Titel:
Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht, Rechtsschutzbedürfnis (abgelehnt)
Normenketten:
DRiG § 46
BBG § 67 Abs. 1
Schlagworte:
Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht, Rechtsschutzbedürfnis (abgelehnt)
Fundstelle:
BeckRS 2025, 22936
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.
Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt die Erteilung einer Aussagegenehmigung von der Verschwiegenheitsverpflichtung.
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Mit Antrag vom … Juli 2024 und … August 2024 beantragte die Klägerin die Entbindung von der Verschwiegenheitspflicht „für beabsichtigte Aussagen in allen meine Person betreffenden außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren bei den damit befassten Staatsorganen oder noch zu befassenden Staatsorganen (Behörden, Gerichten und sonstigen Institutionen) für jeweils den gesamten Instanzenzug (…) sowie zu allen Strafverfahren und zur aktenkundigen und damit wahrheitsgemäßen Unterrichtung der medialen Öffentlichkeit im In- und Ausland“. Sie sei Opfer von Desinformations- und Rufmordkampagnen geworden. Die Erteilung der Aussagegenehmigung sei notwendig, um sich umfassend rehabilitieren, die Tätigkeit als Bundesrichterin wieder aufnehmen zu können sowie ihre Persönlichkeitsrechte zu schützen. Hierzu wolle sie insbesondere zu Akteninhalten aus außergerichtlichen und gerichtlichen Verfahren vortragen.
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Nachdem eine Verbescheidung des Antrags zunächst ausblieb, hat die Klägerin mit Schreiben vom 16. August 2024 Untätigkeitsklage beim Verwaltungsgericht Berlin erhoben (VG 5 K 481/24) und zunächst beantragt, die Beklagte zu verpflichten, über den Antrag auf Erteilung einer Aussagegenehmigung zur Befreiung von der Verschwiegenheitspflicht vom … Juli 2024, der am … August 2024 ergänzt wurde, zeitnah zu entscheiden. Mit Verweisungsbeschluss vom 20. September 2024 hat sich das Verwaltungsgericht Berlin für unzuständig erklärt und den Rechtsstreit an das Bayerische Verwaltungsgericht München verwiesen. Zur Begründung der Untätigkeitsklage verwies die Klägerin auf ihre Eingaben vom … Juli 2024 und … August 2024.
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Mit Bescheid vom … November 2024 lehnte der Präsident des Bundesfinanzhofs den Antrag der Klägerin auf Genehmigung zur Aussage über dienstliche Angelegenheiten ab. Einer Aussagegenehmigung für die angeführten verwaltungsgerichtlichen, richterdienstgerichtlichen und bundesverfassungsgerichtlichen Verfahren bedürfe es nicht. Denn diesbezüglich unterliege die Klägerin – soweit die Verfahren überhaupt noch anhängig seien – nicht der Verschwiegenheitspflicht. Diese gelte nicht, soweit Mitteilungen im dienstlichen Verkehr geboten seien (§ 67 Abs. 2 Nr. 1 BBG). Dieser Ausnahmetatbestand sei einschlägig. In Disziplinarverfahren und beamtenrechtlichen Verfahren zählten die Einlassungen des betroffenen Beamten an die damit befassten Gerichte grundsätzlich zum „dienstlichen Verkehr“ im Sinne von § 67 Abs. 2 Nr. 1 BBG und könnten ohne Genehmigung offenbart werden. Anderes gelte nur beim Vorliegen besonderer Schweigegebote oder im Fall der Verletzung Rechte Dritter. In den genannten Verfahren gehe es um beamtenrechtliche sowie disziplinarische Streitfragen. Anhaltspunkte, dass die Rückausnahme in Form der besonderen Schweigegebote oder der Verletzung der Rechte Dritter vorliegen könnte, bestünden gerade nicht und seien auch von der Klägerin nicht näher konkretisiert worden. Jedenfalls sei die Erteilung der Aussagegenehmigung auch deshalb ausgeschlossen, da nicht erkennbar sei, dass das beabsichtigte Vorbringen der Wahrnehmung berechtigter Interessen im Sinne von § 68 Abs. 2 Nr. 1 BBG dienen solle. Eine Aussage diene nur dann der Wahrnehmung berechtigter Interessen, wenn das Interesse