Inhalt

VG Würzburg, Beschluss v. 27.08.2025 – W 8 S 25.34049
Titel:

Sofortverfahren, Armenien, Georgien, doppelte Staatsangehörigkeit, offensichtlich unbegründet, Offensichtlichkeitsgrund für beide Herkunftsstaaten bei expliziter Abschiebungsandrohung in beide Staaten erforderlich, sicheres Herkunftsland Georgien, Vorbringen ohne Belang für internationalen Schutz bezogen auf Armenien, Bezugnahme auf Bundesamtsbescheid, Erkrankungen, Polyzystose der Nieren, in beiden Ländern kostenlos behandelbar bzw. bezahlbar

Normenketten:
VwGO § 80 Abs. 5
AsylG § 29a
AsylG § 30 Abs. 1 Nr. 1
AsylG § 36 Abs. 4 S. 1
AsylG § 77 Abs. 2
AufenthG § 60 Abs. 7
AufenthG § 60a Abs. 2c
Schlagworte:
Sofortverfahren, Armenien, Georgien, doppelte Staatsangehörigkeit, offensichtlich unbegründet, Offensichtlichkeitsgrund für beide Herkunftsstaaten bei expliziter Abschiebungsandrohung in beide Staaten erforderlich, sicheres Herkunftsland Georgien, Vorbringen ohne Belang für internationalen Schutz bezogen auf Armenien, Bezugnahme auf Bundesamtsbescheid, Erkrankungen, Polyzystose der Nieren, in beiden Ländern kostenlos behandelbar bzw. bezahlbar
Fundstelle:
BeckRS 2025, 22906

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
1
Der Antragsteller ist armenischer und georgischer Staatsangehöriger. Er reiste am 8. Mai 2025 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 19. Mai 2025 einen Asylantrag. Zur Begründung seines Asylantrages gab er im Wesentlichen an: Er habe seit seinem 25. Lebensjahr eine erbliche Krankheit, Polyzystose. Er sei in einigen Krankenhäuser in Armenien gewesen, ihm sei Antibiotika verschrieben worden, er habe Schübe und hohes Fieber gehabt. Jedes Mal, wenn er habe pinkeln müssen, habe er große Schmerzen gehabt. Man habe ihm gesagt, dass er wegen seiner Niere vermutlich zu einem Dialysepatienten werden würde. Deshalb sei er nach Deutschland gegangen und habe gehofft, dass man dort einen anderen Weg finde.
2
Mit Bescheid vom 8. August 2025 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) für die Antragsgegnerin den Antrag auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1), auf Asylanerkennung (Nr. 2) und auf subsidiären Schutz (Nr. 3) als offensichtlich unbegründet ab. Weiter stellte es fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen (Nr. 4). Der Antragsteller wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe der Entscheidung zu verlassen. Die Abschiebung nach Georgien oder Armenien oder in einen anderen Staat, in den der Antragsteller einreisen darf oder der zu seiner Rückübernahme verpflichtet ist, wurde angedroht. Die Vollziehung der Abschiebungsandrohung und der Lauf der Ausreisefrist wurden bis zum Ablauf der Klagefrist und im Falle der fristgerechten Stellung eines Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage bis zur Bekanntgabe der Ablehnung des Eilantrags durch das Verwaltungsgericht ausgesetzt (Nr. 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 7 AufenthG wurde angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde angeordnet und auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 6).
3
Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigter lägen offensichtlich nicht vor. Der Antragsteller stamme aus Georgien, einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Artikel 16 a Abs. 3 Satz 1 GG, § 29 a Abs. 2 AsylG i.V.m. der Anlage II zum AsylG. Der Antragsteller habe nichts glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass in seinem Falle, entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage in seinem Herkunftsstaat, die vorgenannten Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ernsthaften Schadens erfüllt seien. Eine Erkrankung stelle regelmäßig keine Verfolgungshandlung gemäß § 3a AsylG i.V.m. § 3 AsylG dar. Abschiebungsverbote lägen ebenfalls nicht vor. Ferner könne er auch in Armenien seinen Lebensunterhalt sichern. Der Antragsteller verfüge über berufliche Qualifikationen sowie eine Arbeitsstelle, durch die er seinen Lebensunterhalt in Armenien bereits bestritten habe. Er könne im Fall einer Rückkehr seine Arbeit in derselben oder der ähnlichen Firma aufnehmen und dadurch seinen Lebensunterhalt sichern. Es drohe dem Antragsteller auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 AufenthG führen würde. Die medizinische Versorgung sei für alle georgischen Staatsangehörigen flächendeckend durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung kostenlos gewährleistet. Dies gelte auch für Rückkehrer. Viele der in Deutschland erhältlichen Medikamente seien auch in Georgien verfügbar. Das Gesundheitssystem in Georgien habe sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Viele staatliche Institutionen seien privatisiert worden. Heute seien die meisten Kliniken gut ausgerüstet und fast jede Krankheit könne behandelt