413 [416]; vgl. auch BGH, Beschluss vom 15. Februar 2012, XII ZB 451/11, NJW-RR 2012, 582 Rn. 5 betreffend den Verweis auf Vorschriften der Zivilprozessordnung in § 6 Abs. 2 FamFG).
32
Somit findet § 240 ZPO im vorliegenden Verfahren grundsätzlich Anwendung, denn nach allgemeiner Meinung gelten für das Zwangsvollstreckungsverfahren nach §§ 704 ff. ZPO vorbehaltlich speziellerer Regelungen die allgemeinen prozessualen Bestimmungen der §§ 1 bis 252 ZPO sinngemäß (vgl. BGH, Beschluss vom 4. Mai 2022, VII ZB 18/18, NJW-RR 2022, 1508 Rn. 12; Beschluss vom 20. Januar 2011, I ZR 122/09, NJW 2011, 929 Rn. 21). Trotz bestehenden Massebezugs ist das Verfahren jedoch nicht nach § 240 Satz 1 ZPO unterbrochen, denn es käme einer Rechtsverweigerung gegenüber dem Antragsteller gleich, wenn das laufende Verfahren mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Schuldnerin – dauerhaft – unterbrochen wäre.
33
a) Das Verfahren betrifft die Insolvenzmasse.
34
Geschäftsbücher gehören trotz ihrer Unpfändbarkeit (§ 811 Abs. 1 Nr. 4 ZPO) abweichend von der Regel des § 36 Abs. 1 InsO nach der ausdrücklichen Bestimmung in § 36 Abs. 2 Nr. 1 InsO zur Insolvenzmasse. Die in § 148 Abs. 1 InsO geregelte Verpflichtung des Insolvenzverwalters, nach der Eröffnung des Verfahrens das gesamte zur Insolvenzmasse gehörende Vermögen sofort in Besitz und Verwaltung zu nehmen, bezieht sich auch auf diese Bücher der Schuldnerin. An ihn hat die Schuldnerin die Unterlagen herauszugeben. Ihm obliegt seit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens die Verwahrung der Geschäftsbücher und die Erfüllung der gesetzlichen Aufbewahrungspflichten. Werden die Handelsbücher von einer Datenverarbeitungsanlage erstellt, kann er die EDV-Unterlagen herausverlangen. Befinden sich die Geschäftsbücher im Besitz Dritter, etwa des Steuerberaters, so kann der Insolvenzverwalter sein Herausgabeverlangen gegen diese richten (vgl. Kirchner in BeckOK InsO, 39. Edition Stand: 1. Mai 2025, § 36 Rn. 28 f.; B. Peters/J. Peters in Münchener Kommentar zur InsO, 5. Aufl. 2025, § 36 Rn. 104, 107; Bäuerle in Braun, InsO, 10. Aufl. 2024, § 36 Rn. 47 f.; Büteröwe in K. Schmidt, InsO, 20. Aufl. 2023, § 36 Rn. 9 f.).
35
Die im Vollstreckungstitel aufgelisteten Bücher und Schriften der Gesellschaft gehören zu den Geschäftsbüchern (dazu: BGH, Beschluss vom 6. März 1997, II ZB 4/96, BGHZ 135, 48 [juris Rn. 6]; Kirchner in BeckOK InsO, § 36 Rn. 27; B. Peters/J. Peters in Münchener Kommentar zur InsO, § 36 Rn. 101; Bäuerle in Braun, InsO, § 36 Rn. 46; Büteröwe in K. Schmidt, InsO, § 36 Rn. 8; Hirte/Praß in Uhlenbruck, InsO, 16. Aufl. 2025, § 36 Rn. 46 f.; jeweils m. w. N.).
36
Weil mit dem beantragten Zwangsgeld die Gesellschaft bzw. nunmehr der Insolvenzverwalter zur Gewährung von Einsicht in die Geschäftsbücher der Gesellschaft angehalten werden soll, betrifft der Streitgegenstand des Vollstreckungsverfahrens die Masse, wie sie in §§ 35, 36 InsO beschrieben ist, in rechtlicher Hinsicht. Für den Massebezug ist auf die Hauptsache abzustellen. Selbst ein nur mittelbarer rechtlicher Bezug zur Insolvenzmasse genügt (vgl. BGH, Beschl. v. 31. Januar 2023, II ZR 169/22, WM 2023, 525 Rn. 11; Beschluss vom 14. Juli 2020, XIII ZB 135/19, NZBau 2020, 798 Rn. 15; Beschluss vom 10. Dezember 2014, XII ZR 136/12, ZIP 2015, 399 Rn. 15; Urt. v. 1. Oktober 2009, I ZR 94/07, ZIP 2010, 901 Rn. 17 – Oracle; Roth in Stein, ZPO, 24. Aufl. 2024, § 240 Rn. 11).
37
Da die Geschäftsbücher der Schuldnerin – wie ausgeführt – mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen an den Insolvenzverwalter herauszugeben sind, ist diesem die Gewährung von Einsicht in die Bücher grundsätzlich auch möglich.
38
b) Speziellere Regelungen, welche einer Zwangsvollstreckung des Anspruchs entgegenstünden und § 240 ZPO vorgingen, bestehen nicht.
39
c) Eine Unterbrechung des Vollstreckungsverfahrens käme einer Rechtsverweigerung gegenüber dem Antragsteller gleich. Wegen des grundgesetzlich verbürgten Anspruchs auf wirkungsvollen Rechtsschutz aus Art. 2 Abs. 1 GG i. V. m. dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG; vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2025, 1 BvR 545/25, juris Rn. 10 m. w. N.) ist das Verfahren über die Vollstreckung des speziellen mitgliedschaftlichen Informationsanspruchs aus § 51a GmbHG durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht unterbrochen.
40
aa) Mit dem Beschluss vom 8. März 2023 hat das Landgericht München I zugunsten des Antragstellers und zu Lasten der Schuldnerin eine Verpflichtung tituliert, deren Inhalt und Umfang mit dem Erlass der Entscheidung fixiert ist (dazu unter [1]). Ein anerkennenswertes Rechtsschutzbedürfnis an der Durchsetzung dieses vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens ergangenen Titels kann dem Antragsteller weder unter Verweis auf einen mit der Insolvenzeröffnung eintretenden Funktionswandel des Informationsanspruchs noch wegen Fehlens von Vollstreckungsvoraussetzungen abgesprochen werden (dazu unter [2]).
41
(1) Die titulierte Verpflichtung der Gesellschaft zur Gewährung von Einsicht wird – unabhängig von einem etwa weitergehenden oder dahinter zurückbleibenden materiellrechtlichen Informationsanspruch des Gesellschafters – durch den im Erkenntnisverfahren geschaffenen Titel beschrieben und begrenzt.
42
Im Verfahren der Zwangsvollstreckung sind Inhalt und Umfang des titulierten Anspruchs maßgeblich. Der im Titel enthaltene Ausspruch über das Einsichtsrecht, dessen Inhalt im Zweifelsfall durch Auslegung zu ermitteln ist, definiert und begrenzt den im Wege der Zwangsvollstreckung durchsetzbaren Anspruch (BayObLGZ 1988, 413 [417]).
43
Da sich Art und Umfang der Verpflichtung aus dem Titel ergeben müssen, können nicht titulierte Bereiche selbst dann nicht vollstreckt werden, wenn sie nach Anspruchszweck oder Entscheidungsgründen materiellrechtlich Gegenstand des Einsichtsrechts sein müssten. Umgekehrt kann ein titulierter Anspruch selbst insoweit vollstreckt werden, als die rechtskräftige Entscheidung über den materiellrechtlichen Anspruch hinausgeht. Hat der Titel einen vollstreckungsfähigen Inhalt, so darf er von den Vollstreckungsorganen, zu denen in Verfahren nach § 888 ZPO das nach § 802 ZPO zuständige Prozessgericht gehört, weder eingeschränkt noch ergänzt werden (vgl. BayObLGZ 1988, 413 [417]).
44
Somit sind entgegen der vom Antragsteller im Schreiben vom 12. März 2024 (vorgelegt in erster Instanz als Anlage K 29) geäußerten Ansicht die Zugangsdaten zum OneDrive-Ordner der Schuldnerin vom Titel nicht umfasst.
45
Ebenso wenig wachsen Inhalt und Umfang des titulierten Anspruchs mit fortschreitendem Zeitablauf seit dem Erlass der im Erkenntnisverfahren getroffenen Entscheidung an. Die materielle Rechtskraft einer gerichtlichen Entscheidung bezieht sich stets auf den Zeitpunkt, in dem sie ergeht (BVerfG, Beschluss vom 17. November 1998, 1 BvL 10/98, NJW 1999, 2581 [juris Rn. 14]). Nach Maßgabe des jeweiligen Streitgegenstands kann die Rechtskraft der Entscheidung zwar auch in die Zukunft wirken (vgl. §§ 257, 258, 259, 323 ZPO; Vollkommer in Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, Vorbemerkungen zu § 322 Rn. 53). Ein solcher Fall liegt in Bezug auf den titulierten Informationsanspruch des Antragstellers aus § 51a GmbHG aber nicht vor. Es ist nichts dafür ersichtlich, dass das Landgericht dem Antragsteller einen Vollstreckungstitel im Sinn eines Vorratsbeschlusses an die Hand gegeben hätte, mit dem er in den zeitlichen Grenzen der für titulierte Ansprüche geltenden Verjährungsfrist (§ 197 Abs. 1 Nr. 3 BGB) eine Einsichtnahme nicht nur in die bei Erlass der Entscheidung vorhandenen, sondern darüber hinaus in erst künftige Buchhaltungsunterlagen, Kundenlisten, Lieferanten- und Kundenverträge, Kundenanfragen, EDV-Dateien, EDV-Aufzeichnungen, Datenträger und E-Mail-Korrespondenz im Vollstreckungsweg immer wieder neu durchsetzen könnte. Entgegen der Ansicht des Antragstellers rechtfertigt der Umstand, dass „das Einsichtnahmerecht mit einmaliger Geltendmachung nicht verbraucht“ ist und „selbstverständlich … der Gesellschafter weitere Einsichtnahmen fordern [kann]“ ein solches Titelverständnis nicht (zur wiederholten Geltendmachung des Informationsrechts vgl. Altmeppen in Altmeppen, GmbHG, 11. Aufl. 2023, § 51a Rn. 25). Dass materiellrechtlich der Informationsanspruch bis zur Grenze des Rechtsmissbrauchs (und nach streitig diskutierter Ansicht nur in den Grenzen eines Informationsbedürfnisses) wiederholt geltend gemacht werden kann, führt nicht dazu, dass der Titel in der Zukunft liegende Informationspflichten umfasste. Ein vom Titel nicht umfasster, den Zeitraum nach Abschluss des Erkenntnisverfahrens betreffender materiellrechtlicher Informationsanspruch des Gesellschafters wäre vielmehr in einem neuen Erkenntnisverfahren zu verfolgen, soweit die Gesellschaft einem darauf gerichteten Informationsverlangen nicht nachkommt. Aus diesen Gründen sind weder das Beschlagnahmeprotokoll der Staatsanwaltschaft noch Geschäftsvorgänge, die zeitlich nach der Beschlagnahme liegen oder erst auf der Tätigkeit des Insolvenzverwalters beruhen, vom Vollstreckungstitel umfasst.
