Titel:
Personenstandsregister, Staatsangehörigkeitsrecht, Personenstandsbücher, Geburtenregistereintragung, Sachlicher Anwendungsbereich, Namensführung, Reisepass, Standesamtsaufsicht, Beschwerdeverfahren, Sachverständigengutachten, Nationalpaß, Erstattung außergerichtlicher Kosten, Berichtigung des Geburtseintrages, Offensichtlicher Schreibfehler, Beurkundung, Rechtsbeschwerde, CIEC-Übereinkommen, Glaubhaftmachung, Personenstandswesen, Obergerichtliche Rechtsprechung
Normenkette:
PStG § 47, § 48
Leitsatz:
Auch wenn ein Staat (hier: Aserbeidschan) die Namensverwendung seiner Staatsangehörigen im Ausland durch eine verkürzende Schreibweise in neueren Reisepässen in englischer Sprache vergibt, besteht kein Anlass, die Eintragung des transliterierten vollen Namens (insb. mit auf das Geschlecht hinweisenden Endungen) zu verweigern.
Schlagworte:
Transliteration, Personenstandsregister, Internationale Schreibweise, Namensberichtigung, Nationalpass
Fundstelle:
BeckRS 2025, 23187
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts Weiden i.d. OPf. vom 07.01.2025 wird mit der Maßgabe zurückgewiesen dass der Geburtseintrag G… bei dem Standesamt ... in der Oberpfalz wie folgt zu berichtigen ist:
Vorname(n): İ… İ… oğlu (Vorname und Vatersname)
Vorname(n): Ş… F… qızı (Vorname und Vatersname)
Vorname(n): İ… T… oğlu (Vorname und Vatersname)
Gründe
1
Gegenstand des Beschwerdeverfahrens ist die Frage der Transliteration eines aserbeidschanischen Namens.
2
Das Amtsgericht Weiden i.d. OPf. hat mit Beschluss vom 07.01.2025 auf Antrag der Betroffenen angeordnet, den Geburtseintrag G … bei dem Standesamt ... in der Oberpfalz wie folgt zu berichtigen:
Vorname(n): I… I… oğlu (Vorname und Vatersname)
Vorname(n): Ş… F… qızı (Vorname und Vatersname)
Vorname(n): I… T… oğlu (Vorname und Vatersname)
3
Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Standesamtsaufsicht, die eine obergerichtliche Klärung der Schreibweise anstrebt. Gegen die Entscheidung würden keine Einwände erhoben. Allerdings bestehe aufgrund anderslautender Auffassung im Schrifttum Unklarheit, ob die Zusätze „oğlu“ bzw. „qızı“ in das Geburtenregister einzutragen seien. Ferner sei obergerichtlich ungeklärt, ob für die Namensführung im Geburtenregister die amtliche aserbaidschanische Schreibweise in den aserbaidschanischen Reisepässen maßgeblich sei. Ferner sei obergerichtlich ungeklärt, ob für die Namensführung im Geburtenregister die amtliche aserbaidschanische Schreibweise in den aserbaidschanischen Reisepässen maßgeblich sei.
4
Aserbaidschanische Staatsangehörige würden nach aserbaidschanischer Rechtslage einen Vatersnamen mit der Endung oğlu bzw. qızı führen, die auf das Geschlecht hinweise. Der Name eines aserbaidschanischen Staatsangehörigen bestehe in der aserbaidschanischen Sprache – sofern vorhanden – aus Vor-, Nach- und Vatersnamen mit dem Zusatz oğlu bzw. qızı. Hingegen werde die Namensschreibweise in aserbaidschanischen Reisepässen auch in englischer Sprache wiedergegeben. Daher mache es nach Auffassung in der Literatur keinen Sinn, in Deutschland die Endung oğlu bzw. qızı in deutsche Personenstandsregister einzutragen. Somit sei bei der Beurkundung lediglich der Vor- und Nachname eines aserbaidschanischen Staatsangehörigen zu verwenden (unter Hinweis auf: Bergmann/Ferid/Henrich/Dutta/Ebert, Internationales Ehe- und Kindschaftsrecht mit Staatsangehörigkeitsrecht, Länderteil Aserbaidschan, November 2021, 111., 9., Fn. 59).
5
Vor diesem Hintergrund begegne es rechtlichen Zweifeln, ob im Wege der Berichtigung der Zusatz „oğlu“ für den Vater und das Kind und der Zusatz „qızı“ für die Mutter in das Geburtenregister einzutragen seien.
6
In der obergerichtlichen Rechtsprechung sei nicht geklärt, ob für die Namensführung auf Grundlage der aserbaidschanischen Reisepässe tatsächlich auf die amtliche aserbaidschanische Schreibweise oder die in englischer Sprache transliterierte Schreibweise abzustellen sei oder die Kindseltern ein Wahlrecht zwischen den Namensschreibweisen für die Eintragung in das Geburtenregister ausüben könnten. Die amtliche aserbaidschanische Schreibweise des Vornamens der Mutter und des Vatersnamens des Vaters enthalte gemäß den Angaben in den aserbaidschanischen Nationalpässen den Buchstaben ә, der zwar dem lateinischen Schriftsystem angehöre, aber im deutschen Alphabet unbekannt sei.