werden. Grundsätzlich sei die medizinische Versorgung in Georgien für alle zugänglich und im Vergleich zu anderen Ländern der früheren Sowjetunion auch kostengünstiger. Zusätzliche Zahlungen, um überhaupt behandelt zu werden, gebe es nur noch in Ausnahmefällen. Es bestünden Gesundheitsprogramme, mit denen der kostenfreie Erhalt von diversen Gesundheitsdienstleistungen festgelegt würde, darunter auch für Dialyse. Ferner könne die Niereninsuffizienz ebenso in Armenien behandelt werden. Die medizinische Grundversorgung sei in Armenien flächendeckend gewährleistet. Grundsätzlich seien alle Krankheiten behandelbar, es könne jedoch zu Versorgungsengpässen bei bestimmten Medikamenten kommen. Importierte Medikamente seien überall erhältlich und ebenfalls billiger als in Deutschland. Insulinabgabe und Dialysebehandlung würden grundsätzlich kostenlos erfolgen. Selbst Inhaber kostenloser Behandlungsplätze für die Dialysebehandlung müssten aber noch in geringem Umfang zuzahlen. Jeder Patient, der Dialyse benötige, sei berechtigt, diese auf privater Basis, sobald sie erforderlich sei, zu erhalten, wenn er sich direkt an die Krankenhausverwaltung wende. Derzeit sei die Dialysebehandlung in fünf Krankenhäusern in der Hauptstadt Jerewan möglich. Auch Rückkehrer könnten einen kostenfreien Platz erhalten. Jedes Krankenhaus, das Hämodialyse durchführt, habe eine Quote für eine Patientenzahl, die eine kostenlose Behandlung erhalten könne. Zum Beispiel liege die Quote des medizinischen Zentrums „Surb Grigor Lusavorisch“ bei 130 Patienten. Selbst wenn die Behandlungsmöglichkeiten in Armenien schlechter sein mögen als in der Bundesrepublik Deutschland, bliebe festzuhalten, dass eventuell alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohenden Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des armenischen Gesundheitssystems begegnet werden könne. Der Antragsteller sei gehalten, sowohl die Möglichkeiten des armenischen Gesundheits- sowie Sozialsystems auszuschöpfen, als auch gegebenenfalls auf private Hilfemöglichkeiten, etwa durch Verwandte oder Hilfsorganisationen, zurückzugreifen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren. Die Abschiebungsandrohung sei gemäß § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG zu erlassen. Der Antragsteller sei als erwachsener Mann seit Jahren nicht mehr in einer familiären Lebensgemeinschaft mit seinen in Deutschland lebenden Eltern.
4
Am 18. August 2025 ließ der Antragsteller durch seinen Prozessbevollmächtigten im Verfahren W 8 K 25.34047 Klage erheben und gleichzeitig im vorliegenden Verfahren beantragen,
die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebeanordnung in Nr. 5 des Bescheides des BAMF vom 8. August 2025 anzuordnen.
5
Zu Begründung ließ er im Wesentlichen ausführen: Der Antragsteller leide an einer erblichen polyzystischen Nierenerkrankung mit drohender Dialysepflichtigkeit. Der Antragsteller verfüge über keinerlei eigenes Einkommen und könne die notwendige Behandlung in seinen Herkunftsstaaten nicht finanzieren. Seine engsten Angehörigen lebten in Deutschland, seien selbst schwer erkrankt und nicht in der Lage, ihm die Finanzierung zu gewährleisten. Zwar bestünden in beiden Staaten prinzipiell Einrichtungen, die eine Dialysetherapie anböten. Nach den genannten Quellen und der deutschen Rechtsprechung sei jedoch entscheidend, dass es sich hierbei lediglich um eine theoretische Verfügbarkeit handele. Für den Antragsteller als mittellosen Rückkehrer, der keinerlei familiäre Unterstützung im Herkunftsstaat besitze, sei die Behandlung faktisch nicht erreichbar.
6
Mit Schriftsatz vom 21. August 2025 beantragte die Antragsgegnerin,
den Antrag abzulehnen.
7
Zur Begründung bezog sie sich auf die angefochtene Entscheidung.
8
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte (einschließlich der Akte in der Hauptsache W 8 K 25.34047) und die beigezogene Behördenakte Bezug genommen.
II.
9
Entsprechend seines Antrages begehrt der Antragsteller die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die Abschiebungsandrohung in Nr. 5 des Bundesamtsbescheids vom 8. August 2025.
10
Der zulässige Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist unbegründet, da insoweit keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheids bestehen (§ 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG).
11
Der Antrag ist gemäß § 30 Abs. 1 Nr. 1, § 36 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3, Abs. 5 VwGO statthaft, soweit er sich gegen die gemäß § 75 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO kraft Gesetzes sofort vollziehbare Abschiebungsandrohung wendet. Des Weiteren wurden Sofortantrag und Klage innerhalb der Wochenfrist gemäß § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG bei Gericht gestellt.
12
Der Antrag ist jedoch unbegründet.