46
(2) Der Antragsteller hat ein rechtlich anerkennenswertes Interesse an einer sachlichen Entscheidung über das Rechtsmittel.
47
(a) Obwohl das Landgericht die nachträglich eingetretene Insolvenz und einen damit nach der herrschenden Meinung verbundenen Funktionswandel des Informationsanspruchs nicht berücksichtigen konnte, kann der Antragsteller aus dem gegen die Gesellschaft erwirkten Titel grundsätzlich gegen den Insolvenzverwalter vollstrecken.
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Nach herrschender Meinung kann sich die mit der Insolvenzeröffnung einhergehende Änderung der Funktion der Gesellschaftsorgane auf den Inhalt des als mitgliedschaftliches Individualrecht der Gesellschafter ausgestalteten Informationsanspruchs gemäß § 51a GmbHG auswirken. Auf die entsprechenden Nachweise zu Rechtsprechung und Literatur im Hinweisbeschluss vom 17. März 2025 wird Bezug genommen (statt vieler: BayObLG, Beschluss vom 8. April 2005, 3Z BR 246/04, ZIP 2005, 1087 [juris Rn. 24, 26] mit kritischer Anm. Bruns/Heese in KTS 2006, 72 ff. und zustimmender Anm. Bayer in Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 21. Aufl. 2023, § 51a Rn. 4 Fn. 15).
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Ob der rechtskräftig zuerkannte Anspruch auf Auskunft infolgedessen nachträglich ganz oder teilweise untergegangen sein kann, muss nicht entschieden werden. Das Rechtsschutzbedürfnis im Verfahren wegen Verhängung eines Zwangsgelds gemäß § 888 ZPO besteht unabhängig davon fort.
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Zwar werden von der Rechtskraft einer Entscheidung nicht solche Veränderungen erfasst, die erst nach ihrem Erlass eintreten. Bedeutete die nachträglich eingetretene Insolvenz allerdings eine rückwirkende inhaltliche Änderung des Anspruchs auf Informationserteilung, könnte diese Wirkung nicht im Verfahren nach § 888 ZPO berücksichtigt werden. Anders als der Erfüllungseinwand, der im Zwangsvollstreckungsverfahren gemäß § 888 Abs. 1 ZPO vorgebracht werden kann und in einem solchen Fall zu berücksichtigen ist (vgl. BGH, Beschluss vom 7. März 2024, I ZB 40/23, WM 2024, 743 Rn. 22 m. w. N.; zu § 887 ZPO: BGH, Beschluss vom 5. November 2004, IXa ZB 32/04, BGHZ 161, 67 [juris Rn. 11 f.]), betreffen etwaige Auswirkungen der Insolvenzeröffnung auf Inhalt und Reichweite des individuellen Informationsanspruchs aus § 51a GmbHG nicht die Frage, ob der Vollstreckungsschuldner nach Erlass der gerichtlichen Entscheidung dasjenige geleistet hat, was ihm der Titel gebietet. Vielmehr zielt der materiellrechtliche Einwand, ein Informationsanspruch des Gesellschafters bestehe in der Insolvenz der Gesellschaft allenfalls noch in einem erheblich beschränkten und modifizierten Umfang, auf eine inhaltliche Abänderung des gerichtlichen Erkenntnisses selbst oder zumindest auf die endgültige bzw. auf einen gewissen Zeitraum, etwa denjenigen der Dauer des Insolvenzverfahrens, bezogene Beseitigung der Vollstreckbarkeit des Titels.
51
Eine Änderung des Titels aufgrund der nachträglich eingetretenen Insolvenz kann nur durch eine die Rechtskraft des zusprechenden Beschlusses durchbrechende Entscheidung erfolgen. Eine auf den materiellrechtlichen Einwand, das Informationsrecht bestehe in der Insolvenz nur in beschränktem Umfang, gestützte dauerhafte oder zeitlich beschränkte Beseitigung der Vollstreckbarkeit wäre statthafter Gegenstand eines Vollstreckungsgegenantrags entsprechend § 767 ZPO (vgl. OLG Saarbrücken, Beschluss vom 28. März 2025, 1 W 22/24, NZG 2025, 985 [juris Rn. 35]). Ob der Informationsanspruch infolge der nach Rechtskraft eingetretenen Insolvenz modifiziert wurde und aus diesem Grund der Titel selbst oder jedenfalls seine Vollstreckbarkeit zu beseitigen wären, ist dagegen nicht im Verfahren über die Festsetzung eines Zwangsgelds zu klären. Im Vollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO besteht der Streitgegenstand in der Festsetzung eines Zwangsmittels zur Erzwingung der titulierten unvertretbaren Handlung (BGH, Urt. v. 29. September 2022, I ZR 180/21, NJW-RR 2023, 66 Rn. 19). Das Zwangsvollstreckungsverfahren ist ein formalisiertes Verfahren, in dem die Vollstreckungsorgane zu einer inhaltlichen Überprüfung des Titels nicht berufen sind. Mit inhaltlichen Einwänden – mit Ausnahme des Erfüllungseinwands – wird der Schuldner auf die Vollstreckungsgegenklage sowie in ihrem jeweiligen Anwendungsbereich auf die Klage gegen die Vollstreckungsklausel, die Abänderungs-, Aufhebungs-, Nichtigkeits- oder Restitutionsklage verwiesen (vgl. BGH, Beschluss vom 17. April 2008, V ZB 146/07, NJW 2008, 2266 Rn. 14).
52
(b) Das Rechtsschutzbedürfnis des Antragstellers an der Durchsetzung des zu seinen Gunsten titulierten Anspruchs ist nicht infolge der nachträglichen Eröffnung des Insolvenzverfahrens entfallen.
53
Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt, wenn ein Antrag objektiv schlechthin sinnlos ist, wenn also der Antragsteller unter keinen Umständen mit seinem prozessualen Begehren irgendeinen schutzwürdigen Vorteil erlangen kann (BGH, Beschluss vom 10. Oktober 2024, I ZB 22/24, NZG 2025, 575 Rn. 18 m. w. N.). Ein solcher Antrag ist als unzulässig abzuweisen. Das Erfordernis eines Rechtsschutzbedürfnisses soll verhindern, dass Rechtsstreitigkeiten in das Stadium der Begründetheitsprüfung gelangen, für die eine solche Prüfung nicht erforderlich ist.
54
Das Rechtsschutzbedürfnis an der Vollstreckung eines Auskunftstitels kann fehlen, wenn nach dem Tenor des Vollstreckungstitels die Auskunftserteilung über einen Sachverständigen angeordnet ist, eine Weitergabe der Informationen an den Gesellschafter jedoch in vollem Umfang unzulässig sein soll (vgl. BayObLGZ 1988, 413 [420]). Für eine vergleichbare Konstellation ist nichts ersichtlich. Vielmehr ist nach dem Akteninhalt davon auszugehen, dass der Antragsteller ein schutzwürdiges und rechtlich anzuerkennendes Interesse verfolgt. Unter anderem will er aus den Geschäftsbüchern Erkenntnisse darüber gewinnen, ob er als Gesellschafter durch eine nicht ordnungsgemäße und nicht gewissenhafte Geschäftsführung, die den Wert seines Anteils gemindert hat, geschädigt worden ist, etwa dadurch, dass der Geschäftsführer Geschäftschancen der Gesellschaft nicht für diese genutzt, sondern einem Konkurrenzunternehmen zugespielt hat. Der zu seinen Gunsten titulierte Informationsanspruch ist damit eng mit seiner persönlichen vermögensrechtlichen Stellung als Mitglied der Gesellschaft verknüpft. Zu Unrecht aber verengt der Insolvenzverwalter das Interesse des Antragstellers auf diesen Gesichtspunkt. Zudem lässt der Umstand, dass für die Verfolgung etwaiger Ansprüche gegen Geschäftsführer nach Insolvenzeröffnung der Insolvenzverwalter zuständig ist und ein Gesellschafter der insolventen Gesellschaft nicht dazu befugt ist, das Vorgehen des Insolvenzverwalters zu überwachen, das Interesse des Antragstellers und die Schutzwürdigkeit seines Interesses nicht entfallen.
