Titel:
Erfolgloser Eilantrag, Aufforderung zur Vorlage eines Nachweises über einen ausreichenden Masernschutz bei einem Schüler, Zwangsgeldandrohung
Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
VwGO § 80 Abs. 7
IfSG § 20 Abs. 12
IfSG § 20 Abs. 9
VwZVG Art. 31
Schlagworte:
Erfolgloser Eilantrag, Aufforderung zur Vorlage eines Nachweises über einen ausreichenden Masernschutz bei einem Schüler, Zwangsgeldandrohung
Fundstelle:
BeckRS 2025, 22921
Tenor
I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragsteller haben die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 2.500 EUR festgesetzt.
Gründe
1
Die Antragsteller wenden sich im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes gegen die Verpflichtung, für ihr am ... 2013 geborenes Kind M. A. (im Folgenden: Kind) einen ausreichenden Impfschutz gegen Masern bzw. eine medizinische Kontraindikation gegen eine entsprechende Impfung nachzuweisen und gegen die damit verbundene Androhung eines Zwangsgeldes.
2
Ausweislich der Behördenakte erhielt die Antragsgegnerin am … Oktober 2020 von der Grundschule in M. , welche das Kind der Antragsteller besuchte, die Meldung, dass für das Kind der Antragsteller noch kein Nachweis gemäß § 20 Infektionsschutzgesetz (IfSG) vorgelegt wurde.
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Mit Schreiben vom ... Juli 2021 forderte die Antragsgegnerin die Antragsteller als Sorgeberechtigte ihres Kindes auf, den Nachweis der zwei erfolgten Masernschutzimpfungen zu erbringen und bot einen unverbindlichen ärztlichen Beratungstermin an. Laut einem Vermerk in der Behördenakte behauptete die Antragstellerin zu 2. am … Juli 2021 in einem Telefonat, den Nachweis der Schule vorgelegt zu haben. Die Antragstellerin zu 2. wollte in dem Telefonat gegenüber der Antragsgegnerin auch keine Auskunft geben, ob das Kind zwei Masernschutzimpfungen habe. Nach telefonischer Auskunft der Grundschule vom … Juli 2021 hatte die Grundschule jedoch keinen Nachweis über Masernschutzimpfungen erhalten.
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Mit weiterem Schreiben vom … Oktober 2021 forderte die Antragsgegnerin die Antragsteller erneut auf, diesmal unter Fristsetzung bis spätestens … November 2021, den Nachweis der zwei erfolgten Masernschutzimpfungen zu erbringen, und bot wiederum einen unverbindlichen ärztlichen Beratungstermin an. Mit E-Mail vom … Oktober 2021 teilten die Antragsteller mit, dass es ein Kommunikationsproblem gegeben habe. Sie hätten den Nachweis bereits gegenüber dem Betreiber des Tagesheimplatzes für ihr Kind erbracht und seien davon ausgegangen, dass dieser Nachweis vom Tagesheim an die Schule gegeben worden sei. Erst im Nachhinein hätten sie erfahren, dass dies aus Datenschutzgründen nicht so gewesen sei. Sie seien deshalb nochmals am … September 2021 zur Schule gegangen und ihrer Nachweispflicht nachgekommen. Mit E-Mail vom … Oktober 2021 wies die Antragsgegnerin darauf hin, dass der Nachweis gegenüber der Antragsgegnerin zu erbringen sei, weil die Zuständigkeit hierfür mit der Meldung der Schule an das Gesundheitsamt auf die Antragsgegnerin übergegangen sei.
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Am … Oktober 2021 legte der Antragsteller zu 1. anlässlich eines persönlichen Gesprächs mit einer Mitarbeiterin der Antragsgegnerin ein Attest von Herrn Dr. N. M. (Arzt für Allgemeinmedizin) vom … August 2020 vor. Darin bestätigt der Arzt, dass ihm das Kind der Antragsteller ärztlicherseits bekannt sei. Weiterhin wird bestätigt, dass für das Kind folgende Dokumente vorliegen: „1. eine Impfdokumentation nach § 22 Abs. 1 und 2 oder 2. ein ärztliches Zeugnis, auch in Form einer Dokumentation nach § 26 Abs. 2 Satz 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, darüber, dass bei dem Vorgenannten ein nach den Maßgaben von Abs. 8 Satz 2 ausreichender Impfschutz gegen Masern besteht, oder 3. ein ärztliches Zeugnis darüber, dass bei dem Vorgenannten eine Immunität gegen Masern vorliegt oder er aufgrund einer medizinischen Kontraindikation nicht geimpft werden kann, und damit der erforderliche Nachweis nach dem Gesetz für den Schutz vor Masern und zur Stärkung der Impfprävention (Masernimpfschutzgesetz) erbracht ist.“
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Mit Schreiben vom … Oktober 2021 forderte die Antragsgegnerin unter Bezugnahme auf das persönliche Gespräch die Antragsteller unter Fristsetzung bis zum … November 2021 auf, durch Vorlage eines aktuellen aussagekräftigen Attestes nachzuweisen, ob eine medizinische Kontraindikation vorliegt, aufgrund derer eine Masernschutzimpfung nicht gegeben werden darf. Alternativ könne der Nachweis über einen ausreichenden Impfschutz oder eine Immunität mit Vorlage eines Nachweises, eines ärztlichen Zeugnisses über eine Immunität gegen Masern oder einer Bestätigung einer staatlichen Stelle oder eine Einrichtung darüber, dass ein solcher Nachweis bereits vorgelegt wurde, erbracht werden.