13
Im Rahmen des Aussetzungsverfahrens nach § 36 Abs. 3 AsylG i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO ordnet das Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der gemäß § 36 Abs. 3, § 75 Abs. 1 AsylG sofort vollziehbaren Abschiebungsandrohung an, wenn das persönliche Interesse des Asylsuchenden, von der sofortigen Aufenthaltsbeendigung vorerst verschont zu bleiben, das öffentliche Interesse an ihrer sofortigen Durchsetzung übersteigt. Dabei darf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach Art. 16a Abs. 4 Satz 1 GG, § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG nur bei ernstlichen Zweifeln an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes erfolgen. „Ernstliche Zweifel“ im Sinne der genannten Vorschrift liegen nur dann vor, wenn erhebliche Gründe dafürsprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166, 189 ff. – juris Rn. 99).
14
Das Gericht darf sich dabei im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht auf eine summarische Prüfung beschränken, wenn dem Antragsteller im Falle der Versagung einstweiligen Rechtsschutzes bereits eine endgültige Verletzung seiner Rechte droht und insoweit auch Grundrechtspositionen von Gewicht in Rede stehen (BVerfG, B.v. 23.7.2020 – 2 BvR 939/20 – juris m.w.N.). Insoweit fordert der effektive Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 GG, dass sich das Verwaltungsgericht nicht mit einer bloßen Prognose zur voraussichtlichen Richtigkeit des Offensichtlichkeitsurteils begnügen darf, sondern die Frage der Offensichtlichkeit – wenn es sie bejahen will – erschöpfend, wenngleich mit Verbindlichkeit allein für das Eilverfahren klären und insoweit über eine summarische Prüfung hinausgehen muss (BVerfG, B.v. 23.7.2020 – 2 BvR 939/20 – juris; B.v. 25.2.2019 – 2 BvR 1193/18 – juris Rn. 21). Das Verwaltungsgericht muss dabei überprüfen, ob das Bundesamt aufgrund einer umfassenden Würdigung der ihm vorgetragenen oder sonst erkennbaren maßgeblichen Umstände unter Ausschöpfung aller ihm vorliegenden oder zugänglichen Erkenntnismittel entschieden und in der Entscheidung klar zu erkennen gegeben hat, weshalb der Antrag nicht als schlicht unbegründet, sondern als offensichtlich unbegründet abgelehnt worden ist, ferner, ob die Ablehnung als offensichtlich unbegründet auch weiterhin Bestand haben kann (BVerfG, B.v. 25.2.2019 – 2 BvR 1193/18 – juris Rn. 21 m.w.N.). Des Weiteren darf die Verneinung relevanter zielstaatsbezogener oder inlandsbezogener Abschiebungshindernisse keinen ernstlichen Zweifel unterliegen.
15
Bei der Prüfung bleiben von den Beteiligten nicht angegebene und nicht gerichtsbekannte Tatsachen und Beweismittel gemäß § 36 Abs. 4 Satz 2 AsylG unberücksichtigt (BVerfG, B.v. 23.7.2020 – 2 BvR 939/20 – juris). Vorbringen, das nach § 25 Abs. 3 AsylG im Verwaltungsverfahren unberücksichtigt geblieben ist, sowie dort nicht angegebene Tatsachen und Umstände im Sinne des § 25 Abs. 2 AsylG kann das Gericht gemäß § 36 Abs. 4 Satz 3 AsylG unberücksichtigt lassen, wenn anderenfalls die Entscheidung verzögert würde.
16
Gemessen an diesem Maßstab begegnet die Entscheidung des Bundesamtes, den Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen, Abschiebungsverbote zugunsten des Antragstellers nicht festzustellen und die Abschiebung nach Georgien oder Armenien anzudrohen, – im Ergebnis – keinen ernstlichen Zweifeln.
17
Das Gericht folgt den Feststellungen und der Begründung im angefochtenen Bescheid und sieht zur Vermeidung von Wiederholungen von einer nochmaligen Darstellung ab (§ 77 Abs. 2 AsylG). Die Ausführungen im Bescheid decken sich mit der bestehenden Erkenntnislage, insbesondere mit dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien vom 10. Juni 2025, Stand: April 2025 bzw. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Republik Armenien vom 5. März 2024, Stand: Mitte Dezember 2023; vgl. ebenso BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Armenien vom 15. November 2024).