55
Zutreffend ist, dass Sinn und Zweck des materiellrechtlichen Informationsanspruchs nach Insolvenzeröffnung in einem erheblichen Umfang nicht mehr erreicht werden können. Die umfassende Information, die § 51a GmbHG gewährleisten soll, soll den Gesellschafter in die Lage versetzen, seine Mitgliedschaftsrechte in der Gesellschafterversammlung verantwortungsbewusst und sachgerecht auszuüben und zugleich seine Individualinteressen, insbesondere die Sicherung des vermögensmäßigen Interesses am Wert seiner Beteiligung, zu wahren (vgl. BGHZ 135, 48 [juris Rn. 6]; BayObLG, Beschluss vom 15. Oktober 1999, 3Z BR 239/99, GmbHR 1999, 1296 [juris Rn. 9]; OLG München, Beschluss vom 11. Dezember 2007, 31 Wx 48/07, NJW-RR 2008, 423 [juris Rn. 11]; Klett in beckOGK, Stand: 15. Mai 2025, GmbHG § 51a Rn. 2, 12; auch BT-Drs. 8/1347, S. 44). Eine Einflussnahme der Gesellschafterversammlung auf die Geschäftsführung des Insolvenzverwalters ist aber nicht statthaft, da der Insolvenzverwalter als gerichtlich bestellter Verwalter (§ 56 InsO) seine Aufgaben objektiv und unparteiisch im Interesse aller Beteiligten zu wahren hat (vgl. BGH, Beschluss vom 23. November 2023, IX ZB 29/22, ZIP 2024, 460 Rn. 12; Graeber/Deppenkemper in Münchener Kommentar zur InsO, § 56 Rn. 35, 91). Eine Überwachung und Prüfung der geschäftsleitenden Tätigkeiten des Insolvenzverwalters findet nur nach Maßgabe der Insolvenzordnung (§ 58 Abs. 1 Satz 1, §§ 66, 156, 167, 168 InsO) statt, wodurch die den Gesellschaftern nach § 46 Nr. 6 GmbHG zugewiesene Kompetenz verdrängt wird (Thole in Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, 3. Aufl. 2020, Rn. 95). Auch setzt die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen gegen den Geschäftsführer entgegen § 46 Nr. 8 GmbHG keinen Gesellschafterbeschluss mehr voraus (vgl. auch BayObLG ZIP 2005, 1087 [juris Rn. 22 f.]).
56
Nach der Insolvenzeröffnung verbleibt somit nur noch ein eingeschränkter Anwendungsbereich für die Nutzung der Informationen (vgl.: Thole in Thole, Gesellschaftsrechtliche Maßnahmen in der Insolvenz, Rn. 93 ff.; Noack, ZIP 2002, 1873 [1874]; Gehrlein, ZInsO 2017, 1977 [1985-1987]).
57
Angesichts des – wenn auch schmalen – verbleibenden Anwendungsbereichs kann ein vollständig fehlendes Rechtsschutzbedürfnis aber nicht festgestellt werden. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, dass ein Gesellschafter, hier der Antragsteller, trotz Insolvenzeröffnung noch Möglichkeiten hat, mithilfe des Informationsrechts sein Individualinteresse hinsichtlich des Werts oder der Verwertung seiner Beteiligung an der Gesellschaft zu verfolgen. Für die Behauptung des Insolvenzverwalters, die Einsicht diene allenfalls noch dazu, das Vorgehen des Insolvenzverwalters zu kontrollieren, fehlt es an tragfähigen Anhaltspunkten. Deshalb kann dem Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis nicht mit Verweis auf fehlende Kontrollbefugnisse abgesprochen werden. Auch auf das weitere vom Insolvenzverwalter ins Feld geführten Argument, es gebe in der Insolvenzordnung keine Regelungen, die dem Insolvenzverwalter insolvenzspezifische Pflichten gegenüber den Gesellschaftern der Insolvenzschuldnerin auferlegten, kommt es deshalb nicht an. Grundsätzlich haben Rechtssuchende einen Anspruch darauf, dass die staatlichen Gerichte ihr Anliegen sachlich prüfen und darüber entscheiden (BGH NZG 2025, 575 Rn. 18).
58
Der gegenteiligen Ansicht des Insolvenzverwalters ist auch im Übrigen nicht zu folgen. Die Frage, ob für die Zwangsvollstreckung gegen den Insolvenzverwalter eine Klausel nach § 727 ZPO erforderlich ist und gegebenenfalls erteilt werden könnte oder wegen fehlender Anspruchsidentität zu versagen wäre, ist nicht bereits im Rahmen des Rechtsschutzbedürfnisses zu entscheiden, sondern betrifft die Frage der Begründetheit der sofortigen Beschwerde. Dasselbe gilt hinsichtlich des Einwands, die Zwangsvollstreckung aus dem Titel sei nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens deshalb unzulässig, weil sie im Widerspruch zur Regelungssystematik der Insolvenzordnung, namentlich der Einordnung von Ansprüchen der an der Schuldnerin beteiligten Personen in den letzten Rang, stehe.
59
Die Argumentation des Insolvenzverwalters ist auch insoweit nicht zutreffend, als er geltend macht, es bestehe kein Bedürfnis für einen Auskunfts- oder Einsichtsanspruch des Gesellschafters gemäß § 51a GmbHG, weil sich ein Informationsrecht der Gesellschafter bereits aus § 4 InsO i. V. m. § 299 Abs. 2 ZPO ergebe. Nach diesen Vorschriften kann einem Dritten – wie dem Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin – Einsicht in die bei Gericht geführte Insolvenzakte gewährt werden, wenn ein rechtliches Interesse an der Einsichtnahme dargetan und glaubhaft gemacht ist. Zu den Insolvenzakten gehören jedoch nicht die Geschäftsbücher der Insolvenzschuldnerin; auch eine Einsicht in die Akten des Insolvenzverwalters kann nicht nach § 4 InsO i. V. m. § 299 Abs. 2 ZPO bewilligt werden (vgl. BayObLG, Beschluss vom 2. September 2021, 101 VA 100/21, ZIP 2022, 233 [juris Rn. 41]). Das individuelle gesellschaftsrechtliche Informationsrecht steht selbständig neben sonstigen Informationsrechten, welche die Insolvenzordnung gewährt (dazu BayObLG, Beschluss vom 18. Juni 2024, 101 VA 178/23, ZInsO 2024, 545 [juris Rn. 23]; Beschluss vom 24. Oktober 2019, 1 VA 92/19, NZI 2020, 44 [juris Rn. 32]). Mit der Gewährung von Einsicht auf der Grundlage des § 51a GmbHG werden daher die Grundsätze und Beschränkungen des Akteneinsichtsrechts nach § 4 InsO i. V. m. § 299 Abs. 2 ZPO entgegen der Ansicht des Insolvenzverwalters nicht umgangen.
60
bb) Eine Unterbrechung des Vollstreckungsverfahrens liefe auf eine Rechtsverweigerung gegenüber dem Antragsteller hinaus, die mit dem grundgesetzlich verbürgten Anspruch auf wirkungsvollen Rechtsschutz nicht vereinbar wäre. Für diese Wertung kann nicht auf die Umstände des konkreten Einzelfalls, erst recht nicht auf die Erfolgsaussichten des vorliegenden Beschwerdeverfahrens abgestellt werden.
61
(1) Eine Unterbrechung gemäß § 240 Satz 1 ZPO endet nach dieser Vorschrift erst, wenn das Verfahren nach den für das Insolvenzverfahren geltenden Vorschriften aufgenommen wird oder das Insolvenzverfahren beendet ist. Danach richtet sich die Befugnis zur Aufnahme des Verfahrens allein nach den insolvenzrechtlichen Bestimmungen. Da die Insolvenzordnung dem aus dem erstrittenen Titel vollstreckenden Gesellschafter aber keine Möglichkeit eröffnet, das Vollstreckungsverfahren – wäre es unterbrochen – aufzunehmen und dadurch eine Entscheidung in der Sache oder auch nur über die Kostentragung nach Erledigung herbeizuführen, führte die Unterbrechungswirkung dazu, dass der Titelgläubiger an der Vollstreckung bis zum Abschluss des Insolvenzverfahrens gehindert wäre, ohne eine Klärung der inmitten stehenden Fragen herbeiführen zu können.
62
Der Antragsteller könnte das Verfahren nicht nach § 85 Abs. 2 InsO aufnehmen, weil es sich im Streitfall nicht um einen Aktivprozess im Sinn dieser Vorschrift handelt. Das Verfahren ist nach dem materiellen Inhalt des Begehrens nicht für die Insolvenzschuldnerin, sondern gegen sie anhängig. Indem sich die Gesellschaft bzw. der ihr Vermögen verwaltende Insolvenzverwalter gegen die Durchsetzung des Informationsanspruchs verteidigt, geht es um die Abwehr einer gegen die Insolvenzmasse gerichteten Zwangsvollstreckung und nicht – wie etwa im Fall einer Verteidigung gegen die Vollstreckungsabwehrklage eines Titelschuldners – darum, ein Recht zugunsten der späteren Teilungsmasse in Anspruch zu nehmen (dazu: BGH, Beschluss vom 10. Mai 2016, XI ZR 46/14, ZIP 2016, 1655 Rn. 10; Beschluss vom 14. August 2008, VII ZB 3/08, ZIP 2008, 1941 Rn. 14 m. w. N.; OLG Naumburg, Urt. v. 27. Februar 2023, 12 U 121/13 [Hs], NZI 2024, 61 [juris Rn. 15]; Mock in Uhlenbruck, InsO, § 85 Rn. 145 ff.).
63
Für Passivprozesse sieht § 86 InsO nur dann die Möglichkeit der Verfahrensaufnahme vor, wenn die Rechtsstreitigkeit einen Aussonderungsanspruch (§§ 47 f. InsO), ein Absonderungsrecht (§ 49 ff. InsO) oder eine Masseverbindlichkeit (§ 53 ff. InsO) betrifft. Keine dieser Voraussetzungen ist im Streitfall erfüllt.
64
(2) Auch der Anspruch des Vollstreckungsgläubigers auf wirkungsvolle Durchsetzung seines zivilrechtlichen Anspruchs im Vollstreckungsverfahren (vgl. BVerfG, Beschl. v. 27. April 1988, 1 BvR 549/87, NJW 1988, 3141 [juris Rn. 1]; BGH, Beschluss vom 15. Dezember 2005, I ZB 63/05, NJW 2006, 1290 Rn. 10; Seibel in Zöller, ZPO, Vorbemerkungen zu §§ 704-945b Rn. 2) liefe ins Leere.
