Titel:
Elektronisches Dokument, freiheitsentziehende Maßnahmen, Sofortige Wirksamkeit der Entscheidung, Geschlossene Unterbringung, Elektronischer Rechtsverkehr, Verfahrenspfleger, Aufgabe zur Post, Medikamenteneinnahme, Sachverständige, Bekanntgabe, Anordnung der sofortigen Wirksamkeit, Beschwerdefrist, Beschwerdeführer, Beschwerdeschrift, Beschwerde gegen, Beschwerdeeinlegung, Qualifizierte elektronische Signatur, Niederschrift, Fehlende Krankheitseinsicht, Rechtsbehelfsbelehrung
Schlagworte:
Psychische Krankheit, Geschlossene Unterbringung, Medikamenteneinnahme, Krankheitseinsicht, Gesundheitsgefährdung, Obdachlosigkeit
Rechtsmittelinstanzen:
LG Amberg, Beschluss vom 03.04.2025 – 34 T 249/25
BGH Karlsruhe, Beschluss vom 30.07.2025 – XII ZB 207/25
Fundstelle:
BeckRS 2025, 23607
Tenor
Die Unterbringung der Betreuten durch den Betreuer in der geschlossenen Abteilung eines psychiatrischen Krankenhauses wird bis längstens 07.05.2025 und im Anschluss in der beschützenden Abteilung einer soziotherapeutischen Einrichtung wird bis längstens 07.02.2026 genehmigt.
Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.
Der Beschluss des Amtsgerichts Amberg vom 17.01.2025 wird aufgehoben.
Gründe
1
Nach dem aktuellen Gutachten des Sachverständigen … vom 13.01.2025 leidet die Betreute an einer psychischen Krankheit bzw. geistigen/seelischen Behinderung, nämlich
- Paranoid-halluzinatorische Schizophrenie
2
Es besteht deshalb die Gefahr, dass die Betreute sich erheblichen gesundheitlichen Schaden zufügt.
3
Die Betreute muss geschlossen untergebracht werden, weil sie weglaufgefährdet ist, massiv verwahrlosen würde und aufgrund mangelnder Orientierung bzw. Verkehrssicherheit erheblich gefährdet wäre.
4
Die Betreute würde ihre Medikamente absetzten, verstärkt Symptome der Krankheit entwickeln. Dies führt zur Schwierigkeiten in der Kommunikation mit anderen, zu Unterversorgung bzgl. Essen und Trinken. Mangelnde Hygiene. Sie würde obdachlos sein, mit ihrem Gepäck herumirren, auf öffentlichen Straßen ohne Beachtung des Verkehrs.
5
Die letzten Monate zeigten, dass die Betreute unmittelbar nach Entlassung aus der geschlossenen Einrichtung trotz Pflegedienst die Einnahme der Medikamente beendete. Sie zeigte bizarre Verhaltensweisen, verleugnet ihre Erkrankung. Sie war nicht in der Lage, sich ein Zimmer oder eine Unterkunft auf Dauer anzumieten. Sie verbrachte Nächte in Hotelzimmern, auf öffentlichen Toiletten, in der Obdachlosenunterkunft. Tagsüber irrte sie mit ihrem gesamten Gepäck herum. Sie war zwar in der Lage, wenige Stunden am Tag ihrer Arbeit nachzugehen, konnte aber sich selbst nicht ausreichend versorgen. Sie magerte ab, wirkte verwahrlost, ungepflegt. Eine sachgerechte Kommunikation war mit ihr nicht mehr möglich. Ohne die geschlossene Unterbringung würde die Betreute nach Einschätzung des Sachverständigen in eine risikoreiche, von Fehleinschätzungen und irrationalen Handlungsweisen bestimmte Zukunft abtriften.
6
Es ist dringend erforderlich, dass die Betreute ausreichend lange stabilisiert wird, die Medikamenteneinnahme kontrolliert erfolgt, um eine Drehtürpsychiatrie zu verhindern sowie den Verlust von Alltagskompetenzen. Bei ausreichender Medikamenteneinnahme, Stabilisierung wäre es durchaus denkbar, dass die Betreute wieder offene geführt oder wohnen könnte und sogar einer Arbeit nachgehen könnte. Um dies zu erreichen ist vorerst die geschlossene langfristige Unterbringung erforderlich. Möglicherweise könnte auch eine Krankheitseinsicht erreicht werden, die die dauerhafte Medikamenteneinnahme erleichtert.
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Die Betreute hat zurzeit keine ausreichende Krankheitseinsicht; sie ist zu keiner freien Willensbildung zumindest hinsichtlich der Entscheidungen im Zusammenhang mit der Erkrankung in der Lage. Sie vermag auch die Notwendigkeit der freiheitsentziehenden Maßnahmen nicht zu erkennen.
8
Dies folgt aus dem Ergebnis der gerichtlichen Ermittlungen, insbesondere aus dem aktuellen Gutachten des Sachverständigen … vom 13.01.2025, der Stellungnahme der Betreuerin …, der Stellungnahme des Verfahrenspflegers … anlässlich der Anhörung und dem unmittelbaren Eindruck des Gerichts, den sich dieses anlässlich der Anhörung der Betreuten am 05.02.2025 im Beisein des neuen Betreuers und der Verfahrenspflegerin verschafft hat.
9
Die Entscheidung beruht auf § 1831 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 2 BGB.
10
Bei der Festsetzung der Frist über die Dauer der Entscheidung hinsichtlich der freiheitsentziehenden Maßnahmen hat das Gericht die Ausführungen d. Sachverständigen berücksichtigt. Die Betreute muss in der geschlossenen Station eines Krankenhauses verbleiben, bis eine Einrichtung gefunden wurde, da sie anderenfalls im offenen Bereich entweichen und ihre Medikamente wieder absetzen würde.
11
Die Anordnung der sofortigen Wirksamkeit beruht auf § 324 Abs. 2 Satz 1 FamFG.