18
Ergänzend wird Folgendes ausgeführt:
19
Da der Antragsteller aufgrund seiner doppelten Staatsangehörigkeit mehrere Herkunftsländer hat (hier: Georgien und Armenien) und in mindestens einem dieser Länder durch seinen Asylantrag auch eine drohen Verfolgung geltend macht, ist die Prüfung des Schutzes des Herkunftslandes für alle in Frage kommenden Herkunftsländer vorzunehmen (Hruschka/Al-Ali in Huber/Mantel, AufenthG/AsylG, 4. Aufl. 2025, § 3 AsylG Rn. 9 mit Bezug auf Hathaway/Foster, The Law of Refugee Status, 2. Aufl. 2014, 55 f.). Die Zuerkennung internationalen Schutzes kommt dabei nur dann in Betracht, wenn der Betroffene in sämtlichen Staaten, über deren Staatsangehörigkeit er von Rechts wegen verfügt, begründete Furcht vor Verfolgung hat und staatlichen Schutz nicht in Anspruch nehmen kann (Wittmann in BeckOK MigR, Decker/Baader/Kothe, 21. Ed. 1.5.2025, § 3 AsylG Rn. 24; Hailbronner in: Hailbronner, Ausländerrecht, Januar 2025, § 3 AsylG, Rn. 33; OVG NW, B.v. 18.6.2020 – 19 A 1107/19 – Rn. 13; jeweils m.w.N. auch zur Rspr.). Denn die Schutzproblematik entfällt, wenn jeweils eine oder mehrere alternative Aufenthaltsrechte aus den weiteren Staatsangehörigkeiten bestehen (Kluth in BeckOK AuslR, Kluth/Heusch, 44. Ed. 31.10.2024, § 3 AsylG Rn. 16), da als allgemeiner Grundsatz des internationalen Flüchtlingsrechts die Subsidiarität des Flüchtlingsschutzes gegenüber dem Schutz, den ein Flüchtling aufgrund seiner Staatsangehörigkeit beanspruchen kann, gilt (Hailbronner in: Hailbronner, Ausländerrecht, Januar 2025, § 3 AsylG, Rn. 33; VG Augsburg, B.v. 15.2.2019 – 6 S 19.30154 – juris Rn. 18). Dabei muss die Verweisung auf die Flucht- bzw. Aufenthaltsalternative im anderen Herkunftsstaat analog in § 3e Abs. 1 Nr. 2 AsylG zumutbar sein (Wittmann in BeckOK MigR, Decker/Baader/Kothe, 21. Ed. 1.5.2025, § 3 AsylG Rn. 24.1 und 24.2).
20
Dabei ist jedoch weiter zu beachten, dass über den asylrechtlichen Abschiebungsschutz – anders als im Hinblick auf den ausländerrechtlichen Abschiebungsschutz – nur einheitlich entschieden werden kann (VG Augsburg, B.v. 15.2.2019 – 6 S 19.30154 – juris Rn. 18). Auch im Hinblick auf den Offensichtlichkeitsausspruch kann nur einheitlich über die Ablehnung des Asylantrages und die Verneinung internationalen Schutzes entschieden werden (Heusch in BeckOK AuslR, Kluth/Heusch, 44. Ed. 1.4.2025, § 30 AsylG Rn. 9).
21
Das hat zur Folge, dass in der vorliegenden Fallkonstellation, in der der Antragsteller sowohl die georgische als auch die armenische Staatsangehörigkeit besitzt und ihm (anders als etwa im Fall des VG Augsburg, B.v. 15.2.2019 – 6 S 19.30154 – juris) gleichzeitig sofort vollziehbar die Abschiebung nach Georgien oder Armenien angedroht wird, dass für beide Staaten das Offensichtlichkeitsverdikt begründet sein muss. Denn es genügt nicht, dass nur – wie im streitgegenständlichen Bescheid erfolgt – hinsichtlich eines Staates (hier: Georgien gemäß § 29a Abs. 1 AsylG) eine offensichtliche Unbegründetheit festgestellt wird, nicht aber mit Blick auf Armenien. Denn durch den Offensichtlichkeitsausspruch im streitgegenständlichen Bescheid hat die Klage keine aufschiebende Wirkung und Klage sowie der zusätzlich erforderliche einstweilige Rechtsschutz haben innerhalb einer Woche zu erfolgen; eine Aussetzung der Abschiebung ist nur bei ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit möglich (vgl. Bechinger in BeckOK MigR, Decker/Baader/Kothe, 21. Ed. 1.5.2025, § 29a AsylG Rn. 19; Heusch in BeckOK AuslR, Kluth/Heusch, 44. Ed. 1.4.2025, § 29a AsylG Rn. 42). Diese über den üblichen Rechtsschutz hinausgehenden Beschränkungen des Art. 16a Abs. 4 Satz1 GG, § 36 AsylG gelten jedoch nur bei einer Ablehnung als offensichtlich unbegründet (vgl. Bergmann/Dollinger in Bergmann/Dienelt, AuslR, 15. Aufl. 2025, § 29a AsylG Rn 17). Andernfalls sind diese Einschränkungen des Rechtsschutzes des Antragstellers und die damit verbundenen weitreichenden Folgen nach den verfassungsrechtlichen und gesetzlichen Vorgaben nicht gerechtfertigt, sonst könnte der Antragsteller in den zweiten Staat (hier: Armenien) abgeschoben werden, ohne dass das Vorliegen eines Offensichtlichkeitsgrundes insoweit geprüft und bejaht worden wäre.
22
Vorliegend hat die Antragsgegnerin im Bescheid die Offensichtlichkeit der Ablehnung mit Bezug auf Armenien zwar nicht festgestellt. Dies ist gleichwohl unschädlich, weil in der Sache die Voraussetzungen des 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG gegeben sind.