7
Am … November 2021 nahmen die Antragsteller an einem Beratungsgespräch mit der Antragsgegnerin zum Thema Masernimpfschutz für ihr Kind teil und legten der Antragsgegnerin lediglich zur Einsichtnahme ein weiteres Attest für ihr Kind vor, in dem ohne weiterführende Angaben eine dauerhafte Kontraindikation gegen eine Masernimpfung attestiert wurde (nicht aktenkundig).
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Mit Schreiben vom … November 2021 wies die Antragsgegnerin das von den Antragstellern vorgelegte ärztliche Attest zurück, weil es keine Angaben zur Art der Kontraindikation enthalte. Die Antragsteller wurden unter Fristsetzung bis zum … Januar 2022 aufgefordert, einen ärztlichen Bericht zu der Art der medizinischen Kontraindikationen vorzulegen und den ausstellenden Arzt von der Schweigepflicht zu entbinden.
9
Mit Schreiben vom … Januar 2022 teilten die Antragsteller der Antragsgegnerin mit, dass sie ihrer Nachweispflicht nach „§ 20 Abs. 9 Satz 2 i. V. m. Abs. 12 Satz 2“ IfSG nachgekommen seien. Der Bayerische Landesbeauftragte für den Datenschutz habe ihnen auf Anfrage bestätigt, dass ein ärztliches Zeugnis über das Vorliegen einer Kontraindikation lediglich Angaben zur zeitlichen Dauer von Kontraindikationen, nicht aber Angaben zum medizinischen Grund der Kontraindikation aufweisen müsse. Sie seien daher nicht verpflichtet, die Schweigepflichtsentbindungserklärung zu unterschreiben und ärztliche Befunde zur Art der medizinischen Kontraindikationen vorzulegen.
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Mit Schreiben vom ... Februar 2022 teilte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit, dass sie die mit Schreiben vom … Januar 2022 übermittelte Rechtsauffassung der Antragsteller nicht teile und forderte sie erneut auf, den ärztlichen Befundbericht zur Art der Kontraindikation mit Begründung bis zum … Februar 2022 vorzulegen.
11
Am … Februar 2022 legten die Antragsteller im Rahmen eines persönlichen Gespräches die schriftliche Auskunft des Bayerischen Landesbeauftragten für den Datenschutz vor (nicht aktenkundig).
12
Mit Schreiben vom … Februar 2022 teilte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit, dass der Nachweis nach § 20 Abs. 9 Satz 2 i. V. m. Abs. 12 Satz 2 IfSG für das Kind der Antragsteller mit Stand … Februar 2022 nicht erbracht sei. Zum aktuellen Zeitpunkt werde von weiteren Maßnahmen zur Nachweispflicht durch die Antragsgegnerin abgesehen. Ein Beratungsgespräch zum Masernschutzgesetz sei am … November 2021 durchgeführt worden.
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Mit Schreiben vom ... Mai 2023 teilte die Antragsgegnerin den Antragstellern mit, dass sie beabsichtige, eine zwangsgeldbewehrte und gebührenpflichtige Anordnung zur Vorlage des erforderlichen Nachweises gemäß § 20 Abs. 12 Satz 1 IfSG zu erlassen. Die Antragsteller könnten diese vermeiden, wenn sie bis zum 9. Juni 2023 die entsprechenden Nachweise für ihr Kind nachreichen würden. Gleichzeitig erhielten die Antragsteller gemäß Art. 28 Abs. 1 Bayerisches Verwaltungsverfahrensgesetz (BayVwVfG) Gelegenheit, sich innerhalb der gleichen Frist zum beabsichtigten Erlass der Anordnung zu äußern.
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Mit Schreiben vom … Juni 2023 teilten die Antragsteller mit, dass sie das ärztliche Zeugnis mit Erfüllung der geforderten Anforderungen nachträglich bereits am … November 2021 bei dem persönlichen Termin vorgelegt hätten und sie somit der Nachweispflicht nachgekommen seien.
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Mit Schreiben vom 14. Juni 2023 wies die Antragsgegnerin die Antragsteller darauf hin, dass – wie bereits mitgeteilt – der vorgelegte Nachweis vom … Oktober 2021 nicht die Anforderungen nach § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG erfülle. Insbesondere sei aufgrund der unspezifischen Formulierung des Nachweises nicht erkennbar, ob ein Impfschutz, eine Immunität oder eine Kontraindikation vorliege. Die Frist zur Vorlage eines Nachweises werde bis zum … Juni 2023 verlängert.
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Mit Schreiben vom … Juni 2023 wiesen die Antragsteller darauf hin, dass sie am … November 2021 beim persönlichen Gespräch einen gegenüber dem Nachweis vom … Oktober 2021 aktualisierten Nachweis vorgelegt hätten und somit ihrer Nachweispflicht nachgekommen seien.
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Mit Schreiben vom ... Juli 2023 wies die Antragsgegnerin die Antragsteller erneut darauf hin, dass die von diesen vorgelegten ärztlichen Bescheinigungen nicht den Anforderungen nach § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG genügen, und forderte die Antragsteller unter Fristsetzung bis zum … Juli 2023 zur Vorlage eines Nachweises auf.
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Mit Schreiben vom … Juli 2023 wiesen die Antragsteller darauf hin, dass gemäß § 20 Abs. 9 IfSG ein Nachweis nur vorzulegen sei und dass laut der Datenschutz-Grundverordnung die Einsicht als Nachweis ausreiche. Daher fände die Antragsgegnerin auch keine Kopie des Nachweises in ihrer Akte. Die Vorlage und Einsicht sei der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin am … November 2021 in dem persönlichen Termin gewährt worden, sodass die Antragsteller ihrer Nachweispflicht nachgekommen seien.