der Beamtin rechtlich geschützt oder zumindest rechtlich anerkannt sei, diesem Interesse im Vergleich zur Geheimhaltungspflicht ein beachtenswertes Gewicht zukomme und die Aussage für die Wahrnehmung des Interesses sachdienlich erscheine. Dies habe die Klägerin nicht hinreichend dargelegt. Auch mit Blick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin seien keine konkreten Tatsachen vorgetragen, inwiefern sich aus den Akten und sonstigen Vorgängen Gründe ergeben könnten, wonach das allgemeine Persönlichkeitsrecht in rechtswidriger Weise berührt wäre. Es fehlen jegliche Anhaltspunkte, aus welchen Gründen in welchen Verfahren welche wahrheitswidrigen Tatsachen behauptet und welche der Rechtslage widersprechenden Schlussfolgerungen zu ihren Lasten gezogen worden sein sollen. Es sei auch nicht vorgetragen worden, zu welchen konkreten Tatsachen wann und in welchem Format die Klägerin vortragen wolle. Soweit die Klägerin geltend mache, sie sei jahrelang Opfer einer Desinformations- und Rufmordkampagne geworden und es seien zahlreiche Rechtsbrüche zu ihren Lasten begangen worden, so erschöpfe sich dies in einer pauschalen und unsubstantiierten Behauptung. Es sei daneben auch nicht nachvollziehbar dargelegt, inwiefern vor dem Hintergrund der rechtskräftigen Entscheidung des Dienstgerichts des Bundes über die Entfernung der Klägerin aus dem Dienst (RiSt 1/21) die Erteilung einer Aussagegenehmigung dem Interesse, zeitnah wieder im bundesrichterlichen Dienst tätig sein zu können, sachdienlich erscheine.
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Mit Schreiben vom ... November 2024 hat die Klägerin den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, ausdrücklich bezogen auf das vor dem Verwaltungsgericht Berlin geführte Klageverfahren VG 2 K 350/22, in dem die Klägerin in erster Linie die Erteilung von Auskünften und Herausgabe von Unterlagen nach § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz/IFG) im Hinblick auf zwei Treffen von Vertretern des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz sowie des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales mit den Präsidenten der obersten Gerichtshöfe begehrte, die am … Dezember 2020 und am … April 2021 stattgefunden haben. Mit Beschluss vom 21. November 2024 (M 5 E 24.6675) lehnte das Bayerische Verwaltungsgericht München diesen Antrag ab. Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Januar 2025 wies das Gericht die Beschwerde gegen diesen Beschluss zurück (6 CE 24.2027).
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Mit Schreiben vom … November 2024 stellte die Klägerin in Ansehung des zwischenzeitlich erlassenen Bescheids der Beklagten vom … November 2024 ihren Klageantrag um und führte als ergänzende Begründung an: Eine Entbindung von der Schweigepflicht sei notwendig, um einen detaillierten und umfassenden Vortrag in den gerichtlichen Verfahren zu ermöglichen. Sie sei zur Verschwiegenheit verpflichtet. Zwar gelte die Pflicht zur Verschwiegenheit ausnahmsweise nicht in Disziplinarverfahren und dienstrechtlichen Verfahren, da entsprechende Mitteilungen „im dienstlichen Verkehr“ zulässig seien. Allerdings gelte eine Rückausnahme, wenn ein „besonderes Schweigegebot“ bestehe oder „Rechte Dritter“ betroffen seien. Dies sei vorliegend der Fall. Sie wolle Tatsachen vortragen, die nicht öffentlich bekannt und ihr in dienstrechtlichen Bewerbungsverfahren zur Kenntnis gelangt seien und die zugleich Personalangelegenheiten Dritter beträfen. Hierfür sei eine Aussagegenehmigung erforderlich. Sie wolle die Öffentlichkeit über die Hintergründe eines Justizskandals und einer gegen sie geführten Rufmordkampagne informieren und ihren in den Entscheidungen des Dienstgerichts des Bundes vom 22. Juni 2022 – RiZ 2/16 und vom 4. Mai 2023 – RiSt 1/21 zu Unrecht zerstörten Ruf als Bundesrichterin wiederherstellen.