23
Im Ergebnis ist sowohl hinsichtlich Georgien als auch hinsichtlich Armenien die Ablehnung des Asylantrages als offensichtlich unbegründet nicht zu beanstanden.
24
Der Asylantrag des Antragstellers war im Hinblick auf seine georgische Staatsangehörigkeit nach § 29a AsylG als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat im Sinne des Artikels 16a Abs. 3 S. 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) ist gemäß § 29 a Abs. 1 AsyIG als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend, von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsyIG oder ein ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 AsyIG droht. Der Antragsteller stammt aus Georgien einem sicheren Herkunftsstaat im Sinne des Artikel 16a Abs. 3 Satz 1 GG, § 29 a Abs. 2 AsyIG i.V.m. der Anlage 11 zum AsyIG. Diesbezüglich wird auf die Ausführungen auf den Seiten 3 ff. im Bescheid des Bundesamtes vom 8. August 2025 Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG).
25
Auch wenn dies vom Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid nicht ausdrücklich festgestellt wurde, ist die Ablehnung Asylantrags des Antragstellers des Weiteren auch im Hinblick auf seine armenische Staatsbürgerschaft als offensichtlich unbegründet in der Sache gerechtfertigt. Dies ergibt sich aus § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Es bestehen auch insoweit keine ernstlichen Zweifel. Denn ein Offensichtlichkeitsanspruch ist gerechtfertigt, wenn die Antragsteller im Asylverfahren nur asylfremde Umstände vorgebracht haben, die für die Prüfung des Asylantrages nicht von Belang sind. Nicht von Belang ist ein Vortrag dann, wenn aus diesem auch bei Wahrunterstellung rechtlich klar kein Schutzstatus nach § 3 oder § 4 AsylG folgen kann (Auslegung im Sinne von Art. 31 Abs. 8 lit. a Asylverfahrens-RL 2013/32/EU unter Berücksichtigung des dort explizit genannten Beschleunigungszwecks). Eine asylrechtliche Relevanz ergibt sich dabei auch nicht, wenn offenkundig Möglichkeiten des landesinternen Schutzes oder einer inländische Fluchtalternative (vgl. § 4 Abs. 3 AsylG i.V.m. §§ 3d und 3e AsylG) bestehen und der Antragsteller sich darauf verweisen lassen muss (VG Köln, B.v. 11.4.2025 – 22 L 856/25.A – juris Rn. 11 ff.; VG Karlsruhe, B.v. 20.2.2025 – A 8 K 190/25 – juris Rn. 17; VG Düsseldorf, B.v. 11.12.2024 – 28 L 3525/24.A – juris Rn. 13 ff., 17; VG Köln, B.v. 12.8.2024 – 22 Lm1505/24.A – juris Rn. 14; VG Augsburg, U.v. 28.6.2024 – Au 6 K 24.30308 – juris Rn. 20 ff., 31 sowie VG Dresden, B.v. 16.4.2024 – 3 L 186/24.A – juris Rn. 20; kritisch VG Düsseldorf, B.v. 18.7.2024 – 7 L 1825/24.A – juris Rn. 28 f.).
26
Das Vorbringen des Antragstellers ist danach mit Blick auf Armenien für die Gewährung internationalen Schutzes offensichtlich nicht von Relevanz im Sinne von § 30 Abs. 1 Nr. 1 AsylG. Der Antragsteller ist offensichtlich kein Flüchtling im Sinne des § 3 AsylG. Es wurden keine Anhaltspunkte für eine begründete Furcht vor Verfolgung dargelegt. Auch die Voraussetzungen für subsidiären Schutz im Sinne des § 4 AsylG liegen mangels ernsthaft drohenden Schadens ersichtlich nicht vor.
27
Das Vorbringen des Antragstellers rechtfertigt keine andere Beurteilung. Die angesprochene persönliche Situation ist weder mit Blick auf Georgien noch hinsichtlich Armenien offensichtlich asyl-, flüchtlings- oder sonst schutzrelevant, wie die Antragsgegnerin in dem streitgegenständlichen Bescheid zutreffend ausgeführt hat.
28
Nach dem eigenen Sachvortrag des Antragstellers war wesentlicher Ausreisegrund vielmehr die persönliche gesundheitliche Situation.
29
Jedoch liegen keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Auch insofern wird auf die zutreffenden Ausführungen im streitgegenständlichen Bescheid, die sich das Gericht zu eigen macht, Bezug genommen und von einer weiteren Darstellung abgesehen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Insbesondere hat das Bundesamt im streitgegenständlichen Bescheid die Behandlungsmöglichkeiten von Krankheiten in Armenien und Georgien sowie die Verfügbarkeit von Medikamenten dargelegt und ist auch auf die finanzielle Situation des Antragstellers sowie auf Hilfemöglichkeiten eingegangen. Darauf wird im Einzelnen verwiesen.