65
Der Informationsanspruch des Gesellschafters gemäß § 51a GmbHG ist keine Insolvenzforderung im Sinn des § 38 InsO, weil er seiner Art nach nicht auf eine Teilnahme an der Insolvenzmasse durch Auszahlung einer Quote gerichtet ist. Er ist nicht gemäß §§ 45, 46 InsO in Geld bewertbar und kann nicht nach §§ 174 ff. InsO zur Insolvenztabelle angemeldet werden. Lediglich ein festgesetztes Zwangsgeld könnte nach den Vorschriften der Insolvenzordnung als nachrangige Insolvenzforderung verfolgt werden (§§ 87, 39 Abs. 1 Nr. 3 InsO; auch VG Ansbach, Urt. v. 4. August 2023, AN 1 K 22.02577, ZInsO 2024, 1661 [juris Rn. 27 f.]).
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Die insolvenzrechtlichen Regelungen zu Aussonderungs- oder Absonderungsrechten greifen nicht. Um Masseverbindlichkeiten geht es gleichfalls nicht.
67
(3) Eine Verfahrensaufnahme zur Verfolgung seines Kosteninteresses wäre dem Vollstreckungsgläubiger ebenfalls nicht möglich (dazu: BGH, Urt. v. 31. Juli 2025, I. ZR 127/24, juris Rn. 29 ff. – Griffleiste; OLG Naumburg, Beschluss vom 29. Oktober 2024, 2 W 17/24, FamRZ 2025, 962 [juris Rn. 17]).
68
(4) Entgegen der Ansicht des Insolvenzverwalters rechtfertigen weder die Regelungssystematik der Insolvenzordnung noch übergeordnete Ziele des Insolvenzverfahrens (vgl. § 1 InsO) das Vollstreckungsverbot, das somit Folge einer Verfahrensunterbrechung nach § 240 Satz 1 ZPO wäre.
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Ein Vollstreckungsverbot für die Dauer des Insolvenzverfahrens, das sich nach Ansicht des Insolvenzverwalters aus der Regelungssystematik der Insolvenzordnung ergibt, hätte nicht die Unterbrechung des Verfahrens, sondern wegen des Vorrangs der insolvenzrechtlichen Regelungen die Unbegründetheit der sofortigen Beschwerde zur Folge. Soweit Vollstreckungsmaßnahmen nach den Vorschriften der Insolvenzordnung unzulässig werden, ist für die Anwendung von § 240 ZPO daneben kein Raum (BGH, Beschluss vom 28. März 2007, VII ZB 25/05, BGHZ 172, 16 Rn. 10).
70
Die streitgegenständliche Gewährung von Einsicht berührt weder den insolvenzrechtlichen Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger noch Regelungen insbesondere zum Erhalt des Unternehmens.
71
(5) Auch die Interessen der Beteiligten erfordern nicht zwingend eine Unterbrechung des Verfahrens, die unabhängig von ihrem Willen eintritt.
72
Zwar bewirkt die Insolvenzeröffnung auf der Passivseite des Verfahrens einen Wechsel in der Parteistellung, die der Senat mit dem Beschluss vom 22. Mai 2025 ausgesprochen hat. Außerdem erfordert die Komplexität der Thematik ausreichende Zeit, damit sich die Beteiligten auf die infolge der Insolvenz der Schuldnerin geänderte Situation einstellen können. Diesen Gesichtspunkten kann aber mit der Verfahrensgestaltung, insbesondere durch die Gewährung ausreichend bemessener Erklärungsfristen, Rechnung getragen werden.
73
Dieses Ergebnis fügt sich in die höchstrichterliche Rechtsprechung ein, wonach keine Unterbrechung in vermögensmäßig neutralen Streitigkeiten eintritt (vgl. BGH, Urt. v. 19. Juli 2011, II ZR 146/09, BGHZ 190, 291 Rn. 9; ZIP 2010, 901 Rn. 19 – Oracle [zum Anspruch auf Drittauskunft]). Zwar betrifft der Streitgegenstand des Verfahrens einen Bestandteil der Insolvenzmasse. Die Erfüllung des Anspruchs erweist sich jedoch aufgrund seiner Eigenart als masseneutral.
74
3. Die sofortige Beschwerde bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg. Da das Verfahren nicht unterbrochen und die Hauptsache entscheidungsreif ist, kann in der Sache durch Zurückweisung des Rechtsmittels entschieden werden.
75
a) Von einem Zwischenbeschluss in entsprechender Anwendung des § 303 ZPO sieht der Senat ab.
76
§ 303 ZPO findet auf das vorliegende Verfahren entsprechende Anwendung. Wie ausgeführt richtet sich die Vollstreckung, obwohl der Senat als Gericht der freiwilligen Gerichtsbarkeit entscheidet, nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung.
77
Gemäß § 303 ZPO kann ein Streit der Prozessparteien über die Frage, ob die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen einer Partei eine Unterbrechung des Verfahrens bewirkt hat, durch Zwischenurteil entschieden werden. Ist in der Hauptsache durch Beschluss zu entscheiden, ergeht eine Entscheidung entsprechend § 303 ZPO ebenfalls durch Beschluss (BGH, Beschluss vom 31. Januar 2019, I ZB 114/17, WM 2019, 773 Rn. 8 – Kaffeekapsel I; Beschluss vom 31. Oktober 2012, III ZR 204/12, BGHZ 195, 233 Rn. 5). Die Entscheidung darüber, ob von der Möglichkeit eines Zwischenentscheids Gebrauch gemacht wird, steht im Ermessen des Gerichts (Feskorn in Zöller, ZPO, § 303 Rn. 9).
78
Unter den Beteiligten ist die Frage, ob das Verfahren entsprechend § 240 ZPO unterbrochen ist, streitig. Mit Beschluss vom 17. März 2025 sind die Beteiligten darauf hingewiesen worden, dass der Senat der Insolvenzeröffnung keine verfahrensunterbrechende Wirkung beimisst. Während der Insolvenzverwalter dieser Ansicht entgegengetreten ist, hat der Antragsteller dem Senatshinweis zugestimmt.
79
Eine Zwischenentscheidung entsprechend § 303 ZPO ist aber nicht veranlasst. Die Beteiligten sind auf die maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Gesichtspunkte, auch soweit sie die Begründetheit des Rechtsbehelfs betreffen, bereits am 17. März 2025 hingewiesen worden. Sie haben ausreichend Gelegenheit erhalten, dazu Stellung zu nehmen und ihr Verhalten an diesen Hinweisen auszurichten. Da die Sache entscheidungsreif ist, besteht kein Anlass für lediglich einen Zwischenentscheid entsprechend § 303 ZPO.
80
b) In der Sache kann der sofortigen Beschwerde nicht stattgegeben werden.
81
aa) Allerdings ist entgegen der Ansicht des Insolvenzverwalters die Zwangsvollstreckung nicht bereits deshalb unzulässig, weil sie dem Antragsteller in seiner Eigenschaft als Gesellschafter der Insolvenzschuldnerin aufgrund der Nach-Nachrangstellung der an der Schuldnerin beteiligten Personen gemäß § 199 Satz 2 InsO verwehrt sei.
82
(1) Die insolvenzrechtlichen Vollstreckungsvorschriften und -verbote in §§ 88, 89 InsO finden auf den streitgegenständlichen Titel keine Anwendung.
83
Das titulierte Informationsrecht aus § 51a GmbHG hat gerade nicht die Funktion eines Hilfsanspruchs zu einer Hauptforderung, die ihrerseits eine Insolvenzforderung wäre; darin unterscheidet es sich von der – ebenfalls auf Informationsgewinnung gerichteten – Abnahme der eidesstattlichen Versicherung nach §§ 807, 899 ff. ZPO (dazu: BGH, Beschluss vom 24. Mai 2012, IX ZB 275/10, ZIP 2012, 1311 Rn. 11 ff.). Dass der Antragsteller daran interessiert ist, Informationen über etwaige Geschäftsführerhaftungsansprüche aus § 43 Abs. 2 GmbHG zu erlangen, wie der Insolvenzverwalter geltend macht, ändert nichts an dem selbständigen Charakter des titulierten Anspruchs. Unabhängig von der insolvenzrechtlichen Einordnung eines solchen Ersatzanspruchs teilt der Informationsanspruch dessen rechtliches Schicksal nicht.
84
(2) Auch im Übrigen ergibt sich aus der Insolvenzordnung, sei es ausdrücklich oder aufgrund der Nach-Nachrangstellung von Ansprüchen der Anteilsinhaber, kein Verbot der Zwangsvollstreckung von Ansprüchen der gegenständlichen Art.
85
Entgegen der Argumentation des Insolvenzverwalters kann aus dem Umstand, dass Insolvenzgläubiger an einer Vollstreckung ihrer im Rang der §§ 38, 39 InsO stehenden und bereits titulierten Insolvenzforderungen gemäß §§ 88, 89 InsO gehindert sind, nicht geschlussfolgert werden, dass der titulierte Informationsanspruch erst recht nicht vollstreckt werden könne, weil für die gemäß § 199 Satz 2 InsO im letzten Befriedigungsrang stehenden Anteilsinhaber einer insolventen Gesellschaft – aufgrund Erst-Recht-Schlusses – ein Vollstreckungsverbot gelte, obgleich die Insolvenzordnung ein solches nicht ausdrücklich formuliere.