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Die Beteiligten haben gegenüber dem Standesamt folgende Erklärung im Beschwerdeverfahren abgegeben:
„Unsere aserbaidschanischen Identitätskarten und Reisepässe geben die Namensbestandteile oğlu und qızı wieder. Gleiches gilt auch für die aserbaidschanische Identitätskarte sowie den aserbaidschanischen Reisepass unseres Sohnes İ… . Allerdings enthalten die aserbaidschanischen Reisepässe unserer beiden 2004 und 2006 geborenen älteren Kinder den Namensbestandteil oğlu nicht, was vermutlich an der Ausstellungspraxis der aserbaidschanischen Passbehörden liegt. Das Ausstellungsdatum der Reisepässe unserer beiden älteren Kinder datiert von März 2020, während der aserbaidschanische Nationalpass unseres Sohnes I… im Januar 2023 ausgestellt wurde.
Sofern tatsächlich die Namensschreibweise gemäß den Angaben in der jeweils ersten Zeile der aserbaidschanischen Nationalpässe ausschlaggebend sein sollte, muss der Vorname des Vaters konsequenterweise „İ…“ (d. h. Großbuchstabe I mit i-Punkt) und der Vor- und Vatersname des Kindes vollständig „İ… İ… oğlu“ (d. h. Großbuchstabe I mit i-Punkt). Wir beantragen den Vornamen des Vaters und den Vatersnamen des Kindes wie folgt zu ändern:
Vorname(n) İ… İ… oğlu (Vorname und Vatersname)
Vorname(n) İ… T… oğlu (Vorname und Vatersname)
Da unsere aserbaidschanischen Reisepässe beide Namensschreibweisen zulassen, ist zu überlegen, ob aserbaidschanischen Staatsangehörigen eine Wahl zwischen beiden Schreibweisen für die Eintragung in Personenstandsregistern offenstehen sollte. Dies gilt vor allem in Fallkonstellationen – wie vorliegend – eines längeren Aufenthalts seit 2012 im Bundesgebiet.“
8
Die gemäß §§ 58, 59 Abs. 3, § 63 FamFG, § 51 Abs. 2, § 53 Abs. 2 PStG zulässige Beschwerde führt in der Sache lediglich zu einer geringfügigen Abänderung der Entscheidung des Amtsgerichts.
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Ein abgeschlossener Registereintrag darf in den Fällen des § 47 PStG von dem Standesamt berichtigt werden. Im Übrigen darf die Berichtigung nur auf Anordnung des Gerichts erfolgen, § 48 Abs. 1 Satz 1 PStG. Voraussetzung für die Anordnung der Berichtigung ist die Überzeugung des Gerichts von der Richtigkeit der beantragten Eintragung. An den Nachweis dieser Richtigkeit sind strenge Anforderungen zu stellen; es ist der volle Beweis erforderlich, eine bloße Glaubhaftmachung genügt nicht. Die Berichtigung beruht hier auf den vorgelegten Nationalpässen.
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Bei der vom Standesamt angegebenen Fundstelle wird ausgeführt:
„Zwar hat jeder nach Art. 26.1. ZGB (Aserbaidschan) das Recht, einen Vor-, Vaters- und Nachnamen zu tragen. Dies ist jedoch keine Pflicht. Des Weiteren trifft der aserbaidschanische Staat in Bezug auf die aserbaidschanische Reisepässe für die Namensverwendung im Ausland eine Regelung, wonach im Ausland lediglich Vor- und Nachname jedes Aserbaidschaners bzw. jeder Aserbaidschanerin zu beurkunden sind. Denn in aserbaidschanische Reisepässen besteht der Name jedes Bürgers in aserbaidschanischer Sprache, wenn vorhanden, aus Vor-, Nach- und Vatersnamen, auch mit Endung oğlu oder qızı (zB C E M oğlu). Hingegen wird die Schreibweise des Namens fürs Ausland im Reisepass in englischer Sprache angegeben, und zwar bestehend aus Vor- und Nachnamen, ohne Vatersnamen und ohne Endung oğlu oder qızı (zB J. E. ).