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Mit Bescheid vom … Juli 2023, zugestellt am … Juli 2023, forderte die Antragsgegnerin die Antragsteller unter Ziffer I auf, bis zum … September 2023 einen Nachweis nach § 20 Abs. 9 Satz 1 IfSG für ihr Kind vorzulegen. Gemäß Ziffer II des Bescheides sei diese Anordnung unter Ziffer I kraft Gesetzes sofort vollziehbar. Für den Fall, dass die Antragsteller der Anordnung aus Ziffer I nicht spätestens bis … September 2023 nachkommen, wurde unter Ziffer III ein Zwangsgeld in Höhe von 400,00 EUR angedroht und sofort fällig gestellt. Gemäß Ziffer IV des Bescheides haben die Antragsteller die Kosten des Verfahrens zu tragen. In Ziffer V des Bescheides setzte die Antragsgegnerin eine Gebühr in Höhe von 120,00 EUR und Auslagen je Zustellungsauftrag in Höhe von 2,49 EUR fest. Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
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Gegen diesen Bescheid ließen die Antragsteller mit Schreiben ihres Bevollmächtigten am … August 2023 Klage erheben (Aktenzeichen M 26a K 23.4176) und beantragten zugleich im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen (Aktenzeichen M 26a S 23.4202).
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Mit weiterem Bescheid vom … Oktober 2023, Zustelldatum nicht aktenkundig, nahm die Antragsgegnerin die Zwangsgeldandrohung in Ziffer III des Bescheides vom … Juli 2023 zurück (Ziffer I). Die mit der Anforderung zur Nachweisvorlage verbundene Zwangsgeldandrohung sei zum Zeitpunkt des Erlasses aufgrund einer fehlenden Ermessensausübung rechtswidrig gewesen. Da keine Möglichkeit zur Heilung des Verfahrens bestanden habe, habe sich die Antragsgegnerin entschlossen, gemäß Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG Abhilfe zu schaffen. Gleichzeitig erließ die Antragsgegnerin für den Fall, dass die Antragsteller der in Ziffer I des Bescheides vom … Juli 2023 festgelegten Nachweispflicht nicht bis spätestens … November 2023 nachkommen, erneut eine Zwangsgeldandrohung in Höhe von 400,00 EUR (Ziffer II). Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
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Mit Schriftsatz vom … November 2023 beantragten die Antragsteller auch die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bezüglich Ziffer II des Bescheides vom … Oktober 2023. Zudem erklärten die Antragsteller den Eilantrag hinsichtlich der Ziffer III des Bescheids vom … Juli 2023 für erledigt.
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Die Antragsteller ließen mit Schriftsatz vom … Dezember 2023 insbesondere mitteilen, dass das Kind nicht an einer von RKI, PEI oder STIKO anerkannten Krankheit, die höchst ausnahmsweise die Annahme einer Kontraindikation rechtfertige, leide. Der „Katalog“ der für eine medizinische Kontraindikation anerkannten Krankheiten sei viel zu eng bemessen. Die Antragsteller hätten daher keine realistische Chance, ein von der Antragsgegnerin anerkanntes Attest vorzulegen, so dass nur die Möglichkeit der Impfung bliebe.
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Mit weiterem Bescheid vom … Februar 2024, Zustelldatum nicht aktenkundig, nahm die Antragsgegnerin die Zwangsgeldandrohung in Ziffer II des Bescheides vom … Oktober 2023 zurück (Ziffer I). Die Zwangsgeldandrohung sei aufgrund einer nicht angemessenen Fristsetzung rechtswidrig gewesen. Da keine Möglichkeit der Heilung des Verfahrens bestanden habe, habe sich die Antragsgegnerin entschlossen, gemäß Art. 48 Abs. 1 BayVwVfG Abhilfe zu schaffen. Gleichzeitig erließ die Antragsgegnerin für den Fall, dass die Antragsteller der in Ziffer I des Bescheides vom … Juli 2023 festgelegten Nachweispflicht nicht bis spätestens … April 2024 nachkommen, erneut eine Zwangsgeldandrohung in Höhe von 400,00 EUR (Ziffer II). Auf die Begründung des Bescheids wird Bezug genommen.
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Mit Schriftsatz vom 28. Februar 2024 erklärten die Antragsteller den Eilantrag hinsichtlich der Ziffer II des Bescheides vom … Oktober 2023 für erledigt und beantragten die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer I, II, IV und V des Bescheides vom … Juli 2023 und gegen Ziffer II des Bescheides vom … Februar 2024 anzuordnen.
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Mit Beschluss vom 11. April 2024 im Verfahren M 26a S 23.4202 stellte das Gericht das Verfahren ein, soweit die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wurde, ordnete die aufschiebende Wirkung der Klage gegen Ziffer II des Bescheides vom … Februar 2024 an und lehnte den Eilantrag im Übrigen ab.