86
Der Informationsanspruch ist zwar Ausfluss der mitgliedschaftlichen Sonderrechtsbeziehung des Gesellschafters zur insolventen Gesellschaft. Jedoch geht der Anspruch nur auf Information; er betrifft daher nicht die Teilhabe am Gesellschaftsvermögen. Die Rangfrage ist deshalb ebenso wenig betroffen wie der insolvenzrechtliche Grundsatz der gleichmäßigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger. Darin unterscheidet sich der Streitfall in einem entscheidenden Punkt von der Vollstreckung eines zugunsten des Gesellschafters ergangenen Titels, der auf die Auszahlung fälliger Dividenden lautet. Dieses vom Insolvenzverwalter zur Illustration gebildete Beispiel dafür, dass eine Vollstreckung nach Insolvenzeröffnung erst recht den Anteilsinhabern verboten sei, greift daher nicht.
87
Der Gesetzgeber verweist Beteiligungen am Risikokapital in der Gesellschaftsinsolvenz in den Nach-Nachrang des § 199 Satz 2 InsO. Danach sind Forderungen, die gesellschaftsrechtlichen haftungs- oder kapitalerhaltungsrechtlichen Bindungen unterliegen, derart als nachrangig einzustufen, dass eine Befriedigungsmöglichkeit lediglich im Rang nach den nachrangigen Forderungen des § 39 Abs. 1 InsO zuerkannt werden kann. Mit diesen Forderungen ist der Gesellschafter daher auf die Verteilung eines eventuellen Überschusses bei der Schlussverteilung gemäß § 199 InsO zu verweisen (BGH, Urt. v. 28. Januar 2020, II ZR 10/19, BGHZ 224, 234 Rn. 25 ff.; auch Urt. v. 30. März 2023, IX ZR 121/22, NZI 2023, 543 Rn. 42).
88
Das Recht auf Einsicht ist jedoch keine Forderung, welche die Verteilung der Masse beträfe. Der Antragsteller begehrt nicht die Herausgabe der Geschäftsbücher an sich, sondern lediglich Einsicht in die Bücher. Eine Einsichtnahme entzieht die Geschäftsbücher nicht der Masse. Mit der Gewährung von Einsicht werden auch keine Forderungen gegen das Gesellschaftsvermögen aus der Masse bedient. Die Bücher stehen vielmehr unverändert zur Verwertung des Unternehmens oder für Zwecke seiner Fortführung zur Verfügung. Die Masse und damit das haftende Kapital bleiben somit unverändert zur vorrangigen Befriedigung der Insolvenzgläubiger erhalten.
89
bb) Das Rechtsmittel bleibt aber ohne Erfolg, weil das Landgericht im Ergebnis richtig entschieden hat und die sofortige Beschwerde sowohl insoweit, als mit ihr der Antrag auf die unter (a) bis (e) titulierten Verpflichtungen ausgeweitet worden ist, als auch insoweit, als hinsichtlich der unter (f) und (g) titulierten Verpflichtungen Annahmebereitschaft erklärt worden ist, unbegründet ist.
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(1) Das Landgericht hat im Ergebnis zu Recht dem Vollstreckungsantrag des Antragstellers nicht stattgegeben.
91
(a) Zutreffend hat das Landgericht ausgeführt, dass der Vollstreckungsgläubiger aus Gründen der Verhältnismäßigkeit nicht auf einer Gewährung von Einsicht in die schriftlichen Unterlagen in den Geschäftsräumen der Gesellschaft beharren kann, wenn die Gesellschaft nicht mehr im Besitz von Unterlagen in Papierform ist und dem Gläubiger zum Zweck der Einsichtsgewährung den Zugriff auf die in einer Cloud virtuell gespeicherten Unterlagen der Gesellschaft anbietet.
92
In Übereinstimmung mit dem Landgericht ist der Senat davon überzeugt, dass die Schuldnerin im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung nicht mehr im Besitz schriftlicher Geschäftsunterlagen war. Nach dem Akteninhalt ist vielmehr davon auszugehen, dass sämtliche Unterlagen, die Gegenstand der Entscheidung vom 8. März 2023 sind, bei einer Durchsuchung der Geschäftsräume der Schuldnerin von der Staatsanwaltschaft in dem aufgrund einer Strafanzeige des Antragstellers eingeleiteten Ermittlungsverfahren am 22. Juni 2023 beschlagnahmt worden sind. Anhaltspunkte für die Annahme, dass sich an der Verwahrung zwischenzeitlich etwas geändert haben könnte, gibt es nach dem Vorbringen der Beteiligten nicht.
93
Da der Informationsanspruch im Zeitalter der Digitalisierung ebenso (gegebenenfalls sogar nur) durch die Gewährung von Einsicht in die zur Aufbewahrung in einer Cloud digital abgelegten Unterlagen erfüllt werden kann, dürfen Gesellschafter auf eine entsprechende Einsichtnahme verwiesen werden, sofern nicht ein sachlicher Grund zur Einsichtnahme in die Originalbelege gegeben ist (Schindler in BeckOK GmbHG, 64. Edition Stand: 1. November 2024, § 51a Rn. 28). In der vorliegenden Konstellation, in der die Schuldnerin nicht mehr im Besitz schriftlicher Unterlagen ist, durfte sie zur Erfüllung ihrer Pflicht die Einsicht in elektronische Kopien anbieten.
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Das Misstrauen des Antragstellers hinsichtlich der Vollständigkeit der digitalen Unterlagen berechtigt ihn nicht dazu, von der Schuldnerin zu verlangen, dass sie ihren Steuerberater dazu anweist, sämtliche Bücher und Schriften der Gesellschaft, über die er verfügt, dem Antragsteller zur Verfügung zu stellen. Der Titel spricht lediglich die Verpflichtung der Gesellschaft zur Gewährung von Einsicht aus. Eine spezifische Art und Weise der Einsichtsgewährung ist dem Antragsteller im Titel – mit Ausnahme der Regelung in Buchstabe (h), welche die Zwischenschaltung eines Wirtschaftsprüfers vorsieht – nicht zugesprochen worden. Der Antragsteller kann daher nicht verlangen, dass der Steuerberater – auf Anweisung der Gesellschaft – die ihm vorliegenden Bücher und Schriften der Gesellschaft zur Einsichtnahme zur Verfügung stellt. Entsprechendes gilt hinsichtlich der Forderung des Antragstellers, dass der IT-Dienstleister der Schuldnerin sämtliche bei ihm für die Gesellschaft gespeicherten und gehosteten Unterlagen „etc.“ zur Verfügung stelle. Vielmehr hat das Vollstreckungsgericht bei der Entscheidung über den Zwangsmittelantrag durch Auslegung des Titels zu ermitteln, welche Verhaltensweisen dieser umfasst. Die Auslegung hat vom Tenor der zu vollstreckenden Entscheidung auszugehen; erforderlichenfalls sind ergänzend die Entscheidungsgründe und unter bestimmten Voraussetzungen auch die Antrags- oder Klagebegründung und der Parteivortrag heranzuziehen (vgl. BGH, Beschluss vom 7. November 2024, I ZB 31/24, WM 2025, 42 Rn. 22; BayObLG NZG 2021, 1591 Rn. 37 ff.; Beschluss vom 22. April 2021, 101 ZBR 109/20, GmbHR 2021, 823 [juris Rn. 67 ff.]). Die Auslegung führt dazu, dass der Schuldnerin alle Möglichkeiten der Einsichtsgewährung offengehalten sind, die im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz stehen. Denn es ist anerkannt, dass das Gebot der Verhältnismäßigkeit bei der Ausübung des Informationsrechts zu beachten ist (vgl. K. Schmidt in Scholz, GmbHG, 13. Aufl. 2024, § 51a Rn. 36). Der titulierte Informationsanspruch wird von der Gesellschaft durch Gewährung von Einsicht erfüllt, wenn die zugänglich gemachten Unterlagen die im Titel nach Kategorien geordneten Geschäftsunterlagen umfassen und nach dem erklärten Willen der Gesellschaft die Information im geschuldeten Gesamtumfang darstellen, es sei denn, die Angaben sind nicht ernst gemeint, ersichtlich unvollständig oder von vornherein unglaubhaft (vgl. zum Auskunftsanspruch nach § 132 AktG: BayObLG, Beschluss vom 20. September 2021, 101 ZBR 134/20, ZIP 2021, 2328 [juris Rn. 37 ff.] – Frage 14; allgemein zum Auskunftsanspruch: BGH, Urt. v. 15. Juni 2021, VI ZR 576/19, NJW 2021, 2726 Rn. 19; zu § 51a GmbHG auch BayObLG DGVZ 2022, 133 [juris Rn. 61 f.]).
95
Einen geeigneten Modus für die Gewährung von Einsicht hatte die Schuldnerin angeboten. Sie hatte darauf hingewiesen, dass sich ihre sämtlichen Geschäftsunterlagen (mit Ausnahme der gesondert gespeicherten E-Mails) digital in einem virtuellen Ordner, dem persönlichen Cloudspeicher Microsoft OneDrive, befänden. Die Gewährung von Einsicht war ihr demnach weder infolge der Beschlagnahme unmöglich geworden noch lediglich unter Mitwirkung des Steuerberaters möglich (zu Ersterem: OLG Rostock, Beschluss vom 12. Oktober 2005, 6 W 53/05, juris Rn. 27; zu Letzterem: BayObLG, Beschluss vom 17. Dezember 1974, BReg 2 Z 58/74, BayObLGZ 1974, 484). Im Hinblick darauf hatte sie auch keine Veranlassung, ihren Steuerberater um eine Überlassung der ihm vorliegenden Geschäftsunterlagen zu ersuchen, um sie sodann dem Antragsteller zur Einsicht vorzulegen. Zudem hatte sich die Schuldnerin nicht geweigert, ihren Steuerberater von der Verschwiegenheit zu entpflichten und dem Wunsch des Antragstellers entsprechend anzuweisen. Sie hatte lediglich ihr Interesse daran ins Feld geführt, nicht mit den Kosten für die Tätigkeit des Steuerberaters belastet zu werden. Somit war die Schuldnerin sogar bereit, dem Antragsteller auf dessen Kosten die Kontrolle zu ermöglichen, die er wünschte, die aber nicht Gegenstand der Titulierung ist. Unabhängig davon, ob der Antragsteller aufgrund objektiver Umstände berechtigten Anlass zu Misstrauen hatte, durfte er den Inhalt des virtuellen Speichers nicht als „von vornherein unglaubhaft“ werten, ohne die Einsicht wahrgenommen und daraus Gründe für eine solche Beurteilung gewonnen zu haben. Einen Anspruch auf eine eidesstattliche Versicherung der Vollständigkeit kann er im vorliegenden Verfahren nicht verfolgen.