Daher ergibt es keinen Sinn, in Deutschland – entgegen dem klaren Willen des aserbaidschanischen Staates – den Namen des Vaters sowie die Endung oğlu oder qızı, die lediglich auf das Geschlecht hinweist, in deutsche Dokumente zu übertragen. Bei der von Baenitz in StAZ 1997, 247 vorgeschlagenen Schreibweise, und zwar auch mit den Endungen »ogly« oder »kyzy«, wird die richtige Schreibweise des aserbaidschanischen Namens gestört. Zudem führt eine solche Schreibweise zur Unverständlichkeit und Unansehnlichkeit des Namens. Daher ist bei der Beurkundung in Deutschland zum Erhalt der richtigen Namensschreibweise lediglich Vor- und Nachname zu verwenden.“
11
Der Bundesgerichtshof hat die von der Standesamtsaufsicht aufgeworfenen Fragen allerdings erst vor kurzem im wesentlichen – dort zu einer Eintragung in einem iranischen Nationalpass – geklärt und ausgeführt (BGH FamRZ 2023, 755 Rn. 11 – 14):
„Die Angabe von Familiennamen und Vornamen jeder Person in den Personenstandsbüchern richtet sich ohne Rücksicht auf ihre Staatsangehörigkeit nach dem Berner CIEC-Übereinkommen Nr. 14 über die Angabe von Familiennamen und Vornamen in den Personenstandsbüchern (NamÜbk) vom 13. September 1973 (BGBl. 1976 II S. 1474). Die Anwendung des Abkommens dient der Verbesserung der zwischenstaatlichen Beziehungen unter den Vertragsstaaten auf dem Gebiet des Personenstandswesens. Sein sachlicher Anwendungsbereich hängt nicht davon ab, dass der Heimatstaat der Person oder derjenige Staat, der eine heranzuziehende Urkunde ausgestellt hat, dem Abkommen beigetreten ist (vgl. Senatsbeschluss vom 27. Oktober 1993 – XII ZB 91/93 – FamRZ 1994, 225, 226).
Soll von einer Behörde eines Vertragsstaats eine Eintragung in ein Personenstandsbuch vorgenommen werden und wird zu diesem Zweck eine Abschrift eines Personenstandseintrags oder ein Auszug aus diesem oder eine andere Urkunde vorgelegt, die die Familiennamen und Vornamen in den gleichen Schriftzeichen wiedergibt wie in denjenigen der Sprache, in der die Eintragung vorgenommen werden soll, so sind diese Familiennamen und Vornamen buchstabengetreu ohne Änderung oder Übersetzung wiederzugeben (Art. 2 Abs. 1 NamÜbk).
Zutreffend hat das Standesamt den anlässlich des Geburtseintrags vorgelegten iranischen Nationalpass des Beteiligten zu 2 als eine „andere Urkunde“ im Sinne der vorgenannten Bestimmung angesehen (vgl. bereits Senatsbeschluss vom 27. Oktober 1993 – XII ZB 91/93 – FamRZ 1994, 225, 226 ff.) und den Familiennamen buchstabengetreu so übernommen, wie er in dieser Urkunde in lateinische Schrift transliteriert aufgeführt war. Die Transliteration war nach dem eingeholten Sachverständigengutachten – als eine von mehreren Möglichkeiten – nach den Regeln der Linguistik zulässig vorgenommen worden und enthält damit keinen offensichtlichen Schreibfehler im Sinne von Art. 1 Abs. 4 NamÜbk.
(…) Denn nicht das deutsche Ausweisdokument, sondern nur der von der Islamischen Republik Iran ausgestellte Nationalpass ist gemäß den für den Heimatstaat geltenden Bestimmungen aus einer Personenstandsurkunde abgeleitet und als heimatstaatliche Urkunde auch hinsichtlich der darin festgelegten Transliteration maßgebend.“
12
Angewandt auf den vorliegenden Fall besteht deshalb kein Anlass, die Eintragungen aus den aserbaidschanischen Pässen nicht zu übernehmen. Für den Senat ist auch nicht nachvollziehbar, warum geschlechtsspezifische Namensendungen ein Problem darstellen sollen. Solche Endungen werden künftig auch im deutschen Namensrecht ermöglicht (§ 1617f BGB in der ab dem 01.05.2025 geltenden Fassung). Das entspricht auch Nr. A.4.2 PStG-VwV. Ob die Eltern auch die im Nationalpass ebenfalls angegebene abweichende englische Schreibweise wählen könnten, die der aserbaidschanische Staat für den internationalen Rechtsverkehr durch die Aufnahme in den Pass selbst vorschlägt, bedarf vorliegend keiner Klärung, weil sie nicht dem Antrag entspricht. Der Senat hat sich auch nicht abstrakt mit der Frage zu befassen, ob ein solcher Antrag, was allerdings angesichts der Verwendung der internationalen Schreibweise durch den Staat Aserbaidschan nicht fernliegt, möglich gewesen wäre.
13
Abgeändert hat der Senat die Entscheidung des Amtsgerichts allein im Hinblick auf die nunmehr vorgetragene und mit den aktuelleren Nationalpässen nachgewiesene Schreibweise (Großbuchstabe İ mit i-Punkt).
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Die Standesamtsaufsicht ist von Gerichtskosten befreit (§ 51 Abs. 1 S. 2 PStG). Die Anordnung der Erstattung außergerichtlicher Kosten ist nicht angezeigt, da sie nicht der Billigkeit entsprechen würde (§ 81 Abs. 1 FamFG).
15
Gründe für die Zulassung einer Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.