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Mit Bescheid vom … Juni 2025, Eingang beim Bevollmächtigten der Antragsteller am … Juni 2025, nahm die Antragsgegnerin die Zwangsgeldandrohung in Ziffer II des Bescheides vom … Februar 2024 zurück. Die Zwangsgeldandrohung sei wegen eines Verstoßes gegen das Bestimmtheitsgebot des Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG rechtswidrig gewesen. Es sei weder erkennbar gewesen, welche der Betroffenen bei Nichterfüllung der Handlungspflicht als Vollstreckungsschuldner in Anspruch genommen werden soll, noch sei die Zwangsgeldhöhe hinreichend konkretisiert gewesen. In Ziffer II des Bescheides wurde für den Fall, dass der Nachweispflicht in Ziffer I des Bescheides vom … Juli 2023 nicht spätestens bis … August 2025 nachgekommen wird, ein Zwangsgeld in Höhe von 200,00 EUR gegen die Antragstellerin und ein Zwangsgeld in Höhe von 200,00 EUR gegen den Antragsteller angedroht. Kosten wurden nicht erhoben (Ziffer III).
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Mit Schriftsatz vom 18. Juli 2025 erhoben die Antragsteller im Verfahren M 26a K 23.4176 Klage auch gegen den Bescheid vom … Juni 2025 und beantragen im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes
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„I. Die aufschiebende Wirkung der Klage der Antragsteller gegen den Bescheid der Beklagten vom …07.2023, Az. … …, Ziff. I., II., IV. und V. wird angeordnet.
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II. Der Eilantrag II. gemäß Schriftsatz vom 21.11.2023, betreffend die Beantragung der aufschiebenden Wirkung der hiesigen Klage gegen Ziff. II. des Bescheids der Antragsgegnerin vom …10.2023, Az. … …, wird für erledigt erklärt.
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III. Der Antrag III. im Schriftsatz vom 28.02.2024, betreffen [sic] die aufschiebende Wirkung der hiesigen Klage gegen Ziff. II. des Bescheids vom …02.2024 der Beklagten, wird für erledigt erklärt.
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IV. Die aufschiebende Wirkung der hiesigen Klage gegen Ziff. II. des Bescheids der Beklagten vom …06.2025, Az. … …, wird angeordnet.
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V. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragsgegnerin.“
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Die Eilantragsbegründung wurde mit gesondertem Schriftsatz angekündigt.
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Das Gericht wies die Beteiligten mit Schreiben vom 14. August 2025 darauf hin, dass über den Eilantrag aufgrund der Zwangsgeldandrohung voraussichtlich in der 34. Kalenderwoche entschieden würde und gab den Beteiligten Gelegenheit zur Stellungnahme bis einschließlich 19. August 2025.
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Mit am 14. August 2025 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom … Juli 2025 im Hauptsacheverfahren M 26a K 23.4176 lassen die Antragsteller im Wesentlichen vortragen, dass das „Masernschutzgesetz“ verfassungswidrig und EMRKwidrig sei. Die Antragsgegnerin setze sich mit dem Vortrag der Antragsteller, über den noch kein anderes Gericht befunden habe, nicht auseinander. Die dritte oder vierte Änderung der Zwangsgeldandrohung sprenge die vom BayVGH vorgegebenen Grenzen und komme einer – vom Gesetzgeber unstreitig nicht gewollten – Impfpflicht gleich, da hier kein verfassungsrechtlich relevanter Freiheitsraum mehr verbleibe. Die These des BayVGH (U.v. 05.12.2024 – 20 BV 24.1343 – juris Rn. 21), dass es sich bei der Vorlagepflicht an das Gesundheitsamt um eine mit Verwaltungsvollstreckungsrecht und Zwangsgeld durchsetzbare Pflicht handele, sei nicht überzeugend. Der Gesetzgeber habe lediglich gemeint, dass bereits vorliegende Masernschutznachweise mit Zwangsgeldandrohung angefordert werden dürften. Ansonsten würde die Nachweispflicht zur Impfpflicht, wenn beispielsweise kein anerkanntes Attest über eine Kontraindikation vorliege. Die Aufforderung, ein ausführlicher begründetes Kontraindikationsattest vorzulegen, sei ein milderes Mittel als die Androhung des Zwangsgeldes. Die von der Antragstellerin verlangten beiden Nachweise schlössen einander aus, so dass die Darlegungen auf Seite 3, vorletzter Absatz, im Bescheid der Antragsgegnerin grob ermessensfehlerhaft seien. Die zu Teilen in den Sommerferien gesetzte Frist sei nicht ausreichend, weil unter anderem umfassende Blutuntersuchungen und Untersuchungen des Blutes des Kindes auf Allergien gegen sämtliche Inhaltsstoffe des MMR-Impfstoffes erforderlich seien.
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Mit Schriftsatz vom 19. August 2025 beantragt die Antragsgegnerin,
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den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer II. des Bescheides der Antragsgegnerin vom … Juni 2025 abzulehnen.
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Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Antrag zwar zulässig, aber unbegründet sei. Die Zwangsgeldandrohung in Ziffer II des Bescheides vom … Juni 2025 sei rechtmäßig und der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung abzulehnen. Das „Masernschutzgesetz“ sei weder verfassungswidrig noch verstoße es gegen die EMRK. Bei der streitgegenständlichen Anordnung handele es sich wegen der Aufhebung der vorherigen Zwangsgeldandrohungen um die erstmalige Androhung von Zwangsgeld. Nach der Rechtsprechung (BayVGH, B.v. 07.05.2024 – 20 CS 24.428 – Rn. 7) sei bei einer erstmaligen Zwangsgeldandrohung regelmäßig nicht von einer unzulässigen Impfpflicht auszugehen. Die gesetzte Vorlagefrist von zwei Monaten sei auch in den Sommerferien ausreichend. Die Nachweispflicht sei den Antragstellern jetzt seit über zwei Jahren bekannt. Die Antragsteller hätten auch keinen Kontakt mit der Antragsgegnerin aufgenommen, um eine Fristverlängerung zu erreichen. Die Antragsgegnerin habe insbesondere auch die Vorgaben der Rechtsprechung berücksichtigt, dass bei Zwangsgeldandrohungen gegen eine Personenmehrheit konkret festgelegt sein müsse, wann und in welcher Höhe gegen den einzelnen Adressaten vorgegangen werden soll (BayVGH, B.v. 10.06.2025 – 20 ZB 24.2157 – Rn. 4, VG München, U.v. 18.11.2024 – M 26a K 24.528 – Rn. 21). Die Höhe des Zwangsgeldes sei verhältnismäßig und bewege sich am untersten Rand des vorgegebenen Rahmens. Das Ermessen sei ordnungsgemäß ausgeübt worden. Es werde darauf hingewiesen, dass über die Ziffer I des Eilantrags bereits durch Beschluss des Gerichts vom 11. April 2024 (Az. M 26a S 23.4202) entschieden wurde.