96
Das Beschlagnahmeprotokoll der Staatsanwaltschaft und die erst danach angefallenen Geschäftsunterlagen sind entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht vom Titel umfasst. Auf die Ausführungen unter 2. c) aa) (1) wird zur Begründung verwiesen. Eine Unvollständigkeit der digitalen Unterlagen kann deshalb nicht mit dem Hinweis auf die zeitliche Zäsur der Beschlagnahme angenommen werden.
97
Dem Antragsteller war für die Einsicht in die digitalen Kopien nicht der Zutritt zu den Geschäftsräumen der Schuldnerin zu ermöglichen. Er kann bereits nach dem Titel nicht verlangen, Einsicht in den Geschäftsräumen der Gesellschaft zu erhalten. Der Tenor der Entscheidung vom 8. März 2023 enthält zwar keine Regelungen zu den örtlichen Bedingungen der zu gewährenden Einsichtnahme. Somit würde nach allgemeinen Grundsätzen die Erfüllung durch Gewährung von Einsicht in den Geschäftsräumen der Gesellschaft erfolgen (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 1. Dezember 2020, 21 W 137/20, ZIP 2021, 249 [juris Rn. 13]; Noack in Noack/Servatius/Haas, GmbHG, 24. Aufl. 2025, § 51a Rn. 24; K. Schmidt in Scholz, GmbHG, § 51a Rn. 26; Hillmann in Münchener Kommentar zum GmbHG, § 51a Rn. 55). Jedoch hatte die Schuldnerin bereits im Erkenntnisverfahren eine Einsichtsgewährung in den Geschäftsräumen vor dem Hintergrund des zerstrittenen Verhältnisses unter den Gesellschaftern als unzumutbar abgelehnt mit der Begründung, dass sich die Räume in der Privatwohnung der Familie des Geschäftsführers und Gesellschafters Dr. … befänden. Zwar war der Antragsteller der Meinung, dass die vorgetragenen Umstände keine Unzumutbarkeit begründeten. Indem das Landgericht hierzu keine Entscheidung getroffen, sondern die konkrete Art und Weise der Einsichtsgewährung ungeregelt gelassen hat, ist der Tenor jedoch so zu verstehen, dass der Schuldnerin mit Rücksicht auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz die Möglichkeit zur Einsichtsgewährung außerhalb ihrer Geschäftsräume offengehalten ist. Hinzu kommt, dass das Interesse des Antragstellers daran, gerade in den Geschäftsräumen Einsicht zu nehmen, darin begründet ist, die Geschäftsräume zu sehen, für die die Gesellschaft laut Gewinn- und Verlustrechnung sogenannte Raumkosten getragen hat. Der Titel berechtigt ihn jedoch nicht zur Besichtigung von Räumen, sondern zur Einsicht in die Geschäftsunterlagen der Gesellschaft.
98
Auf den vom Landgericht angesprochenen Erfüllungsort für Leistungen im Rahmen von Verträgen über die Nutzung dezentral betriebener Onlinedienste (Beurskens in beckOGK, Stand: 1. Mai 2025, BGB § 269 Rn. 47) kommt es ohnehin nicht an.
99
(b) Zwar hat das Landgericht zu Unrecht gemeint, es genüge, wenn die Schuldnerin dem Verfahrensbevollmächtigten des Gläubigers Zugriff auf den Speicherort gewähre. Auch teilt der Senat nicht die im Nichtabhilfebeschluss geäußerte Ansicht, dass die Gewährung von Einsicht an den Prozessbevollmächtigten deshalb genüge, weil dessen Vollmacht die Vertretung im Vollstreckungsverfahren einschließe und der Verfahrensbevollmächtigte als Rechtsanwalt zur Berufsverschwiegenheit verpflichtet sei. Im Ergebnis erweist sich die Entscheidung des Landgerichts jedoch als richtig.
100
Aus dem Vollstreckungstitel ist der Antragsteller, nicht dessen anwaltlicher Vertreter berechtigt. Zwar ist das individuelle Informationsrecht aus § 51a GmbHG kein höchstpersönliches Recht des Gesellschafters. Nach überwiegender Auffassung ist ein Gesellschafter vielmehr berechtigt, Bevollmächtigte und Dritte hinzuziehen, sofern die Geheimhaltung in deren Person, insbesondere aufgrund ihrer Verpflichtung zur Berufsverschwiegenheit, hinreichend gewährleistet ist (vgl. BayObLG GmbHR 2021, 823 [juris Rn. 82]; Schindler in BeckOK GmbHG, § 51a Rn. 15). Eine Verpflichtung des Gesellschafters, eine solche Person bei der Ausübung des Einsichtsrechts hinzuziehen, besteht aber nur im Fall einer entsprechenden Tenorierung, die das Landgericht – die E-Mail-Konten in Buchtstabe (h) ausgenommen – nicht ausgesprochen hat. Zudem kann einem Rechtsanwalt, der den Gläubiger im gerichtlichen Zwangsvollstreckungsverfahren vertritt, nicht gegen seinen Willen aufgezwungen werden, die Einsicht anstelle des vertretenen Gläubigers zu nehmen und die daraus gewonnenen Informationen an den Gläubiger weiterzuleiten. Aus einer Prozessvollmacht, die ihn zur Vertretung des Gläubigers im Vollstreckungsverfahren berechtigt, lässt sich keine Bestellung des Anwalts zur Durchführung der Einsichtnahme herleiten. Nach § 81 ZPO ermächtigt die Prozessvollmacht im Außenverhältnis zu allen den Rechtsstreit betreffenden Prozesserklärungen, einschließlich derjenigen, die durch die Zwangsvollstreckung veranlasst werden. Um Prozesshandlungen geht es bei der Vornahme der Einsicht in Geschäftsunterlagen nicht.
101
Im Ergebnis ist die Entscheidung des Landgerichts dennoch richtig.
102
Das Einsichtsrecht kann auch virtuell gewährt werden (Klett in beckOGK, GmbHG § 51a Rn. 151; Schindler in BeckOK GmbHG, § 51a Rn. 28; Römermann in Michalski/Heidinger/Leible/J. Schmidt, GmbHG, 4. Aufl. 2023, § 51a Rn. 169). Einer Verhängung von Zwangsgeld zum Zweck der zwangsweisen Durchsetzung des in Buchstaben (f) und (g) titulierten Anspruchs bedurfte es nicht, da die Schuldnerin einen solchen erfüllungstauglichen Vorschlag unterbreitete, der Antragsteller jedoch nur „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ die Bereitschaft erklärte, sich darauf einzulassen.
103
Eine Einigung über die Modalitäten der Einsichtnahme hatten die Beteiligten trotz diverser Bemühungen nicht gefunden. Mit Schriftsatz vom 10. April 2024 hatte die Schuldnerin dem Gläubiger schließlich als Lösung anheimgestellt, dass dessen Verfahrensbevollmächtigter einen zeitlich beschränkten direkten Zugang auf den OneDrive-Ordner der Gesellschaft mit sämtlichen Geschäftsunterlagen erhalte, wobei dieser Zugriff online und damit ortsunabhängig erfolgen solle.
104
Für die Annahme, dass zwar dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers, nicht aber diesem selbst der Zugriff ermöglicht werden solle, fehlt es an Anhaltspunkten. Der Wortlaut allein ist nicht maßgeblich. Im Vollstreckungsverfahren hatte die Schuldnerin von Anfang an die Ansicht vertreten, dass die Einsicht – mit Ausnahme von Buchstabe (h) des Titels – dem Antragsteller unmittelbar zu gewähren sei. Sie hatte sich deshalb gegen das Titelverständnis des Antragstellers zur Wehr gesetzt, der ausweislich seines Antrags vom 30. November 2023 meinte, die Mitwirkung des Wirtschaftsprüfers Costa auf Kosten der Gesellschaft zur Vollstreckung nicht nur von Buchstabe (h), sondern auch der Buchstaben (f) und (g) des Titels in Anspruch nehmen zu dürfen. Ihr Angebot, dem anwaltlichen Vertreter des Antragstellers den Zugang zu ermöglichen, kann deshalb nicht dahingehend verstanden werden, dass sie die Einsicht plötzlich nur noch dem zur Verschwiegenheit verpflichteten Anwalt ermöglichen wolle. Vielmehr ist dem Anwalt das Angebot als Vertreter des Antragstellers unterbreitet worden. Diesbezügliche Unklarheiten hätten ohne Weiteres durch Nachfrage ausgeräumt werden können. Stattdessen hat der Antragsteller die Vollständigkeit der virtuell abgelegten Dokumente bestritten und geltend gemacht, dass der Steuerberater nach dem Grundsatz „keine Buchung ohne Beleg“ über „die Eingangs- und Buchhaltungsunterlagen verfügen [müsse], ggfs. auch in Papierform“, zu Unrecht gemeint, dass sich die Einsichtnahme „natürlich“ auch auf die Unterlagen erstrecke, die zeitlich nach der Beschlagnahme der Staatsanwaltschaft angefallen seien, und angeregt, die Einsicht über den Steuerberater zu gewähren. Zwar hat er daneben gemeint, zunächst könne gemäß dem unterbreiteten Vorschlag verfahren werden, mit der Maßgabe, dass der Zugang nicht seinem anwaltlichen Vertreter, sondern unmittelbar ihm selbst ermöglicht werde. Jedoch solle sich die Schuldnerin darüber hinaus verpflichten, den Steuerberater anzuweisen, dem Gläubiger sämtliche Bücher und Schriften der Gesellschaft, über die er verfüge, zur Verfügung zu stellen, entweder digital oder in Papierform. Dazu aber ist die Schuldnerin nach dem Titel nicht verpflichtet. Darauf hat sie sich berufen. Sie hat zugleich geltend gemacht, dass „dem Kläger“ mehrfach angeboten worden sei, vollumfänglich Einsicht in die Geschäftsunterlagen zu erhalten, indem ihm Zugriff auf den einzigen Speicherort für die Gesellschaftsunterlagen gewährt werde; „der Kläger“ habe die „ihm gebotene“ Möglichkeit jedoch nicht genutzt, sondern behaupte nunmehr die Unvollständigkeit der digitalen Unterlagen. Etwaige Unklarheiten darüber, ob dem Gläubiger oder nur dessen anwaltlichem Vertreter die Einsicht angeboten werde, sind damit ausgeräumt. Der Antragsteller wiederum hat dazu lediglich gemeint, das Angebot diene nur der Verzögerung. „Ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ würde er, der Antragsteller, die angebotene Einsicht wahrnehmen, da dies nicht zu einem Verbrauch seines Einsichtsrechts führe.