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Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
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1. die Beklagte zu verpflichten, unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom … November 2024 seitens des Präsidenten des Bundesfinanzhofs die am … Juli 2024 (ergänzt am ... 8.2024) beantragte Ausnahmegenehmigung von der Verschwiegenheitsverpflichtung für die Klägerin nach § 46 DRiG i.V.m. § 37 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz i.V.m. § 68 BBG zu erteilen,
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2. weiterhin die Beklagte zu verpflichten, seitens des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) als Dienstherrin (oberste Dienstbehörde) die am … Juli 2024 (ergänzt am 2.8.2024) beantragte Ausnahmegenehmigung von der Verschwiegenheitsverpflichtung für die Klägerin nach § 46 DRiG i.V.m. § 37 Abs. 1 Beamtenstatusgesetz i.V.m. § 68 BBG zu erteilen, soweit die der Verschwiegenheitsverpflichtung unterliegenden Vorgänge zuständigkeitshalber und sachlich der Verantwortungssphäre des BMJ und damit dem Geschäftsbereich des BMJ zuzuordnen sind.
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Daneben hat sie in diesem Schreiben Aussetzungsanträge gestellt. Mit Schreiben vom 18. Juli 2025 hat die Klägerin ihre Aussetzungsanträge aktualisiert. Auf die jeweiligen Schriftsätze wird Bezug genommen.
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Die Beklagte hat beantragt,
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Die Klage sei bereits unzulässig, da die Klägerin gegen den ablehnenden Bescheid vom … November 2024 keinen Widerspruch eingelegt habe. Die Klägerin bedürfte daneben in allen disziplinarrechtlichen und richterdienstrechtlichen Angelegenheiten keiner Aussagegenehmigung.
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Mit Urteil des Bundesgerichtshofs, Dienstgericht des Bundes vom 4. Mai 2023 ist die Klägerin auf die von der Beklagten am … November 2021 erhobene Disziplinarklage hin aus dem Richterverhältnis entfernt worden (RiSt 1/21). Die hiergegen gerichtete Verfassungsbeschwerde hat das Bundesverfassungsgericht mit Beschluss vom 12. Mai 2025 nicht zur Entscheidung angenommen (2 BvR 246/23 und 2 BvR 1847/23).
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Bezüglich weiterer Einzelheiten wird auf die Gerichts- und vorgelegten Behördenakten in diesem Verfahren sowie im Verfahren M 5 E 24.6675 und auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 31. Juli 2025 verwiesen.
Entscheidungsgründe
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Die Klage ist unzulässig.
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1. Über die Verwaltungsstreitsache konnte auch bei Ausbleiben der Klägerin verhandelt und entschieden werden. Darauf wurde sie in der Ladung zur mündlichen Verhandlung hingewiesen (§ 102 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung/VwGO).
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Die Kammer entscheidet über den Rechtsstreit, ohne weitere Akten beizuziehen und weitere Stellungnahmen der Klägerin abzuwarten, da das Klageverfahren entscheidungsreif ist.
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2. Das Gericht hat mangels Vorgreiflichkeit keinen Anlass, den von der Klägerin gestellten Aussetzungsanträgen zu entsprechen.
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Die Aussetzung eines Verfahrens kommt gemäß § 94 VwGO nur in Betracht, wenn die in einem anderen Verfahren anstehende Entscheidung für die im streitgegenständlichen Verfahren zu treffende Entscheidung vorgreiflich ist, also ein Rechtsverhältnis zum Gegenstand hat, von dessen Bestehen oder Nichtbestehen die Entscheidung im auszusetzenden Verfahren abhängt. Diese Voraussetzungen liegen für die unter anderem zuletzt mit Schreiben vom … November 2024 und … Juli 2025 benannten Verfahren nicht vor. Sofern die genannten Verfahren noch anhängig und nicht rechtskräftig beendet sind, sind diese nicht vorgreiflich im Sinne von § 94 VwGO. Denn ein rechtlicher Einfluss der Verfahren auf den zu entscheidenden Rechtsstreit ist nicht erkennbar.