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Mit weiterem Schriftsatz vom 20. August 2025 vertiefen die Antragsteller ihre bisherige Argumentation und lassen auf den Schriftsatz der Antragsgegnerin im Wesentlichen erwidern, dass sich die Behörden und Gerichte einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit den Problemen der Masernschutzimpfung verweigern würden. Die Argumentation der Antragsgegnerin, dass die mehrfache Aufhebung der Zwangsgelder nach jahrelangem Verfahren dazu führen solle, dass der Bescheid vom 20. Juni 2025 nunmehr die erste Zwangsgeldandrohung darstelle, sei widersprüchlich. Die mehrfachen Zwangsgeldandrohungen führten in ihrer Wirkung kumulativ zu einer mittelbaren Impfpflicht. Den Antragstellern sei jetzt bei der angeblich angemessenen Länge der Frist auch vorgehalten worden, dass ihnen die Nachweispflicht schon seit längerem bekannt gewesen sei. Der Verweis auf das Merkblatt sei nicht ausreichend. Es sei auch ermessensfehlerhaft, dass die Antragsgegnerin den immensen zeitlichen, nervlichen und auch finanziellen Druck auf die Antragsteller nicht berücksichtigt habe, den die früheren rechtswidrigen Zwangsgeldandrohungen ausgelöst hätten. Es sei ein offenes Geheimnis, dass eine derart komplexe Angelegenheit von keiner Kanzlei auf RVG-Basis bearbeitet würde.
41
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakten, auch im Klageverfahren M 26a K 23.4176 und im Eilverfahren M 26a S 23.4202, und die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
42
Die gestellten Eilanträge bleiben ohne Erfolg.
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1. Der Eilantrag Ziffer I. ist abzulehnen. Das Gericht legt diesen gestellten Eilantrag unter Beachtung der Grenzen des § 88 i.V.m. § 122 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) dahingehend aus, dass die Antragsteller gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO bezüglich der Ziffern I., II., IV. und V. des Bescheides der Antragsgegnerin vom … Juli 2023 eine Abänderung des gerichtlichen Eilbeschlusses vom 11. April 2024 im Verfahren M 26a S 23.4202 begehren, mit welchem das Gericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage der Antragsteller bereits abgelehnt hatte. Ein erneuter Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ziffern I., II., IV. und V. des Bescheides der Antragstellerin vom … Juli 2023 wäre nämlich von vornherein unzulässig, weil ihm die Rechtskraft des gerichtlichen Eilbeschlusses vom 11. April 2024 entgegenstünde (vgl. BVerwG, B.v. 1.4.2016 – 3 VR 2.15 – beckonline, Rn. 12; Schoch/Schneider/Schoch, 46. EL August 2024, VwGO § 80 Rn. 529; Eyermann, 16. Aufl. 2022, VwGO § 80 Rn. 126).
44
Jedoch ist auch der vorliegende Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO unzulässig. Nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache Beschlüsse über Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO jederzeit ändern oder aufheben. Gemäß § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO kann jeder Beteiligte die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände beantragen. Für einen zulässigen Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO genügt es, dass ein schlüssiger Vortrag zur Änderung der Sach- oder Rechtslage, auch der Prozesslage, vorliegt und auf dieser Grundlage die Möglichkeit einer Abänderungsentscheidung gegeben ist. Ob tatsächlich eine Veränderung der Umstände eingetreten ist, muss – ebenso wie die eventuelle Abänderung der früheren Eilentscheidung – im Rahmen der Begründetheitsprüfung geklärt werden (Schoch/Schneider/Schoch, 46. EL August 2024, VwGO § 80 Rn. 576). Nach diesem Maßstab fehlt es diesbezüglich bereits an einem schlüssigen Vortrag bzw. an einer Geltendmachung veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachte Umstände durch die Antragstellerseite, aus denen sich die Möglichkeit einer Abänderungsentscheidung ergibt. Die Antragsteller haben bezüglich der streitgegenständlichen Ziffern des Bescheides vom … Juli 2023 nichts dahingehend vorgetragen, dass sich seit dem Beschluss des Gerichts vom 11. April 2024 im Verfahren M 26a S 23.4202 neue Umstände ergeben hätten. Der Vortrag der Antragstellerseite beschränkt sich vielmehr auf die Wiederholung bzw. Vertiefung der dem Gericht bereits bis zum 11. April 2024 vorgetragenen Punkte. Aus diesem Grund kommt auch eine Abänderung von Amts wegen nach § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO vorliegend nicht in Betracht.