30
Ergänzend ist anzumerken, dass Erkrankungen grundsätzlich nicht die Annahme einer Gefahrenlage im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG rechtfertigen, wie der Gesetzgeber mittlerweile ausdrücklich klargestellt hat. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen vor, die sich durch die Abschiebung unmittelbar wesentlich verschlechtern würden. Konkret ist die durch eine Krankheit verursachte Gefahr, wenn die gravierende Verschlechterung des Gesundheitszustands alsbald nach Abschiebung in den Zielstaat eintreten würde, weil eine adäquate Behandlung dort nicht möglich ist (BVerwG, U.v. 17.10.2006 – 1 C 18/05 – BVerwGE 127, 33). Für die Annahme einer solchen unmittelbar eintretenden Gefahr fehlen greifbare Anhaltspunkte, wenn sich der Antragsteller den Möglichkeiten des armenischen Gesundheitssystems unterwirft. Eine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustands ist nicht schon bei jeder befürchteten ungünstigen Entwicklung des Gesundheitszustands anzunehmen, sondern nur bei außergewöhnlichen schweren körperlichen oder psychischen Schäden und/oder existenzbedrohenden Zuständen. Solche Gefahren drohen jedenfalls nicht unmittelbar mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit.
31
Neben diesen materiellen Kriterien hat der Gesetzgeber zudem in § 60a Abs. 2c AufenthG prozedurale Vorgaben für ärztliche Atteste zur hinreichenden Substantiierung des betreffenden Vorbringens aufgestellt (vgl. Kluth, ZAR 2016, 121; Thym, NVwZ 2016, 409 jeweils mit Nachweisen zur Rechtsprechung). Der Ausländer bzw. die Ausländerin muss eine Erkrankung, die die Abschiebung beeinträchtigen kann, durch eine qualifizierte ärztliche Bescheinigung glaubhaft machen. Daran fehlt es hier.
32
Es ist zudem darauf hinzuweisen, dass die weitere Nachsorge hinsichtlich der Erkrankung des Antragstellers sowohl in Armenien als auch Georgien gewährleistet ist:
33
Zu Armenien ist im Einzelnen folgendes anzumerken:
34
Die Behandlung von Erkrankungen – der Antragsteller macht insbesondere geltend: polyzystische Nierenerkrankung – ist in Armenien gewährleistet und erfolgt kostenlos, wenn auch die Verfügbarkeit von Medikamenten problematisch sein kann. Auch eine perspektivisch erforderliche Dialysebehandlung ist in Armenien möglich und erfolgt grundsätzlich kostenlos. Einer Auskunft der Deutschen Botschaft in Eriwan vom 10. März 2017 an das VG Bayreuth ist zu entnehmen, dass sich ein Patient nur in einem (wohnortnahen) Krankenhaus mit einer funktionierenden Hämodialyse-Abteilung vorstellen muss. Wenn in der Abteilung ein Platz frei ist, wird der Patient automatisch in das Programm aufgenommen. Wenn das Krankenhaus keinen freien Platz hat, kann die Aufnahme eines neuen Patienten in kurzer Zeit nach Genehmigung durch das Gesundheitsministerium erfolgen. Das Krankenhaus bekommt dann zusätzliche Mittel, so dass der Patient die kostenfreien und regelmäßigen Sitzungen erhalten kann (vgl. zur medizinischen Versorgung Auswärtiges Amt Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Republik Armenien vom 5. März 2024, Stand: Mitte Dezember 2023; vgl. ebenso BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Armenien vom 15. November 2024; ebenso MedCOI Country Fact Sheet Februar 2018, S. 34).
35
Nach § 60 Abs. 7 Satz 5 AufenthG liegt eine ausreichende medizinische Versorgung in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats verfügbar ist. Die Dialysebehandlung ist derzeit insbesondere in fünf Krankenhäusern in E. – der Heimatstadt des Antragstellers – sowie in weiteren Städten möglich (vgl. Auswärtiges Amt Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Republik Armenien vom 5. März 2024, Stand: Mitte Dezember 2023).