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Daneben hat die Klägerin im Schriftsatz vom 20. bzw. 21. September 2024 darauf hingewiesen, dass das Verfahren dem Beschleunigungsgebot unterliege und um zeitnahe Bearbeitung gebeten. Auch vor diesem Hintergrund ist ein Interesse an einer Aussetzung des Verfahrens nicht erkennbar.
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3. Die Klage ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses bereits unzulässig und wäre darüber hinaus auch unbegründet. Insoweit wird zunächst auf die Ausführungen im Beschluss des Verwaltungsgerichts München vom 21. November 2024 (M 5 E 24.6675) sowie den Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 23. Januar 2025 (6 CE 24.2027) Bezug genommen. Darüber hinaus wird ergänzend ausgeführt:
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a) Der Klage fehlt es bereits am Rechtsschutzbedürfnis.
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Das Rechtsschutzbedürfnis fehlt insbesondere dann, wenn die Klage für den Kläger offensichtlich keinerlei rechtliche oder tatsächliche Vorteile bringen kann. Die Nutzlosigkeit muss dabei eindeutig sein (vgl. BVerwG, U.v. 29.4.2004 – 3 C 25/03 – juris Rn. 19). Die Klage wird insbesondere auch dann unzulässig, wenn der Kläger klaglos gestellt wird (vgl. Wöckel in Eyermann, VwGO, 16. Aufl. 2022, Vorbemerkung zu §§ 40 ff., Rn. 11).
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Unter Anwendung dieser Grundsätze ist ein Rechtsschutzbedürfnis nicht erkennbar. Soweit die Klägerin beantragt hat, die Beklagte zur Erteilung der begehrten Befreiung von der dienstrechtlichen Verschwiegenheitspflicht aus dem früheren Richterverhältnis zu verpflichten, hat die Beklagte bereits im verwaltungsgerichtlichen Verfahren – bezogen auf die gerichtlichen Verfahren – sowie in der mündlichen Verhandlung umfassend auch für die außergerichtlichen Verfahren klargestellt, dass die Klägerin in den benannten Verfahren keiner Verschwiegenheitspflicht unterliegt und daher zur Durchsetzung ihrer Rechte in diesen Verfahren keiner Aussagegenehmigung bedarf. Daran muss sich die Klägerin festhalten lassen (vgl. bereits im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes in Bezug auf das Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Berlin zum Informationsfreiheitsgesetz: BayVGH, B.v. 21.11.2024 – 6 CE 24.2027 – juris Rn. 16). Ein für die Klägerin darüberhinausgehender Vorteil einer (weiteren) gerichtlichen Entscheidung ist nicht erkennbar, da die Klägerin nach der Zusicherung der Behörde ohne Genehmigung zur Darlegung aller Umstände befugt ist.
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Gleiches gilt, soweit die Klägerin mit Ziff. 2 des Klageantrags daneben begehrt, dass das Bundesministerium der Justiz die beantragte Ausnahmegenehmigung erteilt. Die Klägerin hat nicht dargelegt, welchen Vorteil sie sich hiervon verspricht. Dies gilt besonders, nachdem die Vertreter des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz in der mündlichen Verhandlung explizit klargestellt haben, dass ausweislich Nr. II.8 des Delegationserlasses vom 30. Oktober 2023 (Anordnung zur Übertragung von Befugnissen im Personalbereich an die Gerichte und Behörden im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz vom 30.10.2023, vgl. S. 10 f. der Behördenakte) die Befugnis zur Erteilung von Aussagegenehmigungen in vollem Umfang auf den Bundesfinanzhof delegiert wurde. Dementsprechend hat das Bundesjustizministerium keine sachliche Entscheidung über die Aussagegenehmigung der Klägerin treffen können. Eine Untätigkeit ohne zureichenden Grund im Sinne von § 75 VwGO kann daher schon gar nicht vorliegen.
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b) Darüber hinaus wäre die Klage auch unbegründet.