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2. Dem Eilantrag Ziffer II. kommt nach Einschätzung des Gerichts keine eigene Bedeutung im vorliegenden Verfahren zu, weil eine solche Erledigungserklärung der Antragsteller bereits mit Schriftsatz vom 28. Februar 2024 erfolgte und das Gericht nach Zustimmung der Antragsgegnerin das Verfahren mit Ziffer I. des Beschlusses vom 11. April 2024 im Verfahren M 26a S 23.4202 insoweit bereits eingestellt hatte.
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3. Hinsichtlich des Eilantrags in Ziffer III. geht das Gericht unter Beachtung der Grenzen des § 88 i.V.m. § 122 Abs. 1 VwGO davon aus, dass die Antragsteller hiermit bezüglich der im Beschluss vom 11. April 2024 angeordneten aufschiebenden Wirkung ihrer Klage gegen Ziffer II des Bescheides vom … Februar 2024 aufgrund der zwischenzeitlichen Aufhebung dieser Ziffer eine erneute Entscheidung des Gerichts gemäß § 80 Abs. 7 Satz 1 VwGO anregen möchten. Die wörtlich abgegebene Erledigungserklärung nach § 161 Abs. 2 VwGO würde der Antragstellerseite erkennbar nichts bringen, weil das Eilverfahren M 26a S 23.4202 bereits rechtskräftig abgeschlossen ist und die Erledigungserklärung, welche auf eine Beendigung des gerichtlichen Verfahrens abzielt, insoweit ins Leere ginge. Auch ein Antrag nach § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO auf Abänderung des Beschlusses vom 11. April 2024 erscheint diesbezüglich fernliegend, weil es den Antragstellern hierfür an einer Antragsbefugnis fehlen würde. Sie sind nämlich durch den Beschluss vom 11. April 2024 insoweit nicht belastet, weil das Gericht diesbezüglich in ihrem Sinne entschieden hatte.
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Das Gericht sieht jedoch nach Ausübung pflichtgemäßen Ermessens keinen Anlass, die im Beschluss vom 11. April 24 getroffene Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Ziffer II des Bescheides vom … Februar 2024 abzuändern. Mit der Aufhebung der Ziffer II des Bescheides vom … Februar 2024 durch die Antragsgegnerin endet auch die vom Gericht angeordnete aufschiebende Wirkung, die aufschiebende Wirkung wird gegenstandslos (vgl. Schoch/Schneider/Schoch, 46. EL August 2024, VwGO § 80 Rn. 537). Eines Abänderungsbeschlusses des Gerichts bedarf es hierfür nicht.
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4. Auch der Eilantrag Ziffer IV. auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen Ziffer II. des Bescheids der Antragsgegnerin vom … Juni 2025 ist abzulehnen.
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4.1. Der Antrag ist nach § 80 Abs. 5 Satz 1 i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO i.V.m. Art. 21a Satz 1 VwZVG zulässig und insbesondere statthaft. Bei der Androhung eines Zwangsgeldes handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne des Art. 35 BayVwVfG (vgl. BVerwG, NVwZ 1998, 393). Die Androhung ist kraft Gesetzes sofort vollziehbar, die Klage gegen diese Androhung hat keine aufschiebende Wirkung, soweit sie sich – wie vorliegend – gegen Maßnahmen richtet, die in der Verwaltungsvollstreckung getroffen werden.
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4.2. Der Antrag ist jedoch unbegründet.
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4.2.1. Nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Klage in den Fällen des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO ganz oder teilweise anordnen. Hierbei hat das Gericht selbst abzuwägen, ob diejenigen Interessen, die für eine sofortige Vollziehung des angefochtenen Verwaltungsakts streiten, oder diejenigen, die für die Anordnung der aufschiebenden Wirkung sprechen, höher zu bewerten sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung sind auch die Erfolgsaussichten des Rechtsbehelfs in der Hauptsache als wesentliches, aber nicht als alleiniges Indiz zu berücksichtigen (beispielsweise BVerwG, B.v. 25.3.1993 – 1 ER 301/92 – NJW 1993, 3213, juris Rn. 3). Wird der in der Hauptsache erhobene Rechtsbehelf bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren nur möglichen, aber auch ausreichenden summarischen Prüfung voraussichtlich erfolgreich sein, weil er zulässig und begründet ist, so wird im Regelfall nur die Anordnung der aufschiebenden Wirkung in Betracht kommen. Erweist sich dagegen der angefochtene Bescheid bei summarischer Prüfung als offensichtlich rechtmäßig, besteht ein überwiegendes öffentliches Interesse an seiner sofortigen Vollziehung und der Antrag bleibt voraussichtlich erfolglos. Sind die Erfolgsaussichten bei summarischer Prüfung als offen zu beurteilen, findet eine eigene gerichtliche Abwägung der für und gegen den Sofortvollzug sprechenden Interessen statt.
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Maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für die Anfechtungsklage gegen die Zwangsgeldandrohungen ist die Sach- und Rechtslage zum Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung, hier also der Erlass des Bescheids vom … Juni 2025.