36
Der Antragsteller hat neben verschiedenen ärztlichen Unterlagen aus Armenien einen Arztbrief des L. … Krankenhauses S. … vom … … 2025 und einen Krankenhausbericht des Universitätsklinikums E. … vom … … 2025 zu seinen Erkrankungen vorgelegt. Zu diesen ist anzumerken, dass nach den vorliegenden Erkenntnissen sowie den ärztlichen Attesten nicht ersichtlich ist, dass die Erkrankungen nicht auch – wie bisher – in Armenien behandelt bzw. weiter behandelt werden könnten. Insbesondere lässt sich den vorliegenden Unterlagen nicht entnehmen, dass gegenwärtig eine Rückkehr nach Armenien aus medizinischen Gründen unzumutbar wäre, weil sich etwaige lebensbedrohliche oder schwerwiegende Erkrankungen durch die Abschiebung unmittelbar verschlechtern würden. Die vorgelegten ärztlichen Unterlagen enthalten insoweit entgegen § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG keine Aussagen zu den Folgen, die sich nach ärztlicher Beurteilung aus der krankheitsbedingten Situation für den Antragsteller voraussichtlich ergeben. Allein die Aufstellung einer Medikamentenliste ist nicht geeignet, die Anforderungen des § 60a Abs. 2c Satz 3 AufenthG zu erfüllen (Kluth/Breidenbach, BeckOK Ausländerrecht, 44. Edition, Stand 01. Oktober 2024, § 60a AufenthG Rn. 40). Vielmehr geht aus den Unterlagen vom 26. Mai 2025 hervor, dass eine antibiotische Therapie nur für sieben Tage empfohlen wurde. Von einer längerfristigen Behandlung ist hingegen nicht die Rede. Aus den Unterlagen vom … … 2025 folgt ferner, dass der Antragsteller in gebessertem Allgemeinzustand entlassen werden konnte. Sofern der Antragsteller in seiner Anhörung vorgetragen hat, dass er zurzeit drei Mal die Woche Spritzen erhalte, liegt dem Gericht hierzu jedenfalls kein Nachweis vor. Das Attest vom … … 2025 enthält zudem folgende Anmerkung: „Eine drohende Dialyse würde bei Nephrektomie sehr wahrscheinlich sein, daher aktuell keine Indikation zur Nephrektomie.“ Dies bedeutet, dass von der Entfernung der Niere abgeraten wird, um eine Dialyse zu verhindern. Daraus wird ersichtlich, dass zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Indikation zur Einleitung der Dialysebehandlung besteht. Dass sich die Situation nunmehr so verschlechtert haben soll, dass eine Dialysepflicht unmittelbar bevorsteht, erscheint für das Gericht nicht nachvollziehbar.
37
Bezüglich der vom Antragsteller benannten Medikamente ist anzumerken, dass aus den vorgelegten Unterlagen nicht hervorgeht, dass eine Behandlung mit diesen zwingend medizinisch erforderlich wäre, um eine alsbaldige wesentliche Verschlimmerung der Erkrankung zu verhindern, bzw. die Behandlung mit diesen Medikamenten alternativlos ist. Der Medikamentenplan vom 3. Juni 2025 enthält beispielsweise bezüglich des Medikamentes Novaminsulfonratiopharm die Bemerkung, dass dieses nur für eine Woche fest und danach lediglich bei Bedarf einzunehmen ist. Eine zwingende medizinische Erforderlichkeit ist daher nicht zu erkennen. Zudem enthält der Medikationsplan vom 13. Juni 2025 eine Liste von Medikamenten, die vom vorherigen Plan abweichen, wodurch ersichtlich wird, dass eine Behandlung mit bestimmten Medikamenten gerade nicht zwingend ist. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass nach dem aktuellen Bericht des Auswärtigen Amtes über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Armenien vom 05. März 2024 importierte Medikamente überall käuflich und billiger als in Deutschland sind. Insbesondere das dem Antragsteller empfohlene Antibiotikum ist auch in Armenien erhältlich (vgl. EUAA MedCOI Sector, Asylum Knowledge Centre, Medical Country of Origin Information, Bericht vom 2. Februar 2024).
38
Der Antragsteller hat nach eigenen Angaben in Armenien Untersuchungen, Diagnosen und Medikamente zu seinen Erkrankungen erhalten. Die gesundheitliche Situation und die Möglichkeiten der medizinischen Versorgung des Antragstellers stellen sich bei einer Rückkehr nach Armenien nicht anders dar wie vor der Ausreise. Das Gericht verkennt nicht die mitunter schwierigen Lebensverhältnisse in Armenien. Diese betreffen jedoch jeden armenischen Staatsangehörigen in vergleichbarer Lage in gleicher Weise.
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Es ist auch nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist (vgl. § 60 Abs. 7 Sätze 2 bis 4 AufenthG). Selbst wenn die Behandlungsmöglichkeiten in Armenien schlechter sein mögen als in der Bundesrepublik Deutschland, bleibt festzuhalten, dass eventuell alsbald und mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit drohenden wesentlichen bzw. lebensbedrohenden Gesundheitsverschlechterungen im Rahmen des armenischen Gesundheitssystems begegnet werden kann und muss. Der Antragsteller ist gehalten, sowohl die Möglichkeiten des armenischen Gesundheits- sowie Sozialsystems auszuschöpfen, als auch gegebenenfalls auf private Hilfemöglichkeiten, etwa durch Verwandte oder Hilfsorganisationen, zurückzugreifen, um eventuelle Gesundheitsgefahren zu vermeiden bzw. jedenfalls zu minimieren und ihnen die Spitze zu nehmen. Der Antragsteller ist bei einer Rückkehr nach Armenien nicht auf sich allein gestellt bzw. nicht allein und ohne Unterstützung (vgl. auch BFA, Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl der Republik Österreich, Länderinformationsblatt der Staatendokumentation Armenien vom 15. November 2024). Der Antragsteller verfügt über eine Tante in Armenien, die ihn gegebenenfalls unterstützen kann. Zudem hat der Antragsteller in seiner Anhörung angegeben, dass er in Armenien erwerbstätig war und seine wirtschaftliche Situation selbst als durchschnittlich beschrieben. Auch hatte er angegeben, in Deutschland arbeiten zu wollen, sodass mangels entgegenstehender Angaben davon auszugehen ist, dass seine Krankheit einer Erwerbstätigkeit grundsätzlich nicht entgegensteht.