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aa) Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Erteilung einer Ausnahmegenehmigung von der Verschwiegenheitsverpflichtung nach § 46 des Deutschen Richtergesetzes/DRiG i.V.m. §§ 67, 68 des Bundesbeamtengesetzes/BBG. Soweit die Klägerin eine Aussagegenehmigung auch für alle zukünftigen gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren begehrt, ist der Antrag zu unbestimmt (1). In den gerichtlichen Verfahren unterliegt die Klägerin bereits nicht der Verschwiegenheitspflicht nach § 67 Abs. 1 BBG, da die Rückausnahme nach § 67 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BBG einschlägig ist (2). Darüber hinaus ist kein rechtlich geschütztes Interesse der Klägerin erkennbar, für das die nicht näher konkretisierten Aussagen in den jeweiligen Verfahren sachdienlich sein könnten (vgl. § 68 Abs. 2 BBG) (3).
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(1) Soweit die Klägerin ihren Antrag auf Aussagegenehmigung auf künftige gerichtliche und außergerichtliche Verfahren bezieht, ist der Antrag bereits unbestimmt. Es ist nicht ersichtlich, welche rechtlich geschützten Interessen in diesen Verfahren kollidieren werden, sodass eine Abwägung der Geheimhaltungsinteressen mit den rechtlich geschützten Interessen der Klägerin ausgeschlossen ist.
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(2) Die Klägerin unterliegt in gerichtlichen Verfahren gegen den Dienstherrn nicht der in § 46 DRiG i.V.m. § 67 Abs. 1 BBG niedergelegten Verschwiegenheitspflicht, da es sich um Mitteilungen handelt, die im dienstlichen Verkehr geboten sind (§ 67 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BBG).
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Beamtinnen und Beamte haben – auch nach Beendigung ihres Beamtenverhältnisses – gemäß § 67 Abs. 1 Satz 1 BBG über die ihnen bei oder bei Gelegenheit ihrer amtlichen Tätigkeit bekannt gewordenen dienstlichen Angelegenheiten Verschwiegenheit zu bewahren. Ohne Genehmigung dürfen sie über solche Angelegenheiten weder vor Gericht noch außergerichtlich aussagen oder Erklärungen abgeben (§ 67 Abs. 3 Satz 1 BBG). Dies gilt gemäß § 46 DRiG auch für Richterinnen und Richter. Die Verschwiegenheitsverpflichtung gilt jedoch nach § 46 DRiG i.V.m. § 67 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BBG nicht, soweit Mitteilungen im dienstlichen Verkehr geboten sind.
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Mitteilungen, die im dienstlichen Verkehr geboten sind, fallen nicht unter die Verschwiegenheitspflicht des § 67 Abs. 1 BBG. Unter Mitteilungen, die im dienstlichen Verkehr geboten sind, fällt auch, wenn der Beamte bzw. Richter in eigener Sache gegen seinen Dienstherrn im Widerspruchs- oder Klageverfahren gegen seinen Dienstherrn vor dem zuständigen Verwaltungsgericht Tatsachen dienstlichen Charakters mitteilt, so beispielsweise im Konkurrenten- oder Disziplinarverfahren (Grandjot in BeckOK Beamtenrecht Bund, Brinktrine/Schollendorf, Stand 1.4.2025, § 67 BBG Rn. 12; OVG NW, U.v. 30.11.2022 – 31 A 691/21.O, juris Rn. 79).
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Da es sich bei den gerichtlichen Verfahren der Klägerin allesamt um dienstrechtliche Verfahren gegen den Dienstherrn handelt, ist dieser Ausnahmetatbestand einschlägig. Die Klägerin unterliegt in diesen Verfahren nicht der Verschwiegenheitsverpflichtung nach § 67 Abs. 1 BBG.
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Anhaltspunkte, dass die Rückausnahme in Form der besonderen Schweigegebote oder der Verletzung der Rechte Dritter vorliegen könnte (vgl. hierzu BDiG Frankfurt a.M., B.v. 3.12.1991 – IX BK 9/91 – NJW 1992, 2107, juris), bestehen nicht und sind von der Klägerin auch nicht näher konkretisiert worden.
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(3) Darüber hinaus ist kein rechtlich geschütztes Interesse der Klägerin erkennbar, für das die nicht näher konkretisierten Aussagen in den jeweiligen Verfahren sachdienlich sein könnten (vgl. § 68 Abs. 2 BBG).