105
Aus dieser Korrespondenz ergibt sich, dass die Schuldnerin ihr wörtliches Angebot (§ 295 Satz 1 BGB) „dem Kläger“, also dem Antragsteller, unterbreitet hat. Der Antragsteller hat sich auf dieses Angebot aber nicht eingelassen. Er war nur „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ bereit, von dem Angebot Gebrauch zu machen. Annahme aber ist die Entgegennahme der Leistung als Erfüllung. Ist der Gläubiger zwar bereit, die Leistung entgegenzunehmen, erklärt aber gleichzeitig, es handele sich nicht um die geschuldete Leistung oder die Leistung sei mangelhaft, und überlässt der Schuldner ihm daraufhin die Leistung nicht, gerät der Gläubiger in Annahmeverzug gemäß § 293 BGB, es sei denn, die angebotene Leistung entspricht tatsächlich nicht der geschuldeten oder ist mangelhaft. Kein Annahmeverzug tritt in einem solchen Fall nur dann ein, wenn der Gläubiger die Leistung trotz der gemachten Vorbehalte in Empfang nimmt (vgl. Feldmann in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2025, § 293 Rn. 14). Dies gilt unabhängig davon, ob die rechtsirrige Annahme des Gläubigers, der Schuldner biete die Leistung nicht wie geschuldet an, auf Verschulden beruht (vgl. BGH, Beschluss vom 22. Juli 2010, VII ZR 117/08, NJW-RR 2011, 21 [juris Rn. 10]; Feldmann in Staudinger, BGB, § 293 Rn. 17). Daher kommt es entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht darauf an, dass er das wörtlich unterbreitete Angebot nicht ausdrücklich „abgelehnt“ hat. Mit seiner Äußerung ist er nach §§ 293, 295 Satz 1 Alt. 1 BGB in Annahmeverzug geraten. Der Verhängung eines Zwangsgelds bedarf es zur Durchsetzung eines titulierten Anspruchs nicht, wenn der Gläubiger die ihm ordnungsgemäß angebotene Leistung nur „ohne Anerkennung einer Rechtspflicht“ anzunehmen bereit ist.
106
Das Verhalten der Schuldnerin lässt entgegen der Ansicht des Antragstellers nicht den Schluss zu, dass das Angebot nur der Verzögerung gedient habe und die Schuldnerin an der Gewährung von Einsicht in Wahrheit nicht interessiert gewesen sei. Sie hat ihr wörtliches Angebot lediglich bis zum Abschluss der ersten Instanz angesichts der Einlassung des Antragstellers nicht umgesetzt. Auch im Rückblick zeigt sich die Leistungsbereitschaft der Schuldnerin darin, dass sie dem Antragsteller während des Beschwerdeverfahrens auf dessen nunmehr klare, den Annahmeverzug beendende Einlassung, er wünsche die Einsicht (in die digitalen Daten), noch kurz vor der Insolvenzeröffnung und einem damit drohenden Verlust der eigenen Zugriffsmöglichkeit einen Speicherstick mit den aufgespielten Daten übersandt hat.
107
(c) Hinsichtlich der Teil-Erledigung hat das Landgericht zutreffend lediglich eine Kostenentscheidung nach § 91a Abs. 1 Satz 1 ZPO getroffen.
108
Das Vollstreckungsverfahren nach § 888 ZPO ist ein selbständiges Nebenverfahren, in dem kontradiktorische Entscheidungen durch das Gericht ergehen. Wird in einem solchen Verfahren von den gegensätzlich Beteiligten die Hauptsache (ganz oder teilweise) übereinstimmend für erledigt erklärt, ist über die Kosten des Vollstreckungsverfahrens insoweit nach § 91a Abs. 1 ZPO zu entscheiden (BayObLG, Beschluss vom 25. März 1996, 3Z BR 50/96, ZIP 1996, 1039 [juris Rn. 7]).
109
Nur insoweit, als bereits im Titel konkrete Vorgaben zu Buchstabe (h) gemacht waren, war die Einsichtnahme unter Einschaltung des Wirtschaftsprüfers Costa bereits vor Beginn des Vollstreckungsverfahrens vollzogen worden und hatte eine weitere Einsicht in E-Mail-Konten in der Zeit zwischen dem 15. März und dem 6. Mai 2024 stattgefunden.
110
In Bezug auf diesen Teil des Titels lagen übereinstimmende Teil-Erledigungserklärungen der Parteien vor. Daran änderte sich nichts dadurch, dass der Antragsteller seine Erklärung nachträglich in Zweifel gezogen hat. Eine Erledigungserklärung ist grundsätzlich frei widerruflich, allerdings nur, solange sich die Gegenseite ihr nicht angeschlossen und das Gericht noch keine Entscheidung über die Erledigung der Hauptsache getroffen hat. Denn eine Prozesserklärung ist – vorbehaltlich einer abweichenden Regelung wie etwa in § 269 Abs. 1 ZPO – nach der Dispositionsmaxime frei rücknehmbar, wenn sie noch keine unmittelbar prozessgestaltende Wirkung hatte, die angestrebte gerichtliche Entscheidung noch nicht ergangen ist und durch sie auch keine geschützte Position der Gegenseite entstanden ist (BGH, Beschluss vom 25. März 2020, XII ZR 29/19, NJW-RR 2020, 761 Rn. 4; Urt. v. 7. Juni 2001, I ZR 157/98, NJW 2002, 442 [juris Rn. 19]; Muthorst in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2016, § 91a Rn. 22).
111
Im vorliegenden Verfahren hatte die Antragsgegnerin der Erklärung des Antragstellers über die Teil-Erledigung bereits zugestimmt, als der Antragsteller das Gericht darum bat, die teilerledigende Wirkung der genommenen Einsicht nochmals zu prüfen.
112
(2) Die sofortige Beschwerde ist insgesamt unbegründet, weil die Festsetzung eines Zwangsgelds nach Beendigung des Gläubigerverzugs hinsichtlich der unter Buchstaben (f) und (g) titulierten Verpflichtungen wegen Erfüllung nicht mehr in Betracht kommt. Dasselbe gilt hinsichtlich derjenigen Verpflichtungen, die unter Buchstaben (a) bis (e) tituliert und noch nicht Gegenstand des erstinstanzlichen Verfahrens gewesen sind. Hinsichtlich Buchstabe (h) ist der Rechtsstreit – wie ausgeführt – in erster Instanz wirksam übereinstimmend für erledigt erklärt worden. Insoweit hat der Rechtsstreit in der Hauptsache seine Erledigung gefunden und ist beendet (vgl. auch BGH, Beschluss vom 21. Januar 2025, XI ZB 26/23, BKR 2025, 376 Rn. 14).
113
(a) Für die Entscheidung kommt es nicht darauf an, dass der Antragsteller keine qualifizierte Klausel gegen den Insolvenzverwalter erwirkt hat. Offenbleiben kann auch, ob eine qualifizierte Klausel auf Antrag erteilt werden könnte oder – wie der Insolvenzverwalter unter Verweis auf die Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 10. Januar 2008 (15 W 343/07, ZIP 2008, 899) meint – deshalb zu verweigern wäre, weil durch den Wechsel in der Person des Schuldners der titulierten Verpflichtung die Anspruchsidentität nicht mehr gewahrt sei.
114
Zwar darf die Zwangsvollstreckung nur gegen denjenigen betrieben werden, der in dem Vollstreckungstitel oder in der Vollstreckungsklausel als Vollstreckungsschuldner namentlich bezeichnet ist, § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO (vgl. BGH, Beschluss vom 16. Mai 2019, V ZB 117/18, NZG 2019, 1274 Rn. 9; Beschluss vom 26. März 2014, V ZB 140/13, NJW 2014, 1740 Rn. 10). Insolvenzverwalter sind, wenn gegen sie vollstreckt werden soll, im Sinn des § 727 ZPO als Rechtsnachfolger anzusehen, soweit der Anspruch das ihrer Verwaltung unterliegende Vermögen betrifft (BGH, Beschluss vom 2. Februar 2017, I ZR 146/16, ZInsO 2017, 596 Rn. 5; Seibel in Zöller, ZPO, § 727 Rn. 18; auch OLG Hamm, Beschluss vom 10. Januar 2008, 15 W 343/07, ZIP 2008, 899 [juris Rn. 8]; überholt: OLG Düsseldorf, Beschluss vom 30. April 1980, 9 W 42/80, OLGZ 1980, 484).