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Zu Georgien ist im Einzelnen folgendes anzumerken:
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In Georgien ist die medizinische Versorgung für alle georgischen Staatsangehörigen durch eine staatlich finanzierte Grundversorgung (Universal Health Care) gewährleistet. Anhand privater Krankenversicherungen kann die Leistungsübernahme medizinischer Behandlungen beitragsabhängig erweitert werden. Medizinische Einrichtungen gibt es landesweit, jedoch mit stark voneinander abweichender Qualität. In der Hauptstadt T. und weiteren städtischen Zentren (K., B.) bieten private Einrichtungen umfassende und moderne Behandlungen an; staatliche Einrichtungen, wie sie primär in den ländlichen Regionen anzutreffen sind, haben deutlichen Rückstand an technischer und personeller Ausstattung. Für manche überlebensnotwendigen Eingriffe und Maßnahmen ist daher allein eine Behandlung in Tiflis möglich. Medikamente werden weitgehend importiert, zumeist aus der Türkei und Russland, aber auch aus Deutschland. Viele der in Deutschland erhältlichen Medikamente sind daher auch in Georgien verfügbar (Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien vom 10. Juni 2025, Stand: April 2025; D-A-CH, Georgisches Gesundheitswesen, S. 7). Auch die Behandlung von Nierenerkrankungen ist in Georgien möglich (BFA, Länderinformationsblatt Georgien vom 7. Juni 2018), es existiert ein Programm der Regierung für Menschen, die an Nierenversagen leiden und/oder eine Organtransplantation erhalten haben. Das Programm wird von der Agentur für Sozialdienste verwaltet und umfasst die folgenden Leistungen: Untersuchung, Bereitstellung spezieller Medikamente, Hämodialyse, Peritonealdialyse und Nierentransplantation. Der Zugang zu diesem Programm unterliegt keinen Beschränkungen. Die Kosten werden vollständig vom Staat übernommen (vgl. Schweizerische Flüchtlingshilfe, Georgien: Gesundheitssystem und Zugang zu medizinischer Versorgung, Themenpapier der SFH-Länderanalyse, 31. Januar 2024, S. 19; Internationale Organisation Für Migration (IOM) Deutschland, Georgien Länderinformationsblatt 2024). Das Gericht verkennt dabei nicht, dass das Budget nur die Kosten für 35 Transplantationen pro Jahr übernimmt und dass auch im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung teilweise Zuzahlungen erforderlich sind (Länderinformationsblatt vom 22. März 2017, S. 57). Der Antragsteller hat jedoch noch zwei Onkel in Georgien, die ihn unterstützen könnten. Bereits in der Vergangenheit durfte der Antragsteller in der Eigentumswohnung seines Onkels wohnen, ohne dafür Miete zahlen zu müssen. Zudem war der Antragsteller auch in Georgien erwerbstätig und hat seine wirtschaftliche Situation selbst als durchschnittlich beschrieben.
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Nach alledem besteht kein Anspruch für den Antragsteller – auch nur vorübergehend – für eventuelle weitere Untersuchungen und Behandlungen in Deutschland bleiben zu dürfen, um erst noch ärztliche Atteste vorzulegen, die möglicherweise weitergehende Erkenntnisse zu seinen Gunsten erbringen könnten. Zur Vorlage von ärztlichen Attesten hatte der Antragsteller in den letzten Monaten seit seiner Ankunft in Deutschland am 8. Mai 2025 ausreichend Zeit, zumal ihm vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge anlässlich seiner Anhörung am 9. Juli 2025 der Vordruck „Befreiung ärztliche Schweigepflicht“ übergeben wurde und er aufgefordert wurde, alle medizinischen Dokumente, Atteste, Gutachten, etc., welche er im Verfahren geltend machen will, dem Bundesamt bis zum 13. August 2025 zu übergeben. Zum gegenwärtigen maßgeblichen Endscheidungszeitpunkt sind jedenfalls keine triftigen Anhaltspunkte für das Vorliegen von Abschiebungshindernissen ersichtlich.
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Abschließend ist noch anzumerken, dass es der Antragsteller selbst in der Hand hat, in welche der beiden Staaten – Georgien oder Armenien – er zurückreist oder weiterreist, gegebenenfalls dahin, wo er sich die bessere medizinische Versorgung verspricht. Ein Recht auf (einstweiligen) Verbleib in der Bundesrepublik Deutschland steht dem Antragsteller jedenfalls nicht zu.
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Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage war daher abzulehnen.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO, § 83b AsylG.