36
Eine Aussage dient nur dann der Wahrnehmung berechtigter Interessen, wenn das Interesse des Beamten rechtlich geschützt oder zumindest rechtlich anerkannt ist, diesem Interesse im Vergleich zur Geheimhaltungspflicht ein beachtenswertes Gewicht zukommt und die Aussage für die Wahrnehmung des Interesses sachdienlich erscheint (vgl. VG Minden, B.v. 6.9.2024 – 12 L 588/24 – juris Rn. 99; Hampel in Gesamtkommentar Öffentliches Dienstrecht (GKÖD), Beamtenrecht des Bundes und der Länder, Stand: Juli 2024, § 68 BBG Rn. 33).
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Bei der Beurteilung der Unabweisbarkeit darf berücksichtigt werden, in welchem Maß der Beamte bzw. der Richter hinsichtlich seiner konkret geltend gemachten Rechte und rechtlich geschützten Interessen wirklich darauf angewiesen ist, die an sich geheimhaltungsbedürftige Angelegenheit zu offenbaren (vgl. v. Roetteken in v. Roetteken/Rothländer, Beamtenstatusgesetz, Stand: Juni 2024, § 37 Rn. 315; BGH, U.v. 9.12.1988 – 2 StR 279/88 – NJW 1989, 1228, juris; BAG, U.v. 13.2.1969 – 5 AZR 199/68 – AP Nr. 3 zu § 611 BGB Schweigepflicht).
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Unter Anwendung dieser Grundsätze ist kein rechtlich geschütztes Interesse ersichtlich, für das die nicht näher konkretisierten Aussagen der Klägerin in den jeweiligen Verfahren sachdienlich sein könnten. Es ist nicht erkennbar, welche dienstlichen Angelegenheiten, die der Klägerin bei oder bei Gelegenheit ihrer Tätigkeit als Richterin am Bundesfinanzhof bekannt geworden sein sollen, für die Geltendmachung ihrer Ansprüche in den jeweiligen gerichtlichen und außergerichtlichen Verfahren relevant sein könnten.
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Insbesondere ist nicht ersichtlich, zu welchen konkreten Tatsachen die Klägerin vortragen will beziehungsweise welche wahrheitswidrigen Tatsachen behauptet und welche der Rechtslage widersprechenden Schlussfolgerungen zu ihren Lasten gezogen worden sein sollen. Dies gilt auch für den Vortrag, sie sei Opfer einer Rufmordkampagne geworden, von der die Öffentlichkeit erfahren müsse. Es bleibt unklar, zu welchen geheimhaltungsbedürftigen Tatsachen die Klägerin sich äußern will.
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Soweit sie den ihrer Auffassung nach durch die Entscheidungen des Dienstgerichts des Bundes vom 22. Juni 2022 – RiZ 2/16 und vom 4. Mai 2023 – RiSt 1/21 zu Unrecht zerstörten Ruf als Bundesrichterin durch einen umfassenden Vortrag wiederherstellen wolle, so ist dies nicht Gegenstand der benannten außergerichtlichen oder gerichtlichen Verfahren. Daneben ist nicht nachvollziehbar, inwieweit die Erteilung der Aussagegenehmigung ihr Ziel, zeitnah wieder im bundesrichterlichen Dienst tätig sein zu können, vor dem Hintergrund der rechtskräftigen Entscheidung des Dienstgerichts des Bundes über die Entfernung der Klägerin aus dem Dienst (RiSt 1/21), fördern können soll.
41
bb) Hinsichtlich der Ziff. 2 des Klageantrags wäre das Bundesjustizministerium schon gar nicht zuständig, sodass eine weitere Verbescheidung nicht erforderlich war. Denn nach Nr. II.8 des Delegationserlasses vom 30. Oktober 2023 (Anordnung zur Übertragung von Befugnissen im Personalbereich an die Gerichte und Behörden im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Justiz vom 30.10.2023, vgl. S. 10 f. der Behördenakte) ist die Befugnis zur Erteilung von Aussagegenehmigungen in vollem Umfang auf den Bundesfinanzhof delegiert worden. Dementsprechend hat das Bundesjustizministerium keine sachliche Entscheidung über die Aussagegenehmigung der Klägerin treffen können.
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4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung/ZPO.