Titel:
Keine Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, Amtshaftungsanspruch, Rechtswegverweisung bei mehreren zuständigen Landgerichten und unterbliebener Auswahl des Klägers
Normenketten:
GVG § 17a Abs. 2 S. 1
VwGO § 40 Abs. 1
GG Art. 34 S. 3
GVG § 71 Abs. 2 Nr. 2
GVG § 71 Abs. 3
AGGVG Art. 9 Nr. 1
ZPO § 32
Schlagworte:
Keine Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs, Amtshaftungsanspruch, Rechtswegverweisung bei mehreren zuständigen Landgerichten und unterbliebener Auswahl des Klägers
Fundstelle:
BeckRS 2025, 22926
Tenor
I. Der Verwaltungsrechtsweg ist unzulässig.
II. Der Rechtsstreit wird an das Landgericht München I verwiesen.
III. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Gründe
1
Der Kläger begehrt von der Beklagten Schadensersatz im Wege der Amtshaftung.
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Der Kläger hat am ... Februar 2023 eine Förderung für eine Heizungsanlage beim B. für W. und A. (BAFA) beantragt, die ihm mit Bewilligungsbescheid vom 10. Oktober 2023 gewährt wurde. Nach Einbau der dem Förderantrag zu Grunde gelegten Heizungsanlage wurde dem Kläger von der Beklagten mitgeteilt, dass diese nicht förderfähig sei. Am 8. November 2024 erließ die Beklagte nach vorheriger Anhörung einen Aufhebungsbescheid mit dem sie den Zuwendungsbescheid vom 10. Oktober 2023 zurücknahm.
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Der Kläger nimmt die Beklagten auf Schadensersatz für den ihm entstandenen wirtschaftlichen Schaden in Anspruch. Ohne den seines Erachtens zu Unrecht für eine nicht förderfähige Heizungsanlage ergangenen Bewilligungsbescheid hätte er eine wesentlich günstigere Heizungsanlage eingebaut und diese dann auch nicht mit teurem Biogas betrieben.
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Die Beteiligten wurden zur Verweisung des Rechtsstreits gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) angehört.
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Nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG ist die Unzulässigkeit des Verwaltungsrechtswegs festzustellen und der Rechtsstreit an das zuständige Landgericht München I zu verweisen, weil für das vorliegende Verfahren nicht der Verwaltungsrechtsweg, sondern der Rechtsweg zu den Zivilgerichten eröffnet ist.
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Für Klagen aus Amtshaftung ist gemäß Art. 34 Satz 3 Grundgesetz (GG), § 40 Abs. 2 Satz 1 Hs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) der ordentliche Rechtsweg gegeben. Um eine solche handelt es sich hier nach dem Vortrag des Klägers, weil es um einen Haftungsanspruch gegen die Beklagte wegen einer – vom Kläger behaupteten – Fehlentscheidung ihrer Mitarbeiter im Rahmen einer hoheitlichen Tätigkeit geht. Das BAFA ist eine Bundesoberbehörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums für Wirtschaft und Klimaschutz, die Verwaltungsaufgaben des Bundes – hier im Vollzug des Zuwendungsrechts – wahrnimmt. Die Wahrnehmung dieser Aufgaben durch Mitarbeiter der Beklagten erfolgt unabhängig von deren statusrechtlicher Einordnung als Beamte oder Angestellte im Rahmen eines öffentlichen Amtes im haftungsrechtlichen Sinn.
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Zuständig ist hier gemäß § 32 Zivilprozessordnung (ZPO) und § 71 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 GVG i.V.m. Art. 9 Nr. 1 Gesetz zur Ausführung des Gerichtsverfassungsgesetzes und von Verfahrensgesetzen des Bundes (Gerichtsverfassungsausführungsgesetz – AGGVG; vgl. dazu Goers in: BeckOK GVG, BayAGGVG, 26. Ed. 15.2.2025, Art. 9 Rn. 7), Art. 4 Nr. 14, Art. 5 Abs. 2 Nr. 47 Gesetz über die Organisation der ordentlichen Gerichte im Freistaat Bayern (Gerichtsorganisationsgesetz – GerOrgG) das Landgericht München I (vgl. Schultzky in: Zöller, ZPO, 35. Aufl. 2024, § 32 Rn. 5; BayObLG, B.v. 18.11.2021 – 102 AR 151/21 – juris Rn. 18 m.w.N.). Mit seiner Klageerhebung beim Verwaltungsgericht München hat der Kläger, der sich im Rahmen der Anhörung zur Verweisung nicht geäußert hat, i.S.d. § 35 ZPO zum Ausdruck gebracht, dass ihm an einem wohnortnahen Rechtsschutz gelegen ist; ein solcher ist für ihn allein über den besonderen Gerichtsstand nach § 32 ZPO realisierbar, nicht hingegen über den allgemeinen Gerichtsstand nach §§ 12, 17 Abs. 1 GVG (vgl. zur Rechtswegverweisung bei mehreren zuständigen Landgerichten und unterbliebener Auswahl des Klägers OVG SH, B.v. 3.11.2021 – 3 KS 2/21 – juris 7 f.).
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Das Gericht spricht daher die Unzulässigkeit des beschrittenen Rechtsweges aus und verweist den Rechtsstreit nach Anhörung der Beteiligten von Amts wegen an das sachlich und örtlich zuständige Landgericht München I.
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Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Über die durch Anrufung des unzuständigen Gerichts entstandenen Kosten entscheidet gemäß § 173 Satz 1 VwGO i.V.m. § 17b Abs. 2 Satz 1 GVG das zur Entscheidung berufene Gericht.