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4.2.2. Nach diesem Maßstab war der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die Zwangsgeldandrohungen abzulehnen. Die Klage gegen die Zwangsgeldandrohungen wird nach summarischer Prüfung voraussichtlich nicht erfolgreich sein, weil die Zwangsgeldandrohungen rechtmäßig sind und die Antragsteller nicht in ihren Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
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Die allgemeinen Vollstreckungsvoraussetzungen nach Art. 18 ff. VwZVG sind erfüllt. Bei der zu vollstreckenden Pflicht zur Vorlage eines Masernschutznachweises nach § 20 Abs. 12 Satz 1 Nr. 1 IfSG i.V.m. § 20 Abs. 13 Satz 1 IfSG handelt es sich um einen Verwaltungsakt im Sinne von Art. 18 Abs. 1 VwZVG. Dieser kann gemäß Art. 19 Abs. 1 Nr. 2 VwZVG vollstreckt werden, weil die von den Antragstellern eingelegte Anfechtungsklage gemäß § 20 Abs. 12 Satz 7 IfSG keine aufschiebende Wirkung hat. Der gegen die Grundverfügung gestellte Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der erhobenen Klage wurde mit Beschluss vom 11. April 2024 (M 26a S 23.4202) abgelehnt. Gründe für eine Abänderung dieser Entscheidung wurden, wie oben bereits ausgeführt wurde, weder vorgetragen noch sind solche für das Gericht sonst ersichtlich. Auch die allgemeine Vollstreckungsvoraussetzung in Art. 19 Abs. 2 VwZVG ist erfüllt, weil die Antragsteller die mit Ziffer I. des Bescheides vom … Juli 2023 angeordnete Verpflichtung zur Vorlage eines Masernschutznachweises nicht rechtzeitig erfüllt haben. Insbesondere erfüllt das vorgelegte Attest von Herrn Dr. N. M. vom … August 2020 nicht die gesetzlichen Anforderungen an einen Masernschutznachweis (vgl. zu den Anforderungen BayVGH, U.v. 05.12.2024 – 20 BV 24.1343 – beckonline, Rn. 45).
55
Auf die Rechtmäßigkeit des Grundverwaltungsaktes, also der Ziffer I. des Bescheides vom … Juli 2023, kommt es nicht an. Die Zwangsgeldandrohung setzt gemäß Art. 19 Abs. 1 VwZVG nur die Wirksamkeit und Vollziehbarkeit, nicht jedoch die Rechtmäßigkeit, der Grundverfügung voraus (Giehl/Adolph/Käß, VwZVG, 45. AL, Februar 2019, Art. 19 Rn. 5 m.w.N.). Auf die von den Antragstellern in Klage- und Eilverfahren umfangreich vorgetragenen Argumente zur angeblichen Verfassungswidrigkeit des Masernschutzgesetzes und der behaupteten Rechtswidrigkeit der Grundverfügung in Ziffer I. des Bescheides vom 24. Juli 2023 und insbesondere auf die im Hauptsacheverfahren gestellten Beweisanträge kommt es für die Entscheidung des Gerichts vorliegend nicht an.
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Auch die besonderen Vollstreckungsvoraussetzungen nach Art. 29 ff. VwZVG erachtet das Gericht vorliegend als gegeben. Insbesondere ist die gesetzte Erfüllungsfrist nicht zu beanstanden. Nach Art. 36 Abs. 1 Satz 2 VwZVG ist für die Erfüllung der Verpflichtung eine Frist zu bestimmen, innerhalb welcher dem Pflichtigen der Vollzug billigerweise zugemutet werden kann. Eine Frist ist angemessen und zumutbar, wenn sie einerseits das behördliche Interesse an der Dringlichkeit der Ausführung berücksichtigt und andererseits dem Betroffenen die nach der allgemeinen Lebenserfahrung erforderliche Zeit gibt, seiner Pflicht nachzukommen (vgl. BayVGH, B.v. 05.07.2021 – 9 ZB 19.1610 – beckonline Rn. 25; B.v. 15.03.2021 – 9 CS 20.2927 – beckonline Rn. 17 m.w.N.). Gegen eine Fristsetzung zur Vorlage eines Masernschutznachweises, der im Übrigen nicht nur durch eine zweifache Masernschutzimpfung erbracht werden kann, innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Bescheides bestehen nach obergerichtlicher Rechtsprechung regelmäßig keine rechtlichen Bedenken (vgl. BayVGH, B.v. 22.01.2024 – 20 CS 23.2238 – beckonline Rn. 13). Die von den Antragstellern individuell vorgebrachten Gründe für die Unangemessenheit der von der Antragsgegnerin vorgegebenen Frist überzeugen nicht. Die schriftsätzlich für erforderlich gehaltene Vorgehensweise der Antragsteller, vor einer eventuellen Masernschutzimpfung mögliche Risiken für das Kind durch Blut- und Allergieuntersuchungen auszuschließen, kann hier nicht berücksichtigt werden. Eine rechtliche Verpflichtung der Antragsteller, beim Kind vor einer eventuellen Masernschutzimpfung umfassende Blutuntersuchungen und Untersuchungen des Blutes auf Allergien gegen sämtliche Inhaltsstoffe des MMR-Impfstoffes vorzunehmen, besteht nicht. Vielmehr ging der Gesetzgeber erkennbar davon aus, dass vor einer etwaigen Masernschutzimpfung die Impffähigkeit nicht positiv festgestellt werden muss. Diese gesetzliche Pflicht ist auch verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, B.v. 21.7.2022 – 1 BvR 470/20 – beckonline, insbes. Rn. 102-153). Im Übrigen ist für das Gericht nicht erkennbar, worauf auch die Antragsgegnerin hinweist, dass die Antragsteller tatsächlich solche Untersuchungen bei ihrem Kind vornehmen wollen. Es fehlt jeder konkrete Vortrag zu den angeblich nicht rechtzeitig möglichen Untersuchungen. Angesichts der bereits mit Bescheid vom … Juli 2023 angeordneten sofort vollziehbaren Nachweisverpflichtung der Antragsteller hätte es für entsprechende Untersuchungen darüber hinaus ausreichend Zeit und Gelegenheit gegeben.