115
Jedoch kann gegen den Insolvenzverwalter wegen der titulierten Ansprüche bereits deshalb nicht mehr vollstreckt werden, weil nach dem eigenen Vorbringen des Antragstellers davon auszugehen ist, dass die Schuldnerin die titulierte Verpflichtung durch Leistung bewirkt hat, § 362 Abs. 1 BGB. Für die Entscheidung kommt es deshalb nicht mehr darauf an, ob eine Umschreibung und Zustellung der Klausel zur Fortsetzung der Vollstreckung erforderlich wäre oder das Verfahren ohne eine solche Umschreibung fortgesetzt werden könnte und die Rechtsnachfolge lediglich vom Vollstreckungsorgan zu prüfen wäre (vgl. Heßler in Münchener Kommentar zur ZPO, 7. Aufl. 2025, § 750 Rn. 15; Wolfsteiner/M. Volmer in Münchener Kommentar zur ZPO, § 727 Rn. 15; Ulrici in BeckOK ZPO, 57. Edition Stand: 1. Dezember 2024, § 750 Rn. 3; Lackmann in Musielak/Voit, ZPO, 22. Aufl. 2025, § 750 Rn. 2; Bartels in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2024, § 750 Rn. 1).
116
(b) Auf der Grundlage des Vorbringens des Antragstellers ist davon auszugehen, dass die titulierte Verpflichtung insgesamt durch Erfüllung erloschen ist.
117
Der Annahmeverzug ließ die Leistungsverpflichtung der Schuldnerin hinsichtlich ihrer unter (f) und (g) titulierten Verpflichtungen unberührt (vgl. Feldmann in Staudinger, BGB, § 293 Rn. 1). Die Erweiterung des Antrags in der Beschwerdeinstanz auf die unter (a) bis (e) aufgelisteten Geschäftsunterlagen der Schuldnerin begegnet vorliegend keinen Bedenken (allgemein zur Antragserweiterung in der Beschwerdeinstanz: Hunke in Anders/Gehle, ZPO, 83. Aufl. 2025, § 571 Rn. 12; Feskorn in Zöller, ZPO, § 571 Rn. 4; Hamdorf in Münchener Kommentar zur ZPO, § 571 Rn. 16; Jacobs in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2018, § 571 Rn. 7; zur zweitinstanzlichen Klageerweiterung: Ball in Musielak/Voit, ZPO, § 525 Rn. 4 f.; Althammer in Stein/Jonas, ZPO, 23. Aufl. 2018, § 533 Rn. 13 f.). Dagegen kommt ein Widerruf der Teil-Erledigterklärung durch Erweiterung des Rechtsmittels auf den unter (h) titulierten Anspruch aufgrund der Verfahrenslage nicht mehr in Betracht.
118
Der Antragsteller hat dem Senat am 27. November 2024 mitgeteilt, dass ihm die Schuldnerin „statt der elektronischen Einsichtnahme“ einen Speicherstick übersandt habe. Der Senat ist davon überzeugt, dass die Übersendung des Speichermediums zur Gewährung von Einsicht in die digitalen Geschäftsunterlagen geschah. Die Mitteilung des Antragstellers, diese Übersendung sei „statt“ der Gewährung von Einsicht durch Übermittlung von Zugangsdaten erfolgt, lässt kein anderes Verständnis zu. Zwar ist die Schuldnerin von dem zuvor vorgeschlagenen Modus der Einsichtsgewährung abgewichen. Sie war jedoch berechtigt, die Einsicht durch Übersendung eines Speichersticks, auf den die im Titel genannten Geschäftsunterlagen aufgespielt sind, zu gewähren. Die Ausführungen unter 3. b) bb) (1) (a) geltend insoweit sinngemäß. Zudem hatte die Schuldnerin bereits Anfang November 2024 Insolvenzantrag gestellt. Die Übersendung eines Speichersticks mit den aufgespielten Daten durfte sie aufgrund dieser Entwicklung als mindestens gleichwertige Form der Einsichtsgewährung betrachten, denn die zur Vertretung und Geschäftsführung berufenen Gesellschafter bzw. Organe verlieren mit der Verfahrenseröffnung hinsichtlich sämtlicher Belange, die im Zusammenhang mit der Insolvenzmasse stehen, ihre Kompetenzen, die auf den Insolvenzverwalter übergehen (vgl. Vuia in Münchener Kommentar zur InsO, § 80 InsO Rn. 111). Mit dem Speicherstick hat der Antragsteller ein Medium erhalten, über das er unabhängig von den Aktivitäten eines künftigen Insolvenzverwalters Einsicht in die Geschäftsunterlagen der Schuldnerin nehmen kann.
119
Dass der Antragsteller zugleich mit dem Schriftsatz vom 27. November 2024 mitgeteilt hat, den Stick noch nicht gesichtet zu haben, hindert die Feststellung der Erfüllung nicht.
120
Aufgrund seiner prozessualen Wahrheitspflicht gemäß § 138 Abs. 1 ZPO war der Antragsteller verpflichtet, dem Gericht die Übermittlung des Sticks mitzuteilen. Denn die Wahrheitspflicht geht zwar nicht so weit, den Gegner von dessen Darlegungslast zu befreien; zur Wahrheitspflicht gehört aber auch das Verbot, bekannte Tatsachen, die eine von Amts wegen zu berücksichtigende Einwendung begründen, zu verschweigen. Eine Partei darf ihr bekannte Einwendungen nicht durch Stillschweigen übergehen und abwarten, ob sie von der Gegenseite vorgetragen werden (vgl. Greger in Zöller, ZPO, § 138 Rn. 3 m. w. N.). Obwohl die Schuldnerin selbst den Erfüllungseinwand nicht vorgebracht hat, ist somit aufgrund der Mitteilung des Antragstellers über die Erfüllung zu befinden, denn die Festsetzung eines Zwangsgelds setzt voraus, dass die Erfüllung ganz oder teilweise noch aussteht.
121
Nach den Umständen des Falles hat der Senat keinen Zweifel daran, dass der Stick zur Erfüllung des titulierten Anspruchs übersandt worden ist und somit die Unternehmensdaten (mit Ausnahme der E-Mail-Korrespondenz) enthält. Dass die Schuldnerin einen anderen als den in erster Instanz vorgeschlagenen Weg zur Gewährung von Einsicht gewählt hat, steht dem nicht entgegen.
122
Mit seiner Mitteilung, er habe den Stick noch nicht gesichtet, genügt der Antragsteller seiner Erklärungslast gemäß § 138 Abs. 4 ZPO nicht. Die Daten auf dem Stick sind Gegenstand seiner eigenen Wahrnehmung. Der Antragsteller hatte ausreichend Zeit, die Daten in Augenschein zu nehmen. Darauf, dass sein Vorbringen den Anforderungen an ein substanziiertes Bestreiten nicht genügt, ist er mit Verfügung vom 13. Dezember 2024 hingewiesen worden. Im Beschluss vom 17. März 2025 ist er darauf aufmerksam gemacht worden, dass er jedenfalls mittlerweile in der Lage gewesen sein sollte, den ihm ersichtlich zur Erfüllung einer etwa noch bestehenden Verpflichtung zur Gewährung von Einsicht übersandten Stick zu sichten. Weiterer Vortrag ist jedoch nicht erfolgt.
123
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.
124
Die Kostenregelungen des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit finden keine Anwendung, da sich das Zwangsvollstreckungsverfahren gemäß § 51b Satz 1 GmbHG, § 132 Abs. 4 Satz 2 AktG nach den Vorschriften der Zivilprozessordnung richtet. Über die Kosten besonderer Rechtsbehelfe im Zwangsvollstreckungsverfahren ist grundsätzlich nicht gemäß § 788 ZPO, sondern nach den insoweit spezielleren Vorschriften der §§ 91 ff. ZPO zu entscheiden, sofern – wie es hier der Fall ist – ein kontradiktorisches Verfahren vorliegt (BGH, Beschluss vom 25. Januar 2007, V ZB 125/05, BGHZ 170, 378 Rn. 6 f.).
125
Da für das Beschwerdeverfahren eine Festgebühr gemäß Nr. 2121, 2124 GKG-KV zu erheben ist (Seibel in Zöller, ZPO, § 888 Rn. 18), bedarf es keiner Festsetzung des Geschäftswerts.
126
Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor, § 574 ZPO.
127
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Sache, wenn sie eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn sie zweifelhaft ist, also über Umfang und Bedeutung einer Rechtsvorschrift Unklarheiten bestehen. Derartige Unklarheiten bestehen unter anderem dann, wenn die Rechtsfrage vom Bundesgerichtshof bisher nicht entschieden ist und von einigen Oberlandesgerichten unterschiedlich beantwortet wird, oder wenn in der Literatur unterschiedliche Meinungen vertreten werden (BGH, Beschluss vom 21. November 2018, VII ZR 3/18, juris Rn. 14). Derartige Rechtsfragen wirft die vorliegende Sache nicht auf. Die Fragen, ob eine qualifizierte Vollstreckungsklausel gegen den Insolvenzverwalter zur Fortsetzung der Zwangsvollstreckung erforderlich ist und erteilt werden kann, ist nicht entscheidungserheblich. Die übrigen im Streitfall aufgeworfenen Rechtsfragen sind in der höchstrichterlichen Rechtsprechung geklärt. Sie können auf Grundlage der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung eindeutig beantwortet werden und sind daher nicht klärungsbedürftig.
128
Die Rechtsbeschwerde ist auch nicht zur Sicherung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung wegen Divergenz zuzulassen, da mit der vorliegenden Entscheidung kein abstrakter Rechtssatz aufgestellt wird, der von einem in anderen Entscheidungen eines höheren oder eines gleichgeordneten Gerichts aufgestellten abstrakten Rechtssatz abweicht.
129
Auch die Fortbildung des Rechts erfordert keine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Der vorliegende Fall gibt keine Veranlassung, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesbestimmungen des materiellen oder formellen Rechts aufzustellen oder Gesetzeslücken auszufüllen. Hierzu besteht nur dann Anlass, wenn es für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Lebenssachverhalte an einer richtungsweisenden Orientierungshilfe ganz oder teilweise fehlt. Insbesondere sind die Grundsätze, nach denen Titel über das individuelle Informationsrecht des Gesellschafters gemäß § 51a GmbHG auszulegen sind, in der höchstrichterlichen Rechtsprechung hinreichend geklärt.