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Die angedrohten Zwangsgelder erweisen sich auch in der Höhe als verhältnismäßig. Die Höhe der Zwangsgelder liegt im absolut unteren Bereich des gesetzlich vorgegebenen Rahmens nach Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG. Anhaltspunkte dafür, dass das wirtschaftliche Interesse der Antragsteller nicht pflichtgemäß im Sinne von Art. 31 Abs. 2 Satz 4 VwZVG geschätzt wurde, sind nicht erkennbar.
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Ermessensfehler der Antragsgegnerin, insbesondere bei der Auswahl der Adressaten der Zwangsgeldandrohungen sind nicht ersichtlich. Die Androhungen genügen insbesondere den im Beschluss des BayVGH vom 10. Juni 2025 (20 ZB 24.2157) dargelegten Anforderungen bei mehreren Personen.
59
Die Zwangsgeldandrohungen verstoßen schließlich auch nicht gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Unter Berücksichtigung des Beschlusses des BayVGH vom 7. Mai 2024 (20 CS 24.428) hält das Gericht an seiner im Beschluss vom 11. April 2024 in Rn. 59 f. geäußerten Rechtsauffassung im Hinblick auf die mittlerweile durch die Antragsgegnerin aufgehobene Zwangsgeldandrohung in Ziffer II des Bescheides vom … Februar 2024 nicht mehr fest. Nach der diesbezüglichen obergerichtlichen Rechtsprechung ist die Androhung eines Zwangsgeldes zur Durchsetzung der Nachweispflicht grundsätzlich zulässig, weil auch das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung vom 21. Juli 2022 davon ausging, dass der Gesetzgeber unter Berücksichtigung seines Einschätzungsspielraums annehmen durfte, ohne entsprechenden Druck auf die Willensbildung der Eltern die erforderliche Impfquote nicht gleichermaßen erreichen zu können. Dabei hat die Behörde bei dem Erlass von Zwangsmitteln ihr Ermessen auszuüben und die vom Bundesverfassungsgericht aufgezeigte Spannungslage zwischen dem elterlichen Erziehungsrecht und dem Allgemeingut des Schutzes der Gesundheit der Bevölkerung zu berücksichtigen und im Einzelfall unter Heranziehung des Verhältnismäßigkeitsprinzips zu bewerten. In diesem Zusammenhang dürfte die erstmalige Androhung eines Zwangsgeldes regelmäßig zu keiner unzulässigen Impfpflicht führen, wenn die Behörde diese Vorgaben im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung hinreichend berücksichtigt (BayVGH, B.v. 07.05.2024 – 20 CS 24.428 – beckonline Rn. 6 f. m.w.N.). Vor diesem Hintergrund folgt das Gericht ausdrücklich nicht der Auffassung der Antragsteller, dass die Androhung von Zwangsgeldern lediglich zur Erzwingung der Herausgabe bereits den Eltern vorliegender Masernschutznachweise zulässig sei. Im Übrigen erachtet das Gericht auch die vorliegend wiederholte Aufhebung der Zwangsgeldandrohungen und die anschließende Neuandrohung nicht als Tatsache, die zu einer Unverhältnismäßigkeit der streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohungen führt. Auch bei der vorliegend streitgegenständlichen Zwangsgeldandrohung nach Aufhebung der jeweils vorangegangenen handelt es sich nach wie vor um eine erste Zwangsgeldandrohung (vgl. BayVGH, B.v. 07.05.2024 – 20 CS 24.428 – beckonline Rn. 8). Die Antragsteller waren zu jedem Zeitpunkt immer nur mit einer einzelnen Zwangsgeldandrohung konfrontiert, eine mehrfache Fälligstellung der Zwangsgelder war zu keinem Zeitpunkt zu befürchten. Eine Unverhältnismäßigkeit der Zwangsgeldandrohungen folgt schließlich auch nicht aus den von den Antragstellern angeführten zeitlichen und finanziellen Aufwänden im Zusammenhang mit ihrer Rechtsverfolgung. Die Entscheidung, ob und mit welchem Aufwand sich die Antragsteller gegen die bisherige Anforderung eines Masernschutznachweises nebst Zwangsgeldandrohung durch die Antragsgegnerin wehren, obliegt allein den Antragstellern. Dass insbesondere der finanzielle Aufwand nach den gesetzlichen Vorgaben nur im Erfolgsfall und innerhalb des gesetzlichen Rahmens erstattet wird, kann der Antragsgegnerin nicht zum Vorwurf gemacht werden und führt insbesondere nicht zu einer Unverhältnismäßigkeit der Zwangsgeldandrohungen.
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5. Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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6. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 2, § 52 Abs. 2 GKG i.V.m. 1.1.3, 1.5 und 1.7.2 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit. Im Hinblick darauf, dass die Antragsteller untereinander familiär verbunden sind und die streitgegenständlichen Bescheide, die beide Antragsteller als Adressaten ausweisen, als Rechtsgemeinschaft bekämpfen, ist der für den Streitgegenstand angemessene Streitwert von 2.500,00 EUR nur einmal zu berücksichtigten (vgl. hierzu BayVGH, B.v. 28.10.2021 – 25 CE 21.2628 – juris Rn. 4). Im Hinblick darauf, dass die Zwangsgelder jeweils neben der auch vorliegend im Rahmen des Antrags nach § 80 Abs. 7 VwGO streitgegenständlichen Grundverfügung angedroht wurden, bleiben diese bei der Streitwertfestsetzung gemäß Nr. 1.7.2 Streitwertkatalog außer Betracht, erhöhen also den Gesamtstreitwert nicht.